Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

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  • Becks
    Freak

    Liebt das Forum
    • 11.10.2001
    • 19612
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    • Meine Reisen

    AW: Berg- und Kletter-Unfälle

    Zitat von TilmannG Beitrag anzeigen
    Becks Ausführung zur Routenfindung sind absolut korrekt, nur seine 100% Zuversicht, damit bis zur Hütte zu gelangen, teile ich nicht ganz.
    Oh doch, ich teile die mit mir. Seit ich vor einigen Jahren mal auf 4000m im Biwaksack im Wind im Oktober bei -5°C oder so eine Nacht herumgesessen bin, weil wir um 22 Uhr abends im Taschenlampenlicht den Weg über den grossen Gendarm zw. Obergabelhorn und Wellenkuppe nicht mehr entdeckt haben und ich danach 6 Monate lang gefühlslose Knie hatte, habe ich mir geschworen: ich laufe lieber weiter und biwakiere nicht noch einmal.
    After much research, consideration, and experimentation, I have decided that adulthood is nothing for me. Thank you for the opportunity.

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    • Schoenwettersportler
      Erfahren
      • 08.07.2016
      • 427
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      • Meine Reisen

      AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

      Zitat von opa Beitrag anzeigen
      das sind die geschichten, die man nicht nur anderen erzählt, sondern auch sich selbst, die man sich selbst auch glaubt und die - ich formuliere äußerst vorsichtig - höchstens zum teil stimmen.
      [..]
      - eine gewisse senastionslust
      - ein stück weit das gefühl und die bestätigung, es selbst besser gekonnt zu haben
      - und daraus eine gewisse selbstversicherung, dass einem das selbst nicht hätte pasieren können.
      Klar, aber auch wenn alle von dir genannten Punkte zutreffen, lässt sich die Schuldfrage dennoch von den Ursachen trennen. Und diese Trennung finde ich wichtig.

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      • Vegareve
        Freak

        Liebt das Forum
        • 19.08.2009
        • 14389
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        • Meine Reisen

        AW: Berg- und Kletter-Unfälle

        OT:
        Zitat von Becks Beitrag anzeigen
        und ich danach 6 Monate lang gefühlslose Knie hatte, habe ich mir geschworen: ich laufe lieber weiter und biwakiere nicht noch einmal.
        Es ist aber besser, erfrorere Knie zu haben als abzustürzen. Im Terrain von Obergabelhorn warscheinlich die richtige Entscheidung gewesen.
        "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

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        • rumpelstil
          Alter Hase
          • 12.05.2013
          • 2701
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          • Meine Reisen

          AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

          Zitat von opa Beitrag anzeigen
          die hauptgründe, dass nach einem unfall die beiträge (nicht nur hier, wahrscheinlich überall) hochtreiben, sind meiner meiner meinung nach - und ich nehme mich da selbst keinesfalls aus!:

          - eine gewisse senastionslust
          - ein stück weit das gefühl und die bestätigung, es selbst besser gekonnt zu haben
          - und daraus eine gewisse selbstversicherung, dass einem das selbst nicht hätte pasieren können.
          Hmm... ich weiss nicht..
          Was mich betrifft: Ich glaube tatsächlich nicht, dass ich es besser gekonnt hätte (deswegen mache ich kaum Skihochtouren). Ich fürchte , dass ich vor allem nicht genügend klar hätte denken können, um die Energie aufzubringen, die Führung zu übernehmen (oder jemanden in die Führungsposition zu leiten), eindeutig und seriös zu orten und zu leiten und dass ich auch nicht unbedingt die richtigen Entscheidungen getroffen hätte.
          Meine Erfahrung ist: Wenn ich nicht sowieso die "Führungsrolle" inne habe und dann eine Situation ein Stück weit entgleist, neige ich tendenziell dazu, Dinge "mit mir geschehen zu lassen". Die Führungsrolle übernehme ich, wenn ich mich weitgehend sicher fühle, das richtige zu tun.
          Ich weiss nicht, ob ich in der Situation "die richtige Idee" gehabt hätte.

