Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

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  • rumpelstil
    Alter Hase
    • 12.05.2013
    • 2701
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    • Meine Reisen

    AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

    Zitat von TilmannG Beitrag anzeigen
    Rumpelstil hatte sich mit deiner Quelle beschäftigt, nicht dich kritisiert!
    Und herausgearbeitet, dass eigentlich jede Meldung, die wir von dem Unfall bekommen, Bewertungen oder Interpretationen enthält. Dass ist angesichts der Dramatik irgenwie auch nicht verwunderlich.
    Genau deswegen versuchen einige hier, Informationen zu sammeln und zusammenzuführen (Fotos, Wetterdaten, Aussagen von Opfern und Rettern/deren Vorgesetzten...). Auch dabei kommt es zu Wertungen.
    Genau darum geht es mir: Jede Information, die wir enthalten, ist mindestens zu einem gewissen Grad subjektiv, dh. enthält Interpretation. Sogar die Aussagen eines Beteiligten.

    Angenehm ist es (und das passiert hier weitgehend), wenn deklariert wird, was man woher hat (Quellen) und welches die eigenen Überlegungen dazu sind.

    Wenn nur zitiert (z.B. Artikel verlinkt) und nicht reflektiert wird, dann verhindert man mE Lerneffekte.

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    • AlfBerlin
      Lebt im Forum
      • 16.09.2013
      • 5073
      • Privat

      • Meine Reisen

      AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

      Becks hat Recht, dass es in erster Linie darum geht, zu vermeiden in den vorhersehbaren Sturm zu kommen. Wenn das nicht gelingt, ist man mit Tagestourenausrüstung in einer Survivalsitutation.

      Ein Mensch in Ruhe erzeugt nur ungefähr 100 Watt wärme. Wer noch fit genug ist, sich zu bewegen, kann bestenfalls einige hundert Watt Wärme erzeugen. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, stürmischem Wind und mangelnder Wärmeisolation (zu dünn und durchgeschwitzt) wird es da schnell kritisch.

      In einer Gruppe sollte das Überleben leichter werden als einzeln, weil man Windschutz, Isolation und Wärme teilen könnte. 3kg Gruppenausrüstung (2 Schlafsäcke und großer Windsack) könnten die Situation noch einmal erheblich verbessern.

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      • Meerlie
        Gerne im Forum
        • 31.05.2016
        • 50
        • Privat

        • Meine Reisen

        AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

        Hier noch ein Bericht eines Bergsteigers, der zwar nicht bei den Unglücksgruppen dabei, aber zur selben Zeit vor Ort war (aus der Aargauerzeitung vor 13 Stunden):

        https://www.aargauerzeitung.ch/schwe...nden-132532798

        Diese Aussage: "Den Österreichern bot sich ein bizarres Bild. Während einige kaum ansprechbar waren, machten andere einen unversehrten Eindruck." gibt auch zu denken.

        Wieso gibt es eigentlich von den sieben Überlebenden nur eine einzige Darstellung des Geschehens (die des Italieners)? Wollen die anderen nichts dazu sagen? Was haben sie anders gemacht, dass sie zum Teil "beinahe unversehrt" waren, obwohl doch die Situation für alle gleich war?

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        • Vegareve
          Freak

          Liebt das Forum
          • 19.08.2009
          • 14389
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          • Meine Reisen

          AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

          Zitat von Meerlie Beitrag anzeigen
          Hier noch ein Bericht eines Bergsteigers, der zwar nicht bei den Unglücksgruppen dabei, aber zur selben Zeit vor Ort war (aus der Aargauerzeitung vor 13 Stunden):

          https://www.aargauerzeitung.ch/schwe...nden-132532798
          Danke für den Link, ein guter Artikel. Er zeigt auch, dass einige der Überlegungen von, unter anderem, Becks, ziemlich richtig waren: der Bergsteiger, von dem hier die Rede ist, ist vom Tal zur Hütte aufgestiegen, also die Alternativroute, die hier schon ziemlich am Anfang als eine Lösung dargestellt wurde. Die Tatsache, dass sie sich am Schluss nicht richtig eingegraben haben, wird hier auch als unverständlich dargestellt. "Laut dem SAC-Sicherheitsspezialisten Mosimann, der die Gegend kennt, hätte die Gruppe nur 500 Meter zurückgehen müssen, um sich durch ein in den Schnee gegrabenes Biwak vor Wind und Schnee zu schützen."

