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    [FI] Im Wald-Out: Urho Kekkonnen

    Tourentyp Wintertour
    Breitengrad 68.28453366
    Längengrad 28.198608364
    Im Wald-Out
    Land: Finnland
    Reisezeit: März 2015





    Der Waldmann ist schuld, er gab mir beim ODS-Treffen im Harz den guten Tipp, für meine nächste Wintertour preiswert und bequem über Ivalo nach Karasjok zu reisen. Nachdem der erste Teil der Logistikplanung erledigt war, d.h. der Flug nach Ivalo gebucht, wurde Teil zwei kurzerhand gestrichen. Wieso nach Karasjok fahren, wenn in Finnland auch Schnee liegt. Und außerdem hatte ich dieses Jahr sowieso nur knapp zwei Wochen Zeit, Da muss ich nicht noch zwei zusätzliche Tage mit An- und Abreise verbringen.

    Und dann kommt eines zum anderen: ich will kein Zelt mitnehmen, also muss es Wald sein, wegen dem Wind. Im Wald da ist der Schnee so tief, also muss das Gepäck leicht sein. Weil das Gepäck leicht ist, ist die Pulka zu groß, schnell schreibe ich eine Bestellung an Jonas B. ... Und so weiter und so fort.

    Wenn man abends nach Helsinki fliegt, kann man die Nacht mit Schlafsack und Isomatte im Flughafen verbringen, und morgens um sechs frisch und ausgeruht in die Frühmaschine nach Ivalo steigen, um den ersten Kaffee zu trinken. Dort wartet bei Ankunft schon die Busse, um einen zu fahren, wohin man will. Ich will nach Saariselkä, und komme gerade zur rechten Zeit an, um in einem der Hotels zu frühstücken. Dann noch ein paar Einkäufe erledigen, ein kurzer Besuch im Nationalparkzentrum, am großen Holztipi an der Langlaufloipe die Sachen packen, und auf geht’s.

    Urho-Kekkonen. Auch wenn es alternative Deutungen gibt, sie fallen allesamt in die Kategorie Volksetymologie. Der Park ist angeblich so benannt worden, weil Urho Kekkonen bekanntlich gern in Saariselkä Ski lief. Die Fotobeweise hängen im Ort in jedem Hotel. Aber: Wenn es es um eine politische Manifestation ginge, müsste das Zielgebiet ja „Mannerheim-Nationalpark“ heißen, schließlich liegt es an der finnisch-russischen Grenze. Also muss die Namensgebung andere Hintergründe haben. Nach aktuellem Stand der Finno-Ugristik heißt hokekkonen ganz ohne Zweifel: „Großer Wald“. Und Ur, das ist ja einfach. Ergo: „Großer Urwald-Nationalpark“.


    Urwald der Zukunft.

    Nachdem die Etymologie geklärt ist, nun zur Topografie. Als Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer sich in der Wüste „Ende der Welt“ verirren, fährt ihnen bekanntlich der Schreck in die Glieder. Denn eine riesige, dräuende Gestalt erhebt sich am Horizont! Dass es am Ende gut ausgeht, ist bekannt. Herr Tur Tur tut nur so, und ist auch insgesamt sehr nett.

    So wie mit dem Scheinriesen Tur Tur verhält es sich mit den Erhebungen des Urho-Kekkonen-Nationalparks. Nach dem ersten Entfalten der postalisch eingetroffenen 1:50.000er Wanderkarten wird der Expeditionsleitung ganz flau im Magen. Kühne Gipfel, schroffe Steilwände, tiefe Canyons mit schäumenden Wildflüssen, hektargroße, zerklüftete und unwegsame Felsenmeere. Da soll es hindurch gehen? Doch sobald man sich dem Areal nähert, werden die Hügel sanfter, die Bachtäler gangbar, die Kelos winken freundlich. Das liegt daran, dass die Höhenlinien der Karte fünf Meter Äquidistanz haben und alle Felsblöcke oberhalb der Baumgrenze von fünf Generationen finnischer Landvermesser liebevoll durchnummeriert und danach einzeln kartiert wurden.

    Dennoch lauern im Reich der Tur-Tur-Tunturis Gefahren, zum Beispiel: Die Lawinengefahr. „Avalanche risk“ schrieb ein Holländer in der Muorravaarakka-Hütte ins Gästebuch, und am nächsten Tag, als er den Berg Ukselmapää gequert und überlebt hatte, ein weiteres Mal, diesmal im Hüttenbuch der Sarvioja-Hütte und mit drei Ausrufezeichen: „Avalanche risk!!!“. Ha. Ich komme nicht aus Holland, sondern aus Nordrhein-Westfalen, der Langenberg ist 125,2 m höher als der Sokosti, die mit 718 m.ü.M. höchste Erhebung des Urho-Kekkonen-Nationalparks und überhaupt Ostfinnlands. Drum schreckten mich die Gefahren nicht. Ich überschritt den Sokosti, ich durchschritt Pirunportti, die Pforte des Teufels, und kam doch lebend zurück.


    Gefährlicher Tur-Tur-Tunturi.

    Auch wenn die Tur-Tur-Tunturis bei Annäherung schrumpfen, benehmen sie sich manchmal fast wie ihre großen Geschwister in den Skanden. Es weht, mal bilden sich Sastrugis und Wechten, mal sind die Felsen blankgefegt. Im Nebel und Schneefall verschwimmen die Konturen, Whiteout. Der Autorin dieser Zeilen wurde am letzten Expeditionstag an der Ostflanke des Kivipää mehrfach die Pulka umgeweht. Dass es sich um eine UL-Pulka mit einer äußerst voluminösen, aber federleichten Evazotematte obendrauf handelte und das Ganze zum fraglichen Zeitpunkt maximal 12 kg wog, schmälert die Dramatik des Ereignisses in keiner Weise.

    Das alles - Schnee, Sturm, Whiteout - wütet zum Glück nur oberhalb einer magischen Grenze. Unterhalb dieser Grenze kommen erst kleine Birken, dann große Birken, dann kleine Kiefern, dann große Kiefern. Hier weht kein Wind, die Bäume werfen lange Schatten, Geräusche werden verschluckt. Man sieht vielleicht 200, 300 Meter weit. Manchmal ein trippelnder Auerhahn, einmal drei Elche. Für Sekunden im Gesichtsfeld, sofort verschwunden zwischen den dunklen Stämmen.


    Einfach von einem Baum zum nächsten gehen...

    Das Wald-Out stellt ganz eigene Anforderungen an die Navigation. Kurs halten von Baum zu Baum, der Kompass baumelt am Handgelenk.

    Wo kein Wind weht, ist der Schnee ungesetzt und hüfttief. Nach dem ersten Biwak ist klar: Erst das Tarp mit Ski aufstellen und dann Holz sammeln gehen ist eine ganz schlechte Idee. Viel klüger ist es, in umgekehrter Reihenfolge zu verfahren.



    Überhaupt erweist sich das Tarp als überflüssig. Der Wetterschutz eines Rechteck-Tarps im Winter ist so minimal, dass es nur bei kompletter Windstille taugt, Und dann kann man sich auch einfach so in den Schnee legen. Meistens aber nutze ich die spartanischen offenen Hütten: Autiotupa - ein Gaskocher, ein Schuppen mit Feuerholz, Holzpritschen ohne Matratzen.


    Tanzpalast für Zwölf.

    Die Groß-Klein-Anomalie der Tur-Tur-Tunturis findet in den Autiotupa ihre Entsprechung, nur spiegelverkehrt. Denn die Autiotupa ähneln, um eine weitere literarische Analogie zu bemühen, der Handtasche von Hermine Granger: Scheinbar klein, können sie dennoch eine ungeheure Anzahl von Wanderern beherbergen. Acht Schlafplätze, zehn Schlafplätze. So verspricht es zumindest die Legende der Wanderkarte. Nie war das Wort so treffend: Legende... Der Ernstfall fällt zum Glück aus. In Tuiskukuru treffe ich ein tschechisches Paar, in Sarvioja einen Finnen. Ansonsten habe ich die Hütten für mich allein.