          Ich behaupte tatsächlich, hier mitzulesen, um etwas zu lernen. Aber was genau ist "Sensationslust"? Sicher nicht "hurra, denen ist etwas passiert", das ist sicher bei niemandem hier der Fall. Ich habe auch - ausser bei einer Ausnahme - nicht den Eindruck, dass es hier darum geht, die Verunglückten als "Deppen" zu diffamieren.

          Für mich stellt sich tatsächlich immer wieder die Frage, sei es auf Ski oder am Fels: Was darf ich machen? Wofür bin ich gut genug? Woran kann ich lernen? Wie werde ich besser, sicherer? Wo bin ich souverän?
          Ich bin tendenziell die "Memme, die im 3.Grad nach dem Seil schreit". Aber genau derjenige, der dies so abwertend schreibt, es also für übertriebende Vorsicht hält, die Verunfallten als Leute, die dort nicht hingehören, diffamiert. Woher wollen wir das wissen und wer beurteilt dies?

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          • Bergzebra
            Erfahren
            • 18.02.2013
            • 285
            • Privat

            • Meine Reisen

            AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

            Um einmal etwas von der "Ursachenforschung" wegzukommen und trotzdem beim Thema zu bleiben:

            Was hilft einem die beste Ausrüstung und die beste Erfahrung, wenn einem in der Situation die eigene Psyche selbst irgendwann den Stinkefinger zeigt.

            Wenn ich in den nächsten Sätzen das Wort "Wer" verwende, dann im Sinne "Wer, wenn er in dieser Situation ist".

            Kaum einer von uns kennt die psychische Stabilität seiner Tourbegleiter bzw. Schicksalsgenossen in einer primär existentiell lebensbedrohlichen Situation.

            Und an einem selbst?

            Ich denke da an die eher scherzhafte Radiomeldung: "Auf der Autobahn XY befindet sich ein Geisterfahrer" und der Fahrer im Auto denkt: "Einer? Ne, hunderte". Ist man selbst das Problem, oder die "Anderen"?

            Wann wird aus dem zuvor noch vorhandenen Vollprofi ein Häufchen Elend und wer erkennt es und wann? Wer aus der "Schicksalsumgebung" ist anfällig dafür?

            Wo ist die Grenze zwischen Hektikhandlungen und Panikhandlungen? An einem selbst oder bei anderen?

            Wer fühlt sich gruppendynamisch verantwortlich, wenn bei einem oder mehreren in der Gruppe die Situation aus dem Ruder läuft. In einer kleinen Seilschaft ist dies meist sofort klar, aber in einer größeren Gruppe? Wer läuft mental schon längst im Überlastmodus und Keine(r) merkt es oder meint solange es die anderen nicht merken kann es noch nicht so schlimm sein?

            Wann schaltet man die Umgebung aus, um des eigenen Überlebens willen? Diese Situation ist in den weiter oben verlinkten Interviews sauber beschrieben. Irgendwann fällt die Entscheidung nur noch an das eigene Überleben zu denken (manche machen dies um 0:01 Uhr, andere um 11:59:59 Uhr der "Situationsuhr"). Es gibt weit mehr Leute als man denkt, bei denen startet der eigene Überlebensegoismus schon kurz nach 0 Uhr.

            Wo ist der "Schalter" bei sich selbst oder bei den Schicksalsgenossen, den man wieder aus der Stellung OFF nach ON umlegen muss? Und welcher Schalter ist es überhaupt?

            Ein Zitat von meiner Homepage zur selbst erlebten Schneekatastrophe am Thorong La (43 Tote, 175 -Schwer-Verletzte, laut Wikipedia).

            Schlagartig wird mir bewusst, dass ich seit der „weißen Wolke“ unmittelbar nach dem Thorong La Pass die ganze Zeit nur noch als 100% konzentrierte Maschine funktioniert habe. Deutlich mehr als eine Stunde immer nur konzentriert, alles in der Umwelt und Umgebung beobachten, die Anderen beobachten, beobachten, wie die Anderen einem selber beobachten, Fehler erkennen, Gefahrenlagen erkennen, Gefahrenlagen einschätzen, Entscheidungen treffen, Entscheidungen umsetzen deren Erfolgschancen geschweige denn deren Richtigkeit man nicht kennt, Hauptsache entscheiden, Sicherheit verbreiten, ein gegenseitiges Aufschaukeln von Unsicherheiten verhindern, nichts übersehen, versuchen Fehler anderer zu verhindern, Fehlerrisiken anderen einzuschätzen, Gefährdungen anderer auszuschließen, Risikoabwägungen treffen und vieles mehr und dann alles immer wieder von vorne.


