Chammroute Säntis

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    Chammroute Säntis

    Moin,
    ich hab mal wieder eine Route, die ich zu den eher unbekannten Anstiegen zähle - die Chammroute am Säntis. Sie wird im Vergleich zum Normalanstieg von der Schwägalp aus eher selten begangen und besitzt auf der gesamten Strecke keinerlei technische Versicherungen wie Stahlseile, Leitern oder künstliche Tritte.
    Auf die Route wurde ich durch Michael Boos vor einigen Jahren aufmerksam gemacht, mit dem Hinweis, dass es sich um einen sehr schönen Anstieg im Winter handelt. Hier mal ein paar Bilder und Eindrücke.


    Punkt 1 - Ausrüstung:
    Steigeisen, 2 Eisbeile, Helm. Für die Sicherung des Nachsteigers womöglich ein 30m Halbseil. Für die Variante (Gipfelturm direkt) würde ich zwei Halbseile, ein paar Exen, zwei oder drei Klemmkeile und ein oder zwei Friends einpacken.


    Punkt 2 - Grobe Route:
    Startpunkt ist die Schwägalp. Vom Restaurant aus folgt man einem Winterwanderweg und erklimmt dann über ein kurzes Steilstück einen Kamm, der sich bis zum Masiv des Säntis hinzieht. Vom dortigen Einstiegspunkt folgt man dem Hang durch Rinnen bzw. ebeneren Zwischenpassagen aufwärts, bis man den Grat erreicht, der vom Öhrli aus kommend sich zum Säntis herüber zieht. Man steigt dann dicht am Fels haltend etwa 50 Hm ab, quert zum Blauschnee und erreicht dann in deiner kleinen Kerbe unterhalb des Gipfelaufbaus den Normalweg. Ab dort geht es dann noch die letzten Hm am Stahlseil rauf zur Bahn.


    Die Route von der Schwägalp aus gesehen.

    Schwierigkeiten (im Winter):
    Abhängig von der Schneesituation wühlt man sich entweder durch nicht tragenden Schnee aufwärts oder kann über eine stabile Firnauflage emporsteigen. Knietiefer Schnee bremst beim Ausrutschen, Firn bedeutet bei einem Fehler den sicheren Abflug bis nach unten. Dafür muss bei Neuschnee die Lawinengefahr weitaus stärker beachtet werden als nach langen Trockenperioden. Sicherungsmöglichkeiten existieren quasi nicht, lediglich einen Nachsteiger kann man mit straff gespannten Seil gegen Absturz sichern. Die Wand hat über weite Teile grob 30-35° Gefälle, einzelne Abschnitte erreichen aber auch mal 55° Neigung.
    Der Untergrund besteht aus Kalk, welcher bis weit nach oben mit Grasflächen durchzogen ist. Gefrorene Grasbüschel sind dann auch immer mal wieder die einzigen Punkte bei wenig Schnee, wo Beile und Eisen sicher Halt finden.
    Reguläre Knackpunkte sind eine Querung im oberen Drittel, bei man einem Band schräg nach rechts oben folgen muss sowie die anschliessende Rinne (2- bis 2, nicht wirklich sicherbar). Zur Not kann hier aber über ein breites Band in Richtung unterer Stützpfeiler der Bahn und weiter um Normalweg ausgebrochen werden.
    Nicht reguläre Knackpunkte bieten Verhauer (siehe auch Bilder). Dann steht man schnell im Dreiergelände und darf entweder umdrehen oder 10 bis 20 Hm durchbeissen, bis man einfacheres Gelände erreicht. Ein Hoch auf jeden Grasbüschel, den man dann antrifft.

    Tourenbericht:
    Sa. 17.01.09., Im Norden nix Neues. Seit Wochen kein Neuschnee, die Pulverhänge entweder zerpflügt oder zu Eis erstarrt, bäää für Skitour. Am Sonntag soll zudem die Schönwetterlage einbrechen, also bleibt ein Tag für einen Ausflug.
    8:00 Uhr - 100% bedeckter Himmel, sieht nicht wirklich gut aus. Der Wetterbericht muss sich im Zeitpunkt gerirrt haben, an dem die Schlechtwetterfront eintrifft. Also eben in der Bude herumkramen, was solls.
    10:00 Uhr - wo sind die Wolken hin und verdammt, nu ist es zu spät, oder nicht? Blick auf den Fahrplan der Säntisbahn, 17 Uhr fährt die Letzte. Bleiben 7h für packen, Anfahrt und Tour, wird knapp.
    11:40 Uhr Abmarsch an der Schwägalp, rüber zum Chamm

    Der Einstieg beginnt am Felskopf und zieht sich nach rechts rauf (entlang des Schneebands)


    12:00 Uhr Die ersten Meter mit Eisen zeigen schon gleich, was weiter geboten wird. Ein kurzer steilerer Quergang, dann die erste Rampe rauf mit einer kleinen Nase mit 55°. Der weitere Weg folgt der im Aufstieg sichtbaren Rinne und ist relativ einfach.

    Blick von unten in die "Rinne" sowie ein Blick nach Westen.