    Es gibt nichts Ätzenderes, als einer Skooterspur im Wald zu folgen. Drum lässt man sich am besten im Nationalparkzentrum von Saariselkä die beliebtesten Winterrouten im Urho-Kekkonen-Nationalpark erklären, meidet diese dann nach Möglichkeit und läuft viel querfeldein. Beliebt ist zum Beispiel die Grenzzone zu Russland. Hier fahren die Finnen mit Skootern Patrouille, und auch die Sami nutzen die Strecke gern, um in den Nationalpark hinein zu kommen. Beliebt sind außerdem alle Hütten, die eine Sauna haben. Ich blieb der Grenze und den Saunen fern. Um von Saariselkä wegzukommen, nehme ich aber am ersten Tag die gespurte Loipe, das geht schön flott.


    Diese Packvariante bewährte sich nicht.
    Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 24.09.2015, 12:30.
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    #2
    AW: [Fi] Im Wald-Out

    Tag 1
    Saariselkä-Pessinlampi
    ca 9 km



    Kelo der Erste.

    Es sind sehr viele Langläufer unterwegs, als ich gegen zwei Uhr nachmittags starte. Die will ich mit meiner wenig folgsamen Pulka am Strick nicht stören und muss deshalb immer wieder am Loipenrand anhalten, was ein bisschen nervt und den Rhythmus kaputt macht. Zum Trost komme ich auf dem präparierten Untergrund rasch voran.



    Nach etwa drei Stunden verlasse ich die Loipe und mache mich auf die Suche nach der eingezeichneten Biwakstelle Pessinlampi etwa 400 m abseits des markierten Wegs, an einem kleinen Bacheinschnitt. Kaum habe ich den präparierten Weg verlasse, kehrt Ruhe ein. Und der Schnee ist viel tragfähiger, als ich befürchtet hatte. Auf einer kleinen, mit einem Pfosten markierten Anhöhe baue ich das Tarp auf. Von hier hat man bestimmt auch im Sommer einen tollen Blick. Beim Sammeln von Hoboholz sinke ich bis über die Hüften ein. Dumm gelaufen, leider sind die Ski am Tarp verbaut...


    Pessinlampi.

    Tag 2
    Pessinlampi-Rautulampi
    ca 10 km



    Diese Packvariante hat sich ebenfalls nicht bewährt.

    Ich schlafe lang und erst mittags geht es weiter auf der Loipen-Autobahn. An der Rasthütte Luulampi gibt es sogar ein Cafe, geschätzt 20.000 Paar Langlaufski stehen draußen an der Wand. Einen Kilometer weiter zweigt eine Loipe Richtung Westen nach Kiilopää ab. Auf der Runde Saariselkä- Kiilopää sind etwa 90% der Langläufer unterwegs, d.h. nun wird es endlich ruhiger, und die gespurte Loipe ist nur noch schmal. Und die Landschaft wird offener, juhu.


    An der Baumgrenze.

    Ich gegen weiter Richtung Südost und erreiche gegen 16.00 Uhr die Hütte Rautolampi. Auf meiner Karte als Autiotupa, also Übernachtungshütte gekennzeichnet. Allerdings gibt es keine Pritschen, nur schmale Bänke. Drei andere Skiwanderer sind schon da, die auch übernachten wollen. Also quetsche ich mich für die Nacht auf eine schmale Bank, für das Tarp ist es mir draußen ein bißchen zu windig.


    Rautolampi.
    Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 23.09.2015, 21:56.
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      #3
      AW: [Fi] Im Wald-Out

      Zitat von Sarekmaniac Beitrag anzeigen
      Wo kein Wind weht, ist der Schnee ungesetzt und hüfttief.
      Nur hüfttief? Da hattest du aber ein schlechtes Jahr. Ansonsten: Weitererzählen.

      Mac

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      • Sarekmaniac
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        #4
        AW: [Fi] Im Wald-Out

        Tag 3
        Rautulampi-Lankojärvi-Suomujoki
        ca. 16 km



        Offenes Wasser I.

        Heute verlasse ich endlich die gespurte Loipe. Vormittags geht es von Rautulampi in östliche Richtung zur nächsten Hütte, Lankojärvi, sieben flotte km auf einer guten Skiwandererspur, zwischenzeitlich auch mal auf einer Skooterspur. Die Hütte liegt am Suomujoki, einem der großen Flüsse, die den Nationalpark durchfließen. Ich wende mich nach Süden, flussaufwärts, folge den Flusswindungen, mal auf alten Skispuren, mal spure ich selber. Der Fluss hat viel offenes Wasser, ich möchte ans östliche Ufer queren, aber finde keine gute Stelle.


        Offenes Wasser II.


        Offenes Wasser III.

        Einmal stehe ich an einer kollabierten Schneebrücke, über die viele Skispuren führen. Hier war, scheint es, bis vor kurzem ein viel genutzer Übergang. Das Wasser ist nicht tief, aber ich mag nicht waten, ich habe auch keine passenden Schuhe dabei. So bleibe ich ohne Spur am falschen, westlichen Ufer und laufe sogar ein Stück am angepeilten Talausschnitt, dem Tuiskukuru-Tal, vorbei.


        Da geht es durch.

        Es wird sehr warm, etwa plus fünf Grad, ein leichter Nieselregen geht und die Stollenbildung an den Ski wird unerträglich. Nach jedem zweiten Schritt muss ich den Schnee abschlagen. Das macht keinen Spaß und so suche ich mir kurzerhand schon nachmittags eine Stelle für das Tarp. Heute versuche ich mal, mit Spiritus zu kochen, was gut klappt – kein Wunder, bei den Temperaturen. Es kommt Wind auf. Im Wald bin ich zwar ganz gut geschützt, aber trotzdem reißt es abends an einer Stelle eine Leine los, und ich muss nochmal raus aus den Federn.

        Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 10.10.2015, 21:19.
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          #5
          AW: [Fi] Im Wald-Out

          Tag 4
          Suomujoki-Tuiskukuru
          ca. 12 km




          Heute geht es durch das Tuiskukuru-Tal zur gleichnamigen Hütte. Über Nacht ist es zum Glück wieder kälter geworden. Ich gehe erst Mal weiter in die falsche Richtung, flussaufwärts, bis ich endlich eine tragfähige Schneebrücke zum Queren finde. Und dann am anderen Flussufer zurück bis zum Taleinschnitt. Hier ist der Wald auf gut einem halben Quadratkilometer tischeben – der kleine Tuiskujoki hat vor Urzeiten einen gewaltigen Schwemmfächer ausgebildet.


          Tuiskujoki, Schwemmfächer.


          Tuiskujoki, Unterlauf.

          Und auch der regelrechte Canyon, den er im oberen Bereich über mehrere Kilometer eingegraben hat, lässt ahnen, dass dieser Fluss nicht immer so ipschig war. Das unterste Stück laufe ich direkt am Fluss entlang, doch bald wechsle ich ans Nordufer, an dem mehrere Terrassen übereinander verlaufen. Immer wenn eine endet, steige ich zur nächsthöheren Terrasse auf und schraube mich langsam den Hang hoch.


          Von Terrasse...


          zu Terrasse...

          Zwischendurch sind einige tief eingeschnittene kleine Zuläufe zu queren, oder zu umlaufen. Keine Spuren, viel Auf und Ab, es dauert seine Zeit, einen guten Weg zu finden. Für die zwölf km heute brauche ich etwa sechs Stunden.



          Nach dem grauen Nieseltag gestern ist es heute einfach traumhaft, sonnig, der Himmel tiefblau, die Bäume werfen blaue Mikado-Schatten.









          Auf Höhe des Tuiskupäät, meines heutigen Haus-“Berges“ (ich bitte alle Finnen, die Anführungsstriche zu entschuldigen), laufe ich zwei km an und über der Baumgrenze. Fernblick, wie schön. Der Tag war so einsam und der Weg so unbegangen, dass ich die höchst romantische Vorstellung entwickelt habe, die Tuiskukuru-Hütte müsse völlig abgelegen sein. Aber wie schon der finnische Nationaldichter Aleksis Kivi feststellte: „Viele Wege führen nach Tuiskukuru.“ Dort angekommen stelle ich fest, dass zur anderen Seite, Richtung Luirojärvi, eine gut sichtbare und harte, vielgenutzte Spur führt. Ein nettes tschechisches Pärchen hat sich schon eingerichtet und den Ofen geschürt.


          Tuiskupäät I.


