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Hallo zusammen, ein kurzes Vorwort: Auch wenn dies mein erster Beitrag im Forum ist, so habe ich doch die letzten zwei, drei Jahre über fleißig mitgelesen. Viele Reiseberichte haben mir so manchen Feierabend versüßt und natürlich auch die Reiselust geweckt. Irgendwie muss man die Wartezeit bis zum Aufbruch ja verbringen. Von den Tipps für Ausrüstung und Co. nicht zu sprechen. Eigentlich wollte ich diesen Island-Bericht schon viel früher hier posten um auch endlich etwas beitzutragen, aber wie's halt so ist: Bildbearbeitung, Privatleben, Prokrastination, neue Projekte und so weiter. Da im August drei Wochen Norwegen anstehen, wollte ich davor jedoch unbedingt die letzte Tour bearbeitet haben.
Routernabschnitte: Skógar - Fimmvörðuháls-Hütte - Langidalur - Emstrur - Álftavatn - Hrafntinnusker - Landmannalaugar - Landmannahellir - Áfangagil - Rjúpnavellir
Ich weiß dass der Laugavegur eine häufig beschriebene Strecke ist, vielleicht ist daher unser zweiter Routenabschnitt - von Landmannalaugar über den Hellismannaleið nach Rjúpnavellir - eine noch etwas weniger abgegraste Tour. Für alle vier Tourteilnehmer war es eine prima Erfahrung. Ein bisschen davon möchte ich mit diesem Bericht teilen. Für Großversionen der Fotos einfach draufklicken.
Links zu den weiteren Berichten: (Teil 2) (Teil 3) (Teil 4) (Teil 5)
Den genauen Streckenverlauf gibt's (hier).
21.6. - Prolog
Die Materialschlacht war geschlagen: Vier Trekkingrucksäcke, nach lange ausgeklügelten Packlisten mit allerlei Ausrüstung vollgestopft, lagen sauber verstaut im Kofferraum von Andis Kombi. Meine Freundin Kathrin hatte noch eine letzte Vorlesung an der Uni auszusitzen, also saßen Andi, Chris und ich im neu eröffneten Biergarten der Universität Ulm, tranken aus rein wissenschaftlichen Gründen alkoholfreies Weizen und vertrieben uns die Zeit mit Vorfreude über die anstehende Islandreise. Nachdem lange Monate an Warte- und Vorbereitungszeit an uns vorbei gezogen waren, würden sich die wenigen Stunden bis zum Abflug in Frankfurt am Main hoffentlich überstehen lassen. Zeit zerdehnt sich, wenn man wartet, und so schlenderten wir bei bestem Wetter fast lustlos durch den Botanischen Garten um sie irgendwie vergehen zu lassen.
Natürlich waren wir alle froh, Alltag und Arbeit abzustreifen und vor allem, die Insel wiederzusehen, die auf unserer Auto-Rundreise auf der Ringstraße im März 2012 einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte. „Island light“ war das damals, meinen 30. Geburtstag habe ich auf dieser Reise in Ytra-Lón im Nordosten in kleiner Runde gefeiert - Hotpot, Sternenhimmel und Einsamkeit. Damals genau richtig. Geplant war wenig und so bestand die Entscheidung zum damaligen Trip eher aus einem Kurzschluss an einem tristen Feierabend, dessen Ergebnis ein Schwung gebuchter Flüge nach Island war. Dass Island uns dann nach zehn Reisetagen auf der Ringstraße innerlich aufgewühlt wieder nach Hause schicken würde, dass die Sehnsucht nach Rückkehr fast zeitgleich mit dem Aufsetzen des Fliegers in Frankfurt kommen würde, ich noch Monate danach immer wieder vor meinen Fotos sitzen würde, das alles war nicht absehbar. Umso gespannter waren wir nun darauf, wie nahe wir dem Land auf der solider geplanten diesjährigen Trekkingtour kommen würden. Zu Fuß, denn um sich Island wirklich zu nähern, muss man Zeit in seiner Natur verbringen, die Strecke ist nicht entscheidend. Zumindest für mich stimmt das, wie sich im Vergleich der beiden Touren dann doch eindeutig gezeigt hat.
Gebucht waren die Flüge seit Februar und gebrückt haben wie die Wartezeit mit ausführlichen Vorbereitungen, dem Stöbern in verschiedensten Foren, dem Lesen vieler Tourberichte und nicht zuletzt der Optimierung und Komplettierung unserer Ausrüstung. Das Thema Gewichtsersparnis interessierte mich schon aufgrund meines etwas kaputten Rückens, auch wenn wir es letztendlich nicht übertrieben haben. Die Zahnbürste hat jedenfalls niemand abgesägt. Putzt sich auch ganz lausig damit. (Nachtrag: Eine Person schon, wurde mir mitgeteilt ...) An dieser Stelle daher ein Dank in das Internet hinein: Ohne die unzähligen Foreneinträge mit Vergleichstests und Erfahrungwerten wären wir sicherlich deutlich schwerer unterwegs gelesen, wenn ich mir meine historischen Erstentwurf der Packliste so anschaue.
Da kam auch schon Kathrin. Ab auf die Autobahn Richtung FFM, denselben Langzeitparkplatz wie im Jahr zuvor gekapert, in den Shuttle-Bus zum Flughafen gestiegen, Rucksäcke in Frischhaltefolie eingewickelt und aufgegeben, fettige Pizza gegessen, Warten. Endlich Boarding! Der Direktflug nach Keflavík verlief dann ebenso ruhig wie die Hinfahrt nach Frankfurt und so setzen wir kurz vor Mitternacht zum grandiosen Farbenspiel der gerade untergehenden Sonne auf isländischem Boden auf. Endlich zurück, irgendwie kam uns schon der Flughafen so vertraut vor! Das Gepäck vollständig und unbeschädigt eingesammelt, sitzen wir im FlyBus Richtung Reykjavíc. Draußen ziehen düstere Lava-Landschaften an uns vorbei. Kurze Zeit habe ich Angst, dass ich Kathrin für ihre erste Islandreise zuviel versprochen haben. Man gerät ja schließlich schon ab und an in‘s Schwärmen.
22.6. - Willkommen in Reykjavíc
Der FlyBus setzt uns in den frühen Morgenstunden am Campingplatz ab. Erinnerungen kommen hoch, schließlich hatten wir hier ein Jahr zuvor unsere letzte Nacht im Hostel verbracht. Diesmal lassen wir den Campingplatz nichts rechts liegen um in einem beheizten Zimmer zu schlafen, sondern steuern auf die noch geöffnete Rezeption zu. Trotz später Stunde herrscht reger Betrieb, viele Touristen laden ihre Smartphones an erstaunlichen Konglomeraten aus Mehrfachsteckdosen. Am Tresen stehend erinnere ich mich an dieses Gefühl von Fernweh, als ich vor gut einem Jahr Ende März ein einsames Zelt auf dem noch verschneiten Campingplatz stehen sah. Es hatte ganz offensichtlich schon eine Geschichte hinter sich. Diese Erinnerung ist mir in diesem Augenblick sehr präsent, umso mehr freue ich mich, dass wir dieses Mal unsere eigenen Zelte dabei haben und diese nun auch endlich aufbauen. Ein stilechtes und nach der Landung eiligst aus dem DutyFree-Shop gefischtes „Hallo Island!“-Guiness später heißt es dann: Matrazenabhorchdienst! Wir sind hundemüde.
Gegen sechs Uhr teste ich die neuen Sanitäranlagen. Völlig verschwitzt und pappig muss ich dringend duschen. Wahrscheinlich hat mich auch die Vorfreude nicht schlafen lassen. Gegen 10 Uhr stehen wir alle auf, die Sonne steht hell in einem strahlend blauen Himmel und Island heißt uns mit milden Temperaturen willkommen. Es gibt Porridge zum Frühstück, nur mit etwas Dussel finden wir einen freien Tisch. Reger Betrieb. Der Campingplatz besitzt durchaus Ähnlichkeiten mit einem Taubenschlag, es herrscht geschäftiges Treiben, wir lauschen Gesprächen in vielen unterschiedlichen Sprachen. Einige Gesichter werden wir in den nächsten Tagen auf unserer Tour wiedersehen.
Nach dem Frühstück schlagen wir noch etwas ungelenk unsere beiden Zelte ab und und packen die Rucksäcke. Endlich geht es los! Unser Plan besagt, die ersten Meter auf Island für eine kurze Sightseeingtour in Reykjavík nutzen, bevor es mit dem Buss ab nach Skógar gehen soll. Wir laufen Richtung Innenstadt und unterbrechen ab und zu, um die Rucksäcke noch besser einzustellen. Die sind gefühlt noch bleischwer und sitzen noch nicht perfekt, aber es wird.
In der wuseligen Innenstadt unterscheiden sich dann zwei Arten von Touristen ganz offensichtlich: Rucksackträger in voller Montur, deutlich in der Unterzahl, und klassische Touristen. Die Stadt ist gefüllt mit Leben. Beim ersten Bónus erwerben wir aus Nostalgie „unsere“ Würstchen und ein großes Stück Käse – von beidem haben wir uns auf dem letztjährigen Roadtrip fast ausschließlich ernährt. Ein Becher Skyr für jeden darf natürlich auch nicht fehlen. Verputzt wird der bunt gemischte Einkauf dann gegen Mittag auf den Steinen vor der Hallgrímskirkja.
Wir drehen eine Runde durch die Hauptstadt, laufen am neuen Konzerthaus Harpa vorbei und lassen natürlich auch das Wikingerschiff Sólfar nicht unabgelichtet.

