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  • faulix
    Anfänger im Forum
    • 18.05.2011
    • 17
    • Privat

    • Meine Reisen

    [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Frankreich und Schweiz
    Reisezeit: August 2015
    Kontinent: Europa

    Prolog
    Der Rhythmus hat sich so eingeschlichen, dass ich alle 2 Jahre auf eine größere Wandertour gehe. Größere heißt in diesem Fall Länger als zwei Wochen am Stück und so war es auch dieses Jahr wieder der Fall. Mit meinen Wanderkumpanen entschieden wir uns dieses Jahr für die Wander Haute Route, die uns in zwei Wochen durch die Walliser Alpen entlang der wohl eindrucksvollsten Gipfel der Alpen von Chamonix und dem Mont Blanc Massiv bis nach Zermatt ans Matterhorn führen sollte. Da ich im Gegensatz zu meinen anderen vier Wanderkumpanen zu viel Zeit habe als fauler Student, entschied ich mich dazu, die Tour noch um etwa eine Woche zu verlängern und den ersten Teil des GR 5, den ich bereits vor 2 Jahren von St. Gingolph nach Nizza gelaufen bin, vor die Haute Route zu schieben. Anfangen wollte ich diesmal jedoch in Thonon les Bains, um für etwas Variation zu sorgen. Zum Ende der ersten Woche wollte ich dann logischerweise von der Col du Brevent direkt nach Chamonix absteigen, statt nach Les Houches weiter zu gehen und so zu meinen Freunden stoßen.

    Während der GR 5 mit einem doch sehr eindeutigen Wegverlauf, zumindest auf diesem gelaufenen Teil, aufwarten kann, war das auf der Haute Route nicht der Fall. Wir hatten zwei Reiseführer, aus denen wir uns die für uns beste Variante zusammen stellen wollten. Zunächst holte ich mir im vergangenen Jahr bereits den Cicerone Guide von Kev Reynolds, der bisher wohl als das Standard Werk der Wander Haute Route bezeichnet werden konnte. Allerdings hatten wir das Glück, dass im Frühjahr 2015 ein Buch von Rother zur Wander Haute Route erschien, welches sich mein Wanderkumpan Leon zu legte und welches uns half, eine Route zu erstellen, die unseren Wanderpräferenzen am besten entsprach. Der Führer von Rother bleibt, anders als die Cicerone Variante, meist in den Bergen, statt in die Täler abzusteigen. So bat sich die Möglichkeit, besonders zum Ende der Tour, auf wunderschönen Höhenwegen zu laufen, statt den Tag mit unnötigen Auf- und Abstiegen zu verbringen. Außerdem umging der Rother Führer, wahrscheinlich da aktueller, auf den letzten Etappen den Europaweg weitgehend und blieb auf der gegenüberliegenden Seite des Mattertals auf dem Weißhornhöhenweg, da der Europaweg an mehreren Stellen aktuell wegen Steinschlaggefahr entweder gesperrt oder nicht zu passierbar ist. Anmerkend zur Haute Route soll noch gesagt sein, dass wir aus unterschiedlichen Gründen leider gezwungen waren von Champex bis Les Haudères mit Bus und Bahn abzukürzen. So verpassten wir leider den wohl sehr schönen Sentier de Chamois, meinen vorher zum Lieblingsberg gekürten Mont Blanc de Cheilon und den spektakulären Pas de Chèvre. Eine schwere Entscheidung, die im Rückblick aber wohl dazu beigetragen hat, dass die Tour erfolgreich beendet wurde, auch wenn das Wandererherz etwas blutet, diese Etappen ausgelassen zu haben.

    Zu den Vorbereitungen gibt es zu sagen, dass wir die ganze Tour über in Zelten bestreiten wollten, wo es möglich war sollte bivakiert werden, ansonsten eben Campingplatz, auch um sich mal eine wohl verdiente warme Dusche zu gönnen. Wir hatten zu fünft drei 2 Personenzelte dabei, was nicht ganz dem Optimum entsprach, aber wir hatten nun mal kein 3 Personenzelt. Trotzdem bot sich zu fünft der Luxus zwei Leute zu haben, die sich komplett mit Essen beladen konnten, was teilweise auch nötig war, da wir Abschnitte hatten, wo wir uns für 3 Tage verpflegen mussten, da wir auch nicht in den doch eher teuren Refuges und Restaurants essen wollten. Unsere Kost bestand hauptsächlich aus einem Gemisch von Erbwurst und Instant-Kartoffelbrei, sowie Cous Cous und Instant-Tomatensuppe. Das sorgte für eine bescheidene Abwechslung (wenn wir in Orten campierten, wo wir die Zutaten nicht über hohe Pässe schleppen mussten, gab es auch mal andere Gerichte) und dies waren nach bisheriger Erfahrung die beiden Gerichte, die am wenigsten Brennmaterial verbrauchten. Als Kocher hatten wir einen Primus Mimer und insgesamt 3x230g Gaskartuschen, zu der noch eine dazu kam, die ich mir für die erste Woche auf dem GR 5 in Genf kaufte. Im Nachhinein stellte sich das als viel zu viel Brennmaterial heraus, von den insgesamt vier Kartuschen verbrauchten wir knapp 2 ½ und das auch nur, weil wir später in den Orten sehr verschwenderisch mit dem Gas umgingen, als abzusehen war, dass wir viel zu viel dabei hatten. Morgens ernährten wir uns hauptsächlich von Haferflocken und Müsli mit Milchpulver oder, in meinem Fall, Ovomaltine, da ich Milchpulver ziemlich widerlich finde.

    Bis ich nach etwa einer Woche meine Wanderkumpanen in Chamonix treffen wollte, war es für mich die erste Tour, die ich alleine bestritt. Dies sorgte auch für neue Herausforderungen beim packen, da ich z.B. nicht die Verpflegung auf weniger bepackte Mitwanderer abwälzen konnte. Was war also wichtig genug um mitzukommen, was war unwichtig, wo konnte ich Gewicht sparen waren die Fragen, die mir am meisten im Vorfeld durch den Kopf gingen. Ich war sicherlich nicht „Ultra Light“ unterwegs, habe es aber geschafft mich auf ein Gewicht von etwa 18kg mit Wasser einzupendeln ohne auf gewisse Gegenstände zu verzichten, die ich auf jeder Tour mitführte und die, obwohl eher schwer, doch zum Inventar gehören mussten. Dazu gehörte das viel zu schwere, von Opa geerbte Taschenmesser, der mit Whisky gefüllte Flachmann und natürlich ein gutes Buch. Nur den Gaskartuschenadapter für Campingaz, der trotz seiner geringen Größe erstaunlich schwer ist, hätte ich mir schenken können, da wir mit Schraubkartuschen gut versorgt waren. Aber mit 18kg konnte ich im Endeffekt ganz gut Leben, vor allem da ich auch wusste, dass ich meinen Freunden in Chamonix einiges aufdrücken konnte und dann doch leichter unterwegs war.


    Das Sammelsurium an Gepäck

    Teil 1 – Auf dem GR 5 von Thonon les Bains nach Chamonix


    GR 5 Marker hinter der Refuge de Chesery

    08. August, Berlin – Genf – Thonon les Bains
    Der Wecker klingelte für mich zu früh nach etwa zwei Stunden Schlaf, denn der billig Flieger fliegt natürlich zu unchristlicher Uhrzeit vom wunderbaren Hauptstadtflughafen SXF, welcher durch einen Ausfall des Airport Expresses für mich noch schwerer zu erreichen war als normalerweise. Erschwerend kam dazu, dass ich mein Flugticket erst mal zu Hause vergessen habe, was mir in der U-Bahn einfiel, so dass ich post wendend einen kleinen Umweg in Kauf nehmen musste. Um noch rechtzeitig am Flughafen anzukommen erledigte sich das Transportproblem immerhin, da ich mir für die letzten Meter schließlich gezwungener Maßen ein Taxi nahm. Der restliche Weg nach Genf, besser gesagt zum alternativen Startort des GR 5, Thonon les Bains, verlief dann reibungslos. In Genf lief ich vom Flughafen zum See runter und kaufte auf dem Weg bei einem Sportausstatter noch eine Gaskartusche und schaute mir somit auch gleich die Stadt an. Der Weg vom Flughafen zum Gare Routiere dauerte auch nur etwas länger als eine Stunde, so dass ich noch etwas am Lac Léman entspannen konnte, bis der Bus nach Thonon ging. Auch hier betrug die Fahrzeit etwa eine Stunde und war wirklich schön und nicht so müde bestimmt auch genießbarer. In Thonon checkte ich am einzigen Campingplatz des Ortes ein, der etwas außerhalb ca. 20 Gehminuten vom Bahnhof entfernt liegt, dafür aber recht erschwinglich und sehr sympathisch war. Während über Thonon die Sonne strahlte Gewitterte es in den Bergen hinter mir, die Voraussagen für die nächsten Tage waren auch eher mau. Also die Sonne genießen, so lange sie noch scheint. An diesem ersten Abend hundemüde früh ins Bett, um am nächsten Tag ausgeruht mit dem Wandern zu beginnen.

    09. August, Thonon les Bains – Vinzier
    Ich schlafe passabel, immer wieder mal geweckt vom Donner in den Bergen und einem Feuerwerk, was in Genf statt findet und über den Lac Léman schallt. Bin morgens um 6 trotzdem fit und komme gut raus. Die Morgenroutine ist wie gewohnt noch etwas eingerostet, wie immer zum Beginn einer Tour. Nach etwa einer Stunde verlasse ich den Campingplatz, pünktlich mit dem einsetzenden Regen, der den ganzen Tag heute mein getreuer Begleiter sein sollte. Ich erreiche recht fix den Foret de Thonon und kann, wie auch immer wieder mal im Waldgebiet, recht regengeschützt laufen. Das erste Hindernis des Weges lässt jedoch nicht lange auf sich warten: An einer Pferdekoppel ein Warnschild, der Weg sei wegen irgendwelchen anscheinend marodierenden Tieren gesperrt, die Warnung und das Absperrband wirkten auch ziemlich aktuell. Ich verfluchte mein schlechtes französisch, da ich das Tier nicht kannte, vor dessen gefährlichen Attacken hier gewarnt wurde (Danger! Attaque de [Brune? Brule? Irgend was in die Richtung]), entschloss mich aber an meinem ersten Tag nichts zu riskieren und einen kleinen Umweg über die nahe Straße in Kauf zu nehmen. Dieser stellte sich auch als nicht sonderlich große heraus, vielleicht 15 min. und kostete mich bloß ordentlich zerkratzte Waden, da ich einen Stacheldrahtzaun mit angrenzendem Dornengebüsch traversieren musste. An sich war der Weg des heutigen Tages auch echt schön, nur leider blieben mir in der Suppe so manche Blicke verborgen. Manch ein Feld- oder Waldweg und kleines Örtchen wäre im Sonnenschein bestimmt noch schöner, aber so war es nun einmal, ändern konnte man es auch nicht. Ich war den ganzen Tag ziemlich schnell unterwegs, da ich auch so gut wie keine Pausen machte, im Regen bot sich einfach nichts so wirklich zum Verweilen an und mein Hunger hielt sich auch in Grenzen.


    Verregnete Impressionen hinter Armoy


    Reyvroz, Ortseingang

    Dummerweise nahm ich in La Plantaz einen falschen Abzweig und folgte der Straße, was wohl eine Variante des eigentlichen Verlaufs markierte. Nach etwa 30 min auf der Straße war es mir aber auch zu blöd umzukehren, so dass ich weiter lief. Dummerweise hörten die Wegmarkierungen irgendwann auf und ich fragte bei einem Anwohner nach, der mich mit Händen und Füßen in eine Richtung schickte, in der ich immer wieder auf Schilder stieß, die eine „Accueil de GR 5“ verhießen. Ihnen folgend gelangte ich schließlich nach Vinzier (was mir am Anfang auch noch nicht so klar war), wo zum Glück das Camping Municipal ausgeschildert war. Am Ende etwas frustriert wegen Dauerregen und der misslungenen Wegvariante war ich dann auch froh am Campingplatz angekommen zu sein, auch wenn es erst 14 Uhr war. Es gab allerdings eine warme Dusche, ich konnte unter dem Vordach des Sanitärhäuschens mein Zelt zumindest trocken aufbauen und innen meine Klamotten trocknen.
    Als ich meine Stiefel auszog, stellte ich begeistert fest, dass das Leder im Innenfutter meiner Meindl Borneo entlang der Fersennaht des rechten Stiefels so spröde war, des es an der Naht entlang aufriss... Das hätte ich bestimmt nicht erwartet von Meindl Stiefeln nach der zweiten Tour (!), auch wenn es den ganzen Tag geregnet hat. Meine Nachmittagsbeschäftigung bestand jedenfalls darin, das Leder zu nähen wo es noch weich und nass war. Ich konnte nur hoffen, das meine Behelfsmäßige Naht auch hielt. Ich merkte zwar beim Wandern bisher noch nichts an der Ferse, konnte aber nur hoffen, dass das auch so blieb, wenn das Leder seine Schwäche bereits am ersten Tag zeigte. Nach einer warmen Dusche und einer Tassensuppe ging es dann ab ins Bett. Morgen sollte der Wetter früh klingeln, da bis zum Mittag noch passables Wetter angesagt war und ich noch so viel wie möglich davon mitnehmen wollte.


