[IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

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    [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

    Tourentyp
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    Mitreisende
    Achtung: In diesem Bericht einer abgebrochenen Tour kommt richtig viel selbstmitleidiges Gejammere. Dürft ihr euch antun, müsst ihr aber nicht.

    Das Vorspiel:
    Im Jahr davor (2012) war ich mal wieder zum Wandern auf Island und musste den Urlaub abbrechen, weil ich wegen Rücken- und Brustkorbschmerzen sehr schnell nicht mehr sitzen, stehen, liegen, atmen konnte. Ich bin in D sozusagen direkt vom Flughafen zur Notaufnahme. Es wurde ein wenig herum diagnostiziert, wie seit Jahren nichts gefunden und bald beruhigte sich alles wieder.
    Im Herbst bekam ich meinen ersten Tretroller und habe mit ihm das WAI spazierengefahren. Ich war überrascht, wie gut das funktionierte, wie vergleichsweise flott und lange ich auch ohne Training unterwegs sein konnte. Die 2 Jahre davor hatte ich kaum mehr Sport machen können (irgendwas war gesundheitlich immer) und habe u.a. darum auch gewichtsmäßig böse zugelegt. Das was ich ein paar Jahre zuvor abgenommen hatte, war jetzt fast wieder drauf, zum Glück aber kein Jojo-Effekt, sprich: Ich kam nicht über mein Ausgangsgewicht, sondern blieb trotz der Zunahme darunter.
    Bei der WAI-Tour fasste ich dann schnell den Entschluss im Jahr drauf damit eine Islandtour zu machen. Eine gelenkschonende Bewegung die irre Spaß macht, kein Gepäck auf dem Buckel, ein guter Aktionsradius, keine Sitzprobleme wie in den letzten Jahren zunehmend beim Fahrrad - das klang sinnvoll und verlockend. Die Vorbereitung begang.
    Ich bekam zu WAInachten einen größeren Roller, der die Gepäckmitnahme einfacher machen würde, plante und freute mich wie Bolle. Ich hielt bei regelmäßigem Training Tagesetappen von 50 + X km auf Island mit Gepäck recht locker machbar. (Im Herbst war ich mehrfach auf flacher Strecke 30 km in 2 Stunden gefahren ohne mich tot zu hetzen.)
    Dummerweise ging es gesundheitlich wieder bergab und zwar auf eine Art und Weise, die mir langsam Angst machte. Mit Rückenschmerzen lebe ich seit gut 25 Jahren, damit komme ich im Regelfall zurecht und ignoriere es weg. Aber nun kamen neurologische Ausfälle dazu. Nachdem ich zeitweise mit Tumorverdacht und mit einer MS-Verdachtsdiagnose rum lief, wurde gut 2 Monate vor der Tour schließlich festgestellt, dass ich eine rheumatische Erkrankung habe. Große Erleichterung meinerseits. Jetzt eine chronische Erkrankung zu haben, war zwar nicht unbedingt mein Traum, aber in der Summe war es eine Erleichterung. Endlich eine Diagnose und eine Behandlung! Und ich sehe ja bei Leuten hier im Forum, was alles mit Rheuma geht.
    Endlich eine Diagnose! Vorher war es immer alles mit einem "Schuld"-Etikett beklebt: "Du machst zu viel Sport!", "Du machst zu wenig Sport!", "Du machst den falschen Sport!", "Du bist zu dick!", "Du hast zu schnell abgenommen!", "Siehste, Du hast ja auch wieder zugenommen!", "Du hältst Dich zu krumm!", "Du gehst falsch." "Nimm möglichst gedämpfte Schuhe!", "Nein, geh barfuß!", "Geh doch mal zum Heilpraktiker.", "Nein, zum Chiropraktiker!", "Ab zum Osteopathen.", "Heilpraktiker, was ein Quatsch. Geh zu XY.", "Kein Wunder, dass Du Schmerzen hast, ich hatte dir doch den Rat gegeben Methode XY auszuprobieren. Haste nicht gemacht, selbst schuld.", "Stellen Sie sich mal nicht so an.", "Das ist psychosomatisch."…
    Jetzt war etwas greifbares da, ich war nicht mehr schuld, auch kein Hypochonder oder Psychosomatiker mehr, sondern jetzt konnte ich anfangen nach vorne zu sehen, daran zu arbeiten und das Beste daraus zu machen.
    Ich fing wieder an, mich auf den Urlaub zu freuen. Besonders viel fahren konnte ich zwar noch nicht, weil die Medis erst einmal anschlagen mussten, aber ich dachte: "Egal, der Urlaub ist dann eben das Training." Tja, denken kommt von "Denkste!"

