Tourentyp | |
Lat | |
Lon | |
Mitreisende | |
Osterzeit, Skitourenzeit. Ich habe vier Tage frei bekommen und darf mich nach Lust und Laune in den Bergen herumtreiben. Leider sagt der Wetterbericht durchwachsenes bis mieses Wetter vorraus. Im Norden dauerhaft Regen mit Schneefallgrenze bis unter 1000m sinkend, im Süden und Westen der Schweiz wechselhaft, ebenfalls teilweise mit Regen. Zudem war der März viel zu warm, unterhalb von 2000m liegt schlichtweg kein Schnee mehr, was alle niedrige Ziele ausschliesst. Meine erste Idee, die gesamten vier Tage quer durch da Monte Rosa Gebiet zu wandern kann ich somit schon wieder vergessen. Bleiben Tagestouren oder kürzere Skitouren von hochgelegenen Hütten.
Freitag, 6.4.
Um 4 Uhr klingelt der Wecker, Material für Skitouren und fürs Zelten wandert ins Auto, um 5 Uhr fahr ich bei Nebel und Sprühregen ab Richtung Autoverlad Realp. Das Navi leitet mich zielstrebig über mir völlig unbekannte Nebenstrassen quer durchs Appenzeller Land und führt zu den ersten Aha-Effekten ("die Ecke kannte ich noch gar nicht"). Das Wetter bleibt mies, auch in Realp hängen dichte Wolken an den Berghängen. Im Wallis der gleiche trübe Anblick, aber je mehr ich Richtung Westen fahre, desto besser wird es. Oben am Simplonpass angekommen habe ich tatsächlich Sonnenschein und Schnee ab Hospitz.

Rechts im Bild das Hübschhorn, in der Bildmitte im Hintergrund die flache Rampe rauf zum Breithornpass (breiter Buckel am rechten Passrand)

Einer der Gründe warum Schneeschuhe in den Alpen Skiern unterlegen sind - Hangquerungen

Skipiste rauf zum Pass, in der Mitte das Breithorn

Beim Aufstieg - Blick in Richtung Westen mit Fletschhorn (links) sowie der Teile der Nadelkette sowie Dom und Täschhorn
Um 10:30 Uhr sind die Skier angelegt und ich folge der Skitrasse Richtung Breithornpass. Oben angekommen kann ich jedoch meine Idee, den Monte Leone zu besteigen, begraben. Im Wolkenmeer sieht man nichts und eine Gruppe von drei Dänen berichtet, dass sie den Aufstieg abbrechen mussten, da der Grat vereist und ungespurt war. Von den vielen Gruppen, die mir im Aufstieg entgegen kamen, war keine einzige dort. Also folge ich im Nebel einfach den Spuren des Mobs aufs Breithorn (3438m) und dann wieder runter ins Tal.

Gipfel im Nebel

Auf dem Rückweg, Blick Richtung Breithorn
Netterweise reisst die Wolkendecke ab Pass auf und ich kann im aufgeweichten Schnee noch ein paar frische Spuren legen. Unten dann eine Überraschung. Da ich recht spät dran bin, ist ausser mir niemand mehr unterwegs. Als ich jedoch um eine Kante herumfahre lande ich mitten in einer grossen Gruppe an Leute. Es ist eine Prozession mit 100-150 Teilnehmenr, welche allesamt mit Schneeschuhen vom Hospiz zu einem Felsen heraufgewandert ist. Die breite Schneise, die sie dabei im aufgeweichten Schneesumpf hinterlassen haben, eignet sich hervorragend für die restliche Abfahrt, denn im ungespurten Bereich säuft man gnadenlos bis auf die Grasfläche oder den steinigen Boden ab.

Hübschhorn, gesehen vom Pass.

Karfreitagsprozession, mehr Leute befinden sich bereits wieder beim Abstieg.
Nach einer kurzen Visite des ausgebuchten Hospiz beschliesse ich, das angekündigte schlechtere Wetter woanders abzuwarten. Unten in Visp nutze ich den freien Internetzugang von Mc Donalds um kurz das Wetter erneut zu prüfen. Die Lage hat sich leicht verändert mit einem schlechten Tag morgen und anschliessend wechselnder Bewölkung am So/Mo. Den Samstag könnte man für den Hüttenzustieg nutzen und dann zwei Tage Touren unternehmen. Also hoch nach Randa auf den dortigen Campinplatz, Zelt aufgebaut und den Abend verbracht

Bietschhorn bei Sonnenuntergang
Samstag, 7.4.