    Selbstauslöser bei Bioge

    10.8., Vinzier – Chalets de Bise
    Am Morgen klingelte der Wecker um 5:30 und ich machte mich auf, den verlorenen Weg wieder zu finden. Es regnete immerhin nicht mehr, klarte sogar etwas auf und die Dent d'Oche zeigte sich dramatisch am Horizont, was mich zur Eile anspornte. Da wollte ich so bald wie möglich hin!


    Die Dent d'Oche im Morgengrauen

    Nach nicht all zu langem Suchen fand ich auch tatsächlich den GR 5 wieder, der zu meinem Erstaunen nur wenige Meter neben meinem ausgeschilderten Accueil-Weg lag. Ich habe ihn wohl wegen meiner Scheuklappen (Kapuze) nicht gesehen... Auf dem richtigen Weg ging es dann munter voran, im Bereich des Ugine Torrent notierte ich noch zwei potentielle Bivouac-Plätze und nachdem ich die Brücke über selbigen passierte, stieg der Weg stetig an. Ab den Chalets auf den Chesnay Alpages hatte ich langsam das Gefühl nach dem eher niedrigen ersten Tag endlich in den Bergen angekommen zu sein. Hier traf ich auch eine Gruppe von drei Franzosen, die die gleiche Tour wie ich machten und die mir in der nächsten Woche noch öfters über den Weg laufen sollten.


    Am Grand Chesnay mit Blick auf Petit Chesnay


    Am Grat kurz vor dem Lac de Darbon

    Weiter ging es über schmale Pfade am Hang entlang immer weiter nach oben, schließlich sollte ich heute noch bis auf knapp 2000 Meter kommen. Leider war die Sicht in den höheren Regionen sehr wolkenverhangen und damit quasi nicht vorhanden (ich hatte teilweise kaum 3m Sicht), vom Gefühl her kam ich jedoch in immer höhere Regionen und das war ein gutes Gefühl. Am Lac de la Case riss es schließlich etwas auf und die Sonne schaute zwischen den Wolken hervor. Über die Col de Pavis, die ich mit gemischten Gefühlen betrachtete, da ich einerseits zum ersten Mal Steinböcke erblicken durfte aber auf der anderen Seite etwas abgeturnt war von den Massen an Tagestouristen, die wahrscheinlich von den Chalets de Bise rüber kamen, traf ich schließlich auf den Wegweiser, der für mich den Beginn alt bekannter Wege markierte. Unter mir lag der Weg von St. Gingolph, den ich vor zwei Jahren ja schon einmal beschritt und über mir die Col de Bise, die ich nach kurzem Anstieg für mein klassisches Mittagsmahl, Baguette und Saucisson, nutzte. Irgendwie ein überwältigendes Gefühl wieder hier zu sein.


    Rückblick von unterhalb der Col de Bise zum Lac Léman und dem GR 5 von St. Gingolph


    Im Anstieg zum Pas de la Bosse, Rückblick zur Col de Bise

    Ich wollte irgendwo bei den Chalets bivakieren, nur konnte ich mich nicht so ganz entscheiden wo. Aufgrund eines anderen Berichts hier aus dem Forum wollte ich die Kuhweide möglichst meiden. Die Chalets selber hatte ich als nicht sonderlich sympathisch in Erinnerung und dieser Eindruck bestätigte sich zunächst auch wieder. Mein Gesuch Müll los zu werden wurde von der Wirtin abgelehnt und das Wasser am Brunnen war eher ein Chlorgesöff als schönes, erfrischendes Gebirgswasser. Nachdem ich schließlich glaubte im Aufstieg zum Pas de la Bosse eine Bivakiermöglichkeit erspäht zu haben und mich etwa 15 min im Aufstieg umsah aber nichts geeignetes fand, erspähte ich aus der Höhe einige sehr gute Möglichkeiten jenseits des riesigen Parkplatzes der Chalets. Und tatsächlich wurde ich dort fündig. Der Platz lag zwar recht dicht an der Straße, aber stören tat sich niemand daran und ich auch nicht, stand mein Zelt doch eben zwischen Felsen windgeschützt und mit schönen Ausblicken hoch zur Cornettes de Bise. Auch eine andere Wanderin gesellte sich zu mir und schlug in unmittelbarer Nähe ihr Zelt auf.
    Auch zu meinem maroden Stiefel gab es natürlich Neuigkeiten: Das Leder ist um die Naht, die ich gestern mühsam gesetzt hatte weiter ausgerissen. Na toll. Ich konnte gespannt sein, wie sich das weiter entwickelte...
    Diesmal gab es Tassennudeln zum Abendessen und der Schlaf überkam mich schon bald danach.


    Bivouac Platz hinter den Chalets de Bise

    11.8., Chalets de Bise – Col de Bassachaux
    Ich wachte auf in den Wolken, die hier zwischen den höheren Bergen hingen. Schnell machte ich mich auf den Weg um die Chalets bald hinter mir zu lassen. Heute wollte ich bis Bassachaux kommen und mich auf dem Weg in La Chapelle d'Abondance verpflegen, auch wenn das hieß mit schwer aufgefülltem Rucksack den langen Anstieg nach Les Mattes zu bewältigen. Doch zunächst ging es in den Wolken hoch zum Pas de la Bosse. Als ich diesen überquerte hatte ich wahrlich meinen Höhepunkt des Weges bisher, so dass mir erst mal ein wahnsinnig lauter, ungezwungener Jubelschrei entwich. Das Panorama das sich hier auf knapp 2000m bot war absolut grandios. Die Wolken füllten unter mir das Abondance Tal und der Blick auf die Berge vor mir war frei und klar. Die Dents Blanche und du Midi, der Mont de Grange, ja sogar in weiter ferne der Mont Blanc zeigten sich mir im Morgenlicht. Absolut überwältigend. Voller Energie, die ich aus diesem Panorama sog, machte ich mich an den Abstieg.


    Morgendlicher Anstieg zum Pas de la Bosse


    Grandioser Ausblick nach Süd-Osten vom Pas de la Bosse am Morgen

    Kurioser Weise verlief ich mich genau so wie schon vor zwei Jahren und folgte statt dem richtigen Weg einem Fahrweg ins Tal. In La Chapelle erwartete mich dann die Sonne, die inzwischen im Tal angekommen war (Kurz vor La Chapelle gibt es einige super Bivouac Möglichkeiten, wieder direkt an der Straße und wohl eher Rastplätze, die allerdings so aussehen, als seien sie nur fürs bivakieren gemacht). Ich kaufte Müsli, Mittagszeug und Leckereien im kleinen Sherpa direkt am Weg und setzte mich mit meiner Orangina in die Sonne. Das Leben ist schön. Am späten Vormittag machte ich mich dann auf in Richtung Les Mattes. Vorbei am Sur Bayard, wo wir vor zwei Jahren bivakierten ging es immer weiter nach oben, es war inzwischen auch ordentlich heiß und ich war froh über die Waldwege, die immerhin bis kurz unterhalb der Chalets de la Torrens Schatten spendeten. Auf Les Mattes gab es eine kurze Rast mit Apfel und Studentenfutter, bevor es weiter ging.


    Unterhalb der Chalet de la Torrens im Anstieg nach Les Mattes

    Im folgenden Abstieg begann ich dann doch meine Füße, die etwas geschunden waren zu spüren, sowie auch den schweren Rucksack mit dem frischen Proviant. In feinstem Wetter ging ich deshalb die letzten paar Kilometer bis zur Col de Bassachaux gemütlich an, so dass ich sie schon etwas erschöpft erreichte. Unbeeindruckt von den Massen an Tagestouristen, die hier mit dem Auto hoch fuhren suchte ich mir am fernen Ende des Parkplatzes eine Stelle aus, an der es sich wunderbar bivakieren ließ und harrte hier mit meinem Rucksack aus während ich speiste und darauf wartete, dass die Massen weniger werden und ich mein Zelt aufbauen konnte. Leider sahen meine Füße ziemlich übel aus, als ich aus den Stiefeln schlüpfte. An den Fersen hatten sich Blasen und an den großen Zehen ordentliche Druckstellen gebildet über die letzten Tage, die gar nicht gut aussahen und wirkten, als würden sie eitern... Habe dann mal mit Berlin telefoniert, um mir Motivation abzuholen weiter zu laufen, denn der dritte Tag ist ja bekanntlich immer der härteste. Später kamen noch einige Kühe mich besuchen bei meinem Zeltplatz. Zwischen zeitlich hatte ich Sorge, dass die Guten einfach über mein Zelt stapfen könnten, so nah kamen sie ran um zu grasen, aber natürlich waren sie doch harmlos. Als die Touristenmassen verschwunden waren und meine Füße sich etwas ausgeruht hatten begab ich mich auf eine kleine Erkundungstour in Richtung Hütte und Umgebung, traf auf einen kleinen Plausch die drei Franzosen wieder die hier zu Abend aßen, und schoss einige Fotos in der schönen Dämmerung. In jener gab es dann auch meine tägliche Tassensuppe und zum Nachtisch zur Zigarette ein paar Schlucke Single Malt aus dem Flachmann. Ein schöner Abend nach einem schönen und anstrengenden Tag.


    Abendimpressionen am Col de Bassachaux


    Bivouac am Col de Bassachaux

    12.8., Col de Bassachaux – Refuge de Chardonniere


    Die Refuge de Bassachaux am Morgen

    Der Morgen war ebenso schön wie der Abend gestern und da ich mir heute einen ruhigen Wandertag vorgenommen hatte, erlaubte ich mir morgens mal etwas länger zu schlafen. Um kurz nach 7 war das dann soweit, mir wurde es im Zelt schlicht und ergreifend zu warm. Auch wenn ich mir keine besondere Mühe bei der Morgenroutine gab, wurde ich doch langsam immer schneller. Gemütlich ging es in feinstem Wetterchen in Richtung Col de Chesery, wo ich auch die drei Franzosen wieder traf, die sich auf einem Fels sonnten. Vom Urlaubsaspekt sind sie die Tour denke ich etwas besser angegangen als ich. An der Refuge gibt es Wasser und für mich geht es weiter, nun in der Schweiz. Hier musste man sich die Wege leider mit Mountainbikern teilen, die oft doch recht fix an einem vorbei rauschten. Auch deren Liftanlagen sind nicht grade eine Augenweide. Die Wege in der Schweiz sind leicht zu begehen mit tollen Blicken zur linken und der Col de Coux, die schon bald in den Blick kam. Kurz vor jener kehrte ich noch in die kleine Buvette La Pisa ein, die ich als sehr sympathisch in Erinnerung hatte und gönnte mir etwas Brot mit Schinken und Käse zum Mittagessen. Nebenbei saß ich lange in der Sonne und schrieb jede Menge, angetan von dieser Umgebung.


    Blick auf die Dents du Midi von der Port d'Hiver


    Blick in Richtung Col de Coux mit der Buvette La Pisa im Vordergrund


    Brotzeit in der Buvette

    Nach der Stärkung ging es auf die Col hoch, recht anstrengend ohne Schatten in der frühen Nachmittagssonne. Oben erstmal eine „Gipfelzigarette“ zur Belohnung, während ich mit einem Wanderer quatschte, der mit seiner Frau den GR 5 von Nizza aus lief und nun fast am Ziel war. Wir tauschten uns noch etwas über Bivouac Plätze aus und ich entschloss mich in zwei Tagen am Refuge de Moede Anterne zu nächtigen, statt wie geplant an der Pont d'Arleve, da ich dort bestimmt sichereres Wasser bekäme. Gemütlich ging’s schließlich hinab von der Col in Richtung Chardonniere.


    Blick von der Col de Coux entlang des Wegverlaufs zur Col de la Golese

    Leider deuteten die Wolken hinter der Col de la Golese nichts gutes an und kurz vor dem Torrent de Chardonniere holte mich der Regen schließlich ein. Als ich an der Refuge ankomme hatte dieser ordentlich zugelegt und ich war etwas nasser als vorher. Nichts wurde also aus meinem ursprünglichen Plan meine Klamotten mal durchs Wasser zu ziehen und in der Sonne trocknen zu lassen. In der nächst besten Regenpause baute ich fix mein Zelt auf dem nahen Bivouac Platz auf und wurde genau zu wieder einsetzendem Regen fertig. Immerhin riss es dann auf den späteren Nachmittag doch wieder auf und die Sonne kam nochmal raus. Den Rest des Tages verbrachte ich zwischen Genuss und Selbstzweifeln. Denn auch diese möchte ich nicht verbergen, da sie zwangsläufig manchmal aufkommen beim alleine unterwegs sein. Doch nun eher zum Genuss: Zunächst gönnte ich mir eine 4€ teure Dusche in der Refuge, die ich jedoch gerne unterstützte, und sie tat so gut! Außerdem nahm ich noch die ein oder andere Klamotte mit in die Dusche und wusch diese gleich auch. Danach setzte ich mich in die Abendsonne, der Himmel war nun komplett klar, auf die Terasse des Refuges, und schrieb in schönster Atmosphäre den ganzen Abend während ich zwei 1664 schnabulierte. Nun hatte ich mir also auch mal das Vorbild der drei französischen Wanderer zu Herzen genommen und fühlte mich nicht nur wie im Wanderurlaub, sondern wie im Luxusurlaub .

