[DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

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  • stoeps
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    [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Zeit: 02.–05.10.2013
    Gegend: Harz, deutsches Mittelgebirge


    Es ist auch ein Vortasten. Der nächste Schritt. Ein bisschen habe ich schon probiert in den letzten Jahren. Ich tobte durch’s deutsche Mittelgebirge, ich beschäftigte mich mit UL, ich war im Harz, ich war auch mal alleine unterwegs. Jetzt alles zusammen: Harz, mehrere Tage, alleine, wenig Gepäck. Ach ja, und neue Schuhe – endlich die richtigen? Und wenn du schon dabei bist, mach einen Klassiker: Hexenstieg. Ein Weg, der so abgedroschen ist, dass er nur noch für Rekordversuche und Absurditäten erstrebenswert scheint. Ein Weg, der quasi schon sein postmodernes Stadium erreicht hat, der nur noch auf der Metaebene, ironisch verfremdet geht.
    Und so einfach Den Hexenstieg gehe auch ich nicht. Da ich den Anfang bis zum Brocken schon einmal gewandert bin (der Bericht müsste erst noch geschrieben werden) und ich mir den ein oder anderen oft im Forum erwähnten Punkt mal sehen möchte, wähle ich eine Alternative. Aber die Eckdaten sind dieselben: Osterode–Brocken–Drei-Annen–Bodetal–Thale, rund 100 km. Ich habe fünf Tage Zeit.

    Meine Ausrüstung ändert sich noch von Wanderung zu Wanderung – sie wird tendenziell leichter
    Noch am Vorabend, quasi beim Packen, habe ich mir einen Dosenkocher gebaut. Außerdem sind in den letzten Tagen ein neuer Poncho-Tarp und zwei „Beutelflaschen“ (Platyplus-Hoser 3 l und Nalgene 1l) angeschafft worden. Die wichtigste Neuerung sind allerdings die oben schon erwähnten Schuhe. Hier geht es nicht um Gewichtsreduktion, sondern um Schmerzvermeidung. Ich war schon in allem möglichen unterwegs, hatte aber auch in fast allem möglichen Schwierigkeiten unter den Ballen. Jetzt sind es Inov-8 Trailroc 235 geworden. Um es vorweg zu nehmen: Super! Zu der sonstigen Ausrüstung später mehr.
    Da ich noch jede Wanderung auch als Test für „größeres“ betrachte und da man bei meiner Route nicht so ohne weiteres einkaufen könnte, nehme ich Essen für die gesamte Zeit mit. Weil ich wissen will, ob sich alles so packen und tragen lässt, wie ich mir das denke, fülle ich auch den Trinkbeutel schon am Vorabend mit 2,5 l Wasser. Alles zusammen wiegt 12 kg – sicher nicht UL, aber ich bin zufrieden. Baseweight sind ca. 8 kg. Vor allem aber weiß ich von meinen bisherigen Aktionen, dass ich dieses Gewicht beschwerdefrei tragen kann. Und es wird ja nur noch weniger

    So, jetzt geht’s aber los …


    1. Tag
    Mittwoch, 02.Oktober: Anreise und Osterode–Hanskühnenburg, ca. 18 km


    Früh morgens habe ich noch einen Termin, zu dem ich aber gleich mit Rucksack gehe. Im Bahnhof kaufe ich mir noch fünf Laugenbrezeln – für jeden Tag eine. Die sollen mit Salami und Parmesan tagsüber die Brotzeit sein. Um 9:55 steige ich Hannover Hbf in den Zug, um über Braunschweig nach Osterode zu fahren. Dort komme ich um kurz nach 12 an.



