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4 Wochen hatte ich mir Zeit genommen, um den GR 5 von St. Gingolph nach Menton zu wandern. Geschlafen sollte während dieser Zeit ausschließlich in meinem für eine Person sehr geräumigen MSR Zoid 2, welches mir seit nunmehr 6 Jahren auf vielen Touren gute Dienste geleistet hat. Auch mit knapp 2 Kilogramm ist das Zelt für eine Person noch ok. Dabei muss ich vorab zur Ausrüstung sagen, dass ich sicherlich kein Ultralight Wanderer bin. Da ich bislang aber auf allen Touren so zwischen 15-20 kg inklusive Wasser und Essen auf dem Rücken getragen habe, kenne ich es nicht anderes und daher stellte das Gewicht eigentlich bislang kein Problem dar.
Anreise:
Da der Anfahrtweg nach St. Gingolph bzw. Genf von Mitteldeutschland nicht so weit war, habe ich mich für ein Bahnticket zum Spitzenpreis von 39 Euro entschieden


Auch wurde ich von den Urlaubswütigen in meinem Outdooroutfit äußerst kritisch beäugt. Naja sie hätten mich erst auf der Rückreise sehen sollen, ohne Rasur und auschließlicher Handwäsche

In Genf dann knapp einen Kilometer zu Fuß zum Busbahnhof, wo ich für 15 Euro ein Ticket nach St. Gingolph zog. Es ist also nicht zwingend notwenig von Genf die doch um einiges teurere Fähre nehmen zu müssen. Noch einmal umsteigen in Thonon de Bais und dann sollte es endlich losgehen.
WIe so häufig zu Beginn einer Tour war ich einfach nur voller Vorfreude, dass es endlich losgehen konnte.
Aber auch einige spannende Fragen gingen mir durch den Kopf:
Was wird einen in den nächsten Wochen erwarten. Wird das Wetter mitspielen`? Wie stark ist der Weg frequeniert? Wo finden sich schöne Schlafplätze? Gibt es kritische Abschnitte, die es zu überwandern gilt? Reicht mein äußerst rudimentäres Französisch überhaupt zur Verständigung aus?

Mit diesen ganzen Fragen im Kopf, vergaß ich sehr schnell, dass ich die ganzen Nacht auch nicht eine Sekunde geschlafen hatte. Da wußte ich auch noch nicht, wie meine erste Nacht auf der "Strecke" werden sollte. Aber dazu später mehr

Tag 1: Von St. Gingolph zu den Chalets de Biset (wild)
Da es schon um die Mittagszeit war, hatte ich mir für den ersten Tag auch nur eine etwas kürzere Strecke entschieden und es sollte schließlich bis kurz vor den Chalets de Biset gehen.
Zufälligerweise traf ich direkt beim Verlassen des Busses auf einen jungen Briten, der gleichen Plan wie ich haben sollte und den ich später am Tag noch einmal wiedertreffen sollte.
Noch einen Espresso in einer kleinen netten Bar und den Zuckerhaushalt mit zwei Schoko-Croissants aufgepimpt, legte ich den Rucksack meinem Rücken auf und machte mich ca. eine halbe Stunde nach dem Briten auf den Weg.
Der Weg verläuft zunächst steil aus der Stadt heraus. Durch ein gut begehbares Waldstück hindurch taten sich immer wieder wunderschöne Rückblicke auf den Genfer See auf. Der Himmel war zwar leicht bewölkt, aber nach dem in den Wetterberichten angekündigten Regen sah es noch nicht aus.

Nach einer Stunde wurde Novel erreicht und kurz vor dem pittoresken Dörfchen hatte ich auch den Briten wieder eingeholt.
Zugegeben hatte ich auch darauf gehofft, schwebt doch in meinem Köpfchen immer ein wenig der agonale Gedanke mit, so dass ich durchaus auch immer sehr interessiert war, die z.B. im Wanderführer vorgegebenen Zeiten mit meiner eigentlich gebrauchten Zeit zu vergleichen.
Als leidenschaftlicher Sportler bereitet es mir tatsächlich Genugtuung, auch wenn viele leidenschaftliche Wanderer darüber wahrscheinlich nur den Kopf schütteln können. Mir macht es aber Spaß



Das Rennen gegen diesen animalischen Freund habe ich auf jeden Fall für mich entschieden.