    13.8., Refuge de Chardonniere – Pont de Salles
    Nachdem ich ziemlich schlecht schlief viel an diesem Morgen auch das Aufstehen schwer. Die Stimmung war dafür umso besser, denn das gute Wetter hielt an und schon bald befand ich mich im Aufstieg hoch zur Col de la Golese. Nach diesem sollte es nur noch bergab gehen. Vor zwei Jahren hat genau dieser Abstieg nach Samoens meine Knie zerstört, doch dieses Jahr mit Treckingstöcken entgegen meiner vorherigen Meinung sollte alles besser werden. Und das ward es auch. Der Abstieg nach Samoens war lange nicht so lang und anspruchsvoll für die Gelenke, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Allerdings wurde auch im Vergleich zum letzten Mal die Wegführung etwas geändert, man kam nicht mehr durch den malerischen Ort Les Allamands, was allerdings den Vorteil hatte, dass Asphaltpassagen bis Samoens so gut wie nicht existent waren. Ich schritt also gemütlich hinab und hinein in den touristischen Ort, bereit mich wieder mit nützlichem und weniger nützlichem Proviant auszustatten, der bis Chamonix reichen musste.


    Während des Abstiegs, im Tal ist Samoens zu erkennen

    Zu dem nützlichen Proviant gehörten wieder Müsliriegel und Saucissons mit Baguette, zu dem weniger nützlichen Ölsardinen, Pfeffermakrelen (ich hatte tierischen Fischhunger auf einmal), sowie ein Glas Cornichons und ein Kilo frisches Obst. Schließlich hatte ich nicht mehr all zu viel zu wandern an jenem Tag und der Abend sollte ein Festmahl werden! So schrieb ich in der Sonne vor dem Sherpa noch eine Postkarte mit kitschigem Alpenmotiv und machte mich dann wieder auf den Weg. Eigentlich wollte ich im Fluss bei Samoens noch etwas schwimmen und mich abkühlen, aber auf dem Weg nahm dummerweise die Bremsenplage mehr und mehr zu, so dass ich die Situation doch eher unentspannt fand und mir die Lust aufs Baden verging. In der Gorges de Tines spürte ich den schwer beladenen Rucksack dann deutlich. Das Obst und die Cornichons wogen schwer und es war ziemlich warm. Schweißgebadet verließ ich die wunderschöne Gorge, nur um erneut von Massen von Bremsen überfallen zu werden. Zu allem Überfluss fing mein Schuh an der Lasche an zu drücken, ich konnte diese aber nicht richten, da die Bremsen mich sonst komplett aufgefressen hätten. Schnell eilte ich weiter, tierisch genervt von diesen enervierenden Mistviechern.


    In der Gorges de Tines


    Kurz hinter der Gorges bei der Pont de Nants im Bremsenrevier

    Jenseits der Pont de Nants ging es dann wieder (dafür wurde der Weg um so häßlicher. Ich glaube der Abschnitt zwischen Pont de Nants und Pont de Salles ist der mir am wenigsten Liebste auf dem gesamten GR 5.) An der Pont de Salles angekommen und nach dem ausbreiten des Zeltes zum Trocknen der Schock: ich habe meine Heringe in Chardonniere liegen gelassen. So eine Scheiße. Kurz mit Köln und Berlin telefoniert, meine Wanderkumpanen, die ich ja auch bereits in zwei Tagen treffen sollte, bringen mir neue Heringe mit. Für diesen Abend hielten dann einige Steine her, die massig auf dem Campingplatz bzw. den Feuerstellen hier vorhanden waren. Ich war der einzige auf dem Campingplatz. Nachdem ich meine Wäsche gewaschen hatte zog es sich schnell zu und begann, natürlich, zu regnen und zu stürmen. Schnell ins Zelt mit mir und dem Rucksack und ausgeharrt und gelesen. Öfters musste ich raus größere Steine suchen, da der Wind so doll war, das er die Apside eindrückte. Super, so ein Wetterglück zu haben wenn man die Heringe verliert! Immerhin gab's Pfeffermakrele und Cornichons zum Abendessen... Später telefonierte ich nochmal mit Berlin und erfragte die Telefonnummer von Moede Anterne. Es sollte auch morgen stürmen und regnen und da hatte ich wahrlich keine Lust auf 2000. ohne Heringe zu zelten. So reservierte ich mir für die morgige Nacht einen Platz im Dortoir, zwar aus der Not heraus, aber mit Sicherheit auch nicht die schlechteste Lösung.

    14.8. Pont de Salles – Refuge de Moede Anterne
    Kam heute ganz ordentlich los, war aber nicht sonderlich gut drauf. Das Wetter war nicht gut, aber regnete bisher auch nicht. Ich ging den langen Anstieg heute stetig und in mittel-schnellem Tempo an und machte wenn überhaupt nur ganz kurze Trinkpausen. Wie gesagt, nicht so gut drauf. Trotzdem waren die verhangenen Talblicke später im Aufstieg durchaus genial. Im Aufstieg traf ich einen Mitarbeiter der Chalets d'Anterne, der mit dem Esel Vorräte aus dem Tal holte.


    Dieser Kerl transportiert die Vorräte zu den Chalets d'Anterne


    Rückblick in das Tal von Samoens im Anstieg zur Collet d'Anterne

    Am Vormittag war ich dann schließlich oben auf der Collet d'Anterne und genoß die letzten regenfreien Minuten mit Saucisson, Pumpernickel und einer leckeren Orange. Der Regen setzte pünktlich mit Ende meiner Pause ein und begleitete mich zu den Chalets. Die Hochebene vor den Chalets war erneut ein grandioser Platz. Irgendwie magisch, wie die Bäume aus den Felsen zu wachsen scheinen und mit den kleinen Bächen und Flüssen. Sehr malerisch. Pünktlich als ich an den Chalets ankam, wurde der Regen stärker und von der Col d'Anterne her zog ein Gewitter auf. Ich zog mich in ein leeres Dortoir Gebäude der Chalets zurück und harrte dort aus, bis das Gewitter vorbei gezogen war.


    Kurz vor den Chalets d'Anterne


    Rückblick zu den Chalets d'Anterne und dem vorbeigezogenen Gewitter

    Als ich mich wieder auf den Weg machte, riss es im Anstieg urplötzlich auf und die Sonne kam hervor. Ich war so begeistert und überrascht, dass ich mir das Regenequipment auszog und mich erst mal mit Sonnencreme eincremte. Keine zehn Minuten hielt die Sonne und ich kam mir ordentlich verhohnepiepelt vor. Nicht nur zog es sich wieder zu, nein, es fing natürlich auch wieder an zu regnen. Wieder etwas muffelig zog ich die Regenklamotten wieder an... Am Lac d'Anterne war es wieder komplett grau in grau und sah nicht gut aus. Ich war mir auch nicht sicher, ob ich den Anstieg wagen sollte, im Falle eines weiteren Gewitters, nur hatte ich wenig Alternativen, da ich auch nicht zurück wollte. Als ich schließlich andere Wanderer sah, die sich auch in meine Richtung bewegten fasste ich mir ein Herz und begann die letzte halbe Stunde anstieg. An der Col öffnete sich der Himmel sogar nochmal etwas, aber schön war trotzdem anders.


    Selfie auf der Col d'Anterne

    Machte mich recht fix wieder an den Abstieg in Richtung Refuge. Die Refuge war wirklich schön, das Matratzenlager nicht zu überfüllt, die Blicke, besonders Richtung Süden aus dem Essenssaal heraus gigantisch als es aufklarte und auch schön mal wieder unter Menschen zu sein. Ich unterhielt mich auf ein paar Gläser Wein fast den ganzen Abend mit einem amerikanischen Wandersmann und Weltenbummler in Rente, netter und interessanter Kerl. An diesem Abend bin ich dann wirklich mal neidisch, da während ich meinen Tassenkartoffelbrei zu mir nahm, die nicht so knausrigen Refuge Gäste ein fantastisch duftendes Käsefondue vorgesetzt bekamen. Nach dem Essen noch etwas mehr Wein mit Kevin, dem Amerikaner und dann schlafen gegangen (leider saß der Wein oder etwas anderes nicht gut im Magen. Zum Glück gab es hier ein richtiges Klo... )

    15.8. Refuge de Moede Anterne – Chamonix
    Und heute sollte mein Abenteuer des alleine Wanderns dann abgeschlossen sein, auf den Nachmittag wollte ich meine Wanderkumpanen in Chamonix treffen. Bin recht spät auf den Beinen, habe allerdings auch Zeit. Nur etwa 5-6 Stunden soll es bis Chamonix dauern. Zum Frühstück versuchte mich eine Israeli, die auf der TMB unterwegs ist, dazu zu überreden nicht über die Col du Brevent zu gehen, da dies in dem Wetter zu gefährlich sei. Gut, dass ich die Strecke bereits kannte und die Col nun auch im Regen echt machbar ist, so ließ ich mich von meinem Plan nicht abbringen. Einziges Ärgernis war, dass es schon morgens regnete und, wie am ersten Tag, auch heute nicht aufhören sollte. Schnell war ich an der Pont d'Arleve mit unserem letztmaligen Bivouac Platz, nach wie vor ein toller Platz, mit schönen Blicken ins Tal. Auch der Aufstieg schön, in fast dem gleichen Wetter wie vor zwei Jahren.


    An der Pont d'Arleve

    Gegen Ende zog sich's nochmal gewaltig, hatte kaum Sicht, aber trotzdem ist der Weg von der Pont zur Col echt schön. Besonders auch der letzte, wilde Teil kurz vor der Col. An jener zweigte ich dann endgültig vom GR 5 ab und machte mich auf den Weg bergab in Richtung der Seilbahnstation Planpraz. Steil war der Weg, es regnete nach wie vor und die Sicht war weiterhin bescheiden, was den Genussfaktor ziemlich minimierte. Dies war der erste und letzte Tag, der mich beim Wandern richtig doll frustrierte. In schier endlosen Serpentinen ging es steil runter nach Chamonix im Dauerregen, das machte echt keinen Spaß. Dazu waren die Schuhe schwer da pitsche nass. Viel zu sagen gibt es zu dem Weg hinab auch nicht, da dieser ohne Sicht einfach unspektakulär war. Am Nachmittag kam ich dann in Chamonix an, durchnässt und auch durchgefroren. Ich traf vier der fünf Wanderkumpanen, die anderen Berliner, im Stadtzentrum, sie hatten es sich in einem einschlägigen Fastfood Restaurant gemütlich gemacht, in dem ich mich auch erstmal für die heutigen Strapazen belohnte. Unseren fünften Mann, der mit dem Zug aus Köln anreist, trafen wir später am Abend am Bahnhof. Zunächst suchten wir uns nach der Begrüßung einen nahen Campingplatz, der auch recht erschwinglich war. Dort stellte ich dann fest, dass der Regentag meinen Stiefeln überhaupt nicht bekam. Das ausgerissene Leder im rechten Schuh ist noch mehr ausgerissen und das im linken, das vorher bereits spröde war und nach dem heutigen Tag ebenfalls um die Naht herum ausgerissen war. Diese Stiefel sollten mich also bis Zermatt bringen? Das bezweifelte ich inzwischen sehr stark. Später, als unsere Gruppe komplett war, machten wir noch einen größeren Einkauf im Supermarkt unseres Vertrauens und kehrten zum Abend in ein Pub ein, in dem wir das Wiedersehen mit ein paar Bierchen gemütlich feierten (und unsere nassen Klamotten im warmen Pub am Leibe trocknen ließen).

    ...Fortsetzung folgt mit Teil 2 – Chamonix – Zinal
    Zuletzt geändert von faulix; 11.09.2015, 10:15. Grund: Fotos zum Laufen kriegen

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    #2
    AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman zum Matterhorn in 3 Wochen

    Zitat von faulix Beitrag anzeigen
    ...Fortsetzung folgt mit Teil 2 – Chamonix – Zinal
    Da bin ich sehr gespannt drauf
    Schöner Bericht -- hoffentlich hattest Du im Wallis dann bisschen stabileres Wetter!
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    • DeLiebe

      Erfahren
      • 26.03.2007
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      #3
      AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

      Sehr schön, auf die Fortsetzung bin ich auch gespannt, das Wallis ist hoffentlich nächstes Jahr dran... ach, Zeit müsste man haben *seufz*
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      • leob
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        • 26.07.2013
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        #4
        AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

        Ich habe durch Fotos und Text jetzt auch noch einen deutlich besseren Eindruck bekommen, wie deine erste Woche lief. Der Blick vom Pas de la Bosse - grandios (kann mich nicht erinnern, dass wir so eine Sicht vor 2 Jahren hatten).