    Dieses Schild ist denn auch so ziemlich das letzte, nach dem ich mich richten darf. Schließlich will ich ja gerade nicht den Hexenstieg gehen, muss also anders aus Osterode raus. Dennoch gehe ich erst mal in den Ortskern, kaufe dort eine Postkarte und Briefmarken (wegen einer gänzlich unmodernen Idee) und kehre für Kaffee und Kuchen ein. Aber schließlich finde ich meinen Weg …



    … der nach und nach immer schöner wird …



    … bis schließlich sogar „festes Schuhwerk“ empfohlen wird:



    Hab’ ich ja



    (Der „Nasse Weg“ war streckenweise wirklich recht nass. Dennoch ist es das einzige Mal, dass ich in den Tagen solch einen Hinweis auf einem Wegweiser gesehen habe; und es kamen durchaus schwierigere Passagen.)
    In einem Waldstück betrete ich den Nationalpark …



    … um danach oben auf dem „Acker“ im wunderschönen, herbstlichen Spätnachmittagslicht zu gehen:









    Etwas später komme ich an der Hanskühnenburg an. Hier weht ein eisiger Wind, es ist menschenleer und ich bin so damit beschäftig, zu gucken ob und wo ich da noch einen Kaffee bekomme, dass ich gar keine Fotos mache. Die beiden Wirtinnen sind freundlich und servieren nicht nur mir noch Kaffee und Kuchen, sondern auch noch später ankommenden Tageswanderern warmes Essen, obwohl dabei die draußen angeschlagenen Öffnungszeiten obsolet werden. Einer der Gäste empfiehlt mit eindringlich, mir meinen Schlafplatz noch im Hellen zu suchen, es seien viele Jäger unterwegs
    Um zwanzig nach fünf bin ich wieder draußen. Ich ginge gerne die Fortsetzung meines schönen Weges, aber dort sind keine Hütten verzeichnet. Die nächste wäre die Magdeburger Hütte (Stieglitzecke). Bis dahin würde ich es zwar noch schaffen; aber sie liegt direkt an einer Bundesstraße. So steige ich von der Hanskühnenburg zur Ackerstraße ab.

    Die erste Nacht wird dann recht desaströs:
    * Es ist kalt, sehr kalt, knapp über Null. Und es ist windig, sehr windig, vielleicht schon stürmisch. Das ist schon den ganzen Tag so; aber jetzt, wo die Sonne weg ist … und die Hütte ist eins von diesen großen, halboffenen Sechsecken. Es zieht. Es zieht nicht nur durch die vorgesehenen Öffnungen, sondern auch durch die Bretter, besonders in den Ecken. Ich habe noch nichtmal den Kocher angeschmissen, da sitze ich schon im Schlafsack, mit allen Klamotten, die ich mit habe. Hierbei erweist sich als ausgesprochen praktisch, dass die Ridgerest, die ich hier im Forum erworben habe, von ihrem Vorbesitzer in der Mitte durchgeschnitten wurde: auf der einen Hälfte sitze ich, auf der anderen „steht“ das Fußende des Schlafsack; das isoliert und schützt vor Dreck.
    * Der Kocher geht nicht richtig. Das liegt aber nicht an dem Dosenkocher, sondern am unterdimensionierten Windschutz. Ich hatte einfach meinen Clickstand-Windschutz eingepackt, weil der so schön in den Topf passt. Aber für einen Catstove bei diesem Wind ist der zu niedrig. Mein Essen –Tütensuppe mit Fadennudeln – bekomme ich auch in nicht kochendem Wasser irgendwie fertig. Aber:
    * Das Essen schmeckt mir nicht. (Kann natürlich doch an dem nicht kochenden Wasser gelegen haben. Stichwort Stärke oder so.) Also fülle ich es in den Müllbeutel (nicht in die Landschaft!!!) und esse stattdessen Salami, Parmesan und Brezel. Lecker. Ich fange an, mein Essenskonzept neu auszuarbeiten.
    * Ich kann nicht schlafen. Es ist einfach zu kalt. Weil es so zieht. Der Schlafsack hat schon niedrigere Temperaturen geschafft, aber da habe ich auch nicht gefühlt im Wind gelegen. Der Tiefpunkt dieser Nacht ist erreicht, als ich beim Versuch, mir (im Schlafsack liegend) aus meinem Poncho einen Windschutz zu bauen, von der Bank falle
    Um halb zwei gucke ich das letzte Mal auf die Uhr, dann schlafe ich doch noch ein paar Stunden am Stück. Auf der Ackerstraße, die entgegen ihres Namens auch nur eine bessere Forstschotterpiste ist, ist die ganze Nacht reger Verkehr – die Jäger, vermute ich …
    Zuletzt geändert von stoeps; 06.11.2013, 16:26.
    „The world's big and I want to have a good look at it before it gets dark.”
    ― John Muir