Danach drehen wir ein in Richtung IBS. Spiritus für unseren Brenner hätten wir der Einfachheit halber natürlich auf dem Campingplatz mitnehmen können – haben wir aber nicht. Ich bin mit diesem „Ach, das kaufen wir nachher irgendwo in der Stadt“-Gedanken einfach daran vorbei gelaufen. An der Tankstelle vor dem Busbahnhof kaufen wir den letzten 5l-Kanister Rødsprit, kleinere Gebinde sind leider aus. Trotzdem Glück gehabt. Wir stellen uns schon einmal darauf ein, drei doch recht teure Liter in Skógar der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Worin genau wir die für uns benötigten zwei Liter transportieren sollen, wissen wir noch nicht genau, denn der große Kanister ist definitiv zu sperrig für unser Gepäck. Wird sich klären.
Nach kurzer Zeit in der Wartehalle am Busbahnhof begrüßt uns dann der Busfahrer – ein netter Kerl mit viel Spaß bei der Sache. Die Fahrt über erzählt eine Stimme aus der Konserve über die Bordlautsprecher mehr oder minder interessante Dinge über die landschaftlichen Sehenswürdigkeiten, die wir gerade passieren. Muss wohl die falsche Route gewesen sein, denn so ganz passte das alles nicht zusammen. Auch ohne die etwas zu penetrant auf lustig gemachte Erklärung zieht mich Island mit jedem Kilometer weiter in den Bann. Nachdem wir die Außengebiete der Stadt langsam hinter uns lassen, tritt wieder die archaische Landschaft in den Vordergrund, die mich schon letztes Jahr so begeistert hat. Aus dem Fenster gucken und genießen! Am Seljalandsfoss machen wir trotz eher diffusem Wetter eine kurze Fotopause, immerhin fällt Chris diesmal nicht um Haaresbreite in den Wasserfall hinein. Könnte daran gelegen haben, dass die Gischt Ende Juni nicht mehr sofort gefriert und der schmale Pfad hinter dem Wasserfall entsprechend auch nicht mehr einer Schlitterpartie gleicht.
Wenig später begrüßt uns der Skógafoss. Auf dem Campingplatz ist es deutlich leerer als in Reykjavík, was uns keineswegs stört. Wir schlagen unsere Zelte in einiger Entfernung zum Wasserfall auf und haben dann Glück: Bei den sanitären Anlagen finden wir zwei fast leere 1l-Spiritusflaschen, zurückgelassen für die Allgemeinheit. Damit wäre auch das Thema Brennstoff geklärt. Unseren nach der Umfüllung noch halb vollen Kanister lasse ich für nachfolgende Reisende bei den Sanitäranlagen stehen, möge er für irgendjemand eine angenehme Überraschung gewesen sein. Zwar macht eine kleine improvisierte Imbissbude wohl wegen mangelnder Kundschaft gerade die Luken, aber egal: Noch sind Bestände aus dem Bónus-Einkauf vorhanden, es geht an's Essen. Noch während wir China-Nudeln, Käse und Snickers vernichten, taucht die Dämmerung die umliegenden Hänge in beruhigend gelbes Licht. Uns bleibt fast nichts anderes übrig, als die Treppen rechts des Wasserfalls hoch zur Aussichtsplattform schon heute zu besteigen.

