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    • Meine Reisen

    [GB] The Great Glen Way

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Da ich gerade etwas Zeit habe, habe ich beschlossen die Reisetagebuchaufzeichnungen von meinem ersten Trekkingurlaub niederzuschreiben und auszuformulieren. Dieser erste Trip führte mich entlang des Great Glen Ways. Die Tourplanung war relativ einfach. Wir – das waren eine Studienkollegin und ich – wollten in sechs Tagen von Fort William nach Inverness wandern. Wir waren zuvor noch nie etwas zusammen gewandert, unsere Vorbereitung belief sich darauf einen Reiseführer zu lesen und auch unsere Ausrüstung war eher improvisiert. Als Zelt diente uns ein mehr als zehn Jahre altes 3 Personen Campingzelt mit geschätzten 5 Kilo, als Mittagessen sollte es jeden Tag Essen aus der Dose geben. So war es nicht zu verwundern, dass mein Rucksack beim Start 22 Kilo wiegen sollte. Nichts desto trotz stürzten wir uns beide voller Vorfreude ins „große Abenteuer“.

    Der Flieger startet am frühen Morgen in Frankfurt Hahn. Das bedeutet wir müssen einen noch viel früheren Bus von Heidelberg nach Hahn nehmen. Das wiederum bedeutet, dass ich mitten in der Nacht im Regen – ein schlechtes Omen? – von meiner Wohnung an den Bahnhof von Heidelberg marschieren darf. Bereits hier zeigt sich das nicht gerade geringe Gewicht des Rucksacks. Mehrmals halten auf dem kurzen Weg Taxis neben mir an, doch ich widerstehe der Versuchung und marschiere zu Fuß weiter. Am Bahnhof dann Rucksäcke verstauen und über unzählige Kuhdörfer bringt uns der Bus nach Hahn. Bereits während der Fahrt beschließen meine Kollegin und ich – sollte es je einen weiteren solchen Trip geben – das extra Geld für einen Abflug ab Frankfurt zu bezahlen. In Hahn selbst schüttet es aus Kübeln und bis wir im Terminal sind, sind wir nass bis auf dich Knochen. Hier heißt es dann drei Stunden warten bis wir einchecken können. Viel Zeit tot zu schlagen, auf einem so kleinen Flughafen. Kaum im Flieger mache ich von meiner Fähigkeit gebrauch immer und überall sofort einschlafen zu können. Ich wache erst wieder auf als wir auf der Rollpiste in Edinburgh aufsetzen. Schade, so verschlafe ich den ganzen tollen Service, den Ryanair zu bieten hat.

    Mit dem Shuttlebus geht es in die Stadt selbst hinein – wobei wir nicht sicher sind, wo wir aussteigen sollen, weshalb wir bis Weaverly durchfahren –, wo wir uns daran machen eine Jugendherberge zu suchen. Ich habe zwar etliche Adressen aus dem Internet gesucht, jedoch zeigt sich jetzt, dass diese ohne einen Stadtplan nur von bedingtem Wert sind. Ich habe noch die Lage einiger Herbergen aus der Google Maps suchen ungefähr im Kopf und indem wir einige nette Schotten fragen finden wir dann auch rasch das Caledonian Backpackers, wo wir für eine Nacht bleiben.

    Anmerkung: 50 Personen Schlafsaal, durchgelegene Lattenroste, widerliche Matratzen, Duschen in denen ich nicht mal mein Zelt waschen würde und ein dreckiger Frühstücksraum bildeten für mich einen sehr schlechten Start für diesen Urlaub und führte dazu, dass wir bei der Heimreise ein anderes Hostel suchten.

    Nachdem wir unser Gepäck aufgegeben haben beginnen wir die Stadt zu erkunden: Wir essen in den Princess Street Gardens zu Mittag, wandern durch die Altstadt mit ihren zahlreichen Schaustellern und besuchen das Edinburgh Castle, dessen Besuch fast den gesamten Nachmittag in Anspruch nimmt und wo wir viel über die Geschichte der Stadt und Schottland im Allgemeinen erfahren. Mit Cider, Fish & Chips sowie Meatpie lassen wir den Abend dann schließlich in Newtown ausklingen. Da wir jedoch bereits beide recht erschöpft von der langen Anreise sind wird es ein kurzer Abend und um 22 Uhr liegen wir in unseren unbequemen Betten.