            Es macht keinen Spass, wie damals in Gesichter von eigentlich physisch stabilen Personen zu blicken, die einem am liebsten sagen würden: "Ja mei, dann halt im nächsten Leben". Gesichter/Menschen, die im engen Tunnel schweigend mit sich selbst im Gespräch vertieft waren.

            In der Hoffnung, dass Keine(r) die/der dies hier liest jemals je solch eine Situation wie im Thread überstehen muss.
            Schaffe Dir Erinnerungen bevor Du nur noch diese hast!

            Nur heute wärmt uns das Feuer, gestern war es Holz und morgen wird es Asche sein.
            (Autor unbekannt)

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            • Vegareve
              Freak

              Liebt das Forum
              • 19.08.2009
              • 14389
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              • Meine Reisen

              AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

              Danke, Bergzebra. Ich war selten in richtig brenzligen Situationen (mit einer Ausnahme, wo ich auf dem Beifahrersitz sass und mich innerhalb von wenigen Sekunden vom Leben verabschiedet habe). Meistens hat man einen Adrenalinschub, wenn etwas passiert, ich weiss, dass ich da zunächst relativ ruhig und klar bleibe. Aber danach? Konnte ich noch nicht testen, aber zB, die Kälte macht mich persönlich fertig, ich bin da ziemlich schwach und habe bei halb erfrorenen Händen schon öfters vor mich hin geheult. Wie lange ich es in so einem Sturm mental aushalten würde, keine Ahnung. Becks hat seine Grenzen mehr als einmal testen können, viele von uns nicht.
              Da hilft vielleicht, schon zuhause, wie jetzt, sich mit solchen Szenarien auseinander zu setzen.
              "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

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              • opa
                Lebt im Forum
                • 21.07.2004
                • 6732
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                • Meine Reisen

                AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                Zitat von dierike Beitrag anzeigen

                Und gerade alpinklettterer scheint mir derjenige zu sein, der hier am meisten (als einziger?) mit dem Schuldbegriff um sich wirft, daher verstehe ich nicht, dass Du einerseits seine Worte verteidigst und andererseits genau solche Worte für Dich auf der Wolke ablehnst.
                hm- verstehe ich nicht ganz deine kritik - den schuldbegriff habe ich gar nicht vewendet, geschweige denn diskutiert. ist eh ein komisches wort, würde ich eher nicht verwenden.

                ein bisschen genervt hat es mich, dass alpinkletterer hier mit worten wie, ich meine "ekelhaft" bedacht worden ist, obwohl er asu meiner sicht durchaus positionen vertreten hat, die man so vertreten kann, auch, ich wiederhole mich, wenn es nicht meine sind. iwiewweit der "herzhafte" pfälzer sound im ton der sache angemessen ist, kann man diskutieren. ist schon ein stück weit eine sache vom feeling, sieht wahrscheinlich jeder anders. er kritisiert ja relativ allgemein gewisse entwicklungen im bergsport,die ihm aufstoßen. das würde mich, um im bild zu bleiben, auf meiner wolke sitzend wahrscheinlich weniger stören, als haarklein vorexerzeirt zu bekommen, was ich falsch gemacht habe.

                etwas deutlicher: wenn hier mit skizzen etc. diskutiert wird, wie die sache glimpflicher abgelaufen wäre könnte ein sensiber angehöriger zwischen den zeilen reininterpretieren: "da hat der papa ganz schön viel mist gebaut, sonst könnte er noch leben." finde ich ein stück weit unelegant zu zeiten, wo betroffene noch im krankenhaus um ihr leben kämpfen.

