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    [RU] Bargusin - Baikal 2018

    Tourentyp Kanutour
    Breitengrad 53.426291526
    Längengrad 108.99154754
    Wanderpaddeln Bargusin - Baikal 2018

    Die diesjährige Sommerpaddeltour führte uns als 4-köpfige Gruppe einen Monat ins Herzen Sibiriens, nach Ulan-Ude, auf den Fluss Bargusin und auf den Baikalsee. Wie kam es dazu?

    Seit vielen vielen Jahren, seit ihrer Karelientour 2008, haben Roland und Dörte Anlauf genommen, eine längere Sibirien-Paddeltour mit möglichst vielen Mitpaddlern zu machen. 2013 wurde es dann bereits konkret: “Sibirien oder Nordrussland 2014”. Roland wollte 6 Wochen Sibirien organisieren, für 2 Gruppen a 3 Wochen. Mögliches Zielgebiet war schon damals der östliche Baikalsee mit seinen großen Zuflüssen Obere Angara, Bargusin und Selenga. Das zerschlug sich aber bald. Nächster Anlauf 2015: “Expedition 2016 Juni/Juli Nordamerika oder Sibirien”. Da aber zum Zeitpunkt der Bekanntmachung weitere Sibirieninteressenten für 2016 schon andere Pläne hatten, ging es dann nach Nordamerika. Gleich nach Ende der Yukon-Tour widmete sich Roland dann der “Planung Sibirien 2017”. Da kam aber im Februar die Familie dazwischen, und damit war Sibirien auf 2018 verschoben.

    2018 - ein Traum wird wahr, zumindest Rolands und Dörtes. Für die erste Gruppe (sächsische Sommerferien) meldeten sich 26 Leute an (von denen am Ende einer absprang), für die 2. Gruppe (Berliner Sommerferien) 5 Leute, von denen 2 wieder absprangen.

    Ich selber war nicht besonders begeistert von dem Plan. Zum einen hatte ich bereits eine andere große Tour vorgesehen, zum anderen entsprach das, was Roland im Detail vorhatte, nicht unbedingt dem, was ich mir unter einer Sibirien-Paddeltour vorstellte.

    Den von ihm ins Auge gefasste Fluss Chilok habe ich mir genauer angesehen. Er ist ein einfacher Steppenfluss, der von Anfang bis Ende durch mehr oder weniger bewohntes Gebiet fließt, kein Stück Wildnis, wie das in meiner Vorstellung von Sibirien sein sollte. Andernseits, falls ich meine große Pantanal-Tour ein Jahr verschiebe, dann würde mir die Sibirien-Tour Gelegenheit bieten, Fliegen mit großem Bootsgepäck mal auszuprobieren, da hatte ich vorher so ganz ohne Erfahrung erhebliche Bedenken. Andrea dagegen träumt bereits seit über 40 Jahren vom Baikalsee, und so haben wir uns Ende Januar entschieden, in der 2. Gruppe mit nach Sibirien zu fliegen.

    Ich werde die Vorbereitungen hier im Detail schildern, so dass jeder, der noch Hemmung hat, nach Russland zu reisen, sehen kann, welchen Aufwand das bedeutet und ob es ihm das Wert ist. Natürlich kann man beliebige Teile dieses Aufwandes gegen Geld an Reisebüros abgeben.

    Wer gleich losstarten möchte, liest hier weiter.
    Zuletzt geändert von Spartaner; 22.09.2018, 09:08.

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    #2
    AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

    Vorbereitung

    Flugtickets

    Erster Schritt war die Beschaffung der Flugtickets. Zum Baikal fliegt man entweder nach Irkutsk oder nach Ulan-Ude. Irkutsk ist idR ein wenig billiger, und man kann zur Einsatzstelle am Chilok mit der Transsib, der berühmten Transsibirischen Eisenbahn, am Baikal-Ufer entlangfahren. Ulan-Ude ist dagegen der nähere Flughafen, wenn man an der Ostseite des Baikal bleiben möchte. Andrea und ich haben uns dann, als die Flugpreise anfingen zu steigen, und in Kenntnis von Rolands bisherigen Plänen entschieden, bis Ulan-Ude zu fliegen. Falls seine Pläne noch gravierend verändert würden und nicht mehr zu Ulan-Ude passen würden, könnten wir die Tour auch zu zweit durchziehen. So kam es auch, dass wir die allerersten waren, die Flugtickets gebucht hatten, viele Wochen vor den anderen.

    Am günstigsten, auch nach Durchrechnung aller Kosten fürs umfangreiche Fluggepäck, war die Fluggesellschaft S7. Daneben war die Aeroflot in der Auswahl. Ende Januar buchten wir direkt auf der Webseite der Fluggesellschaft für je 46903₽ (676.17€) die Tickets:



    Flug hin und zurück, Reisezeit genau 30 Tage und damit im Rahmen des Touristenvisums. Hin am 12.7.2018 Берлин, Тегель - Улан-Удэ, Байкал Economy Flex inklusive 1x10kg Handgepäck (55х40х20cm) sowie inklusive je ein aufgegebenes Gepäckstück <23kg mit Gurtmaß <203cm (Ally-Sack 110x50x40cm). Ankunft У-Удэ 13.7. 08:10Uhr. Zurück am 10.8.2018 9:25Uhr ab У-Удэ.
    Am 10. April, als die anderen ihren Flug buchten, kostete das Ticket bereits 809.70€.

    Die 10 Tage bis zum bisher geplanten Treffpunkt mit der 2. Gruppe am 22.7. würden wir uns entweder in der Gegend umschauen, paddeln schon alleine auf dem Chilok, oder schließen uns bereits der 1. Gruppe an. Logistisch wäre das einfach, da man ja an vielen Stellen mit ÖPNV (Elektritschka) an den Fluss herankommt. So weit der Stand Ende Januar.


    Visa

    Die leider immer noch notwendigen Touristenvisa für Russland bekommt man entweder über ein spezialisiertes, meist russisch geführtes Reisebüro für 80 - 120€, über die russischen Visazentren in Deutschland, oder direkt an der Botschaft oder den Konsulaten in Deutschland. Bei der Botschaft zahlt man nur 35€ für ein Visum, beim Visazentrum noch 25€ mehr für den Service. Der besteht aber nur in der kürzeren Wartezeit auf einen Termin oder in der Möglichkeit der Abwicklung über den Postweg. Ich habe wenig Geld und genügend Zeit und mich entschlossen, unsere Visa direkt bei der Botschaft zu beantragen.

    Der erste Schritt ist die Jagd nach einem Termin im Terminbuchungsystem der Russischen Botschaft. Man meldet sich an und sollte dann eine Auswahl an möglichen Terminen zu sehen bekommen. Aber idR wird zunächst kein Termin angeboten. Stattdessen soll man nun jeden Tag einmal nachschauen, ob mal wieder ein Termin angeboten wird. Nach 2 Wochen war es dann so weit: ich konnte einen Termin Ende nächsten Monat buchen. Eine große Wahl hat man nicht, man muss halt den einen Termin annehmen, der angeboten wird. Puhh, erste Hürde genommen.

    Das man zur Visabeantragung einen gültigen Pass und ein korrekt ausgefülltes Antragsformular vorlegen muss, ist selbstverständlich. Zusätzlich möchte die Russische Botschaft aber noch den Nachweis einer in Russland zahlenden Auslandskrankenversicherung, einen Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel, und natürlich die berühmte “Einladung” sehen. Das soll alles auf Gegenseitigkeit beruhen, also die EU wird von einreisewilligen Russen wohl dieselben Nachweise verlangen. Russland hält entsprechend dagegen, während die Ukraine, Georgien und etliche andere Staaten einseitig auf diese Schikanen verzichten und uns visafrei einreisen lassen.

    Die Krankenversicherung ist schnell geklärt. Meine Allianz-Auslandsreisekrankenversicherung schickt mir nach kurzem Anruf ein Schreiben mit der Bestätigung der Kostenübernahme im Krankheitsfall für den angegebenen Reisezeitraum zu.

    Den Nachweis der ausreichenden finanziellen Mittel versuche ich erst mal mit meinem mageren Lohnzettel. Wenn der nicht ausreichen sollte, reiche ich eben noch was nach (wurde aber anstandslos akzeptiert). Man kann zB auch einen Grundbuchauszug oder eine Steuererklärung einreichen.

    Der nächste Schritt ist die Beschaffung der notwendigen Einladung. Eine echte Einladung kommt nicht in Frage. Wir kennen keinen Russen, der uns dorthin einladen könnte, und außerdem ist diese Einladung für den Einladenden mit der Übernahme gewisser Verpflichtungen, Kosten und Behördengängen verbunden. Das will man eigentlich nicht mal guten Freunden antun.
    Was bleibt, sind Fake-Einladungen, die von dafür zugelassenen russischen Firmen zum Kauf angeboten werden. Von denen gibt es einige, drei davon waren auf dieser sehr hilfreichen Seite aufgelistet. Ich nehme natürlich die billigste. Auf deren Webseite füllt man ein Formular aus mit allen Daten, ua auch mit den Namen der Städte, die man besuchen möchte, zahlt 16€ mit Kreditkarte, und erhält wenige Minuten später eine Mail mit der Einladung (Voucher) als PDF im Anhang.

    Der finale Schritt in der Vorbereitung ist das Ausfüllen des Visaantrags, online bei der Konsularabteilung. Hier kann man sich anschauen, wie es funktioniert. Alles genauestens ausfüllen, ausdrucken, Passbild rauf, und los gehts zur Botschaft.


    28. März, 10:10 Uhr, Schalter 2, mein erster Termin. Im Eingangsbereich gründliche Sicherheitskontrolle. Einen Stock höher ein langgezogener Raum mit dutzenden Schaltern, vielleicht 200 - 300 Antragsteller warten sitzend oder stehend. Man wähnt sich bereits in Russland und ich bereite mich mental schon auf eine längere Wartezeit vor. Orientierung, wo ist Schalter 2, ah, ganz am Ende. Davor ausnahmsweise keine Schlange. Nahezu zur angegebenen Zeit werde ich bedient. Am Schalter 2 werden nur nichtrussische Staatsangehörige mit elektronischem Termin abgefertigt. Aber dann gleich der erste Schock: ich darf mit diesem einen Termin nur einen Visaantrag stellen, nicht gleich 2 für uns beide. Zweiter Schock: nach Prüfung der “Einladung” wird diese zurückgewiesen. Die Firma sei nicht registriert. Bumm, bisher alles umsonst. Na gut, da wurde ich wohl reingelegt. Die Schalterbeamtin meint noch, vielleicht hätte die Firma nur vergessen, die Registrierung termingerecht zu erneuern. Und ich könnte, wenn ich eine gültige Einladung habe, innerhalb der nächsten 7 Tage noch einmal ohne Termin vorbeischauen und die Unterlagen abgeben.

    Reichlich frustriert trolle ich mich. Zuhause gegoogelt nach dieser Firma, Webseite war bereits abgeschaltet, alle Infos deuten auf so einen Hinterhofkrauter, der mit Autohandel und solchen “touristischen Dienstleistungen” Geld machen wollte. Dann eine höfliche Mail an den Hinterhofkrauter “Voyage-Expo” und an “Russia.Support”, die da auch irgendwie drinstecken, wahrscheinlich als Auftraggeber von “Voyage-Expo”:

    “Dear Sirs,
    I had an appointment today to hand in my visa documents at the Russian Embassy in Berlin.
    There I was told that the Voucher & Confirmation №167319 and №167342 of 31.01.2018 have no validity. Your company is not registered in the system. You may have forgotten to renew your registration on time.
    How can this problem be solved in the short term?
    With kind regards, …”

    Sofortige Rückmeldung: “Ihre Nachricht wurde nicht an info@voyage-expo.net zugestellt, da die Adresse nicht gefunden wurde oder keine E-Mails empfangen kann.”

    Ok, dann bleibt noch Russia.Support. Wir warten. Und warten. Heute kam nichts mehr. Am nächsten Tag versuche ich noch, bei Irena Domingo auf der Seite einen Kommentar zu hinterlassen, der aber nie veröffentlicht wird. Aber: Nachmittags kommt dann eine Mail von Russia.Support, und die liest sich ganz gut:

    “Dear Michael,
    Thank you for contacting us. Your letter got into a spam folder so we didn't see it yesterday, sorry.
    The company Voyage-Expo is under the reaccreditation process in the Russian Register of Tour Operators currently that is the reason for such situation.
    We have made you new vouchers which are attached hereby. Now you can apply for your visa.
    As our apologies please accept the payment for all your vouchers. (PayPal and Credit Card)
    We thank you for your order and apologize for all the inconveniences …… “


    Wahnsinn, alles wird gut! Tatsächlich werden uns 2x16€ zurückgezahlt, und im Anhang sind neue, diesmal gültige Vouchers mitgeliefert. Dann einen neuen Visaantrag mit den neuen Daten ausgefüllt, ausgedruckt, etc.

    Gleich nach Ostern eile ich wieder in die Konsularabteilung und versuche erneut mein Glück. Diesmal ist es mir hold, der Antrag wird zumindest angenommen, ich bezahle am Kassenschalter 36.25€ (35€ + 3.5% für den Einsatz der Kreditkarte). Und 6 Tage später kann ich wieder hin und meinen Pass mit dem Visum abholen. Pfff, wieder eine Hürde genommen. War schon so ein richtiges kleines Indoor-Mikroabenteuer.



    Das ganze jetzt noch für das zweite Visum, und der Reise steht bezüglich Dokumenten nichts mehr im Wege. Am 23. und 29. Mai wurde auch das erledigt. Zum Glück war keine schriftliche Vollmacht für die Abholung von Andreas Pass erforderlich, wohl weil die mich schon kannten.


    Neuer Plan

    Roland hat derweil sein Reiseziel mit der 1. Gruppe vom Chilok auf die Uda verlegt. Damit ging für uns der Unterlauf des Chilok und die Fahrt auf der Selenga bis zum Baikalsee verloren. Roland würde ja dieses Stück nicht gleich zwei mal hintereinander befahren wollen. Stattdessen warf er für uns die Flüsse Obere Angara und Bargusin in den Ring. Die Obere Angara kam für mich nicht in Frage, weil die Anfahrt aus Ulan-Ude sehr umständlich und/oder teuer wäre. Also habe ich mir den Bargusin näher angeschaut, war von dem Fluss und seiner Umgebung ganz angetan und habe einen Detailvorschlag unterbreitet:


    Zeitplan Bargusin-Baikal 12.7.-10.8.2018

    12.7. Abflug 15:30, Registrierung bis 14:50, Taxi 12:30. Moskau an 19:10, ab 20:40

    13.7. Ankunft Улан-Удэ (UU) 08:10, Tag in UU, Unterkunft "4 Комнаты", +7 (3012) 213551(1?), otel4@yandex.ru, ул. Каландаришвили, 21, Улан-Удэ, Einchecken ab 12:00

    14.7. Ausflug Iwolginski-Kloster (Иволгинский Дацан, Map), UU, Bus Маршрут №108 “Улан-Удэ – Верхняя Иволга”, 2-stündlich von 8 -20 Uhr in beide Richtungen immer zur vollen Stunde, Rückfahrt spätestens 19 Uhr! Alternativen №104 und №130 nur bis Iwolginsk, von da sind es noch 16km bis zum Dazan, aber alle 10 Minuten.

    15.7. Busfahrt 419km ins Bargusin-Tal, Online-Ticketkauf mit Anzeige der freien Plätze, Abfahrt маршрут № 320 7:30 (08:00) oder 11:00 bis Курумкан, Ankunft 15:45 bzw 18:45 (11:00 Pause 40min in Турка am Baikal), Google-Karte. Aber nur wenn man 8:00 abfährt hat man die Chance, abends noch die weiteren 82km bis Улюнхан, dem letzten Dorf im Tal, zu schaffen, Marschrutka 17:00? oder Ruftaxi? В районном центре (Курумкан) работает служба такси, 75км. Номера телефонов: (924) 771-03-03 и (924) 396-22-22.

    16.7. Fahrt bis Quelle «Умхей» (mit Nobelunterkunft), hinter Улюнхан max 20km zu Fuß/Auto, Furt

    17.7. Bergtour auf einen nahen 2000er mit Aussicht in die sibirischen Gebirgswelten, damit ein ganz wenig richtiges Sibirienfeeling (Micha alleine oder mit Dörte, Andrea bleibt im heißen Wasser der Quelle liegen), mögliche Route auf Satellitenbild, GPSies.com

    18.7. Bergtour auf einen nahen 2000er (Micha, Dörte)
    19.7. Bergtour auf einen nahen 2000er (Micha, Dörte), vielleicht geht das auch schneller
    20.7. Start Bargusin, hier oben noch viele sehr flache Kiesbankschwellen oder gar Wildwasser, Roland kommt an den Bargusin, telefonische Ortsbestimmung und abends oder nächsten Tag Treffen
    21.7. (Abflug Gruppe 1a)
    22.7. (Abflug Gruppe 1b)
    .
    . weitere 12 Tage paddeln, Google-Übersichtskarte
    .
    4.8. Späteste Ankunft Baikal (Усть-Баргузин)
    5.8. Paddeln zur Heilige Nase 20km
    6.8. Wanderung auf die Heilige Nase 1877müNN = 1420müBaikal
    7.8. Zurückpaddeln nach Усть-Баргузин
    8.8. Späteste Rückfahrt mit Bus nach UU
    9.8. Allerspäteste Rückfahrt UU, oder noch ein Tag in UU Nacht im Гостиница Полет, 800m zu Fuß zum Flughafen, Цена номера: 1100–1900 руб (andere Quellen sagen ab 2100 Rubel).
    10.8. Rückflug von UU 9:25, Registrierung bis 8:45. Moskau an 10:50, ab 12:45, Berlin an 14:40


    Der Bargusin

    Der Bargusin/Баргузин ist ein 498km langer Zufluss des Baikalsees in Südsibirien/Burjatien im asiatischen Teil Russlands.

    Der Ursprung (Map) des Flusses befindet sich in etwa 2050m Höhe unterhalb des mit 2574m höchsten Gipfels des Южно муйский хребет rund 135km östlich des Baikalsees. Anfangs fließt der Bargusin ein Stück nach Nordwesten und knickt dann nach Süden ab. Der gesamte gebirgige Teil des Einzugsgebietes ist unbewohnte Taiga- und Hochgebirgs-Wildnis, zu großen Teilen zusätzlich streng geschützt im 2381 km² großen Staatlichen Naturreservat Dscherga (Джергинский государственный природный заповедник). Der Fluss ist hier für einfache Wanderpaddler zu schwierig, Wildwasser bis WW5.

    Unterhalb dem Kurort Umkhey/Курорт «Умхей», dem einzigen zivilen Vorposten in der Wildnis, weitet sich das Tal, das Gefälle nimmt ab, und der Bargusin fließt über ein dutzend Kiesbankschwellen (WW1) in die Bargusin-Senke/Баргузинская котловина. Diese ist ein 180 km langer und bis 35 km breiter Grabenbruch zwischen dem hohen Bargusingebirge/Баргузинский хребет im Westen/Nordwesten und dem niedrigeren Ikat-Gebirge/Икатскийй хребет im Südosten, der im Laufe von etlichen Millionen Jahren vom Bargusin und seinen Nebenflüssen mit den aus den Gebirgen herangeschafften Sedimenten aufgefüllt wurde. Man erkennt sie sehr gut auf der Reliefkarte (der Bargusin in grün). In diesem Tal verzweigt sich der mäandrierende Fluss in mehrere Arme und bildet eine Sumpflandschaft mit über 1000 Seen und Altwassern. Die Bargusin-Senke ist besiedelt, Teile der Talflächen (Sumpf und Steppe) werden extensiv beweidet, hauptsächlich durch Rinder und Pferde.

    Am Ende dieser Sumpfebene, kurz hinter dem Ort Bargusin, verengt sich das Tal wieder, das Gebirge bildet eine Schwelle und der Fluss fließt die letzten Kilometer bis zum Baikal wieder flott mit höherem Gefälle bis in die Bargusin-Bucht, welche die größte und tiefste Bucht des Baikalsees bildet und sich im Osten des Sees südlich der Halbinsel Heilige Nase/Святой Нос befindet.