Am Fuße dieser Treppe proben zwei Isländer in scheinbar historischem Gewand etwas, was ich für traditionellen Satzgesang halte. Leider verstehe ich kein Wort, aber die beiden sind richtig gut. Oben angekommen sehen wir, dass auf der Wiese vor dem Wasserfall Zelte und Bänke aufgebaut – wir vermuten der feierlichen Ausstattung nach eine Hochzeitsfeier oder Ähnliches. Nach einigen Fotos verschwindet die Sonne endgültig hinter den Hügeln.

Zurück in den Zelten lassen wir den Abend bei heißem Tee ausklingen. Ich verfasse meine ersten Notizen im Zelt und schlafe dann schnell ein. Morgen geht es los Richtung Landmannalaugar. Endlich.
23.6. - Skógar nach Fimmvörðuháls-Hütte: Hochland und Höhenmeter
Mein Tag beginnt mit Kopfschmerzen, ich bin ein klarer Fall für die Bordapotheke. Die Nacht war kalt und ich nicht sauber in den Schlafsack eingepackt. Daher habe ich gefroren wie ein Schneider, eigene Dummheit. Das wird in den nächsten Tage geändert. Das Frühstück vor großartiger Kulisse entschädigt, denn Island ist auch heute gnädig und gewährt uns auf unserer erste Etappe perfektes Wetter: Strahlender Sonnenschein mit fotogenen Wolken!

Die Treppen rechts des Skógafoss vertreiben das letzte bisschen Müdigkeit aus den müden Knochen und so tauchen wir gut aufgewärmt in die wundervolle Landschaft entlang des Flusses ein. Zu Beginn fasse ich nicht so richtig, was wir da sehen. Meine Augen müssen sich an diese überbordenden Eindrücke erst noch gewöhnen. Herrlich!

Fosse gibt es entlang dieser Route einige, einer schöner als der andere, die meisten davon tief in die Landschaft eingegraben. Mit jeder Windung des Weges kommt unsere kleine Gruppe besser in den Tritt. Im Stillen und angesichts meiner alltäglichen Rückenprobleme denke ich mir, dass sich die Reduzierung des Gewichts definitiv gelohnt hat – ich fühle mich durch den Rucksack nicht belastet. Die Gedanken an den Alltag schwinden mit zunehmenden Abstand zum Campingplatz ebenso, wie sich die Anzahl an Tagestourern oder Spaziergängern auf dem Weg verringert.

