[NO] Familientour im Blefjell

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    [NO] Familientour im Blefjell

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    [NO] Familientour im Blefjell


    Reisezeitraum 23.06. bis 04.07.2016


    Vorbereitung

    Für den Familienurlaub in diesem Sommer hatten wir uns eine einwöchige Bergwanderung in Norwegen vorgenommen. Die Voraussetzungen waren günstig dafür: meine Frau Aniela ließ im vergangenen Dezember ihr kaputtes Knie operieren, das ihr schon jahrelang Probleme bereitet hatte, und unsere Tochter Isolde war mit elf Jahren jetzt auch stark genug, ihren eigenen Rucksack den Berg hochzuschleppen. Also musste nur noch ein geeignetes Wandergebiet gefunden werden. Weil Norwegen praktisch meine zweite Heimat ist, fiel mir diese Aufgabe zu, aber die Anforderungen meiner beiden Damen waren sehr unterschiedlich und schwer unter einen Hut zu bekommen.

    Isolde: Ich fliege nicht mit dem Flugzeug. Angst!
    Bernd: Ich habe aber keine Lust, den halben Urlaub mit Autofahren zu verbringen!
    Aniela: Es darf nicht zu steinig sein, mein Knie!
    Isolde: Ich will Hochgebirge, mit Felsen zum Klettern!
    Aniela: Aber der Weg muss einfach sein!
    Isolde: Viele Seen und Bäche zum Spielen, sonst wird es langweilig!
    Aniela: Ich will schönes Wetter, bei Regen werde ich unleidlich!
    Isolde: Lange Aufstiege sind voll ätzend, da kriegt ihr mich nicht hoch!
    Aniela: Die Landschaft muss abwechslungsreich sein und lieblich!
    Beide: Keine langen Tagesetappen, wir wollen uns schließlich erholen!

    O.K., also Fähre, nicht an der Westküste, eher in der Nähe von Oslo, über 1100 m Höhe, gut ausgebaute Wanderpfade, nicht zu viel hoch und runter, Waldgebiet angrenzend und es muss einen Zufahrtsweg auf mindestens halbe Höhe geben. Antwort: Norefjell oder Blefjell. Ach ja, viele kleine Seen, also Blefjell.


    Tag 1: Anreise

    Der 23. Juni 2016 ist ein warmer, sonniger Tag in Norddeutschland. Nachdem gestern die Versorgung aller unserer Tiere organisiert wurde (Pferde, Hühner, Mäuse und Kaninchen), kann es heute sehr entspannt losgehen. Wir fahren mit dem Auto in knapp drei Stunden nach Kiel und haben dort noch viel Zeit bis die Verladung beginnt. Aniela und Isolde gehen erst mal einkaufen, während Bernd sich mit einem Kaffee ein gemütliches Plätzchen sucht. Die Verladung dauert dann recht lange, weil es eine zusätzliche Passkontrolle gibt.
    Endlich auf dem Schiff, beginnt sofort die Entspannung. Nach zwei Stunden, als wir die Kieler Förde verlassen haben, sind wir bei auffrischendem Wind schon fast die einzigen Passagiere auf dem Sonnendeck. Wir haben keine Lust auf die Amüsiermeile des Schiffes und packen unser Picknick aus.


    Tag 2: Oslo - Sønstevatnet

    Am kommenden Morgen, der Himmel ist etwas bedeckt, fahren wir in den Oslofjord ein und haben den schönen Blick auf Schären und die Hügel, die den Fjord einrahmen.


    Oslo

    Bevor wir Richtung Blefjell aufbrechen, wollen wir aber noch ins Fram-Museum auf der Museumsinsel Bygdøya. Isolde ist sofort begeistert: In dem Gebäude steht tatsächlich ein Schiff, das man erkunden und beklettern kann! Mit der Fram hat Fritjof Nansen 1893 bis 1896 seine Polarexpedition zur Erforschung der Nord-Ost-Passage unternommen, nachzulesen in seinem abenteuerlichen Reisebericht "In Nacht und Eis". Das Schiff wurde vor 80 Jahren an Land gezogen und ein Museumsgebäude drumherum gebaut. Absoluter Sightseeing-Tipp für Osloreisende!