    Wie in den letzten Jahren gewohnt, habe ich zunächst eine Bargusin-Seite im Faltboot-Wiki angelegt, auf der alle für mich relevanten Infos gesammelt wurden, habe den Flusslauf in der Openstreetmap bis zur Quelle verlängert und verbessert, viele Nebenarme und weitere Details eingezeichnet, und das Monate vor der Reise, damit genügend Zeit bleibt, dass die OpenandromapsSiberia-South” aktualisiert wird und meine neuen Elemente zum Zeitpunkt der Reise auch tatsächlich enthalten sind und angezeigt werden. Danach habe ich einen durchgehenden Hauptlauf isoliert, und den als einen Track in GPSies.com eingespeist. Diesen Track kann man dann wieder herunterladen mit einem Häkchen vor der Option “Kilometer-Markierung hinzufügen”. Damit gelangt man an eine perfekte Kilometrierung des Flusslaufes. In Locus Map weiß man dann immer wo man ist und wie weit es auf dem Fluss noch ist zu beliebigen Zielen am Ufer.

    Neben der Openandromap habe ich noch Google- und Bing-Satellitenbilder heruntergeladen, sowie die alten sowjetischen Militärkarten im Maßstab 1:100000 und größere Übersichtskarten, alles für LocusPro aufbereitet und damit für den gesamten Fluss und die Heilige Nase alle Karten und Luftbilder offline parat gehabt. Perfekt - und eine Freude darüber, was heutzutage alles so geht, wenn auch mit einem gewissen Vorbereitungsaufwand. Durch die intensive Beschäftigung mit den Karten und Luftbildern wurde mir die Gegend bereits sehr vertraut.

    Dazu lasen wir den Führer: “Baikalsee: Handbuch für Reisen in die Baikalregion”, der in einer aktuellen Auflage von Mai 2017 angeboten wurde und ziemlich gut geschrieben ist.

    Soweit mein Kenntnisstand vor der Tour. Das konnte man soweit alles aus dem Netz ziehen.


    Ausrüstung

    Die Ausrüstung sollte wegen des teuren Fluggepäcks und auch den nicht einfachen Transporten im Land (Marschrutka) möglichst leicht und nicht so voluminös sein, wie wir das von unseren Autotouren bisher gewöhnt waren.

    Anfang des Jahres habe ich einen neuen Ally Pathfinder gekauft (1426.81€), den 15.5er, der auf ruhigem Wasser, auf Seen und großen Flüssen leichter läuft als der Ally Tour 16.5’. Dazu wiegt er 2½kg weniger. Natürlich passt in den neuen auch deutlich weniger Gepäck hinein, aber da ja das Fluggepäck sowieso arg limitiert ist, sollte das passen. Für den haben wir kurz vor der Tour noch eine extra leichte Spritzdecke geschneidert, die ohne die sperrigen Ringe der von Bergans angebotenen Ally-Spritzdecken auskommt.

    Meine Ausrüstung habe ich noch durch einen wasserdichten Rucksack im Handgepäckformat ergänzt (39.90€). Außerdem habe ich ein simples teilbares TNP-Stechpaddel gekauft (42.94€), welches gut in den Bootsrucksack reinpasst. Anstatt eines Ersatzpaddels begnügte ich mich mit einer chinesischen Paddelsicherung (2.81€). Andrea dagegen wollte später unbedingt ihr leichtes, aber unteilbares Carbonpaddel mitnehmen, und hat dafür extra eine Snowboardtasche gekauft (35€), die sie als kostenloses Sportgepäck durch den Check-in bringen wollte.

    Außerdem besorgte Andrea ein ultraleichtes, durch extrem hohen Mesh-Anteil im Innenzelt auch sehr gut durchlüftetes Sommerzelt, ein MSR Freelite 3. Bei den Matten haben wir auf unsere Luxury-Maps verzichtet und haben trotz unseres Alters wieder die alten 3.8cm-Matten hervorgekramt.

    Wanderschuhe habe ich extra eingepackt, um in der sibirischen Bergwelt nicht zu schnell an Grenzen zu kommen. Und für die Kiesbankschwellen auf der ersten Tagesetappe extra noch Neoprenschuhe, da bei Niedrigwasser mit Treidelpassagen zu rechnen war. Wurfsack für Dörtes Tarp.

    Die 3.8L-Dose mit Elektronik-Krams mag euch vielleicht unnötig vorkommen, aber das meiste davon kam tatsächlich zum Einsatz (Solarpanel, Powerbank, Ladegeräte für 18650er, AAs und die Kamera-Akkus, USB-Adapter und Speicherkartenleser zum Überspielen und sichern der Fotos von der Kamera, neben dem Smartphone als Standard-GPS-Tracker noch eine GPS-Maus als Tacho-Anzeige etc).

    Der übrige Kram entsprach in etwa dem, was wir auch sonst dabeihaben.
    Zuletzt geändert von Spartaner; 16.01.2019, 09:24.

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      #3
      AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

      12. Juli 2018, Anreisetag

      Heute nun ist erster Urlaubstag, heute fliegen wir. Für mich ist es leider nur noch Resturlaub bis Ende Juli. Mein Chef wollte mir den bereits im Februar beantragten Urlaub nicht genehmigen, mich auch nicht unbezahlt freistellen. Stattdessen hat er mir vor zwei Wochen eine Vertragsänderung untergejubelt, mit der er mir eine Vertragsstrafe für Fehltage in Höhe bis zu einem Monatslohn aufdrücken kann. Er wollte also, dass ich nicht nur keinen Lohn bekomme während des Urlaubs, nein ich sollte zusätzlich noch einen Monatslohn draufzahlen. Nicht mit mir, da habe ich dann halt gekündigt. Hat er sich verzockt (er hatte schon kurz zuvor einem zweiten von 3 Mitarbeitern gekündigt, eigentlich einem guten Mann, und hat nun tatsächlich ein Problem).

      Ich kann die bisherigen Flüge im Leben noch an den Fingern meiner Hände abzählen. Zu Ostzeiten 2 mal geflogen, kurz nach Wende dann 1x nach Nairobi und 1x nach Kairo, beides selbstorganisiert, aber das meiste wieder vergessen, und dann nur ein paar mal Beamtenshuttle Bonn-Berlin. Dabei gab es für mich nichts zu beachten.

      Für mich war der ganze Ablauf rund um den Flug darum wieder neu und abenteuerlich. Deshalb beschreibe ich ihn auch in den Details. Wenn euch Vielfliegern das alles geläufig ist, könnt ihr gleich hier weiterlesen.

      Bereits am Vortag haben wir den Online-Checkin durchgezogen und uns bei dieser Gelegenheit Sitzplätze mit guter Sicht in die Landschaft unten ausgesucht. Bei S7 kann man 30h vor Abflug einchecken. Aber auch der Anschlussflug, der noch ein wenig mehr als 30h voraus lag, konnte bereits eingecheckt werden.

      Gegen 10 klingelt Dörte. Wir laden unser umfangreiches Reisegepäck zu ihrem in ihren kleinen Skoda Fabia und fahren 2h später zum Flughafen Tegel. Vor dem Terminal A verladen wir alles Gepäck auf 2 Rollwägelchen. Alles Stress hier, überfüllt, Parken ist verboten, Halten in 2. Reihe eigentlich auch.



      Ich fahre das Auto zurück auf den Saatwinkler Damm und stelle es dort ab. Hier parken hunderte Fluggäste ihre Autos, wenn sie auf die teuren Flughafenparkplätze verzichten wollen. Die Polizei warnt auf “Werbebannern” am Rand der Straße vor Dieben.

      Als ich die 2km zurückgelaufen bin haben die beiden Damen mit dem Gepäck bereits fast die 350m bis zum Terminal C geschafft. Dort reihen wir uns in die lange Schlange der Wartenden ein. Die Aufgabe des Gepäcks zieht sich.



      Als wir dann endlich dran sind, zeigt sich, das alle unsere Gepäckstücke ein halbes Kilo zu schwer sind. Dabei habe ich sie alle mit meiner chinesischen Kofferwaage vorher überprüft und ein maximal möglicher Teil des Gewichts ist in den großen Taschen meiner Regenjacke untergebracht, die ich anhabe. Aber zum Glück liegt diese Überschreitung im Toleranzbereich. Das Boot in seinem großen Sack wird ebenfalls akzeptiert, allerdings soll ich es im Sperrgutschalter abgeben. Nach meiner Messung sollte es ganz knapp im Gurtmaß von 203cm liegen.

      Schwieriger wird die Aufgabe des sogenannten Sportgepäcks, in dem jetzt auch Dörtes Paddel untergebracht sind. Die “Snowboardtasche” wird nicht kostenlos akzeptiert, und Andrea zahlt für das zusätzliche aufgegebene Gepäck noch einmal 70€. Genau wie ich das geahnt hatte. Auch das zählt wegen seiner Länge als Sperrgut.

      Aber insgesamt sind die russischen Mitarbeiter beim Gepäckschalter in Tegel recht entspannt. Die Außenmaße wurden auch bei meinem grenzwertigen Bootssack nicht nachgemessen.

      Nach dem Sperrgutschalter braucht Andrea erst mal eine Zigarette. Danach geht es in den Sicherheitscheck, Körperscanner, Gepäck röntgen. In meinem Handgepäck ist ein spitzer Gegenstand zu erkennen. Ich muss auspacken und meine Zeckenzange vorzeigen. Zum Glück darf ich sie behalten.

      Letzter Schritt ist die Passkontrolle. Eine Schlange von 200, 300 Passagieren steht vor uns in der Schlange. In 10 Minuten soll das Flugzeug starten. 2 Beamte arbeiten in den Schaltern, viel zu wenig für diesen Andrang. Berlin kann nicht nur keinen Flughafen bauen, es kann auch keinen betreiben! Ohne Vordrängeln ist das nicht zu schaffen. Dummerweise ist unser Flug nicht der einzige nach Moskau. Gleich nach unserem S7-Flug fliegt ein zweiter mit der Aeroflot. Aber mit ein wenig dickem Fell gegenüber den meckernden Mitwartenden funktioniert das Vordrängeln.



      Wir sind dementsprechend auch fast die letzten die einsteigen und finden kaum noch Platz fürs voluminöse Handgepäck.

      Kurz nach 4, mit einer ½h Verspätung, hebt unser hübscher lindgrüner Airbus A320 endlich ab. Der Stress fällt ab, die meisten Hürden sind genommen. Auf dem internationalen Flug ist die Beinfreiheit auch noch ganz OK. Es gibt Getränke und etwas zu essen. Der Flug geht mit 845km/h in 11600m Höhe entlang der polnischen Ostseeküste, über das Kaliningrader Gebiet, Litauen und das nördliche Weißrussland direkt nach Moskau. Ich sitze am Fenster und tracke die ganze Zeit mit. Irgendwie auch ein gutes Gefühl, immer genau zu wissen, wo man ist.

      130km südlich von Moskau bricht das GPS-Signal ab, ist kurz darauf wieder da. Aber es kann kein Track mehr aufgezeichnet werden. Alle paar Sekunden bricht es ab. Erst kurz vor der Landung ist das Signal wieder stabil.

      Nach 1890km stehen wir abends um ¾7 vor dem Terminal Moskau-Domodedovo, also trotz verspätetem Abflug pünktlich angekommen. In Moskau passieren wir die Passkontrolle ohne übermäßige Wartezeiten selbstverständlich, es sind so ungefähr 20 Schalter besetzt. Das Gepäck wird ohne unser Zutun in die Anschlussmaschine nach Ulan-Ude verladen.





      10 Minuten vor dem geplanten Abflug setzt sich die Boeing 737-800 bereits in Bewegung. Alles perfekt hier in Russland.

      Nur die Beinfreiheit ist jetzt auf der inländischen Langstrecke noch ein Stück geringer als zuvor. Das GPS-Signal ist kurz nach Start schon wieder weg. Erst 160km östlich von Moskau-Domodedovo ist es wieder da und die Trackaufzeichnung beginnt. Das kann kein Zufall sein. Ich tippe darauf, dass der Ring von Atomraketenstellungen um Moskau von GPS-Jammern geschützt wird. Auf dem gesamten Rest der Reise gab es keinerlei Schwäche beim GPS-Signal.

      Nachts um ½10 Moskauer Zeit überfliegen wir den Ural und erreichen Sibirien.
      Zuletzt geändert von Spartaner; 30.08.2018, 21:13.

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        #4
        13. Juli 2018, Ulan-Ude

        Die Nacht ist sehr kurz, denn wir fliegen ja der Sonne entgegen und “verlieren” dabei 7h. Im Norden ist immer ein heller Schein zu sehen. Hinter dem Ural gibt es ganz eigenartige rote Spiegelungen der Abendsonne auf den Wasserflächen des Westsibirischen Sumpflands.



        Bei Урай, knapp nördlich des 60sten Breitengrades, erreichen wir den nördlichsten Punkt der Reise. Genau so hoch wie Helsinki. Ulan-Ude selbst liegt auf dem 51sten Breitengrad, ähnlich wie der Spreewald.

        Die meiste Zeit der 4538km fliegen wir über Wolken, kaum ein Blick auf Sibirien, keine Spur vom Baikalsee. Erst im Landeanflug auf Ulan-Ude kann man wieder etwas vom Land sehen.

        Nach einer Schleife über Ulan-Ude und der Selenga landen wir gegen ½9 Ortszeit (6h vor MESZ) und stehen kurz darauf einsam auf dem großen Rollfeld vor dem Flughafen “Baikal”. Aber so einsam wir uns hier auch gerade fühlen, das täuscht ein bisschen, es gehen noch mehr Flüge von und nach Ulan-Ude.



        Während wir am Fuß der mobilen Zugangstreppe auf den Bus für die 80m bis zum Terminal warten, wird das Gepäck in einem alten offenen ЗИЛ-130 bereits dorthin gefahren. Mein Fotografieren stößt auf Proteste des Flughafenpersonals, das sei hier verboten.

        Vor dem Mini-Gepäckband drängeln sich die Leute. Wir müssen wieder zwei Rollwägelchen beschaffen und warten fast bis zum Schluss. Aber dann kommt es doch noch, und alles ist vollständig. Dann noch eine letzte offizielle Kontrolle der Klebelabels, nämlich ob wir unser eigenes Gepäck geschnappt haben, und dann können wir den Flughafen verlassen.

        Vor dem Flughafen warten die Taxifahrer. Ich wollte nun eigentlich 800m zur Busstation vorlaufen, das Gepäck auf dem Bootswagen, und mit Marschrutka (20₽) in die Stadt fahren, aber die beiden Damen bestehen auf Taxi. Sie wollten sich schon in 2 der normal kleinen PKWs setzten, die uns für je 500₽ angeboten werden, da entdecke ich noch ein größeres Auto am Rande, etwa die Größe eines Dacia Logan MCV. Dessen Fahrer hält sich zurück, gehört wohl nicht zur Taxi-Mafia, die hier die Fuhren unter sich aufteilt. Als ich auf sein Auto bestehe, wird er herangeholt und darf uns für 800₽ (11.11€) in die Stadt kutschieren. Das Gepäck und die Leute passen gut ins Auto und der “Vermittler” bekommt sofort seine Provision zugesteckt. Der Fahrpreis ist etwa doppelt so hoch wie ortsüblich angemessen gewesen wäre für diese 15km.

        Eine ¾h nach der Landung sitzen wir im Taxi und lassen uns in die Stadt fahren. In der vergangenen Nacht hat es geregnet, und so sind die Straßen oft nass und stellenweise schlammig. Die Brücke über die schlammig-braune Selenga ist ein Nadelöhr und wir fahren Schritttempo. Nach einer ½h stehen wir vor dem “Hotel 4komnaty”, einem unscheinbaren Gebäude, in dem einzelne Zimmer vermietet werden. Ich hatte es bereits Mitte Juni über booking.com reserviert, weil es billig und lt. der Rezensionen gut war und außerdem fußläufig in der Nähe des Busbahnhofs liegt, von welchem wir übermorgen ins Bargusin-Tal abfahren wollen.

        Eine ältere Frau kommt aus dem Nachbargebäude herüber und öffnet uns die Tür. Wir können einchecken, obwohl das eigentlich erst ab 12 Uhr erlaubt sein soll. Der Name des Hotels ist Programm: es gibt wirklich nur 4 sehr schlichte Zimmer, ich habe sogar den Eindruck, das nur 2 davon tatsächlich vermietet werden. Egal, die Zimmer sind in Ordnung, und wir duschen erst mal und ruhen uns kurz aus. Natascha, unsere freundliche хозяйка, ist 55, Rentnerin und verdient sich hier etwas dazu.

        1½h später sind wir wieder auf den Beinen. Erster Tagesordnungspunkt: Dörte will ihr neues Boot abholen. Sie ist ohne Boot hier angereist, hat Wochen vorher telefonisch in Moskau bei der Firma FMK ein Boot vom Typ “Jana” geordert und nach Ulan-Ude vorschicken lassen. Dieses soll nun heute bezahlt und abgeholt werden. Auch ein schönes kleines “Mikroabenteuer”. Aber es läuft tatsächlich alles reibungslos. Wir finden den Versandshop, in dem das Boot lagern soll. Dieser muss das Boot aber doch noch aus einer anderen Filiale besorgen und Dörte kann es dann am späten Nachmittag abholen. Sie hat damit den Flugtransport eines Bootes hierher gespart und für das Boot hier mit 630€ auch deutlich weniger bezahlt als in Deutschland. Das Boot verfügt über viel Stauraum für das Gepäck bei langen Wanderfahrten, wiegt nicht viel (17.5kg) und hat ein sehr gutes Packmaß (40х20х100cm). Alles Vorteile gegenüber dem E65, den sie bisher immer gefahren ist. So schnittig wie dieser ist die pummelige Jana natürlich nicht.

        Nachmittags schauen wir am Busbahnhof vorbei. Am meisten beschäftigt mich die Frage des Gepäcks. Kann man in den kleinen Marschrutkis überhaupt größeres Gepäck mitnehmen? Zufällig wird an einem Kleinbus gerade Gepäck verpackt, und zwar über eine Klappe am Heck. Dieser Gepäckraum wäre viel zu klein für unser Bagage. Aber der Fahrer, den ich anspreche, versichert uns, der Bus nach Kurumkan hätte ebenso wie seiner einen Dachgepäckträger. Mich beruhigt das dennoch nicht so richtig, denn die allerwenigsten Marschrutkis, die ich hier sehe, verfügen über einen Dachgepäckträger. Naja, vielleicht ist das ja bei einem Bus in eine so abgelegene Gegend anders.

        Im Kassenraum des Busbahnhofs kauft Andrea uns drei Bustickets für übermorgen für je 880₽ (12.22€ für 419km). Außerdem versucht sie die Frage zu klären, wie man von Kurumkan aus weiter nach Ulyunkhan kommt. Dabei wird auch angesprochen, dass wir sehr viel Gepäck dabei haben (3 Baidarkis, Campingkram etc.). Die Fahrkartenverkäuferin telefoniert mit der dort ansässigen Busgesellschaft und meldet unsere Weiterfahrt also an.

        Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Beschaffung einer russische SIM-Karte fürs Smartphone. Wir müssen ja Roland kontaktieren können, wenn er unterwegs im Bargusintal zu uns stoßen möchte. Roland hat bereits eine Karte von der Firma MTS, also nehme ich und die anderen beiden die auch. Damit können wir kostenlos beliebig viel untereinander telefonieren und SMS senden und haben für 300₽ + 50₽ Aufladung (Σ4.17€) 5GB Internet für die nächsten 30 Tage. So ganz glücklich ist die Wahl des Mobilfunkanbieters MTS nicht, aber das wird sich erst später herausstellen.

        Andrea besorgt in einer Buchhandlung noch eine Übersichtskarte des Baikals und des Bargusin-Tales, erfährt was über Iwan-Чай und das Ёхора-Festival. Außerdem bekommt sie den Tipp, dass man von Turka aus Tagesexkursionen zur Insel Olchon machen kann.

        Was ich eigentlich noch vorhatte, aber letztlich vergessen habe, ist eine Gasfüllung für mein Jetflame-Feuerzeug, welches ich leer aus Berlin mitgebracht habe. Normale Feuerzeuge dürfen im Handgepäck mitfliegen, Jetflame-Feuerzeuge aber nur ohne Gasfüllung.

        Während die Damen weiter shoppen gehen, schaue ich mir die Stadt an. Im Süden gelange ich zur Hodegetria-Kathedrale (Kathedrale unserer Lieben Frau von Smolensk) und bis zur Uda, dem Fluss, auf dem die 1. Gruppe kurz zuvor durchgekommen ist und der ein paar hundert Meter weiter in die Selenga mündet.







        Ist alles ganz hübsch gemacht hier, in Putins Russland.

        Die Bevölkerung ist hier hinter dem Baikal in Burjatien bereits überwiegend asiatisch. Die meisten sind Burjaten, eine Untergruppe der Mongolen, daneben leben hier Ewenken, Ureinwohner Sibiriens, die ihren Verbreitungsschwerpunkt weiter im Norden haben.

