• Mosen
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    [GB] Von Meer zu Meer: Von der Ostküste Schottlands zur Westküste

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 57.0079958
    Längengrad -3.4035301
    Nachdem ich schon viele Berichte und Themen zu Tourvorbereitungen gelesen habe, ist es an der Zeit, auch einen Bericht zu verfassen. Leider ist die Zeit zwischen Arbeit und Familie knapp bemessen und ich hoffe, dass nicht all zu lange Abstände zwischen den Teilberichten entstehen. Falls doch, so möge man man mir das nachsehen. Bilder liefere ich noch nach.

    Der Plan: Von Aberdeen quer durch die Highlands bis nach Glencoe bzw. Ballachulish laufen.
    Strecke: Aberdeen -- Ballater -- Braemar -- Glen Tilt -- Blair Atholl -- Loch Rannoch -- Loch Laidon -- Glencoe
    (knapp 260 Kilometer)
    Zeitraum: 12 Tage Ende Juni bis Anfang Juli
    Mitreisende: Arne, Nils, Jan, meine Wenigkeit

    Zur Vorgeschichte:
    Diese Tour hat eine sehr lange Vorgeschichte, die zumindest kurz erzählt sein will. Wen das aber nicht interessiert, darf diesen Teil gern überspringen.
    Wir sind alte Schulfreunde und haben z.T. schon unsere Schulferien fahrradfahrenderweise gemeinsam verbracht (erste Tour 1998 mit 16 J.), immer schon mit Zelt und hauptsächlich in Deutschland und den umliegenden Grenzregionen. Den Begriff "Bikepacking" gab es damals noch nicht. E-Bikes und so krass viele Menschen, die das betrieben haben, auch nicht. Unsere "Karriere" begann halt schon vor... Naja, etwas ist eben schon her.

    2006 entstand die Idee, statt mit dem Fahrrad zu Fuß und mit Rucksack loszuziehen. Schottland sollte es sein, das kannten Jan und ich sowie ein weiterer damaliger Mitwanderer schon. Die Tour sollte in etwa den oben genannten Verlauf haben. Kurzum: Das wurde nichts. Wir waren schlecht ausgerüstet, hatten keine Erfahrung mit Backpacking, viel zu viel Gedöns mitgeschleppt und die Midges haben uns dann endgültig gekillt, so dass wir kurz nach Braemar umgedreht sind. Trotzdem war es ein herrlicher Urlaub.

    2008 wollten wir es noch einmal versuchen, besser ausgestattet, mit mehr Plan. Wir waren nur zu dritt, die anderen konnten zeitlich leider nicht. Per Bus ging es nach Braemar und von dort zu Fuß los. Mein Profilbild stammt noch von der Tour.
    Leider endete diese Tour nach nur zwei Tagen mit einem bösen Unfall und einem Einsatz der Mountain Rescue in der Nähe des Ben MacDui. Danach war erstmal eine Weile Schluss mit der Wanderei.

    Seit jetzt mehr als 10 Jahren schaufeln wir uns jedes Jahr ein verlängertes WoE frei und gehen los. 2019 beschlossen wir, den alten Plan noch einmal anzugehen. In jeden von uns hat immer irgendwo das Verlangen geschlummert, das zu machen, zu schaffen, ein Kreuz hinter die Sache machen zu können. Da mittlerweile bei einigen von uns kleine Kinder im Spiel bzw. geplant waren und wir das nicht so holterdipolter zuhause „verkaufen“ wollten, haben wir einen eher losen Termin im Jahr 2024 ausgemacht. Ob das ernst gemeint war, wussten wir damals noch nicht so richtig.

    War es aber doch! Bei jedem Treffen haben wir über Ausrüstung und Route gequatscht und uns gegenseitig versichert, dass wir das packen könnten, etc. Diese Vorfreude hielt tatsächlich über Jahre an.
    Im Sommer 2024 war es dann endlich soweit: Immerhin vier von uns fünfen hatten die Sache zuhause lange besprochen, Urlaub eingereicht, Kinder wegorganisiert, usw. Da wir mittlerweile in unterschiedlichen Bundesländern leben, war das endgültige Treffen für Montag, den 04. Juli in Aberdeen angesetzt.

    Zuletzt geändert von Mosen; 05.01.2025, 22:37.
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  • ronaldo
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    #2
    Bin dabei.

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    • Mosen
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      • 21.04.2007
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      #3
      Tag 1: 24.06. --- Deutschland - Aberdeen - Drumoak

      Drei von uns fliegen Montag von Bremen über Amsterdam nach Aberdeen. Jan bereits einen Tag früher von Frankfurt über Kopenhagen. Der schreibt schon am Sonntagabend "Mein Rucksack ist leider nicht in Aberdeen angekommen." Super.

      Wir anderen drei machen uns etwas unruhig mitten in der Nacht auf den Weg zum Flughafen. Ein paar Stunden später kommen wir bei blendendem Wetter und mit unseren Rucksäckenin Aberdeen an und treffen uns etwas später mit unserem rucksacklosen Companion. Der hat nur eine Bauchtasche mit Nüssen und Reisepass. Gut, dass alles an gemeinsamer Ausrüstung (Zelte, Kocher, Kartenmaterial...) bei Arne, Nils und mir in den Rucksäcken ist.

      Wir hatten schon den Notfallplan geschmiedet, dass er sich beim Outdoor-Discounter eine einfache Ersatzausrüstung besorgt. Unsere Schottlandquerung kann doch nicht jetzt schon zu Ende sein! Da meldet sich der Flughafen und gibt bekannt, dass der Rucksack in Kopenhagen festhängt und am Dienstagabend in Aberdeen ankommen soll. Es gibt also doch Hoffnung!

      Wir gucken also einmal im Aberdeener Hafen auf die Nordsee und machen uns so zügig wie möglich auf den Weg nach Westen, Richtung Atlantik! Wir folgen immer grob dem River Dee. Von Aberdeen aus verlief früher eine Bahnlinie bis nach Ballater, damit die Royals gut nach Balmoral Castle kommen. Diese Bahnlinie gibt es schon lange nicht mehr, da verläuft jetzt ein fast durchgehender Wanderweg im Dee Valley.
      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: ~tmp36_PHOTO-2024-07-06-14-36-42.jpg Ansichten: 4 Größe: 750,8 KB ID: 3304171
      Unterwegs in den outskirts von Aberdeen werden noch Spiritus und Verpflegung gekauft. Das Wetter ist immer noch super und schon fast zu warm. Wir kommen in Petercoulter vorbei, in einer Schule dort haben Jan und ich mal gearbeitet. Wir laufen aber vorbei und kehren im "The Ploughman" ein. Diesen Pub kennen wir eben aus alten Tagen, dort gibt es erstmal fish n' chips und ein amtliches pint Tennent's.

      In Petercoulter sucht sich Jan ein B&B ( hat er ja nicht). Arne, Nils und ich laufen weiter Richtung Drumoak. Dort ist ein abgelegener öffentlicher Park am Dee (Glebe Park), mit Grillwiese und so. Nicht ideal, aber wir sind ja noch nicht in den Highlands. Also zelten wir dort, niemand stört sich dran. Zwar laufen da noch einige Leute rum, grillen und spielen Fußball, aber wir sind durch die kurze Nacht und die gut 20km in der Sonne so müde, dass wir sehr schnell gut schlafen.
      Zuletzt geändert von Mosen; 07.01.2025, 19:15.
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      • Mancunian
        Erfahren
        • 12.06.2014
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        #4
        Klingt sehr spannend und ich lese mit ... Frag mich jetzt schon, wie der Rucksack zum Besitzer kommt.
        ---
        I'd rather be out on the hills...
        http://chorltoniac.blogspot.com

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        • Mosen
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          • 21.04.2007
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          #5
          Tag 2: 25.06. --- Drumoak - Aboyne

          Recht früh am Morgen wachen wir auf. Alle haben durchgeschlafen und von den Menschen im Park nichts mitbekommen. Die haben uns auch in Ruhe gelassen, die Schotten sind im Großen und Ganzen schon ein nettes Volk.
          Weiter geht's durch ein Waldstück zurück zur Old Railway Line und Richtung Westen. Das bedeutet, dass wir recht viel entlang einer größeren Straße gehen, der North Deeside Road. Das ist nur so semi, wir wollen aber Kilometer machen und in die wilderen Gegenden kommen.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-06-27-21-48-00 2.jpg Ansichten: 4 Größe: 558,1 KB ID: 3304175

          Nach einer guten Stunde Fußmarsch gibt es kurz hinter Crathes Frühstück. Dort ist ein kleiner Laden und ein Restaurant (abends geöffnet). Das Prinzip soll die Tour über gleich bleiben: Morgens erstmal los, irgendwas zwischen 5 und 10 km laufen, dann Frühstück.
          Außer uns ist niemand hier, also breiten wir uns auf einer Picknickwiese am Dee aus und kochen Kaffee und Porridge. Wir haben uns für "richtiges" Essen entschieden, kein Instantessen und schon gar keinen Instantkaffee. Porridge heißt hier: Haferflocken, Zucker und wenn es eine schöne Pampe ist, macht sich jeder noch etwas "crunchy" Müsli drüber.
          Bis hierher hat das Wetter gehalten, doch Schottland ist nun einmal Schottland: Es fängt an zu regnen. Also schluren wir alles unter ein paar Bäume und warten die Husche ab. Wir füllen noch Wasser im Laden auf und warten auf Jan. Der kommt per Anhalter dazu, immer noch ohne Rucksack, dafür mit Eiern, baked beans und bacon im Bauch... Wir gönnen ihm die Entschädigung.