    Erster kurzer steilerer Aufschwung - knapp 50°


    "Mixed" der anderen Sorte, hält aber bombig.

    ca 13 Uhr. Verheddert, Juchei. Ich steh am oberen Ende eines Rinnenabschnitts an einem Felsriegel und kann entweder lässig nach links mich hinaus tasten, oder den dort beginnenden Felsgrat angehen. Der Fels sieht gut aus, also direkt aufi. (der Teil entpuppt sich dann auch als spassiger Abstecher)

    Blick auf den Weg nach links und den Kopf vor mir.


    ca 13:30 Uhr Verheddert, Mist. Die Rinne verengt sich und endet 15m weiter oben in einem Felsriegel. Netterweise existiert zwar ein kleiner Durchschlupf, aber da sitzt eine Wechte drin und grinst mich an. Ein kurzer Aufstieg und zwei Ausbrechversuche auf den Grat rechts davon zeigen: Nei, das wird hier nix. Zu steil, kaum Griffe und Tritte, und dann ein unbekannt verlaufender Grat. Also wieder runter, Ausbruch nach links in eine steilere Zone, welche sich um einen Felskopf herum zieht. Sieht auch mies aus, der Firn ist unterhölt und trägt nicht, k.A. ob darunter nun Stufen sind oder es sich um eine blanke Felsplatte bis runter handelt. Also wieder Umkehr. Zwischendrin dann der dritte Anlauf. Eine schmale Vertiefung 3m rauf, dabei immer schön den morschen Schnee entfernt und Stufen gesucht (Auch gefrorener Dreck bietet Beilen Halt). Am Felriegel dann eine ebenso schmale Rinne steil nach links rauf (die ist zum Glück sehr ausgeprägt und bietet einige Griffe), dann einmal etwas wackelig in eine Verschneidung hinein und hoch geklemmt, ein wackeliger Tritt ohne guten Halt, zwei, drei weitere interessante Bewegungen und schon bin ich wieder im steilen, mit Gras durchsetzten Mix. Die Beile haben wieder Halt, die Füsse auch, aufi


    Blick runter auf die Ackerstelle #2, einmal mit Routenverlauf.


    Auf dem oberen Band, mit sicht auf die letzte Querung und Rinne (im Bild rechts)


    Die Querung (da ist mir beim ersten Mal ein Steigeisen abgefallen. Unangenehm, echt)


    ca 14:30 Uhr die letzte schwierigere Passage kommt näher. Nachdem ich einen breiten Abschnitt mit wenig Gefälle hinter mich gebracht habe, folgt nun eine Querung und die finale Rinne. Die Querung ist dank Firn problemlos, wenn auch steil, zudem sind noch ein paar alte Spuren von anderen Leuten im Firn eingegraben und bieten Halt. Auch der untere Teil der Rinne ist unspannend, lediglich von oben rieseln Eisstücke und Kieselsteine herab. Im mittleren teil dann noch einmal Spass. Der Fels ist relativ blank gefegt, aber leider gilt das auch für den Ausstieg in den oberen Teil. Also ein paar nette Tritte folgend nach rechts raus auf den Grat (so wie früher schon einmal) und wieder steh ich im Dreck. 50° steil ist der Grat und gerade so abgeblasen, dass man nicht im Firn klettern kann, aber auch nicht den Untergrund sieht. Super gelöst, Herr Beck, die Rinne wäre doch vielleicht das kleinere Übel gewesen. Also erneut mit den Beilen hochtasten und die Spitzen am Fels platt hauen, bis 10m weiter oben endlich griffiger Firn auftaucht. Dann noch eben vom Grat in die Rinne zurück gequert (super Herr Beck, man sieht nix und die Beile halten auch nicht wirklich), dann ist der Rest Ehrensache. Im starken Fön hoch zur Kante, runter zum Blauschnee und dann die Eisenstiegen rauf zur Bahn.


    Rinne. in rot der Orginalweg, blau mein Abstecher.


    Oberhalb der Rinne, man quert nur nach links auf die Schulter raus.


    Kurzer Abstieg, ein paar Meter - Ziel in Sicht. Zweite Ansicht ist mit direktem Zustieg auf den Gipfel.


    15:30 Uhr - Touchdown und Begrüssung durch einen Bahnmitarbeiter ("Hab Dich von der Bahn aus g'sehn, wie isses denn?"), die Kleiderfarbe ist also korrekt, man verliert mich nicht so leicht

    Papagei

    Alex
    Zuletzt geändert von Becks; 26.01.2009, 23:32.
    After much research, consideration, and experimentation, I have decided that adulthood is nothing for me. Thank you for the opportunity.

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    #2
    AW: Chammroute Säntis

    Sehr cool!

    Und das Timing erst...

    Gruß, Martin
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    • cd
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      #3
      AW: Chammroute Säntis

      Goile Tour!
      Eine echte Becks-Aktion

      chris

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      • Becks
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        #4
        AW: Chammroute Säntis

        Alles halb so wild. Ok, im Januar kurz vor 12 Uhr in ne Nordwand einsteigen ist ungewöhnlich, aber ich hab die mit Michi schon mal früh morgens gemacht - und war mittags wieder in Konstanz.

        Ausserdem - Taschenlampe ist dabei gewesen, ich hätte mich nur hocharbeiten müssen. Am Gipfel steht ein beheizter Klotz mit 3 Restaurants und nem Hotel. Wenn die dicht sind, wurst. In Winterausrüstung penn ich in nem geheizten Raum auch ohne Decke.

        Alex
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        • jeskodan
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          #5
          AW: Chammroute Säntis

          Mal ne kleine frage was für ein steigeisen hast du für die Route verwendet.
          danke

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          • Becks
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            #6
            AW: Chammroute Säntis

            Grivel Airtech. Ist ja kein massives Eis wie auf nem Gletscher, sondern lediglich stark verfirnter Schnee gewesen.

            Bei den beilen würd ich auch nix nehmen, was man nicht auch mal herzhaft auf nen Fels hauen kann (ohne in Tränen auszubrechen).


            Alex
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