        Abends gehen wir essen im Cafe Aschag, spezialisiert auf Spezialitäten der burjatischen Küche, Buusy (Бурятские буузы, gefüllt mit Hackfleisch, ganz ähnlich den russischen Pelmeni, italienischen Tortellini oder anderen Teigtaschen), Bier etc. (Σ~8€).



        Ich finde den Link zu den Tagesausflügen zur Insel Olchon, und eine Männergruppe am Nachbartisch hilft uns beim Telefonieren. Aber leider erfolglos, morgen können wir nicht mehr nach Olchon fahren, das Schiff ist entweder ausgebucht oder das Wetter zu schlecht (so widersprüchlich waren die Begründungen im Verlaufe mehrerer Telefonate). Also bleiben wir morgen bei meinem Plan Iwolginsk und versuchen die Olchon-Tour am Ende bei der Rückfahrt vom Bargusin einzubauen. Da kommen wir sowieso durch Turka.
        Zuletzt geändert von Spartaner; 16.02.2024, 08:48.

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        • codenascher

          Lebt im Forum
          • 30.06.2009
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          #5
          AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

          Liest sich klasse! Freue mich auf den Rest.

          Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

          meine Weltkarte

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          • Spartaner
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            • 24.01.2011
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            #6
            AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

            14. Juli 2018, Iwolginski Dazan

            Heute besuchen wir das Kloster Iwolginsk. ½12 gehen wir los zu einem anderen Busbahnhof als der wo morgen der Bus nach Kurumkan abfährt, und zwar im Süden in der Nähe der Hodegetria-Kathedrale. Dort steigen wir in den Bus №130 und fahren zunächst 30km in den Ort Iwolginsk (50₽, ~0.70€/P.). An der Endhaltestelle steht ein nächster, kleinerer Bus bereit für die letzten 7 km bis zum Kloster, wo wir ¾1 ankommen. Das Tal hier ist von Bewässerungskanälen durchzogen, die von sehr klarem Wasser aus den Bergen gespeist werden.

            Heute ist Samstag, die Sonne scheint, und eine Menge Besucher stürmen das Kloster. Vor dem Klostertor befinden sich etliche Souvenirstände, Bistros, und Parkplätze. Auffällig sind die vielen mongolischen Tagestouristen, die gerade aus ihren Bussen steigen, etliche in farbenprächtiger Tracht.

            Das Kloster Iwolginsk war lange Zeit (seit 1946) das einzige funktionierende buddhistische Kloster auf dem Gebiet der Sowjetunion. Bis heute ist es das größte, außerdem ist es Zentrum für buddhistische Philosophie und tibetische Medizin in Russland.







            Zur größten Sehenswürdigkeit im Kloster hat Welt.de folgende Geschichte veröffentlicht: “Im Jahr 1927, als die Verfolgung der Religionen in der Sowjetunion um sich griff, versammelt der Pandito Hambo-Lama Itigilow seine Schüler um sich und forderte sie auf, das Land zu verlassen. Er selbst wolle hinübergehen in eine andere Welt. "Schaut in dreißig Jahren nach meinem Körper", forderte er die Studenten auf, die er bat, seinen irdischen Leib mit Seidentüchern zu umwickeln. Dann ließ er sich in Lotos-Position nieder, begann zu meditieren, Gebete zu singen und starb.

            Dreißig Jahre später: Stalin hatte Hunderte buddhistischer Lamas ermorden und 46 Klöster zerstören lassen. Doch das Datzan bei Iwolginsk, nur 35 Kilometer von Ulan-Ude entfernt, wurde (ab 1945) wieder aufgebaut. Die Mönche befolgten die Anweisung des Verblichenen und gruben seinen Leichnam wieder aus. Der befand sich noch immer in Lotosposition und war völlig intakt, man fand keine Zeichen von Verwesung. "Es war damals unmöglich, ihn zurück ins Kloster zu bringen. Niemand durfte über das Gesehene sprechen", berichtete Damba Ajuschejew, inzwischen der 25. Pandito Hambo-Lama, später. Also wurde der Körper Itigilows in einem mit Salz gefüllten Holzsarg wieder ins Grab versenkt.

            Anfang September 2002 wurde der Verstorbene erneut exhumiert. Und zum Erstaunen der Beteiligten war der Körper des Toten, der 1852 im zaristischen Rußland geboren worden war, noch immer unversehrt - nach rund 65 Jahren im Grab. Seine Hände waren flexibel, die Augen geschlossen, seine Haut ledern, aber weich. Unter Fanfarenklängen und Glockengeläut wurde der tote Lama ins Kloster übergeführt und in einem sakralen Raum untergebracht. …..” Ein Filmbericht findet sich im Netz.

            Um ihn zu sehen muss man sich in ein Schlange einreihen. Alle 10 Minuten werden Besucher ausgelassen und dieselbe Anzahl kann dann den Tempel betreten, der mit дворец Хамбо ламы in der OSM verzeichnet ist. Das geht nicht ohne Gedrängel ab, und der Mönch am Eingang muss öfters ziemlich energisch werden und Vordrängler abweisen.



            Interessant sind die Opfergaben, die von den Besuchern im Tempel hinterlassen werden. Neben anderen Lebensmitteln ist das hauptsächlich Wodka.



            Nach 3h auf dem Klostergelände machen wir uns auf die Heimfahrt. Im (rammelvollen) Bus nach Ulan-Ude sitzt Andrea einem Erstklässler gegenüber. Das Mädchen kichert, hat sie doch noch nie einen Ausländer gesehen. Die kleine Burjatin ist sehr aufgeschlossen und plaudert ausdrucksstark mit Andrea über Schule und Mädchenkram. Der halbe Bus muss Lachen, alle freuen sich über dieses Prachtkind. Überhaupt empfinde ich die Burjaten und Ewenken hier als freundlicher und weit aufgeschlossener als die vergleichbaren Mongolen und Chinesen. Da hat wohl die russische Kultur erheblich abgefärbt.
            Ihre Mutter und die große Schwester empfehlen uns ein gutes Restaurant am Weg, und wir steigen kurz entschlossen auf halber Strecke aus.

            Das Restaurant ’Altargana’ ist ein burjatisches Spezialitätenrestaurant und führt eine weit größere Auswahl an Speisen als das Cafe Aschag gestern. Wir bestellen Hammelbraten mit gerösteten Kartoffeln und Möhren, werden von der Bedienung gewarnt, wie viel das ist, und nehmen nur 2 davon. Dazu bekommen wir 3 Extrateller, auf denen wir die Portionen aufteilen können. Lecker! Dazu Bier und am Ende noch je 100g Wodka für die beiden Damen. Summe für alles zusammen 900₽ (12.50€). Die Essensportionen, die hier in Restaurants und Stolowajas angeboten werden, sind idR viel kleiner als bei uns üblich, was mir und Andrea sehr entgegen kommt. Satt wird man trotzdem und entsprechend seltener laufen die Leute total überfettet herum. Die extrem zurückhaltend bettelnde Straßenköter-Hundedame bekommt auch etwas ab.





            Nach dem Essen geht es noch kurz in den Supermarkt nebenan, bevor wir uns an den Haltepunkt der Marschrutkas an der Landstraße stellen.

            Nach wenigen Minuten werden wir mitgenommen und lassen uns in der Sowjetskaja absetzen. Ich spaziere den Berg hoch am Zarentor vorbei zum Opernhaus (Leninorden).









            Am Ende gelange ich bis zum Площадь Советов, dem Platz der Räte, mit dem größten Lenin-Nischl der Welt. Mit einer Höhe von 7.7m, Breite von 4.5m und 42t Masse ist er seinem Chemnitzer "Kollegen" leicht überlegen. Und noch was hat der Lenin-Nischl dem Marx voraus: im August 2011 wurde das Denkmal von Nordkoreas Führer Kim Jong Il besucht.



            Am selben Tag schickt ein prominentes Mitglied der 1. Paddelgruppe, welches am Selenga-Strand wohl etwas an Langeweile litt, dieses Selbstportrait in die Runde:



            Inhaltlich natürlich voll daneben, wenn man die Erhabenheit dieses Ortes vor Augen hat (ich sehe noch den großen Führer Kim Jong Il davor stehen), aber technisch gut gemacht, so alleine auf dem Smartphone. Ich entschuldige mich dafür in aller Form vor allen aufrechten Kommunisten.

            Die beiden Damen waren derweil wieder - na? - Shoppen natürlich:



            Wir treffen uns abends um 8 Uhr kurz wieder. Die beiden haben etwas von einem Festival aufgeschnappt, welches sie besuchen wollen. Mir ist das für heute zu viel, ich spüre noch den Jetlag, und verabschiede mich in die Unterkunft.

            Die beiden finden den Weg zur «Ночь Ёхора» auf dem Gelände des Ethnografischen Museums (Taxi oder Bus?). Tatsächlich eine interessante Veranstaltung, ein burjatisches Tanzfestival, auch mit Teilnehmern aus China und der Mongolei.

            Zuletzt geändert von Spartaner; 16.11.2018, 09:24.

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            • blauloke

              Lebt im Forum
              • 22.08.2008
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              #7
              AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

              Da freue ich mich ebenfalls auf alles was da noch kommt. Verspricht ein lesenswerter Bericht zu werden.
              Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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              • danobaja
                Alter Hase
                • 27.02.2016
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                #8
                AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                bin grad nur über die bilder gescrollt, aber da freu ich mich auch aufs lesen!

                schon mal danke für den bericht!
                danobaja
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                • Spartaner
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                  • 24.01.2011
                  • 5056
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                  #9
                  AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                  15. Juli 2018, Busfahrt ins Bargusin-Tal

                  Wir stehen früh auf und fahren gegen 7 mit Taxi zum Busbahnhof. Um 8 soll der Bus abfahren. Laufen und Bootswagen wären natürlich für diese 500m auch gegangen, aber ihr wisst ja, die Damen …



                  Der Bus № 320 nach Kurumkan hat wie befürchtet keinen Dachgepäckträger. Das Gepäck der anderen Fahrgäste ist auch nicht wenig, und so müssen wir noch einen zusätzlichen Sitzplatz dazukaufen, um die Boote unterzubringen. Dabei haben wir noch Glück, dass überhaupt ein Platz frei ist, denn ansonsten ist der gesamte Bus voll besetzt. Selbst im Gang werden die Klappsitze alle belegt.



                  Unsere Sitzplätze sind alle in der letzten Reihe, der Reihe mit den schlechtesten Sitzen und der geringsten Kopf- und Beinfreiheit. Andrea möchte vorne sitzen, und es bedarf einiger Diskussion, bis sie einsieht, dass die Sitzplätze numeriert und bereits beim Kauf zugeteilt waren.

                  Nun geht es über eine gute Asphaltstraße bergauf nach Norden, über einen Pass (1225m) und wieder runter in Richtung Baikal. Hinter Gremjatschinsk sehen wir ihn zum ersten mal in seiner ganzen Pracht vor uns liegen.

                  Um 12 machen wir eine ½h Mittagspause am Ufer des Baikal. Am gegenüberliegenden Ufer sieht man im Dunst die legendäre Insel Olchon aufragen, 50km quer über den See, ein toller Anblick.



                  225km nach Ulan-Ude verlässt uns die Asphaltstraße. Bis Ust-Bargusin wird sie neu gebaut, und der Weg im Bargusin-Tal ist nur noch unbefestigte Rippelpiste. Aber sie ist in relativ gutem Zustand, so dass die Durchschnittsgeschwindigkeit des Minibusses nur auf 80km/h fällt.

                  Nun ist auch ab und zu der Bargusin und immer wieder Seen und Altwässer zu sehen. Das Grün der Aue leuchtet überall frisch, es hat also genug geregnet in der letzten Zeit. Blick aus dem fahrenden Bus quer über das Bargusin-Tal auf das Ikat-Gebirge:



                  Der Wasserstand scheint hoch. Wir fahren am Westrand des Tales, linkerhand streben die Berge schroff gen Himmel.



                  ½3 sind wir in Kurumkan. Auch hier ein schöner Blick auf die Berglandschaft. Ansonsten ist es sonnig und heiß. Wir lassen das viele Gepäck draußen an einem Zaun liegen und setzen uns auf der gegenüberliegenden Straßenseite in den Schatten eines Gebäudes.



                  Die anderen Fahrgäste, die in Richtung Uljunchan weiterfahren wollen, bilden sofort eine Schlange vor dem geschlossenen Busbahnhof, und einer von uns bleibt ebenfalls in der Schlange. Nach einer Stunde öffnet er. Um 17 Uhr soll ein Bus nach Uljunchan weiterfahren und Andrea versucht Tickets zu kaufen, aber das fordert wieder einiges an Diskussion. Die Voranmeldung, auch des Gepäcks, scheint nichts gebracht zu haben. Nach ein paar Telefonaten meint die Ticketverkäuferin, sie hätte für heute einen größeren Bus bestellt, wir würden alle reinpassen. Nun bekommen wir auch unsere Tickets (Σ800₽, 3.70€/P. für 82km). Das Gepäck wird später direkt beim Fahrer bezahlt. Andrea achtet diesmal auch darauf, die vorderen Plätze zu bekommen.

                  Während wir im Busbahnhof um unsere Tickets ringen, vergreift sich draußen ein Straßenköter an meinen Keksen. Er zerfetzt die Einkaufstüte, die ich draußen beim Gepäck gelassen habe, und Dörte muss eingreifen, damit ich später nicht noch hungern muss.

                  Um 5 kommt der neue Bus, und ein Haufen Leute stürzt hinein. Vorne auf unseren Plätzen haben sich ein paar dicke, schwitzende Burjatinnen breitgemacht. Sie haben nicht einmal Fahrkarten, wollen uns aber partout nicht die Plätze rund um unser Gepäck herausrücken (unser Gepäck wird diesmal auf dem Motor gestapelt, zwischen Fahrer und Beifahrer, Dörte und ich sitzen dahinter und müssen es festhalten). Erst die beharrliche Intervention des Busfahrers, der erst abfahren will, wenn die Sache geklärt ist, bewegt sie dazu, ein paar Klappsitze im Gang einzunehmen. Dabei haben sie Glück, überhaupt mitzukommen. Der Bus ist wieder gerammelt voll, ein paar Leute müssen stehen, was bei den Überlandbussen gar nicht erlaubt ist. ½6 geht es endlich los.

                  Wir gelangen immer tiefer ins Bargusin-Tal. Dörte fotografiert aus dem Busfenster.





                  Ganz am Ende, hinter Uljunchan, liegt der улус Кучегэр mit der Endstation und 2km dahinter der Kurort Kutscheger, wieder mit heißen Quellen (Map). Der Bus hat sich bereits gut geleert. Einige Touristen lassen sich mit dem Bus nach der Endstation als Privattaxi hinkutschieren, und wir vereinbaren dasselbe für die letzten 20km bis Umchey. Das war nämlich bisher noch offen, wie wir dahin kommen.

                  Abends ½9 haben wir es geschafft, wir stehen an der Furt zu der Insel, auf der Umchey liegt. Zu zahlen sind noch 800₽ für das viele Gepäck während der Busfahrt sowie 1000₽ für die Taxifahrt, bevor der Bus nach Hause fährt. Die gesamten 512km Fahrt von Ulan-Ude bis Umchey haben damit 6000₽ gekostet, also 27.78€/Person.

                  Das lief doch schon mal ziemlich gut bis hierher. Wir sind einen Tag früher als geplant angekommen.

                  Über eine Hängebrücke kommen Fußgänger rüber auf die Insel. Andrea und Dörte erkunden die Unterkünfte, haben aber kein Glück. Es ist alles belegt. Zelten dürfen wir nicht auf der Insel, aber auf dem gegenüberliegenden Ufer. Kein Problem, schnell ist ein Platz gefunden (direkt an der Furt) und die Zelte aufgebaut, schon im Dunkeln.
                  Zuletzt geändert von Spartaner; 02.09.2018, 18:06.

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                  • Spartaner
                    Lebt im Forum
                    • 24.01.2011
                    • 5056
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                    #10
                    AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                    16. Juli 2018, Abhängen im Курорт «Умхей»

                    Ich stehe früh auf, setze mich ans sandige Ufer, schöpfe mir einen Topf Wasser aus dem Fluss, koche mir erstmal einen Tee und lasse meine Haferflocken quellen. Ein sehr schöner, ruhiger Morgen hier.
                    Am Vormittag kommen auch die Damen aus den Zelten.







                    Zusammen gehen wir über die Hängebrücke und inspizieren 500m weiter den Курорт «Умхей». Das ist nun kein Kurort wie wir uns das vorstellen, also mit großartigen repräsentativen Gebäuden, Cafes und flanierenden Gästen, sondern eher eine einfache «Турбаза», russisch für Touristenstation. Auf einem Hektar freigemachter Rasenfläche stehen 16 hölzerne Unterkunfts- und Wirtschaftsgebäude.





                    Hier im Gebiet gibt es 146 heiße Quellen. Genau da, wo man das Gelände betritt, steht ein kleines Badehaus, wo man in sehr heißem Wasser (50°C) maximal 1 - 2 Minuten verbringen darf. Draußen daneben ragt ein Rohr aus einem Steinhaufen, aus dem warmes Wasser zum Trinken plätschert. Und weiter unten, am Südende des Geländes, befindet sich ein flacher Teich mit warmem Wasser, das von oben hereinfließt und aus dem Untergrund dazuströmt.

                    Das Wasser soll gegen alle möglichen Krankheiten helfen. Ich glaube nicht so recht daran und verzichte hier auf eine Auflistung. Ein sehr schöner Bericht über das Bargusintal zeigt Umchey in allen seinen Facetten, natürlich auch, wogegen das Wasser alles hilft.

                    Zustrom des warmen, leicht schwefligen Wassers, warmer Badeteich:




                    Die Chefin hier ist Olga Nikolajewna, eine sehr rührige Frau, immer erreichbar unter (924) 357-96-80. Sie verantwortet den sehr guten Zustand der Anlage, auch die künstlerische Ausgestaltung, legt selber überall Hand an und hat den ganzen Tag zu tun, um ihre Angestellten auf Trab zu halten.

                    Sie hat zwar bisher immer noch kein Zimmer frei, verspricht aber sofort bescheidzusagen, wenn jemand absagt. Andrea möchte nämlich nicht alleine weiter draußen in der Wildnis zelten, während Dörte und ich auf unsere Bergwanderung gehen.

                    Erst mal nehmen wir ein Bad. Nicht im 50°C heißen Badehaus, das halte ich nicht aus, sondern im offenen Badeteich draußen. Hier wurden etliche Steinmännchen errichtet, und da herum entspringen weitere heiße Quellen im Untergrund. Man sieht stellenweise Gas aufperlen, und spürt, wie der Sand in der Tiefe immer heißer wird, herrlich. Auch hier im 35°C warmen Wasser soll man nur bis zu 20 Minuten baden, mehr könnte zu Gesundheitsproblemen führen (Mineralstoffhaushalt, Kreislauf).





                    Wenig später kommt Olga und offeriert uns 1 Zimmer, das gerade frei wurde. In dem zweistöckigen Gebäude, dem größten auf dem Gelände, gibt es unten 4 Zimmer mit je 2 Betten. Für den Dritten wäre Platz auf dem Fußboden. Die Nacht kostet hier 450₽/P., 6.25€/P. Elektrischen Strom gibt es gerade nicht, und Wasser holt man sich mit einem Eimer aus dem Fluss. Zum Plumpsklo sind es 130m. Mich begeistern solche Unterkünfte nicht, vor allem wegen der stickigen Luft und den Mücken, die man im großen Zimmer unmöglich alle erschlagen kann. Aber immerhin hängen vor den Fenstern Gardinen gegen die Stechtiere.

                    Auf dem Flur zwischen den 4 Zimmern gibt es zwei Sessel, einen Fernseher und einen Wasserkocher.

                    Unser Haus ist das braune links:


                    Also brechen wir unser Lager auf der anderen Flussseite ab und transportieren alles Bagage 700m bis hier her. Das ist die einzige Gelegenheit auf der gesamten Reise, bei dem ich den mitgeschleppten Herkules-Bootswagen über eine längere Strecke einsetzen kann.