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    #2
    AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

    2. Tag
    Donnerstag, 03. Oktober: Ackerstraße–Gelber Brink , ca. 24 km

    Der nächste Morgen beginnt ähnlich erfolgreich, wie der letzte Abend endete: Ich mag mein Müsli nicht
    Zu Hause esse ich Müsli in allen Varianten, ich liebe den Geschmack von Haferflocken. Aber unterwegs, ohne Milch, stattdessen mit warmen Wasser – geht gar nicht Ok, kommt dann zum Abendessen in die Mülltüte. Stattdessen esse ich einen „Süßen Moment Griesbrei“ (aus den letzten Beständen, seufz). Immerhin hat heute das Kochen besser geklappt; so gibt es erst Tee dann Kaffee dazu. Ich denke verstärkt über mein Essenskonzept nach

    Aufgestanden bin ich noch im Dunkeln. Als ich aufbreche, scheint die Sonne an manchen Stellen durch die Bäume. Dir Pfützen sind gefroren … Als ich wieder etwas höher komme und der Wald sich lichtet, schafft es die Sonne auch zu mir. Wieder habe ich wunderschönes Licht …

    … „Auf dem Acker“ …



    … „Oberer Bruchsteinweg“ …



    … Abzweigung zur „Wolswarte“ …



    … und an der „Wolfswarte“ selbst:



    Weiter Richtung Torfhaus steige ich erst einen Weg ab, der mehr einem Bach gleicht. Dann gehe ich oberhalb der „Steilen Wand“ um danach auf den Hexenstieg zu treffen. Hier hat sich der Gott des Outdoor-Tourismus’ etwas besonders perfides einfallen lassen. Erst wird es nochmal so richtig idyllisch, mit Bächlein …



    … und Bohlenweg im Birkenwäldchen …



    … dann kommt man um die Ecke – und



    Ja, ich wusste es: So wie ich das ganze angelegt hatte, würde ich am 03. Oktober über den Brocken schreiten. An einem Feiertag. Bei bestem Wetter, Sonnenschein und guter Sicht. Ich würde nicht allein sein …
    Das fiese an dem Parkplatz ist, das er leicht ansteigt. So trotte ich etwas scheren Schrittes an all diesen Menschen vorbei, die alle gleichzeitig angekommen zu sein scheinen und alle gerade eine Jacke überziehen und sich den Daypack überschwingen.
    Auf dem Trampelpfad an der Jugendherberge entlang versuche ich gar nicht erst, jemanden zu überholen. Und dann nutze ich eiskalt die touristische Infrastruktur: Ich kaufe mir bei Globetrotter einen Windschutz. Mitten im Harz. Auf 800 m. An einem gesetzlichen Feiertag. Morgens um kurz nach zehn
    In erster Modifikation meines Essenskonzepts erwerbe ich auch noch ein paar Oatsnacks und schmeiße dafür alles in die Mülltonne, was ich nicht gegessen habe oder nicht mehr essen will.
    Das Aussortieren und Umpacken, sowie die Etappenplanung für heute erledige ich bei einem Kaffee. Noch ist das Café leer; die Massen kommen sicherlich auf ihrem Rückweg. Bevor ich aufbreche, fülle ich auch noch Wasser auf, unauffällig den 3 l-Beutel durch den Saal tragend

    Bevor ich auf die ganz große Autobahn „(Neuer) Goetheweg“ gerate, nehme ich noch den Bohlenweg durchs „Große Torfhausmoor“. Hier ist man witzigerweise fast allein und hat einen wunderschönen Blick auf den Brocken:



    Was nun kommt, nehme ich mit sportlichem Humor und wohlwollender Neugierde. Ich überhole die ganze Zeit und schau mir dabei die Menschen an, die hier und heute unterwegs sind. Was haben sie für Vorstellungen von einem gelungenen Ausflugstag? Wird das für sie noch strapaziös? Werden die Familien ohne Streit durch den Tag kommen? Waren sie schonmal hier? Werden sie beeindruckt oder enttäuscht sein?
    Bei meiner Brotzeit am „Eckernsprung“ komme ich ins Gespräch mit zwei älteren Herren, weil der eine auch die Wurst mit dem Opinel schneidet. Und fast im selben Augenblick sagt ein Jugendlicher in Jogginghose zu seinen Kumpels: „Ey Leute, DAS ist richtiges Wander-Essen; nicht der süße Sch***, den wir mit haben.“
    Wirklich zum Aufregen finde ich allerdings die Mountainbiker, die an diesem Tag, auf diesem Weg in beiden Richtungen unterwegs sind – und vereinzelt sogar klingeln

    Wegen der fantastischen Aussicht umrunde ich den Gipfel einmal und gucke dabei auch, ob ich den Einstieg zum sagenumwobenen und höchst umstrittenen „Schneelochweg“ finde. Ich meine, ihn entdeckt zu haben, traue mich aber letztlich nicht, ihn zu gehen
    Auf den nächsten 500 Höhenmetern, die praktisch in Falllinie auf durchbrochenen Betonplatten vernichtet werden, fluche ich allerdings über meine vorschriftsachtende Erziehung. Wer diesen Weg als einzig möglichen Richtung Norden zur Verfügung stellt, will eigentlich nicht, dass man hier geht

    In der Hoffnung, dort vielleicht noch Kaffee und Toilette vorzufinden, steige ich bis zur Rangerstation „Scharfensteinklippe“ ab, obwohl ich letztlich zur „Stempelsbuche“ will, und dafür schon vorher hätte abbiegen können. Die Station ist allerdings schon zu. Der folgende Weg ist etwas öde; aber ich will zu einer Hütte, in der ich mit Blitz-Schlag-Mann vorletzten Winter war. die kenne ich, die ist schön – und nach der letzten Nacht will ich eine schöne, kleine Hütte.
    Es ist über diesen Tag merklich wärmer geworden, auch der Wind hat nachgelassen. Dennoch baue ich mir diesmal eine Tarp-ähnliche Konstruktion über meine Schlafbank – und zwar schon bevor ich mich hinlege.
    Zu essen gibt es diesmal von vorne herein das bewährte Abendbrot. Ich könnte mich daran gewöhnen, auch zu dieser Jahreszeit kalt zu essen und einfach Tee dazu zu trinken.
    Diese Nacht schlafe ich prächtig
    Zuletzt geändert von stoeps; 06.11.2013, 16:20.
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    • stoeps
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      #3
      AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

      Tag 3
      Freitag, 04. Oktober, Gelber Brink–Rübeland, ca. 23 km


      Wie am Vortag auch stehe ich wieder so auf, dass ich mit Lampe mein Frühstück zubereite und packe, aber im Hellen aufbreche. Zum Frühstück gibt es Süßer Moment und Oatsnack, Tee und Café.
      Heute will ich zu den Zeterklippen. An den unteren war ich zwar mit Ingmar auf besagter Wintertour, aber die oberen habe ich noch nie gesehen (und die unteren damals eigentlich auch nicht ).

      Wieder darf ich das morgendliche Licht genießen. Heute ist es auch viel wärmer, so dass ich nicht wie gestern die erste Stunde mit Daunenjacke rumlaufen muss. Allerdings stehen wilde Tiere am Wegesrand:



      Der Weg zur „Unteren Zeterklippe“ ist breit, auch irgendwie befestigt, aber dennoch gar nicht öde:



      Die Farben dieser ersten drei Tage: gelb-braun, rot und grün …



      Der Weg wird kleiner und noch schöner (zu den „Oberen Zeterklippen“) …



      … Licht …



      … Farben (an den „Oberen Zeterklippen“) …



      … und der Ausblick von dort – wieder mit diesen Farben …



      Der Abstieg über Brockenbett/Brockenkinder ist auch sehr abwechslungsreich. Aber kaum treffe ich auf den Hexenstieg, gehe ich auf breiten Schotterwegen. An der „Spinne“ (hinter dem „Erdbeerkopf“) geht der "Glashüttenweg" Richtung Drei-Annen-Hohne über einen größeren Bach. Hier nun will ich ein weiteres Ausrüstungsteil ausprobieren: Wasseraufbereitung mit Steripen und Nalgene-Faltflasche. Auch wenn die zahlreich vorbeikommenden Wanderer irritiert gucken: Alles funktioniert gut und ich fülle gleich den 3l-Hoser voll. Das widerspricht zwar UL-Prinzipien, aber ich mag es, wenn ich weiß, dass ich mich bis zum Frühstück nicht mehr drum zu kümmern brauche.

      Kurz vor Drei-Annen-Hohne merkt man schon an den Wegen, dass man gleich in einen Ort kommt:



      Und das ist nicht irgendein Ort, sondern der Eisenbahnknotenpunkt des Harzes:



      Auch ich hege eine gewisse Eisenbahnbegeisterung, aber die Nebenwirkungen dieser Attraktion sind eine ähnliche Besucher-Konzentration wie in Torfhaus. Man darf den Blick nicht vom Bahnhof abwenden



      Am Ortsausgang treffe ich auf ein Denkmal der angenehm anderen Art:





      Danach wird’s flach … und öde …



      Wenn’s dann wieder schöner wird, so ist es doch in einer ganz anderen Art als im Hochharz. Bis ich (am nächsten Tag) ins „enge“ Bodetal komme, erfreue ich mich an den typischen Harz-Ortschaften:



      In Königshütte treffe ich in einem Gasthaus zwei junge Männer, die auch „großes Gepäck“ dabei haben. Zunächst etwas mühsam, kommen wir letztlich doch ins Gespräch. Sie gehen auch den Hexenstieg, haben ein 4 kg-Zelt dabei, schleppen eine Weinflasche aus Glas mit sich rum – und sind deutlich schneller als ich
      Denn obwohl ich vor ihnen aufbreche, holen sie mich an der Überleitungssperre ein; und obwohl wir uns unterhaltend ein Stück gemeinsam gehen, lasse ich sie irgendwann ziehen, weil mir das Tempo einfach zu hoch ist. Da gehen sie …



      Nun geht es in ein Seitental der Bode. Die Vegetation ist ganz anders, feucht.



      Da am Hexenstieg selbst vor Rübeland keine Hütten in der Karte verzeichnet sind, aber auf dem parallel verlaufenden Weg „Die Lange“ gleich mehrere, biege ich ab. Der Weg lässt einige Zweifel ob dieser Entscheidung in mir aufkommen …



      … aber als ich oben raus komme, stehe ich direkt vor der ersten dieser Hütten. Nur hängt da eine Jacke, und ich höre Stimmen, und ich sehe am Eingang einen Rucksack – besetzt. Na bravo! Es wird noch besser, als ich merke, dass die Kreuzung gar nicht die sein kann, für die ich sie halte.
      Die beiden „Bewohner“ haben sich offensichtlich auf einen gemütlichen Abend eingerichtet: Jeder ein Bier in der Hand, der Trangia läuft ohne Topf wohl als Heizung und etwas hinter einer Tasche steht eine Flasche Whiskey. Als ich sie wegen meiner Kreuzungs-Verwirrung anspreche, erklärt mir der eine aber freundlich wo ich bin – und vor allem wo kurz vor Rübeland eine nicht eingezeichnete Hütte ist

      Die ist wieder auf dem Stieg. Da ich nun aber von gänzlich untouristischer Seite auf diesen treffe, kreuze ich ihn beinahe, ohne es zu merken. Kaum drauf, ist’s wieder schön. Ich trete aus dem Wald heraus, sehe die Hütte – und höre Stimmen
      Diesmal sind es zwei junge Frauen. Hier erscheint es nun mir unpassend, überhaupt zu fragen. Aber die beiden laden mich sofort ein. Die nächste Hütte sei einfach zu weit weg. Die eine der Damen ist Pfadfinderin, die andere will unbedingt den Appalachian Trail gehen; sie gehen den Hexenstieg in kürzeren Etappen, auch von Hütte zu Hütte. Wir haben einen richtig gemütlichen Abend und ich stelle fest, dass ich gerne alleine gehe, aber auch ebenso gerne Abends zu mehreren sitze.