    Blick vom Edinburgh Castle

    Montag
    Ich werde nicht jünger! Ich wache mit schmerzendem Kreuz auf. Die weiche, durchhängende Matratze war nichts für mich. Auch das Frühstück kann mich nicht mit dem Hostel versöhnen und ich bin froh, dass wir nur eine Nacht hier verbringen müssen. Bald brechen wir Richtung Bahnhof auf. Unterwegs finden wir noch einen Outdoorladen indem wir Gas und das Mückenspray „Smidges“ kaufen. Bereits jetzt liebe ich Schottland: die Leute hier sind so freundlich, haben Zeit und sind anscheinend immer für ein Schwätzchen zu haben. Nachdem wir unsere Lebensmittelvorräte noch im lokalen Supermarkt aufgestockt haben organisieren wir - problemlos - unsere vorbestellten Tickets am Bahnhofsautomaten. Wieder heißt es warten. Im Zug ist es eisig kalt und das Wort "Umweltfreundlich" verbindet man auch nicht gerade mit der schottischen Bahn! Die Züge werden mit Diesel betrieben. Nach einem Zugwechsel in Glasgow geht es nach Norden in die Highlands. Rasch kann man erkennen, warum diese Zugstrecke die schönste in Großbritannien und angeblich auch eine der schönsten der Welt ist. Die Eindrücke der gewellten Landschaft, der Lochs, der einsamen Schafe und der tiefhängenden Wolken ist einmalig. Oft genug muss man suchen, um Einflüsse des Menschen auf diese Landschaft zu erkennen. Kein Wunder, dass sich viele Ressigeure diese Kulisse für ihre Filme ausgesucht haben. Bilder von Highlander, Braveheart und Harry Potter kommen mir in den Sinn. Alles unterlegt mit Duddelsackmusik. Nirgendwohin könnten diese traurigen, klagenden Töne besser passen als in diese Landschaft. Zudem kommt in mir die Idee im nächsten Jahr diese Route zu Fuß zu gehen.

    Anmerkung: Was ich dann auch gemacht habe.

    Um 16:05 sind wir in Fort William – wenn schon nicht umweltfreundlich, so ist die schottische Bahn immerhin pünktlich. Wir decken uns mit Nahrung für die nächsten drei Tage ein und machen einen ersten Schnapsschuss von uns am Startpunkt der Route. Noch an diesem Tag legen wir die ersten Kilometer zurück um zum Campingplatz „Lochy Holiday Park“ zu kommen. Es ist kühl und bewölkt, aber wenigstens regnet es nicht. Am Platz angekommen bauen wir zum ersten Mal das Zelt auf – wir haben das zuvor nie probiert. Noch währenddessen beginnt es zu regnen und der Regen wird rasch stärker. Den Abend verbringen wir im Zelt: Lesen, Schreiben, Gulasch aus der Dose essend. Zumindest bleiben uns beim Regen die Midges erspart.


    Am Startpunkt

    Distanz: 4 km (4km)