          Tuiskupäät II.


          Tuiskupäät III.


          Tuiskukuru Autiotupa.
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          • codenascher

            Lebt im Forum
            • 30.06.2009
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            #6
            AW: [Fi] Im Wald-Out

            Guten morgen
            Eine ausgezeichnete Bahnlektüre Vielen Dank für die ersten Tage deiner toll beschriebenen Tour! So langsam wirds frisch und die Gedanken und Ideen für die kommende Wintertour brauchen Futter und Anregungen.

            Ich bin überrascht, dass du mit solch einem leichten Setting auf Tour bist.

            Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

            meine Weltkarte

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            • Sarekmaniac
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              Liebt das Forum
              • 19.11.2008
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              #7
              AW: [Fi] Im Wald-Out

              Tag 5
              Tuiskukuru- Luirojärvi/Rajankämppä
              Ca 9 km




              Ein sehr entspannter Tag, nach Luirojärvi ist es nur ein Katzensprung. Nach dem dichten Wald vom Vortag wird die Landschaft heute offener. Es hat nachts etwa 3 cm geschneit, es ist morgens -15 Grad kalt, kein Wind weht und die Sonne scheint. Traumwetter.










              Weil die beiden Tschechen mir erzählt haben, dass sie zwei Tage zuvor wegen ausgiebig saunierender Finnen in Luirojärvi bis nach Mitternacht kein Auge zugekriegt haben, gehe ich an den Hütten vorbei und begebe mich zur etwa 300 m weiter südlich ebenfalls am Ufer des Luirojärvi gelegenen Autiotupa Rajankämppä, die ich die ganze Nacht für mich allein habe. Nicht dass ich grundsätzlich etwas gegen Saunieren hätte, nur ist mir heute nicht danach.





              Eine offene Wasserstelle gibt es nicht, also laufe ich mit den Ski ein Stück auf den See hinaus und sammle sauberen Schnee in meinem VBL. Dann noch 20 Minuten im Holzschuppen sägen und hacken, und der gemütliche Abend kann beginnen. Der Holzschuppen liegt recht weit von der Hütte und mein Versuch, die Holzscheite auf der UL-Pulka zu stapeln und dann zu ziehen, endet kurioserweise damit, die Scheite sich keinen Millimeter rühren, während das UL-Dingsbums aus 0,8 mm starkem HD-PD unter ihnen weggezogen wird. Was mich auf die Idee bringt, dass es besser sein könnte die Zugseile an die Last zu knüpfen anstatt an den Schlitten... Die Hütte ist extrem gut isoliert; eine halbe Stunde nach dem Anheizen hat es 30 Grad.





              Tag 6
              Luirojärvi/Rajankämppä - Muorravaarakka
              Ca 17 km und 380 Höhenmeter

              Es wird kälter, morgens zeigt mein Thermometer vor der Hütte minus 22 Grad an. Der gestrige Tag mit seiner locker baumbestandenen Landschaft hat mir gut gefallen, ich sehne mich nach noch mehr Fernblick. Ich starte bei blendendem Wetter, erst das Ostufer des Luirojärvi entlang und dann dirkt ostwärts Richtung Sokosti. Nach ca. zwei km wird es steil, und ich ziehe zum ersten und letzten Mal auf dieser Tour die Langfelle auf. Die kurzen hätten auch gereicht, der Rucksack, den ich ziehe, wiegt ja quasi nichts. Aber so habe ich die Dinger wenigstens nicht umsonst mitgeschleppt.





              Bald erreiche ich die Baumgrenze und kann endlich mal in die Ferne schauen: Endlose wellige, schwarze Wälder, aus denen die weißen, unbewaldeten Tunturis herausragen wie Walfischrücken. Doch leider trübt es kurz darauf ein und wird recht windig; oben auf dem Grat sehe ich so gut wie nichts, außer dass der Sokosti durch einen Sendemast verschandelt ist, und dass von Norden her eine Skooterspur bis auf den Gipfel führt.









              Über einen der Quellbäche des Muorravaarakanjoki fahre ich auf der anderen Seite des Grates ab, zuerst durch ein enges, steiles, baumloses V-Tal, dann kommen die ersten Krüppelbirken (ich nenne das für mich die „Streuobstwiesen-Zone“), dann größere Birken und einzelne Kiefern, und irgendwann verschluckt mich der Wald. Abfahrt ist eigentlich zuviel gesagt, der Schnee ist tief und ich verliere nur sehr langsam Höhenmeter. Aber die Stimmung ist einfach phantastisch, regelrecht mystisch. Sobald ich den Grat verlassen habe, legt sich der Wind. In absoluter Stille gleite ich durch die vernebelte Landschaft dahin, die ersten sieben km ganz ohne Spur, die letzten vier km bis zur Hütte kann ich dann eine Spur nutzen, die von Süden, aus Hammaskuru kommt.









              Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
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              • Mika Hautamaeki
                Alter Hase
                • 30.05.2007
                • 3996
                • Privat


                #8
                AW: [Fi] Im Wald-Out

                Geniale Bilder!
                So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                A. v. Humboldt.

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                • Nuklid
                  Erfahren
                  • 09.06.2013
                  • 437
                  • Privat


                  #9
                  AW: [Fi] Im Wald-Out

                  Da schließe ich mich an, eine Augenweide!

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                  • berlinbyebye
                    Fuchs
                    • 30.05.2009
                    • 1197
                    • Privat


                    #10
                    AW: [Fi] Im Wald-Out

                    Sarekmaniac, du bist wirklich die Königin seriösen Spazierens...

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                    • TanteElfriede
                      Moderator
                      Lebt im Forum
                      • 15.11.2010
                      • 6552
                      • Privat


                      #11
                      AW: [Fi] Im Wald-Out

                      ...wow, was für ein toller Bericht.. und so schöne Fotos... vielen, vielen Dank!

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                      • November
                        Freak

                        Liebt das Forum
                        • 17.11.2006
                        • 11108
                        • Privat


                        #12
                        AW: [Fi] Im Wald-Out

                        Deine "Pulka" sieht nach gar nicht so viel Gepäck aus. Aber abgesehen vom Zelt hast du doch sicher das Gleiche dabei gehabt wie sonst?
                        Und dann auch noch verschiedene Kocher: Hobo, Spiritus. Und vielleicht sogar noch Benzin?

                        Ach ja: Schön, dass das Bärli wieder mit dabei ist.
                        Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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                        • Sarekmaniac
                          Freak

                          Liebt das Forum
                          • 19.11.2008
                          • 10987
                          • Privat


                          #13
                          AW: [Fi] Im Wald-Out

                          Vielen Dank für die netten Kommentare.


                          Zitat von codenascher Beitrag anzeigen
                          Guten morgen
                          Ich bin überrascht, dass du mit solch einem leichten Setting auf Tour bist.

                          Zitat von november Beitrag anzeigen
                          Deine "Pulka" sieht nach gar nicht so viel Gepäck aus. Aber abgesehen vom Zelt hast du doch sicher das Gleiche dabei gehabt wie sonst?
                          Und dann auch noch verschiedene Kocher: Hobo, Spiritus. Und vielleicht sogar noch Benzin?
                          So richtig leicht war es nicht. Habe von meinem Winterkram halt so wenig wie möglich mitgenommen, aber man sieht es an den Bildern, in den ersten fünf, sechs Tagen war das einfach zu voluminös. Als ich ein bißchen was weggefressen hatte und den Spiritus auf einer Hütte zurückgelassen, ging es dann, da passte der Schlafsack endlich in den Rucksack.

                          Der Schlafsack ist einfach zu voluminös, die Doublemat (als Boden zum Tarp) war auch sehr sperrig, die dicke Evazote kam noch dazu.

                          Ich hatte nur Hobo und Spiritusbrenner mit, keinen Benziner.
                          Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                          (@neural_meduza)

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                          • Sarekmaniac
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                            • 19.11.2008
                            • 10987
                            • Privat


                            #14
                            AW: [Fi] Im Wald-Out

                            Tag 7
                            Muorravaarakka - Sarvioja
                            Ca 14 km und 320 Höhenmeter




                            Auch heute geht es von der Hütte aus erstmal stramm bergauf. Zwischen Muorravaarakka und Sarvioja liegt Pirunportti, die "Pforte des Teufels", und bis zu ihrem Eingang sind es gut 300 Höhenmeter bergauf. Bald lasse ich den Wald hinter mir, eine letzte, einsame Kiefer winkt warnend. Ich halte Ausschau – nach dem Teufel, nach der niederländischen Lawinengefahr (s.o.) - vergebens. Und ehe ich mich versehe bin ich oben, und habe, schwups, die heikle Schlüsselstelle passiert.