Ein Camper!
Der Wecker klingelt um 6:30 Uhr, aber das schlechte Wetter hört auch im Zelt, es regnet. Ein Blick raus zeigt eine dichte Wolkendecke ab 2000m, nicht wirklich ideale Bedingungen. Nach einer weiteren Runde Schlaf besorge ich mir für eine Stunde WiFi-Zugriff und lese den Wetterbericht sowie Tourenberichte aus der Ecke. Von der Monte Rosa Hütte aus könnte man starten, aber ob die noch freie Plätze hat ist ungewiss, da sie recht beliebt ist. Ein Anruf später und ich habe mein Plätzchen reserviert, bleibt nur noch der Zustieg. Ich könnte mit der Gornergratbahn ab Zermatt rauf und dann zur Hütte laufen, aber da das Wetter sich bessert beschliesse ich kurzfristig eine Alternativroute.

Schnappschuss aus der Kabinenbahn heraus (Matterhorn)

Und noch ein Schnappschuss - Breithorn und Roccia Nera
Das Auto wird in Täsch deponiert, mit der Bahn geht es dann zuerst nach Zermatt und dann weiter aufs Kleine Matterhorn. Dank der Menschenmassen an der Kabinenbahn verzögert sich alles, erst um 13 Uhr bin ich am Startpunkt auf 3800m. Schnellstmöglich quere ich rüber zum Breithorn, deponiere alles unnötige und erklimme den Burschen. Zwei Bilder und eine schnelle Abfahrt später wander ich dann mit vollem Gepäck weiter Richtung Schwarztor.

Vom Breithornplateau sieht der 4000er weniger imposant aus. Blick in Richtung Pollux und Co.
Dort holt mich dann eine Wolkenfront ein und nimmt mir bis auf kurze Momente die Sicht. Netterweise befindet sich eine Gruppe vor Ort, welche nicht nur ebenfalls dort runter sondern auch zur Hütte will. Ich überlasse ihnen die Spur- und Spaltensuche, da sie am Seil abfahren. Gemeinsam trudeln wir nach einer tollen Abfahrt unten auf dem Grenzgletscher ein und müssen erkennen, dass es 16:45 Uhr ist und zur Hütte noch 2km Luftline und 400Hm rauf zurückzulegen sind. Ich laufe vorraus und schlage dann bei dichtem Schneefall und Nebel gegen 17:45 Uhr auf der neuen Monte Rosa Hütte ein.

Abfahrt am Schwarztor

Seracs am Wegesrand

...und das Wetter macht dicht.

Für die Freunde des alpinen Sicherheitsthreads: So sieht eine Hütte bei mittelmässig miesem Wetter auf 50m Entfernung aus.

Und erst auf 30m Entfernung sieht man, dass da ein dreistöckiger Klotz steht, in dem 150 Leute Platz finden - die neue Monte Rosa Hütte.
Die Hütte ist warm, die Betten gross und es gibt Bier, was will man mehr. Nach dem Abendessn verschwinde ich gleich ins Bett, denn wenn das Wetter wie angekündigt wirklich Sontag halbwegs gut und Montag gut wird, muss man das nutzen.
Sonntag, 8.4.
Frühstück um 4.30 Uhr, dafür ein für Hütten aussergewöhnliche opulentes Essen. Es gibt O-Saft, Wurst und Käse (alles Selbstbedienung) sowie frisches selbstgebackenes Brot. Die Ernüchterung folgt vor der Hütte, Nebel und Schneefall sind angesagt. Nach einer kurzen Rücksprache mit anderen verkrieche ich mich wieder in die Koje, da keine Gruppe in Richtung Zumsteinspitze hoch will. Solo nachts bei solch einem Wetter auf einem Gletscher herumlatschen will ich nicht. Um 6:30 Uhr hat sich das Wetter gebessert und tatsächlich, unten rüstet sich eine Gruppe für die Zumsteinspitze.

Beim Übergang auf den Grenzgletscher (P. 3109) - Lyskamm bei Sonnenaufgang
Skier an, alles Gepäck mit, hinterher. Der Lyskamm zeigt sich heute von der unruhigen Seite, aus der Nordwand donnern einige grössere Eisabbrüche runter und hüllen teilweise den gesamte Gletscher in Eisnebel, aber auf der Spur selbst liegen keine Eisbrocken. Der Weg folgt dem Gletscher aufwärts, quert dann bei 3400m zum Lyskamm nach Süden hin und umgeht einen Gletscherbruch.