                    Wir schwitzen ordentlich und müssen danach gleich wieder ins warme Wasser. Beim Baden lernen wir ein Paar kennen, die mit uns im selben Haus wohnen und so wie wir vorhaben, in die Berge zu wandern. Viktor kommt aus Estland, Alisja aus St. Petersburg, beide 33. Viktor ist ethnisch Russe, in der Sowjetunion in der ESSR geboren, ist aus estnischer Sicht ein „Nichtbürger“ und kann mit seinem grauen Pass visafrei nach Russland einreisen (“Alien’s Passport”). Mit ihnen verabreden wir uns für morgen früh um 6, um die Wanderung gemeinsam zu starten.

                    Ein paar Stunden später gibt es wieder Strom. Stundenweise Stromausfälle erleben wir hier nun jeden Tag mehrfach. Der Grund sind planmäßige Reparaturarbeiten am Leitungsnetz im Bargusintal. Planmäßig ja, aber Informationen, wann und wie lange, gelangen nicht bis Umchey.

                    Wir nutzen die Gelegenheit, laden unsere Geräte auf und kochen Tee und Brühe.

                    Abendbrot essen wir im “Restaurant”. Wegen dem Stromausfall gibt es heute besonders einfache Kost, wofür sich Olga entschuldigt.

                    Schon seit dem Nachmittag baut Dörte ihr neues Boot zum allerersten mal auf. Der Aufbau zieht sich. Sie muss bei jedem Teil erst mal feststellen, wo es hingehört und wie genau das nun eingebaut werden muss. Eine deutschsprachige Bauanleitung hat sie bereits von Zuhause mitgebracht.



                    Einige Teile passen einfach nicht, parallele Bauteile sind zT auch unterschiedlich lang, woraufhin ich mit Olga eine Säge besorge und die Teile entsprechend kürze.





                    Aber am Ende, es ist nach 21 Uhr schon fast dunkel, steht das Boot. Nur die Luftschläuche sind noch nicht aufgeblasen.



                    Eine Probefahrt möchte Dörte nicht machen, da scheint ihr der Fluss hier zu schnell und zu steinig. Sie verstaut es unter der Veranda am Flussufer, festgebunden, falls das Wasser während der Wanderung morgen steigen sollte.
                    Zuletzt geändert von Spartaner; 16.11.2018, 09:30.

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                    • Spartaner
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                      • 24.01.2011
                      • 5056
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                      #11
                      AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                      17. Juli 2018, Wanderung in die sibirische Gebirgswildnis

                      Heute wollen wir endlich mal raus in wirkliche Wildnis. Mein Plan sieht vor, eine Runde über die nächstgelegenen 2000er zu gehen, insgesamt 38 überwiegend wegelose Kilometer (Map).





                      Die zwei höchsten Gipfel auf dieser Runde sind nicht so schroff wie anderswo im Bargusingebirge, und erreichen eine Höhe von 2195 und 2326m. Vom Ausgangsniveau in Umchey (620müNN) sind das also ~1700 Höhenmeter. GPSies.com errechnet 1974m Gesamtanstieg. 2 bis 3 Tage sollten für diese Runde reichen.

                      Andrea vergattert uns allerdings gleich auf maximal 2 Tage, da sie nicht weiß, ob sie eine weitere Nacht in Umchey übernachten darf. Das ist der erste Dämpfer.

                      Pünktlich um 6 stehen wir 4, Dörte, Alicija, Viktor und ich bereit, es geht los. Andrea lassen wir im warmen Wasser der heißen Quellen zurück. Die Sonne scheint, alles bestens.

                      Blick auf “unsere” Berge in der Morgensonne:


                      Ungefragt begleitet uns noch ein hübscher Sibirischer Husky, der hier in Umchey heimisch ist. Dörte und ich tragen große Rucksäcke für Zelt, Schlafsäcke, Matten, warmer Kleidung und Verpflegung, das Pärchen begnügt sich mit Tagesgepäck. Sie wollen gegen 13 Uhr umkehren.

                      Dörte erklärt mir zum Start, sie kann nur langsam laufen, dafür aber lange. Das ist der nächste Dämpfer. Wie soll man diese 38km ‘langsam’ in 2 Tagen schaffen? Ich wusste vorher nur, sie ist letztes Jahr 10 Tage durch die Lappländische Tundra gewandert, auch zT wegelos, weiß also eigentlich, worauf sie sich einlässt.

                      Die ersten 4km geht es sich relativ zügig auf einem Fahrweg am Bargusin-Ufer bis an den Fuß der Berge.



                      Der Fahrweg endet genau da, wo wir dem Bett eines Seitenbaches in die Berge folgen wollen.

                      Ab hier wird es zäh. Im Bachbett selber geht es sich schlecht, oft sehr große Steine.





                      Wir versuchen Wildpfaden zu folgen, die im Wald knapp neben dem Bach längs verlaufen. Solche Tierpfade sind immer mal wieder zu sehen, verlieren sich aber oft auch genau so schnell. Zum Glück ist der Wald hier noch relativ licht und man muss sich nicht so oft durch dichtes Unterholz schlagen. Unser Marschtempo sinkt auf 2.5km/h.

                      Auf dem Waldboden finden wir Losung, die wir dem Wolf zuschreiben:



                      Kurz darauf dann aber diese beeindruckenden Haufen:



                      Beides voll von Hirschhaaren. Im nachhinein tendiere ich zumindest für das letzte Bild mehr zum Bär, vor allem aufgrund dieser Intervention hier. Ich kannte allerdings Bärenkacke bisher nur als große, breitlaufende Haufen.

                      Andere Spuren, die wir gleich dem Bären zuordnen, sind große, frisch umgedrehte Steine, unter denen sich der Mischka was Fressbares suchte.

                      Da wir den Bach bald verlassen wollen, füllen wir alle unsere Wasserbehälter und trinken soviel jetzt möglich ist, direkt ungefiltert aus dem Bach. Oben in den Bergen wird voraussichtlich kein Wasser verfügbar sein.



                      Dann kommt der Punkt, an dem wir das Bachbett verlassen (es erschien mir bei der Planung auf dem Satellitenbild so, als sei es oft von schroffen Hängen, zT senkrechten Felswänden eingefasst), und auf dem Grat einer Bergflanke direkt nach oben wandern.

                      Nun wird es richtig steil. Es geht nur noch sehr langsam weiter, Ø1km/h. Immer wieder warten wir auf Dörte und müssen mehrfach Pausen einlegen, bis sie nachgekommen ist.



                      Unangenehm ist vor allem die Kombination von massenhaft Mücken, Windstille und Wärme. So wandern wir die ganze Zeit im Vollschutz, ich in langärmeliger Regenjacke, langer Hose, Mückennetz auf dem Kopf. Andere ziehen die Kapuzen über und versuchen die Mücken mit DEET auf Abstand zu halten.

                      Die G-1000-Hose hält, was sie verspricht, keine Stiche:





                      Wir bekommen bald heraus, dass die Hirsche, die hier vor allem auf den Tierpfaden wandeln, oft genau den Grat bevorzugen, oder auch öfter mal am Hang laufen. Aber gerade dort am sehr steilen Hang verlieren sich die Spuren oft. Oben ist man auf der sichereren Seite.

                      Später finden wir auf fast 1000m Höhe ein einzelnes Hirschbein:



                      und eine Kopflampe.



                      Vom Träger der Kopflampe finden wir keine weiteren Spuren.

                      Interessant, dass hier doch schon einmal jemand vorbeigekommen ist.

                      Zirbelkiefernzapfen:



                      Der Hund, der anfangs immer weit voraus lief, sehr lebhaft nach links und nach rechts Ausschau hielt, sich dabei aber immer aufmerksam zu uns umschaute, scheint jetzt in unbekanntem Terrain zu laufen. Oft mag er nicht mehr vorneweg laufen, manchmal habe ich sogar den Eindruck, er halte sich fast ängstlich bei uns. Vielleicht wittert er Nachbarn, die wir nicht spüren?

                      Hier auf 1000m geht es jetzt mal für einen Kilometer nicht mehr steil bergauf, sondern kurz unter dem Grat mehr oder weniger in gleich bleibender Höhe. Dummerweise haben die Hirsche die Tendenz, schräg bergab in Richtung Talgrund zu laufen, so dass wir immer wieder von den Tierpfaden abweichen und den sehr steilen Hang senkrecht hinaufkraxeln müssen. Hätten wir uns gleich stur auf dem Grat gehalten, wäre das vermutlich einfacher gewesen. Allerdings stehen da immer wieder kleinere Felsklippen im Weg.



                      ½11 kommt Dörte zu der Einsicht, dass es für sie in dem Tempo nicht zu schaffen ist. Sie bleibt jetzt hier und rastet auf 1100m Höhe. Da Viktor & Alicija Mittags sowieso umkehren wollen, verabreden sie, Dörte auf dem Rückweg einzusammeln. Bis dahin hat sie sich wieder erholt. Wenn die beiden bis um 16 Uhr nicht bei ihr sind, solle sie sich jedoch bereits alleine auf den Heimweg machen.

                      Weiter geht es im sehr schwierigen Gelände steil nach oben, ab und zu mit tollen Ausblicken, wie diesem Blick auf den Bargusin in 10 - 15 km Entfernung, wie er sich durch die Taiga schlängelt:



                      Das wird unsere erste Tagesetappe auf dem Wasser, die mit den Kiesbankschwellen und leichtem Wildwasser. Im Hintergrund das Ikat-Gebirge.

                      Eine Stunde später ist es auch Alicija zu viel mit der Anstrengung, der Hitze und den Mücken. Viktor wäre gern noch bis über die Baumgrenze gekommen. Wir pausieren, unterhalten uns noch ein paar Minuten, bis die beiden umkehren. Den Hund nehmen sie mit.

                      Auch ich habe mittlerweile eingesehen, dass der Weg in diesem Gelände zu anstrengend ist, und ich diese 38km-Runde nicht in 2 Tagen schaffen kann. Darum habe ich den beiden noch gesagt, dass ich nur bis zum ersten Gipfel aufsteige und auf jeden Fall denselben Weg zurückkommen werde, den ich hinauflaufe. Nur für den Fall, dass irgendeine Suche notwendig sein sollte. Außerdem habe ich die Befürchtung, dass der Abstieg über eine unbekannte Route in sehr steiles Gelände hinabführen könnte, und das halte ich jetzt doch für zu gefährlich. Runterzu kann man leicht mal über eine Kante rutschen, so wie sie an der kahlen Flanke auf dem Berg im Vordergrund zu sehen ist. ↓



                      Im Hintergrund ↑ überblickt man hier das gesamte Quellgebiet des Bargusin. Die Berge am Horizont, wo der Bargusin entspringt, sind bis 2500m hoch.

                      ↓ Entgegengesetzte Blickrichtung, mein Zielberg:



                      Dort drüben hätte ich bereits den Wald verlassen und würde nur noch über Geröll aufsteigen, was mir weitaus attraktiver vorkommt.

                      13 Uhr stehe ich auf einem Zwischengipfel, 1420m hoch. Hier muss ich offenbar erst mal wieder ein ganzes Stück steil absteigen, um weiterzukommen, und kann nicht mal erkennen, wo das möglich wäre. Dieser Zwischengipfel war auf der Openandromap mit den SRTM-Höhendaten nicht besonders gut erkennbar (weil dort manches Detail weggeglättet wird). Jetzt schaue ich noch mal auf die sowjetische Militärkarte, und die zeigt einen richtig hohen Gipfelkegel.

                      Irgendwie reicht es mir erst mal und ich bette mich zu einer längeren Pause. Ich bin ziemlich geschafft und muss mal wieder ein Stück regenerieren, natürlich auch hier im Vollschutz gegen die Mücken.



                      Während ich hier so liege, höre ich das erste Donnergrollen hinter den Bergen vor mir. Überall entstehen Gewittertürme. Dann mache ich mir noch Gedanken wegen Dörte. Wird sie sich an die Absprache halten? Oder bereits vorher den Rückweg antreten? Sie ist da manchmal recht eigensinnig. Finden die Beiden wirklich wieder zurück zu dem Punkt, an dem Dörte lagert? Sie haben nur den Punkt auf dem iPhone gespeichert, jedoch keinen Track und auch keine Karte. Mir ist klar, dass man in diesem Gelände heimzu ein starkes Bedürfnis hat, gleich in den Talgrund abzusteigen. Und wenn man erst mal da unten ist, wird man wohl kaum wieder hinaufkraxeln.

                      Weiterzugehen, dazu kann ich mich angesichts der drohenden Gewitter nicht entschließen. Oberhalb der Baumgrenze würde das leichte Zelt MSR Freelite kaum noch Schutz bieten, abgesehen davon , dass es schwer ist, überhaupt einen halbwegs geeigneten Zeltplatz zu finden.

                      Ich überlege auch, ob ich nicht schon hier oben zelten könnte. Das wäre im Prinzip möglich, aber ich möchte nicht den Rest des Tages nur noch rumsitzen und hier auf der Bergkuppe auf Blitze warten. So entschließe ich mich nach einer Stunde, wieder abzusteigen. Um 3 bin ich an Dörtes Rastplatz, aber sie ist nicht zu sehen. Dann hat ja wohl höchstwahrscheinlich alles geklappt.

                      Danach steige ich tatsächlich direkt in den Talgrund ab, schon um mal was Neues zu sehen und weil es mich interessiert, ob man im Talgrund besser gelaufen wäre. Der eine Kilometer runter wird immer steiler, genau wie befürchtet. 1.5km/h trotz bergab. Nur die Bäume helfen mir, hier nicht runterzuschliddern. Aber immerhin kam mir kein Absturz in die Quere.
                      An anderen Stellen war das öfters so, der Bach führte unten öfter durch Schlucht-ähnliche Bereiche mit senkrechten Uferfelsen.

                      Der Talgrund ist dann tatsächlich sehr schwierig zu gehen, ständig muss man große Steine überklettern. Nach 1km verbreitert sich der Talgrund, und ich weiche an den Rand aus, wo ich auf Tierpfaden endlich wieder einfach vorankomme (3km/h).

                      Birkenwald am Rande des Tales:



                      Kiefernwald im Talgrund, hier geht es durch:



                      Der Kiefernwald sieht zwar fast aus wie eine deutsche Kiefernschonung, ist aber an dieser Stelle absolut natürlich. Hier in der Gegend wird die Taiga offensichtlich regelmäßig durch Waldbrände auf Anfang gesetzt. Spuren von (meist älteren) Waldbränden hat man überall entdecken können. So knochentrocken wie das alles ist, keine Wunder.

                      Gegen 5 beginnt es dann auch zu regnen, zeitweise kräftige Gewitterschauer. Ich laufe unterm Schirm noch bis zum Ufer des Bargusin, wo ich ¼7 an einem kleinen Rastplatz ankomme.

                      Mir reicht es für heute (Gesamtstrecke 19km). Bis Umchey möchte ich jetzt nicht weiterlaufen, auf die einsame Nacht in der Taiga nicht verzichten. Ich setze mich unterm Schirm an den Tisch und hoffe auf eine Regenpause. Aber es regnet die ganze Zeit weiter.

                      Also baue ich das Zelt im Regen auf. Dieses Schönwetterzelt ist nun aber gar nicht dafür gemacht, bei Regen aufgebaut zu werden. Aber was bleibt mir übrig? Also die Zeltunterlage mit Heringen fixiert (regnet dabei voll), das Innenzelt ausgebreitet (regnet dabei voll), Gestänge ran, Innenzelt festgeklipst (regnet dabei voll), dann das Außenzelt übergeworfen und festgespannt. Der einzige Vorteil des Aufbaus im Regen ist, dass das Außenzelt gleich nass wird, und im nassen Zustand fixiert wird und nicht mehr nachträglich erschlaffen kann.

                      Dann bin ich rein ins Zelt und beschäftige mich die nächste halbe Stunde mit Trockenwischen des Innenzeltes. Das funktioniert gut, so dass ich nach und nach den Zeltboden benutzen und mich im Zelt breitmachen kann. Nachdem dann auch die nassen Sachen ausgezogen, die Matte aufgeblasen, die Mücken gekillt und ich in den Schlafsack gekrochen bin ist endlich Feierabend.
                      Guck einer an, da kann man sich ganz schnell wieder wohlfühlen, trotz der widrigen Bedingungen da draußen. Alles neue Erfahrungen für mich. Wenn man alleine unterwegs ist, achtet man irgendwie mehr auf solche Kleinigkeiten.

                      Ich bin trotz quasi Tourabbruch zufrieden mit dem Tag. Mehr Wildnis kann man nicht fühlen*, und glaubt mir, ich habe eigentlich immer damit gerechnet, dass uns auf dem Grat ein Bär entgegenkommt. Besonders als ich so still da oben auf dem Vorgipfel gelegen habe, da hätte das jederzeit passieren können. Oder auch wenn man sich durchs dichte Unterholz schlägt ....





                      So sieht der GPS-Track der Wanderung auf Satellitenbild aus:



                      Dabei ist gelb der ursprüngliche Plan und blau die tatsächlich gelaufene Strecke.

                      Und hier die Wanderung auf dem Satellitenbild von Yandex.Maps, dem russischen Pendant zu Google-Maps. Das Satellitenbild ist erheblich besser aufgelöst und deckt das Gebiet der gesamten Wanderrunde in dieser hervorragenden Qualität ab: yandex.ru/maps/ (nicht die Geduld verlieren, die Ladezeit kann etwas länger sein). Die Höhen sind farblich unterschieden, gelb ab 620, grün im Mittel 781, cyan 943, blau 1105, violett 1267 und rot bis 1428müNN.

                      Direkt im Bargusin schöpfe ich noch eine Tasse Wasser, mit einem unguten Gefühl, weil der Regen natürlich auch Dreck in den Fluss spült, und schlucke etwas Magnesium. Das Wasser schmeckt nach Schwefel. Wahrscheinlich liegt hier auch eine Quelle am Ufer.

                      Neben dem Bargusin verläuft hier ja schon der Fahrweg. Da fährt doch tatsächlich noch mitten in der Nacht ein Rettungswagen mit Blaulicht vorbei! Fährt eine Stunde später wieder zurück (jetzt ohne Blaulicht). Sollte es doch einen Notfall gegeben haben? Hat der was mit den Dreien zu tun?



                      *ok, natürlich kann man mehr Wildnis fühlen: hier zB oder da.
                      Zuletzt geändert von Spartaner; 06.09.2018, 19:33.

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                      • Abt
                        Lebt im Forum
                        • 26.04.2010
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                        • Unternehmen


                        #12
                        AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                        Ein kurzes Danke von mir zwischendurch.
                        Ich lese intressiert hier mit.
                        Nur die Mücken würden mich in den Wahnsinn treiben. Wie gehen die Eingebohreren damit um?
                        Zuletzt geändert von Abt; 04.09.2018, 07:37.

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                        • Spartaner
                          Lebt im Forum
                          • 24.01.2011
                          • 5056
                          • Privat


                          #13
                          AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                          Die vielen Mücken habe ich in etwa so erwartet. Erstaunt war ich erst, als wir von mehrfachen Gästen des Kurorts und dem Personal gesagt bekommen haben, dass es dieses Jahr besonders viele Mücken sind, eine Plage, wie es sie schon lange nicht mehr gab. Das lag wahrscheinlich an der nassen Witterung in den 2 -3 Wochen vor unserer Ankunft.

                          Der gewöhnliche Sibirier, der Waldmensch, erträgt die Mücken stoisch*.

                          Die Städter reagieren wie wir, also mit mehr oder weniger funktionierenden Abwehrmaßnahmen.
                          Immerhin gibt es Mückennetze auch in manchem Dorfladen zu kaufen.



                          * Gesehen habe ich solche Waldmenschen nicht. Wir waren alleine im Wald und meine Aussage "erträgt die Mücken stoisch" entspringt alleine meiner Phantasie.

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                          • Spartaner
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                            • 24.01.2011
                            • 5056
                            • Privat


                            #14
                            AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                            18. Juli 2018, Wieder Abhängen in Umchey

                            Der Regen hört in den Morgenstunden auf. Diesmal mische ich mir das schweflige Wasser aus dem Fluss mit etwas Instant-Kaffee und Zucker, was den eigenartigen Geschmack des Wassers überdeckt. Zum Frühstück gibt es ein paar Cracker und Knäckebrot, solche leckeren, ganz dünne, schmale Scheiben, die es in Ulan-Ude im Supermarkt gab. Alleine kann ich meine spartanische Ader hemmungslos ausleben. Kocher, Wasserfilter, alles nicht nötig.
                            Jedenfalls nicht für 2 - 3 Tage, und wenn man alles auf dem Rücken schleppen muss.



                            Das Zelt wird im Wind schnell trocken. Kurz nach ½11 laufe ich die restlichen 2km bis Umchey zurück.

