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Der Nordpol Brandenburgs liegt nördlich von Wismar, aber trotzdem am Südhang einer Bergkette? Dieses an Absurditäten bestimmt nicht arme Bundesland versteht es immer wieder, noch einen draufzusetzen.
Doch der genaue Punkt liegt im Dunkeln. Es gibt keinen Gedenkstein, keine Erklärtafel, ja nicht einmal einen markanten Grenzstein. So endete ein erster stümperhafter Versuch, im Alleingang den Nordpol zu lokalisieren, im Herbst 2012 zwischen Brennesseln und Brombeergestrüpp.
Nach fünfeinhalb Jahre gründlichster Vorbereitung startete im Februar 2018 ein zweiter Versuch, diesmal im Zweierteam mit Codenascher.
Nechlin ist kein französischer Reifenhersteller, sondern der nördlichste Haltepunkt Brandenburgs zwischen Berlin und Stralsund. Mehr Bemerkenswertes lässt sich über dieses Dorf nicht sagen, außer dass es schneite, als wir an einem Samstagmorgen Ende Februar als einzige Fahrgäste aus dem Zug ausstiegen.
Der winterliche Spuk war jedoch bald vorbei, und bald arbeiteten wir uns bei Sonnenschein zwischen dem stetigen Fuff-Fuff-Fuff von Dutzenden Windkraftanlagen nach Nordwesten vor. Und es werden noch mehr:
"Guck mal, die Modellbahnanlage hat ja gar keinen Bahnhof!"
"Doch, der ist im Haus. Unterirdisch. Das ist der Bahnhof Wilsickow 21."
Hinter Wilsickow räumte Codenascher noch "quick and dirty" einen trivialen Geocache ab, bevor wir einen nicht eingestürzten Teil der Autobahn A20 überquerten.
Damit betraten wir zum ersten Mal das Territorium jenes Bundeslandes, das offenbar als so exotisch gilt, dass es 2018 Partnerland der Internationalen (!) Tourismus-Börse Berlin wurde: Mecklenburg-Vorpommern. Historisch betrachtet gehörte die Ecke aber noch zum Landkreis Prenzlau und damit zu Brandenburg.
Wismar ließen wirlinks westlich liegen, nur der Kirchturm ließ sich sehen. Kein Wunder, bei 133 Einwohnern ist der Speckgürtel dieses Ortsteils der Gemeinde Uckerland nicht besonders raumgreifend. (Das Bild stammt von der ersten Nordpol-Expedition 2012.)
In Groß Luckow wurden wir schon freudig erwartet, und zwar vom Mops Fidel. Der lief uns um die Beine herum und war auch nicht dadurch zu irritieren, dass er ab und zu einen Stupser mit den Schuhen abbekam, als wir wieder Tempo aufnahmen.
Wir waren schon dabei, Wetten abzugeben, wie weit er uns wohl aus dem Ort begleiten würde, als hinter uns ein Auto angesaust kam. "Wie lang hat er euch denn schon begleitet?", rief uns der Fahrer zu, nachdem er abrupt neben uns gehalten hatte. "Na, so 300 Meter" antwortete ich. "Du bist vielleicht ein selten blöder Hund", sagte er zu Fidel, der sein Herrchen so dement anstarrte, wie es nur Möpse können. Der sammelte ihn ein und verfrachtete ihn in den Beifahrer-Fußraum, was er aber genauso klaglos hinnahm wie unsere Fußtritte.
Nun ja, vielleicht hatte der Hund zuviel an unserem nächsten Zwischenziel genascht, dem Demenz-See. Der lag am Fuß der Rosenthaler "Stauchendmoräne" - wieder so ein schönes Geologenwort - und ist ein abflussloser eiszeitlicher Rinnensee, dem man die 26 Meter Wassertiefe auf den ersten Blick gar nicht zutrauen würde.
Endlich erreichten wir die Polarregion. Bedauerlicherweise hat das nur einige Dutzend Meter entfernt gelegene Restaurant "Zum Burgwall" nicht das touristische Potenzial erkannt, das im "Nordpol Brandenburgs" schlummert. Nichts weist auf diesen Punkt hin. Ob es vielleicht daran liegt, dass das Restaurant schon in Meck-Pomm liegt? Jedenfalls blieb nur eine Lösung: Ab ins Unterholz östlich der Landesstraße 32. Dort erwartete uns nicht nur das übliche Streugut der Autofahrer vom Kaffeebecher bis zum Glasflaschen, sondern auch ein kleiner Tümpel.