          Den Großteil des Tages laufen wir nun weiter entlang der North Deeside Road. Leider gibt es die Old Railway Line auf einem langen Teilstück nicht und auch kleinere Straßen, die einigermaßen vernünftig in unsere Richtung führen, nicht. Also heißt es, direkt an der Straße zu laufen. Da es keinen Fußweg und z.T. nicht mal einen richtigen Seitenstreifen gibt, ist das so richtig sch...! Die Autos fahren hier teils 80km/h, dazu kommen Busse und LKW. Ständig kommt von vorne der Ruf "LKW!", dann gilt es, einen beherzten Schritt ins hohe Gras zu machen. Bestimmt haben sich auch einige Fahrer nicht schlecht erschrocken, doch nun müssen wir da durch. Der Regen ist den Tag über kaum weniger geworden, was dem ganzen einen zusätzlichen Charme verleiht. Wenigstens ist es nicht kalt, so dass Jan (ohne Regenjacke) nur nass ist.
          Was uns bei der Etappe wieder sehr auffällt: Die Schotten mögen zwar nett sein, ihre Umwelt schätzen viele aber wenig. Entlang der Straße liegt irre viel Müll. Gäbe es Dosenpfand und hätten wir Dosen gesammelt, wir hätten uns den Trip damit wohl re-finanzieren können. Unglaublich.

          An der Potarch Bridge trennen sich unsere Wege wieder: Jan fährt mit dem Bus zurück nach Aberdeen und findet ein Hotel am Flughafen, um auf den Rucksack zu warten. Arne, Nils und ich überqueren den Dee und laufen noch einige Kilometer weiter Richtung Aboyne. Endlich ist mal länger als eine halbe Stunde trocken, die kleine Straße unspektakulär aber immerhin kaum befahren. Wir wollen zu einer Stelle am Dee, an der wir 2006 schon einmal gezeltet hatten. Ich war mir recht sicher, sie per Google Maps gefunden zu haben, so ganz sicher sind wir uns aber nicht. Zumindest war damals kein Zaun im Weg... Macht nix, wir finden einen vernünftigen Platz nahe einer Angelstelle. An einem nassen Dienstagabend wird wohl niemand mehr kommen, um uns zu verscheuchen.

          Da es wieder zu regnen beginnt, kommt das Tarp zum Einsatz. Lange hatten wir wegen des Gewichts überlegt, es dann aber mitgenommen: Ein Decathlon Tarp, 500g, mit vielen Abspannpunkten. Mithilfe der Trekkingstöcke und ein paar Schnüren ist es schnell aufgestellt und wir sitzen gemütlich an einen großen Baumstamm gelehnt darunter und kochen. Höchstwahrscheinlich Nudeln mit Pesto oder fertiger Tomatensauce, das weiß ich nicht mehr.
          30 km gelaufen, die Zelte stehen, niemand kommt scheuchen, wir gehen schlafen. Da kommt von Jan noch die erlösende Nachricht "Ich hab ihn zurück!" nebst Bild von sich mit Rucksack. Top! Jetzt kann eigentlich nicht mehr soooo viel schiefgehen.
          Lustig: Wir haben so lange auf diese Tour hingefiebert und gebangt, dass irgendwas dazwischen kommt. Verletzung, Krankheit, oder eben verlorene Rucksäcke. Schon auf dem Flughafen Aberdeen hat Nils vorsichtig gemutmaßt, dass doch jetzt "nicht mehr soooo viel schiefgehen" könne. Der Satz ist auf der Tour zum geflügelten Wort geworden.
          Angehängte Dateien
          Zuletzt geändert von Mosen; 07.01.2025, 21:26.
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          • Goldi
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            • 11.09.2022
            • 242
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            #6
            Sehr schön, ich lese gerne mit. Am nächsten Tag müssten die Cairngorms in Sicht kommen . Ich freue mich schon.
            Seid ihr Ende Juni nicht voll in der Midges Season unterwegs? Ich hoffe, es wird nicht so schlimm.

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            • momper
              Dauerbesucher
              • 05.12.2011
              • 732
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              #7
              Ich auch ​​​ Bin den Deeside Way schließlich in Gegenrichtung gegangen.
              ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
              ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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              • Pfad-Finder
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                • 18.04.2008
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                #8
                Ich wundere mich, dass Ihr Ost-West gelaufen seid, nicht umgekehrt. Ich würde in Schottland immer West-Ost anstreben, damit der Regen vom Wind nicht ins Gesicht getrieben wird.
                Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                • Mosen
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                  • 21.04.2007
                  • 465
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                  #9
                  Zitat von Pfad-Finder Beitrag anzeigen
                  Ich wundere mich, dass Ihr Ost-West gelaufen seid, nicht umgekehrt. Ich würde in Schottland immer West-Ost anstreben, damit der Regen vom Wind nicht ins Gesicht getrieben wird.
                  Moin.
                  Das kommt daher, dass wir z.T. eben eine Zeit bei Aberdeen gearbeitet/gelebt haben. Daher war das immer der natürliche Ausgangspunkt. Außerdem ist die Strecke bis Braemar lange nicht so schön, das wollten wir am Anfang "weg haben" und uns auf die Highlands freuen.
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                    #10
                    Tag 3: 26.06. --- Aboyne - Crathie

                    "Goooood morning!" Es ist kurz nach 06:00, als wir langsam aufwachen und uns aus den Schlafsäcken und dann Zelten pellen. Ab jetzt beginnen und enden die Tage erstmal mit Fußpflege. Trotz gut eingelaufener Wanderstiefel haben wir alle die ersten Blasen und Druckstellen. Damit hatten durchaus gerechnet und ein wahres Arsenal an entsprechenden Gegenmitteln eingepackt. Und so sitzen/liegen Arne und ich nun auf unseren Schlafsäcken, schnibbeln kleine Hautfetzen ab, kleben Blasenpflaster und tupfen Salbe. Nils geht es nebenan nicht besser.

                    Das Wetter spielt mit, es weht ein feiner Wind, der die midges am Boden hält. Dabei ist es trocken und perfekt temperiert fürs Wandern.

                    Nach einer Katzenwäsche im Dee geht es Richtung Dinnet, da haben wir uns mit Jan verabredet. Die Brücke rüber nach Aboyne ist für Autos grad gesperrt, wir kommen aber problemlos rüber. Die Betondecke ist unübersehbar hinüber, die Brücke wird mindestens anderthalb Jahre gesperrt bleiben. Das erzählt eine Berufspendlerin, die mit uns rüber läuft. Sie fährt immer mit ihrem Auto bis an die Brücke ran, läuft rüber und steigt in den kleinen Firmenwagen, um von da zur Arbeit zu kommen.

                    Nach gut 7km entlang der nun wieder gut erhaltenen Old Railway Line kommen wir im Örtchen Dinnet an, auf dem Dorfplatz unter einer gewaltigen Blutbuche gibt es Frühstück und Kaffee. Als wir fertig sind, kommt Jan endlich mit seinem Rucksack aus dem Bus gestiegen, sichtbar froh! Wieder schwärmt er allerdings von seinem "full Scottish breakfast" im Hotel... Somit fällt Arne, Nils und mir der nächste Schritt gleich viel leichter: Da Jan kein "Allgemeingut" (Zelt, Küche, Kartenmaterial o.ä.) dabei hat, trägt er einen entsprechend größeren Anteil am Futter, das wandert nun endlich von unseren Rucksäcken in seinen.

                    Mir tut seit gestern Abend übrigens die rechte Achillesferse etwas weh, was mich beunruhigt. Voltaren kommt drauf, muss helfen.

                    Unser nächstes Zwischenziel ist Ballater. Bis dahin geht es etwa 10km teils durch ganz schöne Wälder, teils an der Old Railway Line entlang. Unterwegs kommen wir an der recht pittoresken Cambus O'May Bridge vorbei. Wir unterhalten uns kurz mit einem älteren, rüstigen Ehepaar, dass einen Tagesausflug unternimmt. Der Mann kommt unserer Bitte, ein paar Bilder von uns vor der Brücke zu machen, gerne nach. Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen (mal nur die Brücke, mal nur zwei von uns...) übernimmt das allerdings dann seine Frau - der arme Mann sieht ganz fürchterlich schlecht und hat eher geschätzt, ob er uns im Bild hat.

                    Ballater ist ein nettes Örtchen, hier endet die Railway Line. Wir suchen uns ein Café und sitzen ein Weilchen auf der Mini-Terrasse, die wir unseren Rucksäcken vollkommen einnehmen, so dass niemand sonst dort sitzt. OK, vielleicht liegt es auch den ausgezogenen Wanderbotten. Obwohl, Nee...

                    Jeder, der uns unterwegs fragt, wo wir hinwollen, bekommt "Glencoe" zur Antwort und die meisten freuen sich darüber. Wir kaufen noch Spiritus in einem Jagd- und Angelladen und Essen im Coop. Schon sind die Rucksäcke wieder schwerer. Nicht, dass es uns hier zu einfach wird.

                    Um nicht weiter an der vielbefahrenden North Deeside Road gehen zu müssen, geht's wieder auf die andere Seite des Dees. Die Landschaft ist hier zwar unspektakulär, aber tatsächlich kommen langsam die Berge in Sicht (Richtig, Goldi).
                    Per Karte und Google maps haben wir eine große, freie Fläche am Fluss ausgemacht, die steuern wir an. Sie entpuppt sich als große Schafskoppel, Zaun ringsrum. Aber: Scottish Rights of Way. Also, Tor auf, zügigen Schrittes rüber und auf der anderen Seite wieder raus aus der Koppel. Keiner hat uns gesehen. Dachten wir. Einen Zeltplatz haben wir schnell gefunden, während die anderen pausieren, gehe ich kurz mit dem Schäufelchen die Umgebung auskundschaften. Während ich weg bin, bekommen die Jungs Besuch vom etwas brummeligen Schäfer. Der hatte uns doch gesehen und freut sich nicht über uns. Er fragt, ob wir zelten wollen, grummelt am Ende "No fire!" und geht. Das beherzigen wir natürlich. Vom Trangia (der zählt nicht als Feuer) gibt es bald Essen, Nudeln mit rotem und grünem Pesto. Wir sitzen gemütlich auf Treibholz-Baumstämmen. Der Wind weht, wie schon die ganze Zeit. Etwas frisch, aber midge-frei.