        Bin schon gespannt, wie du die folgenden 2 Wochen beschreibst. Wenn ich darf, ergänze ich mit eigenen Eindrücken und Fotos, sofern es aus meiner Sicht überhaupt irgendetwas zu ergänzen gibt.

        Ein kleiner "Teaser" bzw. Spoiler bzgl. der Entwicklung von Wetter und Sicht in den nächsten Tagen (aufgenommen nahe Le Tour / le Bisme):

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        • Flachlandtiroler
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          • 14.03.2003
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          #5
          AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

          Zitat von leob Beitrag anzeigen
          Ein kleiner "Teaser" bzw. Spoiler bzgl. der Entwicklung von Wetter und Sicht
          *örks*

          Wobei wir beim Wallis-Trekking seinerzeit auch recht wechselhaftes Wetter hatten; so aus der Lamäng erinnere ich mich an zwei verregnete Zeltabende und zwei nachmittägliche Gewitter -- das eine Mal hatten wir eben rechtzeitig die Sorebois-Hütte erreicht bei der Grande Mountet hatte es dann nicht so ganz geklappt...
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          • faulix
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            • 18.05.2011
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            #6
            AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

            Zitat von leob Beitrag anzeigen
            Ich habe durch Fotos und Text jetzt auch noch einen deutlich besseren Eindruck bekommen, wie deine erste Woche lief. Der Blick vom Pas de la Bosse - grandios (kann mich nicht erinnern, dass wir so eine Sicht vor 2 Jahren hatten).

            Bin schon gespannt, wie du die folgenden 2 Wochen beschreibst. Wenn ich darf, ergänze ich mit eigenen Eindrücken und Fotos, sofern es aus meiner Sicht überhaupt irgendetwas zu ergänzen gibt.
            Ah, sehr gut, du bist auch im Forum angekommen, Leon! Natürlich freue ich mich über jede Ergänzung und jeden Eindruck von dir, das kann den Bericht nur bereichern und ich vergesse vielleicht auch das ein oder andere Detail. Keep it coming!

            ...ich werde mich übrigens die nächsten Tage (Wochen?) an den zweiten Teil setzen. Auf Grund von Fotomassen auch mit guten Kameras und nicht nur mit denen meiner ollen Digicam von vor 10 Jahren wird die Auswahl der Bilder wohl etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Hoffentlich kommen die nächsten Teile aber sobald wie möglich!

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            • blauloke

              Lebt im Forum
              • 22.08.2008
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              #7
              AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

              Klasse Wanderung hast du da gemacht. Echt Schade dass du so schlechtes Wetter hattest.

              Jetzt wird es aber langsam Zeit für den zweiten Teil.
              Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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              • faulix
                Anfänger im Forum
                • 18.05.2011
                • 17
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                #8
                AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

                Teil 2 - Von Chamonix nach Zinal

                16.8. Chamonix – Le Tour
                Am nächsten Morgen stand ich dann vor der Qual der Wahl, wie ich weiter mit meinen mich im Stich lassenden Stiefeln verfahren wollte. Da ich eher knausriger Natur bin und auch sonst nicht allzu viel Moneten mein eigen nenne, tendierte ich zähneknirschend dazu mit meinen gebeutelten Meindl Stiefeln soweit zu laufen, wie sie mich trugen. Doch was wären Freunde, wenn sie nicht manchmal besser wüssten was besser für einen ist als man es selbst tut? In diesem Sinne rieten mir meine anderen Wanderkumpanen mich in Chamonix einmal umzusehen und mir neue Stiefel zuzulegen, da der Wandergenuß mit den alten, kaputten und blasenverursachenden Mauken sicherlich nicht sehr hoch wäre und ich gegebenenfalls, sollten die Stiefel den Geist komplett aufgeben, die Tour vor den anderen abbrechen müsste. Ich wusste natürlich, dass sie recht hatten und so begaben wir uns auf eine kleine Shoppingtour durch die vielen Outdoorläden in der Fußgängerzone von Chamonix. Und siehe da, im dritten Laden wurde ich fündig und war, auch wenn um einige Moneten ärmer, glücklicher Besitzer eines schicken neuen Paares Wanderstiefel von Salewa, sogar mit Anti-Blasen-Garantie, aber was viel wichtiger war: trocken, warm und leicht! Die alten Botten flogen umgehend mit der Post zurück nach Hause, damit ich sie reklamieren konnte.*

                Mit nun einiger Verspätung starteten wir in den heutigen Wandertag erst gegen 12 Uhr. Unser Ziel lag allerdings auch nicht weit weg, Le Tour sollte bereits nach etwa 3 Stunden erreicht werden. Zunächst ging es durch Chamonix und die Vororte entlang von Straßen und quer durch den örtlichen Golf Club (!), bis wir nach etwa einer halben Stunde den Petit Balcon Sud erreichten. Obwohl in Talnähe bot dieser angenehmere Naturpfade, die Höhe wurde in etwa gehalten. Nur die Ausblicke wollten nicht so richtig, war das Tal doch nach wie vor von Wolken verhangen, immerhin regnete es nicht.


                Auf dem Petit Balcon Sud

                Nach kurzer Wanderzeit erreichten wir Argentiere, wo der Weg das Tal queren sollte und wir eine kleine Brotzeit mit Kuchen für unser Geburtstagskind Leon hielten. Zu diesem Anlass schaffte es die Sonne sogar ein wenig durch die Wolken, auch wenn diese immer noch keine Blicke auf das Mont Blanc Massiv freigeben wollten. Wir speisten wie die Könige mit Saucisson, Rillettes, Käse, Baguette und eben Kuchen (obwohl wir es am heutigen Tag nicht einmal verdient hatten ;) ) und zogen dann weiter in Richtung Petit Balcon Nord, der uns nach Le Tour führen sollte. Wie sein Pendant auf südlicher Talseite war auch dieser ein Naturpfad mit nur geringer Steigung, der durch Wald das Tal entlang führte. Eine Kreuzung auf dem Balcon führte jedoch kurzzeitig zu Verwirrung: Anscheinend war der Weg nach Le Tour gesperrt, die Absperrbänder jedoch nicht dort, wo sie hingehörten . Nach einigem hin und her entschieden wir uns dafür den Weg weiter zu gehen und trafen nach ein paar Minuten ein älteres Ehepaar, welches uns erzählte, dass kurz vor Le Tour lediglich eine Brücke fehlte, man den Fluss aber auch über Steine queren könne. Sicher zogen wir weiter und die Flussquerung des Le Bisme stellte sich tatsächlich als nicht sonderlich problematisch heraus.


                Flussquerung des Le Bisme

                Gegen 16 Uhr erreichten wir Le Tour und zum ersten Mal seit dem Morgen fing es wieder etwas an zu nieseln. Wir teilten uns in zwei Trupps auf, die in der Nähe des Parkplatzes kurz vor dem Ort nach geeigneten Biwakiermöglichkeiten Ausschau halten sollten. Da die meisten Freiflächen hier jedoch Nutzland der ortsansässigen Bauern waren bzw. sehr einsichtig vom Ort her, entschlossen wir uns etwas unterhalb des Parkplatzes, Sicht geschützt durch den Erdwall zu einem Acker hoch auf einem breiteren Wegabschnitt eines Wanderweges zu biwakieren. Nicht perfekt, musste aber reichen. Als der Regen aufhörte bauten wir schon mal unsere Zelte zum Trocknen auf und gingen diversen nachmittäglichen Freizeitbeschäftigungen nach, wie z.B. dem Verarzten von Wunden stellen an den Füßen, Turn- und Dehnübungen, Lesen oder einfach nur dem schnöden Konversieren. Später kochen wir uns noch ein famoses Gericht aus Cous Cous mit Tomatensuppe, Saucisson, Knoblauch und Röstzwiebeln, ein Hochgenuß! Auch gegen Abend ist es weiterhin ziemlich verhangen. Die Wolken ziehen in schnellen, schönen Formationen vorüber. In der Dämmerung bauen wir die Zelte auf. Dieser „Ruhetag“ tat nach den Strapazen der letzten Tage auf jeden Fall sehr gut!


                Unser Lagerplatz bei Le Tour

                *Kleine Anmerkung: Es war die 100% richtige Entscheidung neue Schuhe zu kaufen. In denen merkte ich meine Druckstellen und Blasen nicht mehr, sie wurden mit der Zeit sogar besser!

                Leider war ich von Meindl ziemlich enttäuscht. Die Garantiezeit der Stiefel war um 3 Monate überschritten und angeblich war das reißen des Leders selbst verschuldet (was auch immer ich mit Zelt und Dauerregen hätte anders machen können um das Leder zu retten ist mir bis heute leider nicht bewusst), so dass mir die Schuhe nicht ersetzt und auch sonst keine Ersatzleistung angeboten wurde. Von einem Referenzunternehmen im Bereich der Wanderstiefel hätte ich in diesem Zusammenhang etwas mehr erwartet, vor allem da die Schuhe nur etwas älter als zwei Jahre waren und nur eine große und eine kleine Tour bisher gesehen hatten.

                17.8. Le Tour – Chalets du Glacier
                Und auch am Morgen nichts neues. Weiterhin füllten Wolken das Tal des Mont Blanc und die Sicht war eher mau. Doch davon ließen wir uns die gute Stimmung nicht vermiesen und kamen sogar ziemlich schnell los, obwohl unsere Morgenroutine alles andere als erprobt war. Heute stand unsere erste Col als Gruppe auf dem Programm und wir verließen über jene auch Frankreich in Richtung Schweiz. In Le Tour füllten wir noch unsere Wasservorräte auf, ließen eine riesige asiatische Touristengruppe hinter uns und kämpften uns den durchaus idyllischen Weg unter Liftanlagen mit durchaus grandioser Sicht auf die Wolken, die im Tal hingen, gen Col... Außer dass der Himmel gen Westen kurz aufriss und etwas Blick in Richtung Tête de Balme und Aiguilles de Possette freigab, gibt es über den Aufstieg zur Col nichts interessantes zu berichten. Der Weg, entlang von Liftanlagen und VTT Strecken ist unspektakulär und die Wetterlage hat sich ob eventueller Rückblicke in Richtung Mt. Blanc nicht geändert. Auf der Col ist es nass-kalt und wolkenverhangen. Wir halten es ein paar Minuten aus, machten uns aber bald wieder auf den Weg.
                Kleine Anmerkung: in meinen vier Tagen, die ich in näherer Peripherie des Mt. Blanc Massivs verbracht habe, hat sich selbiges mir kein einziges Mal gezeigt, grrr...
                Statt nach Trient abzusteigen wollten wir auf einem Höhenweg in Richtung Refuge Les Grands weiter wandern und später am Tag zu den Chalets du Glacier absteigen. Nachdem wir die Col hinter uns gelassen haben ohne zurück zu blicken, begrüßte uns die Schweiz gleich mit einem wunderschönen Weg und das trotz verhangenem Himmel. Der Höhenweg war das Gegenteil vom durch Winter- und Fahrradsport zerklüfteten Anstieg auf französischer Seite. Ein traumhafter Wanderweg, ziemlich wild, mit teilweise leichte Kraxelpassagen. Und wenn der Himmel nun einmal nicht so möchte wie man selbst, dann konzentriert man sich eben auf die Schönheit der unmittelbaren Umgebung! Der Weg ging sehr moderat auf und ab, hielt weitgehend die Höhe. Nach den einfachen Wegen meiner ersten Woche genoss ich dieses etwas wildere Wandern sehr und ich denke meinen Kumpanen ging es ähnlich.




                Auf dem Höhenweg zwischen Col de Balme und der Refuge des Grands

                Nach etwa zwei Stunden erreichten wir schließlich die Refuge des Grands, eine malerische Steinhütte aus der es unglaublich gut nach Essen duftete als wir ankamen. Unser schmaler Geldbeutel ließ aber nur eine (auch nicht zu verachtende) Brotzeit auf der Terrasse vor der Refuge zu. Auch wenn es von oben herab etwas nieselte zogen sich während unserer Brotzeit die Wolken etwas aus dem Tal zurück, so dass wir ein paar schöne Blicke auf den Trient und den gleichnamigen Gletscher hatten. Der Abstieg in Richtung Chalets du Glacier war auch durchaus ansehnlich, es ging recht schnell bis hinunter zu den Chalets.


                Abstieg durch die Steilflanke kurz unterhalb der Refuge des Grands

                Am frühen Nachmittag waren wir schließlich da, es war wieder ein recht kurzer Wandertag, aber da wir uns auf dieser Tour dazu entschlossen haben eher gemütliche Etappen zu laufen, musste ich mich wohl daran gewöhnen, es gibt schließlich auch schlimmeres An den Chalets gab es erst mal ein Bierchen für mich und Erfrischungsgetränke nach Präferenz für meine Wanderkumpanen. Nach kurzer Rast bildeten wir wieder zwei Trupps die in Richtung Trient und in Richtung morgigem Aufstieg die Umgebung nach geeigneten Biwakiermöglichkeiten auskundschafte sollen. Wir wurden schließlich im nahen Wald etwa fünf Minuten von den Chalets entfernt und halbwegs außerhalb der Sichtweite des Weges fündig, im Wald gab es einige kleinere Terrassen, auf denen unsere Zelte Platz finden sollten.