          Die Aussage des italienischen Bergführerbüros "Bis um 9.30 Uhr seien das Wetter und die Sicht gut gewesen. Das würden Bilder von Alpinisten, die zu dieser Zeit am Berg waren, beweisen. Zudem sei die geplante Etappe vor der angekündigten Wetterverschlechterung zu meistern gewesen." finde ich immer noch ziemlich verwunderlich. Die Route dauert offiziell 6 Std, die gängigen Wetterseiten haben aber für den Mittag schon starker Sturm angesagt, mit zunehmender Stärke im Laufe des Tages. Da seelenruhig um 6,30 zu starten ist eben nicht ganz der beste Zeitplan. Bei einem angekündigten Föhnzusammenbruch plant man auch nicht zu knapp.

          Für die anderen Fragen haben wir auch keine Antworten, warum wer in welcher Verfassung war ist sicher für die Staatsanwaltschaft interessant, für mich als Bergsteiger der was lernen möchte, irrelevant. Über die ganze Sache bin ich immer noch ziemlich bestürzt.
          "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

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          • sudobringbeer
            Administrator

            Administrator
            Fuchs
            • 20.05.2016
            • 2488
            • Privat

            • Meine Reisen

            AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

            Komplettes Interview mit einem Überlebenden nach kostenloser Anmeldung:
            https://nzzas.nzz.ch/hintergrund/wal...den-ld.1383499

            - Bergführer hat nur wenig mit der Gruppe über die Pläne diskutiert
            - Start 5:30 Uhr
            - Bergführer weiss vom Wetterumschwung und sagt sie laufen so lange wie es geht und entscheiden dann
            - Tagesplan BEI START war Nacamuli (ca. 10 Stunden!)
            - um 12 Uhr hat der Bergführer die Orientierung verloren
            - Der Bergführer hatte selbst KEIN GPS und sein Satelittentelefon funktioniert NICHT
            - Der italienischen Bergführerverbands widerspricht und sagt der Bergführer sei perfekt ausgerüstet gewesen, mit GPS, Satellitentelefon und einem Smartphone mit topografischen Karten
            - Der Überlebende ist der Einzige mit einem GPS und er FÜHRT nun die Gruppe. Auch der Bergführer läuft hinterher.
            - Der Überlebende konnte auf dem GPS die Schwierigkeit des Geländes nicht einschätzen
            - Die Frau des Bergführers habe sich verabschiedet, um eine Mulde zu graben (starb ebenfalls)

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            • TilmannG
              Fuchs
              • 29.10.2013
              • 1334
              • Privat

              • Meine Reisen

              AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

              Danke für den Link. Wirklich ein aussagekräftiger Artikel. Bitte registrieren und lesen.
              http://www.foto-tilmann-graner.de/

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              • Vegareve
                Freak

                Liebt das Forum
                • 19.08.2009
                • 14389
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                • Meine Reisen

                AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                Erschreckend .

                Was ich mich noch frage: es gab ja eine zweite Gruppe, die Vier Franzosen. Sie wollten zu Vignette, waren hochwarscheinlich dort angemeldet. Aber niemand von der Hütte fragt sich, wo sie sind? Dass sie am Ende mit der anderen Gruppe laufen und genau die gleichen Fehlern machen, ist noch schrecklicher.
                "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

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                • Torres
                  Freak

                  Liebt das Forum
                  • 16.08.2008
                  • 30724
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                  • Meine Reisen

                  AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                  Also hatten sie noch nicht mal eine Daunenjacke und Handschuhe dabei, oder wie ist die Beschreibung der Kleidung zu verstehen?