    Aber Bernd scharrt schon mit den Hufen - wann geht es endlich in die Berge? Also verlassen wir Oslo in Richtung Westen, um in Kongsberg einzukaufen, wo es mittlerweile regnet. Bepackt mit norwegischen Köstlichkeiten erreichen wir die kleine Mautstraße zum Wandererparkplatz Nordstul, auf der wir die ersten 400 Höhenmeter nach Touristenart bezwingen: mit dem Auto. In hektischer Eile packen wir unsere Rucksäcke fertig, was nicht an dem leichten Regen liegt, sondern an der Unzahl ausgehungerter Kriebelmücken, die uns nach wenigen Minuten belagern. Der frühsommerliche Kampf Mensch gegen Mücke hat begonnen. Mückengift wird herumgereicht, was diese Biester nur minimal beeindruckt. Es muss wohl in den vorhergehenden Tagen eine mehr als günstige Wetterlage für die Plagegeister geherrscht haben... Also: nix wie los!
    Nach wenigen hundert Metern finden wir einen schönen Platz am Sønstevatn, wo wir uns für die erste Nacht einrichten. Mit dem Abend sinken die Wolken tiefer und tiefer.




    Tag 3: Langer Aufstieg zum Blefjell

    Nach der ersten sehr erholsamen Nacht im Zelt wachen wir heute Früh im dichten Nebel auf, der sich aber nach und nach lichtet. Der vorsichtige Blick nach draußen offenbart allerdings ein kleines Problem: Kriebelmücken kennen keine Nachtruhe. Für sie geht das Abendessen direkt ins Frühstück über. Buchstäblich Millionen dieser Blutsauger warten ungeduldig darauf, dass wir aus den Zelten kriechen. Das Buffet ist eröffnet! Zielstrebig attackieren sie jedes ungeschützte Fleckchen Haut, etwa Augen und Lippen, wo kein Mückengift aufgetragen ist. Noch hektischer als gestern Abend packen wir, wild mit den Armen rudernd, die Zelte zusammen und verlassen im Eiltempo diesen ungastlichen Ort.


    Aufbruch am Sønstevatn

    Zuerst geht es ein Stück durch den Wald bis zum Seter Nordstul, wo der Aufstieg beginnt. Isolde trägt zum ersten Mal einen größeren Rucksack bei einer Wanderung, der mit Schlafsack, Isomatte, Kleidung und Waschzeug beladen ist. Daran muss sie sich erst noch gewöhnen, was zu lauten Unmutsbezeugungen führt. Fluchend kämpft sie sich bergan, während Bernd versucht, sie zu motivieren.


    Nordstul


    Die ersten 150 Höhenmeter sind geschafft

    Nach einer Stunde Anstieg finden wir einen perfekten Platz für eine lange Frühstückspause. Isolde erkundet sofort den Bach und wird für längere Zeit nicht mehr gesehen. Der leichte, kühle Wind reicht gerade aus um die wenigen Mücken zu vertreiben, die es hier oben noch gibt.
    Nach kurzer Beratung, ob wir den längeren Weg mit schöner Aussicht über Omnsvegg (Bernds Favorit) oder den kürzeren durch das Langedal (Ladies' Choice) gehen, nehmen wir die nächsten Höhenmeter in Angriff. Durch das Tal also, nach bewährter Methode: Aniela langsam und stetig voran, dahinter fluchend Isolde und Bernd mit aufmunternden Worten als Letzter.


    Langedalen


    Blick zurück

    An diesem schönen Sommertag sind viele Wanderer unterwegs, die meisten machen eine Tagestour zum Berg Store Ble.
    Aniela schlägt sich wacker mit ihrem geflickten Knie, und auch Isolde hat trotz ihrer alle zehn Minuten theatralisch angekündigten Beinahezusammenbrüche ("Ich kann nicht mehr weiter! Ich hasse Aufstiege!") noch nicht ihre Belastungsgrenze erreicht, denn in der Mittagspause schleppt sie wie Obelix schwere Steine um im Bach einen Damm zu bauen.
    Als wir das letzte Stück des Aufstiegs geschafft haben, bessert sich ihre Laune erheblich. Ein idyllischer kleiner See auf der Passhöhe von 1200 Hm lädt wieder zum Spielen am Wasser ein, mit schönem Blick zum Gaustatoppen.