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-06-14-36-42 9.jpg Ansichten: 0 Größe: 530,0 KB ID: 3304697

                    30 km gelaufen. Im Zelt werden wieder die Füße gepflegt, je nach Befund mit Nagelschere, Bepanthen, wohltuender Fußcreme, oder Voltaren. Meine Ferse hat den ganzen Tag gemuckt. Nicht so schön, wir haben ja noch mächtig Strecke vor uns. Sooo viel kann doch nicht mehr schief gehen.
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                      #11
                      Tag 4: 27.06. --- Crathie - Braemar

                      "Reise, Reise, aufstehen! Reise, Reise, aufstehen!"

                      Same procedure as every morning: Handy-Wecker dudelt -- im Schlafsack recken und strecken -- aufsetzen, Füße begutachten, ggf. Blasenpflaster kleben -- Zeug zusammensuchen -- aus dem Zelt klettern -- einpacken -- los.
                      Meist brauchen wir morgens so unsere anderthalb Stunden am Platz. Ein Käffchen gibt es zum Teil schon zum Zeltabbau, wir hetzen uns auch nicht. Zum Vor-Frühstück gibt es jetzt bei mir Ibuprofen, damit die Ferse nicht so nervt.

                      Das Wetter spielt weiterhin mit. Es ist eher frisch, aber ganz angenehm, der Wind sorgt dafür, dass die Scottish Airforce am Boden bleibt. Wir gehen Richtung Balmoral Castle, das scheint uns der direkteste Weg nach Braemar. Niemand außer uns scheint hier unterwegs zu sein, wir treffen kaum mal ein Auto. Die Straßen durch die Wälder werden von kilometerlangen, halbverfallenden Steinmauern gesäumt, den dry stone walls. Wir können uns nicht vorstellen, wie viele Menschen wie lange schuften mussten, um zehntausende von rundlichen Steinen zu diesen - scheinbar recht sinnfreien - niedrigen Mauern aufzustapeln. Die haben selbst in neuem Zustand weder Hirsch noch Mensch aufgehalten.

                      Am Zugang zu den eigentlichen castle grounds von Balmoral angekommen, sehen wir uns vielen "Private" und "No unauthorized access" Schildern gegenüber. Wegweiser preisen einen Umweg an, auf dem man Steinhaufen, sogenannte cairns bewundern könne, die verschiedenen Royals gewidmet sind. Das wollen wir aber gar nicht, sondern einen kurzen Weg nach Braemar. Wir fragen einen älteren Anwohner (ja, im Dorf Balmoral innerhalb der ganzen Absperrungen leben Leute), der in seinem Vorgarten wurschtelt. Der überlegt kurz und erklärt uns dann einen Weg an seinem Haus, mitten über Golfplatz und am Castle vorbei! "You go past the "no access" signs, turn right past some more signs and keep on..." Super. Wir hoffen, dass das alles wirklich OK ist und nicht die gleich die echte Airforce kommt und uns verhaftet! Sooo viel kann ja jetzt nicht mehr...
                      Der Weg ist aber gut, ein paar große schwarze Range Rover kommen uns entgegen, aber alle grüßen freundlich.

                      Frühstück hatten wir noch nicht, also halten wir Ausschau nach einem geeigneten Plätzchen. Das finden wir, nachdem wir aus dem offensichtlichen Park raus sind. Ein weiterer cairn, errichtet von den Angestellten von Balmoral Castle zu Ehren des diamond jubilee der Queen, bietet sich an. Wir haben Blick auf das Schloss, grüßen die schwarzen Range Rover freundlich, trinken Kaffee und futtern Porridge. Genial.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-06-27-11-18-59 1.jpg Ansichten: 0 Größe: 853,4 KB ID: 3304716

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-06-27-11-19-00 1.jpg Ansichten: 0 Größe: 352,0 KB ID: 3304717

                      Der Weg nach Braemar führt nun durch schöne, lichte Wälder. Viele Wege und Brücken sind ziemlich neu angelegt, so wandert es sich prima! Einen Regenschauer zur Mittagszeit verbringen wir unter einer schönen, alten Brücke, über die es im Anschluss wieder zurück über den Dee geht.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-08-10-26-48.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,07 MB ID: 3304718

                      Das letzte Stück führt wieder direkt an der Straße entlang, das haben wir ja in nicht so guter Erinnerung. Immerhin wird hier mächtig gebaut, die Straße bekommt einen abgetrennten Fuß- und Radweg. Falls wir unser Ziel nicht schaffen sollten: Beim nächsten Versuch ist der Weg bestimmt fertig.

                      Endlich kommt das Braemar Castle in Sicht und bald darauf das Ortschild. Lustig: Jan und ich sind der Meinung, dass die weißgetünchte Burg früher grau war. Später stellen wir fest, dass das Coverbild unserer knapp 20 Jahre alten Landranger-Map tatsächlich das Braemar Castle in grau zeigt.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_1079.jpg Ansichten: 0 Größe: 998,1 KB ID: 3304719

                      In Braemar wird wieder ein wenig eingekauft, Scones und Kaffee im Café gibt's auch, außerdem einen neuen Gummi-Nupsie für meine Leki-Poles, meine sind irgendwo im Schlamm steckengeblieben. Da wir ja zwischendurch Straßen laufen, nervt mich das Geklapper tierisch.
                      Beim butcher Menzies kaufen wir drei amtliche Aberdeen-Angus beef Steaks. Außerdem hat der auch Haferflocken, die er uns verkauft, im kleinen Laden gab es keine mehr.

                      Wir marschieren aus Braemar raus, zu einer Stelle, an der wir 2006, also vor nunmehr 18 Jahren schon gezeltet haben. Zweimal sind wir jetzt schon aus Braemar Richtung Westen gelaufen, zweimal ungewollt wieder zurückgekommen. Ein wenig aufgeregt sind wir schon, zwar sind wir nun wahrlich nicht abergläubisch, aber hoffen schon, dass wir den "Fluch" brechen können.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: ~tmpBC_PHOTO-2024-07-01-06-57-20.jpg Ansichten: 0 Größe: 958,5 KB ID: 3304721

                      Unsere Stelle mit dem markanten Baum finden wir mühelos wieder, nur zelten können wir unten am Fluss nicht mehr. Da, wo heute an dem Baum die Abbruchkante ist, haben wir damals gestanden. Der Boden ist viel zu nass, hier hat der Fluss sich mächtig verlagert.
                      Weiter oben am Hang stehen aber einige Ruinen von alten crofts, da drin finden wir die einzigen ebenen und leidlich trockenen Plätze. Wir stellen die Zelte rein und bauen uns ein kleines Lagerfeuer an einer Stelle, wo schon einmal eins war. Nun kommt der eigens hierfür mitgeschleppte Klappgrill (400g; ich höre förmlich, wie einige sich hier die Hand vor die Stirn klatschen) zum Einsatz. 2006 gab es nämlich auch die Steaks von Menzies, zusammen mit baked beans und Kartoffeln aus der Asche - eines der besten Essen ever. So viel Sinn für Traditionen muss sein.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: ~tmpED_PHOTO-2024-07-06-14-36-42.jpg Ansichten: 0 Größe: 780,4 KB ID: 3304720

                      Nachdem die Steaks verspeist und mit einem Schlückchen Whisky (ja, Flachmann, 250g. Ich weiß.) heruntergespült sind, geht es in die Schlafsäcke. 23,5 km zeigt der Tacho für heute.
                      Zuletzt geändert von Mosen; 10.01.2025, 09:04.
                      Two roads diverged in a wood, and I--
                      I took the one less traveled by,
                      And that has made all the difference.

                      Frost, 'The Road Not Taken'

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                      • Mosen
                        Erfahren
                        • 21.04.2007
                        • 465
                        • Privat


                        #12
                        Tag 5: 28.06. --- Braemar – Glen Tilt

                        Zum Warmlaufen geht es die Straße Richtung Linn of Dee entlang. Die ist nicht sonderlich spannend, wir kennen sie ja auch schon, aber ziemlich verkehrsarm am Morgen. Über den Dee geht es über die Victoria Bridge, wir machen das dritte Mal ein Tour-Foto hier.


                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-01-06-57-20.jpg Ansichten: 0 Größe: 241,2 KB ID: 3304929
                        Victoria Bridge

                        Vorgestiefelt an der herrschaftlichen Mar Lodge – der Weg führt schnurstracks auf das Hauptgebäude zu und biegt erst ein paar Meter davor ab – nehmen wir nicht den Weg zum Ben Macdui sondern nach Linn of Dee. Heute ist es ein kleines Wechselspiel aus Regenjacke an und wieder aus, Hosenbeine abzippen, Fleece drüber und dann doch wieder nicht.
                        Trotzdem kommen wir am Linn of Dee an. Ein ziemlich großer Parkplatz wurde hier gebaut und viele Camper-Vans stehen rum. Auch ein überdachter Platz zum Frühstücken lockt kurz, aber eigentlich sind uns hier zu viele Leute und was zu gucken gibt’s auch nicht. Also ein paar hundert Meter weiter zur Klamm. Hier hat der Dee sich tief in das Gestein gefressen und dabei ganz enge Stellen, aber auch runde Strudeltöpfe hinterlassen. Wir finden eine große Steinplatte hoch über dem rauschenden Fluss und Frühstücken.
                        Es ist ganz spannend zu beobachten, wie schnell man in eine Art Überlebensmodus kommt: Sobald das Porridge fertig ist, versucht jeder, möglichst gleichgültig zu tun, überwacht aber mit Argusaugen die Verteilung auf de Schüsseln. Der reinste Futterneid.