Nach den ersten Kilometern machen wir eine kleine Pause, trinken frisches Wasser direkt aus dem Fluss. Es ist lange her, dass ich so gutes Wasser geschmeckt habe! Geredet wird in der Gruppe heute wenig. Ich habe das Gefühl, dass alle den Vorgang des Abschaltens in Stille genießen – endlich sind wir auf Tour!

Noch vor unserer Mittagspause erreichen wir ein erstes Hindernis: Wir müssen den Skógar überqueren. Zu diesem Zweck existiert sinnigerweise eine Brücke, auf unserer Seite jedoch ohne Aufgang. Klettern! Wir wuchten erst die Rucksäcke und dann uns selbst auf den Übergang und belohnen uns mit einer ausgiebigen Mittagspause.

Interessante Zugangsbeschränkung ins Hochland, diese Brücke: Hinter dieser Kletterpartie sind uns für den Rest des Tages kaum noch Menschen begegnet. Frisch gestärkt setzen wir unseren Weg fort, die Landschaft verändert sich erneut, die Vegetation an den Flussrändern weicht einer deutlich kargeren Landschaft, Brauntöne in allen Schattierungen lösen das saftige Grün ab.

Der beständige Wechsel der Landschaft ist für mich einer der größten Reize Islands. Nur eins bleibt heute sehr konstant: Es geht bergauf. Dass wir viele Höhenmeter fressen würden, wussten wir, und mit zunehmender Höhe mischen sich auch schwarzgraue Tupfer in das Landschaftsbild – Altschneefelder, auch schwarze Vulkanasche findet sich noch überall. Nach einigen Kilometern sichten wir drei Hütten: Zwei davon mit Spitzdach, die alte und neue Baldvínskáli. Während die alte Hütte verfällt, ist die neue scheinbar bereits geöffnet. Zumindest genießt jemand barfuß sitzend die Aussicht davor.

In einiger Entfernung und höher gelegen, sehen wir die Hütte Fimmvörðuháls, unser heutiges Tagesziel. Als wir die beiden Baldvínskáli-Hütten passieren, laufen wir fast durchgängig durch sulzigen Altschnee. Der zähe Untergrund zehrt an unserer Kondition, dazu das beständige auf und ab gepaart mit einigen heftigen Anstiegen – die Höhenmeter dieser Etappe addieren sich. Lockeres Einlaufen auf einer ersten gemütlichen Etappe ist das definitiv nicht.

Ich freue mich, als ich dem Trampelpfad, dem wir folgen, mit dem Augen bis zur Fimmvörðuháls-Hütte verfolgen kann. Etwa einen Kilometer vor Ankunft zieht der bis dahin noch blaue Himmel zu. Es dämmert außerdem, und so laufen wir binnen weniger Minuten aus einem sonnigen Nachmittag hinaus und in eine düstere Abenddämmerung hinein. Als wir an der Hütte ankommen, ist es gespenstisch neblig. So neblig, dass die Navigation auf Sicht nicht mehr möglich gewesen wäre.

Ohne die direkte Sichtverbindung wenige Minuten vorher und das Wissen, dass unser Pfad an der Hütte enden würde, hätten wir Karten und Kompass aus dem Rucksack kramen müssen, so ging's dann doch noch ohne. Umso mehr freuen wir uns über die freundliche Begrüßung des anwesenden Hüttenwirts. Der junge Mann bietet uns sofort warmes Wasser aus einem großen Topf an, was die Zubereitungszeit für unser Abendessen erfreulich verkürzt. Erledigt, ausgehungert, aber froh, angekommen zu sein – so lässt sich unsere Gemütslage beschrieben, als wir unsere Nudeln vertilgen. Zwar hat der Hüttenwirt seinen Dieselofen nicht ganz im Griff, es stinkt daher penetrant, aber wir sind schon ziemlich froh, dass es in der Hütte so mollig warm ist. Später erzählt uns der junge Mann, dass er die Hüttenbewirtung im Rahmen seines Studiums übernommen habe. Wenn ich das richtig verstanden habe. Klar ist aber, dass er mittags noch kurz im Tal gewesen ist, um zu duschen. Wir kommen uns dezent unsportlich vor.

Kathrin hat in der eher rustikalen Toilette noch eine letzte Hürde zu überwinden: Wasser gibt es in der Toilette nicht und so müssen die „Geschäfter“ getrennt werden, was uns Männern konstruktionsbedingt deutlich einfacher fällt.
Reserviert hatten wir in der Hütte nicht, aber an diesem Tag wird genug Platz für die wenigen Übernachtungsgäste auf der Hütte sein. Am Ende des Abends sind wir zu sechst. Nach dem Abendessen lichtet sich der Nebel auch schon wieder. Wir nutzen die Gelegenheit um nach draußen zu gehen, den Sonnenuntergang zu genießen und natürlich auch zu fotografieren.

Wäre es nicht deutlich kälter geworden, ich hätte mir das ewig anschauen können.

Wenigstens einmal möchte ich das mitgenommene Ministativ nutzen.