                  Als Schlüssel bewerte ich die Aussage: Wir hatten doch einen Guide. Das ist die verflixte Falle, die mir auch schon oft passiert ist. Man handelt nicht aus Verstand und Bauch heraus, weil man den anderen für kompetenter hält als sich selbst. Die eigene Entscheidung wird vor dem Hintergrund als gefährdend eingeschätzt, man hat ja weniger Erfahrung als der Guide (und hat ja auch nur einen Guide, weil man eben weniger Erfahrung hat oder ortsunkundig ist). Zumal die Gruppe oft nicht mitspielt, wenn man kritisch hinterfragt. Also gibt man auf, auch weil ein Verlassen der Gruppe Risiken (und finanziellen Verlust) birgt. Das Milgram Experiment lässt grüßen.
                  Zuletzt geändert von Torres; 07.05.2018, 22:43.
                  Oha.
                  (Norddeutsche Panikattacke)

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                  • rumpelstil
                    Alter Hase
                    • 12.05.2013
                    • 2701
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                    Das ist aus meiner Sicht ein interssanter Artikel. Hier wurden ähnliche Quellen zusammengefügt, wie in diesem Thread hier.
                    Natürlich hat auch dieser Artikel jemand geschrieben und die Quellen entsprechend interpretiert.

                    Mir fällt folgendes auf:

                    "Der Bergführer M.C. hingegen habe die Gruppe kaum informiert. Er sei einer dieser verschrobenen Typen, dachte sich Piccioli, ein stummer Bergler, wie es viele gibt." So kenne ich das aus meiner Jugend. Als ich mit Skitouren/Bergsteigen angefangen habe, hat man dem Bergführer einfach vertraut. Es wurde nicht erwartet, dass man sich selber mit Routenwahl und Entscheidungen befasst.
                    Im Thread hier wurde mehrfach geschrieben, es sei verantwortungslos, dem Bergführer ohne eigene Überlegungen hinterherzugehen.
                    Aus meiner Sicht ist das ein schwieriges Thema: Wenn ich eine Gruppe anführe, kann ich nicht jede Entscheidung erläutern und diskutieren. Aber hirnloses Hinterherwatscheln ist auch nicht ideal.

                    Der Autor schreibt: "Picciolis Schilderungen sind schwer zu überprüfen, wie so oft in Bergdramen kann man sich nur auf Aussagen der Überlebenden abstützen." Es spricht für den Autoren, dass er das erwähnt. Es geht nicht darum, ob jemand lügt. Es muss einem bewusst sein, dass es die Wahrheiz des Erzählenden ist. Aus der Perspektive eines anderen Teilnehmers kann diese anders aussehen.

                    Nach dem Lesen des Artikels (!) sehe ich (!), ein grosses Problem in der Gruppendynamik: Der Bergführer hat sich immer souverän gegeben. Plötzlich war er aber nicht mehr souverän. Ein Gruppenmitglied hat an seiner Stelle die Führung übernommen, weil er ein funktionierendes GPS hatte.
                    Wie konnte es passieren, dass dieser die Führung übernimmt? War der Bergführer so verunsichert? Hätte der Bergführer umdrehen wollen, wurde aber von der Souveränität des Gruppenmitgliedes "überrollt" (kann leicht passieren, wenn man verunsichert ist)? Warum hat das Gruppenmitglied die Führung übernommen, statt eine Umkehr in Erwägung zu ziehen (oder war es nach dem Umkehrpunkt)? Hat hier das "ich verlasse mich auf die Technik (GPS) eine zu grosse Rolle gespielt?

                    Im Artikel steht auch "Ich sah auf der GPS-Karte, dass die Hütte nicht weit war, aber nicht, wie anspruchsvoll der Weg war." Das ist für mcih ein grundlegender Fehler: Wenn man im Whiteout mit GPS geht, muss man eine Vorstellung vom Gelände haben. Man muss die Route klar verinnerlicht haben.
                    Kurz darauf steht: "«ich konnte nicht hineinzoomen.» Seine Skibrille war eingefroren, er konnte kaum etwas erkennen. "
                    Das habe ich mich schon mehrmals gefragt im Laufe dieses Threads: Kann man mit dem Bildschirm, mit GPS im Schneesturm noch etwas anfangen? Können die, die das schon gemacht haben, etwas dazu sagen? (Ich kenne es nur aus dem Nebel, da geht es).

                    Es geht mir absolut nicht nicht um die Schuldfrage, sondern um die Proszesse, die abgelaufen sein könnten.

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                    • rumpelstil
                      Alter Hase
                      • 12.05.2013
                      • 2701
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                      Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                      Also hatten sie noch nicht mal eine Daunenjacke und Handschuhe dabei, oder wie ist die Beschreibung der Kleidung zu verstehen?
                      Handschuhe hat man bei Skitouren natürlich an, meist hat man dünne Unter- und auch noch Überhandschuhe, manchmal Ersatzhandschuhe. Daunenjacke o.ä. hat man natürlich auch dabei.