                            Pirunportti I.


                            Pirunportti II. Avalanche Risk!


                            Der Hölle entronnen. Glück gehabt.

                            Und schon geht es, ganz ähnlich wie gestern, durch ein V-förmiges Bachtal bergab. Im oberen Bereich des Tals lugen zahllose Steine aus der dürftigen Schneedecke hervor. Dazwischen stehen die Krüppelbirken. Eine verschneite mediterrane Landschaft. Ein Olivenhain. Weiter unten im Wald hat der Neuschnee vom Vortag alle Tierspuren, verwehte Blätter, Zweige und Nadeln etc. abgedeckt, die Landschaft ist weiß und unberührt.




                            Finnischer Olivenhain.

                            Um so auffallender ist die frische Vielfraßspur, die parallel des Baches entlang führt. So einer Spur folgen macht immer Spaß, da vergesse ich die Zeit, und jede Müdigkeit. Und ich gelange, weil ich immer weiter dem Bach folge, ein bißchen vom idealen Weg ab, der führt nämlich direkt nach Westen, über eine kleine bewaldete Kuppe, hinter der die Hütte liegt. Und so verabschiede ich mich nach einem Extrakilometer vom Vielfraß und biege nach links ab.


                            Vielfraßjagd.

                            Gegen 17:00 Uhr komme ich in Sarvioja an. Neben dem Eingang lehnen 2,30 m lange finnische Waldski. Ihr Besitzer, ein finnischer Stahlarbeiter, der so Englisch spricht, wie man es schreibt, ist schon ein Weilchen da und hat die Hütte schön aufgeheizt. Mit dem Eisenofen, der luxuriöse offene Kamin bleibt aus. Ich bin müde, der Finne auch, und wir legen uns früh auf die Pritschen. Was für ein aufregender Tag: Teufel, wilde Tiere, mediterrane Steinfrüchte und natürlich: die weiße Gefahr.


                            Muorravaarakka.
                            Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                            (@neural_meduza)

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                            • chriscross

                              Fuchs
                              • 07.08.2008
                              • 1607
                              • Privat


                              #15
                              AW: [Fi] Im Wald-Out

                              Super!

                              Ja, man sieht auf den Fotos z.T. das die Pulka hoch gepackt sein musste. Wie gut funktioniert das mit dem Spiritus?

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                              • Sarekmaniac
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                                Liebt das Forum
                                • 19.11.2008
                                • 10987
                                • Privat


                                #16
                                AW: [Fi] Im Wald-Out

                                Ich habe nur einmal mit Spiritus gekocht, am dritten Tag. Bei fünf Grad plus. Funktionierte gut.

                                Aber im Ernst: das würde ich nicht nochmal machen. Besser Benziner und leichter Hobo. Man braucht irre viel Spiritus, wenn man Schnee schmelzt.
                                Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                (@neural_meduza)

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                                • chriscross

                                  Fuchs
                                  • 07.08.2008
                                  • 1607
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                                  #17
                                  AW: [Fi] Im Wald-Out

                                  Zitat von Sarekmaniac Beitrag anzeigen
                                  Ich habe nur einmal mit Spiritus gekocht, am dritten Tag. Bei fünf Grad plus. Funktionierte gut.

                                  Aber im Ernst: das würde ich nicht nochmal machen. Besser Benziner und leichter Hobo. Man braucht irre viel Spiritus, wenn man Schnee schmelzt.
                                  Ok, ich dachte vielleicht haste doch noch ein paar Kälte-Versuche gemacht. Hobo in der Gegend ist ja was feines und erste Wahl.

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                                  • cane

                                    Alter Hase
                                    • 21.10.2011
                                    • 4401
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                                    #18
                                    AW: [Fi] Im Wald-Out

                                    Klasse Bilder!

                                    Hoffentlich wird es diesen Winter auch hier zu Hause kalt und es gibt ordentlich Schnee

                                    mfg
                                    cane

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                                    • rumpelstil
                                      Alter Hase
                                      • 12.05.2013
                                      • 2707
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [Fi] Im Wald-Out

                                      Ich kann jetzt deine entsprechenden Kommentare nicht recht einschätzen (Ironie?): Wie hast du da die Lawinengefahr tatsächlich eingeschätzt? Als nicht vorhanden? Anhand von Fotos lässt sich da ja gar nichts beurteilen.

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                                      • Fjaellraev
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                                        Liebt das Forum
                                        • 21.12.2003
                                        • 13981
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [Fi] Im Wald-Out

                                        Das ist definitiv Ironie. Bei den Hügeln braucht es schon kräftig was damit mehr als die Gefahr von kleineren Rutschen besteht.

                                        Mit fällt dazu nur das hier ein.

                                        Gruss
                                        Henning
                                        Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                        nur unpassende Kleidung.

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                                        • Sarekmaniac
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                                          Liebt das Forum
                                          • 19.11.2008
                                          • 10987
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [Fi] Im Wald-Out

                                          Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen

                                          Mit fällt dazu nur das hier ein.
                                          Hihi, warum bin ich da nicht drauf gekommen.

                                          Ja, ist ironisch gemeint. Aber natürlich gibt es immer Stellen, wo was rutschen kann: Steilhänge, Wechten. Und wenn es gerade viel Neuschnee gegeben hat, muss man sich solche Stellen natürlich anschauen. OT: Selbst in harten holländischen Wintern ist man vor Dachlawinen nicht gefeit...

                                          Wenn man "Urho kekkonen avalanche risk" googelt, findet man an erster Stelle den Hinweis der Nationalparkverwaltung "Beware of avalanches at gorges". OT: Und an zweiter Stelle diesen Reisebericht.
                                          Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                          (@neural_meduza)

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                                          • rumpelstil
                                            Alter Hase
                                            • 12.05.2013
                                            • 2707
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [Fi] Im Wald-Out

                                            Auf den Fotos sahen einige Hänge doch recht steil aus und doch nach einigem Schnee. Und es braucht ja im Zweifel nicht viel Schnee, um einem zuzudecken. Aber eben, Fotos können sehr täuschen, es kann gut sein, dass man - grad bei "kleinen" Hügeln, in sicherer Distanz gehen kann und es dann doch nicht so steil ist.

                                            Ich komme mitten aus den Alpen - da ist man tendenziell vielleicht eher übervorsichtig punkto Lawinen.

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                                            • Heimdall
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                                              • 14.02.2009
                                              • 822
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                                              #23
                                              AW: [Fi] Im Wald-Out

                                              Du bist für mich die einzig wahre Eisprinzessin der deutschen Outdoorszene, immer wieder faszinierend Deine Reiseberichte! Wenn die Bushcrafter Deinen Hobo und Tarp sehen, drehen die durch...

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                                              • AlfBerlin
                                                Lebt im Forum
                                                • 16.09.2013
                                                • 5073
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                Zitat von Heimdall Beitrag anzeigen
                                                Du bist für mich die einzig wahre Eisprinzessin der deutschen Outdoorszene, immer wieder faszinierend Deine Reiseberichte! Wenn die Bushcrafter Deinen Hobo und Tarp sehen, drehen die durch...
                                                Ich bin auch beeindruckt von Sarekmaniac.

                                                Aber mit Bushcraftern möchte man nicht verglichen werden, wenn man so sieht, was da einige auf Overnightern im Sommer mitschleppen. Wobei es da, zugegeben, auch welche gibt, die mit mit wenig auskommen.

                                                Sarekmaniacs Hobo ist ja nicht klein. Aber im Winter ist ein großer Klapphobo schon vernünftig, damit die Heizleistung reicht, um die Verbrennung aufrechtzuerhalten und damit man keine Teile verliert. Ich würde allerdings einen Hobo mit Futtertor bevorzugen, um weniger bushcraften zu müssen.
                                                Zuletzt geändert von AlfBerlin; 03.10.2015, 21:13.