Zurück in der Hütte halten wir einen Plausch mit einen netten deutschen Ehepaar, die sich gerade ebenfalls ans Abendessen machen, wir sind ihnen am Tag zuvor bereits auf der Aussichtsplattform am Skógafoss begegnet. Das wir Silke und Steffen noch einige Male treffen werden, fast die gesamte Tour parallel laufen werden, wissen wir noch nicht. Die beiden sind alte Hasen und gut ausgestattet. Nicht ganz ohne Grund fühlen wir uns wie absolute Frischlinge. Früh verkriechen wir uns in die Schlafsäcke – die erste Etappe ist geschafft.
Routernabschnitte: Skógar - Fimmvörðuháls-Hütte - Langidalur - Emstrur - Álftavatn - Hrafntinnusker - Landmannalaugar - Landmannahellir - Áfangagil - Rjúpnavellir
Ich weiß dass der Laugavegur eine häufig beschriebene Strecke ist, vielleicht ist daher unser zweiter Routenabschnitt - von Landmannalaugar über den Hellismannaleið nach Rjúpnavellir - eine noch etwas weniger abgegraste Tour. Für alle vier Tourteilnehmer war es eine prima Erfahrung. Ein bisschen davon möchte ich mit diesem Bericht teilen. Für Großversionen der Fotos einfach draufklicken.
Links zu den weiteren Berichten: (Teil 2) (Teil 3) (Teil 4) (Teil 5)
Den genauen Streckenverlauf gibt's (hier).
21.6. - Prolog
Die Materialschlacht war geschlagen: Vier Trekkingrucksäcke, nach lange ausgeklügelten Packlisten mit allerlei Ausrüstung vollgestopft, lagen sauber verstaut im Kofferraum von Andis Kombi. Meine Freundin Kathrin hatte noch eine letzte Vorlesung an der Uni auszusitzen, also saßen Andi, Chris und ich im neu eröffneten Biergarten der Universität Ulm, tranken aus rein wissenschaftlichen Gründen alkoholfreies Weizen und vertrieben uns die Zeit mit Vorfreude über die anstehende Islandreise. Nachdem lange Monate an Warte- und Vorbereitungszeit an uns vorbei gezogen waren, würden sich die wenigen Stunden bis zum Abflug in Frankfurt am Main hoffentlich überstehen lassen. Zeit zerdehnt sich, wenn man wartet, und so schlenderten wir bei bestem Wetter fast lustlos durch den Botanischen Garten um sie irgendwie vergehen zu lassen.
Natürlich waren wir alle froh, Alltag und Arbeit abzustreifen und vor allem, die Insel wiederzusehen, die auf unserer Auto-Rundreise auf der Ringstraße im März 2012 einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte. „Island light“ war das damals, meinen 30. Geburtstag habe ich auf dieser Reise in Ytra-Lón im Nordosten in kleiner Runde gefeiert - Hotpot, Sternenhimmel und Einsamkeit. Damals genau richtig. Geplant war wenig und so bestand die Entscheidung zum damaligen Trip eher aus einem Kurzschluss an einem tristen Feierabend, dessen Ergebnis ein Schwung gebuchter Flüge nach Island war. Dass Island uns dann nach zehn Reisetagen auf der Ringstraße innerlich aufgewühlt wieder nach Hause schicken würde, dass die Sehnsucht nach Rückkehr fast zeitgleich mit dem Aufsetzen des Fliegers in Frankfurt kommen würde, ich noch Monate danach immer wieder vor meinen Fotos sitzen würde, das alles war nicht absehbar. Umso gespannter waren wir nun darauf, wie nahe wir dem Land auf der solider geplanten diesjährigen Trekkingtour kommen würden. Zu Fuß, denn um sich Island wirklich zu nähern, muss man Zeit in seiner Natur verbringen, die Strecke ist nicht entscheidend. Zumindest für mich stimmt das, wie sich im Vergleich der beiden Touren dann doch eindeutig gezeigt hat.
Gebucht waren die Flüge seit Februar und gebrückt haben wie die Wartezeit mit ausführlichen Vorbereitungen, dem Stöbern in verschiedensten Foren, dem Lesen vieler Tourberichte und nicht zuletzt der Optimierung und Komplettierung unserer Ausrüstung. Das Thema Gewichtsersparnis interessierte mich schon aufgrund meines etwas kaputten Rückens, auch wenn wir es letztendlich nicht übertrieben haben. Die Zahnbürste hat jedenfalls niemand abgesägt. Putzt sich auch ganz lausig damit. (Nachtrag: Eine Person schon, wurde mir mitgeteilt ...) An dieser Stelle daher ein Dank in das Internet hinein: Ohne die unzähligen Foreneinträge mit Vergleichstests und Erfahrungwerten wären wir sicherlich deutlich schwerer unterwegs gelesen, wenn ich mir meine historischen Erstentwurf der Packliste so anschaue.
Da kam auch schon Kathrin. Ab auf die Autobahn Richtung FFM, denselben Langzeitparkplatz wie im Jahr zuvor gekapert, in den Shuttle-Bus zum Flughafen gestiegen, Rucksäcke in Frischhaltefolie eingewickelt und aufgegeben, fettige Pizza gegessen, Warten. Endlich Boarding! Der Direktflug nach Keflavík verlief dann ebenso ruhig wie die Hinfahrt nach Frankfurt und so setzen wir kurz vor Mitternacht zum grandiosen Farbenspiel der gerade untergehenden Sonne auf isländischem Boden auf. Endlich zurück, irgendwie kam uns schon der Flughafen so vertraut vor! Das Gepäck vollständig und unbeschädigt eingesammelt, sitzen wir im FlyBus Richtung Reykjavíc. Draußen ziehen düstere Lava-Landschaften an uns vorbei. Kurze Zeit habe ich Angst, dass ich Kathrin für ihre erste Islandreise zuviel versprochen haben. Man gerät ja schließlich schon ab und an in‘s Schwärmen.
22.6. - Willkommen in Reykjavíc
Der FlyBus setzt uns in den frühen Morgenstunden am Campingplatz ab. Erinnerungen kommen hoch, schließlich hatten wir hier ein Jahr zuvor unsere letzte Nacht im Hostel verbracht. Diesmal lassen wir den Campingplatz nichts rechts liegen um in einem beheizten Zimmer zu schlafen, sondern steuern auf die noch geöffnete Rezeption zu. Trotz später Stunde herrscht reger Betrieb, viele Touristen laden ihre Smartphones an erstaunlichen Konglomeraten aus Mehrfachsteckdosen. Am Tresen stehend erinnere ich mich an dieses Gefühl von Fernweh, als ich vor gut einem Jahr Ende März ein einsames Zelt auf dem noch verschneiten Campingplatz stehen sah. Es hatte ganz offensichtlich schon eine Geschichte hinter sich. Diese Erinnerung ist mir in diesem Augenblick sehr präsent, umso mehr freue ich mich, dass wir dieses Mal unsere eigenen Zelte dabei haben und diese nun auch endlich aufbauen. Ein stilechtes und nach der Landung eiligst aus dem DutyFree-Shop gefischtes „Hallo Island!“-Guiness später heißt es dann: Matrazenabhorchdienst! Wir sind hundemüde.
Gegen sechs Uhr teste ich die neuen Sanitäranlagen. Völlig verschwitzt und pappig muss ich dringend duschen. Wahrscheinlich hat mich auch die Vorfreude nicht schlafen lassen. Gegen 10 Uhr stehen wir alle auf, die Sonne steht hell in einem strahlend blauen Himmel und Island heißt uns mit milden Temperaturen willkommen. Es gibt Porridge zum Frühstück, nur mit etwas Dussel finden wir einen freien Tisch. Reger Betrieb. Der Campingplatz besitzt durchaus Ähnlichkeiten mit einem Taubenschlag, es herrscht geschäftiges Treiben, wir lauschen Gesprächen in vielen unterschiedlichen Sprachen. Einige Gesichter werden wir in den nächsten Tagen auf unserer Tour wiedersehen.
Nach dem Frühstück schlagen wir noch etwas ungelenk unsere beiden Zelte ab und und packen die Rucksäcke. Endlich geht es los! Unser Plan besagt, die ersten Meter auf Island für eine kurze Sightseeingtour in Reykjavík nutzen, bevor es mit dem Buss ab nach Skógar gehen soll. Wir laufen Richtung Innenstadt und unterbrechen ab und zu, um die Rucksäcke noch besser einzustellen. Die sind gefühlt noch bleischwer und sitzen noch nicht perfekt, aber es wird.
In der wuseligen Innenstadt unterscheiden sich dann zwei Arten von Touristen ganz offensichtlich: Rucksackträger in voller Montur, deutlich in der Unterzahl, und klassische Touristen. Die Stadt ist gefüllt mit Leben. Beim ersten Bónus erwerben wir aus Nostalgie „unsere“ Würstchen und ein großes Stück Käse – von beidem haben wir uns auf dem letztjährigen Roadtrip fast ausschließlich ernährt. Ein Becher Skyr für jeden darf natürlich auch nicht fehlen. Verputzt wird der bunt gemischte Einkauf dann gegen Mittag auf den Steinen vor der Hallgrímskirkja.
Wir drehen eine Runde durch die Hauptstadt, laufen am neuen Konzerthaus Harpa vorbei und lassen natürlich auch das Wikingerschiff Sólfar nicht unabgelichtet.