                      Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                      Als Schlüssel bewerte ich die Aussage: Wir hatten doch einen Guide. Das ist die verflixte Falle, die mir auch schon oft passiert ist. Man handelt nicht aus Verstand und Bauch heraus, weil man den anderen für kompetenter hält als sich selbst. Die eigene Entscheidung wird vor dem Hintergrund als gefährdend eingeschätzt, man hat ja weniger Erfahrung als der Guide (und hat ja auch nur einen Guide, weil man eben weniger Erfahrung hat oder ortsunkundig ist). Zumal die Gruppe oft nicht mitspielt, wenn man kritisch hinterfragt. Also gibt man auf, auch weil ein Verlassen der Gruppe Risiken (und finanziellen Verlust) birgt. Das Milram Experiment lässt grüßen.
                      Naja, man könnte die Situation auch anders einschätzen: Die Sache könnte schiefgegangen sein, weil ein Gruppenmitglied die Führung übernommen hat. Hätte dieser sich in dem Moment nicht souverän gebärdet, hätte der Führer vielleicht die Umkehr angeordnet. Und das Gruppenmitglied hätte sich vielleicht nicht souverän gebärdet, wenn es nicht gedacht hätte, sich auf sein GPS verlassen zu können.

                      Viel hätte und vielleicht...

                      Der einzig klare Schluss, den ich für mich daraus ziehe (war mir natürlich schon vorher klar): Man darf sich nciht auf die Technik allein verlassen.
                      Was hilft es, wenn das GPS 500m zu Hütte angibt, wenn mir nicht klar ist, wie das Gelände da aussieht?


                      (Und eine Anmerkung am Rande: Ich bin ja manchmal in der Rolle der Führenden. Wenn ich da jede meiner Entscheidung mit der Gruppe bespreche, dann kommen wir nicht weit. Man kann das machen, ist auch sinnvoll, das ist dann aber ein Ausbildungstag. )

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                      • Vegareve
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                        Liebt das Forum
                        • 19.08.2009
                        • 14389
                        • Privat

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                        AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                        Ich bin da ehrlich, bin so wenig technikaffin, würde man mir so ein Garmin in die Hand drücken, könnte ich damit auch nichts anfangen, noch weniger bei 100kmh Wind ( mit dicken Handschuhen, die man nicht ausziehen darf). Bemerkenswert, dass sie so weit gekommen sind.
                        Erschreckend, dass der Bergführer so wenig geführt hat, zumindest hätte er denen beibringen können,wie man sich eingräbt. Wenn man Achttausender-Erhfahrung hat, sollte man das zumindest wissen.
                        "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

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                        • Meerlie
                          Gerne im Forum
                          • 31.05.2016
                          • 50
                          • Privat

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                          AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                          Danke für den Link mit dem aussagekräftigen Artikel, - in dem auch wirklich versucht wird, möglichst sachlich und ohne medial reisserische Wortwahl die Hintergründe zu beleuchten.
                          Noch ist ja immer einiges unklar (etwa warum die Aussagen des Zeugen und die des italienischen Bergführerverbandes bzgl. der Ausrüstung so divergieren oder ob jetzt die Hütte reserviert war oder nicht - wer versucht da wen zu schützen? Der Hüttenwirt sich selbst? Weil er die zehn erwartet hat, aber nicht reagiert, als sie nicht kamen?), aber das ist jetzt auch nicht mehr so wichtig, um für sich selbst daraus zu lernen.

                          Für mich persönlich finde ich wieder einmal die Bestätigung, mich nicht blind auf andere zu verlassen (auch nicht auf einen Bergführer), sondern jederzeit in der Lage zu sein, die Situation notfalls auch selbst auf irgendeine Art und Weise zu bewältigen (und sei es im eventuellen absetzen eines Notrufs. der eigentlich in der heutigen Zeit und mit den heutigen Mitteln doch weitgehend möglich sein sollte? Auch in sog. Funklöchern? Zumindest würde ich nie ohne eigenes GPS losgehen) und vor allem in ausreichender Kommunikation mit den anderen und vor allem mit dem Führenden! Wenn hier kein Vertrauen herrscht (der Bergführer wird ja als sehr schweigsam beschrieben) kann das fatal werden. Einem Führenden, der mich bz. die Gruppe nicht vor jedem Aufbruch ausreichend über seine Pläne informiert und auch über mögliche Eventualitäten aufklärt (so kenne ich das aus meinen gehabten Touren, ob jetzt mit bezahltem Bergführer oder meist sehr kompetenten und erfahrenen Freunden) sollte man sein Leben nicht anvertrauen.