      Platz ist in der kleinsten Hütte

      Zuletzt geändert von stoeps; 06.11.2013, 17:50.
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      • stoeps
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        • 03.07.2007
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

        4. Tag
        Sonnabend, 05. Oktober, Rübeland–Thale, ca. 29 km


        Der letzte Tag sollte einen völlig anderen Charakter bekommen, als die ersten drei. Es mögen mehrere Gründe eine Rolle gespielt haben; aber der Hauptgrund war, dass es (fast) den ganzen Tag regnete. Aber nun gut, so habe ich meine Ausrüstung auch unter diesen Bedingungen testen können

        Am Morgen gehen wir zwar zunächst zu dritt los, aber nur für ein paar hudert Meter. Dann biegen die beiden ab, um sich eine Höhle anzugucken. Ich habe als erstes Highlight den Blick auf Rübeland, dass in der Flussbiegung wie eine Modelleisenbahn auf mich wirkt:



        Dann kommt schon bald Neuwerk, welches ein wahrlich typisches Harzörtchen abgibt. Mit neuem Schulhaus (mit dem Uhrturm) …



        … und altem Schulhaus …



        … und unbefestigten, verwinkelten Straßen …



        Bald hinter Neuwerk komme ich zur nächsten Hütte. Das wäre gestern Abend die gewesen, die die Frauen als zu weit bezeichnet haben. Es wäre in der Tat unangenehm geworden und ich hätte es vor allem nicht mehr im Hellen geschafft. Außerdem wäre auch sie besetzt gewesen – na ja, zumindest hätte ein Zelt daneben gestanden. Die beiden schnellen, jungen Männer setzen gerade die Rucksäcke auf, als ich ankomme
        Wieder gehen wir ein Stück gemeinsam, wieder ist mir das zu schnell; und als es dann anfängt richtig zu regnen, nutzen wir die Tatsache, dass ich mich etwas grundlegender umziehen möchte, um uns wieder zu trennen.

        In dem schwimmenden Restaurant auf der Talsperre mache ich noch einmal ausgedehnt Mittagspause, mit Fischbrötchen/Bier und Kirschkuchen/Kaffee.

        Ab hier werde ich ohne Pause bis Thale gehen – laut Wegweiser 20 km.

        Auch im Regen bieten sich schöne Motive. Zunächst noch von Besiedlung …





        … dann von Landschaft …





        … Tierwelt …



        … und dramatischem Weg und Tal …






        Auf den steinigen Wegen der letzten Kilometer frage ich mich die ganze Zeit, ab wann Ingmar wohl auf der 24-Std-Aktion gelaufen ist. Ich finde den Weg stellenweise schon am Ende der heutigen Etappe unangenehm. Wie die Jungs das am Schluss einer 100 km-Wanderung gemacht haben, ist mir ein Rätsel

        In Thale mache ich das Gegenstück zum Start-Foto …



        … wohl wissend, dass das einzig wahre, offizielle Zielfoto nur an einer Stelle aufgenommen werden kann





        Einen Ausrüstungs-Fazit will ich eigentlich auch noch schreiben. Aber vorweg schon mal: Die Schuhe haben sich bewährt. – Sie sehen nur nicht mehr ganz so aus, wie am Anfang

        Zuletzt geändert von stoeps; 06.11.2013, 18:50.
        „The world's big and I want to have a good look at it before it gets dark.”
        ― John Muir

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        • blitz-schlag-mann
          Alter Hase
          • 14.07.2008
          • 4851
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          • Meine Reisen

          #5
          AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

          Weiter weiter weiter :thumbup:

          Es gibt übrigends eine Webseite, die einige Varianten des Weges bereithält. Googelt ihr “Hexenstieg 2.0“ Dein Weg ist aber auch schön, da bin ich zuletzt beim Eulenburg Trail hochjewetzt.