                was die beschäftigung mit unfällen angeht, kann man da sicher einiges draus lernen, aber ich bleibe dabei: zu 80% senationslust, schadenfreude, selbstbeweihräuchherung und selbstversicherung, zu 20% lerneffekt. was ich nicht schlecht finde - auch schadenfreude hat sicher ihren sinn, sonst hätte die evolution sie nicht erfunden, und wenn 20% lerneffekt bleiben, ist das schon viel. krasses beispiel: habe selbst zwei bände von schubert (großes manifest der schadenfreude) gelesen und herzhaft gelacht bei der geschichte des mannes, der sich am dach über die anhängerkupplung selbst gesichert hat. und dann ist die frau weggefahren. wer da nicht lacht (schadenfreude) hat anspruch auf einen heiligenschein.

                möchte nicht falsch verstanden werden, habe nichts dagegen, dass hier unfälle diskutiert werden. das scheinheilige getue mit "nur um daraus zu lernen" geht mir allerdings schon ein bisschen auf den zeiger. letzendlich sollte einfach mal jeder kurz in sich gehen, wo seine eigentlichen beweggründe liegen (kleiner tipp: meistens sind sie niedriger, als man vor sich selbst zugibt). würde schon helfen, dass manches so nicht gesagt wird, wie es gesagt wird.

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                • Mus
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                  • 13.08.2011
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                  AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                  Zitat von Vegareve Beitrag anzeigen
                  Da hilft vielleicht, schon zuhause, wie jetzt, sich mit solchen Szenarien auseinander zu setzen.
                  Ganz sicher tut es das.
                  Und ich dachte bisher auch immer, dass genau das der Sinn der verschiedenen Threads ist, die sich hier mit Problemen/Scheitern/Unfällen beschäftigen. Wie sonst, soll man den dazu lernen und die eigene Entscheidungsfähigkeit verbessern, wenn man immer aus Rücksichtsnahme Alles in Schweigen und sanfte Trostworte hüllt? Einmal aus Gründen der Piätät gegenüber der Verstrobenen, einmal, weil man ja nicht alle Details kennt, einmal, weil es unfair ist, sich auf die Detail zu berufen, die der Schreiber so mutig offengelegt hat, einmal, weil man ein ODSler ja nicht so bloßstellen darft, einmal.....
                  Also mich persönlich nervt ja nix so sehr, als wenn ich zuschauen muss, wie andere genau in die gleiche Falle treten, wie ich zuvor.
                  Mit Schuld und Besserwisserei oder gar Sensationslust hat das gar nix zu tun. Ich denke wir wissen doch, dass wir alle auch schon in Situationen waren, in denen man dann plötzlich Dinge tut, die man sich selbst im Nachhinein und auf Abstand betrachtet nicht erklären kann und dazu muss man noch nicht mal unbedingt physisch und/oder psychisch am Ende sein. Wenn wenigstens andere daraus lernen können - wenigstens etwas. Noch besser - wenn ich selbst ebenfalls noch die Möglichkeit habe, daraus zu lernen.

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                  • opa
                    Lebt im Forum
                    • 21.07.2004
                    • 6732
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                    AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                    Zitat von Bergzebra Beitrag anzeigen

                    Kaum einer von uns kennt die psychische Stabilität seiner Tourbegleiter bzw. Schicksalsgenossen in einer primär existentiell lebensbedrohlichen Situation.
                    bekommst du nie zu 100% in den griff. hängt ja von vielem ab, auch von der tagsform. aber - und da bin ich durchaus ein stück weit bei alpinkletterer: in einer gut eingespielten zweier-seilschaft bist du da schon nahe dran.

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                    • Vegareve
                      Freak

                      Liebt das Forum
                      • 19.08.2009
                      • 14389
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                      AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                      Zitat von opa Beitrag anzeigen

                      etwas deutlicher: wenn hier mit skizzen etc. diskutiert wird, wie die sache glimpflicher abgelaufen wäre könnte ein sensiber angehöriger zwischen den zeilen reininterpretieren: "da hat der papa ganz schön viel mist gebaut, sonst könnte er noch leben." finde ich ein stück weit unelegant zu zeiten, wo betroffene noch im krankenhaus um ihr leben kämpfen.
                      Kann man auch so sehen. Oder auch anders (wäre ich betroffen, würde ich mich nicht ins Netz tummeln und dabei ist dieser Thread sehr sachlich, habt ihr die ganzen Kommentare unter den verlinkten Artikeln gelesen ?).
                      Oder man kann, als Betroffener, auch verstehen wollen, was passiert ist, das hilft manchem auch zur Aufarbeitung. Ist im Grunde nicht unsere Sache einzuschätzen.
                      "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