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                                                  Alter Hase
                                                  • 28.07.2010
                                                  • 4889
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                  Schöne Bilder! Ich glaub', das will ich auch ...

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                                                  • Sarekmaniac
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                                                    • 19.11.2008
                                                    • 10987
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                    Tag 8
                                                    Sarvioja - Snellmanimaja
                                                    Ca 14 km





                                                    Sarvioja Autiotupa.

                                                    Mein finnischer Mitbewohner steht schon morgens um sechs auf und ist eine Stunde später verschwunden. Ich drehe mich nochmal im Schlafsack um. Straks nordwärts, zurück zum Suomujoki und nach Snellmanimaja, so lautet der Plan für heute. Es hat perfekte minus 10 Grad, als ich gegen zehn Uhr morgens aufbreche. Erst geht es ein Stück den Sarvijoki abwärts, und dann über einen kleinen Pass zwischen zwei Tur-Tur-Tunturis namens Kaarnepää und Aitevaara. Der Wald hier am Hang ist besonders schön und urtümlich, viele Kelos und halbabgestorbene, angeschobene alte Kiefern. Langsam gewinne ich Höhe und werde mit Fernblick belohnt. Nur diese finnischen Waldpässe sind tückisch, man findet sie kaum...


                                                    Finnischer Steilhang.


                                                    Finnisches Kiefern-Mikado für Anfänger.


                                                    Finnisches Kiefern-Mikado für Fortgeschrittene.






                                                    Ich sehe hinter mir schon den Gegenhang, aber wo ist der Pass?


                                                    Wo ist der Pass???


                                                    Da ist der Pass!


                                                    Auf der Passhöhe


                                                    Und Abfaaaaahrt!

                                                    Jenseits des Passes geht es dann ein paar km ein sumpfiges Tal entlang. An einem Rentierzaun mache ich Pause, und werfe dann, kein Gatter, nirgends, meine Ausrüstung stückweise hinüber, und klettere hinterher. Ca. einen km hinter dem Zaun stoße ich auf den Kuotmuttijärvet, einen größeren See, und von da sind es noch mal dreieinhalb bis vier km durch recht hügeligen Wald bis zum Suomujoki. Die letzten zwei km sind eine echte Herausforderung. Elche haben die Schneedecke im gesamten Wald regelrecht aufgepflügt, riesige Löcher gebuddelt und kreuz und quer metertiefe, breite Gräben getrampelt. Alles ist durch den Frost schön ausgehärtet, ständig muss ich Löcher umgehen und meine abgestürzte Pulka aus denselben wieder herausziehen. Einmal sehe ich die Urheber, drei Elche ziehen ohne Hast im Gänsemarsch vorüber. Außerdem ist das hier ein altes Waldbrandgebiet, zwischen verkohlten Stümpfen steht viel dichtes Stangenholz und kleines Kroppzeug, durch das ich die Pulka hindurch manövrieren muss.




                                                    Auf dem Kuotmuttijärvet.


                                                    Waldbrandspuren.

                                                    Endlich erreiche ich den Fluss, gerade geht die Sonne unter, ein traumhafte Stimmung. An der Engstelle direkt auf Höhe der Hütte fließt offenes Wasser, so dass ich noch einen kleinen Bogen flussaufwärts schlagen muss, um über das Eis ans andere Ufer zu gelangen. Snellmanimaja liegt wunderschön an einem Steilhang oberhalb des Flusses. Das Gepäck befördere ich in Raten hinauf, erst den Rucksack, dann die Ski. Und dann gehe ich noch ein drittes Mal hinunter und nehme einen Eimer aus der Hütte mit, um frisches Wasser zu schöpfen. Ich bleibe noch eine ganze Weile unten am Ufer und genieße die Stille, die Sonne, das Farbenspiel auf dem Schnee. Dann steige ich wieder zur Hütte hoch und säge und hacke, wie immer, gleich genug Holz, dass es für abends und morgens reicht.






                                                    Steilufer bei Snellmanimaja.


                                                    Suomujoki, Sonnenuntergang I.


                                                    Suomujoki, Sonnenuntergang II.
                                                    Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                                    (@neural_meduza)

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                                                    • Sylvie
                                                      Erfahren
                                                      • 20.08.2015
                                                      • 361
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                      Sehr schöner Bericht. Tolle Bilder!!! Es ist wirklich spannend zu sehen, wie diese Gegend im Winter aussieht. Die Streuobstwiesen hab ich wiedererkannt.

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                                                        Gerne im Forum
                                                        • 13.01.2013
                                                        • 79
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                        Sarekmanic, tut mir leid, aber deine Vielfrassspur ist mit über 95%-iger Sicherheit die Spur eines Fischotters.
                                                        Das ist ganz klassisch erkennbar an den Abdrücken des wippenden Schwanzes des Fischotters (die länglichen Abdrücke links neben den Fussabdrücken). Ich sehe jeden Winter Fischotterspuren und sehe den Kamaraden mindestens 4 mal jeden Winter auf meinem Grundstück, ich müsste mich schon sehr irren. Der Vielfrass hat grössere Pfotenabdrücke und auch eine grössere Spurbreite. Die Abdrucksform ist allerdings ähnlich.


                                                        Wie kommt man eigentlich auf die völlig witzlose Idee mit so einem 0815 Tarp auf so eine Tour zu gehen? Tarps machen im Winter und in diesen Breiten nur Sinn wenn man vor ihnen ein gescheites Wärmefeuer machen kann (in einem Naturschutzgebiet wie den U-K NP kann man das ja vergessen). Typ. Wintertarps gibt es bspw. von Savotta (das Pena oder das Loue), die sind Reflexionsbeschichtet und strahlen die Wärme des Feuers zurück. Nichtsdestotrotz ist ein Zelt sehr anzuraten. Gewichtsgründe wird es ja keine gehabt haben wenn du gleichzeitig 3 Kocher-Setup´s dabei hattest.
                                                        Bei Spiritus setzt mein Verständnis für Spielereien aber dann doch aus.

                                                        kurzes oT.:
                                                        Ich erinnere mich nicht wer gefragt hat, aber es wurde nach Erfahrungswerten mit Spiritus im Winter gefragt...
                                                        Spiritus sollte wenn im Winter genutzt körpernah/warm transportiert, bzw. erwärmt werden.
                                                        Ab -4 Grad Spiritustemperatur wird es schwierig Spiritus zu entzünden.
                                                        Ein brennender Spiritusbrenner, auf Wellpappe stehend, geht bei -30Grad von selbst aus, wo da die genaue Grenze ist habe ich nicht ausgetestet..
                                                        Bei -10 bis -20 grad kann man noch etwas tricksen, wie bspw. den Brenner in einer Schachtel oder Box betreiben etc., aber Sinn macht das keinen da der Brennwert von Spiritus zu gering ist. Spiritus macht im Winter, bei tiefen Temperaturen, absolut keinen Sinn.
                                                        oT Ende:

                                                        Der Urho Kekkonen NP ist wirklich eine schöne Gegend. Die schönste finnische Jahreszeit ist meines erachtens aber die Zeit des Ruska, der finnischen Version des Indien summer. Es ist zwar oft etwas regnerisch, aber das Licht und die Farben sind etwas besonderes. Du solltest es mal ausprobieren. Ende August und September ist hierfür der geeignete Zeitraum, mal etwas früher oder später...
                                                        Gestern hat es da oben übrigens das erste mal geschneit dieses Jahr.

                                                        Weiterhin alles Gute auf deinen Reisen, deine Bilder sind wirklich gelungen.
                                                        Gruss

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                                                          • 16.11.2009
                                                          • 3184
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                          Zitat von supi Beitrag anzeigen

                                                          Wie kommt man eigentlich auf die völlig witzlose Idee mit so einem 0815 Tarp auf so eine Tour zu gehen? Tarps machen im Winter und in diesen Breiten nur Sinn wenn man vor ihnen ein gescheites Wärmefeuer machen kann (in einem Naturschutzgebiet wie den U-K NP kann man das ja vergessen). Typ. Wintertarps gibt es bspw. von Savotta (das Pena oder das Loue), die sind Reflexionsbeschichtet und strahlen die Wärme des Feuers zurück. Nichtsdestotrotz ist ein Zelt sehr anzuraten. Gewichtsgründe wird es ja keine gehabt haben wenn du gleichzeitig 3 Kocher-Setup´s dabei hattest.
                                                          Bei Spiritus setzt mein Verständnis für Spielereien aber dann doch aus.
                                                          Ich denke, Sarekmaniac wusste sehr genau, auf was sie sich einlässt und was sie tut.