                Unser Nachtlager im Wald

                Der Nachmittag war schließlich den unterschiedlichen Aktivitäten gewidmet wie Lesen, Schreiben, sich im Trient eiskalt waschen, Zeichnen, usw. usf. Gegen Abend brachten wir noch ein kleines Feuerchen in Gang, nebenbei gab es Kartoffelbrei aus der Tüte mit Pfeffersauße und Röstzwiebeln. Nachdem O. noch seine Mundharmonika raus holte und ein paar Riffs schmetterte waren wir uns alle einig, dass es sich so oder so ähnlich am Klondike in Alaska zur Zeit des Goldrauschs angefühlt haben musste.


                Der Trient Fluss, der gleichnamige Gletscher in den Wolken

                18.8. Chalets du Glacier – Champex
                Als wir morgens um 6 unsere Köpfe aus den Zelten steckten glaubten wir unseren Augen kaum: Klarer Himmel, keine Wolke war zu sehen und der Trient Gletscher prangte gigantisch am Ende des Tals. Die trockenen Haferflocken mit Ovomaltine wollten trotzdem nicht so ganz munden, ich würgte sie mir eher rein. Wir füllten uns noch etwas Wasser aus dem Trient ab und machten uns dann auf den Weg.


                Das Tal des Trient mit Blick auf den Gletscher am klaren Morgen

                Heute stand wieder eine recht kurze Etappe mit vielen Höhenmetern auf dem Plan, das Fenetre d'Arpette sollte überquert werden und anschließend in Champex Lac auf dem örtlichen Campingplatz genächtigt werden. Der Weg begann im dünnen Wald mit tollen Tal blicken.


                Im Aufstieg zum Fenetre d'Arpette

                Bald bewegten wir uns immer ausgesetzter in der Flanke des Tals, die Vegetation wurde karger und der Weg felsiger, wieder verbunden mit ein paar Kraxeleien. Vorsicht war geboten an einer sehr ausgesetzten Stelle, wo ein Erdrutsch den Weg wegschwemmte und wir einen kleinen Umweg gehen mussten. Es sah so aus, als ob das hier nicht zum ersten Mal passierte. Leider nahmen die Wolken auch immer mehr zu, je weiter wir nach oben kamen. Als wir ungefähr auf einer Höhe mit dem Trient Gletscher waren, der aus der Nähe wirklich unglaublich imposant aussah, befanden wir uns schon beinahe wieder in den Wolken.


                Der Glacier du Trient

                Durch immer kargere Landschaft bahnten wir uns unseren Weg in Richtung Fenetre. Direkt neben dem Weg, etwas unter uns, sahen wir eine Gruppe Steinböcke grasen, unglaublich eindrucksvoll. Diesmal, anders als an der Col de Pavis, ohne Touristenmassen. Und näher. Großartige Tiere.


                Steinböcke im Anstieg

                Das Fenetre d'Arpette lag dann mal wieder komplett in den Wolken. Die Sicht betrug vielleicht hundert Meter. Dazu wehte oben ein ziemlich kalter Wind, besonders die Finger beschwerten sich ziemlich beim Rollen der Gipfelzigarette. Wir hielten kurze Rast mit dem obligatorischen Gipfelfoto bevor es wieder hinab ging. Der Weg führte recht weglos über Gerölllawinen und felsiges Gelände, bis er sich dann weiter und weiter in schönen Pfaden hinab wand, mit immer weiter zunehmender Vegetation. Bewölkt war es den ganzen Tag über, aber immerhin blieb es noch trocken und unsere Laune war ziemlich gut.




                Impressionen des Abstiegs kurz unterhalb des Fenetre d'Arpette in Richtung Champex

                Auch der Weg blieb ziemlich idyllisch, bis wir schließlich Champex zur Siesta Zeit erreichten. Wir also erst mal in das nächste Gasthaus eingekehrt wo wir uns mit Kaffee und Bier erfrischten. Sehen andere Haute Route'ler, die die Tour doch etwas anders, mit Mac Book und riesigen Smart Phones angehen, was etwas Erheiterung bei uns auslöste. Nach unserer Pause plünderten wir den Ortsansässigen „Super“markt und uns fielen bei den Schweizer Preisen fast die Augen aus dem Kopf. 6€ wollten die Kollegen hier für ein halbes Kilo Haferflocken haben! Und ebenso viel für eine einfache Packung Frischkäse! Und noch mehr für eine kleine Packung Nüsse! Und... aber alle teuren Produkte hier aufzuzählen wäre doch auch etwas müßig. Wir deckten uns zähneknirschend mit dem Nötigsten ein und machten uns auf zum Campingplatz. Hier der nächste Schock: 15€ pro Person und Nacht sollte das ganze kosten. Wir bereuten ein wenig, nicht in der Peripherie des Ortes nach einem versteckten Bivouac Platz gesucht zu haben... Aber immerhin gab es mal wieder die Möglichkeit zu duschen und wir hatten einen netten Holztisch mit Regenschirm direkt neben unseren Zelten, was sich später am Tag noch als nützlich erweisen sollte. Wir halten erst mal Siesta, und danach testeten B. und F. die sanitären Anlagen. Als beide jedoch noch frierender aus der Dusche wieder kamen als vorher, entschlossen wir anderen uns dazu auf die Ganzkörperhygiene zu Gunsten des Komforts zu verzichten. Inzwischen hatte es auch angefangen zu regnen und sollte auch den Rest des Tages nicht mehr aufhören. Immerhin hatten wir unseren großen Regenschirm. Am Abend schließlich kamen gleich zwei schlechte Nachrichten. Bei B. zog es mächtig in der Achilles Sehne und F. hatte sich einen schönen Schnupfen eingefangen, den er etwas für sich behalten hatte, es aber nicht besser wurde. Dies stellte uns vor eine gewisse Herausforderung bei der weiteren Tourenplanung. Wir wollten die nächsten Tage wieder vom Rother Führer abweichen und die Cicerone Route bis Les Hauderes laufen. Die Etappe über die drei Cols hinter Mont Fort sollte allerdings eine der anstrengendsten auf der gesamten Tour werden, was unseren beiden Kumpanen in ihrem Zustand nicht gut getan hätte. Leon und ich steckten als Hauptplaner des Tourenverlaufs unsere Köpfe zusammen und berieten unsere Möglichkeiten. Inzwischen ging O. runter zur Rezeption des Campingplatzes und brachte in Erfahrung, dass es die gesamte Nacht gewittern sollte und auch die nächsten Tage eher vom Regen geprägt sein sollten. Schweren Herzens kamen wir so zu dem Entschluss, dass es wohl das beste wäre am nächsten Tag einen Pausentag einzulegen und das Schlechtwettergebiet zu umfahren, da wir keine Verschlimmerung der Gesundheit riskieren und auch unseren Urlaub genießen wollten. Für einen Pausetag in Champex fehlte schlicht das Geld und die Zeit, hatten wir die Tour doch vielleicht etwas zu knapp geplant. So saßen wir am Abend beim Frustbier unter dem überdachten Rezeptionsbereich und trafen kollektiv die Entscheidung am nächsten Tag mit Bus und Bahn nach Les Hauderes vor zu fahren, was den halben Tag dauern sollte und was der Regeneration förderlich sein sollte. Es war wohl die schlaue Entscheidung, auch wenn der ein oder andere von uns damit nicht grün wurde, die Tour zu kürzen und die spektakulären Etappen zwischen Mont Fort und Arolla zu überspringen...

                19.8. Champex – Les Hauderes – Villa en Haut
                Das gute an diesem Pausentag ist, dass wir mal etwas ausschlafen konnten. Der Bus nach Orsieres sollte erst gegen halb 11 fahren, so dass wir genug Zeit hatten für ein „gemütliches“ Frühstück in Regen und Kälte, eine Katzenwäsche und das Schreiben von Postkarten. Es sei noch erwähnt, dass es in Champex einen kleinen Outdoorladen gibt, in dem man gut Ersatzteile findet. So brach O. im Aufstieg zur Col de Balme die Schnalle seines Hüftgurtes (er lief seit dem mit einem Knoten im Hüftgurt) und hier fand er Ersatz.
                Auch wenn ich immer noch den verpassten Etappen hinterher trauerte, war ich alles andere als unglücklich darüber der Schlechtwetterfront zu entkommen. So begann schließlich unsere Odyssee. Unsere Strecke war
                Champex Lac – Orsieres
                Orsieres – Sembrancher
                Sembrancher – Martigny
                Martigny – Sion
                Sion – Les Hauderes
                Die fahrt an sich ganz ansehnlich, wenn auch die größeren Städtchen eher nicht der schönen Kategorie angehörten. Les Hauderes war wiederum ein Dorf wie aus dem Bilderbuch. Typisch Waliser Architektur und kleine, urige Gassen bestimmten das Stadtbild.


                Les Hauderes

                O. und ich erkundeten noch etwas die Stadt und suchten den örtlichen Campingplatz auf, der uns ein Angebot von 10€ pro Person macht. Wir entschlossen uns jedoch im Kollektiv dazu, noch gemütlich etwa 2 Stunden zu laufen, um den morgigen Anstieg zur Col de Torrent etwas abzukürzen und bei Villa en Haut zu nächtigen. Die Strecke führte durch gemütliche Bergdörfer und auch der anfängliche Regen hatte sich verflüchtigt. In einem kleinen Allimentation holten sich O. und ich noch unseren Fix Ölsardinen. So gut! Als wir weiter liefen riss tatsächlich der Himmel auf und es wurde, langsam aber sicher, spürbar wärmer! Dies sorgte für allgemeine Hochstimmung, auch wenn wir immer öfters am Straßenrand Schilder sahen, die den geneigten Wanderer darauf aufmerksam machten, dass Wildzelten mit 500 CHF Strafe geahndet werde. Nun ja. Mussten wir uns eben gut anstellen. Kurz hinter der kleinen Ortschaft Villa en Haut, bevor der Weg zur Col de Torrent wilder wurde und auf dem Weg zu jener nur noch ein paar Alpages passieren sollte, wurden wir fündig. Ein Landwirtschaftsweg führte etwa 50 Meter vom Wanderweg weg und zu einem Bauerngrundstück, welches zwar eingezäunt aber offen war und ziemlich verlassen aussah.


                Der Weg zum verlassenen Bauernhof

                Da wir keinerlei Spuren von aktueller landwirtschaftlicher Nutzung erkennen konnten und Feld wie auch die kleine Scheune recht verwildert aussahen, entschlossen wir uns dazu, hier unser Lager aufzuschlagen. Wir wollten erst einmal nur rasten und den Eindruck erwecken, dass wir hier pausierten. Die Zelte sollten erst in der Dämmerung aufgebaut werden und wir wollten im Morgengrauen früh aufstehen und uns aus dem Staub machen, da wir uns ja schließlich doch auf Privatland befanden. Am späteren Nachmittag kam noch ein ortsansässiges Pärchen an unserer Raststadt vorbei, mit denen wir einen kurzen Plausch hielten, aber nein, sie wüssten auch nicht wem das Land gehört, auf dem wir uns befanden und nein, in all den Jahren die sie hier lebten haben sie noch nie jemanden hier gesehen und sie an unserer Stelle würden hier einfach biwakieren, denn schließlich sei dieses Land vor 200 Jahren noch Frankreich gewesen und da sei wildes biwakieren schließlich legal. Bestärkt von dieser Auskunft konnten wir uns etwas entspannen. Ab und an nieselt es noch etwas, wir saßen zumeist im Schutz des kleinen Vordaches der kleinen Scheune. Zum Abend gibt es wieder Cous Cous mit Tomatensuppe, diesmal mit Thunfisch Beilage aus dem kleinen Allimentation, was durchaus mundet! Im Schutze der Dämmerung bauen wir schließlich unsere Zelte auf, genießen noch einmal den Ausblick auf die umliegenden Berge und begeben uns in Land der Träume.


                Abbau der Zelte im Morgegrauen

                20.8. Villa en Haut – Barrage de Moiry
                Stehen heute verdammt früh auf, bereits um halb 6 klingelt der Wecker. Ich hatte nicht gut geschlafen und es war auch sau kalt draußen. Trotzdem kamen wir ganz gut hoch und wurden, als wir unsere Köpfe aus den Zelten steckten, von einer grandiosen Szenerie begrüßt. Über Nacht haben sich die Wolken komplett verzogen und im Morgengrauen erwartete uns klarster Himmel, freie Blicke auf die schneebedeckten Berge um uns herum, zurück in Richtung Arolla und Mont Blanc de Cheilon, nur unterbrochen von vereinzelten Kondensstreifen der Flugzeuge. Wie ich es liebe, die Kondensstreifen am klaren Berghimmel! Sind voll auf begeistert, der Tag versprach nun auch der erste wettermäßige Urlaubstag zu werden! Bauen schnell die Zelte ab und verschieben unser Frühstück auf später, da wir das Privatland möglichst schnell verlassen wollen. O. und ich gingen noch einmal runter in den Ort um Müll zu entsorgen und die Wasservorräte aufzufüllen, da ich bezweifelte, dass wir bis zur Barrage de Moiry die Möglichkeit dazu hätten, was sich auch als richtig herausstellte.