    Danach schwenkt der Pfad nach Norden ins Bledalen, wo es immer steiniger wird.


    Store Ble

    Mittlerweile sind Wolken aufgezogen und für morgen ist Dauerregen angesagt, deshalb wollen wir uns Zeit nehmen, um einen richtig guten Platz für die Nacht und wohl auch den ganzen nächsten Tag zu suchen. Hinter dem ersten See im Bledalen verlassen wir deshalb den Pfad in Richtung Osten und finden etwas höher am gegenüberliegenden Hang eine geeignete Stelle.




    Tag 4: Abwettern

    Wie versprochen peitscht der Wind Regen auf unsere Zelte. Uns ist das recht, weil wir alle aus den vergangenen Monaten einiges an Schlaf nachzuholen haben. Nach dem Frühstück geht es also wieder ab in die Schlaftüte. Mit Lesen, Schlafen und Kartenspielen sowie der Zubereitung diverser Heißgetränke verbringen wir den Tag.


    Tag 5: Über das Blefjell-Plateau

    Am frühen Morgen sind wir noch vom dichten Nebel der aufliegenden Wolken eingehüllt, der aber schon während des Frühstücks mehrmals aufreisst und den Blick auf die Sonne freigibt. Als wir dann gegen 8:00 Uhr zusammenpacken, sieht das Wetter gut aus, allerdings ist es deutlich abgekühlt.



    Nach dem Regen sind die Flechten auf den Steinen teilweise glatt wie Schmierseife, aber als wir nach einem kleinen Geröllfeld und einem kurzen Aufstieg über tropfnasse Strauchheide den markierten Pfad wieder erreichen läuft es sich problemlos. Der kalte Wind treibt immer wieder Wolken über die Hochebene.





    Isolde wird zum Scout ernannt und läuft fortan immer eifrig voraus. Ihre Aufgabe ist es, immer die nächste T-Markierung zu entdecken, damit wir uns bei schlechter Sicht nicht verlaufen. Die Eltern sind beide Brillenträger und daher per se für den Job nicht geeignet. Auf diese Weise finden wir in ein angenehm stetiges Wandertempo.


    Ramsurdtjønnan


    Scout


    Brørsteinene





    Am Nordosthang des Gråfjell stellen wir für die Mittagspause die Zelte auf, es kündigt sich wieder Regen an. Bei Nässe von oben wird Aniela bekanntlich unleidlich, deshalb richten wir uns schon mal gedanklich auf Plan B ein: Hierbleiben. Glücklicherweise sind es aber nur ein paar Schauer.
    So schaffen wir noch ein paar Kilometer bis zum Blomtjønn, der so idyllisch aussieht, dass wir daran nicht vorbeigehen können. Ein perfekter ebener Platz ist bald gefunden. Hier schon mal ein Bild vom nächsten Morgen:


    Blomtjønn


    Fortsetzung folgt...
    Zuletzt geändert von Borgman; 16.07.2016, 04:31.

  • qwertzui
    Alter Hase
    • 17.07.2013
    • 2899
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    #2
    AW: [NO] Familientour im Blefjell

    Schön! Wieviel Gewicht hat Eure Tochter denn getragen? Sieht schon ganz schön beachtlich aus der Rucksack, Respekt!

    Kommentar


    • Borgman
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      • 22.05.2016
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      #3
      AW: [NO] Familientour im Blefjell

      Zitat von qwertzui Beitrag anzeigen
      Wieviel Gewicht hat Eure Tochter denn getragen?
      Anfangs knapp 8 Kg, das hatte sie vorher getestet und als problemlos tragbar bewertet. Als ich später mehr Platz in meinem Rucksack hatte (drei Leute können pro Tag eine erstaunliche Menge Nahrung verdrücken...) habe ich noch ihren Kleiderbeutel übernommen, da wurde es ein Kilo weniger.