Die Wolken am Breithornmassive verheissen nichts Gutes.

Lyskammgipfel
Oben auf 3700m ist dann die Sicht weg, dafür pfeift ein höllisch kalter Wind. Auf 3800m treffe ich auf die anderen Gruppen, denn diese sind auf dem Rückzug. Die Sicht wird zwar besser, aber bei dem Wind sind Touren schlichtweg nicht drin. Also Felle runter, zurück zur Monte Rosa. Meine Idee, dem Gletscher bis auf 4200m und dann übers Lysjoch zur Gnifettihütte zu folgen kann ich vergessen. Bei Sturm, weggewehten Spuren und potentiell einsetzendem Nebel irrt man nicht im April auf der Höhe herum.

Aufschwung bei 3850m auf dem Grenzgletscher. Hier fliegt die Kuh, sinnlos da weiter zu gehen.

Wolkenfahnen am Breithorn zeigen, dass oben stürmischer Wind herrscht.

Auch in Richtung Westen hängen Wolkenfahnen an den hohen Bergen
Im Windschatten auf der Sonnenterasse der Hütte dann vergeht der Tag, während nacheinander aus allen Richtungen die Gruppen mit gleichen Kommentaren eintreffen. An der Dufourspitze war der Wind so stark, dass man die Skier festhalten musste, da sie sonst wegflogen. Am Jägerhorn ebenfalls Sturm, eine Lawine ging dann noch in Spurnähe runter, an der Cimba di Jazzi Null Sicht und Sturm.

Selbstgebackenes Brot wird zum Kühlen vor die Hütte gestellt.

Aufenthaltsraum der Monte Rosa Hütte
Von unten trudeln im Laufe des Tages immer wieder Gruppen ein, heute wird es voller als gestern. Besondere Aufmerksamkeit verursachen zwei Italiener mit UL-Ausrüstung und "Patrouille des Glaciers" Aufnähern. Mit ihren Carbonfaserstiefeln und Rennlatten heben sie sich doch vom Rest ab und ihre Freude über den erfolgreichen Hüttenzustieg begiessen sie kräftig. Im Laufe des Abends zeigt sich dann, dass die Kombination aus Höhe, wenig Flüssigkeit unterwegs und reichlich Wein suboptimal ist. EIgentlich wollen die Jungs noch runter ins Tal, scheitern jedoch kläglich beim Anlegen der Skier. Statt dessen eiern sie abwechselnd alternativ üebr die Sonnenterasse oder in voller Montur auf der Suche nach dem Partner quer durch den Aufenthaltsraum. Nachdem sich noch einer der beiden über das Geländer am Hütteneingang lehnt und die (nicht vorhandenen) Fische füttert ("Würfelhusten"), werden sie vom Wirt zwangsweise im Winterraum untergebracht.

Sonnenuntergang am Matterhorn
Montag, 9.4.
4:30 Uhr, Frühstück. Draussen scheint der Mond, der Himmel ist wolkenlos, es geht kein Wind. Sieht also endlich nach gutem Wetter und einem Gipfel aus. Auf den Grenzgletscher habe ich keine Lust, also wandere ich zusammen mit den anderen Gruppen rauf in Richtung Dufourspitze.

Frühmorgens, Lyskamm im Vollmondlicht.

Es wird langsam hell - Blick über den Grenzgletscher Richtung Zermatt
Schon beim Sonnenaufgang zeigen sich jedoch die ersten dicken Föhnfische, das nächste schlechte Wetter ist im Anmarsch. Und tatsächlich, je höher es geht, desto mieser wird es wieder. Das übliche Spiel, Wolken, Wind, Schneefall. Die 4000er Grenze überschreiten wird passenderweise zum Auftakt der Heliskier. Auf 4100m befindet sich ein Landeplatz, und dort spuckt alle paar Minuten ein Hubschrauber wieder einen Trupp zahlfreudiger Gäste aus, welche zwar in der Regel Lust auf die Abfahrt, aber keinerlei Interesse am Aufstieg haben.

Die ersten Sonnenstrahlen erreichen das Weisshorn.

Matterhorn und Dent d'Herens im ersten Licht

Föhnfisch über den Gipfeln im Westen - wieder ist schlechtes Wetter im Anmarsch.
Ein Heli bringt jedoch eine Gruppe mit, über die ich mich dann doch freue. Ein Bergführer mit zwei englischsprachigen Gästen am Seil quert rüber zur Spur und steigt Richtung Gipfel auf. Er folgt zunächst dem Tross bis zu einem kurzen steilen Aufschwung, den alle zu Fuss erklimmen müssen. Oben an der Kante herrscht Ratlosigkeit, denn dahinter befindet sich eine 20m breite Spalte.