                Blick in Richtung Arolla von Villa en Haut im klaren Morgengrauen

                Während ich noch etwas in meinem Rucksack umpacken musste, liefen B., F. und O. schon ein mal los, Leon leistete mir noch Gesellschaft und wir bildeten die Nachhut. Auch wenn die langsam ansteigenden Wege objektiv gesehen ziemlich einfach war, hatten Leon und ich unsere liebe Not mit ihnen, da das Auge schwer auf dem Weg zu halten war in dieser wunderschönen Morgenstimmung. Immer wieder schweifte der Blick zu den schneebedeckten Gipfeln, den Gletschern und auf die fernen Hänge. Dies sollte noch öfters auf der Tour vorkommen an Tagen, an denen das Wetter so schöne Sicht zu ließ, dass einfache Wege durch tolle Panoramen auf einmal deutlich schwieriger zu begehen wurden


                Im Anstieg zur Col de Torrent

                Nach etwa einer halben Stunde im Anstieg ließen wir uns oberhalb einer kleinen Alpage nieder und frühstückten mit Blick in Richtung Arolla. Der gesamte restliche Anstieg zur Col wurde begleitet von den tollen Blicken, der Weg selbst war nicht sonderlich spektakulär, in Serpentinen zog er sich den Hang hoch, man sah der Vegetation das Ende des Sommers an und ab und an traversierten wir Weideland, was sich im schlammigen, zertretenen Boden bemerkbar machte. Ziehen in ordentlichem Tempo hoch zur Col, am Ende entlud sich bei mir der Urschrei, auf diesem Höhepunkt, die Col liegt immerhin auf 2900 m.


                Die dramatischen Felsen der Col de Torrent

                Weiterhin tolle Sicht. Unter uns breitete sich nun der Lac des Autannes sowie noch etwas weiter darunter in feinstem Türkis der Lac de Moiry aus, begrenzt von dem beeindruckenden gleichnamigen Gletscher an der Ostseite des Tals. Auf den nahen Hängen ließ sich noch etwas Neuschnee der vergangenen Nächte erkennen. Im Tal über Les Hauderes hinter uns begann langsam der Tau von den Hängen zu verdampfen und formte dünne Wolken. Wir blieben eine kurze Weile hier oben und genossen die Sicht, bevor wir uns allmählich an den Abstieg wagten. Durch das frühe Aufstehen und schnelle Tempo, mit dem wir hoch zur Col sind waren wir fast zu gut in der Zeit. Bereits gegen 11 hielten wir an einem Kreuz unterhalb des Lac des Autannes eine ausgedehnte Rast und bereits um halb 1 erreichten wir die Barrage de Moiry.


                Der Lac des Autannes mit dem Glacier du Moiry

                Wir begutachteten die eindrucksvolle Staumauer ausgiebig und ließen dann das Restaurant hinter uns, um uns ein paar Höhenmeter darüber bei der Refuge zu erkundigen, ob wir auf einer der vielen Terrassen am Hang nächtigen dürften. Da Refuge und Restaurant zusammen gehörten befand sich der Wirt grade unten in letzterem, so dass wir auf der Terrasse vor der Refuge Mittagspause machten, mit Knoblauchwurst, Käse und Brot und unseren ersten Sonnentag (für mich den ersten Sonnentag seit knapp einer Woche, dem Abstieg nach Samoens) genossen.


                Lac de Moiry

                Trotzdem war es ziemlich frisch, aber in der pralle Sonne sich darüber auszulassen wäre Meckern auf hohem Niveau nach den vergangenen Tagen. Während die Kumpanen ein Nickerchen machten, brachte ich mein Reisetagebuch auf den neusten Stand. Den Rest des Tages bis wir um 7 unsere Zelte aufbauen wollten, B. hatte nett mit dem Wirt geschwatzt und dieser erlaubte uns erstaunlicher Weise trotz touristischer Erschlossenheit des Stausees unterhalb der Refuge für Lau am Hang zu biwakieren, verbrachten wir mit sündhaft teurem Bier im Restaurant, Kniffeln, Lesen, Schreiben, etc. pp. Das Problem an den kurzen Etappen ist, besonders wenn man auch noch so früh in den Tag startet, einfach die viele Freizeit am Tagesende. Aber nun gut, es war schließlich auch Urlaub und B.'s Achillessehne und F.'s Schnupfen taten die recht kurzen Etappen auf jeden Fall gut. Zum Abendessen gab es heute Erbswurst mit Kartoffelbrei, immer wieder ein Genuß. Früh ins Bett und früh geschlafen, mit offener Zelttür und schönem Blick auf den Stausee.


                Zeltplatz mit Seeblick

                21.8. Barrage de Moiry – Zinal
                Nach langer, erholsamer Nacht, die auf 2300 m gar nicht so kalt wie erwartet aus fiel, erwachten wir wieder zu klarem Himmel über dem Türkis des Stausees. Kalt war es immer nur am morgen an den Pfoten, besonders bei Aktivitäten, die Wasser involvierten, wie z.B. das Ausschütteln der Zeltplanen oder dem Auffüllen der Flaschen, besonders der Metall Flaschen oder auch auch dem Verzehr des Müslis aus der Metallschale. Ich glaube es wird mal Zeit für ein paar leichte Fleecehandschuhe . Heute half uns dagegen mal wieder ein warmer Tee. Der morgendliche Anstieg hoch zur Col de Sorebois war recht kurz, nur etwa 600 hm mussten überwunden werden. Die Sonne hatte ihren Weg noch nicht auf unsere Seite des Tales gefunden und wir wachten langsam mit diesem Anstieg auf. Je höher wir kamen, desto schöner wurden natürlich auch die Blicke zurück zum Stausee und den schneebedeckten Hängen dahinter. Auch die Col de Torrent war zu erahnen. Neben uns tollte sich eine Herde Chamois den Hang hinab. Auf der Col eröffnete sich der Blick auf eine neue Welt. In der nordöstlichen Ferne waren die Berner Alpen zu sehen, während sich südöstlich das Weißhornmassiv erhob, gigantisch, vergletschert, grandios.


                Blick von der Col de Sorebois auf Weißhorn und Zinalrothorn

                Das Weißhorn und die umliegenden 4000er sollten uns heute den ganzen Tag weiter begleiten und auch im späteren Tourenverlauf immer mal wieder auftauchen. Ansonsten hatte die Col nicht viel zu bieten. Man sah ihr das Skigebiet deutlich an, Lift- und Seilbahnstationen, Pisten, Restaurants. Schnell ließen wir das Skigebiet hinter uns und begaben uns im gleißenden Sonnenschein, sie hatte es inzwischen über die Weißhorngruppe geschafft, auf den Sorebois Höhenweg. Dieser ein wunderschöner Höhenweg, ausgesetzt in der Flanke, der mehrere Steinschlagzonen querte, mit permanent schöner Aussicht. Man könnte alle paar Meter stehen bleiben und ein Foto schießen, die Motive wären immer ein wenig anders und immer großartig, vor allem in dem tollen Wetter, dass wir heute hatten. Doch die Bilder zeigen den Weg wahrscheinlich wesentlich besser, als ich es je mit Worten könnte.




                Auf dem Sorebois Höhenweg

                Kurz hinter der letzten Steinschlagzone fanden wir ein kleines Plateau am Weg, unmittelbar bevor der Höhenweg endete und der Abstieg nach Zinal begann, welches sich perfekt für unsere Mittagspause eignete. Wir sonnten uns, aßen fein und ließen für längere Zeit einfach die Seele baumeln. Ein genialer Platz. Wäre es später am Tag könnte man hier wahrscheinlich auch super biwakieren, vorausgesetzt das Wetter ist nicht zu schlecht, da das Plateau doch schon relativ ausgesetzt war.


                Blick ins Herz des Zinalrothorns


                Leon am Rande "unseres" Plateaus

                Der anschließende Abstieg hinab nach Zinal zog sich wieder entlang wunderschöner und abwechslungsreicher Wege ins Tal, durch unterschiedliche Vegetation und entlang rauschender Bäche. Genau nach meinem Geschmack. Der Sorebois Höhenweg war wahrlich ein absolutes Highlight.


                Im Abstieg nach Zinal

                Im Tal fanden wir kurz vor dem eigentlichen Ort einen kleinen Zeltplatz, der zu einem Restaurant gehörte und Zeltplätze für 6 CHF p.P., allerdings ohne sanitäre Anlagen (ein Dixi mal ausgenommen), anbot. Aber was sollte es, wir hatten ja den nahen Fluss und so schlugen wir zu. Außerdem gab uns das den Luxus von Tischen und Bänken und da wir heute Bergfest feiern wollten mit exquisiter Cuisine und ein paar alkoholischen Erfrischungsgetränken, wollten wir darauf nicht verzichten Wir wuschen also zunächst Mensch und Kleidung im doch ziemlich kalten Fluss und machten uns anschließend auf, den Supermarkt von Zinal zu plündern. Auch einen ATM fanden wir hier, sowie eine Post. Am Campingplatz verbrachten wir den Rest dieses schönen Tages mit Bier und Wein ein paar Partien Boule zu spielen und uns danach eine Carbonara zu kochen, wie sie im Buche steht. Vollgefressen, angetüdelt, zufrieden und viel zu spät krochen wir heute in die Zelte. Dafür war der Sternenhimmel in dieser Nacht um so imposanter und wir im siebten Wanderhimmel und schienen endlich auch im Sommer angekommen.

                Teil 3 - Von Zinal ins Mattertal habe ich schon begonnen auszuarbeiten, sollte also nicht so lange auf sich warten lassen wie dieser Teil, vor allem da mein unglaublich voller Monat November inzwischen nun vorbei ist

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                • OutofSaigon
                  Erfahren
                  • 14.03.2014
                  • 382
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

                  Ein schöner Bericht von einer Tour, die ich auch gerne einmal machen würde, wenn mir jemand passendes Wetter garantiert


                  Ich nehme zur Kenntnis, daß deine Meindl-Stiefel sich nicht recht bewährt haben. Die Trekkingstiefel, die auf meinem Trek durch Bhutan plötzlich kaputt gingen (siehe hier), waren ebenfalls von Meindl. Sie wurden nicht nur unbequem wie deine, sondern völlig unbrauchbar. Meindl bot mir nach meiner Rückkehr an, sie kostenlos neu zu besohlen. Dergleichen hilft einem aber nichts, wenn man mitten im Himalaya plötzlich ohne Stiefel dasteht. Was lernen wir daraus???

                  Nun warten wir alle mit Spannung auf den dritten Teil deines Berichts. - Faulix!

                  Liebe Grüße!

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                  • faulix
                    Anfänger im Forum
                    • 18.05.2011
                    • 17
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                    #10
                    AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

                    Zitat von OutofSaigon Beitrag anzeigen
                    Ich nehme zur Kenntnis, daß deine Meindl-Stiefel sich nicht recht bewährt haben. Die Trekkingstiefel, die auf meinem Trek durch Bhutan plötzlich kaputt gingen (siehe hier), waren ebenfalls von Meindl. Sie wurden nicht nur unbequem wie deine, sondern völlig unbrauchbar. Meindl bot mir nach meiner Rückkehr an, sie kostenlos neu zu besohlen. Dergleichen hilft einem aber nichts, wenn man mitten im Himalaya plötzlich ohne Stiefel dasteht. Was lernen wir daraus???
                    Bei mir gab es den freundlichen Hinweis, dass das Leder verbrannt sei, ich habe die nassen Stiefel nicht wie es in der Pflegeanleitung behutsam mit Zeitungspapier gefüllt unter der Heizung getrocknet, sondern sie direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Auch ein sehr guter Tipp, wenn man sich grade auf einem Trek befindet... Nunja, du sagst schon ganz richtig, was lernen wir daraus...

                    (was nicht heißen soll, dass Meindl generell schlecht sei, das wäre wirklich eine unqualifizierte Aussage, vor allem da die Meindls eines Mitwanderers ihm seit 10 Jahren treue Dienste leisten. Nur von diesem Model und dem Kundenservice war ich doch ziemlich enttäuscht...)

                    Vielen Dank für dein positives Feedback und auch für das Verlinken deines Berichts - sieht auch richtig toll aus!

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                    • faulix
                      Anfänger im Forum
                      • 18.05.2011
                      • 17
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                      #11
                      AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

                      Teil 3 – Von Zinal nach Zermatt

                      22.8. Zinal – Turtmannstausee
                      Dem längeren Abend geschuldet kamen wir alle sehr schwer hoch an diesem Morgen. Wir brauchten auch wesentlich länger zum los kommen, da wir gestern für vier Tage Verpflegung eingekauft hatten (da wir vor Randa wohl keinen Markt mehr passieren werden), die wir noch logistisch verstauen mussten. Erst gegen 8 verließen wir schließlich den Campingplatz und machten uns, alle wieder mit schweren Rucksäcken, auf den Weg in Richtung Forcletta, welche die linguistische Grenze zwischen der französisch- und deutschsprachigen Schweiz markiert. Da die Sonne wie wir es bereits gewohnt waren am Morgen noch nicht den tiefsten Punkt im Tal erreicht hatte, war es wieder ziemlich frisch am Morgen, der steile Anstieg direkt hinter Zinal half allerdings gut beim Aufwärmen. Zunächst stieg der Weg durch Nadelwald an, bis wir nach etwa einer Stunde an einer kleinen Alpage unser zweites Frühstück zu uns nahmen.