                                                          @Sarekmaniac: Toller Bericht - wie immer - und schöne Bilder! Das macht Lust auf den Winter und hoffe wie cane, dass es kalt wird und viiiel Schnee gibt...
                                                          Wären in dem Gelände eigentlich Altai-Ski die bessere Wahl gewesen oder ging das mit Fjällskiern gut?
                                                          Weiterschreiben, bitte!

                                                          Grüße,

                                                          Claudia

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                                                            • 17.11.2006
                                                            • 11108
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                            Mir fällt auf, dass du im Vergleich zu schwedisch Lappland relativ kurze Tagesetappen zurücklegst. Oder irre ich mich da?
                                                            Lag das an den schwierigen Verhältnissen in den Wäldern oder einfach an den kürzeren Hüttenabständen?
                                                            Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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                                                              Dauerbesucher
                                                              • 14.02.2009
                                                              • 822
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                              ...und siehe da, die erste Expertenmeinung lässt nicht lange auf sich warten...Lasst sie doch einfach erstmal fertig schreiben und genießt die schöne Winterstimmung. Gilt ab jetzt auch für mich, Entschuldigung!

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                                                                Alter Hase
                                                                • 17.07.2013
                                                                • 3048
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                Schööön!

                                                                Kommentar


                                                                • supi
                                                                  Gerne im Forum
                                                                  • 13.01.2013
                                                                  • 79
                                                                  • Privat


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                                                                  AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                  Zitat von Waldhexe Beitrag anzeigen
                                                                  Ich denke, Sarekmaniac wusste sehr genau, auf was sie sich einlässt und was sie tut.
                                                                  Deshalb frage ich ja, sie hat den Ruf das sie weiss was sie tut, und das sie Erfahrung hat bestreite ich nicht.
                                                                  Einem noob hätte man in der Vorbereitungsabteilung des Forums, zu recht übrigens, den Kopf dafür gewaschen.
                                                                  Ich habe mich doch extra freundlich ausgedrückt....
                                                                  Es interessiert mich eben weil ich im Winter ähnliches (Eisangeln, Schlittschuhtouren, Langlauf,...) fast jedes Wochenende mache. Ich wohne in Finnland, da ist das eine gewöhnliche Wochenendbeschäftigung (ausser man wohnt im Metro-Gebiet Hel-Van-Esp). Man muss nicht nach Lappland hoch oder in einen NP um aus dem Alltagstrott rauszukommen.
                                                                  Hoffe damit alle Unklarheiten beseitigt zu haben, mir lag es in keiner Weise daran am Lack zu kratzen.
                                                                  Gruss

                                                                  Kommentar


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                                                                    Liebt das Forum
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                                                                    • 10987
                                                                    • Privat


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                                                                    AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                    Hallo Supi,

                                                                    mit der Spur könntest du recht haben. Meine Bestimmung bezieht sich auf die Größe (imo zu groß für Otter, auf dem Bild nicht so gut zu erkennen) und auf den sehr deutlichen, auf einer langen Strecke durchgehaltenen "Dreisprung", d.h. Diagonalgalopp. Ich wusste nicht, dass auch Otter so laufen?

                                                                    Ich würde auch nicht noch mal mit einem Tarp losziehen, habe ich ja weiter oben geschrieben. Der "Lagerbau" ist mir schlicht zu aufwändig, es dauert fünfmal so lange wie ein Zeltaufbau. Ich habe mir darum schon ein Zelt für solche Touren genäht, das nur ein kg wiegt. Deine Argumentation kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Du hebst ja nicht auf das Tarp an sich als ungeeignet ab (weil es natürlich ein schlechterer Witterungsschutz ist als ein Zelt), sondern meinst, dass ein Tarp grundsätzlich zusammen mit einem wärmenden Feuer verwendet werden muss (?), und es deshalb aus einem bestimmten Material sein muss? Warum? ich habe noch nie auf Wintertouren Wärmefeuer gemacht. Rein temperaturmäßig bringt ein Zelt vielleicht 8-10 Grad gegenüber dem Tarp. Das kann einem aber egal sein, wenn der Schlafsack ausreichend dimensioniert ist. Und dann kann man in dem Zelt, was Du ja als bessere Alternative anrätst, aber kein Wärmefeuer machen, was Du scheinbar im Winter für unabdingbar hältst?

                                                                    Zum Thema Kocher. Du hast nicht genau gelesen, ich hatte zwei Kocher dabei, den Hobo und einen Spirituseinsatz dafür. Spiritus allein würde ich auch nicht machen, aus den von dir genannten Gründen. Der Hobo funktioniert dagegen auch bei Kälte immer, und ist deshalb ein idealer Kocher für Waldgebiete. Ich hatte jetzt den Künzi dabei. Mit einem Bushbuddy oder Pico-Grill (ca 100 g) muss man auf Tour nur einen Morgen oder Abend mit Holz kochen, und hat schon das Eigengewicht de Kochers rausgeholt.

                                                                    Aber trotz der Probleme, die Du schilderst, kenne ich übrigens diverse Leute, die einen Trangia mit Vorheizkralle im Winter nutzen. (Was sicher besser funktioniert als der Hobo-Einsatz, weil innerhalb des Trangiauntergestells die Temperatur schnell ansteigt. Generell wird aber IMO der Brennstoffverbrauch viel zu hoch, und die Kochzeiten sehr lang.

                                                                    Und doch, Gewicht (und Packvolumen) haben bei der Zusammenstellung der Ausrüstung eine Rolle gespielt.

                                                                    Um mit so einer Ausrüstung zu experimentieren ist der Urho-Kekkonen sehr geeignet. Man kann sich dauerhaft unterhalb der Baumgrenze bewegen, d.h. windgeschützt sein. Bzw. wenn man mal höher aufsteigt und es wettermäßig garstig wird, ist man in Nullkommanichts wieder abgefahren in den schützenden Wald. Die Hütten haben sehr kurze Distanzen und zwischen den Hütten gibt es noch zig einfache Shelter zwischendurch, die man im Falle eines Falles anlaufen kann. Deshalb IMO auch ein gutes Gebiet für Anfänger. Man muss ja nicht gleich querfeldein stiefeln, sondern kann sich an die gängigen Routen halten.

                                                                    Zitat von supi Beitrag anzeigen
                                                                    Weiterhin alles Gute auf deinen Reisen, deine Bilder sind wirklich gelungen.
                                                                    Gruss
                                                                    Danke für die Blumen.
                                                                    Zuletzt geändert von Sarekmaniac; 05.10.2015, 21:53.
                                                                    Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                                                    (@neural_meduza)

                                                                    Kommentar


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                                                                      • 10987
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                      @November: Meine Wegführung ging halt ziemlich oft ohne Spur. Querfeldein durch Tiefschnee im Wald. Da sind zwei km in der Stunde sehr ordentlich. (und dann die ganzen Fotopausen). Ich will mir gar nicht ausmalen, das mit einer 40-kg-Pulka machen zu müssen.
                                                                      Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                                                      (@neural_meduza)

                                                                      Kommentar


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                                                                        • 14456
                                                                        • Privat


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                                                                        AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                        Schneeee, ich sehe Schneeee (ohne das wäre die Landschaft warscheinlich ein reiner Albtraum für mich ).
                                                                        "Niemand hört den Ruf des Meeres oder der Berge, nur derjenige, der dem Meer oder den Bergen wesensverwandt ist" (O. Chambers)

                                                                        Kommentar


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                                                                          Erfahren
                                                                          • 22.12.2009
                                                                          • 105
                                                                          • Privat


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                                                                          AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                          Danke für den coolen Bericht!

                                                                          da kommt wirklich Vorfreude auf den Winter auf!

                                                                          Woher hast du die UL Pulka und was kostet sie?

                                                                          Markus

                                                                          Kommentar


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                                                                            Freak

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                                                                            • 10987
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                            Zitat von les Beitrag anzeigen

                                                                            Woher hast du die UL Pulka und was kostet sie?