                          LG Meerlie

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                          • rumpelstil
                            Alter Hase
                            • 12.05.2013
                            • 2701
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                            Die Aussagen des Verbandes und des Teilnehmers divergieren nicht unbedingt: Der Verband schreibt, der Bergführer habe Satellitentelefon, GPS und Smarphone mit den Karten dabeigehabt.
                            Der Teilnehmer sagt, ihm sei aufgefallen, dass der Bergführer kein GPS "auf sich trug". Hat er seinen Rucksack durchwühlt? Vielleicht hatte er eins dabei, nutzte es aber nicht, z.B. weil er im Sturm die Anwendung für unmöglich hielt. Wissen wir nicht. Das Satellitentelefon funktionierte nicht. Woher wusste er das? Hat er es ausprobiert? War es ev. nur ausgeschalten? Auch das Smartphone kann im Rucksack verstaut gewesen sein.
                            Eben: Das ist "die Wahrheit" aus Sicht des Teilnehmers. Für ihn war es auch so, dass man mit GPS weitergehen kann. Ev hat der Bergführer für sich beschlossen: Bei dem Wetter brauche ich Technikschnickschnack gar nicht auspacken, kann man eh nicht anwenden, allein schon, weil man die Handschuhe ausziehen muss, um es zu bedienen. Das könnte seine "Wahrheit" gewesen sein.

                            Dass der Hüttenwart einem Medienmenschen keine Auskunft geben mag, finde ich ok. Dass man sich "in der Szene" erst mal gegenseitig schützt, in dem man nicht wahllos Infos den Medien weitergibt, ist doch in Ordnung, egal wer hier jetzt wen schützen will. Bei der Aufklärung von offizieller Stelle wird das vielleicht aufgeklärt werden, es ist für uns aber eh unwichtig.

                            Wir wissen auch nicht sicher, ob der Bergführer so wenig geführt hat. Ev. war er verunsichert, wollte umdrehen, dann hat ein Gruppenteilnehmer ungefragt die Führung übernommen. Der verunsicherte Führer (entkräftet? Krank?) hat sich ihm nicht entgegengestellt. Wie soll er dann später plötzlich wieder so souverän sein, dein Eingraben zu organisieren im brüllenden Sturm? Seiner Frau war es ja offenbar klar, aber auch sie konnte (?) die anderen nicht animieren, mitzumachen.

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                            • Meerlie
                              Gerne im Forum
                              • 31.05.2016
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                              AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                              Es wäre wahrscheinlich hilfreich, auch die Aussagen der anderen überlebenden Teilnehmer zu kennen und wie sie es aus ihrer Sicht erlebt haben. Einige scheinen ja - laut Aussage des österreichischen Bergsteigers am nächsten Tag auf der Hütte - besser davongekommen zu sein.
                              Nur die Meinung eines einzigen Teilnehmers - der noch dazu die Führung (und damit ja auch Verantwortung für die anderen) übernommen hat - zeigt nur einen Ausschnitt des Ganzen.
                              Da sich die eigne Wahrnehmung aber auch sehr stark in dieser Extremsituation und durch die Unterkühlung verändert, ist es wahrscheinlich fraglich, ob es überhaupt jemals zu einer weitgehend realistischen und objektiven Darstellung kommen kann.

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                              • TilmannG
                                Fuchs
                                • 29.10.2013
                                • 1334
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                                AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                Zitat von rumpelstil Beitrag anzeigen
                                ...