Danach drehen wir ein in Richtung IBS. Spiritus für unseren Brenner hätten wir der Einfachheit halber natürlich auf dem Campingplatz mitnehmen können – haben wir aber nicht. Ich bin mit diesem „Ach, das kaufen wir nachher irgendwo in der Stadt“-Gedanken einfach daran vorbei gelaufen. An der Tankstelle vor dem Busbahnhof kaufen wir den letzten 5l-Kanister Rødsprit, kleinere Gebinde sind leider aus. Trotzdem Glück gehabt. Wir stellen uns schon einmal darauf ein, drei doch recht teure Liter in Skógar der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Worin genau wir die für uns benötigten zwei Liter transportieren sollen, wissen wir noch nicht genau, denn der große Kanister ist definitiv zu sperrig für unser Gepäck. Wird sich klären.
Nach kurzer Zeit in der Wartehalle am Busbahnhof begrüßt uns dann der Busfahrer – ein netter Kerl mit viel Spaß bei der Sache. Die Fahrt über erzählt eine Stimme aus der Konserve über die Bordlautsprecher mehr oder minder interessante Dinge über die landschaftlichen Sehenswürdigkeiten, die wir gerade passieren. Muss wohl die falsche Route gewesen sein, denn so ganz passte das alles nicht zusammen. Auch ohne die etwas zu penetrant auf lustig gemachte Erklärung zieht mich Island mit jedem Kilometer weiter in den Bann. Nachdem wir die Außengebiete der Stadt langsam hinter uns lassen, tritt wieder die archaische Landschaft in den Vordergrund, die mich schon letztes Jahr so begeistert hat. Aus dem Fenster gucken und genießen! Am Seljalandsfoss machen wir trotz eher diffusem Wetter eine kurze Fotopause, immerhin fällt Chris diesmal nicht um Haaresbreite in den Wasserfall hinein. Könnte daran gelegen haben, dass die Gischt Ende Juni nicht mehr sofort gefriert und der schmale Pfad hinter dem Wasserfall entsprechend auch nicht mehr einer Schlitterpartie gleicht.
Wenig später begrüßt uns der Skógafoss. Auf dem Campingplatz ist es deutlich leerer als in Reykjavík, was uns keineswegs stört. Wir schlagen unsere Zelte in einiger Entfernung zum Wasserfall auf und haben dann Glück: Bei den sanitären Anlagen finden wir zwei fast leere 1l-Spiritusflaschen, zurückgelassen für die Allgemeinheit. Damit wäre auch das Thema Brennstoff geklärt. Unseren nach der Umfüllung noch halb vollen Kanister lasse ich für nachfolgende Reisende bei den Sanitäranlagen stehen, möge er für irgendjemand eine angenehme Überraschung gewesen sein. Zwar macht eine kleine improvisierte Imbissbude wohl wegen mangelnder Kundschaft gerade die Luken, aber egal: Noch sind Bestände aus dem Bónus-Einkauf vorhanden, es geht an's Essen. Noch während wir China-Nudeln, Käse und Snickers vernichten, taucht die Dämmerung die umliegenden Hänge in beruhigend gelbes Licht. Uns bleibt fast nichts anderes übrig, als die Treppen rechts des Wasserfalls hoch zur Aussichtsplattform schon heute zu besteigen.