                            Dort gönne ich mir erst mal ein warmes Bad im Teich, das Salz des Vortages vom Körper spülen. Eigentlich bin ich immer noch ziemlich fertig, spüre die Füße und brauche den faulen Tag heute zur Erholung. Man, wenn ich daran denke, wie wir vor 30, 40 Jahren die Berge hochgerannt sind! Ich merke deutlich, ich werde alt.

                            Dörte, Alissija und Viktor waren übrigens gestern abend ½6 auch wohlbehalten hier angekommen. Viktor erzählt mir, dass es gestern dort draußen tatsächlich eine Notfall gab. Einer der 3 motzigen Typen, die mit ihrem lauten, selbstgebauten Airboat seit gestern den Bargusin unsicher machen, habe einen Unfall gehabt.

                            Mittagessen kochen Andrea und Dörte heute auf dem Künzi. Es gibt Kartoffeln mit Taiga-Pilzen und Käsedecke. Selber Essen kochen ist hier auf Umchey kein Problem, es werden sogar extra Kochgelegenheiten zur Verfügung gestellt.





                            Nach dem Mittagessen schauen wir uns südlich von Umchey einen neuen Zeltplatz an, ein 3km Spaziergang. Der Grund ist, dass Dörte partout nicht von Umchey aus mit dem neuen Boot aufs Wasser möchte. Es ist ihr zu wild hier:



                            Morgen kommt Roland, und da wollen wir bereits da draußen zelten. Mir solls recht sein, ich zelte sowieso lieber als in solchen Unterkünften zu wohnen.

                            Wir haben gerade schöne Plätze inspiziert, da blitzt und donnert es wieder und ein Platzregen stürzt nieder. Wir warten im Wald unter Bäumen, bis das ärgste vorüber ist.

                            Später hört der Regen wieder auf. Nebelschwaden über dem Wasser:



                            Bereits in den Vortagen haben wir immer mal wieder versucht, mit Roland Kontakt aufzunehmen. Der letzte MTS-Mast steht allerdings bei Uljunchan, 15km entfernt. Netz finden wir nur ganz selten an einzelnen Orten auf dem Gelände. Und dort gelingt es maximal, SMS zu versenden und zu empfangen, pro SMS etwa 5 - 10 Minuten Wartezeit. Von mehreren anderen Seiten erfahren wir übrigens, dass die Telefongesellschaft Megafon hier als einzige gutes Netz bietet.

                            So teilen wir Roland mit, was genau er einkaufen soll (die Damen haben da eine extra lange, extra Gemüselastige Einkaufsliste erstellt), und wo genau unsere Zelte stehen werden. Wir selber versuchen gar nicht erst, nach Uljunchan zu kommen, um dort was einzukaufen, selbst als unser Bier bereits alle war und es hier auf Umchey keins zu kaufen gibt. Trampen hätte vielleicht funktioniert. Roland lässt sich privat vom Süd-Baikal hier herfahren und da ist es für ihn kein Problem, Unmengen zu transportieren.



                            Abends komme ich endlich auf die grandiose Idee, das Innenzelt als Moskitonetz auf der überdachten Veranda aufzubauen und dort zu übernachten. Perfekt, kein Schnarchen, keine Mücken, und frische Luft. Dazu das leise Rauschen des Flusses.
                            Zuletzt geändert von Spartaner; 16.11.2018, 09:54.

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                            • Spartaner
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                              • 24.01.2011
                              • 5056
                              • Privat


                              #15
                              AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                              19. Juli 2018, Ein letztes mal Abhängen in Umchey, 1km Paddeln

                              Heute wird der letzte Tag in Umchey. Am Abend erwarten wir Roland, und morgen früh geht es endlich aufs Wasser.

                              Nach dem Frühstück bezahlen wir Σ8000₽ für Unterkunft und Verpflegung, 111€ für 8 Nächte und 12 Mahlzeiten. Die amtlich vorgeschriebene Registrierung bekommen wir hier genauso wenig wie im 4komnaty in Ulan-Ude, was ich hier im Gegensatz zu dort aber auch verstehen kann. Zum Schluss gibt es noch ein Abschiedsfoto mit Olga Nikolajewna:



                              Vormittags baue ich den Ally auf, der sogleich vom burjatischen Paddelvolk geentert wird:



                              Wer allerdings genau hinschaut erkennt, dass der Burjat nicht paddelt, sondern rudert. Eigenartigerweise gibt es im Russischen (der Verkehrssprache der Burjaten) nicht mal ein Wort für "Paddeln". Und im Burjatischen, so erzählt uns eine Studentin, die hier ihren Ferien-Job macht, gibt es keine Wörter für "Bitte" und "Danke". Das lässt tief blicken ...

                              Dörte ergeht es übrigens ähnlich, dieselbe Piraten-Crew:



                              Mittags ziehen wir um auf unseren gestern ausgesuchten Zeltplatz. Während Dörte unbedingt mehrfach laufen will, mache ich es mir einfach und werde Boot und Gepäck den Fluss runter zum Zeltplatz paddeln.



                              Auf den Bohlenwegen fährt es sich leicht mit dem Bootswagen bis zu einer Bucht am (östlichen) Hauptarm des Bargusin.

                              Meine Einsatzstelle:


                              ¾1 sitze ich im Boot, die Spritzdecke aufgezogen, und paddele los. Die ersten Meter auf dem Bargusin sind ziemlich flott:



                              Der Luftbildausschnitt zeigt den GPS-Track über diesen ersten Kilometer:



                              Die Farben korrespondieren mit der gefahrenen Geschwindigkeit. Dabei bedeutet Gelb fast Stillstand, grün langsame Fahrt 3.5km/h, cyan 7km/h, blau 10.6km/h, violett 14.1km/h und rot sehr schnell, 17.6km/h. 2 mal erreiche ich 17km/h, jeweils gemittelt über 10 Sekunden.

                              Die Wellen sind vor allem in der 2. Schnelle hoch, das Boot stampft ordentlich (siehe Video). Unten zieht die Strömung dann scharf nach links, aber alles kein Problem.

                              Nach 6 Minuten ist der Spaß bereits vorüber, die heutige Tagespaddelstrecke ist geschafft.

                              Dörte schleppt derweil noch ihr Gepäck rüber. Ich frage mich vor allem, wie sie mit dem sperrigen Boot über die Hängebrücke gekommen ist. Nachdem alles am neuen Platz ist, bauen wir die Zelte auf und gehen noch einmal rüber, um in der warmen Quelle zu baden, den Schweiß der Plackerei gerade abspülen.

                              Auf dem Rückweg treffen wir an der Hängebrücke auf ein Paar, welches ebenfalls verdächtig viel Gepäck mitschleppt. Natürlich erkennen wir sofort, es handelt sich um Faltboot-Paddler. Sie wollen wie wir von Umchey aus den Bargusin befahren, werden sich hier aber auch erst mal ein paar Tage erholen. Natürlich sind sie ebenfalls standesgemäß mit Bus und Bahn aus Irkutsk angereist.

                              Abends stößt dann Roland zu uns. Er ist heute früh in Посольское südlich des Selenga-Deltas mit einem Toyota Harrier als Privattaxi von der Endstation der 1. Gruppe abgeholt worden und war den ganzen Tag unterwegs. Erst mal werden die Einkäufe ausgeladen, ein Bier geöffnet, und dann kommt der Rest. Roland zahlt 10000₽ für die knapp 600km Fahrt, 139€. Er meint dazu, in Deutschland zahlt er genauso viel im ICE.

                              Während wir auf der Sandbank am Ufer sitzen kommen die beiden russischen Paddler zu uns. Wir unterhalten uns ein wenig, von den Mücken geplagt, die jetzt in den Abendstunden wieder besonders aktiv sind. Nachdem sie mitbekommen haben, dass Andrea ihr Mückennetz vergessen hatte, sind Olga und Vitali bald wieder verschwunden. Als sie kurz darauf wiederkommen, schenken sie Andrea ein Mückennetz. Andrea ist für heute und den Rest der Fahrt gerettet und sehr sehr dankbar dafür.

                              Nun kann sie entspannt in der Hängematte liegen. Als ich die Hängematte am Nachmittag in den Bäumen festgemacht habe, bin ich übrigens mit dem Kopf gegen ein Wespennetz gestoßen, welches unter einem Kiefernast hing, und wurde natürlich auch promt gestochen. Wir haben es dann entfernt und seitdem kreisen hier immer wieder Wespen auf der Suche nach ihrer alten Heimstatt herum.



                              Morgen geht es dann endlich richtig los mit unserer Paddeltour, ich freue mich schon drauf.
                              Zuletzt geändert von Spartaner; 10.09.2018, 17:13.

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                              • jonnydarocca
                                Erfahren
                                • 19.01.2009
                                • 338
                                • Privat


                                #16
                                AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                Super Bericht - mehr Details gehen fast nicht!
                                Langeweile ist ein kostbares Gut. Sie gehört gepflegt zum Wohle der Gesellschaft, weil eine gepflegte Langeweile eine Gelassenheit generieren kann, die uns allen zu Gute kommt.

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                                • Spartaner
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                                  • 24.01.2011
                                  • 5056
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                  20. Juli 2018, Der erste Tag auf dem Bargusin, 9km

                                  Vormittags wird gepackt, Roland baut seine eigene "Jana" auf, und anschließend gehen wir ein letztes Mal Baden in der heißen Quelle Umchey.
                                  ½2 starten wir aufs Wasser. Der Fluss fließt hier durch eine typische Taigalandschaft am Südrand der riesigen East Siberian taiga ecoregion, am linken Ufer durchgängig geschützt vom Джергинский заповедник. Der grobe Schotter des Flussbettes kündet von starken Hochwässern, die das Geröll aus den Bergen mitbringen. Jeden halben Kilometer verengt sich das weite Schotterbett und durchbricht eine vom Fluss selber aufgeschüttete Kiesbankschwelle.

                                  Wegen der lang anhaltenden trockenen Witterung im Frühjahr und Sommer vor unserer Fahrt hatte ich Niedrigwasser befürchtet und habe mir fürs Treideln im groben Schotterbett extra Neoprenstiefel mitgenommen. Uns wurde in Umchey auch berichtet, dass das so trocken war, und dass 2 Wochen vor unserem Start aufs Wasser andere Faltbootfahrer aufgebrochen sind, die wegen dem niedrigen Wasserstand jede Kiesbankschwelle treideln mussten.

                                  Aber wir hatten, wie bereits mehrfach auf etlichen unserer vorherigen Paddeltouren, auch diesmal wieder viel Glück. Es hat Mitte Juli ordentlich geregnet, siehe die dunklen Bereiche nordöstlich von Irkutsk, und der Fluss hat viel Wasser. So viel, dass die meisten Geländewagenfahrer auf die Durchfahrt der Furten nach Umchey verzichtet haben und ihre Autos davor im Wald abstellten.



                                  Das viele Wasser hilft uns jetzt ungemein, die ganzen Kiesbankschwellen ohne Grundberührung zu passieren. Nur Roland hat sich mal festgefahren, als er in zu flache Bereiche geriet.





                                  Es geht unheimlich flott voran, in den langsamfließenden Abschnitten um die 8, in den Schnellen bis zu 18km/h.

                                  Ab und zu gabelt sich der Fluss und fließt in mehreren Teilarmen die Kiesbankschwellen hinab. Hier ist es immer wieder spannend, den richtigen Arm zu erwischen, den, der das meiste Wasser führt. Wenn man Pech hat, kann man an den gut durchflossenen Armen vorbeifahren und sitzt am Ende auf dem Trockenen. Aber das kennt ihr ja von ähnlichen Flüssen wie dem Ober- und Mittellauf des Ticino Inferiore.

                                  Nach 1.4km überqueren wir die Furt des berühmten 110-й зимник über den Bargusin. Diese Winterstraße verbindet das Bargusin-Tal mit der BAM im Norden. Ein historisches Filmchen zeigt die Zeit der Entstehung der Winterstraße während des Baues der Baikal-Amur-Magistrale in den 80er Jahren. Inwieweit diese Straße heute noch Bedeutung hat, habe ich nicht herausgefunden. Wenn man den Baikal auf eigenen Rädern umrunden will, kommt man nicht um sie herum. Unter abenteuerlustigen Geländewagenfahrern erfreut er sich einer gewissen Beliebtheit.

                                  Uns gefällt diese Landschaft, und da wir wissen, dass sich der Charakter des Flusses bald ändern wird, beenden wir den Paddeltag bereits nach 9km Fahrt. Links lächelt uns eine große Kies- und Sandbank an, offen genug, um nicht von Mücken aufgefressen zu werden, viel Platz, dass die Schnarcher mit genügend Abstand von uns zelten können, viel Brennholz, alles perfekt.





                                  Das Feuer entfachen wir vorne im groben Schotter, da sind noch weniger Mücken und ein schöner Blick auf die Berge.



                                  Bald nähert sich eine Regenfront, und wir verlegen das Abendbrot unters Tarp. Auf der Speisekarte stehen große Mengen Kartoffeln, Möhren und Fett, eine spezielle Diät, mit der uns Dörte die nächsten 3 Wochen fast täglich beglücken wird.



                                  Nach dem kräftigen Regen liegt Nebel über dem Fluss, es hat sich erheblich abgekühlt.

                                  Zuletzt geändert von Spartaner; 08.09.2018, 18:10.

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                                  • Galadriel
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                                    • 03.03.2015
                                    • 913
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                                    #18
                                    AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                    Ja, sehr interessanter Bericht aus einer Gegend, wo ich noch nicht war, die mich aber sehr interessiert...
                                    Wandern & Flanieren
                                    Neues entdecken durch Langsamkeit

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                                    • Spartaner
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                                      • 24.01.2011
                                      • 5056
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                      21. Juli 2018, Wieder zurück in der Zivilisation, 47km

                                      Der Morgen ist noch trocken und so sind wir vormittags ½10 wieder auf dem Wasser, genau mit den ersten Regentropfen. Aber das macht nichts, im Kanu sitzen wir warm und trocken. Heute wollen wir mal ein bisschen gut machen, was wir den ersten Tag vertrödelt haben. Die ersten 10km geht es mit ~12km/h flott voran.





                                      Etwa auf Höhe von Uljunchan/Улюнхан nimmt das Gefälle plötzlich ab, anstatt Schotterbänken säumen jetzt Sandbänke die Ufer. Wir sind in dem Schwemmkegel gelandet, der hier vom Bargusin und seinen links und rechts mündenden Nebenflüssen р. Хахархай, р. Джирга und р. Улюнга gebildet wird. Unser durchschnittliches Paddeltempo sinkt auf ~7km/h.

                                      Eine Brücke verbindet Uljunchan mit dem Weiler Tasa/Таза. Sicherlich hat die Brücke auch schon bessere Zeiten gesehen:


                                      Klar, wir sind wieder in der Zivilisation zurück. Vom Fluss aus sieht man aber nur selten Zeichen der Besiedlung.

                                      Es tröpfelt schon die ganze Zeit auf dem Wasser. Als der Regen stärker wird, spanne ich den Schirm auf. Bei wenig Wind mag ich das, unterm “Handsfree-Regenschirm” zu sitzen.

                                      Achtung, Werbung: “Besonderer Clou des Spezialschirms ist sein Teleskop-Fiberglas-Schaft, der sich bis auf eine Länge von ~1m stufenlos ausziehen und mit einer kleinen Drehbewegung in jeder Höhen-Position fixieren lässt. An zwei mitgelieferten drehbaren Halteclips, die mit einem Nylon-Klettband vorne an den beiden Tragegurten der Schwimmweste oder des Rucksacks befestigt werden, lässt sich der Schirm je nach Windrichtung links oder rechts positionieren. Die am Schirmgriff fixierte Trageschlaufe dient als flexible Fixierung am Hüftgurt.” So hat man die Hände frei und kann bequem paddeln, fotografieren oder die Karte studieren.



                                      Pause auf einer großen Sandbank:


                                      Nach dem Regen Nebel auf dem Fluss:


                                      Später wird es freundlicher:


                                      Wieder Pause auf einer Sandbank. Mir wird ja das ewige Sitzen im Kanu schnell zuviel, Aufstehen auf dem Wasser bereitet Andrea Panik, und auch der Wechsel zum Knien reicht nicht immer.
                                      Am Ufer füllen wir schnell das Luftsofa und können bequem liegen.


                                      Kräftige Schauer im Gebirge, wir paddeln drauf zu:


                                      Phantastische Blicke öffnen sich auf das wilde Hochgebirge vor uns:






                                      Die Freiflächen im Tal werden von burjatischen Viehzüchtern sehr extensiv bewirtschaftet:


                                      Wahrscheinlich hat die Viehwirtschaft im Bargusin-Tal im Vergleich zu kommunistischen Zeiten stark abgenommen (hier stehen genauere Zahlen für den Bezirk Kurumkan, danach gab es einen verheerenden Einbruch bei der Viehhaltung in den 90er Jahren, und heute haben sie wieder 84% so viel Rinder wie 190/91 und 16% soviel Schafe, 1991 gab es 109600 Schafe und Ziegen). Damals gab es noch einen zentralen Milch-Ankauf, Verarbeitungsbetriebe und Vertrieb. Sie sind heute dabei, alles wieder neu aufzubauen mit moderner Technik.

                                      Der Fluss erreicht hier stellenweise 400m Breite. Auf dem Satellitenbild sieht man schön die wandernden Sandbänke am Flussgrund. Während Niedrigwasser liegen große Teile des Grundes trocken. Aber wie gesagt, wir haben Glück und können fast überall drüberpaddeln. Uns wird langsam klar, dass wir es gerade mir einem ordentlichen Sommerhochwasser zu tun haben.



                                      Ab 17 Uhr drängt Dörte darauf, endlich einen Lagerplatz zu suchen. Sie hat den ganzen Tag noch nichts gegessen (das gehört zu der speziellen Diät) und dementsprechend hat sich der Hunger gemeldet. Sandbänke werden bereits seltener und sie glaubt, wir werden noch am letzten schönen Platz vorbeipaddeln. Also schauen wir uns jetzt immer mal wieder potentielle Zeltplätze am Ufer an.

                                      Ich möchte eigentlich noch ein Stück paddeln. 5 Plätze werden besichtigt, 5 mal sagt Roland nein. Doch dann kann ich Dörte nach Blick auf das Luftbild eine erfolgversprechende Sandbank avisieren (aber natürlich ohne Garantie).

                                      4km später ist es dann so weit, der ideale Lagerplatz ist gefunden:



                                      Er muss die verschiedensten Wünsche unter einen Hut bringen: alle möchten eine freie Fläche mit wenig Mücken, flachen Zeltstellen und viel einfach zu erlangendem Feuerholz. Dazu kommt flacher Zugang an Land, was für unsere beiden Kajakfahrer wichtig ist, Bäume für ein Tarp für Dörte, eine Badestelle für Roland, ein schöner Blick auf die Berge im Westen, was mir gefallen würde, sowie ein großer Abstand der Zelte untereinander, damit ich die Schnarcher nicht so laut höre, etc.
                                      Für jemanden, der immer artig auf europäische Campingplätze geht, sind das sicher vollkommen überzogenen Wünsche. Aber hier lassen sie sich fast immer erfüllen.

                                      Da wir nicht wissen, ob das Wasser weiter steigt, setzen wir gleich nach Ankunft einen Pegel an der Wasserlinie. Für die Tarp-Mittelstange wird eine vertrocknete armstarke Kiefer gefällt. Die Frauen bereiten das Abendbrot, und dann beginnt der gemütliche Teil des Abends.

                                      Der Pegel steigt heute Abend tatsächlich noch weiter an. Andrea hat nah am Wasser gebaut, und ich muss sie beruhigen, das Zelt muss nicht versetzt werden, denn alle Berechnungen zeigen, dass es bei gleichbleibender Rate bis morgen früh reichen müsste.
                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 12.09.2018, 20:37.

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                                      • Abt
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                                        • 26.04.2010
                                        • 5726
                                        • Unternehmen


                                        #20
                                        AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                        Ich will mal gleich mit der allgemeinen burjatischen-und leider auch zur ods gewordenen Tradition brechen und sage danke.
                                        Super deine kleinen Infos.
                                        Interessante Werbung, die du da rüberbringst. Ich hoffe das es diese Schirme auch in Bauchweite zum wandern gibt.
                                        Vielleicht verhindern sie auch allzuschnelle Fahrt mit Boot als eine Art Brems(fall)schirm.Na ja, bei meinem Tempo eher suboptimal

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                                        • Spartaner
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                                          • 24.01.2011
                                          • 5056
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                          22. Juli 2018, Майский, 23km

                                          Der Wasserstand ist um ~10cm gestiegen und damit liegt die Uferlinie jetzt 1m näher an unserem Zelt (siehe Foto). Die ‘Berechnungen’ haben gestimmt.