                                Nach dem Lesen des Artikels (!) sehe ich (!), ein grosses Problem in der Gruppendynamik: Der Bergführer hat sich immer souverän gegeben. Plötzlich war er aber nicht mehr souverän. Ein Gruppenmitglied hat an seiner Stelle die Führung übernommen, weil er ein funktionierendes GPS hatte.
                                Wie konnte es passieren, dass dieser die Führung übernimmt? War der Bergführer so verunsichert? Hätte der Bergführer umdrehen wollen, wurde aber von der Souveränität des Gruppenmitgliedes "überrollt" (kann leicht passieren, wenn man verunsichert ist)? Warum hat das Gruppenmitglied die Führung übernommen, statt eine Umkehr in Erwägung zu ziehen (oder war es nach dem Umkehrpunkt)? Hat hier das "ich verlasse mich auf die Technik (GPS) eine zu grosse Rolle gespielt?

                                Im Artikel steht auch "Ich sah auf der GPS-Karte, dass die Hütte nicht weit war, aber nicht, wie anspruchsvoll der Weg war." Das ist für mcih ein grundlegender Fehler: Wenn man im Whiteout mit GPS geht, muss man eine Vorstellung vom Gelände haben. Man muss die Route klar verinnerlicht haben.
                                Kurz darauf steht: "«ich konnte nicht hineinzoomen.» Seine Skibrille war eingefroren, er konnte kaum etwas erkennen. "
                                Das habe ich mich schon mehrmals gefragt im Laufe dieses Threads: Kann man mit dem Bildschirm, mit GPS im Schneesturm noch etwas anfangen? Können die, die das schon gemacht haben, etwas dazu sagen? (Ich kenne es nur aus dem Nebel, da geht es).

                                ....
                                Zur Gruppendynamik
                                Die hier geschilderten Vorgänge sind mir nachvollziehbar und vertraut - obwohl ich viele meiner Touren weit abseits der üblichen Bahnen, in absolut abgelegenen Gebieten und in Kleinstgruppen (meist nur zu zweit) durchführen kann. Ich möchte dringend davor warnen, das hier nur auf eine Kritik am kommerziellen Berg-Tourismus herunter zu bringen, auch wenn man die teilen kann.

                                Ein paar Beispiele:
                                Meine Frau ist mir viele Jahre nur hinterher getappt. Wir müssen nach wie vor sehr daran arbeiten, sie in die konkrete Tourplanung einzubeziehen und sie mit der Bedienung der Geräte vertraut zu machen.

                                Auch mit versiertern Gefährten ist immer mal ein Führer-Verhältnis entstanden, wenn ich in white-out Situationen als einziger mit GPS die Führung übernommen habe. Die anderen sind mir gefolgt, anstatt umzukehren. Aber ich habe so auch schon gestrandete Gruppen aus der Situation bringen können.

                                Mit gleichwertigen Freunden kenne ich die Situation sehr gut, dass sich jeder blind auf den anderen verlässt. Wir latschen in einem fragwürdigen Hang, jeder denkt, wenn der Kumpel nix sagt, wird’s auch nicht so wild sein.

                                Satphone
                                Iridium ziehe ich der Einwege-Kommunikation von spot etc vor. Habe ich aufgrund des schnellen Verfalls der prepaid-Karten nur auf großen Touren (z.B. Grönland) und gemietet dabei. In den Alpen habe ich schon viele Bergführer damit gesehen, das würde für mich als verantwortlicher, bezahlter Führer zur Grundausstattung gehören. Ich würde mich definitiv nicht auf mobil und Funk verlassen.
                                Eine Notfall-Kommunikation musste ich damit nicht durchführen. Aber schon bei stressfreier Organisation von z.B. Bootstransfer kam es zu Missverständnissen. Windgeräusche, die Verzögerung, evtl Sprachprobleme erfordern auch damit Übung, die SMS-Funktion sollte beherrscht werden.

                                GPS/Orientierung
                                Ich benutze vorwiegend garmin Handgeräte, nach Funktionsstörungen wurde ein altes ausgewechselt.
                                Positionsbestimmung geht eigentlich immer und sehr genau!
                                Auch die nicht barometrische Höhenbestimmung ist überraschend präzis - abgesehen von engen Tallagen. In denen braucht man das meist nicht oder hat andere Anhaltspunkte im Gelände.
                                Das Bestimmen einer Bewegungsrichtung kann Probleme bereiten:
                                -wenn die eigene Bewegungsgeschwindigkeit nicht ausreicht, z.B. in einer frisch verschneiten Blockhalde
                                -in engen Tallagen
                                Am Illimani hatte ich bei extremer Kälte keine Anzeige mehr, als ich einen Orientierungspunkt setzten wollte.
                                Sturm an sich ist eigentlich keine grundsätzliche Beeinträchtigung. Wenn Brillen vereisen/beschlagen, die Hände gefühllos werden, behindert dies natürlich auch den Umgang mit dem Gerät, aber die können selbst schon sehr viel aushalten.
                                In der Rondane durfte ich mal (im Rahmen einer Orkanwoche Anfang Dezember, Solotour) im steilen Schotter am Rondslotet die Batterien wechseln, um die deponierten Skies wieder zu finden. Das ist natürlich eigene Blödheit, aber die kommt eben auch vor.