                      Kleine Alpage und Rückblick in Richtung Zinal

                      Der Weg wirkt heute irgendwie mediterraner, die Sträucher wilder, die Gerüche intensiver. Ich hatte mir generell die Haute Route etwas vegetationsärmer, zerklüfteter vorgestellt und bin besonders von den abwechslungsreichen Wegen sehr positiv überrascht. In der prallen Sonne ging es schließlich über weitere Alpages seicht nach oben, bis zum finalen, exponierten Anstieg auf die Forcletta, eine zerklüftete, wilde Scharte (also doch!) mit Blicken nicht nur in beide Seitentäler, sondern auch auf die weiter nördlich gelegenen Berge und Gipfel.


                      Im Anstieg zur Forcletta


                      Im Vordergrund der Wegweiser auf der Forcletta, im Hintergrund Blick über die Bergrücken im Norden

                      Nachdem wir an der kleinen Alpage Chalte Berg unser Wasser aufgefüllt hatten, was eine Kuh anscheinend verhindern wollte indem sie sich vor die Quelle stellte, nahmen wir hier den Abzweig auf den hiesigen Höhenweg in Richtung Turtmannstausee, statt ins Tal nach Gruben abzusteigen. Auf einem ausgesetzten Felsen am Hang machten wir hier in schönster Sonne Mittagspause.


                      Blick entlang des Höhenweges in Richtung Turtmannstausee

                      Das Turtmanntal wirkt irgendwie enger und schmaler als die vorigen Täler. Trotzdem ist auch dieser Höhenweg wieder ein Highlight, auch wenn man ziemlich auf den schmalen, ausgesetzten Weg konzentrieren muss. Unser Tagesziel, den Turtmannstausee haben wir schon seit Chalte Berg im Blick und dieser Blick ist grandios, mit den Gletschern direkt am See und den Gipfeln dahinter und auch dem Weißhorn aus anderer Perspektive. Der Weg ging etwas auf und ab, hielt aber in der Regel die Höhe, ab und an mit Seilsicherung und über exponierte Gerölllawinen. Wir waren recht flott unterwegs und erreichten bald den Stausee. Dieser war objektiv betrachtet nicht so schön anzusehen wie sein türkiser Gegenpart Moiry, dafür lag er wie in einem Kessel, eindrucksvoll direkt an einem Gletscher, die Turtmannhütte etwa 200 hm über dem See, wie ein Adlernest von unten anzusehen. Auf unserer Erkundungstour nach möglichen Zeltplätzen entdeckten F. und ich eine Stelle direkt beim Gletscherausfluss, wäre bestimmt toll gewesen so dicht an dem Ungetüm dran zu nächtigen, entschieden uns dann aber doch für einen Platz am östlichen Ufer des oberen der beiden Seen. Am Abend gingen wir unseren typischen Freizeitbeschäftigungen nach und wollten früh schlafen gehen, da am nächsten Tag die Königsetappe unserer Tour wartete. Als wir bereits im Zelt waren tauchten mehrere Autos an der Staumauer auf, die auch an uns vorbei fuhren, keine offizielle Beschilderung hatten und uns etwas nervös machten, uns jedoch nicht weiter behelligten. Sehr merkwürdig.

                      23.8. Turtmannstausee – Plateau oberhalb Seematte
                      Nachdem ich um halb 6 vereinzelte Tropfen auf das Zelt hatte prasseln hören, drehte ich mich noch ein mal um und ignorierte den Wecker, was allerdings nicht so in unserem Sinne war, da wir heute früh in Richtung Schöllijoch aufbrechen wollten. Nunja. Eine halbe Stunde später erhoben wir uns dann langsam aber sicher und um 7 waren wir schon im Anstieg in Richtung Turtmannhütte. Mit frischen Knochen waren diese ersten 200hm natürlich fix erledigt, das Wasserauffüllen an der Hütte dauerte jedoch ewig, da aus der Quelle nur gefühlte drei Tropfen pro Minute heraus sickerten. Das Wetter sah eigentlich ganz gut aus, erst im Laufe des späteren Morgens bildeten sich ein paar Wolken. Direkt hinter der Hütte ging dann die erste Kraxelpassage mit Hilfe von Fixseilen durchs Gässi, da wir inzwischen auch richtig wach waren machte das auch gut Laune, nicht sonderlich schwer die Stelle.


                      Im Gässi


                      Steinmann kurz hinter dem Gässi, noch hält das Wetter

                      Der Weg hinterm Gässi führte die ganze Zeit über Schotter- und Geröllfelder parallel zum Turtmanngletscher, die Landschaft wurde immer hochalpiner und die Sicht auf die uns umgebenden schneebedeckten Gipfel, die immer näher kamen je höher wir uns schoben war schon einzigartig. Leider begann es sich von Westen her hinter uns immer weiter zuzuziehen, je weiter der Vormittag voranschritt. Die letzten Höhenmeter zum Joch hoch führten quasi weglos durch ein Schneefeld, was nochmal ordentlich schlauchte nach dem bisher recht steilen Anstieg. Kurz vor erreichen des Gipfels hatte es sich leider bereits wieder ziemlich zugezogen, über uns hingen nun recht dunkle Wolken. Wir hatten noch mit dem Gedanken gespielt bei gutem Wetter einen kleinen Ausflug den Grat entlang zu den nahen Barrhörnern zu machen, jedoch machte das für uns in der Witterung keinen Sinn. Die paar Leutchen die den Weg dort hoch auf sich genommen hatten, waren nur noch schemenhaft zu erkennen in den dunklen Wolken und wir beneideten sie nicht besonders.


                      Im Anstieg, die letzten Meter zum Schöllijoch


                      Vereinzelte Wanderer auf den Barrhörnern. Ob sich das gelohnt hätte?

                      Auf dem Joch, welches mit seinen 3342m Höhe für doch einige von uns fünf einen neuen Höhenrekord darstellte, hielten wir erst mal kurz rast und bereiteten uns mental auf den folgenden Abstieg vor. Am östlichen Rand des Joches konnte man bereits den Beginn der Seilsicherung erkennen, welche uns durch die felsdurchsetzte Steilflanke etwa 50hm nach unten geleiten sollte. Für mich als nicht grade kletterbegeisterten Wandersmann auf jeden Fall eine Nervenkitzelpassage, besonders mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken. Entlang der Fixseile und Tritte ließ es sich allerdings recht gut kraxeln und mit ordentlicher Anspannung und Konzentration konnten wir auch diese Stelle langsam aber (ganz wichtig) sicher hinter uns bringen. Die Leiter, die das Ende der Kletterpassage bildete, endete schließlich auf dem Schjölligletscher, den wir nun noch queren mussten. Zu Beginn des Gletschers erwartete uns erst mal zu unserer rechten eine ordentliche Gletscherspalte, bei der durchaus ein etwas mulmiges Gefühl aufkam. Der Weg über den Gletscher selber war jedoch gut ausgetreten und erkennbar und auch ohne Gletscherausrüstung im Schneckentempo gut begehbar. Die Erleichterung setzte am Ende des Gletscherabschnittes ein. Dies war sicherlich der technisch anspruchsvollste Teil der gesamten Wanderung und auch der, der den meisten Nervenkitzel bot.


                      Beim hinabklettern der Steilwand unterhalb des Jochs


                      Auf dem Schölligketscher


                      Alpiner Wegweiser kurz unterhalb des Gletschers

                      Leider hatte es inzwischen mal wieder angefangen zu Regnen, so dass der Weißhornhöhenweg, auf den wir kurz unterhalb des Schölligletschers abbogen uns nicht mit den spektakulären Blicken auf die Mischabelgruppe versorgen konnte, wie er es wohl in gutem Wetter gern getan hätte. Dies war natürlich sehr schade, vor allem, weil der Weg an sich schon wieder ein echtes Highlight war. Wie gewohnt von den anderen Höhenwegen führte auch dieser wieder ziemlich ausgesetzt an der Flanke entlang, es ging munter auf und ab und auch hier gab es wieder einige gesicherte Passagen, die etwas Konzentration erforderten. Ein sehr schöner Weg, der als weniger begangene Alternative des Europaweges in unserem Reiseführer ausgewiesen war und das Versprochene, bis auf die mangelnden Blicke, mehr als erfüllte.


                      Auf dem Weißhornhöhenweg

                      Wir gingen auf diesem Höhenweg noch etwa zwei Stunden, der Regen hatte inzwischen aufgehört und der Himmel riss sogar ein klein wenig auf, so dass wir ein paar Blicke auf den Dom erhaschen konnten. Unseren designierten Lagerplatz erreichten wir an einer Wegkreuzung, welche laut unserem Büchlein zu einigen Häusern namens Seematte führen sollten, welche wir allerdings nie fanden. Dafür befand sich die Kreuzung auf einem recht großen Plateau, welches ideal war für unser heutiges Lager. Selbst eine Quelle gab es hier, gespeist aus den nahen Gletscherabflüssen des Weißhornmassivs. Der Platz war sehr idyllisch und wir entschlossen uns, je nach Wetterlage, auch den morgigen Tag hier zu verbringen, falls es sich einregnete. Da es noch recht früh am Nachmittag war hatten wir noch genug Zeit das Plateau zu erkunden und viel zu lesen. Zum Abend gab es wieder mal Kartoffelbrei mit Erbswurst und frischem Knoblauch. Sehr lecker. Dem folgte in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder Regen, so dass wir uns schnell verkrochen. Es war eine wirklich tolle Etappe mit einem tollen Biwakplatz hoch über dem Mattertal.


                      Meine Zeltaussicht vom Plateau aus

                      24.8. Plateau oberhalb Seematte – Attermenzen
                      Der heutige Tag entwickelte sich zu einem halben Pausentag. Das Wetter am Morgen war relativ gut, aber wir konnten uns trotzdem nicht entscheiden, ob wir hier bleiben oder weiterziehen wollten. Wir ließen den Morgen sehr ruhig angehen und kamen recht spät aus den Zelten heraus. Zwei unserer Meute entschieden sich eher für Regeneration, während drei von uns nach dem Frühstück los zogen, dass Plateau und die nähere Umgebung etwas weiter zu erkunden und eventuell den mysteriösen Ort Namens Seematte zu finden. Wir liefen also etwas umher, sahen mal hier mal dort in die Ferne, gingen zum felsigen Rand des Plateaus und unterhielten uns recht angeregt. Die Seematte fanden wir jedoch nicht, dazu waren wir wohl nicht weit genug abgestiegen. Nun gut. Als wir nach etwas mehr als einer Stunde wieder am Lagerplatz ankamen und das Wetter zwar keinen eitel Sonnenschein versprach, es aber auch nicht aus Kübeln goss, sondern immer mal wieder aufklarte, bekamen wir doch Hummeln im Hintern und wollten doch heute wenigstens bis nach Randa absteigen, dort unsere Vorräte aufstocken und den morgigen Tag dann mit einem Anstieg statt einem Abstieg beginnen. Inzwischen war es schon früher Nachmittag und ein knapper demokratischer Entscheid führte letztlich dafür, dass wir heute noch abstiegen und keinen kompletten Pausentag einlegten. Als wir unsere Zelte grade am abbauen waren, setzte dann natürlich doch wieder Regen ein. Typisch. Leider war uns auch heute bis auf einige Aufreißer auch kein besonders guter Blick auf die Mischabelgruppe mit dem Dom gegönnt. Der Weißhornhöhenweg blieb so schön wie gestern, immer wieder auf und ab, sehr exponiert und mit Seilsicherung am Fels, was in der nassen Witterung zum Teil einen hohen Grad an Konzentration erforderte. Der ein oder andere von uns setzte sich ab und an mal auf den Hintern, besonders bei schlammigen Passagen.