                                          Die Essensreste von gestern Abend sind mit Mücken durchsetzt:


                                          Die Mücken hatten sich schon abends im Dunkeln aufs Essen gesetzt, als es noch warm war. Hat in der Dunkelheit allen geschmeckt. Mir schmecken die Reste auch heute noch.

                                          Kurz nach ½11 treiben wir wieder auf dem Wasser. Nach anfänglich offenen Ufern paddeln wir 17km lang durch urwüchsige Taiga-Landschaft. Die Ufer sind durchweg dicht bewachsen oder sumpfig, so dass sich die ganze Zeit über (3h) kein einziger potentieller Zeltplatz ausmachen lässt.

                                          Wieder viele schöne Gebirgsblicke:











                                          An einer einzigen Stelle können wir an einer Sandbank anlegen und machen eine kurze Badepause:


                                          Erst kurz vor dem Dorf Maiski, quasi bereits Ortslage, wäre eine erste schöne große Sandbank gewesen:


                                          Rastende Kiebitze:


                                          In Maiski wollen wir Einkaufen gehen. Aber wird heute am Sonntag ein Laden für uns öffnen?

                                          Im Dorf schauen wir uns etwas um und entdecken etliche Kuriositäten, wie man sie auf dem russischen Dorf erwarten kann. Hier zB das Wasserwerk des Dorfes:




                                          Es pumpt Flusswasser direkt aus dem Bargusin. Ich nehme an, es funktioniert nur in den 106 Tagen eisfreier Zeit im Jahr.

                                          Die Wasserleitungen sind aus immer wieder reparierten Stahlrohren und kreuz und quer auf den Wegen verlegt:


                                          Was machen die Leute im Winter?

                                          Dörte bleibt bei den Booten und wir gehen einen Laden suchen. Auf dem Weg der erste verrottete Sappo, weitere folgen auf dieser Tour. Ich habe das Gefühl, der Sappo wird auch in Russland nicht mehr geschätzt. Insgesamt liefen in den Jahren 1960–1994 über 3 Mio. dieser Gurken vom Band der Saporoschezker Autofabrik.



                                          Vor dem Gemeindebüro das unvermeidliche Lenindenkmal und ein Denkmal für die Soldaten, die im Großen Vaterländischen Krieg gegen die Deutschen kämpften:



                                          Und das, obwohl kein einziger Bewohner von Maiski aus in den Krieg zog, jedenfalls nicht in den 2. Weltkrieg (für Afghanistan würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen). Der Ort wurde nämlich erst 1961 gegründet. Damals wurden heroische Arbeitsschlachten für den Sieg des Kommunismus geschlagen. In der Nachschau wird folgendes berichtet: “Im Mai 1961 begann der Bau unseres Dorfes. So wie es in einem Lied eines lokalen Autors besungen wird: "Ein mutiges Volk kam in die graue Taiga in der Nähe von den Sporen des Grats ...". Sie waren die ersten Erbauer der zukünftigen Siedlung, ... angeführt von Iwan Illarionow. Insgesamt wurden 80 Personen im Auftrag der Zabaikaler Sägemühle hier hergeschickt. Der erste von ihnen landete mit dem Hubschrauber.

                                          In der undurchdringlichen Taiga wurden Zelte aufgestellt, Hütten gebaut, zu Beginn des Winters Unterstände gegraben und Bauwagen aufgestellt. Die Menschen begannen, ein Dorf am Ufer des Flusses Bargusin 500km nordöstlich der Hauptstadt Burjatiens im malerischen Barguzin-Tal zu bauen.

                                          Es gibt schwierige klimatische Bedingungen, starke Fröste bis -5° im Winter und +38°C im Sommer. Im Frühling gibt es oft Staubstürme. Der Sommer ist kurz, der Niederschlag ist gering. Aber trotz dieser strengen klimatischen und alltäglichen Bedingungen wuchs und entwickelte sich die junge Siedlung schnell.”

                                          Das mit den "-5° im Winter" muss ein Schreibfehler sein. Wahrscheinlich soll dort -50 oder -45°C stehen.

                                          Wieder zurück in die Jetztzeit: Neben der Gemeindeverwaltung befindet sich ein erster kleiner Laden, er ist tatsächlich geöffnet, aber da gibt es kein Bier zu kaufen. Darum ziehen wir weiter. Nach 200m der nächste Minishop, geschlossen. Nach 400m der nächste offene Laden, diesmal mit Bier, aber ohne Zigaretten. Hier füllen wir unsere Taschen wieder mit Massen an Kartoffeln, Gemüse, viel Knofel, Bier, Wodka, Wein, Brot, Kaffee und süßer Sahne fürs Sportgetränk. Später holt Andrea aus einem weiteren Laden noch Zigaretten, eine Melone und Торт НАПОЛЕОН. Ein Teil wird gleich am Flussufer im Schatten der Lärchen verspeist.



                                          Nach dem einstündigen Aufenthalt in Maiski paddeln wir noch weitere 5km den Bargusin hinab und finden am Ende eine sehr ausgedehnte Sandbank zur Übernachtung:


                                          600m entfernt liegt auf dem gegenüberliegenden Ufer ein einsames Gehöft. Alle paar Minuten klatscht irgendetwas laut ins Wasser. Sind das Biber, Riesenfische oder was? Es dauert ein Weilchen, bis es mir dämmert: es sind große Erdabbrüche am Steilufer gegenüber. Das Wasser nagt heftig am Land und wir sind gerade Zeuge von erdgeschichtlichen Veränderungen.

                                          Andrea hat das Zelt wieder schnell aufgebaut. Auch diesmal setzen wir einen Pegel.



                                          Nach dem Abendbrot mixt uns Andrea noch etwas Sportgetränk (Wodka und süße Sahne etwa 1:1), schlachten die Melone und wir verfolgen den Sonnenuntergang am Lagerfeuer.



                                          Es weht ein frischer Wind und wir suchen die Mützen raus (während ihr in Deutschland wahrscheinlich bei 30°C geschwitzt habt).

                                          Die Sonne ist hinter dem Gebirge untergegangen:




                                          Im Verlaufe des Abends sehen wir wieder das Wasser steigen. Könnte das diesmal kritisch werden? Ich habe da ein ungutes Gefühl, möchte aber Andrea nicht unnötig beunruhigen. So binde ich nur sicherheitshalber das Boot an den benachbarten Büschen fest, bevor wir uns schlafen legen.

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                                            • 24.01.2011
                                            • 5056
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                            23. Juli 2018, Überschwemmung, 45km

                                            In der Nacht muss ich mal wieder kurz raus, und bemerke dabei, dass das Wasser bereits kurz vor dem Zelt steht. Ich kann zusehen, wie es rasch eine bereits vorhandene Fließrinne füllt. Ich berichte Andrea die Situation und dränge auf Eile. Sofort wird im Licht der Stirnlampe ein neuer Schlafplatz gesucht und auf einer kleinen bewachsenen Düne 100m entfernt gefunden. Als ich zurückkomme, ist die Fließrinne vor unserem Zelt bereits 10cm tief und füllt sich rasch weiter. Zuerst werden die Rucksäcke, die draußen auf einer übergeschlagenen Baumarktplane lagern, rübergeschleppt, dann der ganze Schlafkram aus dem Zelt in der Baumarktplane transportiert, und am Ende das zarte Zelt am Stück auf die Düne getragen. Natürlich ist das hier nicht optimal, in jede Richtung ein bisschen abschüssig, aber wir lagern hier bestimmt noch fast einen halben Meter höher als die anderen beiden Zelte.

                                            Roland schaut auch kurz nach den beiden Janas und zieht sie ein Stück höher. Bei meinem Ally vertraue ich auf die Halteleinen. Nachdem alles wieder an seinem Platz ist, können wir weiterschlafen.

                                            Am nächsten Morgen hat sich die Welt um uns verändert. Die beiden anderen wurden vom Wasser zwar nicht erreicht, aber viel fehlte da auch nicht mehr.

                                            Hier zB der Blick auf die Fließrinne vor dem ehemaligen Zeltplatz. Das Wasser fließt jetzt langsam und ist ~30cm tief:


                                            Der Platz vor dem Busch, wo unser Zelt stand, ist vollständig abgesoffen, das Boot liegt dagegen noch auf Land:


                                            Dieses Bild kann man direkt mit dem Zeltplatzbild vom Vorabend vergleichen:




                                            Die anderen beiden Boote liegen zum Teil schon wieder im Wasser:


                                            Aber viel fehlt auch hier nicht mehr, dann wäre es geschwommen:


                                            Zum Glück ist alles gut gelaufen, keine Verluste, nichts fehlt, nichts nass geworden. Wieder so ein "Mikroabenteuer".

                                            Bald gibt es Kaffee:


                                            Start kurz vor 11 Uhr. Die ersten 7km ist der Fluss schmal, stellenweise nur 50 - 70m breit. Mit ø9km/h geht es flott voran. Bestes Sommerwetter, die Berge in der Ferne liegen im Dunst:




                                            800m hinter dem Weiler Угнасай legen wir ¼h Badepause ein.

                                            Auch heute fällt uns wieder auf, dass es über viele Kilometer hinweg keinerlei Zeltmöglichkeit gegeben hätte. Die Ufer sind mit dichtem Wald bewachsen oder sumpfig:




                                            Selbst für kurze Pausen findet sich kaum ein Plätzchen. Hier zB haben wir es probiert. Es sieht aus wie eine saftige Wiese, aber man stapft durch Wasser:


                                            Unzugängliche Ufer:


                                            Hier versuchen wir an der Einmündung eines Nebenarms unser Glück. Tatsächlich finden wir eine alte Feuerstelle, dennoch, für mehr als eine Pullerpause taugt dieser Platz heute nicht:


                                            Also weiter. Das Satellitenbild zeigt ein paar verheißungsvolle Stellen 4 - 5km voraus. Hier streift der Bargusin links eine höhere Landmasse, hier müsste sich auch trockenes Land finden und Fahrspuren runter zum Ufer sind auch zu erkennen.



                                            Immer wieder hübsch mit dem Hochgebirge im Hintergrund:




                                            Dieser langgezogene Prallhang bietet nur an den Enden jeweils einen Zugang. Die waagerechte Linie oben am Hang ist übrigens kein Weg, wie ich zuerst dachte, sondern rein natürlich, irgendein festeres Material:


                                            Gleich hinter der nächsten Kurve zweigt nach links ein kleinerer Nebenarm ab, und an dem kommt der nächste große Steilhang:


                                            Hier kann ich mir endlich mal kurz die Beine vertreten und schaue mir die Sache von oben an:


                                            Schöne Blicke quer über das gesamte Bargusintal:




                                            Und hier habe ich auch mal an den Farben gespielt:


                                            Wie bekommt ihr den Himmel immer so schön himmelblau? Meiner ist eher noch bleigrau. Ansonsten zeige ich die Bilder hier meistens so wie sie aus der Kamera kommen, höchstens noch im Format beschnitten.

                                            Der trockene Steppenhang ist von Blumen übersät.


                                            Auch hier ist die Erosion aktiv bei der Sache, ständig klatschen größere Sandmassen ins Wasser.





                                            Nach 2½km verlassen wir den Nebenarm und gelangen wieder auf den Hauptstrom.



                                            Schon bei den Steilufern und auch hier sehen wir uns 5 verschiedene potentielle Zeltplätze an (Dörte hat Hunger!), finden aber nichts perfektes.

                                            Eine auf dem Luftbild gut geeignete Stelle war eine Zufahrt von Land aus. Der hohe Wasserstand lässt uns in der Fahrspur noch einige Meter ins Land paddeln. Das flache Wasser hier hat sich in der Sonne gut aufgewärmt, bestimmt 30°C, perfekt für Warmduscher wie mich.

                                            Leider ist der Platz bereits besetzt. Normalerweise lassen wir uns davon nicht unbedingt abschrecken, die Leute gehen ja abends wieder, aber hier ist das anders. Wir hören das Paar in den 30ern schon von weitem keifen. Sie hat nämlich die ganze Zeit mit aller Gewalt, Schlägen und den wüstesten Beschimpfungen ihren Lover zu einem Schäferstündchen “überreden” wollen. Beide sind bereits sehr gut abgefüllt, und er ist nun schon zu besoffen, um wie vom Weibe gewünscht tätig zu werden, lag nur noch apathisch herum. Und nun platzen wir da rein. Als wir bei ihnen anlegen, richtet sich der Zorn des Weibes gegen uns. Auch wir werden unflätig beschimpft, die russische Sprache ist sehr reich auf diesem Gebiet, und Roland bekommt Angst um unsere körperliche Unversehrtheit. Hängen geblieben ist bei mir nur das Wort “Romantika”, sie beschwerte sich, dass wir ihr hier die Romantik stören. “Romantika” - eingebettet in eine Schimpfkanonade! Schwierig, da nicht zu lachen.

                                            Jedenfalls wollen wir das junge Glück nicht länger stören, verlassen den ansonsten richtig guten Platz und suchen weiter.

                                            4km weiter, nach 45 Tages-Kilometern, ist es dann aber endlich soweit, wir legen 18 Uhr an der Uferwiese am Dorf Сахули an und schlagen unser Lager auf. Hier in Russland stört sich normalerweise niemand an Campern am Dorfrand. 150m sind es bis zu den nächsten Häusern. Die Wiese ist kurzrasig abgefressen von Rindern und Pferden, Holz gibt es im Wäldchen nebenan, sogar Mülltonnen liegen am Ufer, ein fast perfekter Campingplatz.





                                            Ein paar Meter weiter gab es mal eine Brücke. Deren Reste fangen heute Treibholz aus dem Fluss und bilden eine fast durchgehende Barriere:


                                            Solche Japanischen Laubfrösche (Hyla japonica) hüpfen am Lagerplatz massenhaft auf der Wiese herum:


                                            Wo wir nun schon mal so nah am Dorf zelten, möchte ich auch dessen Vorteile nutzen. Der erste von unseren 2 Kameraakkus war bereits leer und so gehe ich mit Akku und Ladegerät zum nächsten Haus auf der Suche nach Strom (die Kamera ist leider noch kein USB-ladefähiges Modell, sonst hätte natürlich das Solarmodul alles geladen). Vom Fluss her kommend muss ich über einen Zaun springen und komme über den Garten zum Haus. Der kläffende Hund bleibt zum Glück auf Abstand. Das hätte ich wohl nicht gemacht, hätte ich nicht vorher einen Burjaten mit Angel genau diesen Weg nehmen sehen. Auf mein Klopfen öffnet eine junge Mutter, Burjatin, und ich stelle mich vor. Sie versteht meine Erläuterungen (überwiegend Zeichensprache) und steckt das Ladegerät an die Steckdose. Morgen früh kann ich ihn wieder abholen.
                                            Zuletzt geändert von Spartaner; 16.11.2018, 10:39.

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                                              • 17.10.2010
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                                              #23
                                              AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                              Ein klasse Bericht!
                                              Es ist für mich immer interessant über Russland aus der europäischen Sichtweise zu lesen
                                              https://www.facebook.com/groups/1670015459892254/

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                                                AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                24. Juli 2018, Sachuli - Mogoito - Kurumkan, 21km

                                                Nach dem Frühstück springe ich wieder über den Zaun zur freundlichen Burjatin, hole den aufgeladenen Akku ab, und lasse eine Tafel Schokolade “для детей” da:


                                                Um 10 sind wir auf dem Wasser und lassen uns durch die Baumsperre an der ehemaligen Brücke treiben. Blick zurück auf Sachuli:


                                                Nach 1h legen wir die erste Badepause ein:


                                                So wollten wir ja nicht am Dorf rumspazieren:


                                                Anschließend geht es eine ½h weiter bis nach Mogoito/Могойто:






                                                Der Ort liegt wieder sehr dicht am Wasser, also ideal zum Einkaufen. Roland lässt sich im Schatten eines Schrott-Mähdreschers nieder und behält die Boote eim Blick:


                                                Wieder ein toter Sappo: :-(


                                                Ich schnalle mir Dörtes Bootsrucksack auf den Rücken, und los gehts.


                                                Natürlich wissen wir nie, wie weit es bis zu einem geeigneten Laden sein wird. Aber hier klärt sich das schnell. Wir brauchen nur 220m bis zur ersten Straßenkreuzung hochzulaufen, da finden wir einen Laden. Genau wie die Minishops und Denkmäler in Maiski wird auch dieser Laden bald in der OSM zu finden sein.

                                                Innen ist es relativ beengt. Große Säcke mit Mehl, Zucker, Salz, Buchweizen und was man sonst noch so braucht stehen an den Wänden. Wir arbeiten unsere lange Liste ab und bekommen hier wirklich fast alles was wir wollen:


                                                Die Verkäuferin rechnet Multiplikationsaufgaben mit dem Taschenrechner, und summiert alle Einzelposten auf dem Абак, dem Abakus, wie er hierzulande noch in fast allen kleinen Läden zu finden ist:


                                                Zum Schluss gönnen wir uns noch jeder ein Eis. Den vor allem mit Unmengen Getränken gefüllten Rucksack schleppe ich wieder nach unten zu den Booten. Es ist deshalb so viel, weil wir jetzt mit der Verpflegung bis Хилгана durchkommen müssen, also rund 100km durch den Sumpf.

                                                Einkaufen und den Einkauf verladen dauert 1¼h, dann legen wir wieder ab:


                                                Rückblick auf Mogoito:




                                                Unterwegs legen wir noch mal eine Badepause ein und kochen eine Brühe auf dem Künzi. Es ist sehr warm, das Künziholz trocken und es dauert nur wenige Minuten, bis das Wasser kocht.

                                                Kurze Zeit darauf drängt Dörte wieder, endgültig einen Lagerplatz zu suchen und Feierabend zu machen. Wieder schauen wir uns einige suboptimale Plätze in der Wildnis an, bis wir am Ende gegen 16 Uhr im Stadtpark von Kurumkan landen. Hier sind wir zwar nicht alleine, etliche Leute sind Baden, aber die Wiese ist wieder kurzgefressen, Mücken gibt es kaum, und neue Sitzgelegenheiten und Tisch bieten etwas zusätzlichen Komfort:






                                                In der Dämmerung sind Richtung Westen wieder die wild gezackten Bergkämme des Bargusin-Gebirges hinter Kurumkan zu sehen (während sie tagsüber im Dunst kaum noch erkennbar waren):

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                                                  #25
                                                  AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                  25. Juli 2018, Kurumkan - ОТФ Унэгэтэй, 26km

                                                  ¾10 Start, gleich darauf passieren wir eine Holzbrücke, die von Kurumkan über den Bargusin in den Sumpf führt, der hier in der Nähe der Rayon-Hauptstadt häufiger landwirtschaftlich genutzt wird. Dennoch, die Landschaft sieht überwiegend sehr natürlich aus, man sieht nicht viel von den Weiden und diese sind heutzutage auch nur gering genutzt.

                                                  Die ganze Zeit haben wir diese phantastische Bergwelt zur Rechten:


                                                  Der Dunst lässt sich mit Bildbearbeitung etwas lichten:


                                                  Nach 1h die obligatorische Badepause. Hier werden wir wohl doch mal nackt beobachtet, wir hören im Hintergrund ein paar Leute kichern.

                                                  Im weiteren Verlauf paddeln wir mehrfach ganz eigenartige Abkürzungen, die mehr oder weniger geradlinig die Innenkurven mancher Mäander durchziehen:


                                                  Ich habe mich gefragt, ob das natürlich ist, oder von Menschenhand gemacht wurde. Ich kannte nämlich solche Abkürzungen schon aus den Stochid-Sümpfen. Dort war ich mir eigentlich sicher, dass das ein menschliches Werk war. Aber jetzt sehe ich solche Abkürzungen zB auch mitten im Pantanal, wo ganz sicher niemand gebaggert hat. Auch sehen die Abkürzungen dort genauso aus wie hier, so dass ich jetzt der Überzeugung bin, sie sind natürlich entstanden.

                                                  Die Abkürzungen sind oft schmale Kanäle, und sind eine schöne spannende Abwechslung. Oft fühlt man sich dort wie im Dschungel:


                                                  Man kann mal den breiten Fluss verlassen, und weiß nicht, ob man denn auch wirklich durchkommt. Manche der Abkürzungen sind, bereits von außen sichtbar, durch gefallene Uferbäume unpassierbar. Die versuchen wir gar nicht erst.