                                Zur Redundanz habe ich immer einen Kompass und einen analogen Thommen-Höhenmesser im Rucksack. Mit dem Kompass bin ich nicht gut vertraut, der Umgang damit ist nicht mehr automatisiert. Der Höhenmesser ist dann oft nicht kalibriert, weil eben nicht dauernd in Gebrauch.

                                Auch mit GPS habe ich im white out immer mal die Situation, dass ich die eigentlich klar vorgegebene Richtung nicht einhalte. Das haben die beiden, die den Sturm jetzt im Schneeloch am Grenzgletscher überstanden haben, auch beschrieben. Entweder dreht man sich unwillkürlich aus dem Wind, der auch mal die Richtung dreht. Oder man folgt dann doch ebenso unbewusst der erst besten sichtbaren Geländemarke. (Das könnte zum Lawinenunfall bei Fiesch beigetragen haben).
                                Eine klare eigene Vorstellung des Geländes ist, wie rumpelstil schreibt, unabdingbar. (Bei diesem Unfall ist auch die topographische Karte eben nicht ganz hilfreich. Sie zeigt hier westlich der schwach ausgeprägten Felskrete einen Plattengürtel, der die beiden Gletscher trennt. Im Winter ist das ein schöner und mässig geneigter Skihang. Vielleicht hätte eine weniger präzise Karte (mit weniger Geländedarstellung) die Angst der Verirrten, diesen Hang zu begehen, herabgesetzt.)

                                Zusammengefasst konnte ich mit gps schon viele white-out Situationen auflösen. Das blinde Laufen/Abfahren mit dem Gerät in der Hand hätte aber auch schief gehen können, z.B. Absturz über Felsen, Auslösen von Schneebrett.
                                Wie schon gesagt, möchte und kann ich die Notwendigkeit eines Notbiwaks nicht ausschließen.

                                Grüße von Tilmann
                                Zuletzt geändert von TilmannG; 06.05.2018, 10:21.
                                http://www.foto-tilmann-graner.de/

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                                • Clouseu
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                                  AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                  Zitat von rumpelstil Beitrag anzeigen
                                  Die Aussagen des Verbandes und des Teilnehmers divergieren nicht unbedingt: Der Verband schreibt, der Bergführer habe Satellitentelefon, GPS und Smarphone mit den Karten dabeigehabt.
                                  Der Teilnehmer sagt, ihm sei aufgefallen, dass der Bergführer kein GPS "auf sich trug". Hat er seinen Rucksack durchwühlt? Vielleicht hatte er eins dabei, nutzte es aber nicht, z.B. weil er im Sturm die Anwendung für unmöglich hielt.
                                  Glaubst du das ein Bergführer die Führung abgiebt weil er sein GPS nicht aus dem Rucksack holen will, oder es für unmöglich hält im Sturm damit zu navigieren ohne es zumindest probiert zu haben? Grade in so einer Situation, im Whiteout hat ein GPS wohl seinen größten Nutzen.
                                  Überzeugter Rückfidel-Dingsbums-Verschluss Benutzer

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                                  • rumpelstil
                                    Alter Hase
                                    • 12.05.2013
                                    • 2701
                                    • Privat

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                                    AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                    Ich kann mir vorstellen (=das ist Spekulation) dass ein älterer Bergführer, der "sein Leben lang" ohne GPS ausgekommen ist, es für sinnlos hält, bei Sturmdas GPS rauszuholen, weil der Schnee fliegt, man Handschuhe tragen muss, die Anzeige schwer ablesbar ist etc.. Es kann sein, dass er es zwar bedienen kann, aber im Umgang im extremeren Situationen (=whiteout, Schneesturm) nicht trainiert ist. In diesem Falle kann es sinnvoller sein, sich auf die Methoden zu verlassen, mit deren Umgang man gut geübt ist (was auch immer das in dem Fall war) bzw. konsequent umzudrehen.