      Kommentar


      • attue
        Erfahren
        • 10.01.2010
        • 250
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        #4
        AW: [NO] Familientour im Blefjell

        super, wird gleich gebookmarked - wir sind immer auf der Suche nach "Familientouren".

        Bezüglich des Rucksackgewichts können die Kids oft mehr tragen als man annimmt, man wiege nur mal deren Schultasche ab.. Aber je leichter desto flotter und weiter gehts auch voran!

        Freue mich schon auf die Fortsetzung,

        lg attue

        p.s. wir werden heuer im August im sjunkhatten NP unterwegs sein (mit 9jähriger Tochter)

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        • Borgman
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          • 22.05.2016
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          #5
          AW: [NO] Familientour im Blefjell

          Zitat von attue Beitrag anzeigen
          Aber je leichter desto flotter und weiter gehts auch voran!
          Das stimmt natürlich, war bei uns aber für dieses Mal nicht beabsichtigt - sollte eher eine kleine Tour zum Ausprobieren sein, deshalb auch ohne festen Plan.

          Zitat von attue Beitrag anzeigen
          wir werden heuer im August im sjunkhatten NP unterwegs sein (mit 9jähriger Tochter)
          "Barnas Nasjonalpark" (Nationalpark der Kinder) - das ist cool! Und sehr viel anspruchsvoller als Blefjell. Hoffentlich habt Ihr gutes Wetter. God Tur!

          OT: Habt Ihr schon eine konkrete Route geplant? Wenn ich im September in Bodø noch Zeit übrig habe, möchte ich da auch noch hin (dann aber allein).

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          • Borgman
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            • 22.05.2016
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            #6
            AW: [NO] Familientour im Blefjell

            Tag 6: Ein paar Meter weiter

            Nach einer klaren, kalten Nacht scheint heute früh beim Aufwachen die Sonne auf die Zelte. Mit 2° C ist es noch sehr frisch. Nach dem Kaffee und Kakao sind wir wieder einigermaßen durchgewärmt und packen zusammen.


            Blomtjønn



            Ein Sonnenstrahl hat allerdings gereicht um die Kriebelmücken zu reanimieren, das ist schon recht ungewöhnlich. Üblicherweise brauchen sie es wärmer um auf Touren zu kommen.

            Wir überdenken während des Gehens noch mal unseren Plan, in das bewaldete Tal hinabzusteigen und östlich des Blefjells über Gunnulvsbua nach Sudstul zum Auto zurückzuwandern. Da gibt es viele Moore, in denen die Biester vermutlich schon zu Hunderttausenden auf unser Blut warten.

            Zuerst einmal laufen wir flott bis zu der Stelle, wo es hinunter zur Eriksbu geht und machen vor dem Abstieg eine Pause.


            Storegrøvatn

            Die Landschaft ist hier traumhaft schön, und so beschließen wir einstimmig, dass es verlockender ist, diese Gegend zu erkunden als uns im Tal von den Mücken auffressen zu lassen. Dann gehen wir eben über die Berge zurück und es wird keine Rundtour.

            Isolde hüpft sehr fröhlich im Gelände herum und beklettert die Felsen, während Aniela und Bernd einen Ausflug zum Uverudfjell machen.






            Åklinuten

            Nachmittags dann ein kleiner Spaziergang Richtung Norden.






            Die Moltebeeren sind noch unreif, taugen aber als Fotomotiv

            Beim Rückweg scheuchen wir versehentlich ein Schneehuhn mit 6-7 Küken auf. Die Henne spielt verletzter Vogel, merkt aber bald, dass wir ihr nicht folgen, also harmlos sind, und sammelt die Küken wieder um sich.

            Ein herrlicher, entspannter Tag. Bernd tut sich etwas schwer damit, sich daran zu gewöhnen, dass man bei gutem Wetter nicht zwangsläufig Kilometer fressen muss, aber Aniela und Isolde sind nicht so ambitioniert und vollkommen glücklich.




            Tag 7: Zurück zum Store Ble

            Noch ist es trocken, aber der Wind hat schon merklich aufgefrischt und treibt ein paar Wolken vor sich her. Bernds Vorschlag, pfadlos auf einer östlicheren Route über das Plateau zurückzulaufen, wird von der Fraktion der Knieoperierten ohne weitere Verhandlung abgelehnt. Dann muss es also auf demselben Weg sein, der immerhin in der umgekehrten Richtung andere Blicke ermöglicht.