Freundliche Vermesserhände waren uns zuvorgekommen und hatten drei Grenzmarkierungspunkte mit gut sichtbaren Holzstangen markiert. Der nördlichste davon (N 53° 33' 32.7" O 13 ° 47' 59.8") passte auch auch fast zu der Grenze, wie sie bei Openstreetmap eingezeichnet ist. Daneben lag noch ein behauener Stein, der in aufgerichteter Form das Zeug zum Grenzstein gehabt hätte.
Wir beschlossen mangels besserer Anhaltspunkte, dass dies jetzt der Nordpol Brandenburgs ist, und markierten ihn mit historischem Leergut.
Nach Wildschweinschnitzel und "Knusperbrot" (=Flammkuchen auf Fladenbrot) im Restaurant Burgwall nahmen wir uns den Burgwall selbst vor. Viel war nicht zu erkennen. Es rächte sich wieder einmal, dass die Slawen mit Holz gebaut haben.
Eine Maus, fast so groß wie ein Goldhamster, beobachtete uns neugierig. Wahrscheinlich gibt es hier in der Peripherie zweier Bundesländer sonst wenig Besucher zu sehen.
Selbst der Geocache auf dem Gipfel war seit Wochen unberührt.
Obwohl es für die Gegend nur eine Kompass-Karte gibt, fanden wir schnell einen geeigneten Platz für die Nacht ("Nicht die Wege verlassen!"). Bei minus 8 Grad wurde mein WM Lynx seit langem wieder artgerecht ausgeführt, während Codenascher im Apachen noch nachzwiebeln musste.
Am Morgen hatte sich der klare Himmel natürlich wieder verzogen, und es setzte immer stärkerer Schneefall ein.
Schnell räumten wir die Zelte ab und machten uns auf den Weg zurück zum Bahnanschluss nach Berlin. Auf gut Glück folgten wir den sich anbietenden Wegen in Richtung Osten - die Kompass-Karte war nur eine beschränkte Hilfe, und Openstreetmap kannte gerade einmal die Straßen.
Trotz des Schneetreibens konnten wir die in dieser Ecke kaum zu erwartende Hügellandschaft bewundern. Der höchste Berg erreicht hier knapp 130 Meter, 70 bis 80 Meter über dem Umland.
An der Bundesstraße 109 verabschiedete sich Codenascher zum Bahnhof Jatznick, während ich noch gemäß Plan A bis nach Torgelow lief. Meine Annahme, dort eine malerische Backstein-Altstadt vorzufinden, war, jedoch grundfalsch. Torgelow ist eine aufstrebende sozialistische Stadt, nur ohne Sozialismus und ohne Aufstreben.
Es war nur ein schwacher Trost, dass im Winter ein stillschweigend geduldeter Fußweg durch das Freilichtmuseum Ukranenland existiert.
Doch der genaue Punkt liegt im Dunkeln. Es gibt keinen Gedenkstein, keine Erklärtafel, ja nicht einmal einen markanten Grenzstein. So endete ein erster stümperhafter Versuch, im Alleingang den Nordpol zu lokalisieren, im Herbst 2012 zwischen Brennesseln und Brombeergestrüpp.
Nach fünfeinhalb Jahre gründlichster Vorbereitung startete im Februar 2018 ein zweiter Versuch, diesmal im Zweierteam mit Codenascher.
Nechlin ist kein französischer Reifenhersteller, sondern der nördlichste Haltepunkt Brandenburgs zwischen Berlin und Stralsund. Mehr Bemerkenswertes lässt sich über dieses Dorf nicht sagen, außer dass es schneite, als wir an einem Samstagmorgen Ende Februar als einzige Fahrgäste aus dem Zug ausstiegen.
Der winterliche Spuk war jedoch bald vorbei, und bald arbeiteten wir uns bei Sonnenschein zwischen dem stetigen Fuff-Fuff-Fuff von Dutzenden Windkraftanlagen nach Nordwesten vor. Und es werden noch mehr:
"Guck mal, die Modellbahnanlage hat ja gar keinen Bahnhof!"
"Doch, der ist im Haus. Unterirdisch. Das ist der Bahnhof Wilsickow 21."
Hinter Wilsickow räumte Codenascher noch "quick and dirty" einen trivialen Geocache ab, bevor wir einen nicht eingestürzten Teil der Autobahn A20 überquerten.
Damit betraten wir zum ersten Mal das Territorium jenes Bundeslandes, das offenbar als so exotisch gilt, dass es 2018 Partnerland der Internationalen (!) Tourismus-Börse Berlin wurde: Mecklenburg-Vorpommern. Historisch betrachtet gehörte die Ecke aber noch zum Landkreis Prenzlau und damit zu Brandenburg.
Wismar ließen wir
In Groß Luckow wurden wir schon freudig erwartet, und zwar vom Mops Fidel. Der lief uns um die Beine herum und war auch nicht dadurch zu irritieren, dass er ab und zu einen Stupser mit den Schuhen abbekam, als wir wieder Tempo aufnahmen.