So kam ich mit dem Briten ins Gespräch, der gerade dabei war, seinen Rucksack umzupacken. Wir beschlossen, ein Stückchen gemeinsam des Weges zu gehen, da er ungefähr das gleiche Ziel für den heutigen Tag angepeilt hatte. Interessanter Weise ging er mit nur einem Trekkingstock, in der anderen Hand hielt er dauerhaft während des ganzen Tages den Wanderführer von Cicerone. Gerade beim späteren Abstieg zum Schlafplatz sollte ihm dies doch ein wenig Probleme bereiten.

Jonathan der Brite

Wir überquerten gemeinsam den Col de Bise und bekamen überraschender Weise direkt an diesem ersten Tag der Wanderung Scharen von Steinböcken zu Gesicht. Es sollten nicht die letzten Tiere für diesen Tag bzw. Nacht werden.
Kurz vor den Chalets gab es einen gut 30 minütigen Abstieg, an dem ich den Briten aufgrund seiner etwas komplizierten Lauftechnik verlor. Da ich nicht im Refuge selbst schlafen wollte, aber auch nicht direkt vor diesem, um den Aufmarsch von Tageswanderern bzw. Wochenendwanderen zu entkommen, suchte ich schon während des Abstiegs nach einer geeigneten Stelle für mein Zelt. Nicht weit entfernt von den Chalets zeigte sich dann eine Art Hochebene, die ich für geeignet zum Campen hielt. Ich wartete mit dem Aufbauen noch bis der Brite schließlich eintrudelte, so dass wir diese erste Nacht schließlich nebeneinander verbringen sollten.
Dass wir schon in diesem Moment unzähliges Kuhglockengebimmel hörten, interessierte uns an dieser Stelle „noch“ nicht, war das Gebimmel doch noch weit entfernt. Gekocht, Katzenwäsche und es wurde langsam auch schon dunkel. Ab in den Schlafsack, ein wenig Reisebericht schreibend und dann fielen auch schon die Augen zu. Doch mit dem Schlaf sollte es nichts werden, wurde das Gebimmel der Glocken immer lauter. Ich bemerkte wie auch Jonathan davon wach wurde und den Reißverschluss seines Zeltes öffnete. Ich tat es ihm gleich und wir erblickten in ungefähr 10 Meter Entfernung 15-20 Kühe, die äußerst interessiert daran waren, dass wir da waren.
Meine Erfahrung mit solchen interessierten Kühen belief sich in den Pyrenäen zumeist darauf, dass diese, wenn man ein wenig Geschrei bzw. Geklapper mit den Stöcken das Weite suchten.

Nicht aber diese französischen Alpenkühe. Denn diese kamen schließlich immer näher auf uns zu. Um den Kühen nicht gänzlich unterlegen zu sein, katapultierten wir uns aus dem Zelt und schauten uns verdattert an. Was für eine skurrile Situation.
Zwei Wanderer, die ausgezogen waren, um die Alpen zu überqueren, werden schon am ersten Abend von blutrünstigen Kühen aufgehalten, die es nun sogar in Erwägung zogen, uns einzukesseln.
Jonathan kam die überragende Idee, die wie folgt lautetet.“ Take your sticks over your head. We have to move like a bigger animal“. Die Kühe interessierte es leidlich wenig, kamen sie doch sogar noch näher und „schienen“ nun auch noch zu schnaufen.