Am Fuße dieser Treppe proben zwei Isländer in scheinbar historischem Gewand etwas, was ich für traditionellen Satzgesang halte. Leider verstehe ich kein Wort, aber die beiden sind richtig gut. Oben angekommen sehen wir, dass auf der Wiese vor dem Wasserfall Zelte und Bänke aufgebaut – wir vermuten der feierlichen Ausstattung nach eine Hochzeitsfeier oder Ähnliches. Nach einigen Fotos verschwindet die Sonne endgültig hinter den Hügeln.

Zurück in den Zelten lassen wir den Abend bei heißem Tee ausklingen. Ich verfasse meine ersten Notizen im Zelt und schlafe dann schnell ein. Morgen geht es los Richtung Landmannalaugar. Endlich.
23.6. - Skógar nach Fimmvörðuháls-Hütte: Hochland und Höhenmeter
Mein Tag beginnt mit Kopfschmerzen, ich bin ein klarer Fall für die Bordapotheke. Die Nacht war kalt und ich nicht sauber in den Schlafsack eingepackt. Daher habe ich gefroren wie ein Schneider, eigene Dummheit. Das wird in den nächsten Tage geändert. Das Frühstück vor großartiger Kulisse entschädigt, denn Island ist auch heute gnädig und gewährt uns auf unserer erste Etappe perfektes Wetter: Strahlender Sonnenschein mit fotogenen Wolken!

Die Treppen rechts des Skógafoss vertreiben das letzte bisschen Müdigkeit aus den müden Knochen und so tauchen wir gut aufgewärmt in die wundervolle Landschaft entlang des Flusses ein. Zu Beginn fasse ich nicht so richtig, was wir da sehen. Meine Augen müssen sich an diese überbordenden Eindrücke erst noch gewöhnen. Herrlich!

Fosse gibt es entlang dieser Route einige, einer schöner als der andere, die meisten davon tief in die Landschaft eingegraben. Mit jeder Windung des Weges kommt unsere kleine Gruppe besser in den Tritt. Im Stillen und angesichts meiner alltäglichen Rückenprobleme denke ich mir, dass sich die Reduzierung des Gewichts definitiv gelohnt hat – ich fühle mich durch den Rucksack nicht belastet. Die Gedanken an den Alltag schwinden mit zunehmenden Abstand zum Campingplatz ebenso, wie sich die Anzahl an Tagestourern oder Spaziergängern auf dem Weg verringert.

Nach den ersten Kilometern machen wir eine kleine Pause, trinken frisches Wasser direkt aus dem Fluss. Es ist lange her, dass ich so gutes Wasser geschmeckt habe! Geredet wird in der Gruppe heute wenig. Ich habe das Gefühl, dass alle den Vorgang des Abschaltens in Stille genießen – endlich sind wir auf Tour!