                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-01-06-57-22.jpg Ansichten: 0 Größe: 646,8 KB ID: 3304930
                        Abwaschen am Linn of Dee

                        Kurz nach dem schönen Frühstück führt der Weg hinein in die „Wildnis“. Immerhin suggeriert das ein Schild, auf dem sehr deutlich und verständlich vor den Gefahren gewarnt wird. Das erhöht die Spannung doch ein wenig. Mir macht allerdings auch meine blöde Achillesferse Sorgen. Trotz Ibuprofen morgens und mittags bleibt sie mein ständiges Ärgernis. Aber nun sind wir hier und werden nicht noch einmal umkehren!


                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: ~tmp60_PHOTO-2024-07-06-14-36-42.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,03 MB ID: 3304931
                        Warnhinweise

                        Hier wird es schnell richtig schön, so wie wir es wollten. Ein Schotterweg, der zwischen den rauen Hügeln Richtung Westen verschwindet und kein Mensch zu sehen. Erst später treffen wir auf die ein oder anderen Mountainbiker, für die der Weg vom Linn of Dee car park nach Blair Atholl gut an einem Tag zu schaffen ist.

                        Nach einigen Kilometern werden wir unserem geliebten Dee untreu und verlassen ihn Richtung Süden für den Geldie Burn. Aus Neugier - und für eine kleine Mittagspause – machen wir einen kleinen Umweg und besuchen The Red House, eine ziemlich neu eröffnete bothy. Die ist doll! Abgesehen von Ofen und so weiter gibt es ein separates Gebäude mit Plumpsklos. Da haben die Erbauer einfach gleich vier Klobrillen nebeneinander auf eine lange Holzbank geschraubt. Man könnte also ein in der bothy begonnenes Gespräch beim gemeinsamen ka**** fortsetzen. Toll! Wir können der Versuchung grade so widerstehen…

                        Unser Weg führt über den Geldie Burn in den Glen Tilt hinein. Zwei Mountainbiker versuchen, mitten hindurchzufahren, holen sich aber sehr nasse Füße. Da wir das vermeiden wollen, suchen wir zunächst nach einer möglichen Furt, entscheiden uns dann aber für die Variante mit Crocs.


                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-06-14-40-08 2.jpg Ansichten: 0 Größe: 682,3 KB ID: 3304932
                        Furten des Geldie Burn

                        Der Glen Tilt ist Wahnsinn! Der Pfad schlängelt sich am westlichen Rand entlang und der Glen wird immer schmaler. Ein wenig haben wir Sorge, einen geeigneten Platz für die Nacht zu finden, da zum Teil nur das Flussbett den Talboden bildet, links und rechts geht es im 45° Winkel die Hänge hoch. Aber: Immer wieder sehen wir dann doch kleine Stellen und merken sie uns, um zur Not dorthin zurückzulaufen.
                        Nach insgesamt 22 Kilometern heute wird der Glen ein kleines Stückchen weiter und macht den Blick auf eine kleine, langestreckte Grasfläche frei. Mehrere Zelte könnten hier stehen, es sieht aus wie das Wildzelter-Paradies!


                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-06-14-40-08 3.jpg Ansichten: 0 Größe: 512,6 KB ID: 3304933

                        Die Zelte stehen schnell und ich richte mich noch ein, da erhebt sich draußen eine merkwürdige Geräusch-Mischung. Es grunzt, jault, macht sowas wie „Uh! Uh! Uh!“ und „Whoowhoowhoo!“. Kurz denke ich an einen Angriff eines Highland-Clans, da offenbart der Blick aus dem Zelt den Grund: Da steht einer meiner Mitstreiter im knietiefen, eiskalten Fluss und macht sich selber Mut! Jedes Mal, wenn er sich Wasser ins Gesicht klatscht oder eine Art Liegestütz ins Wasser macht, gibt er diese wenig menschlich anmutenden Geräusche von sich. Wir tun es ihm bald gleich und erfüllen so alle den Glen mit unserem Gejaule. Es ist aber auch echt eisig: Erst vor wenigen Kilometern haben wir die Wasserscheide überschritten und das Wasser des River Tilt, in dem wir jetzt stehen, ist hier erst seit geschätzt einer halben Stunde über der Erde!
                        Der Tag geht nach diesem Bad sehr schnell im Schlafsack zu Ende. Wir haben nur noch zwei, drei Mountainbiker den Glen durchfahren sehen, ansonsten sind wir hier komplett allein.​ Das ist mein abendlicher Blick aus dem Zelt den Fluss hinab:


                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_1101.jpg Ansichten: 0 Größe: 913,0 KB ID: 3304935


                        Zuletzt geändert von Mosen; 10.01.2025, 21:59.
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                        • Mosen
                          Erfahren
                          • 21.04.2007
                          • 465
                          • Privat


                          #13
                          Tag 6: 29.06 --- Glen Tilt – Blair Atholl

                          Wie üblich beginnt der Tag recht zeitig. Ein Blick aus dem Zelt (Nein, das ist nicht aus dem Vaude-Katalog) verspricht trockenes, schottisches Wetter. Der Wind bleibt weiterhin uns gewogen und nicht den midges. Vielleicht sitzen die wee beasties aber auch auf dem Berg und genießen den Sonnenaufgang.


                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_1100.jpg Ansichten: 0 Größe: 614,2 KB ID: 3304939

                          Fast schon schweren Herzens verlassen wir diesen Spot, der auf der Liste der schönsten Plätze ever ganz weit oben landet. Der Glen Tilt verläuft noch gut 20 Kilometer ziemlich grade nach Süd-Westen, zum Teil fast wie ein Kanal. Als aus dem schmalen, teils matschigen Pfad wieder ein kleiner Weg geworden ist, ist es ein gemütliches Laufen.

                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-06-14-40-08 7.jpg Ansichten: 0 Größe: 761,1 KB ID: 3304940

                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-07-12-11-27 3.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,12 MB ID: 3304942

                          Wir machen gut Strecke und sehen unterwegs noch mehrere kleine, hübsche Fleckchen wie unseres. Da der frische Wind ziemlich kühl ist, gibt es erst Frühstück, als ein kleines Waldstück Windschatten spendet. Am Waldrand steht ein hüfthoher Rest einer winzigen Steinhütte oder etwas Ähnlichem, hier machen wir es uns bequem.

                          Je näher wir dem Örtchen Blair Atholl am südlichen Ausgang des Glen Tilt kommen, desto mehr Tagesausflügler treffen wir. Es wird noch einmal waldig und der Weg windet sich, bis er am Park von Blair Castle rauskommt. Krass!! Wir haben die Cairngorms durchquert! Wir sind schon ein bisschen stolz auf uns, worauf mit einem (oder waren’s zwei?) pints in der „Bothy Bar“ des Atholl Arms Hotel angestoßen wird. Auch ein gutes Essen gibt es hier, dann werden noch Vorräte im kleinen Lädchen aufgestockt.

                          Anschließend geht es Richtung Westen aus Blair Atholl raus, entlang einer größeren Straße. Nach einer Weile entdecken wir ein Gatter, an dem ein kleiner Weg Richtung Fluss (River Garry) vorbeiführt. Zwei nette Menschen mit Hunden bestätigen uns, dass es dort sicher gut zum Zelten sei. Wir laufen also einige hundert Meter und finden einen Platz direkt an der Abbruchkante des Flusses, unter ein paar hohen Kiefern. Der Boden ist eben, trocken und sogar fast steinfrei. Wo gibt’s denn sowas?!


                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-06-14-40-08 12.jpg Ansichten: 0 Größe: 758,2 KB ID: 3304941

                          Schnell stehen die Zelte und wir genießen die Abendsonne. Da wir ja schon gegessen haben und auch erst gestern gründlich sauber geworden sind, vertreiben wir uns noch etwas Zeit mit Steinewerfen über den Fluss. Dann ist Bettzeit. 30 Kilometer waren es heute, wir sind angemessen müde.
                          Übrigens: Unsere anfänglichen Blasen und Druckstellen haben sich tatsächlich in Wohlgefallen aufgelöst! Obwohl es keine Pause gab, haben sich die Füße an die Belastung gewöhnt. Was der Körper alles kann! Nur meine Ferse zickt nach wie vor, ich halte sie mit Ibu und regelmäßigen Voltarenanwendungen in Schach.
                          Two roads diverged in a wood, and I--
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                          • Ljungdalen

                            Alter Hase
                            • 28.08.2017
                            • 3214
                            • Privat


                            #14
                            Sehr schön, ich verfolge das gern.

                            Zitat von Mosen Beitrag anzeigen
                            Vorgestiefelt an der herrschaftlichen Mar Lodge – der Weg führt schnurstracks auf das Hauptgebäude zu und biegt erst ein paar Meter davor ab...
                            Wollte nur anmerken, dass *nicht mehr* "herrschaftlich", sondern dem National Trust of Scotland gehörend, wie erfreulicherweise auch ein riesiges Gebiet ringsherum (Mar Lodge Estate, 290 qkm oder so). Man kann da auch übernachten, was isbd. im Hauptgebäude aber doch kostspielig ist...