Fand ich die Situation doch eigentlich ziemlich harmlos und witzig, wurde ich nun doch ein wenig nervös, hatte ich nicht irgendwann einmal im Französisch Unterricht eine Geschichte gelesen, in der Kühe in den Alpen einen Wolf befallen hatten und diesen aufgefressen hatten. Ok, also das mit dem Auffressen entsprang in diesem Moment wohl nur meiner Phantasie.
Also lange Rede gar kein Sinn: Es musste eine Lösung her. Entweder wieder ins Zelt legen und einfach der Dinge harren, mit der Gefahr, dass sich einer dieser Kühe sich an der Zeltleine verhakt und das ganze Zelt mitreißt, oder aber die Zelte von der Kuhweide loszueisen und sich in Richtung Refuge zu „retten“.
Wir kapitulierten. Jonathan baute schnell sein Zelt ab, während ich die Kühe mit schwingenden Bewegungen meiner Stöcke abwehrte.
Da ich ziemlich genervt und ohne Schlaf war und überhaupt keine Lust hatte alles abzubauen, beschloss ich mein Zelt stehen zu lassen, einzig meine Wertsachen, Schlafsack und Isomatte mitzunehmen, um morgens zum Zeltabbau zurückzukehren.
Im Dunkeln tappten wir zum Refugee, das ungefähr 10 min entfernt lag. Endlich mal ein vernünftiges Einsatzgebiet für meine neue Stirnlampe. Endlich hatte es sich mal gelohnt, sie mitgenommen zu haben.
Neben dem Refugee gab es eine kleine Rasenfläche, auf der Jonathan sein Zelt aufbaute. Ich nahm meine Isomatte und meinen Schlafsack und hoffte einfach nur, dass es nicht anfing zu regnen. Das wäre nun wirklich noch der „worst case“ gewesen.Aber ich hatte Glück und es blieb trocken. Dennoch war es eine äußerst unruhige Nacht, die nun von den Gedanken beherrscht wurden „du musst schlafen, du musst schlafen, du musst schlafen. Denn zwei Nächte hintereinander ohne Schlaf wäre für die bevorstehenden anstrengenden Tage sehr heftig gewesen. Der zweite Gedanke, der sich wiederfand, war der , dass ich irgendwo in der Nähe ein Teilsegment einer meiner Stöcke durch das Herumwedeln verloren hatte.
Besser konnte die Tour also gar nicht beginnen Kein Schlaf, Stöcke nicht mehr vollständig und angegriffen von wilden Tieren.
Wären wir einfach nur im Zelt geblieben, die Kühe hätten nullkommanix ihr Interesse verloren und wären wieder abge"dackelt".

Aber ok, es hätte auch noch regnen können.
Gegen 5 weckte Jonathan mich dann auf, ich begab mich zurück zum eigentlichen Lagerplatz, alles wirkte so ruhig und friedlich, von den Kühen war keine Spur mehr zu sehen. Ich fand zudem das Segment meines Sticks wieder. Ein Kaffee mit viel Zucker und ich war glücklich für den zweiten Tag.

Der erste "Schlaf"platz
Tag 2: Von den Chalets de Bise bis zum Col de Bassachaux (Wild-Camping)
Pünktlich nach dem Abbauen des Zeltes gesellte sich während des Anstiegs zum Pas de la Bossse sanfter Nieselregen zu uns, so dass die Regenjacke zum ersten Mal auf dieser Tour ihren Einsatz fand. Die Aussicht vom Pas war aufgrund der Wolkenbildung leider auch nicht viel aufheiternder, viel mehr hingegen freute ich mich auf einen weiteren heißen Kaffee und ein richtiges Frühstück in La Chapelle d Abondance. Allein dass ich mich nach einem Tag Wanderung schon auf die Zivilisation freute, zeigte mir, dass ich auf dieser Wanderung noch nicht richtig angekommen war. Das Wetter, das Schlafdefizit und das noch fehlende alpine Moment auf dieser Tour drückten noch ein wenig auf die Stimmung. Beim Abstieg zum Dorf kamen wir an den Chalets de Chevenne vorbei, wo es auch gut möglich gewesen wäre, sein Zelt aufzuschlagen. Der Abstieg an sich war eher unspektakulär, lief man doch fast die letzte Stunde auf einem normalen Schotterweg, auf dem auch Autos Platz hatten.
Kurz bevor wir die Stadt erreichten, kamen wir an einem Rastplatz mit Müllcontainern vorbei, so dass Jonathan die Gunst nutzte, um seinen Müll loszuwerden. Da dies auch wieder fast eine gefühlte Ewigkeit dauerte, überdachte ich noch einmal, inwiefern es überhaupt weiter Sinn macht, zu zweit weiterzuwandern. In solchen Momenten merke ich doch immer wieder, wie wenig ich wahrscheinlich für das zu „Zweit-Wandern“ gemacht bin. Meine Laune wurde immer schlechter. Warum konnte man sich nicht des Mülls in Chapelle, welches schon in Sichtweite lag, entledigen.
Im Dorf selbst steigerte sich aber wieder die Laune, gab es doch einen Wochenmarkt mit den herrlichsten kulinarischen Spezialitäten der Region. Käse und Wurst mussten daher neu in den Rucksack dazu. Ich finde es in solchen Momenten immer wieder skurril, wie viel Gedanken man sich beim Packen des Rucksackes daheim um jedes Gramm Gewicht macht, auf der Tour dann aber selbst, schwere Wurst und schweren Käse dankend als Gewicht in Kauf nimmt.
Der eh schon unglaublich „leichte“ Rucksack wurde dann bei Auffinden eines kleinen Supermarktes beim Verlassen der Stadt noch einmal zusätzlich mit Äpfeln und einer Pampelmuse gepimpt.
An einem kleinen schönen Wasserfall vorbei ging es jetzt 900 m geradewegs aufwärts zu Les Mattes. Dieser Anstieg brachte mich zum ersten Mal so richtig ins Schwitzen. Dennoch fühlte ich mich nach dem Frühstück und der Pause endlich richtig gut, um mich mit dem steilen Anstieg des Berges auseinanderzusetzen. Jonathan verlor immer mehr den Anschluss, musste er doch genau wie ich sein eigenes Tempo gehen. Ich beschloss somit voran zu gehen, um bei der nächsten etwas ebeneren Stelle mich an dem Schwergewicht der Äpfel zu verköstigen und auf Jonathan zu warten.
Nachdem ich jedoch an dem Sur Bayard fast eine halbe Stunde verweilt hatte, ohne dass mein britischer Freund ankam, hummelte es in meinem Hintern und ich wollte weiter. Der Anstieg war jetzt weder alpin noch hätte man sich verlaufen können, so dass ich mir dachte, dass Jonathan wahrscheinlich kurz vor dem jetzigen Standpunkt eine Pause gemacht haben musste. Zwei Wanderinnen, die talwärts gingen, bat ich darum, ihm Bescheid zu sagen, das sich weitergegangen sei.
Auf einen möglichen gemeinsamen Schlafplatz hatten wir uns schon am Morgen verständigt.