                                    Derjenige, der die Führung übernommen hat, war mE im Umgang des GPS bei extremen Verhältnissen auch nicht trainiert, denn dazu gehört meiner Meinung nach, dass einem absolut klar sein muss, dass man die Topografie und den Routenverlauf im Kopf haben muss. Ohne diese Voraussetzung sollte man nicht mal auf die Idee kommen, die Führung zu übernehmen, meine ich.

                                    Was tatsächlich passiert ist, warum es der Führer zugelassen hat, dass der andere führt (trat er extrem souverän auf, war der Führer krank, geschwächt, geschah es gegen seinen Willen etc. etc) wissen wir nicht.

                                    Was Tilman schreibt, kenne ich auch "Mit gleichwertigen Freunden kenne ich die Situation sehr gut, dass sich jeder blind auf den anderen verlässt. Wir latschen in einem fragwürdigen Hang, jeder denkt, wenn der Kumpel nix sagt, wird’s auch nicht so wild sein."

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                                    • Flachlandtiroler
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                                      Moderator
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                                      • 14.03.2003
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                                      AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")


                                      Editiert vom Moderator
                                      Die Folgediskussion über Führungsrolle u.a.m. steht hier

                                      Bei Nachfragen bitte eine PN an den Moderator senden. Dein Team der
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                                      • Benzodiazepin
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                                        • 12.03.2012
                                        • 1322
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                                        AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                        der selbstgefällige ton einiger weniger hier nervt mich.
                                        ich bin selbst auch schon oft bei schlechtem oder zumindest zweifelhaftem wetter in den bergen unterwegs gewesen. es ging immer gut, nicht immer hatte ich jedoch eine perfekte exit-strategie bereit.
                                        und ich behaupte, dass das so ziemlich allen aktiven berggängern schon so ging, egal wie vorausschauend und sicherheitsbewusst sie sich hier gebärden.
                                        auch bezweifle ich, dass jeder vor der tour so viel zeit in das lesen und zerpflücken des wetterberichts steckt, wie es hier im nachhinein gemacht wurde.

                                        zum thema benützen von gps etc im sturm: es hiess, der führer hatte eine topo-karte auf dem handy dabei. das mach ich auch meist so (als backup hab ich eine gps-uhr, auf welcher ich die route aufzeichne). aber habt ihr das schon mal bei regen benutzt? sobald das display nass ist, ists unbrauchbar. bei schnee ists nicht viel besser. kommt dazu sturm, dann ist ein touch-display schlicht untauglich. deshalb hab ich auch ein gps-gerät, das ausschliesslich mit tasten bedient wird. dieses nehme ich aber höchst selten mit auf "normale" touren.

                                        zum thema "warum sind diese trottel nicht irgendwohin, wo sie mehr windschutz gehabt hätten" (kein originalzitat, aber nur geringfügig überspitzte aussage hier): stellt euch vor, ihr seid in einem richtigen sturm. ihr kommt zu einem stein, dahinter seid ihr dem wind nur noch halb so stark ausgesetzt. klar, es windet noch, aber ihr geht einen meter links, es windet wieder viel mehr, einen meter rechts, hier genauso. ihr seid schon müde, durchgefroren, vielleicht langsam verzweifelt und hoffnungslos. wer rafft sich da wirklich nochmal auf, den "windschatten" zu verlassen, sich nochmal dem vollen sturm zu stellen, um eine bessere stelle zu suchen?
                                        experience is simply the name we give to our mistakes

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                                          • 31.10.2012
                                          • 1416
                                          • Privat

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                                          AW: Schwarzer Sonntag am Pigne d'Arolla (ausgelagert aus "Bergunfälle")

                                          Zitat von Benzodiazepin Beitrag anzeigen
                                          aber habt ihr das schon mal bei regen benutzt? sobald das display nass ist, ists unbrauchbar.
                                          OT: Jetzt hab ich auch noch was gelernt. Ist eigentlich logisch, war mir aber gar nicht so bewusst. Zum Glück hab ich mein GPS noch mit Knöpfen gekauft.

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