                                                                            Markus
                                                                            Die UL-Pulka wird von Naturebase (Jonas B. hier im Forum) hergestellt:

                                                                            http://www.naturebase.de/shop/pulka

                                                                            Die Idee finde ich ziemlich genial. Allerdings sind noch einige Details verbesserungswürdig. Es gibt im Winterforum einen Faden zu Leichtpulken, muss mich endlich mal aufraffen, da einen kleinen Erfahrungsbericht dazu zu schreiben...
                                                                            Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                                                            (@neural_meduza)

                                                                            Kommentar


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                                                                              Fuchs
                                                                              • 30.05.2009
                                                                              • 1197
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                              Zitat von Sarekmaniac Beitrag anzeigen
                                                                              Die UL-Pulka wird von Naturebase (Jonas B. hier im Forum) hergestellt...

                                                                              .... muss mich endlich mal aufraffen, da einen kleinen Erfahrungsbericht dazu zu schreiben...
                                                                              Sehe ich auch so.

                                                                              Kommentar


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                                                                                Fuchs
                                                                                • 24.08.2011
                                                                                • 2437
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                                Danke für den Bericht! Sehr, sehr nett Deine Bilder! Wenn ich jetzt doch nur noch meinen Tourpartner vom Kungsleden abbringen könnte ...
                                                                                Das Leben ist kein Problem, das gelöst werden müsste, sondern ein Abenteuer, das gelebt werden will.
                                                                                John Eldredge
                                                                                ><>

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Freak

                                                                                  Liebt das Forum
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                                                                                  • 10987
                                                                                  • Privat


                                                                                  #41
                                                                                  AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                                  Zitat von Waldhexe Beitrag anzeigen
                                                                                  Wären in dem Gelände eigentlich Altai-Ski die bessere Wahl gewesen oder ging das mit Fjällskiern gut?
                                                                                  Altai-Ski habe ich dort zum ersten Mal in natura gesehen. Die gab es in Saariselkä überall in den Hotels und Sportläden zum Ausleihen. Probiert habe ich sie nicht. IMO sind diese Dinger nicht Fisch nicht Fleisch und ein Fortschritt allenfalls für jemanden, der von Schneeschuhen her kommt und nicht Skifahren kann. Selbst im dichten Wald hat man ständig Passagen, wo man die bessere Gleitfähigkeit der Ski ausspielen kann. Und wenn man im offenen Gelände ist (über der Baumgrenze, auf See- und Flusseis, auf Loipen) ist man mit Ski sowieso im Vorteil. Die Tragfähigkeit der Fjällski war absolut ausreichend, wenn man seinen (schweren) Rucksack trägt und nicht, wie ich, zieht, wäre die Alternative eher die finnischen Waldski. 230 bis 260 cm lang und entsprechend tragfähiger als Fjällski.

                                                                                  Zitat von Daddyoffive Beitrag anzeigen
                                                                                  Danke für den Bericht! Sehr, sehr nett Deine Bilder! Wenn ich jetzt doch nur noch meinen Tourpartner vom Kungsleden abbringen könnte ...
                                                                                  Ja, überlegt euch das mal. Das Gelände ist aber IMO nix für große Pulkas mit schwerem "Expeditionsgepäck".
                                                                                  Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                                                                  (@neural_meduza)

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Freak

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                                                                                    • 10987
                                                                                    • Privat


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                                                                                    AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                                    Tag 9
                                                                                    Snellmanimaja-Porttikoski
                                                                                    Ca 18 km




                                                                                    Ich heize abends nicht allzusehr, und merke schon nachts, dass es draußen sehr kalt sein muss. Irgendwann mache ich den Schlafsack zu, weil mir fröstelig wird, so stark ist die Hütte ausgekühlt. Morgens um acht zeigt das Thermometer draußen minus 23 Grad.


                                                                                    Snellmanimaja


                                                                                    Laut Hüttenbuch sind zwei Tage vorher drei Leute von hier nach Porttikoski gegangen, so dass ich auf eine gute Spur hoffen kann. Ich mache mir einen faulen Vormittag, hacke Holz, schreibe Tagebuch und breche gegen 12:00 Uhr auf. Nach Porttikoski sind es 12,5 km Luftlinie, mit den unzähligen Flussschleifen eher 18-20 km Strecke. Ich brauche fünf Stunden. Mittags ist es noch klar und kalt, dann zieht es zu, es wird wärmer und beginnt zu schneien. Der grau verschleierte Fluss hat seinen ganz eigenen Reiz.


                                                                                    Auf dem Suomujoki I.


                                                                                    Auf dem Suomujoki II.

                                                                                    Etwa drei Viertel der Strecke laufe ich auf dem Fluss, zwischendurch, bei größeren offenen Stelle, muss ich immer wieder in den Wald wechseln. Der ist recht rumpelig, ständig geht es kleine Hügelchen rauf und runter. Einmal verzettele ich mich, ausgerechnet als ich einer Skooterspur folge, von der ich mir ein flottes Vorankommen verspreche. Plötzlich stehe ich vor einem breiten Zufluss zum Suomujoki, der komplett offen und sumpfig ist. Der Skooterfahrer ist einfach durch den Schlamm hindurchgebraust, ich gehe lieber in meiner eigenen Spur zurück zum Fluss und suche nach einem besseren Weg.

                                                                                    Pünktlich zu meiner Ankunft in Porttikoski kommt die Sonne wieder heraus und ich genieße einen weiteren schönen Sonnenuntergang am Flussufer.







                                                                                    Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                                                                    (@neural_meduza)

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Alter Hase
                                                                                      • 01.12.2004
                                                                                      • 3325
                                                                                      • Privat


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                                                                                      AW: [Fi] Im Wald-Out

                                                                                      Porttikoski. Unsre alte Hütte steht also noch.....schön....
                                                                                      \"wir haben gelernt wie vögel zu fliegen, wie fische zu schwimmen, aber wir haben verlernt wie menschen zu leben\"

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        Fuchs
                                                                                        • 25.04.2007
                                                                                        • 1868
                                                                                        • Privat


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                                                                                        AW: [FI] Im Wald-Out: Urho Kekkonnen

                                                                                        Ach ist das schön!

                                                                                        Froh schlägt das Herz im Reisekittel,
                                                                                        vorausgesetzt man hat die Mittel.

                                                                                        W.Busch

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Fuchs
                                                                                          • 07.06.2008
                                                                                          • 1929
                                                                                          • Privat


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                                                                                          AW: [FI] Im Wald-Out: Urho Kekkonnen

                                                                                          Vielen Dank für das Einstellen dieses inspirierenden Reiseberichtes!

                                                                                          "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit."
                                                                                          Wilhelm von Humboldt, 1767-1835

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Freak

                                                                                            Liebt das Forum
                                                                                            • 19.11.2008
                                                                                            • 10987
                                                                                            • Privat


                                                                                            #46
                                                                                            AW: [FI] Im Wald-Out: Urho Kekkonnen

                                                                                            Da ja einige Rückfragen zu der Pulka kamen, habe ich mal einen separaten Faden mit Testbericht aufgemacht:

                                                                                            https://www.outdoorseiten.net/forum/...44#post1445244
                                                                                            Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                                                                            (@neural_meduza)

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              • 702
                                                                                              • Privat


                                                                                              #47
                                                                                              AW: [FI] Im Wald-Out: Urho Kekkonnen

                                                                                              DANKE für den tollen Bericht!
                                                                                              ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
                                                                                              ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Freak

                                                                                                Liebt das Forum
                                                                                                • 19.11.2008
                                                                                                • 10987
                                                                                                • Privat


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                                                                                                AW: [FI] Im Wald-Out: Urho Kekkonnen

                                                                                                Tag 10
                                                                                                Porttikoski - Kivipää
                                                                                                Ca. 14 km




                                                                                                Der Tag beginnt, wie der gestrige Sonnennuntergang es versprochen hat: Bei strahlend blauem Himmel breche ich auf. Auf den ersten drei Kilometern, vom Suomujoki Richtung Nordwesten, komme ich durch das vielleicht schönste Waldgebiet dieser Tour. Viele urige Kiefern und Kelos, große, mittlere, kleine (Kelokindergarten, Keloschule, Kelouniversität....