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                            • Mosen
                              Erfahren
                              • 21.04.2007
                              • 465
                              • Privat


                              #15
                              Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen

                              Wollte nur anmerken, dass *nicht mehr* "herrschaftlich", sondern dem National Trust of Scotland gehörend, wie erfreulicherweise auch ein riesiges Gebiet ringsherum (Mar Lodge Estate, 290 qkm oder so).
                              Stimmt, die Earls of Mar würden auch den Wanderweg nicht direkt am Wohnzimmer vorbeilaufen lassen.
                              Herrschaftlich schaut das Anwesen trotzdem aus. Hier ein Bild aus 2006.
                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: imm_25.jpg
Ansichten: 405
Größe: 563,0 KB
ID: 3305016
                              Zuletzt geändert von Mosen; 11.01.2025, 15:30.
                              Two roads diverged in a wood, and I--
                              I took the one less traveled by,
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                              Frost, 'The Road Not Taken'

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                              • Mosen
                                Erfahren
                                • 21.04.2007
                                • 465
                                • Privat


                                #16
                                Tag 7: 30.06.: Blair Atholl – Loch Rannoch

                                „Gooood morning, Scotlaaaand!“ Nach dem Abbruch der Zelte geht es bei trockenem Wetter weiter.
                                Wir müssen Richtung Loch Rannoch, doch der Weg dahin ist weit und führt über mehrere flache Bergrücken. Wieder geht es erstmal entlang wenig befahrener Straßen. Trotzdem laufen wir meist höchstens zu zweit nebeneinander, vor allem die hier offenbar stark nachgefragten Lieferdienste diverser Supermarktketten haben es eilig. Kein Wunder, dass die Leute hier ihre Sachen nur bestellen, die winzigen „Ortschaften“ bestehen nur aus wenigen Häusern.



                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: PHOTO-2024-07-07-12-11-30.jpg
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Größe: 1,22 MB
ID: 3305059
                                Gut, dass wir Spiritus haben. Hier in Calvine gibt’s keinen Sprit mehr…

                                Das Frühstück gibt’s ein Stück neben der Straße. Der Wind, der uns seit Beginn unserer Tour ziemlich zuverlässig vor den wee beasties geschützt hat, lässt leider nach. Prompt gesellen sich ein paar zu uns. Es sind aber nur wenige und stören nur marginal.
                                Es geht lange Kilometer ein wenig auf und ab nach Trinafour. Dann finden wir eine Nebenstraße, die zwar etwas länger ist und auch mehr Höhenmeter mit sich bringt, aber eben noch weniger befahren ist. Sehr bald allerdings wird sie zum Feldweg mit geschlossenem Gatter. Weder mit Karte noch mit Google Maps können wir erkennen, ob das nun ein wirklich privates Gelände ist, oder ob die Rights of Way hier greifen. Wir probieren es und laufen durch eine Mischung aus Weide und Park. Schottland-typisch geht es durch noch ein oder zwei Gatter, so dass man nicht mehr so genau weiß, ob man jetzt „drinnen“ oder „draußen“ ist. Zumindest treffen wir weder Mensch noch irgendwelche Rindviecher und kommen irgendwann an der Straße nach Kinloch Rannoch raus.


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Name: PHOTO-2024-07-06-14-40-08 1 1.jpg
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Größe: 730,9 KB
ID: 3305061
                                Irgendwo Richtung Loch Rannoch

                                Kinloch Rannoch liegt am Ostende des Loch Rannoch und dort wittern wir ein Nachmittags-Käffchen. Wir folgen der Witterung und finden den Kaffee im Rannoch Hotel. Das scheint ziemlich teuer und wir fühlen uns reichlich out-of-place, daher gibt es Kaffee draußen, da können wir auch die Botten ausziehen, ohne öffentliches Ärgernis zu erregen.
                                Die nette, junge barmaid empfiehlt auf Nachfrage, das Nordufer entlangzugehen. „Oh, it’s quite nice. There’s wee camping spots and people sometimes camp doon there.” Gut, also los. Auf Loch Rannoch hatte ich mich gefreut, ich hatte mir das Ufer schön vorgestellt. Pustekuchen! Es gibt zwar praktisch keinen Verkehr, aber auch praktische keine „wee camping spots“!

                                Einen Angler schnacken wir an und fragen, ob er in unserer Richtung eine gute Stelle weiß. Er nicht, aber sein Kumpel, mit stark osteuropäischem Akzent, kennt einen guten Platz: „Great place to camp! Sandy beach, hundred meters. Thousand meters.“ Und zeigt die Straße weiter. Aber: Nochmal Pustekuchen am heutigen Tag. Weder nach hundert, noch nach tausend Metern kommt irgendwas, wo man ein Zelt hinstellen könnte, geschweige denn ein „sandy beach“. Wir latschen noch geschlagene 8km bevor es einen kleinen Zugang zum See gibt, an den zwei Zelte passen!


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Name: PHOTO-2024-07-01-06-57-24 1.jpg
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Größe: 1.001,1 KB
ID: 3305060

                                Es ist eher schmuddelig und Wind gibt’s auch keinen, so dass zum ersten Mal auf dieser Tour die midge-nets zum Einsatz kommen. Es gibt nur noch schnell ein paar Nudeln mit baked beans und dann geht’s in die Schlafsäcke. Zum Waschen oder gar Baden hat hier keiner Lust, der Loch Rannoch lädt -zumindest am Nordufer – nicht dazu ein. 34km haben wir heute gemacht, sind müde und genervt von den letzten Kilometern. Da hilft nur, Schlafenszeit einzuläuten.
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                                  #17
                                  Die Südseite hat einen schönen, minimalistischen Campingplatz: https://forestryandland.gov.scot/vis...recht-campsite
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                                  • Ljungdalen

                                    Alter Hase
                                    • 28.08.2017
                                    • 3214
                                    • Privat


                                    #18
                                    Zitat von Mosen Beitrag anzeigen
                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: PHOTO-2024-07-07-12-11-30.jpg
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ID: 3305059
                                    Gut, dass wir Spiritus haben. Hier in Calvine gibt’s keinen Sprit mehr…
                                    Ah, das kenne ich. Sah 2018 schon genauso aus. Das war 'ne Aufregung: schon seit einigen Dutzend km zeigte mein Auto gar keine(!) verbleibenden km mit dem Rest Sprit im Tank an. Ich kam aus Richtung Fort Augustus "quer durch". Nirgends Tankstellen. Dalwhinnie war noch geschlossen (Wochenende), keine automatische Tanksäule. Warten konnte ich dort nicht, denn ich musste noch in St Andrews bei meiner Tochter vorbei (etwas hinbringen/abholen) und dann nachmittags die Fähre in Newcastle erreichen. Und Google Maps zeigte diese Tankstelle in Calvine. (Mittlerweile nicht mehr, offensichtlich.)

                                    Bin fast "gestorben", als ich das so sah. Pitlochry war dann die Rettung, zum Glück ging es von Dalwhinnie bis dort fast nur bergab. Aber seitdem wusste ich zumindest, wie viele "versteckte Reserven" da wirklich waren, ab Aktivierung der Warnleuchte, normalerweise ca. "noch 100 km" - tatsächlich fast 140 gingen also. Das einzige Mal, dass ich über 60 Liter getankt habe. (Mittlerweise haben wir ein sparsameres Auto.)

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                                    • Pfad-Finder
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                                      • 18.04.2008
                                      • 12132
                                      • Privat


                                      #19
                                      In meinen wilden Jahren Anfang der 2000er habe ich Aviemore-Blair Atholl (72km) mal in zwei Tagen abgerissen. Da gab es aber auch noch ein "Rural" SYHA-Hostel in Linn of Dee, so dass "Tagesgepäck" + Schlafsack gereicht haben. Mit meiner damaligen Fotoausrüstung waren das aber auch bestimmt so um die 12 kg.
                                      Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                                      • Mosen
                                        Erfahren
                                        • 21.04.2007
                                        • 465
                                        • Privat


                                        #20
                                        OT:
                                        Zitat von Pfad-Finder Beitrag anzeigen
                                        In meinen wilden Jahren Anfang der 2000er habe ich Aviemore-Blair Atholl (72km) mal in zwei Tagen abgerissen. Da gab es aber auch noch ein "Rural" SYHA-Hostel in Linn of Dee, so dass "Tagesgepäck" + Schlafsack gereicht haben. Mit meiner damaligen Fotoausrüstung waren das aber auch bestimmt so um die 12 kg.
                                        Das klingt auch nach einer schönen Strecke, geht ja am Ben Macdui vorbei.

                                        Ja, wir hatten so um die 16kg dabei, plus dann immer Essen, wenn grad frisch eingekauft wurde. Wenn dann noch Wasser dazu kam, waren es halt so 18-20kg. Im Vergleich zu dem Gewicht was wir sonst so rumgeschlurt haben, kamen wir uns aber manchmal geradezu leicht vor. :-)
                                        Two roads diverged in a wood, and I--
                                        I took the one less traveled by,
                                        And that has made all the difference.

                                        Frost, 'The Road Not Taken'

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                                        • Heather
                                          Erfahren
                                          • 03.06.2013
                                          • 261
                                          • Privat


                                          #21
                                          Vielen Dank, dass ihr mich 'mitgenommen' habt.