Fröhlich ruppiges Seilgewirr auf 4400m.
Im Seilgewirr zerrt er seine Kunden dort rauf und während der Rest Alternativen diskutiert, versucht er der Kante entlang etwa 150m nach links zu folgen, denn dort geht die richtige Spur einen Trichter rauf. Alle drehen um, und so lege ich ebenfalls meine Eisen an, um wieder runterzusteigen. Ein letzter Tourengeher auf der Suche nach seiner Gruppe kommt dann zurückgetapst mit dem Satz "wo bleibt ihr, da geht es rüber...". Also Skier schultern und der Kante folgen und ja nicht zu weit in den weichen Schnee. Deutlich sieht man kleinere Löcher, die irgendwo tief ins Schwarze führen und geügend Raum für Freiflüge bieten. Am Ende des Weges heisst es dann Skier an und über eine etwa 50cm breite offene Spalte rüberzuwandern (mit Skiern kein Problem), dann sind wir wider auf der Originalroute.

Ausbruch nach links über die Eisrippe. Hier bitte keinen Walzer tanzen, unter dem Schnee verbirgt sich schon die Abrisskante.
Die restlichen hundert Höhenmeter spurt der Bergführer dann fleissig durch den Pulverschnee aufwärts und ich folge dem Dreierpaket gemütlich nach. Kurz unterm Silbersattel folgt eine abgeblasene Strecke, woran der erste der beiden Gäste scheitert. Auch nach viel Gezerre durch den Bergführer schafft er es nicht, weiter zu gehen und nachdem die mittlerweile eingetroffenen Gruppen 5 Minuten dem Gewürge zusehen durften, drehen sie um.

Ende der Tour - Silbersattel im Sturm.
Oben am Sattel dann das Spiel vom Vortag, Sturm, Schneegestöber, Nebel, keine realistische Chance, die restlichen Meter am Seil hochzuklettern und dann über den ausgesetzten Grat zum Hauptgipfel zu gelangen. Also Felle runter, Abfahrt. Diese entschädigt wirklich für den verpassten Gipfel. Zunächst steil durch unverspurte Hänge mit 30m Pulverschnee runter bis auf 4200m, dann weiter über flache Pulverschneehänge Richtung Hütte.

Blick zurück zum Sattel, die Spurt zieht sich von rechts nach links durch den Bruch.

"Skipiste" in Richtung Hütte.

Lyskamm mit Wetterfahne
Die wenigen verharschten Bereiche stellen kein Problem dar, man bleibt einfach in dem pistenmässig flach gefahrenen Bereich, den Touren- und Heliskifahrer hinterlassen haben. Auf der Hütte herrscht reges Treiben, die Terasse ist voll belegt, knapp die Hälfte der Leute sind mit Abfahrtskier ausgerüstet, also eindeutig per Heli angekommen. Man kann zu dem ganzez Zeug stehen wie man will, immerhin sorgen sie für Umsatz auf der Hütte, die Bergführer haben etwas zu tun und die Air Zermatt verdient auch etwas dazu.

Einstieg in die Route unterhalb der Hütte.

Übersicht der Achterbahnfahrt entlang des Bruchs.
Nach einem (Fast)gipfelbier kommt der wirklich entspannte Teil der Abfahrt. Ab Hütte folgt eine Spur zunächst am Rand eines Abbruchs des Grenzgletschers runter bis auf etwa 2600m und dann etwa 6km weit über diesen hinweg bis zum unteren Ende auf 2400m. Nach etwas Kurverei bedeutet dies entspanntes Gleiten, während links und rechts die Berge an einem vorüberziehen.

da ging es am Samstag runter - die Abfahrtsroute vom Schwarztor

Blick zurück, Gipfel in Wolken.
Die letzen 500m sind dann wieder etwas Achterbahn, herum um herausragende Felsen und dem Gletscherbach mit dem Highlight am Ende - dem Felsdurchbruch, den der Bach sich gegraben hat. Dabei handelt es sich um einen etwa 10m breiten Einschnitt im fels, welcher links und rechts von steilen Felswänden begrenzt wird. Solange genügend Schnee und Eis vorhanden ist kann man auf dem Bach die 200m durch die Klamm folgen.