                                                                                                Wald bei Porttikoski I


                                                                                                Wald bei Porttikoski III


                                                                                                Wald bei Porttikoski IV


                                                                                                Wald bei Porttikoski V


                                                                                                Wald bei Porttikoski VI

                                                                                                Auch das daran anschließende tief eingeschnittene Bachtal, Puilakankuru, das ich hinaufwandere, gefällt mir sehr. Ich bin zwar noch lieb und klein, doch will ich mal ein V-Tal sein...


                                                                                                Puilakankuru.

                                                                                                Jenseits der Wasserscheide geht es eine Kette kleiner Seen hinunter, am letzten und größten, dem Puilakkalampi, mache ich Mittagspause.


                                                                                                Auf dem Puilakkalampi.

                                                                                                Etwa zwei Kilometer jenseits des Sees erreiche ich den nächsten größeren Fluss, den Kulasjoki, der rasch gequert ist, und laufe dann weiter Richtung nordwest einen seiner Zuflüsse, den Lassinoja hinauf. Etwa zwei km geht es direkt die Nationalparkgrenze entlang, die breite Schneise (eventuell ein alter Forstweg, aber auf jeden Fall von Menschenhand) ist tischeben und von Skootern befahren. Irgendwann drehen Grenze, Schneise und Fahrspur nach Norden ab. Das letzte Stück entlang des Lassinoja geht es durch sumpfiges, offenes Gelände mal rechts, mal links des Flusses.

                                                                                                Ich erreiche die Hütte im letzten Abendlicht.



                                                                                                Wie üblich führt mich der erste Gang in den Holzschuppen, der, zum ersten Mal auf dieser Tour, völlig leer ist. Die Scheite in der Hütte wären ausreichend für den Abend, aber die lasse ich lieber liegen, schließlich ist es nicht allzukalt, und es könnte ja in den nächsten Tagen jemand kommen, der ein Feuer wirklich nötig hat. Ich komme ja morgen nach Saariselkä zurück und werde Bescheid sagen, dass kein Holz mehr da ist.

                                                                                                Kivipää ist die einzige Übernachtungshütte, die von Saariselkä per (normaler) Tagesetappe erreichbar ist, und ich vermute, dass es dementsprechend viele Kurztouren hierhin gibt, die den Holzvorrat rascher schmelzen lassen als anderswo.

                                                                                                Tag 11
                                                                                                Kivipää - Saariselkä
                                                                                                Ca. 20 km



                                                                                                Kivipää.

                                                                                                Heute ist der letzte Tag der Tour, ich schlafe lang und mache mir einen faulen Vormittag. Gegen neun höre ich Skootergeräusche. Zwei Mitarbeiter des Nationalparks, jemand anders hat am Vortag bereits, wie sie mir erzählen, den fehlenden Holzvorrat gemeldet. Von einer Lagerstelle, die ca. zwei km entfernt liegt, transportieren sie nun Stämme zur Hütte, sie fahren immer noch hin und her, als ich gegen zwölf aufbreche. Sämtliches Holz, das auf den Hütten verheizt wird, wird innerhalb des Nationalparks geschlagen. Immer dran denken, wenn man sein Feuerchen schürt, besonders im Sommer...

                                                                                                Von der Hütte steige ich straks auf Richtung westen, auf den Kivipää. Oberhalb der Baumgrenze weht es recht ordentlich, die Pulka ist jetzt so leicht, dass sie ständig umgeblasen wird. Irgendwann nervt das und ich schnalle mir zum ersten Mal den Rucksack auf den Rücken. Beim Abfahren durch den recht steilen, sehr dichten Wald verheddere ich mich ein wenig und merke zu spät, dass ich in ein falsches Bachtal geraten bin, dass wieder nach Süden abbiegt. Es heißt "Huissarurumoja" (oder so ähnlich. Leider verläuft dieses Tal entlang einer arg strapazierten Knickfalte meiner Wanderkarte). Also ist ein kleiner Gegenanstieg angesagt, bis ich einen Rücken gequert habe, der (definitiv) Vellinsärpimepää heißt und nach einer weiteren kurzen Abfahrt beim Höhenpunkt 351 das Loipensystem von Saariselkä erreiche. Ich war so spät aufgebrochen, weil ich dachte, der letzte Tag wäre wegen der Loipe easy going (was auch stimmt), aber nach meinem kleinen ungeplaten Exkurs muss ich mich nun doch sputen, ich will heute schließlich noch lecker zu Abend essen...


                                                                                                Auf dem Kivipää.


                                                                                                Loipe bei Saariselkä.

                                                                                                Ich schaffe die 15 km bis zum Skigebiet am Kaunaspää in zweieinhalb Stunden, dann geht es durch den eher abstoßenden Servicebereich der Skilifte und über eine Asphaltstraße in den Ort. Ich miete mich im ersten Hotel ein, was meinen Weg kreuzt, das ist das Lapland Hotel Riekonlinna, ein potthäßlicher Klotz. Der Spot wandert auf das Balkongeländer und schickt sein Okay-Signal in den Himmel, ich springe unter die Dusche und sitze 15 Minuten später im Speisesaal. Finnische Küche vom Feinsten. Es gibt Muikko mit Kartoffelbrei. Das sind diese kleinen, im Ganzen mit Semmelbrösel und Butter frittierten kleinen Fische, die einen immer so anklagend aus ihren weißen Äuglein anschauen, dass man sie am besten mit dem Kopf in Majonnaise stippt, bevor man sie verschlingt. In diesem Fall ist das Stippen nicht notwendig, da den Fischen, wohl dem touristischen Publikum geschuldet, pietätvoll die Köpfe entfernt wurden. Ich sehe vor meinem geistigen Auge einen armen Küchenjungen, der Stundenlang mit der Schere an kleinen Fischen rumschnibbelt. Aber egal, ob mit oder ohne Köpfe, Muikko sind lecker, ich schlage mir den Bauch voll, surfe dann noch ein bißchen auf dem Gästecomputer in der Lobby und gehe ins Bett.

                                                                                                Eigentlich bin ich ziemlich müde, aber erwartungsgemäß schlafe ich total schlecht, wie immer, wenn ich längere Zeit in der Kälte übernachtet habe. Das Frühstück ist ebenso gut und stilvoll wie das Abendessen, mit vielen lokalen Produkten. Weil mein Flug erst abends geht, muss ich den ganzen Tag in Saariselkä rumkriegen. Furchtbar, aber es geht. Nicht missverstehen, es gibt sicher häßlichere Orte. Immerhin finde ich einen Laden mit vielen finnischen Spezialitäten, so dass ich meine Shoppingaktivitäten in sinnvolle Bahnen lenken kann. Abends esse ich noch mal im Riekonlinna, und gegen neun fahre ich mit dem Bus zum Flughafen.

                                                                                                Im Wald ist es anders im Winter als im Fjäll, aber es hat mir gut gefallen. Ich werde das noch mal wiederholen, aber mit weniger Gepäck.

                                                                                                Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
                                                                                                (@neural_meduza)

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Erfahren
                                                                                                  • 09.12.2013
                                                                                                  • 222
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                                                                                                  AW: [FI] Im Wald-Out: Urho Kekkonnen

                                                                                                  Mir wäre das zu kalt. Um so schöner, dass ich hier deine Eindrücke und die schönen Fotos vom unberührten Schnee betrachten kann.
                                                                                                  “Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.”

                                                                                                  (Antoine de Saint-Exupéry, französischer Schriftsteller, 1900 – 1944

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Erfahren
                                                                                                    • 01.02.2014
                                                                                                    • 303
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                                                                                                    Hei Sarek,

                                                                                                    kiitos sinulle!
                                                                                                    Also, danke dir für das Mitnehmen! Ein wunderschöner Bericht mit wunderschönen Bildern!

                                                                                                    Terveisin, maahinen

                                                                                                    Ps. Mit deiner Leichtpulka hatte ich ein dejavu... Für unsere erste Wintertour dort hatten meine Schwester und ich eine Plastikpulka aus dem Kindergarten, in dem ich damals arbeitete, ausgeliehen. Als Zugseil dienten ein paar alte Nylonstrumpfhosen... Im Vergleich war Deine schon richtig hochprofessionell!
                                                                                                    Zuletzt geändert von maahinen; 15.02.2016, 18:58.

                                                                                                    Kommentar