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                      • Mus
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                        • 13.08.2011
                        • 13116
                        • Privat

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                        AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                        Zitat von opa Beitrag anzeigen
                        etwas deutlicher: wenn hier mit skizzen etc. diskutiert wird, wie die sache glimpflicher abgelaufen wäre könnte ein sensiber angehöriger zwischen den zeilen reininterpretieren: "da hat der papa ganz schön viel mist gebaut, sonst könnte er noch leben." finde ich ein stück weit unelegant zu zeiten, wo betroffene noch im krankenhaus um ihr leben kämpfen.
                        Hier zu diskutieren oder es bleiben zu lassen macht die Verunglückten weder tot noch lebendig. Wenn dadurch aber nur einer von denen die (stumm) mitlesen daraus lernen kann (und sei es nur, dass ihm die ganze Sache zu hoch ist und er sich lieber von solcherlei Unternehmungen fern hält), dann hat es sich schon gelohnt.
                        Angehörige in der ersten Trauerphase werden hier wohl kaum mitlesen, sondern sich von solchen Foren, wie von Zeitung, Radio, Fernsehn... fernhalten, wenn es sie zu sehr belastet. Später kommt dieses "wenn er doch nur ..., dann könnte er noch..." so oder so, unabhängig von dem was wir hier schreiben. Das ist Teil des normalen Trauerprozesses.
                        Genau wie die später einsetzende Erkenntnis, dass eben jeder mal nicht immer so kann und tut wie man vielleicht könnte. Die Ungerechtigkeit des Lebens ist, dass das mal mit weniger, mal mit mehr und mal mit schlimmsten Folgen geschieht, den Teil haben wir alle nicht in der Hand.

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                        • Bergzebra
                          Erfahren
                          • 18.02.2013
                          • 285
                          • Privat

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                          AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                          Zitat von opa Beitrag anzeigen
                          bekommst du nie zu 100% in den griff. hängt ja von vielem ab, auch von der tagsform. aber - und da bin ich durchaus ein stück weit bei alpinkletterer: in einer gut eingespielten zweier-seilschaft bist du da schon nahe dran.
                          Richtig, aber wenigsten sollte man versuchen lange einen großen Abstand zum 0%-Wert zu halten.

                          Zitat von Vegareve Beitrag anzeigen
                          Wie lange ich es in so einem Sturm mental aushalten würde, keine Ahnung. Becks hat seine Grenzen mehr als einmal testen können, viele von uns nicht.
                          Da hilft vielleicht, schon zuhause, wie jetzt, sich mit solchen Szenarien auseinander zu setzen.
                          Nicht darüber nachdenken, ob man es aushalten würde, sondern sich sich mental darauf vorbereiten, dass das mentale Überstehen solch einer Situation dann alternativlos ist (Salopp ausgedrückt: "Panik rutsch mir den Buckel runter!"). Ob es dann körperlich auch mit dem Überleben klappt, ist eine andere Sache.

                          Und es macht einen riesen Unterschied, ob die Situation ein paar Augenblicke, ein paar Stunden oder ein paar Tage dauert bzw. ein Ende der Situation nicht abzusehen ist.
                          Schaffe Dir Erinnerungen bevor Du nur noch diese hast!

                          Nur heute wärmt uns das Feuer, gestern war es Holz und morgen wird es Asche sein.
                          (Autor unbekannt)

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                          • rumpelstil
                            Alter Hase
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                            • Meine Reisen

                            AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                            Was ich an der Diskussion von Unfällen hier sehr angenehm finde:
                            Ich kann über den Hergang sehr distanziert nachdenken, weil ich niemanden der Beteiligten kenne.

                            Bei Unfällen, Rettungen und heiklen Situationen generell wurde bei uns beim Arbeiten nachher immer "Manöverkritik" durchgeführt, und zwar genau aus dem Grund: Um aus der Situation zu lernen. Das war jeweils sinnvoll und notwendig, aber oft unangenehm, weil man zumindest einen Teil der Betroffenen kannte.
                            Von diesen Diskussionen kann ich klar sagen: Da war ganz sicher keine Sensationslust dabei.