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                                          • Mosen
                                            Erfahren
                                            • 21.04.2007
                                            • 465
                                            • Privat


                                            #22
                                            Tag 8: 01. Juli --- Loch Rannoch – Loch Laidon

                                            Den eher bescheidenen Spot verlassen wir morgens schnell und laufen weiter den Loch Rannoch entlang. Hier am westlichen Ende des Sees („Seeende“ sieht echt komisch aus) gibt es recht viele Häuschen, oft mit rasenbewachsenem Zugang zum See. An jeden steht allerdings eine Variation eines „No Camping“-Schilds, das scheint hier ein Ärgernis zu sein. Nach wenigen weiteren (!) Kilometern tut sich ein kleiner Sandstrand auf. „Sandy Beach“, da ist er ja. Entweder, der polnische Angler wollte uns ärgern, uns loswerden, oder er konnte wirklich ganz, ganz schlecht Entfernungen schätzen. „Hundred meters“, my a**!!
                                            Da wir nun einmal hier sind, gibt es Frühstück. Nass-sandig soll jetzt nicht alles werden, daher bleiben wir an der Straße und setzen uns auf den Parkplatz, auf dem niemand außer uns parkt. Hier merken wir, dass wir in Blair Atholl Kaffee hätten kaufen sollen, der geht zur Neige. Katastrophe! Ich überlege schon, zurückzutrampen, aber hier kommt ja keiner vorbei, die Straße ist quasi eine Sackgasse. Wir hoffen auf Rannoch Station.
                                            Die nächsten Stunden geht es eine äußerst ruhige, lange Straße entlang des River Gaur, der Verbindung zwischen Loch Rannoch und dem Gaur Reservoir. Es ist ein entspanntes Laufen, wir quatschen, füllen Wasser am Bach auf und fühlen uns schon fast am Ziel. Soooo viel kann ja jetzt nicht mehr schiefgehen. Es gibt eine richtig schöne Pause im Heidekraut der Böschung, gelehnt an große Felsen dösen wir eine halbe Stunde in der Sonne.
                                            Der Rannoch Station Tearoom ruft, dieses kleine Café auf dem noch kleineren Bahnhof Rannoch Station. Das erreichen wir bald und haben uns nicht umsonst gefreut: Es gibt Kaffee aus der French press (OK, etwas dünn vielleicht) und Scones mit clotted cream. Eine große Empfehlung an dieser Stelle!!
                                            Ein kleiner Vogel setzt sich zu uns auf den Tisch und futtert mit. Die Chefin meint, dass der eigentlich statt Scones Midges fressen sollte, aber es ist wieder windig und somit sind ja keine da. Uns ist das sehr recht und wir teilen gern unsere Scones.
                                            Wasser steht in großen Kannen auf einer Fensterbank neben der Küche, so dass Wanderer sich versorgen können. Auf meine vorsichtige Frage, ob wir wohl etwas Kaffeepulver kaufen könnten, gibt der Senior-Chef mir gleich zwei Optionen: Richtiges Pulver in eine ZipLoc-Tüte oder eine große Handvoll Instant-Kaffee-Tütchen. Den zeigt er mir in einer vollen Schublade im immer offenen Warteraum auf dem Bahnsteig. Ein Wasserkocher und eine kleine Vertrauenskasse stehen daneben. Irre. Um möglichst wenig Aufwand zu generieren, nehme ich den Instant-Kaffee. Die paar Tage wird das wohl gehen. So richtig mögen wir gar nicht gehen, so schnuckelig ist das hier, aber wir wollen ja zum Loch Laidon.


                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-03-22-28-54 1.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,11 MB ID: 3306285
                                            Rannoch Station Tearoom


                                            Die Straße ist zu Ende und am Anfang des Tracks steht ein Schild, welches ich schon oft bei Google Street View habe und mich irgendwie sehr drauf gefreut habe: „Public footpath to Glencoe by Loch Laidon. 19km“ steht drauf. Außerdem hängt ein Warnschild in der Nähe, auf dem deutlich darauf hingewiesen wird, dass es im nun kommenden Rannoch Moor keine Shelter, wenig Wege, und kaum Hoffnung auf rasche Hilfe gibt, sollte man sich vertun. Nur gut ausgerüstet soll man sich hineinwagen! Gut ausgerüstet? Und das mit Instant-Kaffee! Aber na gut. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

                                            Zunächst geht es noch auf einem forestry track, auf dem ein großer Harvester für Krach sorgt. Der Weg windet sich durch dichten Wald und halten Ausschau nach einer Möglichkeit, an den etwa 100m vom Weg entfernten Loch Laidon runterzukommen, denn da wollen wir zelten. Ein echter „sandy beach“ schwebt uns vor. An einer Stelle gibt es eine breite Schneise runter. Die ist zwar zugewuchert mit Brombeeren und anderen Gestrüpp, aber da sollten wir durchkommen. Wir steigen langsam und vorsichtig in den Wald runter, bis Nils, der vorne geht auf einmal einen halben Meter kleiner ist! Er steckt mit einem Bein bis zum Knie in einem bis dahin unsichtbaren Schlammloch fest. An dem Hang kommt er auch kaum wieder raus, also ziehen wir, einer rechts, einer links, an seinen Schultergurten, bis das Loch ihn schmatzend freigibt. Gut, dass er richtige Stiefel anhat! Jeden trailrunner müssten wir jetzt ausgraben.
                                            Die Stelle umgehen wir durch den dichten Nadelwald, der uns kaum durchlassen mag, und gehen danach vorsichtig weiter Richtung See, immer hübsch hintereinander und in die Stapfen des Vordermanns tretend.
                                            Endlich erreichen wir den See und haben tatsächlich einen breiten Sandstrand vom Feinsten vor uns!! Wasser kommt aus dem Bach hinter uns gegluckert, die Zelte stehen schnell und Wäscheleinen sind zwischen kleinen Tannen gespannt, die mutig am Strand wachsen.


                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-08-10-27-44.jpg Ansichten: 0 Größe: 735,1 KB ID: 3306287

                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: ~tmpAF_PHOTO-2024-07-08-10-27-43.jpg Ansichten: 0 Größe: 984,5 KB ID: 3306286

                                            Da noch immer die Sonne scheint und der Wind gerade so ist, dass er die Midges fernhält, sind wir bald im Wasser und genießen eine ausgiebige und notwendige Wäsche. Auch Socken, Unterbüxen und ein oder zwei T-Shirts werden gewaschen und aufgehängt.
                                            Niemand ist hier. Durch den weglosen Wald/Sumpf kommt sicher keiner mehr und ansonsten ist der einzige Zugang per Boot. Also gibt es heute ein kleines Lagerfeuer am Strand und der Grill wird nochmal benutzt, wen soll es stören? 23 km sind heute auf dem Tacho, ein eher entspannter Tag.


                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PHOTO-2024-07-08-10-27-45.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,29 MB ID: 3306288

                                            Dieser Zeltplatz ist auf der Liste ganz, ganz weit oben!
                                            Zuletzt geändert von Mosen; 18.01.2025, 13:42.
                                            Two roads diverged in a wood, and I--
                                            I took the one less traveled by,
                                            And that has made all the difference.

                                            Frost, 'The Road Not Taken'

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                                            • Mosen
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                                              • 21.04.2007
                                              • 465
                                              • Privat


                                              #23
                                              Tag 9: 02. Juli --- Loch Laidon – Glencoe

                                              Was ein Platz! Ein wenig wehmütig werden die Feuerstelle zugeschaufelt und die Zelte und Wäscheleinen entfernt. Nach der üblichen guten Stunde morgens erinnern nur noch ein paar Fußstapfen im Sand an unseren Aufenthalt. Das kurze Stück zurück zum forestry track nimmt bestimmt 20 Minuten in Anspruch, diesmal ohne Einsinken.
                                              Der Weg führt noch ein wenig durch den dichten Wald, bevor er am Waldrand an einem Wendeplatz endet. Ein Blick über das jäh beginnende Rannoch Moor veranlasst uns, den festen Boden zum Frühstücken zu nutzen, obwohl wir erst kurz gegangen sind. Gute Entscheidung!!
                                              Mit dem mittlerweile liebgewonnenen Porridge (Porage!!) und einem Kaffee im Bauch wagen wir uns ins Moor. Das ist echt krass! Direkt hinter dem Wendeplatz macht es „Schmatz!“ und wir stehen auf einem Pfad, der aus tiefen, schwarzen Pfützen und Grasbüscheln besteht und zwischen kleinen Hügeln in der Ferne verschwindet. Es ist klar, was das Warnschild meinte: Hier kommt kein Landi und kein ATV durch, wenn hier etwas Ernstes passieren sollte, muss wieder der Heli ran. Wir sehen ein paar Fahrradspuren, die allermeiste Zeit aber wird man hier sein Rad tragen müssen, keine Chance zu fahren.


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Name: PHOTO-2024-07-06-14-40-08 15.jpg
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ID: 3306512
                                              Im Vordergrund: Der Weg (das Nasse, glänzende...)

                                              Die nächsten Kilometer bis wieder ein Schotterweg kommt werden lang, außerdem nieselt es meistens. Der Blick ist aber fantastisch und das Wetter passt zum „moorigen“ Feeling.

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Name: PHOTO-2024-07-08-10-27-46 1.jpg
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ID: 3306513
                                              Rannoch Moor

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Name: PHOTO-2024-07-08-10-27-47 1.jpg
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ID: 3306517
                                              Wilder Sonnentau im Moor

                                              Die nächste Station, und da wird es schon Nachmittag, ist das Kingshouse Hotel am östlichen Ende vom Glencoe. Hier kreuzt der West Highland Way unseren Weg. Das Wetter ist mittlerweile echt eklig und so freuen wir uns auf eine Pause im Warmen. Allerdings stellen wir nicht ganz unerwartet fest, dass dort natürlich jede Menge WHW-Wanderer durchkommen, das Café des Hotels ist voll mit nassen Menschen. Eigentlich wollen wir die alle gar nicht sehen und sehnen uns nach dem einsamen Loch Laidon zurück. Etwas arrogant halten wir unseren selbsterdachten coast-to-coast Weg auch für deutlich „besser“. Quatsch natürlich, aber ganz gegen wehren können wir uns nicht. Trotzdem bleiben wir bestimmt fast zwei Stunden hier, denn draußen regnet es Bindfäden.

                                              Irgendwann aber müssen wir ja weiter. Das erste Mal auf der Tour ist die volle Regenmontur mal wirklich nötig. Dem WHW folgen wir nur ein paar hundert Meter. Der biegt dann Richtung Devil’s Staircase ab, wir bleiben unten im Glen. Das allerdings wird jetzt so Richtig Sch*****. Es gibt keinen Weg, der durchgängig durch den Glen führt, wir kämpfen uns teils mitten durchs Heidekraut, teils über ein paar Meter schnell wieder verschwindenden Trampelpfad und teils direkt an der Leitplanke entlang. Ständig donnern LKWs, Autos und Busse an uns vorbei, wir sind komplett in Wasser aus allen Richtungen eingehüllt. Wo zum Henker sollen wir hier zelten?!