    Fortsetzungsgeheule folgt
    Zuletzt geändert von Chouchen; 03.10.2014, 16:42. Grund: Fehler begradigt
    "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

  • Rattus
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    #2
    AW: (IS) Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

    Fortsetzungsgeheule folgt
    Bin schon total gespannt darauf. Zudem sich das Geheule bis jetzt sehr unterhaltsam liest
    Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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    • boulderite
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      • 12.05.2012
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      #3
      AW: (IS) Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

      Willkommen im Rheuma-Club. Freu' mich auf den Bericht.

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      • FlorianHomeier
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        #4
        AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

        Hier gibts nen Rheumaclub? Super, da mach ich auch mit.

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        • across
          Erfahren
          • 14.01.2009
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          #5
          AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

          Wo ist der Rheuma-Club? - gehöre nämlich auch in diese Abteilung ... bin allerdings nur für "Papier- und Foto-Touren" zu gebrauchen aktuell...

          Ein Bild von diesem Tretroller würde mich sehr interessieren.
          Zuletzt geändert von across; 26.08.2014, 18:01.
          Meine Erfahrungen, Tipps, Tricks, Tourenvorschläge für Nordskandinavien und nicht zu letzt Rezeptideen gibt es zwischen zwei Buchdeckeln:
          "Trekking-Abenteuer in Nordskandinavien"

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          • Chouchen
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            #6
            AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

            Eine Freundin, die bisher immer auf meinen Hund im Urlaub aufgepasst hatte, wollte jetzt einen eigenen. In den 2 Wochen vor dem Urlaub waren wir also hauptberufich Hunde angucken, natürlich immer mit meinem Wolle im Schlepptau, weil er ja das O.K. zum neuen Kumpel geben musste. Es kam wie es kommen musste: Auf einer Pflegestelle war Lise, eine Einschleimerin par excellence. 5 Minuten später hatte ich ungeplant einen zweiten Hund, mit der Abmachung, dass ich sie nach meinem Urlaub holen könne. Die Freundin entschied sich für den besten Kumpel von Lise.

            Dieser wurde einen Tag vor meinem Abflug abgeholt, Lise musste noch ca. 3 Wochen warten. Theoretisch zumindest. (Praktisch war sie dann früher bei mir.) Wolle konnte trotz des Neuhundes während meines Urlaubs zu der Freundin, was im Endeffekt eine sehr gute Sache war, da der Kleine ein unsicheres Würmchen war und Wolle ein sehr abgeklärter, freundlicher Hund ist, der den Zwerg unter seine Fittiche nahm und ihm die Eingewöhnung sehr erleichterte.
            Der Abflug nahte, die Medis wirkten noch nicht so, wie ich es gerne gehabt hätte, dazu kamen Nebenwirkungen. Das Packen verlief gewohnt chaotisch und noch unkoordinierter als sonst, zumal es auch noch heiß war und ich bei über 25°C für gewöhnlich sämtliche Denktätigkeiten einstelle.

            Im privaten Umfeld gab es einige Baustellen...

            Ein bekloppter kleiner Hund saß auf einer vollen Pflegestelle, wo er von den größeren gemoppt wurde und wartete auf mich...

            Ich hatte Schmerzen und mein Magen revoltierte immer häufiger...

            Hätte ich die Flüge nicht schon im Winter gebucht, hätte ich vermutlich einen Rückzieher gemacht. Also, Augen zu und durch. Ich dachte mir, dass ich, wenn's schlecht läuft bzw. rollt, mir einfach eine schöne Bucht suche, dort vor dem Zelt hocke, viel lese und den Wellen zuschaue. Ist auch schön. Eigentlich.