Impression von Tag 2
Angekommen auf dem Les Mattes entpackte ich das von der Nacht noch feuchte Zelt und ließ es trocknen, begrüßte mich doch rechtzeitig an diesem für den heutigen Tag höchsten Punkt die wärmende Sonne. Unspektakulär ging es noch ca. 2 Stunden weiter, bis ich den Schlafplatz erreichte. Gegenüber von dem Refugee am Col de Bassachaux hebt sich der Hügel noch einmal empor, wo es sich zwischen den Nadelhölzern ziemlich windstill und eben nächtigen lässt.

Ausblick vom Col de Bassachaux
Nach Katzenwäsche und ohne Abendbrot überkam mich einfach die Müdigkeit, so dass ich schon um ca. 17 Uhr die Augen eingepackt im Schlafsack schloss. Vom einsetzenden Regen, der nach den Wasserlachen um mein Zelt herum am nächsten Morgen die ganze Nacht vorherrschte, bekam ich nichts mehr mit und schlief den Schlaf der Gerechten.

Schlafplatz Nummer 2
Tag 3: Von Col de Bassachaux nach Samoens (Campingplatz)
Erstes Aufwachen um 5 Uhr. Regen. Umgedreht. Weitergeschlafen. Sechs Uhr. Regen. Noch einmal umgedreht. Eine halbe Stunde später reichte es mir mit dem Herumwälzen. Fast 14 Stunden hatte ich jetzt geschlafen und merkte, dass ich Betätigung brauchte. Ich wollte los, aufbrechen, in den neuen Tag starten. Endlich ausgeschlafen und voller Tatendrang. Langsam wurde ich sauen: der Regen wollte nicht weniger werden.
Um nicht gänzlich untätig zu sein, begann ich meine Siebensachen im Zelt zusammenzupacken. Eine knappe halbe Stunde verstrich und ich wagte mich nach draußen. Und siehe da. Der Regen hatte nicht nur nachgelassen, sondern hörte just in diesem Moment auf. Der Tag musste ein guter werden.
Bis zum Refuge de Chesery war der Weg nicht gerade ansehnlich, ging es doch unter Skiliften stetig bergauf, wirkliche Ausblicke wurden zudem von einer dicken Wolkenschicht verwehrt. Auch ein Nieselregen setzte langsam wieder ein, der jedoch Gott sei Dank nicht ausreichte, als dass ich mir die Regenjacke aus dem Rucksack hervorgeholt hätte. Dennoch wurde es um einiger frischer und ich war froh, als ich das Refuge erreichte und mir einen heißen Kaffee gönnte. Nach einer Pause von knapp 30 min ging es hinter dem Refugee um einen See namens Lac vert rechts herum. Am Ende des Sees wieder einem schmalen Pfad rechts bergauf.
Vom Briten war noch keine Spur gewesen. Wie sich später herausstellte, hatte er am Refuge de Trebentaz genächtigt. Die SMS diesbezüglich kam merkwürdigerweise aber erst einige Tage später bei mir durch.
Entspannt und gleichmäßig über einen Fahrweg führte der Weg schließlich bis zum letzten Anstieg für den heutigen Tag zum Col de Coux. Auch an diesem Col hatte ich mal wieder Glück, die Sonne kam heraus und ich war froh all meine Ausrüstung trocknen zu können, um somit auch einige Gramm weniger nach der Pause auf dem Rücken tragen zu müssen. Ab Les Chavonnes war der Abstieg bis nach Samoens nur noch eine Katastrophe. Auf einem zunächst steinigen Fahrweg, später dann auf geteerter Piste ging es in unendlichen Serpentinen hinunter ins Tal.