                            Ich behaupte deshalb, dass mich hier zumindest nicht primär die Sensationslust antreibt.

                            Angenehm in diesem Forum finde ich, dass die Diskussionen weitgehend sehr sachlich sind. Solche verfallen nämlich sehr leicht in Anschuldigungen (siehe Kommentare unter den Artikeln). Und ich bin froh darüber, wenn die saloppen Verurteiler hier auch Gegenwind bekommen.

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                            • Vegareve
                              Freak

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                              • 19.08.2009
                              • 14389
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                              AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                              Bergzebra: das Wort "ob" habe ich auch nicht benutzt . Natürlich gibt es keine Alternative, als so lange wie möglich zu kämpfen und dabei möchlichst die richtigen Entscheidungen zu treffen.
                              "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

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                                • 31.10.2012
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                                AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                Zitat von opa Beitrag anzeigen
                                er kritisiert ja relativ allgemein gewisse entwicklungen im bergsport,die ihm aufstoßen. das würde mich, um im bild zu bleiben, auf meiner wolke sitzend wahrscheinlich weniger stören, als haarklein vorexerzeirt zu bekommen, was ich falsch gemacht habe.
                                Er unterstellt mit seiner Kritik, vor allem im hiesigen Zusammenhang, dass die Verunglückten die von ihm angesprochene Mentalität hatten und die entsprechenden Fehler gemacht hätten - ohne Kenntnis der tatsächlichen Vorgänge. Das Ganze garniert mit absolut überzeugendem Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit sowie einer Portion Verschwörungstheorie bzw. alternativer Fakten lässt mich und anscheinend auch andere an seiner Reflektionsfähigkeit zweifeln.
                                Auch wenn einige Beiträge, die sich mit der konkreten Situation statt mit Verallgemeinerungen befassen, durchaus an Klugscheißerei grenzen und eine gewisse Sensationslust (im Sinne von "da ist was passiert und ich hab auch eine Meinung dazu") nicht zu verleugnen ist, bieten sie meiner Meinung einen deutlichen Mehrwert zur Verhütung solcher Unfälle als irgendwelche Allgemeinplätze aus der "selber schuld und überhaupt finde ich..."-Ecke.

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                                • dierike
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                                  • 06.12.2008
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                                  AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                  Je nach spiritueller Ausrichtung kann man aber davon ausgehen, dass weder Verstorbene von ihrer Wolke aus hier lesen noch die Angehörigen. Und wenn Angehörige: ich denke, es geht kaum irgendwo in den Weiten des Internets so zivilisiert, sachlich und respektvoll zu wie hier (Stichwort: Kommentarfunktion unter Bild, Focus, Spiegel online...) auch wenn es da natürlich immer Luft nach oben gibt.

                                  (@opa: "Vorexerziert zu bekommen, was ich falsch gemacht habe" habe ich -durchaus frei-mit Fehler/Schuldvorwürfe übersetzt. Und genau diese doch eher geringschätzig formulierten Schuldzuweisungen seitens a. wurden ja kritisiert. Das wiederum hattest Du ja erst einmal mehr oder weniger verteidigt. Das empfand ich als widersprüchlich. Aber das ist ein unwichtiger Nebenschauplatz, daher meinerseits gerne beendet).

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                                  • opa
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                                    • 21.07.2004
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                                    AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                    Zitat von dierike Beitrag anzeigen
                                    Je nach spiritueller Ausrichtung kann man aber davon ausgehen, dass weder Verstorbene von ihrer Wolke aus hier lesen noch die Angehörigen. Und wenn Angehörige: ich denke, es geht kaum irgendwo in den Weiten des Internets so zivilisiert, sachlich und respektvoll zu wie hier (Stichwort: Kommentarfunktion unter Bild, Focus, Spiegel online...) auch wenn es da natürlich immer Luft nach oben gibt.