            Der Abflugtag. Ich gebe Wolle zum Ferienfrauchen, kann mich nur schlecht trennen. Es ist heiss, ich möchte den Bus zum Bahnhof nehmen: Geht nicht, er ist wegen irgendeiner Veranstaltung überfüllt, mit dem Roller passe ich nicht mehr rein. Also rollere ich zum Bahnhof. Zum Glück habe ich genügend zeitliche Reserve. Ich komme aber klatschnass geschwitzt am Bahnhof an, da ich die Islandklamotten am Leibe trage und kein 32°-Hochsommer-Fähnchen.
            Ziemlich platt sitze ich in der S-Bahn. Kurz vor dem Flughafen lasse ich meine letzten üblicherweise chaotischen Urlaubsanfänge Revue passieren und denke grinsend daran, dass ich einmal den Pass vergessen hatte und mein Mitbewohner ihn mir zum Bahnhof nachbringen musste. Das Grinsen erstirbt auf meinem Gesicht: Sch…, habe ich eigentlich meinen Pass eingepackt?!? Nein, selber Fehler wie vor ein paar Jahren. Ich habe mein Portemonnaie ausgeräumt und das wichtigste in eine Reiseversion gepackt. Mein Ausweis ist aber in einem ziemlich versteckten Fach im Alltags-Geldbeutel und ich habe wieder!!! vergessen, ihn umzuräumen. Anruf beim Mitbewohner: Er bringt mir meinen Normal-Geldbeutel zum Flughafen. Dazu muss er ihn aber erst einmal suchen, danach meinen Autoschlüssel und noch tanken, da kaum mehr was im Tank ist. Er ist ziemlich angepisst, er wollte eigentlich einen netten Nachmittag mit seiner Freundin haben, ich bin ziemlich bedröppelt und bin kurz davor, nicht in den Flieger zu steigen, sondern stattdessen mit meinem Mitbewohner einfach wieder nach Hause zu fahren.
            Auf dem Flughafen sind an diesem Tag irre viele Fahrstühle kaputt. Die Security hält mich davon ab, die Rolltreppe zu nehmen. Also stelle ich mich mit gefühlt 3000 anderen mit Großgepäck an einem der wenigen funktionierenden Fahrstühle an. Ich irre ein wenig kopflos auf der Suche nach dem Icelandair-Check-In umher (Es ist einfach zu warm!), bis ich feststelle, dass ich am falschen Terminal bin. Als ob ich zum ersten Mal mit Icelandair ab FFM fliegen würde! Wie gesagt, zu warm und Brei im Hirn. Ich stehe wieder an einem Aufzug an, um zum Skytrain, der zum anderen Terminal fährt, zu kommen: "Die Mitfahrt mit dem Fahrrad ist verboten." "Das ist kein Fahrrad, sondern ein Roller." "Egal." "Wie soll ich denn jetzt zum Terminal 2 kommen?" "Fahren." "Was machen sie eigentlich mit Leuten die hier mit der Bahn ankommen und deren Rad schon flugtauglich verpackt ist? Müssen die auspacken und auch fahren?" Schulterzucken… Erneute Suche nach einem funktionierenden Aufzug, raus in die Hitze und ab Richtung Terminal 2. Immerhin gibt es einen Radweg. Irgendwie verpasse ich das Loch zum anderen Terminal und fahre gefühlt einmal um den Flughafen herum. Jetzt wird es zeitlich langsam eng. An der Gepäckaufgabe gibt es noch eine kleinere Diskussion, weil der Roller nur in Folie eingeschlagen ist und nicht in einer Tasche drin ist. Laut Icelandair-Beförderungsbedingungen ist das aber o.k., was auch der Check-In irgendwann so sieht. (Das ist das schöne beim Roller: Da kann nicht viel kaputt gehen.)

            Puh, endlich im Flieger, klatschnass geschwitzt und mit Kopfweh wie nach einem Wetttrinken. Ich habe jetzt schon keine Lust mehr.
            Als ich nachts in Keflavík lande, überwiegt aber wieder die Freude. Es regnet und windet ordentlich. Eigentlich müsste es noch hell sein (es ist Anfang Juli), aber das Unwetter sorgt für Dunkelheit. Auf der Fahrt rein nach Reykjavík hält der Busfahrer öfter an, um die schwersten Böen auszusitzen und nicht in den Graben geweht zu werden. So gegen 2 bin ich auf dem Campingplatz und baue auf der schlammigen Wiese das Zelt auf. Hier muss in den letzten Tagen ganz schön was runter gekommen sein. Der Wind ist hier aber erträglich. Ich sitze grinsend im Zelt, koche mir einen Gute-Nacht-Kaffee und schlafe dann irgendwann über einem Buch ein.