Noch vor unserer Mittagspause erreichen wir ein erstes Hindernis: Wir müssen den Skógar überqueren. Zu diesem Zweck existiert sinnigerweise eine Brücke, auf unserer Seite jedoch ohne Aufgang. Klettern! Wir wuchten erst die Rucksäcke und dann uns selbst auf den Übergang und belohnen uns mit einer ausgiebigen Mittagspause.

Interessante Zugangsbeschränkung ins Hochland, diese Brücke: Hinter dieser Kletterpartie sind uns für den Rest des Tages kaum noch Menschen begegnet. Frisch gestärkt setzen wir unseren Weg fort, die Landschaft verändert sich erneut, die Vegetation an den Flussrändern weicht einer deutlich kargeren Landschaft, Brauntöne in allen Schattierungen lösen das saftige Grün ab.

Der beständige Wechsel der Landschaft ist für mich einer der größten Reize Islands. Nur eins bleibt heute sehr konstant: Es geht bergauf. Dass wir viele Höhenmeter fressen würden, wussten wir, und mit zunehmender Höhe mischen sich auch schwarzgraue Tupfer in das Landschaftsbild – Altschneefelder, auch schwarze Vulkanasche findet sich noch überall. Nach einigen Kilometern sichten wir drei Hütten: Zwei davon mit Spitzdach, die alte und neue Baldvínskáli. Während die alte Hütte verfällt, ist die neue scheinbar bereits geöffnet. Zumindest genießt jemand barfuß sitzend die Aussicht davor.

In einiger Entfernung und höher gelegen, sehen wir die Hütte Fimmvörðuháls, unser heutiges Tagesziel. Als wir die beiden Baldvínskáli-Hütten passieren, laufen wir fast durchgängig durch sulzigen Altschnee. Der zähe Untergrund zehrt an unserer Kondition, dazu das beständige auf und ab gepaart mit einigen heftigen Anstiegen – die Höhenmeter dieser Etappe addieren sich. Lockeres Einlaufen auf einer ersten gemütlichen Etappe ist das definitiv nicht.

Ich freue mich, als ich dem Trampelpfad, dem wir folgen, mit dem Augen bis zur Fimmvörðuháls-Hütte verfolgen kann. Etwa einen Kilometer vor Ankunft zieht der bis dahin noch blaue Himmel zu. Es dämmert außerdem, und so laufen wir binnen weniger Minuten aus einem sonnigen Nachmittag hinaus und in eine düstere Abenddämmerung hinein. Als wir an der Hütte ankommen, ist es gespenstisch neblig. So neblig, dass die Navigation auf Sicht nicht mehr möglich gewesen wäre.

Ohne die direkte Sichtverbindung wenige Minuten vorher und das Wissen, dass unser Pfad an der Hütte enden würde, hätten wir Karten und Kompass aus dem Rucksack kramen müssen, so ging's dann doch noch ohne. Umso mehr freuen wir uns über die freundliche Begrüßung des anwesenden Hüttenwirts. Der junge Mann bietet uns sofort warmes Wasser aus einem großen Topf an, was die Zubereitungszeit für unser Abendessen erfreulich verkürzt. Erledigt, ausgehungert, aber froh, angekommen zu sein – so lässt sich unsere Gemütslage beschrieben, als wir unsere Nudeln vertilgen. Zwar hat der Hüttenwirt seinen Dieselofen nicht ganz im Griff, es stinkt daher penetrant, aber wir sind schon ziemlich froh, dass es in der Hütte so mollig warm ist. Später erzählt uns der junge Mann, dass er die Hüttenbewirtung im Rahmen seines Studiums übernommen habe. Wenn ich das richtig verstanden habe. Klar ist aber, dass er mittags noch kurz im Tal gewesen ist, um zu duschen. Wir kommen uns dezent unsportlich vor.

Kathrin hat in der eher rustikalen Toilette noch eine letzte Hürde zu überwinden: Wasser gibt es in der Toilette nicht und so müssen die „Geschäfter“ getrennt werden, was uns Männern konstruktionsbedingt deutlich einfacher fällt.
Reserviert hatten wir in der Hütte nicht, aber an diesem Tag wird genug Platz für die wenigen Übernachtungsgäste auf der Hütte sein. Am Ende des Abends sind wir zu sechst. Nach dem Abendessen lichtet sich der Nebel auch schon wieder. Wir nutzen die Gelegenheit um nach draußen zu gehen, den Sonnenuntergang zu genießen und natürlich auch zu fotografieren.

Wäre es nicht deutlich kälter geworden, ich hätte mir das ewig anschauen können.

Wenigstens einmal möchte ich das mitgenommene Ministativ nutzen.

Zurück in der Hütte halten wir einen Plausch mit einen netten deutschen Ehepaar, die sich gerade ebenfalls ans Abendessen machen, wir sind ihnen am Tag zuvor bereits auf der Aussichtsplattform am Skógafoss begegnet. Das wir Silke und Steffen noch einige Male treffen werden, fast die gesamte Tour parallel laufen werden, wissen wir noch nicht. Die beiden sind alte Hasen und gut ausgestattet. Nicht ganz ohne Grund fühlen wir uns wie absolute Frischlinge. Früh verkriechen wir uns in die Schlafsäcke – die erste Etappe ist geschafft.
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