Beim Eingang des Felsdurchbruchs. Das letzte Bild, dann gab der Akku nach 644 Bildern und rund 30 Minuten Videomaterial auf
Nach etwas Achterbahn in diesem Abschnitt geht es dann letztendlich dem Bach (Gornera) folgend bis zu einer Brücke auf 1945m, dann kurz zu Fuss etwas aufwärts und letztendlich der Skipiste folgend runter nach Zermatt, wo die Ostersktage leider enden.
Freitag, 6.4.
Um 4 Uhr klingelt der Wecker, Material für Skitouren und fürs Zelten wandert ins Auto, um 5 Uhr fahr ich bei Nebel und Sprühregen ab Richtung Autoverlad Realp. Das Navi leitet mich zielstrebig über mir völlig unbekannte Nebenstrassen quer durchs Appenzeller Land und führt zu den ersten Aha-Effekten ("die Ecke kannte ich noch gar nicht"). Das Wetter bleibt mies, auch in Realp hängen dichte Wolken an den Berghängen. Im Wallis der gleiche trübe Anblick, aber je mehr ich Richtung Westen fahre, desto besser wird es. Oben am Simplonpass angekommen habe ich tatsächlich Sonnenschein und Schnee ab Hospitz.

Rechts im Bild das Hübschhorn, in der Bildmitte im Hintergrund die flache Rampe rauf zum Breithornpass (breiter Buckel am rechten Passrand)

Einer der Gründe warum Schneeschuhe in den Alpen Skiern unterlegen sind - Hangquerungen

Skipiste rauf zum Pass, in der Mitte das Breithorn

Beim Aufstieg - Blick in Richtung Westen mit Fletschhorn (links) sowie der Teile der Nadelkette sowie Dom und Täschhorn
Um 10:30 Uhr sind die Skier angelegt und ich folge der Skitrasse Richtung Breithornpass. Oben angekommen kann ich jedoch meine Idee, den Monte Leone zu besteigen, begraben. Im Wolkenmeer sieht man nichts und eine Gruppe von drei Dänen berichtet, dass sie den Aufstieg abbrechen mussten, da der Grat vereist und ungespurt war. Von den vielen Gruppen, die mir im Aufstieg entgegen kamen, war keine einzige dort. Also folge ich im Nebel einfach den Spuren des Mobs aufs Breithorn (3438m) und dann wieder runter ins Tal.

Gipfel im Nebel

Auf dem Rückweg, Blick Richtung Breithorn
Netterweise reisst die Wolkendecke ab Pass auf und ich kann im aufgeweichten Schnee noch ein paar frische Spuren legen. Unten dann eine Überraschung. Da ich recht spät dran bin, ist ausser mir niemand mehr unterwegs. Als ich jedoch um eine Kante herumfahre lande ich mitten in einer grossen Gruppe an Leute. Es ist eine Prozession mit 100-150 Teilnehmenr, welche allesamt mit Schneeschuhen vom Hospiz zu einem Felsen heraufgewandert ist. Die breite Schneise, die sie dabei im aufgeweichten Schneesumpf hinterlassen haben, eignet sich hervorragend für die restliche Abfahrt, denn im ungespurten Bereich säuft man gnadenlos bis auf die Grasfläche oder den steinigen Boden ab.

Hübschhorn, gesehen vom Pass.

Karfreitagsprozession, mehr Leute befinden sich bereits wieder beim Abstieg.
Nach einer kurzen Visite des ausgebuchten Hospiz beschliesse ich, das angekündigte schlechtere Wetter woanders abzuwarten. Unten in Visp nutze ich den freien Internetzugang von Mc Donalds um kurz das Wetter erneut zu prüfen. Die Lage hat sich leicht verändert mit einem schlechten Tag morgen und anschliessend wechselnder Bewölkung am So/Mo. Den Samstag könnte man für den Hüttenzustieg nutzen und dann zwei Tage Touren unternehmen. Also hoch nach Randa auf den dortigen Campinplatz, Zelt aufgebaut und den Abend verbracht

Bietschhorn bei Sonnenuntergang
Samstag, 7.4.