            Der erste Morgen:
            Zuletzt geändert von Chouchen; 03.10.2014, 16:48. Grund: Fehler begradigt
            "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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            • schneehuhn
              Gerne im Forum
              • 08.07.2005
              • 57

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              #7
              AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

              Bin gespannt, wie's weitergeht.

              Was ist das für ein Zelt?

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              • FlorianHomeier
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                • 24.09.2012
                • 681
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                #8
                AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                Der Roller passt auf jeden Fall gut zum Zelt, macht was her.
                Bin über chouchens Kommentare bei canes trainingsfaden mal auf die Idee gekommen bei youtube nach kickbike Filmchen zu suchen.
                Ganz ehrlich: Mann ich hab schon lange nicht mehr so gelacht. Es sieht einfach nur endgeil komisch aus wie die Leut damit rumkicken, besonders der Bursche mit dem 400m Rekordvideo... Mann mann. Den Sport kann eigentlich keiner ernst nehmen, dass macht ihn für mich echt sympathisch. Ich glaub ich muss auchmal so ein Teil ausprobieren.

                Bin sehr gespannt wie der Tourversuch gelaufen ist was das Fortbewegungsmittel angeht.

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                • Torres
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                  • 16.08.2008
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                  #9
                  AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                  Ach schön. Endlich der Reisebericht zu dem Bild im Rollerfaden. Da freue ich mich.

                  Ich war überrascht, wie gut das funktionierte, wie vergleichsweise flott und lange ich auch ohne Training unterwegs sein konnte. Die 2 Jahre davor hatte ich kaum mehr Sport machen können
                  Bei mir war es nur ein halbes Jahr, aber das war auch meine Motivation für das Rollerfahren und ich habe dieselbe Erfahrung gemacht. Selbst als ich in Italien fast nicht mehr laufen konnte: Rollern ging noch.

                  Im Herbst war ich mehrfach auf flacher Strecke 30 km in 2 Stunden gefahren ohne mich tot zu hetzen.)
                  Boah. Nein, das habe ich noch nie geschafft. Weder mit dem Großen noch mit dem Kleinen. Auf meiner Januartour war 30 km meine Tagesdistanz.
                  Oha.
                  (Norddeutsche Panikattacke)

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                  • Scrat79
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                    #10
                    AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                    Uhiuhiuhi.
                    Was für ein Anfang.
                    Frage: Du hast das Ende zuvor geschrieben und hier veröffentlicht?
                    Denn es geht so unbequem weiter und als Finale bricht ein Vulkan aus?
                    Der Mensch wurde nicht zum Denken geschaffen.
                    Wenn viele Menschen wenige Menschen kontrollieren können, stirbt die Freiheit.

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                    • Chouchen
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                      #11
                      AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                      Zitat von FlorianHomeier Beitrag anzeigen
                      Ganz ehrlich: Mann ich hab schon lange nicht mehr so gelacht. Es sieht einfach nur endgeil komisch aus wie die Leut damit rumkicken, besonders der Bursche mit dem 400m Rekordvideo... Mann mann. Den Sport kann eigentlich keiner ernst nehmen, dass macht ihn für mich echt sympathisch. Ich glaub ich muss auchmal so ein Teil ausprobieren.

                      Bin sehr gespannt wie der Tourversuch gelaufen ist was das Fortbewegungsmittel angeht.
                      Ganz am Anfang habe ich mich damit fast nur im Dunkeln raus getraut. (Das war allerdings bei meinen ersten Joggingversuchen auch so, ich bin halt nicht unbedingt ein Ausbund an Eleganz. Großes, graues Tier mit dem Rüssel usw. …)

                      Aber wenn wir mal ehrlich sind, dann sieht das was z.B. Rennradfahrer am Berg machen auch nicht unbedingt gut aus. Wahrscheinlich hat es nur was mit den Sehgewohnheiten zu tun, was man als komisch erachtet und was nicht.

                      Dass die Tour im Prinzip in die Hose gegangen ist, lag auch nicht am Roller, sondern an mir, mir haben der Körper und der Kopf einen Strich durch die Rechnung gemacht.
                      Prinzipiell würde ich es bei Gelegenheit gerne noch einmal mit Roller auf Island ausprobieren. Vielleicht schaffe ich es ja noch in diesem Leben.