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Name: PHOTO-2024-07-03-22-28-55 2.jpg
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ID: 3306511
                                              Wasser von überall

                                              Schließlich beschließen wir, uns querfeldein runter zum Fluss zu schlagen, denn zumindest ist der ein Stück von der Straße weg und man kann ebene Stellen ausmachen, die es hier an den südlichen Hängen nirgends gibt.
                                              Obwohl das Ziel nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt ist, dauert es bestimmt noch einmal eine Stunde, bis wir unten ankommen. Da es weiter äußerst sumpfig ist, stapfen wir wieder hintereinander her. Nur an einer Stelle nicht... Da macht einer von uns (ich nenne mal keine Namen) ein paar Meter Grasfläche aus, die wie ein Weg aussehen und ein vermeintlich besseres Fortkommen verspricht. Ein zuversichtlich Schritt nach vorn und es gibt es einen lauten Schrei, der irgendwo zwischen Schreck, Fluch und Hilferuf einzuordnen ist. Der nicht namentlich genannte Gefährte sitzt am Rand eines vorher völlig unsichtbaren Lochs, die Beine bis zum Gürtel im schwarzen Wasser, nur der Rucksack hat seine Abwärtsfahrt aufgehalten. Es ist eine von diesen Situationen, wo irgendwie zu viel schief geht und es daher schon wieder egal ist: Es ist natürlich echt ärgerlich, aber halt auch echt lustig! Wieder helfen nur kräftige Hände an den Rucksackgurten, um den Kumpel zu befreien.

                                              Wir furten noch den Fluss und finden uns auf mehreren Schotterbänken zwischen den Flussarmen wieder. Hier ist es ironischerweise das erste Mal seit dem Hotel trocken unter den Stiefeln. Bald haben wir einen möglichst erhöhten und ebenen Platz gefunden und schlagen das Lager auf.
                                              Der Wind fetzt hier ungehindert durch den Glen und wir sind noch einmal froh um das mitgebrachte Tarp. Mit Stöcken, Schnüren und Seilen aufgespannt, lässt es Regen und Wind wie eine Tragfläche über unsere Koch- und Sitzstelle wegpfeifen, so dass wir einigermaßen trocken und bequem essen können.


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Name: PHOTO-2024-07-08-10-27-48 1.jpg
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ID: 3306514
                                              Furt im Glencoe

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Name: PHOTO-2024-07-08-10-28-10.jpg
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ID: 3306515
                                              Das Tarp hält so eben.

                                              Etwas Sorgen macht uns der Regen. Hier kommen mehrere kleine Flüsse zusammen und unsere Schotterbank wird definitiv manchmal überspült. Wir hoffen einfach, dass das heute Nacht nicht passiert, woanders hätten wir auch nicht hingekonnt. So eine richtig ruhige Nacht wird es nicht.

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Name: PHOTO-2024-07-08-10-28-12 3.jpg
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ID: 3306516
                                              Blick nach Westen. Zwei Flüssen kommen von vorn, einer von links (nicht im Bild). Wir dazwischen. Soooo viel kann ja jetzt nicht mehr schiefgehen.
                                              Two roads diverged in a wood, and I--
                                              I took the one less traveled by,
                                              And that has made all the difference.

                                              Frost, 'The Road Not Taken'

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                                              • momper
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                                                • 05.12.2011
                                                • 732
                                                • Privat


                                                #24
                                                Sehr sco'ish ... tapfer!
                                                ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
                                                ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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                                                  Erfahren
                                                  • 21.04.2007
                                                  • 465
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  Tag 10: 03. Juli --- Glencoe (Insel im Fluss) – Glencoe (Red Squirrel Campsite)

                                                  Die Nacht über regnet es weiter und ab und zu luge ich ins Vorzelt, immer in der Erwartung, meinen Rucksack im Wasser stehen zu sehen.
                                                  Der Morgen zeigt, dass es nicht ganz so schlimm gekommen ist, unsere Insel ist aber tatsächlich kleiner geworden und jetzt sehr deutlich vom Ufer abgetrennt. Wir furten also zweimal, um wieder auf die richtige Seite des Flusses zu kommen. Es pladdert weiter, bis wir wieder oben an der sch**** Straße sind, sind wir eigentlich schon nass.
                                                  Irgendwann gibt es sowas wie einen Weg, dem wir dann folgen. Trotz Regen ist die Stimmung soweit gut und wir halten die Augen nach einem Frühstücksplatz offen. Es bietet sich eine alte Steinbrücke an, hoch über der Straße. Unten im Tal brausen LKWs und Reisebusse vorbei, oben sitzen wir bei Kaffee und… Poraaaaage!


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Name: PHOTO-2024-07-06-14-40-08 21.jpg
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ID: 3306833
                                                  Frühstück hoch über der Straße durch Glencoe

                                                  Mittlerweile ist die Nässe egal, wir genießen die Aussicht. Manchmal fahren unten Radfahrer entlang, da auf der engen Straße niemand überholen kann, zuckelt dann eine lange Autoschlange hinter ihnen her.
                                                  Allerdings fühlt sich meine Hose nasser an, als sie unter der Regenhose sein sollte. Ich schaue mal nach und stelle fest, dass sich die Beschichtung meiner alten Marmot-Hose komplett aufgelöst hat. Überall kleine, graue Fitzel. Um nicht ganz Glencoe mit Mikroplastik zu verseuchen, pelle ich mich vorsichtig raus und rolle das Ding zusammen. Nass bin ich ja eh.

                                                  Etwas geht es dann wieder direkt an der Straße entlang und wir gucken in ein echt gruseliges, leeres Haus: Alles kaputt geschlagen, rausgerissen, vermüllt, Graffiti an jeder Oberfläche. Später recherchieren wir, dass das Haus als „Horror-Haus von Glencoe“ bekannt geworden ist. Eine TV-Persönlichkeit hat als Serienvergewaltiger dort sein Unwesen getrieben. [Mittlerweile wurde beschlossen, das Haus abzureißen].


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Name: PHOTO-2024-07-03-22-28-56 1.jpg
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ID: 3306834
                                                  Das "Horror-Haus von Glencoe"

                                                  Nicht viel weiter ist es zwar weit weniger bedrückend, aber auch skurril: Der Parkplatz Three Sisters Viewpoint. Da spucken Reisebusse einer nach dem anderen dutzende Touristen aus, die dann in Turnschuhen den Schotterhang runterstolpern und -rutschen, um möglichst dicht an die Three Sisters, drei nebeneinander liegende gewaltige Bergrücken, heranzukommen. Manche haben tatsächlich Gummilatschen an (sind im Bus bequemer) und nicht Wenigen flattern solche Einweg-Regencapes um die Bäuche. So fahren die dann durch Schottland…

                                                  Wir marschieren durch die bunte Schar und biegen bald von der Hauptstraße ab in Richtung Glencoe Youth Hostel. Dort wollen wir die letzte Nacht vor der Rückreise verbringen, um etwas frischer in die Zivilisation zurückzukehren. Blöd nur: Wir sind so gut vorangekommen, dass wir einen Tag früher da sind, als wir reserviert haben. Platz gibt es keinen, wir zelten nebenan auf dem Red Squirrel Campingplatz.
                                                  Nachdem die Zelte stehen, geht’s in den 3km entfernten Ort Glencoe und dort ins Glencoe Gathering Restaurant mit abgetrenntem Pub. Erst fish n‘ chips und Haggis (lecker!!) oben, dann runter in die Bar und ein paar Bierchen trinken. Hier lässt es sich sitzen. Die Bar hat zwar den Charme eines in die Jahre gekommenen Jugendherbergs-Speisesaals, aber es ist warm und trocken.
                                                  Erst gegen Abend zuckeln wir zum Campingplatz zurück und machen von den Duschen Gebrauch.
                                                  Two roads diverged in a wood, and I--
                                                  I took the one less traveled by,
                                                  And that has made all the difference.

                                                  Frost, 'The Road Not Taken'

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                                                  • Pfad-Finder
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                                                    • 18.04.2008
                                                    • 12132
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    Da habe ich wohl "damals", als ich von Rannoch Station nach Kingshouse Hotel gelaufen bin, wettermäßig mehr Glück gehabt (s.u., Handy-Foto von 2008). Ehrlich gesagt hatte ich mich damals gefragt, was die Leute für ein Gewese um diese Strecke machen... dank der Strom-/Telefonmasten ist ein Verlaufen ja praktisch unmöglich. Und Glencoe ist einfach nur Klasse, jedenfalls dann, wenn man entweder hörbehindert ist oder Straßenlärm ignorieren kann.

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Name: Rannoch-Moor1.jpg
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ID: 3306847
                                                    Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                                                      • 21.04.2007
                                                      • 465
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      Zitat von Pfad-Finder Beitrag anzeigen
                                                      Ehrlich gesagt hatte ich mich damals gefragt, was die Leute für ein Gewese um diese Strecke machen... dank der Strom-/Telefonmasten ist ein Verlaufen ja praktisch unmöglich.
                                                      Das stimmt, wenn man vorher gecheckt hat, dass Weg und Stromleitung grob parallel verlaufen, kommt man schon richtig raus. Aber bei dir scheint es deutlich trockener gewesen zu sein. Ersaufen kann man schließlich auch, wenn man weiß, wo man ersäuft.

                                                      Und Glencoe... Naja. Die steilen Hänge sind schon doll, das hat man ja in Schottland sonst seltener. Auch da spielt sicher das Wetter eine Rolle.
                                                      Two roads diverged in a wood, and I--
                                                      I took the one less traveled by,
                                                      And that has made all the difference.