Ein Camper!
Der Wecker klingelt um 6:30 Uhr, aber das schlechte Wetter hört auch im Zelt, es regnet. Ein Blick raus zeigt eine dichte Wolkendecke ab 2000m, nicht wirklich ideale Bedingungen. Nach einer weiteren Runde Schlaf besorge ich mir für eine Stunde WiFi-Zugriff und lese den Wetterbericht sowie Tourenberichte aus der Ecke. Von der Monte Rosa Hütte aus könnte man starten, aber ob die noch freie Plätze hat ist ungewiss, da sie recht beliebt ist. Ein Anruf später und ich habe mein Plätzchen reserviert, bleibt nur noch der Zustieg. Ich könnte mit der Gornergratbahn ab Zermatt rauf und dann zur Hütte laufen, aber da das Wetter sich bessert beschliesse ich kurzfristig eine Alternativroute.

Schnappschuss aus der Kabinenbahn heraus (Matterhorn)

Und noch ein Schnappschuss - Breithorn und Roccia Nera
Das Auto wird in Täsch deponiert, mit der Bahn geht es dann zuerst nach Zermatt und dann weiter aufs Kleine Matterhorn. Dank der Menschenmassen an der Kabinenbahn verzögert sich alles, erst um 13 Uhr bin ich am Startpunkt auf 3800m. Schnellstmöglich quere ich rüber zum Breithorn, deponiere alles unnötige und erklimme den Burschen. Zwei Bilder und eine schnelle Abfahrt später wander ich dann mit vollem Gepäck weiter Richtung Schwarztor.

Vom Breithornplateau sieht der 4000er weniger imposant aus. Blick in Richtung Pollux und Co.
Dort holt mich dann eine Wolkenfront ein und nimmt mir bis auf kurze Momente die Sicht. Netterweise befindet sich eine Gruppe vor Ort, welche nicht nur ebenfalls dort runter sondern auch zur Hütte will. Ich überlasse ihnen die Spur- und Spaltensuche, da sie am Seil abfahren. Gemeinsam trudeln wir nach einer tollen Abfahrt unten auf dem Grenzgletscher ein und müssen erkennen, dass es 16:45 Uhr ist und zur Hütte noch 2km Luftline und 400Hm rauf zurückzulegen sind. Ich laufe vorraus und schlage dann bei dichtem Schneefall und Nebel gegen 17:45 Uhr auf der neuen Monte Rosa Hütte ein.

Abfahrt am Schwarztor

Seracs am Wegesrand

...und das Wetter macht dicht.

Für die Freunde des alpinen Sicherheitsthreads: So sieht eine Hütte bei mittelmässig miesem Wetter auf 50m Entfernung aus.

Und erst auf 30m Entfernung sieht man, dass da ein dreistöckiger Klotz steht, in dem 150 Leute Platz finden - die neue Monte Rosa Hütte.
Die Hütte ist warm, die Betten gross und es gibt Bier, was will man mehr. Nach dem Abendessn verschwinde ich gleich ins Bett, denn wenn das Wetter wie angekündigt wirklich Sontag halbwegs gut und Montag gut wird, muss man das nutzen.
Sonntag, 8.4.
Frühstück um 4.30 Uhr, dafür ein für Hütten aussergewöhnliche opulentes Essen. Es gibt O-Saft, Wurst und Käse (alles Selbstbedienung) sowie frisches selbstgebackenes Brot. Die Ernüchterung folgt vor der Hütte, Nebel und Schneefall sind angesagt. Nach einer kurzen Rücksprache mit anderen verkrieche ich mich wieder in die Koje, da keine Gruppe in Richtung Zumsteinspitze hoch will. Solo nachts bei solch einem Wetter auf einem Gletscher herumlatschen will ich nicht. Um 6:30 Uhr hat sich das Wetter gebessert und tatsächlich, unten rüstet sich eine Gruppe für die Zumsteinspitze.

Beim Übergang auf den Grenzgletscher (P. 3109) - Lyskamm bei Sonnenaufgang
Skier an, alles Gepäck mit, hinterher. Der Lyskamm zeigt sich heute von der unruhigen Seite, aus der Nordwand donnern einige grössere Eisabbrüche runter und hüllen teilweise den gesamte Gletscher in Eisnebel, aber auf der Spur selbst liegen keine Eisbrocken. Der Weg folgt dem Gletscher aufwärts, quert dann bei 3400m zum Lyskamm nach Süden hin und umgeht einen Gletscherbruch.

Die Wolken am Breithornmassive verheissen nichts Gutes.

Lyskammgipfel
Oben auf 3700m ist dann die Sicht weg, dafür pfeift ein höllisch kalter Wind. Auf 3800m treffe ich auf die anderen Gruppen, denn diese sind auf dem Rückzug. Die Sicht wird zwar besser, aber bei dem Wind sind Touren schlichtweg nicht drin. Also Felle runter, zurück zur Monte Rosa. Meine Idee, dem Gletscher bis auf 4200m und dann übers Lysjoch zur Gnifettihütte zu folgen kann ich vergessen. Bei Sturm, weggewehten Spuren und potentiell einsetzendem Nebel irrt man nicht im April auf der Höhe herum.