Wir waren schon dabei, Wetten abzugeben, wie weit er uns wohl aus dem Ort begleiten würde, als hinter uns ein Auto angesaust kam. "Wie lang hat er euch denn schon begleitet?", rief uns der Fahrer zu, nachdem er abrupt neben uns gehalten hatte. "Na, so 300 Meter" antwortete ich. "Du bist vielleicht ein selten blöder Hund", sagte er zu Fidel, der sein Herrchen so dement anstarrte, wie es nur Möpse können. Der sammelte ihn ein und verfrachtete ihn in den Beifahrer-Fußraum, was er aber genauso klaglos hinnahm wie unsere Fußtritte.
Nun ja, vielleicht hatte der Hund zuviel an unserem nächsten Zwischenziel genascht, dem Demenz-See. Der lag am Fuß der Rosenthaler "Stauchendmoräne" - wieder so ein schönes Geologenwort - und ist ein abflussloser eiszeitlicher Rinnensee, dem man die 26 Meter Wassertiefe auf den ersten Blick gar nicht zutrauen würde.
Endlich erreichten wir die Polarregion. Bedauerlicherweise hat das nur einige Dutzend Meter entfernt gelegene Restaurant "Zum Burgwall" nicht das touristische Potenzial erkannt, das im "Nordpol Brandenburgs" schlummert. Nichts weist auf diesen Punkt hin. Ob es vielleicht daran liegt, dass das Restaurant schon in Meck-Pomm liegt? Jedenfalls blieb nur eine Lösung: Ab ins Unterholz östlich der Landesstraße 32. Dort erwartete uns nicht nur das übliche Streugut der Autofahrer vom Kaffeebecher bis zum Glasflaschen, sondern auch ein kleiner Tümpel.
Freundliche Vermesserhände waren uns zuvorgekommen und hatten drei Grenzmarkierungspunkte mit gut sichtbaren Holzstangen markiert. Der nördlichste davon (N 53° 33' 32.7" O 13 ° 47' 59.8") passte auch auch fast zu der Grenze, wie sie bei Openstreetmap eingezeichnet ist. Daneben lag noch ein behauener Stein, der in aufgerichteter Form das Zeug zum Grenzstein gehabt hätte.
Wir beschlossen mangels besserer Anhaltspunkte, dass dies jetzt der Nordpol Brandenburgs ist, und markierten ihn mit historischem Leergut.
Nach Wildschweinschnitzel und "Knusperbrot" (=Flammkuchen auf Fladenbrot) im Restaurant Burgwall nahmen wir uns den Burgwall selbst vor. Viel war nicht zu erkennen. Es rächte sich wieder einmal, dass die Slawen mit Holz gebaut haben.
Eine Maus, fast so groß wie ein Goldhamster, beobachtete uns neugierig. Wahrscheinlich gibt es hier in der Peripherie zweier Bundesländer sonst wenig Besucher zu sehen.
Selbst der Geocache auf dem Gipfel war seit Wochen unberührt.
Obwohl es für die Gegend nur eine Kompass-Karte gibt, fanden wir schnell einen geeigneten Platz für die Nacht ("Nicht die Wege verlassen!"). Bei minus 8 Grad wurde mein WM Lynx seit langem wieder artgerecht ausgeführt, während Codenascher im Apachen noch nachzwiebeln musste.
Am Morgen hatte sich der klare Himmel natürlich wieder verzogen, und es setzte immer stärkerer Schneefall ein.
Schnell räumten wir die Zelte ab und machten uns auf den Weg zurück zum Bahnanschluss nach Berlin. Auf gut Glück folgten wir den sich anbietenden Wegen in Richtung Osten - die Kompass-Karte war nur eine beschränkte Hilfe, und Openstreetmap kannte gerade einmal die Straßen.
Trotz des Schneetreibens konnten wir die in dieser Ecke kaum zu erwartende Hügellandschaft bewundern. Der höchste Berg erreicht hier knapp 130 Meter, 70 bis 80 Meter über dem Umland.
An der Bundesstraße 109 verabschiedete sich Codenascher zum Bahnhof Jatznick, während ich noch gemäß Plan A bis nach Torgelow lief. Meine Annahme, dort eine malerische Backstein-Altstadt vorzufinden, war, jedoch grundfalsch. Torgelow ist eine aufstrebende sozialistische Stadt, nur ohne Sozialismus und ohne Aufstreben.
Es war nur ein schwacher Trost, dass im Winter ein stillschweigend geduldeter Fußweg durch das Freilichtmuseum Ukranenland existiert.
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