            Gut gelaunt brechen wir auf. Bei Isolde bewirkt das Wort "Rückweg" einen ungeahnten Motivationsschub, schon bald läuft sie weit voraus und wartet dann ungeduldig auf die Langsameren.



            Heute treffen wir auch wieder andere Wanderer, in den vergangenen zwei Tagen waren wir praktisch allein hier oben. Frühstückspause an einem perfekten Platz am Bach nördlich des Gråfjell.
            Bis jetzt ist es sonnig, aber beim Anstieg zum Gråfjell ziehen schon dicke Wolken auf.





            Mit den ersten Regenschauern bauen wir am Nystulnuten unsere Zelte auf. Es ist zwar noch etwas früh für die Mittagspause, aber Aniela ist eine ausgesprochene Schönwetterwanderin, das muss man akzeptieren.




            Isolde liebt Tiere!

            Neugierige Schafe begutachten unser Zelt und werden von Isolde mit kleinen Bröckchen von Keksen und Trockenfrüchten gefüttert. Von da an belagern sie uns und trollen sich erst, als wir unseren Weg nach einigen weiteren Regenschauern fortsetzen.

            Nur noch selten bricht zwischen den dunklen Wolken die Sonne hervor. Am Svartetjønn machen wir die letzten Fotos des Tages und rüsten uns für ungemütliches Wetter, das dann auch nicht lange auf sich warten lässt.





            Nordöstlich des Store Ble wollen wir uns einen Platz für die Nacht suchen, was sich aber als schwierig herausstellt, es ist viel zu steinig. Nach längerer Suche finden wir doch noch eine halbwegs ebene Stelle, da regnet es aber schon kräftig. Der Wind legt noch mal eine Schippe drauf und veranstaltet zusammen mit dem Regen ein Höllenspektakel. Das wird eine unruhige Nacht.


            Tag 8: Rückzug ins Langedal

            Nach der Uhrzeit müsste schon Tag sein, aber wir befinden uns hier oben am Berg mitten in den fettesten Regenwolken. Der Wind scheint noch heftiger geworden zu sein, aber wahrscheinlich will er einfach nicht nachlassen. Unerbittlich trommelt der Regen auf die Zelte, Stunde um Stunde. Aniela ist erwartungsgemäß wenig angetan, sie verflucht die ganze Wanderei und das enge Zelt (während normale Leute sich am Mittelmeer die Sonne auf den Pelz brennen lassen und Prosecco schlürfen) mit Kraftausdrücken, die hier nicht wiedergegeben werden sollen.

            Das Damenzelt steht etwas höher, aber unter Bernds Zelt sammelt sich allmählich das Wasser. Er versucht, eine Pfütze in der Apsis auszuschöpfen, es sickert sofort wieder nach. Die ganze ebene Fläche steht unter Wasser. Zeit zum Umziehen! Während er im stürmischen Wind eine bessere Stelle sucht und das Zelt dahin zerrt, reißt am anderen Zelt eine Abspannleine. Als die auch noch repariert ist, beruhigen sich alle wieder. Isolde nimmt es sowieso gelassen und schläft die meiste Zeit.

            Als dann am frühen Nachmittag der Regen nachlässt, packen wir eilig zusammen. Weiter unten, am Pass zum Langedalen, sind wir dann aus den Wolken heraus.




            Langedalen

            Wir steigen noch durch das Tal ab, bis wir den perfekten Platz erreichen, wo wir am ersten Wandertag gefrühstückt haben, auf etwa 950 m Höhe. Überall fließt Wasser, der Pfad hat sich streckenweise in einen Bach verwandelt. Den Bach Nordstulåa, den wir auf dem Hinweg noch trockenen Fußes auf Steinen überquert haben, müssen wir jetzt furten. Immerhin kommt sogar die Sonne durch, und die Kriebelmücken sind auch wieder da, aber an denen stört sich jetzt niemand. Hauptsache trocken.