          Viele Grüße
          Ingmar
          Viele Grüße
          Ingmar

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          • stoeps
            Dauerbesucher
            • 03.07.2007
            • 537

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

            Zitat von blitz-schlag-mann Beitrag anzeigen
            Weiter weiter weiter :thumbup:
            Ich mach' ja schon

            Es gibt übrigends eine Webseite, die einige Varianten des Weges bereithält. Googelt ihr “Hexenstieg 2.0“
            Unter anderem da {und aus einem Posting hier im Forum) habe ich den Weg her.


            Gruß
            stoeps
            „The world's big and I want to have a good look at it before it gets dark.”
            ― John Muir

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            • Babsbara
              Erfahren
              • 26.06.2013
              • 169
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

              Das war aber ein voll schöner Bericht! Ich beneide jeden, der so eine Tour mal "einfach zwischendurch" machen kann - mir fehlt immer irgendwie Zeit. Darum ist aber immer wieder nett, wenn man so an einem schönen Weg teilhaben kann.

              Danke und lG,
              Babs

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              • Gast-Avatar

                #8
                AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

                Schöne Variante des Harzer-Hexen-Stieges.

                Zitat von Babsbara Beitrag anzeigen
                Ich beneide jeden, der so eine Tour mal "einfach zwischendurch" machen kann - mir fehlt immer irgendwie Zeit.
                Da muss man Prioritäten setzen. Wenn man will, geht das schon.

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                • blitz-schlag-mann
                  Alter Hase
                  • 14.07.2008
                  • 4851
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

                  Super, der fertige Bericht. Da bekommt man doch glatt Lust, den Rucksack zu packen... :thumbup::thumbup::thumbup:

                  Viele Grüße
                  Ingmar
                  Viele Grüße
                  Ingmar

                  Kommentar


                  • FrankK
                    Erfahren
                    • 22.03.2011
                    • 254
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

                    Ja, das stimmt. Da bekommt man wirklich Lust und möchte gleich loswandern. Ich muss gestehen, dass der Harz mich noch nicht gesehen hat und ich ihn auch nicht. Aber er steht auf jeden Fall auf dem Plan. Und das es dort wunderschön ist sieht man hier ja auch wieder.

                    Viele Grüsse.

                    Frank.

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                    • Atze1407
                      Fuchs
                      • 02.07.2009
                      • 2425
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

                      Ich glaube, den Weg muss ich auch mal nehmen.

                      Schöner Bericht, Danke.
                      Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
                      Abraham Lincoln

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                      • TanteElfriede
                        Moderator
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                        • 15.11.2010
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                        #12
                        AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

                        ...wie Ingmar kenne ich den ersten Teil vom Eulenburgtrail... und habe den Abschnitt als sehr, sehr schön empfunden. Das ist ein schöner Teil vom Harz.
                        Teile der weiteren Strecke kannte ich auch. In dieser Komination und abfolge wiirklich sehr fein zusammengestellt.

                        Danke für den Bericht und die netten Impressionen.

                        @Babs: Wir haben so etwas doch noch auf dem Zettel... 2014 nehmen wir uns einfach die Zeit und los geht es!

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                        • lina
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                          • 12.07.2008
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                          #13
                          AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

                          Von mir auch vielen Dank! Stimmt, in den Harz könnte man auch wieder mal, so weit weg ist der ja gar nicht. Und Dein Bericht macht Lust, sofort loszuziehen!

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                          • Babsbara
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                            #14
                            AW: [DE] Variation eines Klassikers – Harzer Hexenstieg (Oktober 2013)

                            Zitat von TanteElfriede Beitrag anzeigen
                            @Babs: Wir haben so etwas doch noch auf dem Zettel... 2014 nehmen wir uns einfach die Zeit und los geht es!
                            2014 soll bei mir sowieso das Jahr des Viel- und Weit(er)wanderns werden. Leider wird es wohl auch das Jahr mit mehr Arbeitszeit und weniger Urlaubstagen. Aber wie chrischian schon gesagt hat: Man muss Prioritäten setzen. Hexenstieg, Malerweg, Rothaar - irgendwas machen wir!

                            LG,
                            Babs

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