    Dienstag, 1. Etappe
    Dies ist der erster echte Tag der Tour. Da wir am Vortag bald schlafen gegangen sind, uns aber körperlich nicht wirklich angestrengt haben, sind wir beide um 7 Uhr wach. Und es regnet immer noch! Einer meiner Turnschuhe, den ich in der Apsis geparkt hatte, stand etwas aus dem Zelt und hat sich mit Wasser vollgesogen. Auf so etwas sollte man besser achtgeben. Typischer Anfängerfehler! Wir genießen trotz Regen unser einfaches Frühstück und die wahrscheinlich letzte Dusche für die nächsten Tage. Dann bereiten wir uns auf einen regenreichen Tag vor und packen das Zelt ein. Kaum ist alles verstaut, hört es auf zu regnen. Der Wettergott meint es gut mit uns! Wir folgen der Straße vom Campingplatz und stoßen bei Neptune's Staircase wieder auf den Trail. Die Schleusen sind, wenn man ihr Alter bedenkt, durchaus eindrucksvoll. Der Weg ist eben und gut zu begehen. Meine Kollegin legt ein flottes Tempo vor - einen Deut zu schnell für meinen Geschmack, aber noch im Wohlfühl Bereich. Das neu packen des Rucksacks am Morgen macht sich bezahlt. Ich spüre sein Gewicht kaum und muss nur einmal die Träger nachjustieren. Meine Kollegin klagt jedoch bald über Schulterschmerzen. Die Gegend ist recht eintönig und nur die Hügel auf der anderen Seite des Kanals bieten Abwechslung. Aber auch in diesem eintönigen Marsch heitern mich die Menschen auf. Wanderer grüßen freundlich und Schiffer winken uns fröhlich zu. Rasch wird klar, dass wir unser Tagesziel viel zu früh erreichen werden. An der Schwungbrücke, bei der wir zu Mittag essen wollten, ist es gerade einmal kurz nach 10 Uhr. Trotz mehrerer Pausen haben wir zu Mittag die Brücke von Gairlochy erreicht: die Tagesetappe. Wir beschließen weiter zu gehen und uns am Ufer von Loch Lochy einen Lagerplatz zu suchen. Denn finden wir dann auch gegen 13:30h. Wir haben also genug Zeit das Zelt aufzuschlagen, in der Sonne zu dösen, die Gegend zu erkunden, das Panorama über dem Loch zu bewundern, Fotos zu machen und über das Leben nachzudenken. Nicht alle diese Gedanken sind erfreulich, aber da es hier nichts gibt, was mich ablenken könnte, und bietet daher auch eine gute Gelegenheit sich über einige Dinge klarer zu werden. Dennoch: das nächste Mal nehme ich ein Buch mit. Für Stunden reichen ein einziger Panoramablick und die Problematiken die man als junger Mann hat leider auch nicht aus. Am Abend fallen die Midges über uns her und das Essen wird so mit viel Protein gewürzt. Zudem wird es kalt am Loch und meine Kollegin beginnt vor Langeweile Kreise zu drehen. Ich denke, wir haben verlernt unsere Gedanken einfach nur Treiben zu lassen und zu sehen, wohin sie uns führen.


    Entlang des Caledonan Canals


    Loch Lochy

    Distanz: 16km (20km)

    Mittwoch, 2. Etappe
    Abends zuvor hatte ich noch eine Begegnung mit einem Schotten plus Hund. Selbstverständlich sind die Fragen woher wir kommen, ob wir den Great Glen Way gehen, ob wir genug Essen mithaben und auch nicht vom Wasser des Sees trinken (dieser ist mit Blaualgen verseucht). Meine Kollegin findet die Fragerei aufdringlich, ich finde es nett, habe aber dafür unglaublich Probleme die Schotten zu verstehen und muss fast nach jedem Satz noch einmal nachfragen. Das ist mir fast etwas peinlich.