Aufschwung bei 3850m auf dem Grenzgletscher. Hier fliegt die Kuh, sinnlos da weiter zu gehen.

Wolkenfahnen am Breithorn zeigen, dass oben stürmischer Wind herrscht.

Auch in Richtung Westen hängen Wolkenfahnen an den hohen Bergen
Im Windschatten auf der Sonnenterasse der Hütte dann vergeht der Tag, während nacheinander aus allen Richtungen die Gruppen mit gleichen Kommentaren eintreffen. An der Dufourspitze war der Wind so stark, dass man die Skier festhalten musste, da sie sonst wegflogen. Am Jägerhorn ebenfalls Sturm, eine Lawine ging dann noch in Spurnähe runter, an der Cimba di Jazzi Null Sicht und Sturm.

Selbstgebackenes Brot wird zum Kühlen vor die Hütte gestellt.

Aufenthaltsraum der Monte Rosa Hütte
Von unten trudeln im Laufe des Tages immer wieder Gruppen ein, heute wird es voller als gestern. Besondere Aufmerksamkeit verursachen zwei Italiener mit UL-Ausrüstung und "Patrouille des Glaciers" Aufnähern. Mit ihren Carbonfaserstiefeln und Rennlatten heben sie sich doch vom Rest ab und ihre Freude über den erfolgreichen Hüttenzustieg begiessen sie kräftig. Im Laufe des Abends zeigt sich dann, dass die Kombination aus Höhe, wenig Flüssigkeit unterwegs und reichlich Wein suboptimal ist. EIgentlich wollen die Jungs noch runter ins Tal, scheitern jedoch kläglich beim Anlegen der Skier. Statt dessen eiern sie abwechselnd alternativ üebr die Sonnenterasse oder in voller Montur auf der Suche nach dem Partner quer durch den Aufenthaltsraum. Nachdem sich noch einer der beiden über das Geländer am Hütteneingang lehnt und die (nicht vorhandenen) Fische füttert ("Würfelhusten"), werden sie vom Wirt zwangsweise im Winterraum untergebracht.

Sonnenuntergang am Matterhorn
Montag, 9.4.
4:30 Uhr, Frühstück. Draussen scheint der Mond, der Himmel ist wolkenlos, es geht kein Wind. Sieht also endlich nach gutem Wetter und einem Gipfel aus. Auf den Grenzgletscher habe ich keine Lust, also wandere ich zusammen mit den anderen Gruppen rauf in Richtung Dufourspitze.

Frühmorgens, Lyskamm im Vollmondlicht.

Es wird langsam hell - Blick über den Grenzgletscher Richtung Zermatt
Schon beim Sonnenaufgang zeigen sich jedoch die ersten dicken Föhnfische, das nächste schlechte Wetter ist im Anmarsch. Und tatsächlich, je höher es geht, desto mieser wird es wieder. Das übliche Spiel, Wolken, Wind, Schneefall. Die 4000er Grenze überschreiten wird passenderweise zum Auftakt der Heliskier. Auf 4100m befindet sich ein Landeplatz, und dort spuckt alle paar Minuten ein Hubschrauber wieder einen Trupp zahlfreudiger Gäste aus, welche zwar in der Regel Lust auf die Abfahrt, aber keinerlei Interesse am Aufstieg haben.

Die ersten Sonnenstrahlen erreichen das Weisshorn.

Matterhorn und Dent d'Herens im ersten Licht

Föhnfisch über den Gipfeln im Westen - wieder ist schlechtes Wetter im Anmarsch.
Ein Heli bringt jedoch eine Gruppe mit, über die ich mich dann doch freue. Ein Bergführer mit zwei englischsprachigen Gästen am Seil quert rüber zur Spur und steigt Richtung Gipfel auf. Er folgt zunächst dem Tross bis zu einem kurzen steilen Aufschwung, den alle zu Fuss erklimmen müssen. Oben an der Kante herrscht Ratlosigkeit, denn dahinter befindet sich eine 20m breite Spalte.