                                    (@opa: "Vorexerziert zu bekommen, was ich falsch gemacht habe" habe ich -durchaus frei-mit Fehler/Schuldvorwürfe übersetzt. Und genau diese doch eher geringschätzig formulierten Schuldzuweisungen seitens a. wurden ja kritisiert. Das wiederum hattest Du ja erst einmal mehr oder weniger verteidigt. Das empfand ich als widersprüchlich. Aber das ist ein unwichtiger Nebenschauplatz, daher meinerseits gerne beendet).
                                    so moralisch-ethisch gesehen, unter berücksichtigung des kategorischen imperativs heißt das, glaube ich, auf fachchinesisch, ist es allerdings ein bisschen zweifelhaft, zu sagen: "die lesen eh nicht mit, also kann ich schreiben, was ich will". vielleicht tut der ein oder andere angehörige es sich doch an, google anzuwerfen. und was die verstorbenen angeht - keine ahnung - habe es nicht so mit der spiritualität. aber man weiß ja nie, und erzählen, ob sie mitlesen oder nicht , können sie ja leider nicht mehr.

                                    schlimmer geht natürlich immer. was waren das doch für zeiten, als die zeitung leserbriefe einfach nicht veröffentlichen konnte ... (ach, was bin ich alt, ich erinnere mich da tatsächlich noch daran)

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                                      AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                      Zitat von opa Beitrag anzeigen
                                      ist es allerdings ein bisschen zweifelhaft, zu sagen: "die lesen eh nicht mit, also kann ich schreiben, was ich will". v
                                      Mensch, opa, lass doch mal die Kirche im Dorf. Natürlich bleibt so ein Thread öffentlich und kann von jedem gelesen werden, aber hier wurde kaum was geschrieben, worüber man sich schämen sollte. Es ist auch nicht das erste Mal, dass man über Unfälle diskutiert/analysiert (ich bin auf ODS gestossen, als ich den Bergtod von Rahel Liu am Innominata Grat gegoogelt habe; sie war hier auch Mitglied und über ihren Erfrierungstod wurde auch hier diskutiert).

                                      Es ist auch eine natürliche Reaktion des Menschen, angesichts einer in dieser Grösse eher unüblichen Tragödie Logik und Vernunft einbringen zu wollen, um die ganze Sache etwas erträglicher zu machen. Wie sonst sollte man auf der nächsten Tour aufbrechen?
                                      "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

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                                        Zitat von opa Beitrag anzeigen
                                        schlimmer geht natürlich immer. was waren das doch für zeiten, als die zeitung leserbriefe einfach nicht veröffentlichen konnte ... (ach, was bin ich alt, ich erinnere mich da tatsächlich noch daran)
                                        OT: das ginge auch in der digitalen Zeit, die Kommentarfunktion unter den Artikeln kann auch deaktiviert werden; und die Kommentare sind moderiert, auch wenn man das bei einigen Kommentaren nicht glauben kann.

                                        Vieles würde hier aus ODS halt nicht stehen bleiben. Ein Hoch auf unser Moderatorenteam.

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                                        • opa
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                                          • 21.07.2004
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                                          Zitat von Vegareve Beitrag anzeigen

                                          Es ist auch eine natürliche Reaktion des Menschen, angesichts einer in dieser Grösse eher unüblichen Tragödie Logik und Vernunft einbringen zu wollen, um die ganze Sache etwas erträglicher zu machen. Wie sonst sollte man auf der nächsten Tour aufbrechen?
                                          genau - meine rede! man stellt fest, dass man die situation deutlich besser im griff gehabt hätte - habe es glaube ich (bin zu faul zum nachschauen), etwas geschwollen als selbstvergewisserung bezeichnet. und schon bricht man deutlich beruhigter zur nächsten tour auf..

                                          äh ja, ich lasse die kirche doch im dorf! diese dauernden hinweise, dass man unfälle nur deshalb diskutiert, um daraus zu lernen, einfach mal sein lassen - das glaubt eh keiner, wahrscheinlich nicht mal die , die es schreiben. beim schreiben kurz draüber nachdenken, dass sich unfälle herrlich eignen, um sich ein bisschen selbst zu beweihräuchern und mit dem gedanken nochmal drüberlesen, bevor man auf antworten klickt.teilzeitabenteurer hat da ja den begriff der klugscheißerei eingeführt - habe ich mir unter aufbietung meiner gesamten willenskraft die ganze zeit verkniffen. und vielleicht auch mal dran denken, wie es bei einem angehörigen ankommen würde. zu mehr will ich doch gar nicht anregen.

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