    Die Nacht am Loch ist kalt und speziell kurz vor Sonnenaufgang glaube ich zu erfrieren. Das nächste Mal muss unbedingt ein dickerer Schlafsack und eine Mütze mit – zumal bei meiner windschnittigen Frisur. Wir schlafen lange und beim aufstehen sind die Midges schon da – wir sind uns nicht sicher ob sie das von uns aufgetragene Smidges ignorieren oder davon sogar angelockt werden. Dementsprechend hastig ist der Aufbruch. Wir haben uns heute für einen Abstecher zum Clan Cameron Museum entschieden. Leider macht das erst um 11 Uhr auf – wir sind bereits um zehn Uhr vor deren Tür – und wir müssen warten. Zum Glück werden wir aber früher eingelassen. Sehr interessante Selbstdarstellung des Clans. Etwas zu viel Text und zu wenig Ausstellungsstücke für meinen Geschmack, aber der Abstecher war interessant. Zumal wir wieder einmal ins Gespräch mit einigen Einheimischen kamen. Zurück am Weg laufen wir am Loch Lochy entlang. Bald schon bremsen erste Steigungen unseren Weg, dennoch kommen wir gut voran. Meiner Kollegin tut heute der Rücken weh, was sie mir auch immer wieder lautstark mitteilt. Mir auch; ich versuche es aber zu ignorieren. Immer höher geht es hinauf und bald ist der Loch durch Bäume verdeckt. Schade. Er wäre sicher ein guter Anblick bei dem schönen sonnigen Wetter. Wir haben damit definitiv Glück. Die Frau im Museum hat uns erzählt. dass sie letzten Sommer 60 Tage Regen hatten - am Stück! Meine Kollegin und ich marschieren nebeneinander her und hängen unseren Gedanken nach. Sie ist eine gute Geherin und ruhige Weggefährtin. Man hat Gesellschaft, ohne dass diese aufdringlich ist – sehr angenehm. Zu Mittag finden wir ein nettes Waldstück mit Ausblick auf den Loch. Traumhaftes Panorama. Am Nachmittag droht ein Sturm aufzuziehen und wir sind froh, als wir an Schafherden vorbei in Laggan ankommen. Wir beginnen einen Platz zu suchen, an dem wir das Zelt aufstellen können. Der erste Lagerplatz am Kanal erweist sich aber als doch nicht so passend. Der Kanal ist nur dünn mit Erde bedeckt und besteht ansonsten aus dichtem Geröll. Keine Chance hier das Zelt aufzustellen. Also weiter. Erst am Loch Oich werden wir schließlich abseits des Weges und mitten im Wald fündig. Heute sind wir wirklich müde, aber auch der kühle Wind vom Loch kann unsere Erhebung über die heutige Tagesleistung nicht trüben. So genießen wir unser Essen mit Ausblick in Gesellschaft von 2 Schwänen. Schließlich versinkt die Sonne hinter den Hügeln von Loch Oich und es wird rasch kalt. Wahrscheinlich wird dies ein kurzer Abend werden. Dafür haben wir morgen einen gemütlichen Tag vor uns.


    Loch Lochy


    Caledonian Canals zwischen Loch Lochy und Loch Oich

    Distanz: 22km (42km)

    Donnerstag, 3. Etappe
    Die Nacht war lang. Ich habe dank der abschüssigen Lage des Zelts nur schlecht geschlafen, da ich immer wieder von meiner Isomatte gerutscht bin. Außerdem ist nachts etwas rund um unser Zelt gewandert. Beim aufwachen sind auch die Midges wieder da. Ich bin schon total zerbissen. Das Zähne putzen am morgendlichen See über dem die Sonne aufgeht und sich die letzten Nebelschwaden heben gleicht aber vieles wieder aus. Gegen 10 Uhr geht es schließlich los. Die ersten Schritte fallen schwer, der Marsch von gestern macht sich eben doch bemerkbar. Aber auf dem alten Bahndamm geht es schnell dahin. Wir sind froh, dass es so trocken ist, denn nach taglangem Regen möchten wir den schlammigen Weg nicht erwandern. Zwischen Ruinen von verlassenen Häusern, blöckenden Schafen und stets den Loch Oich im Blick geht es weiter bis zum nächsten Abschnitt des Kanals. Hier ist deutlich mehr los. Viele Schiffe fahren, Radfahrer, Wanderer, Fischer und Tagesausflügler sind unterwegs. Wir kommen kaum aus dem Grüßen heraus. Bald schon erreichen wir Fort Augustus. Die Stadt ist kleiner als ich angenommen habe und überschwemmt von Touristen. Wir stocken unsere Vorräte auf und suchen den Campingplatz. Nach 3 Tagen ist uns beiden nach einer Dusche. Wir finden auch einen Platz. Zwar einen anderen, als den, der auf unserer Karte verzeichnet ist, aber dafür näher. Kaum haben wir das Zelt aufgeschlagen donnert auch schon der erste Kampfjet über das Lager: Übungsgebiet der RAF. Sehr eindrucksvoll diese Tiefflieger; und solange es keine Nachtflüge gibt... Wir wandern zurück in die Stadt auf Bier Fish & Chips, sowie Postkarten. An der Schleusenanlage treffen wir schließlich zwei ehemalige Arbeitskollegen, welche ebenfalls den Great Glen Way laufen wollten – von Inverness nach Fort William – aber aufgrund von Blasen an den Füßen abbrechen mussten und nun mit dem Auto Schottland erkunden. Kurz darauf treffen wir noch auf die ehemalige Chefin meiner Kollegin. Aufgrund dieser unnatürlichen Schwemme an Astronomen hier in Fort Augustus und auch wegen der lärmenden Touristen ziehen wir uns bald wieder auf den Campingplatz zurück. Dort dröhnt auch schon der nächste Jet; naja, ist ja auch noch hell. Morgen wollen wir ausgeruht so viele Kilometer wie möglich machen, um am letzten Tag keine 29 km gehen zu müssen. Sollte sich unsere Kondition und das Wetter nicht verschlechtern, sollte das machbar sein. Während ich diese Zeilen schreibe bringt schon wieder ein Jet unser Zelt zum wanken. Langsam werden die Tiefflieger nervig...