                      Zitat von Scrat79 Beitrag anzeigen
                      Denn es geht so unbequem weiter und als Finale bricht ein Vulkan aus?
                      Du Hellseher, da isser schon:

                      "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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                      • Chouchen
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                        • 07.04.2008
                        • 20009
                        • Privat

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                        #12
                        AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                        Den ersten Tag kommt doch irgendwann die Sonne raus und es gibt erst einmal ein Frühstück für Helden: Kaffee und 3 der 120 mitgeführten weissen Pillen:


                        Ich treibe ich mich den Tag über in Reykjavík rum, kaufe ein, gehe zu meinen Lieblingsplätzen und überlege wo ich die nächsten Tage hin fahre.
                        Die Harpa, der neue Konferenz-Konzert-Veranstaltungsklotz am Hafen:




                        Kunst im Bau:



                        Bunt:


                        Einer meiner Lieblingsplätze, Sólfar, der "Sonnenreisende", ein stilisiertes Edelstahl-Wikingerschiff im Abendlicht. Ich habe inzwischen vermutlich schon Fotos im vierstelligen Bereich in jeglichem Wetter und zu jeder Uhrzeit davon gemacht. Und jedes Mal fahre ich wieder hin.


                        Mit Pfeife sitzt es sich dort auch gut:


                        Dummerweise ist an diesem Abend die Gruppe einer organisierten Fotoreise da, blockiert alles mit ihren Stativen und schnauzt alle Leute an, die einfach nur den Sonnenuntergang genießen wollten und ins Bild kommen. Deppen.



                        Noch eins vom Roller im Abendlicht und ab in den Sack.
                        Zuletzt geändert von Chouchen; 03.10.2014, 16:50. Grund: Fehler begradigt
                        "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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                        • Scrat79
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                          Liebt das Forum
                          • 11.07.2008
                          • 12533
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                          Zitat von Chouchen Beitrag anzeigen
                          Du Hellseher, da isser schon:


                          Wow! Ich bekomm Hunger und Lust auf Island.

                          Heut wird nicht geschlafen. Ab, weiterschreiben!
                          Der Mensch wurde nicht zum Denken geschaffen.
                          Wenn viele Menschen wenige Menschen kontrollieren können, stirbt die Freiheit.

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                          • Rattus
                            Lebt im Forum
                            • 15.09.2011
                            • 5177
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                            Heut wird nicht geschlafen. Ab, weiterschreiben!
                            Da schließe ich mich an, nach den tollen Fotos. Kaffee?
                            Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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                            • hrafn

                              Erfahren
                              • 06.08.2009
                              • 418
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                              #15
                              AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                              Zitat von schneehuhn Beitrag anzeigen
                              Was ist das für ein Zelt?
                              GoLite Shangri-La 3.

                              Danke für den Bericht, Chouchen.
                              Bekennender Kampfradler!

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                                #16
                                AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                                Am nächsten Tag steige ich in den Bus. Ich hatte überlegt nach Westen Richtung Snæfellsjökull zu fahren, dort ist aber erst einmal Dauerregen vorhergesagt. Also erst ab in den Bus Richtung Südküste: Gut ausgebaut, vernünftiger Teer, keine zu heftigen Steigungen, Campingplätze in machbaren Abständen. Ich lasse mich bis zum Seljalandsfoss chauffieren. Davor gibt es einen sehr viel befahrenen und sehr langen Pass und einige Passagen im Ballungsraum die ich recht langweilig finde, das muss ich mir mit dem Roller nicht antun.

                                Eine Reitertruppe mit freilaufenden Handpferden liefert am Seljalandsfoss einen sehr coolen Auftritt:


                                Es ist weniger Gepäck als es aussieht. Ich liege mit Fressen und Fotokram unter 15 kg:


                                Weitere Bilder spare ich mir. Es ist diesig, ich habe bereits viele Fotos vom Seljalandsfoss im perfekten Wetter, es ist voll und ich bin scharf darauf zu rollern.
                                Los geht's, erstmal Richtung Skógafoss.

                                Es blümelt,




                                die Sonne gibt ein kurzes Gastspiel,


                                es nebelt wieder,


                                es schaft,


                                es schafnebelt,


                                und schließlich skogafosst es:


                                Ich komme im nassen Nebel an, baue auf und - bin tot. Eigentlich wollte ich weiter Richtung Vík, aber keine Chance. Es war nicht weit, aber meine Handgelenke schreien um Gnade, ich kann das rechte Bein nur noch nachziehen. Es dauert eine Weile, bis ich das Zelt stehen habe und bis ich drinnen ich eine Position gefunden habe, in der es aushaltbar ist. Was bin ich froh so ein vergleichsweise hohes Zelt dabei zu haben.