                                                      Frost, 'The Road Not Taken'

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                                                        Liebt das Forum
                                                        • 18.04.2008
                                                        • 12132
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        Zitat von Mosen Beitrag anzeigen
                                                        Das stimmt, wenn man vorher gecheckt hat, dass Weg und Stromleitung grob parallel verlaufen, kommt man schon richtig raus.(...)
                                                        "Damals" hatte noch niemand eine Karte auf dem Handy, wir sind alle mit den OS-Papierkarten durchs Gelände gestolpert. Und da ist die Leitung drauf.
                                                        Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                                                          • 21.04.2007
                                                          • 465
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          Zitat von Pfad-Finder Beitrag anzeigen
                                                          "Damals" hatte noch niemand eine Karte auf dem Handy, wir sind alle mit den OS-Papierkarten durchs Gelände gestolpert. Und da ist die Leitung drauf.
                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: PHOTO-2024-07-08-10-26-38 1.jpg
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ID: 3306904
                                                          Ja, auf die Landranger maps möchte ich auch nicht verzichten. Ist ja auch nicht so, dass wir uns verlaufen hätten...
                                                          Two roads diverged in a wood, and I--
                                                          I took the one less traveled by,
                                                          And that has made all the difference.

                                                          Frost, 'The Road Not Taken'

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                                                            Erfahren
                                                            • 21.04.2007
                                                            • 465
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            Tag 11: 04. Juli --- Glencoe – Ballachulish – Glencoe

                                                            Bei Schietwetter geht es morgens wieder los. Unser Plan war ja, von Küste zu Küste zu laufen. Zwar liegt Glencoe am Wasser und Seetang haben da auch gefunden, aber so richtig Meer ist das noch nicht… Obwohl, immerhin schmeckt es schon salzig.
                                                            Also: Wir packen unsere sieben Sachen (und die anderen hundert auch) und marschieren wieder los. Vorbei am Youth Hostel, in dem wir für heute Nacht ein Zimmer reserviert haben, vorbei am Pub und wieder raus aus dem Ort. Eine Idee war, unsere Sachen schon im Hostel zu deponieren, aber das kommt uns wie Schummeln vor – die Rucksäcke kommen mit. 8km sind es noch bis zum Ballachulish Hotel, dem Punkt, an dem wir finden, dass es Meer ist.

                                                            Es regnet die ganze Zeit, so beharrlich wie die ganze Tour nicht. Ohne Regenhose bin ich schon recht nass, nur die Gamaschen verhindern, dass mir das Wasser bis in die Stiefel läuft. Der Weg ist nicht doll, es geht immer die Straße entlang. Wenigstens gibt es einen richtigen Fußweg und wir haben das Ziel vor Augen (zumindest im übertragenen Sinne), daher ist die Stimmung prima.


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                                                            Eh schon alles nass...

                                                            Endlich erreichen wir das Ballachulish Hotel. Zunächst wagen sich zwei von uns in die feine Absteige, tropfend und eher fehl am Platze. Da unser nicht mitgereister Kumpan vor Jaaaahren mal dort gejobbt hat, wollen wir ihm ein Souvenir mitbringen. Wir erstehen einen knuffigen Bären mit Hotel Ballachulish-Pulli.

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                                                            Am westlichsten Punkt. Seetang und salziges Wasser = Meer.

                                                            Dann geht es die letzten Meter runter zum Strand! Ein wenig müssen wir uns noch durch den Seetang kämpfen, dann ist es geschafft!! 256 km, von Aberdeen bis hierher an den Atlantik! Anderen mag das gar nicht so viel erscheinen, für uns aber ist damit ein wichtiges Kapitel abgeschlossen. Jahre der Planens und Freuens, des Bangens, dass irgendwas vorher schiefgeht. Viele Treffen beim Bierchen, bei denen wir diskutierten, ob nun das Tarp mit soll oder nicht, ob man zwei oder drei Paar Socken braucht, Fleece oder Merino, usw.
                                                            Jetzt stehen wir hier im Seetang, tauchen die Stiefelspitzen ins Meer und machen Fotos. Endlich regnet es auch nicht mehr. Bombig!


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                                                            Zielfoto!

                                                            Der Rückweg geht ähnlich flott und unaufgeregt wie der Weg hierher. Auf halber Strecke machen wir einen Schlenker und schlagen unser – heute sehr spätes – Frühstückslager in einer Unterführung auf, denn es regnet wieder. Wir ziehen hier in der Zivilisation doch einige argwöhnische (oder mitleidige?) Blicke auf uns. Beides unnötig, wir sind nicht gefährlich und es geht uns prima!

                                                            Am frühen Nachmittag kommen wir wieder am spärlich besuchten Glencoe Gathering Pub an, beziehen unseren Tisch von gestern, trocknen erstmal bei zwei, drei pints und vervollständigen unsere Notizen zu Strecke und Zeltplätzen.
                                                            Später geht es ins Hostel. Das ist klein und in die Jahre gekommen, aber wir haben ein Zimmer für uns, Duschen und den angeblich „best drying room in Scotland“. In der Küche gibt es abends Essen ohne Trangia und ein oder zwei Bier sind an der Rezeption auch zu erstehen, bevor es dann zeitig ins Bett geht. Es waren ja nur gut 16km heute, dafür aber die meiste Zeit im Regen. Bäääh.
                                                            Two roads diverged in a wood, and I--
                                                            I took the one less traveled by,
                                                            And that has made all the difference.

                                                            Frost, 'The Road Not Taken'

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                                                              Erfahren
                                                              • 21.04.2007
                                                              • 465
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              Tag 12: 5. Juli --- Glencoe – Deutschland

                                                              Früh am Morgen muss es wieder losgehen, wir müssen den frühen Bus nach Glasgow im Ort kriegen. Die nette Tochter des Betreibers überlässt uns zum Frühstück einen 1-kg-Bottich sandwich filler, eine leckere Kalorien- und Fettbombe aus Streukäse und Majo. Der ist grad einen Tag über MHD und sie kann ihn nicht mehr verwenden. Wir geben uns die größte Mühe ihn zu verbrauchen!
                                                              Zum dritten Mal geht es die 3km in den Ort. Der Bus kommt wie bestellt und die nächsten Stunden eiern wir durch Schottland. Komisch ist ja immer, wenn man innerhalb von einer Viertelstunde eine Strecke zurücklegt, für die man zuvor einen ganzen Tag zu Fuß gebraucht hat. So geht es uns bei der Fahrt durch Glencoe. Bei dem Wetter sind wir aber nicht böse, nicht noch einmal zu Fuß durch den Glen zu müssen.
                                                              In Glasgow angekommen, vertreiben wir uns noch ein wenig die Zeit mir einem Spaziergang die Sauchiehall Street entlang, die ist allerdings ganz schön heruntergekommen. Vieles ist zu oder es gibt nur noch so Billigläden, Müll und Dreck ist überall. Während Letzteres leider schon immer so war, ist der wirtschaftliche Rückgang wohl auch mit dem Brexit zu erklären. In Aberdeen sah die einst schöne Union Street auch so aus. Echt traurig.
                                                              Der Flug nach Amsterdam ist unspannend, schön ist, dass auch unsere Rucksäcke ankommen. Jan will von hier weiter Richtung Frankfurt, Nils, Arne und ich nach Bremen. Also verabschieden wir uns hier und beenden sozusagen offiziell die Tour.

                                                              Did it! Und soooo viel ist auch gar nicht schiefgegangen...
                                                              Two roads diverged in a wood, and I--
                                                              I took the one less traveled by,
                                                              And that has made all the difference.

                                                              Frost, 'The Road Not Taken'

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                                                                Erfahren
                                                                • 21.04.2007
                                                                • 465
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                Take aways und lessons learned in eher beliebiger Reihenfolge, werden vielleicht noch ergänzt:
                                                                1. Wir hatten saumäßig Glück mit dem Wetter. Bis auf die letzten drei Tage war es weitgehend trocken, nicht zu warm und vor allem fast immer windig, so dass kaum midges unterwegs waren. Und das in der Hochsaison!
                                                                2. Die Ausrüstung war gut. Der Klappgrill bleibt nächstes Mal zuhause, aber das Tarp hat sich bewährt. Und ohne den Flachmann fahre ich auch nicht nach Schottland.
                                                                3. Unsere Route erscheint vielen sicher wenig reizvoll. Wir haben tatsächlich Berge gemieden und sind in den Tälern geblieben. Uns ging es vor allem um die Strecke, nächstes Mal geht es vielleicht ein wenig höher hinauf. ​
                                                                4. Die Rangfolge der schönsten Lagerplätze ist umstritten. In den Top 3 sind aber auf jeden Fall ​​​​​​​Loch Laidon, Glen Tilt und auch der am River Garry bei Blair Atholl.
                                                                Two roads diverged in a wood, and I--
                                                                I took the one less traveled by,
                                                                And that has made all the difference.

                                                                Frost, 'The Road Not Taken'

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                                                                  Freak

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                                                                  • 12.07.2008
                                                                  • 44299
                                                                  • Privat


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                                                                  Danke für’s Mitnehmen!

                                                                  Kommentar


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                                                                    Erfahren
                                                                    • 12.06.2014
                                                                    • 266
                                                                    • Privat


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                                                                    Auch von mir vielen Dank für den spannenden und schön geschriebenen Bericht. Da bekomme ich doch gleich Lust selbst mal so eine Streckenwanderung zu machen. Aber Munro-Bagging (was wir seit 2011 jährlich betreiben, sh. Meine Reisen) ist auch ganz ok.
                                                                    ---
                                                                    I'd rather be out on the hills...
                                                                    http://chorltoniac.blogspot.com

                                                                    Kommentar


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                                                                      Erfahren
                                                                      • 11.09.2022
                                                                      • 242
                                                                      • Privat


                                                                      #35
                                                                      Ja, danke für´s Mitnehmen. Sehr schön geschrieben. Ich glaube, nächstes Jahr muss ich auch wieder nach Schottland.

                                                                      Kommentar