    Am alten Bahndamm


    Nessie in Fort Augustus


    Zeltplatz in Fort Augustus

    Distanz: 12 km (54 km)

    Freitag, 4. Etappe
    Die Nacht durch regnet es. Aber kaum bauen wir das Zelt ab, kommt die Sonne hervor. Das morgendliche Fort Augustus durch das wir wandern ohne Horden von Touristen gefällt mir viel besser als gestern Nachmittag! Der Weg führt uns gleich steil nach oben, von der Hauptstraße weg. Obwohl es kühl und wenig ist, wird mir rasch warm. Blödes Wetter: Nur mit Shirt ist es zu kalt, mit Jacke zu warm. Wir kommen gut voran. Immer wieder erhaschen wir zwischen den Bäumen hindurch schöne Ausblicke auf Loch Ness. Dennoch sind meine Gedanken sehr durchmischt und mir wird immer klarer, dass ich in meinem Leben einige Dinge klären sollte. Im steten auf und ab kommen wir nach Invermoriston. Nette Siedlung mit Frischwasser und öffentlichen Toiletten. Es nieselt leicht. Wir machen einen Abstecher an der alten Brücke vorbei zu den Wasserfällen und essen dort zu Mittag. Jede Menge Rebhühner sind zu sehen. Sie sind auch nicht wirklich scheu. Bald setzt jedoch Regen ein und wir brechen wieder auf. Der Regen wird zu einer wahren Sturmflut und das gerade als wir unsere erste wirklich steile Steigung zurücklegen. Wir schwitzen unter unseren Jacken und Umhängen so sehr, dass es kaum einen Unterschied macht, ob wir sie anhaben, oder nicht. Oben angekommen müssen wir beide verschnaufen. Das ganze Loch ist nun in dampfenden Nebel gehüllt. So erhalten wir keine schönen Bilder. Schweigend marschieren wir durch den Regen. Zumindest habe ich nun keine düsteren Gedanken mehr. Ich muss mich zu aber auch sehr auf das marschieren konzentrieren. Nach einer Stunde ist der Regen vorbei und die Sonne kommt raus. Binnen Minuten ist es heiß und die Wolken sind verschwunden. Das Wetter kann sich hier wirklich erstaunlich schnell ändern. Immer weiter geht es - immer noch auf und ab. Meine Gedanken werden dem Wetter entsprechend wieder positiver. Warum auch immer. Plötzlich haben wir unser angestrebtes Tagesziel, eine Jugendherberge erreicht. Weit und breit gibt es jedoch keinen Platz zum campieren. Wir fragen im Hostel ob wir an der Herberge unser Zelt aufbauen dürfen, werden aber abgewiesen. Auf der Wiese dürfen wir nicht zelten, aber ein Zimmer bieten sie uns gerne an. In einem Zimmer möchte ich jedoch nicht schlafen. Das ist nicht der Sinn des Trips und warum trage ich sonst den ganzen Tag ein verdammt schweres Zelt mit mir herum? Zurück auf dem Weg finden wir aber nach nur 100m eine geeignete Stelle. Der Untergrund ist etwas hart, aber was soll‘s. Es wird nur rasch windig und so schlagen wir weitere Heringe in den Boden. Da es draußen durch den Wind zu kalt ist, verkriechen wir uns rasch nach drinnen. Der Wind wird nach Einbruch der Dunkelheit weiter stärker. Hoffentlich erwartet uns heute Nacht hier mitten im Wald kein Sturm. Voraussichtlich werde ich bei dieser Witterung nicht gut schlafen. Aber wir müssen ohnehin bald raus.