                                Es ist erst mittags, d.h. der Platz ist fast leer. Kurz nach mir ist eine der vielen, vielen Bustruppen angekommen. Den Roller habe ich fast unsichtbar im Gras abgelegt. Ich bin heute nicht kommunikativ drauf und möchte nicht wegen des Gefährts in Gespräche verwickelt werden. Als ich das Zelt aufbaue, werde ich dennoch fleissig und ohne zu fragen von einer Reisegruppe fotographiert. Weil ich ein Zelt aufbaue! Vielleicht weil's im Regen ist? Ich weiss es nicht, fühle mich aber als Touristenattraktion wirklich belästigt: Leute, ich baue nur ein Zelt auf! So schnell wie möglich verkrümele ich mich ins Trockene und lecke selbstmitleidig meine Wunden. Der Platz füllt sich, die Sanitäranlagen sind überfordert, da die Toiletten auch noch von den vielen Tages- und Bustouristen genutzt werden. Es gibt einen kleinen Unterstand, für die zahlenden Camper ist darin aber im Prinzip kein Platz. Ich bleibe im Zelt. Draußen regnet es sich übel ein. Kaffeekochen, lesen, Wetterbericht checken, irgendwann so etwas ähnliches wie schlafen. Am nächsten Morgen habe ich solche Probleme mit Hand- und Fingergelenken, dass ich die Kamera fast nicht mehr halten kann. Heuljammerwinsel.
                                Zuletzt geändert von Chouchen; 03.10.2014, 16:54. Grund: Fehler begradigt
                                "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

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                                  #17
                                  AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                                  Tor des Monats:


                                  Skógafoss:

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                                    #18
                                    AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                                    Ich wäre eine weitere Kandidatin für den Rheumaclub. Bisher schöner Bericht Chouchen, bin gespannt drauf, wie es weiter geht.

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                                      #19
                                      AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                                      Das hat mir jetzt Lust auf mehr gemacht. Du hast ein gutes Auge für Fotos.

                                      Off Topic (obwohl nicht ganz): Wegen deines Rheumas möchte ich dir Mut machen. Ich habe es nach über 13 Jahren endlich in den Griff bekommen. Es gibt also Möglichkeiten, nur warte nicht so lange wie ich.

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                                        #20
                                        AW: [IS] Tretrollern auf Island oder: Wie ich auszog um zu scheitern

                                        So, da meine geplante kurze Eifel-Fahrradtour buchstäblich ins Wasser gefallen ist, kann ich hier weiter machen:

                                        Am nächsten Tag ist es nass. Nass und voll. Die zwei vorhandenen Tische sind von Leuten voll belegt, die langwierig ihren Kram zusammen packen, während sie auf den Bus warten.
                                        IM Zelt zu packen ist anscheinend nicht möglich. Nein, einzelne Tüten, Beutel und Säcke werden im Regen nach vorne zur Sitz- und Kochecke gebracht, alles auf Tischen und Bänken ausgeleert, begutachtet, neu arrangiert und dann irgendwann in die Rucksäcke gestopft. Alle die dort eigentlich kochen wollten, haben das Nachsehen. Im Regelfall koche ich meinen Morgenkaffee ohnehin lieber in der Apsis, aber hätte ich jetzt ein Winzzelt, wäre ich richtig sauer.
                                        Ich versuche meine Knochen zu sortieren und steige auf den Roller.
                                        Das Fahren mit Gepäck geht übrigens ganz gut. Schieben ist ätzend, weil dann kaum Gewicht auf dem Hinterrad ist und der Roller leicht nach vorne umschlägt, so lange man aber darauf steht geht es gut.
                                        Natürlich macht das Gepäck bei Anstiegen sehr viel aus. Es ist dann, als hätte man Pattex unter den Reifen, aber er rollt stabil, stabiler als ich gedacht hätte und kommt bei Bergabfahrten auch bei hohen Geschwindigkeiten nicht ins Flattern. (Später komme ich auf einer Abfahrt auf mehr als 70 km. Ich kann es beim Blick auf den Tacho fast nicht glauben, weil der Roller so ruhig läuft.)
                                        Ich weiss nicht, wie weit ich an diesem Tag fahre. Nicht weit. Ich kann eigentlich nur noch mit dem linken Bein treten. Aber Roller zu fahren ohne regelmäßigen Beinwechsel alle paar Tritte ist tödlich. Nach einer guten Stunde gebe ich auf und stoppe auf freier Strecke einen Linienbus. Es regnet und regnet. Auch in Vík pieselt es wie blöde. Eigentlich wollte ich da raus. Aber mit Blick auf das Wetter und in dem Bewusstsein, dass ich die auf Vík folgende Sanderfläche unmöglich in einem Tag durchqueren kann, bleibe ich dann doch im Bus bis Höfn.
                                        Zwischendurch gibt es den obligatorischen Zwischenstopp am Jökulsárlón. Ich mache pflichtschuldig ein paar Fotos (als ob ich nicht schon tausende davon hätte.) Immerhin scheint hier die Sonne. Zur herausgekommen Sonne passt die SMS von zu Hause, die bzgl. einer großen "Baustelle" erst einmal Entwarnung gibt. Uff...