                                                  Großer Horst. Schwarzstorch? Seeadler?:


                                                  Hier das einzige Zeichen der vergangenen Zeit, als noch vereinzelt Schiffe bis Kurumkan fuhren:

                                                  Heute nur noch verlassener Schrott am Ufer.



                                                  Im Tagesverlauf ziehen aus West vom Baikal her kommend immer mehr Wolken auf:

                                                  Auch dieses Foto wurde manipuliert, um den Dunst zu schwächen. Das ist sicherlich der Staub aus der Gobi. Von Waldbränden dieses Jahr habe ich noch nichts gehört.

                                                  Nach 26km, so gegen ½3 machen wir Schluss für heute. Mir ist das eigentlich wieder viel zu früh, aber was kann man machen, wenn vereinzelte Mitpaddlerinnen der Hunger quält und die Angst, auf den nächsten Kilometern im Sumpf keinen Rastplatz mehr zu finden?

                                                  Wir landen an einem kleinen Pappel-Hain, der leicht erhöht auf einer flachen Sandinsel im Sumpf steht. Ringsherum Sümpfe, auf der Wiese nebenan steht Wasser. 250m südöstlich liegt eine Farm, auf der gearbeitet wird. Ein kleiner alter Traktor schneidet Gras und wendet Heu. Auf den alten sowjetischen Militärkarten steht hier ОТФ Унэгэтэй. OTF steht für овцеводческая товарная ферма, also eine Schaffarm.

                                                  Die Uferkante liegt nur wenige cm über dem Wasserspiegel. Dort stehen unsere Zelte. Wir hoffen natürlich, dass das Wasser nicht wieder anfängt zu steigen.



                                                  Wir dösen erst mal eine wenig, ich koche eine Brühe. Dann meint Roland ½6 plötzlich beim Blick auf den Himmel, in einer ¼h wird es wohl anfangen zu regnen.



                                                  Damit sollte er recht behalten. Der Wind wird immer heftiger. Zwischen den Bäumen auf dem erhöhten Bereich spanne ich mit Dörte in Windeseile das Tarp, während Roland sein Zelt sichert. Dann geht es auch schon los. Ein heftiger Sturm rauscht über uns hinweg, vielleicht eine ½h lang, es pladdert kräftig.

                                                  Diesmal hat sich das Tarp tatsächlich mal gelohnt. Allerdings müssen wir es noch extra sichern, damit es nicht zerschlägt. Es blitzt und donnert.

                                                  Um 7 Uhr abends ist das gröbste durch. Wilddramatisch sieht es noch da drüben in den Bergen aus:




                                                  Als wir danach wieder unterm Tarp zusammensitzen, die Sonne lässt kurz einen Regenbogen aufleuchten, erreicht Andrea eine Nachricht aus Deutschland: sie ist Oma geworden. Andrea ist außer sich, glücklich, kriegt sich kaum wieder ein, und spendiert extra-Runden Wodka. Auf August, 55cm, 3800g, muss angestoßen werden. Auf diese Nachricht hat sie bereits die ganzen letzten Tage gelauert.
                                                  Zuletzt geändert von Spartaner; 19.09.2018, 16:19.

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                                                    AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                    26. Juli 2018, Унэгэтэй - Элэсун, 28km

                                                    In der Nacht und am Morgen regnet es. Mehrfach müssen wir Wasser aus dem Zeltinneren wegwischen und aufpassen, dass es nirgends auf die Schlafsäcke tropft. Das Zelt, ein MSR Freelite 3, entäuscht uns etwas. Der Stoff wird im Regen sehr schlaff, muss nachgespannt werden, und wenn das nicht perfekt klappt, dann liegen Teile des Außenzeltes auf dem Meshgewebe auf und es tropft durch. Ob es nun tatsächlich undicht ist, oder ob so viel Kondenswasser anfällt, das lässt sich schwer entscheiden.



                                                    Vormittags hört der Regen auf. Blick vom Zelt zum Bargusin-Gebirge:


                                                    Kurz vor 11 starten wir aufs Wasser. Es nieselt zwar immer wieder mal weiter, aber nichts dramatisches. Vor den Bergen hängen hübsche Wolkenformationen:


                                                    Kormorankolonie:


                                                    ½3 gelangen wir an die Mündung der Argada in den Bargusin. Hier schrammt der Fluss wieder am Festland und hat 50 - 70m hohe Steilhänge abgegraben:


                                                    Die Gelegenheit nutze ich wieder und schaue mir die Landschaft von oben an. Tolle Blicke auf den Sumpf, der hier durch den Sander von Osten her ziemlich stark eingeengt wird:






                                                    Schön sieht man die verschiedenen Arme des Bargusin mäandrieren, die Argada, dazu das Gebirge gegenüber, einfach eine tolle Landschaft. Und alles so frischgrün! Selbst die Steppenvegetation hier an den Trockenhängen ist nicht braun verdorrt, sondern ebenfalls frisches grünes Gras, wenn auch nicht sehr dicht stehend.

                                                    Ab und zu lässt sich jetzt auch mal die Sonne sehen:


                                                    Gegen 4 Uhr landen wir an und beziehen Lager am Rande der Steppe. Der Vorteil genau dieser Stelle ist eine Baumgruppe, die dem Tarp Halt geben soll und Holz liefert. In der Steppe sieht es ja ansonsten recht mau aus mit Feuerholz.

                                                    Das Zelt bauen wir recht exponiert auf, so dass der Wind uns die Mücken auf Abstand hält:




                                                    Zum Abendbrot gibt es diesmal Kascha aus Греча, Buchweizengrütze, dazu Gemüse und Hühnchen aus der Dose. Dieses unter Russen früher weitverbreitete Nahrungsmittel hat eine enorme Quellfähigkeit, und schmeckt eigentlich auch ganz gut. Eine Hand voll Buchweizen füllt am Ende einen großen Topf.





                                                    Schon während des Essens frischt der Wind auf und erreicht später in der Nacht wieder Sturmstärke. Aber entgegen meiner Hoffnung ist das nicht nur eine kurze Sturmfront, die schnell durchzieht, sondern der Wind hält an, und wird dabei immer stärker. Ich vermute schon, das ist ein umgedrehter Bargusin-Wind. Also einer, der in die “falsche” Richtung bläst. Der richtige Bargusin, der Wind, der in dem berühmten Baikal-Lied besungen wird, bläst aus dem Bargusin-Tal raus auf den Baikal-See. Ähnlich wie die Adriatische Bora oder der französische Mistral ist er ein typischer Fallwind, der Orkanstärke erreichen kann.
                                                    Aber vielleicht ist es hier bei uns auch gar kein katabatischer Wind, ich kann mich jedenfalls nicht an besondere Kälte erinnern, sondern ein Föhnwind. Könnte hinkommen; die Regenwolken werden vom Baikal kommend über das Bargusingebirge gedrückt, regnen an der Baikalseite ab und bei uns hinter dem Gebirge kommt der Föhn an. Vielleicht kann ja jemand mit Fachkenntnis an den Wolken erkennen, ob das stimmt? (siehe erstes Bild vom nächsten Tag)

                                                    Vor dem Schlafengehen legen wir den Ally dicht an Rolands Möhre, so dass die Boote nicht so leicht von Windböen davongetragen werden können. In Lettland an der Gauja ist mir genau so etwas schon mal passiert …
                                                    Zuletzt geändert von Spartaner; 20.09.2018, 19:17.

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                                                      27. Juli 2018, windiger Ruhetag

                                                      Die ganze Nacht bläst der Sturm und drückt die Luv-Seite des Zeltes in den Böen runter bis auf die Schlafsäcke. Ich befürchte den baldigen Gestängebruch und halte von innen dagegen. Natürlich haben wir gehofft, das endet bald, aber diese Hoffnung wurde enttäuscht. Erst als die Sonne wieder aufging, entschließen wir uns umzuziehen. Dabei entstanden diese Fotos (auf denen man eventuell Föhnwolken erkennen kann?):


                                                      So wurde das Zelt immer wieder eingedrückt (wobei ich im Foto keine Extremsituation erwischt habe):


                                                      Phantastisches Licht zu diesem Zeitpunkt, und ungewöhnlich klare Sicht im Vergleich zu den Vortagen:


                                                      Das Zelt bauen wir schließlich inmitten der Büsche hinter der Baumgruppe auf, und haben dort tatsächlich spürbaren Windschutz:


                                                      Endlich können auch wir noch 2 Stündchen ruhig schlafen, bevor uns die Sonne aus dem Zelt heizt.

                                                      Da der Wind weiter anhält und uns auf dem Fluss direkt entgegen blasen würde, legen wir heute einen Ruhetag ein. Davon gibt es nicht allzuviele Bilder, und die die es gibt, drehen sich hauptsächlich ums Essen:

                                                      Zum Frühstück gibt es aufgewärmten Kascha:




                                                      Nachmittags bekommen wir Besuch von einer Herde neugieriger Steppentiere:


                                                      Die Boote werden genauestens und sehr vorsichtig olfaktorisch und gustatorisch analysiert, und ich muss aufpassen, dass nicht noch eine auf die Idee kommt, darin eine Toilette zu erkennen. Die Rinder haben zwar idR nicht so große Euter wie unsere, aber scheinen mir im Geiste viel heller zu sein.

                                                      Abendbrot:




                                                      Da er hier überall reichlich wächst, kommt ab jetzt an jede Kartoffelmahlzeit ein gehöriger Schuss frischer wilder sibirischer Thymian:

                                                      Davon gibt es hier im Gebiet ca. 15 Arten.

                                                      Fertig:


                                                      Abends um 8 zeigt sich noch eine andere Herde Steppentiere:


                                                      Die Rinder wie die Pferde laufen idR alle den ganzen Tag frei herum, ohne Hirten, und die Rinder gehen abends auch wieder alleine in den heimischen Stall (die Pferde bleiben in der Steppe und leben zumindest den ganzen Sommer halbwild).
                                                      Die haben wirklich ein gutes Leben dort. Den Pferden sieht man besonders an, dass sie sich wohlfühlen und manchmal nicht hinwissen mit ihrer Kraft. Dann tollen sie ungestüm herum, oder fallen mal eine Runde in Galopp.

                                                      Roland hat sein Hilleberg Soulo im Verlauf des Tages auch umgestellt. Nur Dörte brauchte nichts zu machen, ihre Panzerkonstruktion ist sogar im Sturm noch leise. Und Andrea hadert den Rest der Reise mit der Zeltwahl. Sie hätte jetzt lieber ihr Staika hier, das ist sturmfest.
                                                      Aber der Wind lässt gegen Abend nach und die Nacht ist ruhig. Nun haben wir natürlich zwischen den Büschen wieder Mücken am Zelt.

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                                                        • 17.11.2006
                                                        • 11108
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                        Sehr schön, das könnte mir auch gefallen.
                                                        Nur wäre mir der Aufwand, das ganze Gerassel dorthin zu tansportieren, zu groß.
                                                        Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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                                                          • 24.01.2011
                                                          • 5056
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                          Es ist sicher nicht einfach und wohl auch nicht billig, aber vielleicht findet man ja einen Paketdienst, der den größten Teil des Gepäcks bis nach Umkhey liefert?
                                                          Bei UPS habe ich es gerade mal probiert, bin aber gescheitert.
                                                          Bei DHL scheint es möglich zu sein. Ein Paket 120x60x60 bis 31kg kostet 55€. Allerdings muss man wohl vorher noch zollrechtliche Fragen abklären.

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                                                            • 24.01.2011
                                                            • 5056
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                            28. Juli 2018, Элэсун - Хилгана - Улюкчикан, 31km

                                                            Heute bläst der Wind nur noch schwach aus Süd, dazu freundliches Wetter, bestens zum Paddeln. Noch am Lagerplatz:


                                                            ½10 Start. Die ersten 9km führen uns immer noch auf dem Nebenarm des Bargusin entlang des Westrandes der Aue, der immer wieder vom Fluss angekratzt wird und schöne hohe Steilufer aufweist:


                                                            Hohe Abbruchkanten, oben weitgehend kahle Steppe:


                                                            Diesmal kommen uns die Steppentiere viel näher als gestern:






                                                            Herrlich anzusehen, wenn die ganze Herde in Galopp verfällt.

                                                            All die Spuren auf den Steppenhängen sind von den Tieren:


                                                            Diese niedrige Brücke führt nur in den Sumpf zu den Weiden der Burjaten:


                                                            Diese sind im Moment oft weitflächig überschwemmt:


                                                            Seeadler:




                                                            Die nächste Brücke gehört zu einem Weg, der die gesamte Bargusin-Aue durchquert. Der Weg verbindet Хилгана mit der Hauptstraße am Westrand des Tales:


                                                            Gleich hinter der Brücke befindet sich ein Pegel und eine Krananlage für Durchflussmessungen.

                                                            Diesem Bild wurde dem Dunst wieder mit Bildbearbeitung entgegengewirkt:




                                                            Wir nähern uns Хилгана:




                                                            An einer Stelle kann man dicht am Dorf anlanden.


                                                            Andrea, Dörte und Roland gehen Einkaufen, ich bleibe diesmal bei den Booten. Bevor die drei losziehen, gelingt es mir noch, wieder einen Kameraakku zum Aufladen im nächsten Gehöft abzugeben.

                                                            Хилгана:


                                                            Privater Kartoffelacker in Хилгана:


                                                            Хилгана scheint durchweg burjatisch besiedelt zu sein. Ansonsten haben wir nie rein burjatische Beschriftungen gefunden (Bild aus dem Dorf von Dörte):


                                                            Am “Hafen” ist wieder wie in Maiski ein Pumpe für die Sommerwasserversorgung installiert:


                                                            Die Weiden sind direkt am Dorf sehr kurz abgefressen, Bäume gibt es keine:


                                                            Der Weg zum einzigen geöffneten Laden ist diesmal ziemlich weit und so dauert es eine ganze Weile, bis die 3 vom Einkaufen zurück sind. So kann ich den Kameraakku wieder fast ganz aufladen. Nach mehr als 2h paddeln wir weiter.

                                                            Blick zurück auf Хилгана und die kahlen Weiden ringsherum:


                                                            Blick voraus:


                                                            Hinter Хилгана wird die Bargusin-Aue wieder viel breiter, die Engstelle in der Mitte des Tales ist vorbei. Der Bargusin verzweigt sich hier mehrfach (Map). Wir bleiben auf dem Hauptarm, der mitten durch das große Sumpfgebiet führt. Wir haben jetzt den Bereich mit dem geringsten Gefälle erreicht, der von einer Vielzahl an Flussarmen und Seen durchzogen ist.

                                                            Schon bald beginnt Dörte wieder unruhig zu werden, sucht nach Rastplätzen, die hier im Sumpf naturgemäß selten sind und noch seltener optimale Bedingungen bieten. Zum Glück sagen mir die Satellitenbilder, dass es auch weiterhin vermutlich noch erhöhte Stellen im Sumpf gibt. Ich biete ihr zB einen Platz in 10km Entfernung (von Хилгана) an, auf dem ich 2 Gehöfte erkenne, die vermutlich bereits verlassen sind.

                                                            Das erste dieser Gehöfte ist allerdings doch bewohnt, und da wir nicht unbedingt auf seinem Weideland direkt neben dem Haus zelten wollen, versuchen wir unser Glück beim nächsten und werden fündig:




                                                            Hier können wir den Abend in aller Ruhe ausklingen lassen. Zwar ist der Boden mit einer dicken Schicht sehr alten Pferdemist bedeckt, aber der ist vollkommen ausgetrocknet, man riecht nichts und es schmiert nichts. Mücken halten sich in Grenzen. Nach dem Abendbrot gibt es wieder Sportgetränk und in den angrenzenden flach überschwemmten Flächen kann ich warm duschen.

                                                            Den Ally nehme ich heute nicht aus dem Wasser, er wird nur an einem Strauch festgebunden.


                                                            Der Dunst zieht sich abends etwas zurück und wir begeistern uns an der phantastischen Gebirgssilhouette. Hier zB mit dem Sibirischen Matterhorn links im Bild:

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                                                              Lebt im Forum
                                                              • 24.01.2011
                                                              • 5056
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                                                              #31
                                                              AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                              29. Juli 2018, Улюкчикан - Сухая, 27km

                                                              Wieder ein strahlender Morgen, wenig Wind, Stille in der Landschaft. Das Bargusin-Gebirge mit dem Sibirischen Matterhorn liegt heute klarer in der Sonne (und noch klarer nach Bildbearbeitung).



                                                              Zum Frühstück gibt es Rühreier:


                                                              Ich schaue mir das verlassene Gehöft mal genauer an.

                                                              Sommerküche:


                                                              Im Haupthaus:










                                                              Nebenhütte:




                                                              Start ¼11. Heute gleitet es sich besonders angenehm auf der spiegelglatten Wasserfläche. Ohne Wind bestimmen Insekten und Vögel die Geräuschkulisse.

                                                              Mich begeistert das Sibirische Matterhorn. Solange es zu sehen ist, wird draufgehalten




                                                              Das Wasser steigt hier langsam weiter an, wird aber von den weitläufigen Auen weitgehend absorbiert. Einstrom vom Bargusin über die Uferkante in die Aue, die immer höher überschwemmt wird:


                                                              Ab und zu werden auch hier mitten in der sehr tiefliegenden sumpfigen Aue höhere Uferpartien angeschnitten, die trockene Lagerplätze bieten würden:


                                                              Es handelt sich um jahrhundertealte Uferwälle.

                                                              Noch mal ein Bild mit Fluss, Roland in seiner Möhre, und dem Bargusin-Gebirge. Dazu zwei Libellen im Vordergrund (Zufall):


                                                              Nach einer Badepause erreichen wir eine Gegend mitten im Sumpf, in der mehrere bewirtschaftete Gehöfte von Viehzüchtern an den Ufern liegen. Gehalten werden vor allem Rinder und Pferde. Diese neugierigen Rinder näherten sich zuerst im Galopp:


                                                              Hier stehen größere Landflächen unter Wasser:






                                                              Eine große Schleife können wir über flach überschwemmte Weiden abkürzen:


                                                              Dort steht ein einsames Pferd im Wasser:








                                                              Beim nächsten Gehöft kommt ein Viehzüchter zu uns ins Wasser geritten, um zu erfahren, wer wir Exoten sind und was wir hier treiben. Vor allem wundert er sich, dass kein Russe dabei ist. Kurze Unterhaltung:


                                                              Das ist sein Hof:


                                                              Nachbarwirtschaft:




                                                              Ein paar Kilometer weiter. Der Besitzer dieses Gehöfts sieht es nicht gerne, wenn jemand auf seinem Land pausiert:




                                                              Als wir 350m entfernt an einer Landspitze die nächste Badepause einlegen, kommt er angeritten, aber diesmal nicht mit freundlicher Neugierde, sondern mit dem Ziel, uns barsch zu vertreiben. Nachdem er mitbekommen hatte, wer wir sind und dass wir nicht hier übernachten wollen, wurde er zugänglicher. Wir sind dann aber doch gleich weitergepaddelt.

                                                              Roland hat die Angewohnheit, Nachmittags eine kurze “Powernapping”-Pause einzulegen. Das funktioniert bei ihm tatsächlich, eine ¼h Augen zu, und er ist wieder frisch. Und ist auch dringend nötig. Erst kürzlich ist er auf der Ostsee eingenickt und mit seinem Kajak gekentert (hat aber Glück gehabt und wurde rausgefischt).

                                                              Sein Nickerchen hat Roland dann ein Stück weiter im Boot am Ufer liegend gemacht. Wir haben ähnlich Pause gemacht, natürlich ohne echten Schlaf. Aber immerhin konnten wir mal die Beine hochlegen und den Hintern entlasten.

                                                              Die Hochgebirgskulisse haben wir hinter uns gelassen. Ab jetzt und auf dem weiteren Weg liegt eine vorgelagerte Mittelgebirgs-Kette zwischen uns und dem Hochgebirge:


                                                              Die höchsten Gipfel sind ~1400m hoch. Die dem Tal zugewandten Hänge sind bis in ~1000m Höhe Steppe/Weideflächen, die auf feuchteren Arealen wie Nordhängen und Talgründen mit Waldflächen durchsetzt sind:


                                                              Kurz vor 4 landen wir in der Nähe der Straße an. Nebenan sitzen zunächst 2 Burjaten beim Angeln. Am Abend fahren sie nach Hause. Dabei krachen sie mit ihrem Lada bergauf durch schwierigstes Gelände, nur aus Rücksicht auf uns, denn da wo wir lagern wären sie einen bequemen Fahrweg nach oben gekommen.



                                                              Es ist noch früh am Tag, und so mache ich noch eine kleine Wanderung die naheliegenden Hügel hinauf, um das Bargusin-Tal mal wieder von oben zu sehen.