    Loch Ness


    Alte Brücke in Invermoriston

    Distanz: 16km (70km)

    Samstag, 5. Etappe
    Das war eindeutig der längste und härteste Tag der Reise!
    Aber beginnen wir am Anfang: Die Nacht war viel besser als erwartet. Zumindest für mich. Meine Kollegin schlief aufgrund des Sturms nicht so gut. Um 7 ging der Wecker, um 08:15h waren wir schließlich unterwegs. Gleich von Anfang an ging es steil nach oben. Es war kühl, was durch den immer noch anhaltenden Wind weiter verstärkt wurde. Schließlich erreichen wir den ersten wirklich hohen Punkt der Route und damit auch zum ersten Mal die echten schottischen Highlands. Plötzlich waren wir in den Hügeln, die wir bis jetzt immer nur hinter den Lochs gesehen hatten. Schafe, weite Flächen, Sumpfgras und ein steter, stürmiger Wind. Hier ließe es sich leben! Auf trübsinnige Gedanken kommt man hier auch nicht. Entlang einer schmalen Straße geht der Weg entlang, bis er sich schließlich in der Nähe von Drumnadrochit wieder auf die Höhe des Loch Ness hinab schlängelt. Drumnadrochit ist, wie alle andern Städte auf der Tour auch, ein reines Touristendorf und von diesen völlig überschwemmt. Dennoch ein guter Platz um zu Mittag zu essen, Pause zu machen und Wasser aufzufüllen. Beim Verlassen der Stadt wird klar, warum sie als Monster-Hauptstadt der Welt bekannt ist. Jedes öffentliche Gebäude scheint das Monster von Loch Ness zum Thema zu haben. Entlang der Hauptstraße geht es aus der Stadt hinaus. Kein schöner Abschnitt der Reise. Nach mehreren Kilometern schlängelt sich der Weg aber endlich durch Schafweiden steil in die Highlands empor. Wir blicken ein letztes Mal zurück auf Loch Ness - während wir nach Atem ringen - und auf das Castle Uthgart an seinem Ufer. Ich hätte es mir zu gerne angesehen, aber dafür haben wir keine Zeit. Der Weg geht weiter steil nach oben und es zeigt sich rasch, dass meine Kollegin als Niederländerin keine erfahrene Bergsteigerin ist. Ihr geht immer mehr die Puste aus und sie möchte ein Nachtlager aufschlagen. Scheint so als würden wir unser angepeiltes Ziel, Loch Laide, heute nicht erreichen. Aber das finden eines Platzes erweist sich als schwer. Geröll und Sumpfgras wohin man blickt. Wir sind in den Highlands angekommen. So marschieren wir tapfer weiter. Auch wenn wir gerne beide schon rasten würden. Wir erreichen den höchsten Punkt des Weges - markiert mit einem Pfosten. Wir muntern uns gegenseitig auf, dass es jetzt zumindest nur mehr bergab gehen kann. Es wird kühler, da die Sonne tiefer steht und der Wind immer noch kräftig bläst. Der Weg scheint sich endlos zu ziehen, aber schließlich erreichen wir den Parkplatz der Woodpaths. Nur den Zeltplatz sehen wir nicht. Egal. Wir sind müde und schlagen das Lager am erst besten freien Platz auf. Erst nach dem Essen, auf der Suche nach einem Wasserhahn, finden wir einen Wegweiser für den Campingplatz: Entfernung 1 km. Wir überlegen nicht einmal: Sicherlich nicht! Wir bleiben wo wir sind und hoffen darauf, nicht mitten in der Nacht von einem Ranger mitten geweckt zu werden. Morgen früh sind wir dann ja auch wieder verschwunden. Ein langer Tag, definitiv. Aber der Ausflug in die Highlands machte alles wieder wett. Der nächste Trip geht auf jeden Fall höher hinauf.