            Tag 9: Kongsberg


            Isolde, gestiefelt und gespornt, freut sich auf ein Eis in Kongsberg

            Der Tag beginnt verheißungsvoll mit aufgelockerter Bewölkung und kurzen sonnigen Abschnitten. Nach Frühstück und Heißgetränk brechen wir zeitig auf, Isolde wieder weit voraus. Nach einer halben Stunde fängt es dann wieder zu regnen an, das macht uns jetzt aber auch nichts mehr aus. Bald erreichen wir den Parkplatz, und im Auto gibt es trockene Wechselklamotten.

            Auf der Fahrt nach Kongsberg überlegen wir, was wir mit den restlichen eineinhalb Tagen noch Sinnvolles anfangen können. Bernds Vorschlag wird ausnahmsweise angenommen, nämlich die Gegend westlich von Kongsberg zu erkunden, wo es viele alte Silbergruben gibt. Aber zuerst kaufen wir frisches Obst, Brot, Käse und andere gute Sachen ein und schauen uns die Stadt an. Im Regen nur so mittelaufregend.

            Anschließend fahren wir über Saggrenda und das Museumsbergwerk die kleine Straße Richtung Knutehytta, allerdings nur bis zum Abzweig zum Haus Sachsen. In der Gegend gibt es viele deutsche Namen, weil im 17. Jahrhundert Bergleute u.a. aus Sachsen und dem Harz angeworben wurden um den Silberabbau in Gang zu bringen. Die Tradition hat sich erhalten.

            Bernd erkundet die Lage und sucht einen Zeltplatz, damit wir im Regen nicht alle so lange herumirren müssen. Nur 500 m entfernt, am Elsedammen, findet sich ein perfekter Platz direkt am See. Als die Zelte stehen hört der Regen auf. Fröhliches Baden im See, der gar nicht kalt ist, danach ein Festessen und ein gepflegtes Bier. Sonne am Abend, und die Mücken halten sich auch in Grenzen.


            Elsedammen


            Tag 10: Silbergruben

            Der Tag beginnt trocken, also starten Aniela und Bernd eine Rundtour durch das Grubengebiet. Isolde will lieber hierbleiben, lesen und vielleicht am See spielen. Die Rundwanderung ist wirklich interessant, man sieht alte Anlagen, z.B. Wasserrinnen, außerdem natürlich die Schächte, von denen es hier rund 300 gibt. Sie sind alle sicher eingezäunt, denn manche sind sehr tief und gefährlich. Stollen von insgesamt über 1000 km Länge wurden zwischen 1623 und 1958 in den Berg getrieben.


            alter Staudamm (Elsedammen)


            einer von 300 Schächten


            noch einer...


            ... und noch einer

            Hier wachsen massenhaft Walderdbeeren, viele schon reif. Lecker! Gegen Ende der Rundwanderung beginnt es kräftig zu regnen. Aniela und Isolde fahren am Nachmittag noch hinunter, um das Besucherbergwerk anzuschauen, das dem Norsk Bergverksmuseum angegliedert ist. Mit der Grubenbahn fährt man hier 2,3 km in den Berg hinein, 340 m in die Tiefe. Beeindruckend, was man dort erfährt - und auch für Kinder toll aufbereitet. Isolde ist sehr begeistert!


            Silberbergwerk Kongsberg

            Entspannter Abend mit den Resten vom Festmahl und einem weiteren Bier.


            Tag 11: Rückreise

            Wir brechen früh auf und fahren auf kürzestem Weg nach Oslo, denn wir wollen unbedingt noch zum Vigelandsanlegget im Frognerpark. Das gehört für Aniela und Bernd zu jedem Oslobesuch dazu, und Isolde kennt ihn noch gar nicht. Schon kurz vor 9:00 Uhr kommen wir dort an, in der Erwartung, dass an einem Sonntagmorgen noch nicht so viel los ist.

            Aber diese Rechnung haben wir ohne die chinesischen Touristen gemacht. Busladungen über Busladungen von ihnen überschwemmen in ihren schrillen Outfits die Wege. An der faszinierenden Skulpturenanlage, die in Granit und Bronze den Kreislauf des menschlichen Lebens darstellt, scheinen sie weniger interessiert, sie posieren lieber quietschvergnügt oder künstlich-anmutig für ihre Smartphones vor der exotischen Kulisse.