Fröhlich ruppiges Seilgewirr auf 4400m.
Im Seilgewirr zerrt er seine Kunden dort rauf und während der Rest Alternativen diskutiert, versucht er der Kante entlang etwa 150m nach links zu folgen, denn dort geht die richtige Spur einen Trichter rauf. Alle drehen um, und so lege ich ebenfalls meine Eisen an, um wieder runterzusteigen. Ein letzter Tourengeher auf der Suche nach seiner Gruppe kommt dann zurückgetapst mit dem Satz "wo bleibt ihr, da geht es rüber...". Also Skier schultern und der Kante folgen und ja nicht zu weit in den weichen Schnee. Deutlich sieht man kleinere Löcher, die irgendwo tief ins Schwarze führen und geügend Raum für Freiflüge bieten. Am Ende des Weges heisst es dann Skier an und über eine etwa 50cm breite offene Spalte rüberzuwandern (mit Skiern kein Problem), dann sind wir wider auf der Originalroute.

Ausbruch nach links über die Eisrippe. Hier bitte keinen Walzer tanzen, unter dem Schnee verbirgt sich schon die Abrisskante.
Die restlichen hundert Höhenmeter spurt der Bergführer dann fleissig durch den Pulverschnee aufwärts und ich folge dem Dreierpaket gemütlich nach. Kurz unterm Silbersattel folgt eine abgeblasene Strecke, woran der erste der beiden Gäste scheitert. Auch nach viel Gezerre durch den Bergführer schafft er es nicht, weiter zu gehen und nachdem die mittlerweile eingetroffenen Gruppen 5 Minuten dem Gewürge zusehen durften, drehen sie um.

Ende der Tour - Silbersattel im Sturm.
Oben am Sattel dann das Spiel vom Vortag, Sturm, Schneegestöber, Nebel, keine realistische Chance, die restlichen Meter am Seil hochzuklettern und dann über den ausgesetzten Grat zum Hauptgipfel zu gelangen. Also Felle runter, Abfahrt. Diese entschädigt wirklich für den verpassten Gipfel. Zunächst steil durch unverspurte Hänge mit 30m Pulverschnee runter bis auf 4200m, dann weiter über flache Pulverschneehänge Richtung Hütte.

Blick zurück zum Sattel, die Spurt zieht sich von rechts nach links durch den Bruch.

"Skipiste" in Richtung Hütte.

Lyskamm mit Wetterfahne
Die wenigen verharschten Bereiche stellen kein Problem dar, man bleibt einfach in dem pistenmässig flach gefahrenen Bereich, den Touren- und Heliskifahrer hinterlassen haben. Auf der Hütte herrscht reges Treiben, die Terasse ist voll belegt, knapp die Hälfte der Leute sind mit Abfahrtskier ausgerüstet, also eindeutig per Heli angekommen. Man kann zu dem ganzez Zeug stehen wie man will, immerhin sorgen sie für Umsatz auf der Hütte, die Bergführer haben etwas zu tun und die Air Zermatt verdient auch etwas dazu.

Einstieg in die Route unterhalb der Hütte.

Übersicht der Achterbahnfahrt entlang des Bruchs.
Nach einem (Fast)gipfelbier kommt der wirklich entspannte Teil der Abfahrt. Ab Hütte folgt eine Spur zunächst am Rand eines Abbruchs des Grenzgletschers runter bis auf etwa 2600m und dann etwa 6km weit über diesen hinweg bis zum unteren Ende auf 2400m. Nach etwas Kurverei bedeutet dies entspanntes Gleiten, während links und rechts die Berge an einem vorüberziehen.

da ging es am Samstag runter - die Abfahrtsroute vom Schwarztor

Blick zurück, Gipfel in Wolken.
Die letzen 500m sind dann wieder etwas Achterbahn, herum um herausragende Felsen und dem Gletscherbach mit dem Highlight am Ende - dem Felsdurchbruch, den der Bach sich gegraben hat. Dabei handelt es sich um einen etwa 10m breiten Einschnitt im fels, welcher links und rechts von steilen Felswänden begrenzt wird. Solange genügend Schnee und Eis vorhanden ist kann man auf dem Bach die 200m durch die Klamm folgen.

Beim Eingang des Felsdurchbruchs. Das letzte Bild, dann gab der Akku nach 644 Bildern und rund 30 Minuten Videomaterial auf
Nach etwas Achterbahn in diesem Abschnitt geht es dann letztendlich dem Bach (Gornera) folgend bis zu einer Brücke auf 1945m, dann kurz zu Fuss etwas aufwärts und letztendlich der Skipiste folgend runter nach Zermatt, wo die Ostersktage leider enden.
Kommentar