    Loch Ness


    Highland Kühe


    Urquhart Castle

    Distanz: 29km (99km)

    Sonntag, 6. Etappe
    Die letzte Etappe unserer Reise. Ich habe trotz aller Bedenken wegen eines Rangers geschlafen wie ein Stein. Laut meiner Kollegin hat es in der Nacht geregnet, aber davon habe ich nichts mitbekommen. Wir erheben uns mit schweren Gliedern. Jeder Schritt und jede Bewegung schmerzt. Der Trip gestern war eindeutig anstrengend! Nur langsam kommen wir in die Gänge und beschließen einen Abstecher zu einer Siedlung aus der Zeit von 500 v.Chr. zu machen. Diesen hätten wir uns jedoch sparen können. Außer geringen Veränderungen im Bewuchs, dort wo einst die Grundmauern standen, ist hier nichts mehr zu sehen. Naja. Wieder geht es zurück auf den Weg, immer entlang einer schmalen Straße durch die Highlands. Wir sind müde und nur selten haben wir einen Blick für die Landschaft übrig. Dennoch ist es faszinierend zu wissen, dass wir uns auf einem alten Viehweg befinden, auf dem früher die Rinder aus den Highlands bis hinab nach London getrieben wurden. Auch wenn der Weg heute leicht ist, scheint er sich endlos zu ziehen. Zumindest läuft in Gedanken meine Fantasie endlich wieder an - nach 5 Tagen! - und ich kann geistig in jene Fantasiewelten abtauchen, die ich schon seit Kindheitstagen bei solchen Wanderungen auszubauen und hegen pflege. Zu Mittag haben wir endlich einen Punkt erreicht, von dem wir auf Inverness hinab sehen können. Fast geschafft –denken wir. Aber weit gefehlt. Der nächste Wegweiser zeigt noch 6 km an. Also noch mehr als eine Stunde zu marschieren. Es geht durch die Vororte der Stadt bis zum Kaledonischen Kanal, durch die Parkanlagen, bis endlich hinein in die Stadt. Ich habe eine Blase am rechten Fuß und jeder Schritt schmerzt mittlerweile, aber jetzt will ich auch keine Pause mehr machen. Der Weg entlang des Flusses Ness scheint kein Ende zu nehmen. Endlich sehen wir Castle Inverness vor uns und davor den Stein, der das Ende / den Anfang der Tour markiert. Ich könnte ihn küssen. Müde fallen wir neben dem Stein ins Gras, versorgen unsere Füße – auch meine Kollegin hat sich auf den letzten erschöpfenden Kilometern eine Blase gezogen – und vernichten den letzten Proviant. Nun wollen wir nur mehr ins Hostel, unter eine heiße Dusche, in ein weiches Bett und dann etwas fettiges, Ungesundes zu essen. All das bekommen wir auch und ich denke, wir haben es uns auch verdient. Es war ein schöner Trail: abwechslungsreich und für das erste Mal von einem passenden Schwierigkeitsgrad. Nächstes Mal wird es dann eine Stufe schwerer!


    Schaaafe!!!


    Inverness Castle

    Distanz: 17km (115km)

    Montag / Dienstag / Mittwoch
    Wir nehmen den Zug zurück nach Edinburgh wo wir uns für die letzten beiden Nächte ein neues Hostel suchen. Dieses ist zwar ebenfalls etwas schäbig, hat aber kleinere Zimmer, saubere Duschen und das Frühstück ist in einem charmanten, leicht heruntergekommenen Diner ausgelagert. Wir nutzen die eineinhalb restlichen Tage in Edinburgh noch um zu shoppen und um eine Free Tour durch die Stadt zu machen. Diese sind auf jeden Fall zu empfehlen (auch in anderen Städten, in denen sie angeboten werden) – selten habe ich so viel Interessantes über eine Stadt auf so witzige Art und Weise kennen gelernt. Wir sind so begeistert von der Tour, dass wir abends noch eine Geistertour mitmachen. Diese hat allerdings weniger mit Geistern als mit den Verbrechen der Stadt und den Sagengestalten der Schotten zu tun. Nichts desto trotz war auch diese Tour absolut erlebenswert. Am Mittwoch schließlich geht unsere Reise zu Ende und mit langen Zwischenaufenthalten am Flughafen Edinburgh und Hahn gelangen wir wieder zurück nach Deutschland. Aber schon zu diesem Zeitpunkt war für mich klar, dass ich bald wieder nach Schottland zurück musste!


    Sonnenuntergang in Edinburgh


    The Governors House
    Zuletzt geändert von Hunter9000; 27.05.2013, 21:12.
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