                                        Ich habe zunehmende Probleme die Kamera zu halten. Einen Filter aufzuschrauben stellt mich vor wirkliche feinmotorische Probleme. Während des gesamten Urlaubs werde ich so viele Fotos machen, wie ich ansonsten bei entsprechenden Bedingungen auch mal an nur 1 oder 2 Tagen durchhaue. Zunehmend mache ich nur noch dokumentarische Fotos mit dem IPod. Der ist leichter.

                                        Ich bin angenervt. Es ist sooo voll überall. Und die Leute sind so hektisch und laut. Z.T. wird aus dem Bus geblogt. Man unterhält sich über die "Must-Sees" und "To-dos".
                                        Menschen halten während der Fahrt ihr Tablett Richtung verregnete Landschaft und berichten eine halbe Stunde lang den Daheimgebliebenen ausführlich und lautstark was man alles nicht sieht. Was man nicht sieht und was sie berichten, haben sie vorher kurz im Netz nachgelesen.

                                        Island hatte bisher immer folgende Wirkung auf mich: Ich kam an und war schlagartig da, nur im Hier und Jetzt, geerdet, relaxt und ruhig. Es ging im Wesentlichen nur darum, wo ich nachts schlafe und wo ich Wasser her bekomme. Ich konnte auch einmal stundenlang tiefenentspannt irgendwo sitzen, meine Nase in den Wind halten, alles ohne das Gefühl zu haben, etwas tun zu müssen, weiter zu müssen.
                                        Jetzt bin ich z.T. von Sachen genervt, die mich ansonsten nicht aufregen würden. Ich bin also auch genervt von meiner eigenen Ungeduld. Ich merke, dass ich nicht so voran komme, wie ich es möchte. Ich halte es aber diesmal auch nicht aus, irgendwo ruhig zu bleiben und nur einem Wasserfall, den Wellen oder den Wolken nachzusehen. Ich muss in der Nähe der Busstrecken bleiben, für den Fall dass ich nicht mehr weiter kann. Wahrscheinlich müsste ich im restlichen Urlaub an vielen Tagen ganz auf den Bus ausweichen. Das ginge ins Geld und das Gewühl in den Bussen halte ich momentan nicht aus. Ich muss auch die zentraleren Campingplätze ansteuern, kann mich nicht "in die Büsche schlagen". Da ist es aber überall voll. Voll, laut, hektisch, oberflächlich, Outdoor-Disneyland. Und mich nervt meine eigene Misanthropie ganz gewaltig. Ich bin schließlich auch Tourist wie alle anderen.
                                        Ich weiss nicht, wie ich nachts liegen soll, damit ich schlafen kann. Mir ist die ganze Zeit als Nebenwirkung der Medis latent schlecht. Weg lassen kann ich sie aber auch nicht, dann geht gar nichts mehr. Kurzum: Ich will nach Hause.

                                        Höfn liegt im Nebel und Regen. Ich kämpfe noch einen Tag mit mir, dann buche ich den Rückflug um. Der nächste bezahlbare Flug ist in 6 Tagen. Gut, die Zeit werde ich noch überstehen.

                                        Blick aus dem Zelt in Höfn.
                                        Zuletzt geändert von Chouchen; 03.10.2014, 17:01. Grund: Fehler begradigt
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