In Samoens endlich angekommen entschied ich mich glücklicherweise dafür, einmal komplett um den riesigen Campingplatz am Fluss entlang bis zum Eingang zu laufen, statt einfach direkt in 200 m Entfernung die Straße zu überqueren und am Eingang zu sein....
Aber mein Frust hielt sich in Grenzen erbarmte sich doch Rezeptionsdame des Campingplatzes und drückte mir ein dickes Begrüßungspaket in die Hand. Darin waren ein Müsliriegel, eine Kleine Packung Reis, weiterer kleineres Krimskrams und eine Mini 0,1 Flasche Pernot. Diese steckte ich für den Notfall in meine Erste-Hilfe-Tasche.
Zelt aufbauen, Duschen etc., dann gings los, die Vorräte mit Lebensmitteln wieder aufzufüllen. Eine Supermarktkette namens Sherpa war gefunden, die Preise saftig, aber der Wanderer dennoch glücklich und zufrieden.
Tag 4: Von Samoens zur Pont d´Arleve
Trotz dessen, dass der Vorabend in Samoens mit einem eifrigen Feuerwerk sein Ende nahm, schlief ich ziemlich gut und wachte schon vor der eigentlichen Weckzeit auf. Dies und der Ausblick aus dem Zelt heraus auf einen wolkenverhangenen Himmel animierten mich erst einmal zu einer ausgiebigen warmen Dusche. Doch auch nach dieser zeigte sich der Himmel unverändert. Nicht nur, dass er wolkenverhangen war, nein, er begrüßte mich jetzt sogar mich leicht tröpfelndem Regen. Somit startete ich das gleiche Experiment wie am Vortag. Ich kroch zurück ins Zelt und begann meine Sachen zu ordnen und zusammenzupacken.
Und das Experiment klappte erneut: wieder hatte der Regengott ein Einsehen mit mir und befahl seinen Tropfen solange zu pausieren, bis ich mein Zelt zusammengepackt hatte. Kaum war dies vollrichtet, öffneten sich jetzt die Schleusen vollends. Um nicht direkt den Tag durchnässt zu starten, stellte ich mich noch ein wenig unter dem Vorbau des Waschhauses und frühstückte eine Kleinigkeit. Dennoch kribbelte es wieder in meinen Beinen und, da Warten einer meiner schlechtesten Eigenschaften ist, begab ich mich 15 min später wieder auf den Trail.
Am Fluss ging es zurück bis zu dem Punkt, wo ich am Vortag Richtung Campingplatz abgebogen war. Eine kleine Brücke wurde überquert und dann immer weiter dem Fluss aufwärts gefolgt. Langsam hatte es sich eingeregnet. Aber ok, ich wusste aufgrund des Wetterberichtes, dass mir ein solches bevorstehen würde und war daher darauf eingestellt und noch guter Dinge. Nach einer Stunde Dauernieselregens hatte sich die Laune aber drastisch verschlechtert. Um diese wieder zu heben, legte ich an der Pont du Perret, an der es eine Bushaltestelle mit Quelle gibt, eine weitere Frühstückspause ein, in der Hoffnung, der Regen würde aufhören.
In der Annahme der Regen hätte nun nachgelassen, schulterte ich 15 min später wieder den Rücksack, überquerte die Brücke auf die andere Flussseite und begab mich in Richtung der Gorges de Tines.
Ein gigantisches altes Flußbett sorgt hier für ein besonderes Wandererlebnis, bei dem letztlich zwei Metallleiter überklettert werden müssen. Kurzzeitig war während dieser Durchquerung sogar das schlechte Wetter vergessen. Kurzzeitig!