            Vier Mädchen

            Nach einem Kaffee bzw. Eis im Lokal begeben wir uns zum Fähranleger und treten die Rückfahrt an.


            Fazit

            Abgesehen davon, dass Bernd doch ein wenig unterfordert war (siehe seine anderen Reiseberichte hier) war das eine gut überschaubare Tour zum Ausprobieren, die auch für Anfänger geeignet ist, flexibel zu gestalten mit gut erreichbarem Ausgangspunkt.

            Ein Wermutstropfen waren die unerwartet vielen Mücken, die dafür gesorgt haben, dass wir auch ohne Regen mehr Zeit im Zelt verbracht haben als geplant - und das bei wunderschöner Landschaft mit toller Aussicht.

            Wer gerne etwas Sightseeing mit dem Wandern verbindet, hat hier einige Möglichkeiten.

            Erholungsfaktor:
            Zuletzt geändert von Borgman; 17.07.2016, 15:41. Grund: Ergänzung

            Kommentar


            • sigggi
              Dauerbesucher
              • 22.04.2011
              • 556
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              #7
              AW: [NO] Familientour im Blefjell

              Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
              [NO] Familientour im Blefjell
              , und unsere Tochter Isolde war mit elf Jahren jetzt auch stark genug, ihren eigenen Rucksack den Berg hochzuschleppen.
              Der Rucksack deiner Tochter sieht aus wie der Deuter Fox40.
              Den möchte ich auch für meinen Enkel (10 Jahre) kaufen.
              War deine Tochter damit zufrieden?

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              • Borgman
                Dauerbesucher
                • 22.05.2016
                • 724
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                • Meine Reisen

                #8
                AW: [NO] Familientour im Blefjell

                Ja, das ist ein Fox 40 und ja, sie hat ihn gerne getragen, er hat einfach gut gepasst.

                Wir haben den Rucksack im Fachhandel gekauft, dort wurde er auf ihre Rückenlänge eingestellt und sie hat ihn, mit dem entsprechenden Gewicht beladen, vorher probegetragen. Das würde ich immer empfehlen.

                Kommentar


                • sigggi
                  Dauerbesucher
                  • 22.04.2011
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                  #9
                  AW: [NO] Familientour im Blefjell

                  Danke - Rucksack ist gekauft.

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                  • Rattus
                    Lebt im Forum
                    • 15.09.2011
                    • 5177
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [NO] Familientour im Blefjell

                    Schöner Bericht, besonders mag ich die Schilderungen der wohl entspannten Familienatmosphäre Danke.
                    Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

                    Kommentar


                    • vobo

                      Dauerbesucher
                      • 01.04.2014
                      • 719
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [NO] Familientour im Blefjell

                      Die Schilderung insbesondere der verschiedenen Meinungen und Einigungen fand ich auch sehr schön. Immerhin konntet ihr hier gemeinsame Erlebnisse vergnügt geniessen, auch wenn Du in Dein Einzelzelt (schnarch?) vertrieben wurdest

                      Danke fürs Teilen.

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                      • attue
                        Erfahren
                        • 10.01.2010
                        • 250
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                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [NO] Familientour im Blefjell

                        Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                        Das stimmt natürlich, war bei uns aber für dieses Mal nicht beabsichtigt - sollte eher eine kleine Tour zum Ausprobieren sein, deshalb auch ohne festen Plan.


                        "Barnas Nasjonalpark" (Nationalpark der Kinder) - das ist cool! Und sehr viel anspruchsvoller als Blefjell. Hoffentlich habt Ihr gutes Wetter. God Tur!

                        OT: Habt Ihr schon eine konkrete Route geplant? Wenn ich im September in Bodø noch Zeit übrig habe, möchte ich da auch noch hin (dann aber allein).
                        Sorry für die späte Antwort, wir hatten keine konkret Route, wollten aber unbedingt bis zum Steigtinden. Danach sind wir dann bis nach Loding gewandert um von dort dann mit dem Bus nach Bodo zurückzukehren. Landschaftlich auf jeden Fall sehr reizvoll!!

                        lg

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