                      Im regnerischen Abstieg nach Randa

                      Der Anschließende Abstieg nach Randa zog sich in endlosen Serpentinen hinab und wäre in gutem Wetter bestimmt von tollen Blicken gekrönt, aber in dem regnerischen grau war er relativ unspektakulär. Aber immerhin konnte ich während dem Abstieg meinen Gedanken freien Lauf lassen. Ich vergaß den Weg und die Zeit und befand mich mit meinen Gedanken in anderen Gefilden.
                      Randa dann tot. Kein Mensch auf der Straße, kein Mensch überhaupt zu sehen, die kleinen Tante Emma Läden hatten auch geschlossen. Irgendwie merkwürdig, wir hielten uns auch gar nicht erst lange auf hier, sondern zogen fix weiter zu dem eingezeichneten Campingplatz zwischen Randa und Täsch. Trotz der kurzen Etappe waren wir froh hier zu sein, versprach der Campingplatz doch die erste warme Dusche seit Chamonix. Nachdem wir ein fröhliches Potpourri an Tütensuppen zum Mittag aßen, machten wir uns auf gen Täsch um den örtlichen Coop zu plündern. Dieser hatte ganz vernünftige Preise und auch eine gute Auswahl, wir deckten uns für die nächsten Tage mit Verpflegung ein und gönnten uns ein Abendessen mit viel frischem Gemüse und ein paar Bierchen. Die nahe Touristeninfo versprach sehr gutes Wetter für die nächsten Tage.
                      Am Abend treffen wir in der kleinen Kochhütte noch auf ein paar amüsante Belgier, die hier mit der Familie Urlaub machten, beeindruckende Videos von sich im Himalaya zeigten und uns noch einen besonderen Tourentipp für die Zermatter Region gaben, doch dazu später mehr im Teil 4. Selig rief uns schließlich gegen halb 10 der Schlafsack.

                      25.8. Attermenzen – Mellichbachtal
                      Trotz der guten Prognosen begann der Tag ziemlich neblig. Wir kamen nur recht langsam in die Gänge, gönnten uns aber auch ein super Frühstück, was wohl dem nahen Supermarkt und den frischen Lebensmitteln geschuldet war. Für mich gab's beispielsweise ein Baguette belegt mit Frischkäse, Tomaten, Zwiebeln, Avocado und Kartoffelchips. Sehr lecker und die Hälfte kam auch noch mit für das zweite Frühstück später am Morgen. Wir verließen den Campingplatz in Richtung Europaweg. Der „Zubringer“ zu jenem führte zum Teil recht steil bergauf durch dichten Wald und obwohl wir uns die ganze Zeit in Nebel und Wolken befanden wurde uns durch den Anstieg schnell warm. Auch wir waren recht fix unterwegs und erreichten schon bald den Europaweg. Eine Sitzgruppe bot die perfekte Stelle für das bereits erwähnte zweite Frühstück. Leider wurde es beim Verweilen ziemlich kalt, was sich besonders in den Gelenken beim Weiterwandern bemerkbar machte, vor allem eine bald folgende künstliche Treppe ließ uns dies spüren.


                      Europawegimpression I

                      Der Europaweg ist ein wirklich schöner Weg und verdient seinen guten Ruf wirklich, man konnte erkennen mit wie viel Aufwand er angelegt wurde und ich kann mir nur schwerlich vorstellen, wie kompliziert es sein muss diesen Weg intakt zu halten. Im Gegensatz zu den anderen Höhenwegen schien der Europaweg in den Fels integriert worden zu sein, die Flanke erschien zerklüfteter und wilder, felsiger. Oft waren Abschnitte mit Fixseilen gesichert, auch wenn es nicht immer nötig war, auch Alu Brücken kamen oft zum Einsatz. Kurz nach dem wir den Europaweg betraten durchquerten wir auch einen etwa 100m langen Tunnel der in den Fels gehauen wurde und in dem es stockfinster war, da die installierte Beleuchtung mit Solarpanels angetrieben wurde, diese jedoch in den hängenden Wolken natürlich keine Energie bekamen. Auch hier war die mangelhafte Sicht zwar schade, allerdings der Weg an sich so schön, dass man sich dafür besser auf ihn konzentrieren konnte. Und auch wenn tolles Wetter natürlich besser wäre als in den Wolken zu wandern, man kann es eben nicht beeinflussen und ich finde, dass jeder Weg in jedem Wetter seinen besonderen Charme hat, so auch der Europaweg in den Wolken.




                      Europawegimpressionen II & III

                      Später unterquerten wir noch die Lawinenverbauungen, welche sich aber anscheinend als nicht 100% effektiv erwiesen, da Teile des Lawinenschutzes von Gerölllawinen herunter gerissen und zerstört war. Nicht so ganz beruhigend... Pünktlich, kurz vor dem Ende des Europaweges riss es dann schließlich auch auf, die Wolken wurden innerhalb kürzester Zeit verdrängt. Der wildeste Teil des Europaweges war geschafft und kurz vor der Täschalp, die bereits zu erahnen war, legten wir nochmal eine Rast ein, während die Wolken den Blick auf das Weißhorn hoch über der anderen Talseite freigaben. Von diesem Moment an schlug die gute Wetterprognose der Täscher Touristeninfo vollends ein und uns sollte nur noch strahlender Sonnenschein begleiten. Endlich!


                      Es reißt auf, Blick vom Europaweg in Richtung Zermatt

                      Da der direkte Weg nach Zermatt hoch über dem Mattertal zur Zeit unserer Reise gesperrt war und unser Reiseführer auch sehr aktuell entschieden wir uns dazu hinter der Täschalp abzuzweigen und am morgigen Tag die Pfulwe zu überqueren und von Osten her nach Zermatt einzufallen. Wir ließen also die Täschalp schnell hinter uns und betraten das Mellichbachtal dahinter, ein langgezogenes Tal in welchem wir uns auch außerhalb der Sichtweite der Täschalp unseren heutigen Biwakplatz suchen wollten. Nach etwa 20 min sollten wir diesen auch finden. Eine weite Wiese und Weidefläche mit spektakulären Blicken, im Westen erhob sich das Weißhorn über der Täschalp und dem Mattertal und im Osten bildeten die Schneebedeckten Gipfel nahe der Pfulwe den Talabschluss. Wolken waren inzwischen kaum noch am Himmel, aber trotzdem fröstelte uns etwas als wir erstmal Siesta hielten. Am Nachmittag begaben O., F. und meine Wenigkeit uns noch auf eine kleine Expedition das Tal hinauf, um näher an der Quelle des Mellichbaches Wasser zu holen. Zwar zog sich jener auch über die Wiese, aber da diese eben auch als Weideland genutzt wurde, wollten wir nichts riskieren. Ein guter Spaziergang zum aufwärmen durchs wilde Tal, auf dem wir verstreute Knochen von Ziegen fanden. Anscheinend gab es auch hier Raubtiere der einen oder anderen Art. Auf unserem Rückweg wurden wir quasi von der Kuhherde begleitet, die zurück auf die Täschalp getrieben wurde. Leider verschwand die Sonne recht schnell hinter den Talwänden, woraufhin wir uns unser Abendessen zubereiteten und die wärmsten Klamotten anzogen. Den letzten Sonnenstrahlen folgend kletterte O. noch mit seinem Gantenbein auf den Gegenüberliegenden Talhang und schoss von dort oben ein paar tolle Fotos.


                      Die östlichen Gipfel, Blick in Richtung des morgigen Aufstiegs


                      Das Weißhorn in der untergehenden Sonne vom Talhang aus

                      Wir blieben noch recht lange auf und sahen uns den Sonnenuntergang und den Einbruch der Nacht an, unter klarstem Himmel und mit schönstem Blick auf die schneebedeckten Gipfel in der näheren Umgebung. Auch der sich auftuende Sternenhimmel war ein absolutes Highlight. Doch leider war die Müdigkeit auch wieder so groß, dass man irgendwann einfach weg dämmerte.

                      26.8. Mellichbachtal – Zermatt
                      Der letzte Tag der Haute Route brach ebenso schön an, wie der vorige endete. Klarster Himmel erwartete uns am Morgen, als die letzten Sterne langsam aus jenem verschwanden. Die schneebedeckten Berge am Talende wurden schon früh von der Morgensonne in rotes Licht getaucht und als wir den Bach traversiert und uns auf unserem Weg durchs Tal befanden erreichte jene auch langsam das Weißhorn.


                      Rückblick ins Mellichbachtal vom morgendlichen Anstieg aus


                      Blick nach Osten, dem Anstieg folgend

                      Als wir das Talende erreichten und das fruchtbare Tal hinter uns ließen, wurde die Landschaft, ähnlich wie beim Anstieg zum Schöllijoch, wieder zunehmend hochalpiner. Immerhin ist die Pfulwe auch über 3000m hoch, so machte das auch Sinn. Schotterserpentinen mündeten in Gerölllawinen und Geröllfeldern, über die wir, teilweise mit Handeinsatz, unseren Weg fanden. Durch den Ruf der Natur fiel ich etwas zurück und muss sagen, dass ich die Wegfindung hier nicht immer einfach fand, besonders im Bereich der groberen Geröllfelder. Die Mondlandschaft war trotzdem toll. Besonders natürlich, als uns schließlich am frühen Vormittag endlich die Sonne einholte. Als wir dem Gipfel näher kamen waren jene Gerölllawinen noch gefüllt mit Schneefeldern, was zum Teil eine sehr rutschige Angelegenheit war, meine Wade wusste sich nach einem Ausrutscher zu bedanken.




                      Im Anstieg zur Pfulwe

                      Der Kamm kam jedoch immer näher. Ich machte auch weiterhin in diesem Anstieg das Schlusslicht und sah wie jeder meiner Wanderkumpanen hinter dem Kamm verschwand, und immer wenn ein Körper verschwand war ein lauter, jubilierender Schrei zu hören. Ich nahm nochmal all meine Kräfte zusammen und schleppte mich hoch auf die Pfulwe, dort noch einmal um die Ecke luschern und siehe da – da war es! Das Matterhorn! In all seiner Pracht hatte es sich bis kurz vor dem Ende vor uns versteckt! Jetzt präsentierte es sich so, wie es sein sollte: am blauen Horizont, keine Wolke am Himmel, prominent, grandios. Wir voller Freude, ein ähnliches Glücksgefühl wie vor zwei Jahren, als wir auf dem GR 5 das erste Mal von einer Col aus das Mittelmeer erblickten.


                      Endlich! Das Matterhorn in all seiner Pracht von der Pfulwe aus gesehen

                      Hier oben hielten wir uns eine ganze Weile auf, rauchten unsere Triumphzigaretten, aßen ein Sandwich und snackten etwas, die ganze Zeit ausgelassen am Dauergrinsen. Die Pfulwe war nicht nur wegen dem Matterhorn gigantisch. Auch die nahen 4000er, wie beispielsweise die Dufourspitze und Konsorten zeigten sich uns heute von ihrer Schokoladenseite.


                      Die Dufourspitze und Umgebung

                      Nach längerer Rast machten wir uns schließlich an den Abstieg, ganz ruhig und gemütlich ging es an der Gletscherabbruchkante entlang, zunächst wieder über Geröll und Fels, später dann über seichtere Wege. Als wir das Gasthaus Flüh erreichten mussten wir natürlich hier einkehren um unseren Erfolg mit einem eiskalten Bier und perfektem Matterhorn Panorama zu feiern. B. aquarellierte jenes noch während der Rast und wir genossen das Leben und den jetzt eingekehrten Sommer bei Bier und Doppelkeksen. Kurz hinter dem Berggasthaus begann dann der eher vernachlässigbare Teil des Abstiegs, der, um es mit den Worten eines Wanderkumpanen vergangener Tage zu beschreiben, „todestouristischste Teil des gesamten Weges“. So unglaublich viele Tagestouristen hatte ich seit den Chalets de Bise nicht mehr gesehen. Aber nun gut, Zermatt lag ja auch schließlich quasi um die Ecke. Die Idylle der Wege nahm leider auch zunehmend ab, Liftanlagen und Seilbahnen, sowie Mountainbike Strecken dominierten hier das Bild. Wir aßen später noch unter Kiefern halbwegs idyllisch Mittag aber stiegen sonst ziemlich fix ab.


                      Weil's so schön war nochmal die Matterhornsicht von unserem Mittagsplatz aus

                      Nach einem doch nochmal ganz schönen Abstieg durch Nadelwald erreichten wir schließlich die „Vororte“ von Zermatt. Ausgelassen, auch wenn wir uns nach Wochen der relativen Abgeschiedenheit alle von Zermatt etwas „überfahren“ fühlten, zogen wir durch die Straßen und beendeten schließlich am Bahnhof ganz offiziell die Haute Route.


                      Am Ende jeder Tour darf das obligatorische Stiefelfoto nicht fehlen



                      Über unsere Erlebnisse in Zermatt und Umgebung dann bald noch der kleine Anhang Teil 4 – Im Mattertal
                      Zuletzt geändert von faulix; 04.01.2016, 21:52. Grund: Formatierung

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                      • OutofSaigon
                        Erfahren
                        • 14.03.2014
                        • 382
                        • Privat

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                        #12
                        AW: [CH] [FR] Vom Lac Léman ans Matterhorn in 3 Wochen

                        Danke nochmals für diesen prima Bericht von eurer insgesamt doch wohl sehr schönen Tour! So etwas weckt den Appetit.

                        Zitat von OutofSaigon Beitrag anzeigen
                        ... Was lernen wir daraus???
                        Wir lernen daraus nicht, daß Meindl-Schuhe schlechter sind als andere. Ich habe gelernt (1) immer ein Paar Ersatzschuhe dabei zu haben, denn es kann ja sein, daß man nicht zufällig nach Chamonix kommt, und (2) daß ich mit Zustiegschuhen oft angenehmer laufe als mit schweren Klötzen. - Jetzt kommen wir aber vom Thema ab, also Schluß.

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