Altes Flussbett-Tal
Denn keine 5 Minuten später setzte wieder stärkerer Regen ein. Ich ließ mich – in dem Bewusstsein, dass mich eh keiner höre - zu einem lauten Fluch über das Wetter hinreißen. Aber es war ja klar: In dem Moment, in dem ich meinen Fluch beende, kommt ein französischer älterer Herr um die Ecke gebogen und fragt mich, ob es mir noch recht gut ginge, in dem schönen und ruhigen Wald einfach umherzuschreien. Dies vermutete ich zmdst. aufgrund seiner Gestik und Mimik, verstanden habe ich ehrlich gesagt kein Wort. Einfach nett um Entschuldigend lächelnd schlich ich an ihm vorbei.
Kurze Zeit später erreichte ich die Pont de Nants, die es zu überqueren galt, um am linken Ufer schließlich einer kleiner Schotterpiste zu folgen. Stetig ging es bergauf, bis die Cascade du Rouget erreicht wurden. Da ich eh schon ziemlich nass war, verzichtete ich darauf, lange im Angesicht des imposanten Wasserfalles zu verweilen und mir das Wasser vom Wind ins Gesicht sprühen zu lassen.
Eine Teerstrasse wurde anschließend im weiteren Aufstieg immer wieder von steilen „short paths“ abgekürzt, bis das Chalet de Lignon erreicht wurde. Hier genehmigte ich mir wieder eine ca. 20 min Pause. Ich war erst auf ca. 1020 m und musste noch einen weiteren Aufstieg auf 2257 m zum Col d´Aterne bewältigen, vorbei an den Chalets d´Aterne auf 1808 m.
Da es mir eh schon ein wenig frisch war, erhöhte ich das Lauftempo. Stetig ging es im Wald bergauf, bis die Cascade de la Sauffaze nach ca. 1 Stunde erreicht werden sollten. Genau diesen Streckenpunkt hatte ich aber beim Studium meines Wanderführers übersehen, so dass für mich als nächster Zielpunkt der Collet d´Aterne galt. Dieser sollte vom Rastplatz laut meiner Planung nur eine Stunde Marsches entfernt sein. Er wollte und konnte aber natürlich nach nur einer Stunde Zeit nicht erreicht werden. Sauer über diese fälschlicherweise unkorrekte Angabe des Buches, wanderte ich grimmig den Berg hoch. Ständig schaute ich auf meinen Höhenmesser an meiner Uhr und wartete auf den Collet.
Der Regen nieselte weiter unaufhörlich, so dass eine gute Wegstrecke nur noch aus Schlamm und Matsch bestand.
Besonders die Wanderer, die mir entgegen kamen, hatten schwerst damit zu kämpfen.Es entwickelte sich an diesen Stellen an eine reine Rutschpartie, die eher an Woodstock oder ein Rockfestival nach 3 Tagen Dauerregen erinnerte.
Endlich nach ca. 90 min erreichte ich den Collet und war – als sich mein Irrtum beim Lesen des Wanderführers endlich aufklärte – sehr zufrieden, dass ich schon an dieser Stelle war. Bis zu den Chalets verlief der Weg nun geradezu mystisch durch eine sanft ansteigende Hochebene.

interessante Baumformation auf dem weg zu den Chalets
Der Nebel tat sein übrigens zu dieser gespenstischen Szenerie. An den Chalets, wo sich auch ein Refugee befindet, herrschte reges Treiben, hatten es doch viele Wanderer an diesem unfreundlichen Tag, es vorgezogen, ihren Tag entweder früh zu beenden oder erst gar nicht starten zu lassen.

Chalets d Ánterne
Ich füllte meine Wasserreserven noch einmal nach, da ich noch nicht wusste, wo ich diese Nacht schlafen sollte, und ob dort Wasser - auch gerade zum Waschen - vorhanden sei. Es war kurz vor 2 Uhr.
Nach einem weiteren Anstieg fühlte ich mich beim Anblick des Lac d´Aterne endlich auf meiner Wanderung angekommen. Ein herrlicher Bergsee, dessen Rand sich auch gut für eine Übernachtung anböte, bot sich mir dar. Für eine Übernachtung an dieser Stelle war es mir aber noch zu früh, so dass ich weiter zum Col aufstieg.

Lac d ´Anterne
Es lief gut, ich fühlte mich fit und auch der Regen hatte aufgehört.

Kurz vor dem Col d ´Anterne

Col d ´Anterne..Ziel zunächst erreicht
Hinter dem Col ließ ich nach kurzer Kekspause am Refuge de Moede Aterne dieses hinter mir. Denn auch hier herrschte wieder reges Treiben, so dass ich nur darauf bedacht war, mich fern von diesem nach einem Schlafplatz umzuschauen.
Der Weg führte hinter dem Refugee zunächst über eine weite Almwiese bergab, wurde dann jedoch immer schmaler, führte zwischen teils meterhohen Sträuchern hindurch. Erst als ich nach ca. 35 min den größeren Bach, der von der Pont d´Arleve überquert wird, erreichte, bot sich vom Wegrand herab ein guter Blick auf das ebene Flussufer. Der Abstieg dorthin wäre jedoch weglos und ziemlich steil gewesen, so dass ich davon Abstand nahm. Erst unmittelbar vor der Pont, war neben dem Weg eine kleine freie Fläche, die für mein Zelt ausreichte. Das „Zeltenverbotschild“ an der Brücke selbst übersah ich, braute sich nicht nur am Himmel wieder einiges zusammen sondern auch der Blick auf die Karte zeigte, dass es nach der Brücke nur noch bergauf gehen sollte. Die Chance auf einen Zeltplatz während des Aufstieges schätzte ich als gering ein.
Zudem gab es an dieser Stelle einen kleinen Durchgang zum Fluss, so dass Waschen und Wasserversorgung gesichert waren.
Zelt aufgebaut, Waschen im Fluss, wärmende Kleidung angezogen und hinein in den Schlafsack.

Um ca. 17:30 Uhr kochte ich mir bei strömenden Regen unter dem Vorzelt gebratene Nudeln.

Schlafplatz am Wegesrand
Frühzeitig eingedöst, wachte ich in der Nacht noch einmal auf, da es mir doch ein wenig kalt erschien. Ich schaute aus dem Zelt heraus und erblickte eine sternenklare Nacht. Es fror, was sich spätestens am Morgen beim Abbauen des Zeltes bestätigt hatte. Das nasse Zelt war komplett zugefroren und wurde von einer netten Eisschicht umzogen. Ohne Handschuhe erschien es mir unmöglich das Zelt komplett zusammenzufalten und so packte ich es als großes Viereck außen zum „Auftauen“ an meinen Rucksack.

Ein immer noch frischer Morgen
Tag 5: Von der Pont d´Arleve nach Les Houches (Campingplatz)
Während also hinten an meinem Rucksack das Zelt auftaute, begab ich mich nach einem heißen Kaffee hinauf zum Col du Brevent, der auf 2368m Höhe liegen sollte. Beim Aufstieg entdeckte ich ein weiteres nettes Plätzchen zum Campen an den Ruinen der Chalets d ´Arleve, welches ich am Vortag auch noch hätte erreichen können. Aufgrund der zusätzlichen Höhenmeter und abnehmender Temperatur war ich aber doch froh an der Pont geblieben zu sein. Am Col erwartete mich dichter Nebel und weite Schneefelder.

Fast am Col du Brevent
Teilweise konnte ich keine 5 m weit sehen und erlebte hier am frühen Morgen einen weiteren gespenstisch anmutenden Moment auf meiner Tour. Die Chance, einen Blick auf den Mont Blanc oder den Brevent zu erlangen, war äußerst gering.

Alles dicht...
Da ich aber noch nicht gefrühstückt hatte, setzte ich mich angelehnt an den Markierungsstein des Colls auf meinen Rucksack und vergnügt mich an meinem Zwieback. Es herrschte absolute Stille. Und siehe da, die Wolken- und Nebeldecke tat sich auf und die Gipfel der 4000er erhoben sich genau in meiner Blickrichtung.

Der Himmel tut sich auf...
Doch lange konnte ich diesen Moment nicht genießen. Eine Wandergruppe von bestimmt 20 Leuten, die wahrscheinlich von Chamonix aufgestiegen waren, erreichten nun auch den Col. Vorbei war es mit der Ruhe. Solche Momente sollte ich auf dieser Tour noch häufiger erleben. Immer wieder, wenn ich dachte ich sei allein, passierte Ähnliches.
Ich schulterte meinen Rucksack und ....
Fortsetzung folgt...
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