                                                              Zuerst geht es über die 320m entfernte Hauptstraße, die die Bargusin-Senke in seiner gesamten Länge durchzieht, und auf der wir im Bus 2 Wochen zuvor nach Umchey gefahren sind. Ich sehe sogar unseren Bus leer vorbeirasen.

                                                              Besonders viel befahren ist diese Straße nicht, aber jedes einzelne Auto macht auf diesem Schotter ziemlichen Lärm.

                                                              Danach geht es einfach direkt den Hang hinauf. Während des Aufstiegs:


                                                              An einem Wäldchen nach knapp 2km beende ich den Aufstieg und genieße die Sicht über das Tal. Blick von ganz oben aus 800m Höhe, 330m über dem Talboden, über die Sümpfe der Bargusin-Senke und zum Ikat-Gebirge auf der gegenüberliegenden Seite:


                                                              Hier mit automatischer IrfanView-Bildkorrektur zur Kontrastverstärkung:

                                                              Sicher sind diese Farben schon übertrieben stark, aber so kann man die Strukturen in der überschwemmten Aue gut erkennen.

                                                              Die Hänge der Berge sind beweidet und bieten einer Menge verschiedener Pflanzenarten Lebensraum. Hier mal 2 Beispiele:

                                                              Allium nutans/Sibirischer Lauch? Was mich irritiert ist, dass er feuchtigkeitsliebend sein soll. Auf diesem trockenen Hang fast nicht vorstellbar.

                                                              Orostachys spinosa?


                                                              Diese alte, verwitterte Abwurfstange eines Rehbocks habe ich mitgenommen:


                                                              Ich nehme an, dass hier in Russland nicht dieses eigenartige deutsche Recht gilt, nachdem man für das Aufsammeln eines solchen abgeworfenen Geweihs als Wilddieb im Knast landen kann.

                                                              Ich hatte versprochen, hier von den Hügeln Brennholz mitzubringen, weil es unten am Ufer keines gab. Hier oben binde ich nun ein paar kleine gut durchgetrocknete tote Lärchen und Kiefern mit einem Packgurt zusammen und ziehe das ganze ins Tal runter.

                                                              Überhaupt stehen in den Wäldern entlang des Bargusins auffällig häufig vertrocknete tote Einzelbäume und ganze Baumbestände. Ob diese nun tatsächlich nur aus Wassermangel oder eventuell durch Waldbrände abgestorben sind, kann ich aus der Ferne schlecht erkennen. Hier scheint es eher der Wassermangel zu sein.

                                                              Unten wartet Dörte schon sehnsüchtig auf das Holz, damit es endlich Essen gibt. Heute steht zur Abwechslung von den Kartoffeln mal wieder Kascha auf dem “Speiseplan”.

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                                                                AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                30. Juli 2018, Сухая - Нестериха, 25km

                                                                Der viele Kascha, der gestern übrigblieb, wird heute morgen in Form einer Süßspeise mit Obst und Rosinen angerührt und warm aufgetischt:


                                                                Diese Ameisen hätten bestimmt gerne mitgegessen, haben aber gerade mit steigendem Wasserstand zu kämpfen:


                                                                ¼10 starten wir aufs Wasser und passieren nach 3km den Ort Suchaja:


                                                                Die Berge des Bargusin-Gebirges sind hier nicht mehr so hoch und schroff wie bisher, aber immer noch sehr schön anzuschauen:




                                                                Nach 11km machen wir eine Pause. Der Fluss schlängelt sich bis hierher dicht am Auenrand und der Straße. Anschließend geht es wieder tiefer in den Sumpf.

                                                                Gegen 12 sehen wir schon von der Ferne fette Schauer auf uns zuziehen, der Wind frischt auf:


                                                                7x müssen wir Abwettern. Meist suchen wir hinter Uferbüschen Schutz vor Wind und peitschendem Regen:




                                                                Aber nach einer ¼h ist es jeweils wieder vorbei und wir können ein Stück weiterpaddeln:






                                                                Die 3 Fotos oben werden auf Abschnitten geschossen, die quer zum Wind liegen und damit öfters von Schilf und Weiden windgeschützt sind. Auf Abschnitten, die in Richtung Südwest genau im Gegenwind liegen, müssen wir kämpfen, um voranzukommen. Die beiden Kajaker haben es da etwas einfacher. Die Wellen erreichen auf kurzen Windangriffslängen Höhen von ~30cm und kommen als deutliche Dünung auch um die Kurven herum.

                                                                Kurz vor ½4 beenden wir den Paddeltag. Heute reicht es mir auch. Kaum haben wir die Zelte aufgebaut, fauchen wieder Sturm und Schauer über uns rüber:






                                                                Sehr gute Sicht nach dem Schauer:


                                                                Dörte und Roland haben ihre windfesten Zelte auf der exponierten Wiese aufgebaut:


                                                                Wir ducken uns mit unserem Leichtzelt in den Windschatten einer dichten Baumgruppe. Das war auch dringend nötig, sonst hätte es uns wieder so verblasen wie 3 Tage zuvor:


                                                                Dieser Platz mitten im Sumpf wurde bereits von anderen Leuten genutzt. Es gibt bereits eine Feuerstelle, und zwischen den Bäumen sind Durchgänge freigeschlagen. Wo die Pferde im Schatten der Bäume standen, liegen ihre Haufen herum.

                                                                Das Abendbrot wird unterm Tarp zubereitet:


                                                                Dörte, die Spezialistin fürs Lagerfeuer-Entfachen unter widrigsten Bedingungen, benötigt heute 3 Versuche, ehe sie mit Birkenrinde das Feuer hinter dem Windschutz gezündet bekommt.

                                                                Den ganzen Abend wechselt ständig der Anblick der Wolken und der Berge. Das Wetter kommt heute alles aus Richtung Baikal herangezogen. Eigentlich hatte ich nicht vermutet, dass hier fast in der Mitte des asiatischen Kontinents so viel "Wetter" ist. Bis zu den nächstgelegenen Meeren Arktischer Ozean, Ochotskisches Meer und Gelbes Meer sind es jeweils ~2000km. Bis zur Kara- und der Barentsee, woher mMn bei Westwindlagen die Tiefdruckgebiete hier herziehen, 3000 - 4000km, zum Golf von Bengalen ebenfalls ~4000km. Es sind wohl die Hochgebirge, die hier zu dermaßen abwechslungsreichen Wetter führen.

                                                                Letztes Bild heute, Abendstimmung kurz nach Sonnenuntergang:


                                                                Nachtrag, eine Erläuterung zum "viel Wetter", zitiert aus einer Zuschrift eines befreundeten Meteorologen: "Das mongolische Hochland mit der Wüste Gobi und die Mandschurei sind im Sommer sehr heiß (etwa wie die kasachischen Steppen und das Land an der unteren Wolga). Hier liegen dann die letzten Ausläufer des großen asiatischen Sommer-Hitzetiefs, dessen Kern sich vom Iran über Nordindien bis Zentralchina erstreckt. Die ringsum liegenden kühleren Luftmassen haben das Bestreben, in dieses Hitzetief hineinzuströmen. So funktioniert ja der indische Monsun, und auch in Südsibirien saugt das Hitzetief feuchte Tropikluft von Gelbem und Japanischem Meer ins Binnenland, und ebenso Polarluftmassen vom Arktischen Meer 5000 km weit Richtung Baikal. Die Gebirge östlich des Baikal neigen im langjährigen Mittel dazu, daß diese Luftmassen hier aufeinanderstoßen, es bildet sich eine "Polarfront" aus. Und die äußert sich in kräftigen Gewittern."
                                                                Zuletzt geändert von Spartaner; 16.11.2018, 09:14.

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                                                                  AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                  31. Juli 2018, Нестериха - Bargusin, 14km

                                                                  Der nächste Morgen ist wieder sonnig, aber der Wind weht weiter stark.



                                                                  Kurz nach ½10 paddeln wir los:


                                                                  Die hohe Dünung zeigt uns schon, dass es um die nächste Kurve herum anstrengend wird. Wieder müssen wir gegen den Gegenwind kämpfen. Während wir auf ruhigen Streckenabschnitten um die 7km/h fahren, erreichen wir gegen den Wind nur noch 4km/h, beides mit Hilfe der Strömung des Flusses.

                                                                  Gegen 11 Uhr kommt der Ort Bargusin in Sicht:


                                                                  Am Ufer stehen manchmal schöne Häuschen mit Garten:


                                                                  Aber meist sieht es irgendwie müllig aus:


                                                                  Ankunft 12 Uhr nach 8km Fahrt. Im Ort wollen wir Einkaufen und machen erst mal eine kurze Pause:


                                                                  Dann laufen wir hoch in die Stadt, während Roland bei den Booten bleibt und sich zu seinem Nickerchen bettet.

                                                                  In der Красноармейская улица stoßen wir auf dieses Rekrutierungsbüro der Roten Armee:


                                                                  Der Zentrale Platz (Центральная площадь) wird von einem historischen Panzer bewacht:

                                                                  Eigenartigerweise zielt er genau auf Genossen Lenin hinten rechts. Ich weiß gar nicht, ob das erlaubt ist.

                                                                  Stilleben Panzer vor Heizhaus:


                                                                  Die Sorge um Waldbrände inspiriert Volkskünstler zu dramatischen Darstellungen, die emotional ansprechbare Mitmenschen zur Vorsicht animieren sollen (rechts):

                                                                  Links wird die Waldbrandgefahr für Leute erläutert, die rationalen Argumenten zugänglich sind, und in der Mitte wird den Uneinsichtigen mit Strafen gedroht.

                                                                  Am selben Platz finden wir diesen Sitz der Kommunisten von Bargusin:

                                                                  Die Formensprache ist noch dieselbe wie vor 30, 50 oder 70 Jahren.

                                                                  Noch weiter zurück führt uns dieses einstmals schöne Holzhaus wohl bis in die Zarenzeit:


                                                                  Die Festung Bargusin wurde 1648 von Kosakenataman Iwan Galkin gegründet und hatte von 1783 bis 1927 den Status einer Stadt. Unter den Kommunisten wurde es wieder zum Dorf degradiert. Heute leben hier ~5700 Menschen.



                                                                  Im Geschäftsviertel steuern wir erst ziellos etliche kleine Läden mit mäßiger Auswahl an, bis ich endlich mal jemanden nach einem richtigen, großen Supermarkt frage.


                                                                  Der ist nicht weit von hier und heißt Барис/Baris. Es ist das einzige Geschäft hier im Bargusin-Tal, in dem wir mit Kreditkarte zahlen konnten und das richtige Selbstbedienung hatte, so richtig mit Wägelchen und so.

                                                                  Schwer beladen geht es zurück zu den Booten.
                                                                  Vorbei an blumengeschmückten Vorgärten ...


                                                                  … der Erlöser-Verklärungskathedrale (1834) am Ufer, die wir kurz besuchen:




                                                                  … und vorbei an dieser schweizer Nobel-Touristen-Karosse. Wir haben sie später noch einmal auf dem Weg zur Heiligen Nase getroffen. “Sibirien lässt niemanden kalt”, heißt es auf der Karosse:

                                                                  Brechen Sie auf in die schier endlosen Weiten der faszinierenden und wenig bereisten Region rund um den Baikalsee”. Ab 2400€ für 2 Wochen ist man dabei (exklusive Flug, alkoholische Getränke, Restaurantbesuche etc.). Für ähnliche Preise könnte ich ja mal Paddeltouren auf dem Bargusin anbieten. Ich wäre gespannt, ob sich Kundschaft findet.

                                                                  Zurück am Ufer hat sich ein weiteres Faltboot zu uns gesellt. Es sind die beiden netten Paddler, die wir bereits in Umchey getroffen haben (Stichwort Mückennetz):


                                                                  Olga und Vitali sind deutlich schneller als wir unterwegs, kein Wunder mit ihrem schnellen Triton Варзуга 3 (ähnlich dem bei uns erhältlichen Triton Vuoksa 3).

                                                                  Es ist für diese Tour schon recht stattlich beladen:


                                                                  Man könnte meinen, sie wollten direkt durchpaddeln bis nach Hause, bis Irkutsk. Von hier wären das noch knapp 500km, inklusive einer Fahrt quer über den Baikalsee (auf kürzestem Wege ~40km etwa über die tiefste Stelle).

                                                                  Knappe 3h später setzen wir uns wieder in Bewegung. Nach 2½km passieren wir eine Straßenbrücke (gleich dahinter übrigens wieder eine Durchflussmessanlage). Hier ist die breite Aufschüttungsebene der Bargusin-Senke zu Ende, hier treffen Bargusingebirge und Ikat-Gebirge eng zusammen und ab hier hat der Fluss wieder ein erheblich höheres Gefälle. Lag es auf den letzten 70km im Sumpfland noch bei 0.08m/km, so sind es hier auf den nächsten 4km im Mittel wieder 1.9m/km. Entsprechend flott wird die Strömung werden. Wir erinnern uns, dass wir im Verlaufe der Reise von mehreren Seiten gewarnt wurden wegen Wildwasser hier im Unterlauf.

                                                                  Aber in der Realität sieht es mal wieder viel einfacher aus als erwartet. Im Hochwasser sind alle steinigen Stellen abgesoffen, wir können überall problemlos durchfahren. Mit bis zu 13km/h sausen wir den Fluss hinab.


                                                                  Weit fahren wir nun aber nicht mehr. Roland haben es die großen Schottersteine am Flussufer angetan. Erstmals seit dem schnellfließenden Abschnitt durch die Taiga am Beginn der Flusstour finden sich hier große Steine und genügend Brennholz, um eine Sauna zu bauen und anzuheizen. Diesen günstigen Umstand wollen wir nutzen und landen kurz nach 3 Uhr bereits an, um das Lager aufzuschlagen.


                                                                  Wir finden einen schönen großen freien Platz, wenig Mücken, der auch früher öfter mal als Campingplatz herhalten musste.


                                                                  Während wir so daliegen und in der Sonne dösen, erblicken wir gegenüber am Berghang den Kopf eines Bären:


                                                                  Ganz deutlich zu sehen:


                                                                  Weiter oben noch der Kopf einer Chinesischen Weichschildkröte:


                                                                  Ich würde mich nicht wundern, wenn das früher einmal Schamanenplätze gewesen sind.

                                                                  Sibirischer Mohn:


                                                                  Und Dörte sammelt in kurzer Zeit Pilze für das Abendessen:


                                                                  Heute wird das nichts mehr mit der Sauna. Dafür planen wir morgen einen ganzen Ruhetag ein.
                                                                  Zuletzt geändert von Spartaner; 12.10.2018, 10:32.

                                                                  Kommentar


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                                                                    AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                    01. August 2018, Sauna-Tag

                                                                    Heute wollen wir also saunieren. Doch vor dem Schweiß steht der Fleiß. Wir haben immerhin bereits mehr oder weniger Erfahrung mit dem Saunabau in der Wildnis. Ich war schon einmal in Lappland am Kaamasjoki dabei, Dörte in Karelien, und für Roland ist Saunabau in Russland quasi Alltag. Nur mit der 1. Gruppe die Wochen davor auf der Uda wurde es aus Mangel an großen Steinen leider nichts. Die Planen waren bereits besorgt.

                                                                    Da wir alle wissen, wie es am Ende aussehen soll, teilen wir die Arbeit auf. Roland und Dörte kümmern sich um den Saunaofen, und ich um die Saunahütte. Während die Frauen noch am Mittagessen schnippeln und Roland sich am Bier kräftigt, sammele ich bereits lange, dünne Stämme abgestorbener Kiefern aus dem nahen Wald.

                                                                    Alles frisch aus dem Wald und von der Wiese:








                                                                    Bauholz:


                                                                    Die Bäume werden entastet, die Ästchen später mitverbrannt:


                                                                    Das Dach ist fertig, die Eckpfeiler entsprechend der Hangneigung des Baugrunds zugeschnitten:


                                                                    Die Fundamente des Saunaofens sind gesetzt:




                                                                    Als die in der Nähe der Baustelle verfügbaren großen Steine alle verbaut sind, überlässt Roland den weiteren Bau den beiden Damen:


                                                                    Fertiger Saunaofen:


                                                                    Vielleicht nicht das mächtigste Exemplar eines Saunaofens, aber Dörte ist sich sicher, er funktioniert so, und macht sich ans anheizen:


                                                                    Beim Sauna-Häuschen geht auch alles seinen sozialistischen Gang. Alle Hölzer sind fertig zugeschnitten und soweit es geht mit Panzer-Tape vormontiert. Dazu Beschwerungshölzer für die Plane, die später damit auf dem Dach und an 3 Seiten festgehalten werden soll:


                                                                    Ansonsten könnte schon der Auftrieb der heißen Luft die leichte Plane aufschweben lassen.

                                                                    Zwischendurch kommt ein Mann mit seinem Sohn vorbei, der unsere Raucher um eine Zigarette anfragt. Die bekommt er natürlich und lässt uns zum Dank ein paar seiner gerade frisch gesammelten Himbeeren da:


                                                                    Endmontage des Saunahäuschens nahe dem Einsatzort:

                                                                    Das Wetter ist den ganzen Tag ungemütlich, immer wieder nieselt es mal, manchmal auch schauerartig verstärkt.

                                                                    Nachdem das Feuer 4h gebrannt hat, wird möglichst jeder Brandrest aus dem Ofen entfernt, damit wir später beim Aufguss nicht ersticken, und die fertige Hütte drüber gestellt:


                                                                    Zum Schluss wird noch die große Plane übergeworfen, fixiert und abgedichtet. Es muss alles möglichst dicht sein, damit die Hitze auch gehalten wird. Fertige Sauna:

                                                                    Die richtig heiße Männersauna in Lappland 2013 hat übrigens bereits beim Planeüberwerfen die Deckplanen zerschmolzen, da war richtig Hitze.

                                                                    Nach dem Abendbrot ist es dann soweit, schwitzen und baden sind angesagt:


                                                                    Wir drängeln uns alle ins Saunahäuschen, der Platz reicht aus, das Wasser verdampft zischend auf den heißen Steinen und es wird kurzzeitig sehr warm. Zwischendurch kühlen wir uns im Fluss ab. Das ist an der steilen Uferkante auch nicht ganz einfach, wir wollen ja nicht von der Strömung erfasst und weggetrieben werden, können uns aber an einem untergegangenen Ufergebüsch festhalten.

                                                                    Nach dem 2. Durchgang kühlt die Sauna bereits spürbar ab, die Wärmekapazität der kleinen Steinchen ist relativ gering. Dörte versucht es noch ein 3. Mal, aber dann bricht auch sie ab.

                                                                    Dennoch hat die Sauna funktioniert. Es bleibt dieses wohlige, gelöste Gefühl nach dem Saunagang, ein Gefühl von Tiefenreinigung.

                                                                    Am Ende belassen wir den Ofen, das Gestell und die Plane an Ort und Stelle, und sind uns sicher, dass sie Nachnutzer finden wird:


                                                                    Roland schreibt der 1. Gruppe: "Vielen Dank an die Uda Gruppe für die Planen. Mit Eurem Einvernehmen spenden wir eine Sauna nach deutschem Qualitätsstandard an das befreundete burjatische Paddelvolk."

                                                                    Kommentar


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                                                                      Красивые фотографии !!!
                                                                      Und klasse Bericht!
                                                                      https://www.facebook.com/groups/1670015459892254/

                                                                      Kommentar


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                                                                        02. August 2018, Bargusin - Adamowo, 28+3km

                                                                        Heute früh ist das Wetter immer noch diesig, der Himmel bedeckt und es nieselt ab und zu. ¼11 paddeln wir weiter. Es geht immer noch sehr flott weiter durch das Mittelgebirgstal, anfangs mit einem Schnitt von 13km/h. Der Fluss ist hier 150 - 200m breit. Die hier noch bis zu 1700m hohen Berge stehen links und rechts nah am Fluss, bedeckt mit jetzt im gedämpften Licht dunkler, düster wirkender Taiga.





                                                                        Neues Altgläubigenkreuz auf einer Uferwiese:


                                                                        Vereinzelt liegt ein Dorf am rechten Ufer, hier Зорино:


                                                                        Allmählich wird der Talgrund breiter, die Berge treten wieder zurück. 13 Uhr, gegenüber von Adamowo machen wir eine Pause. Hier mündet links die Kleine Gusicha in den Bargusin. Ein schöner Platz, und da sich wieder die Angst breitmacht, heute evtl. keinen guten Lagerplatz mehr zu finden, beenden wir hier den Paddeltag.

                                                                        Naja, ich wäre gerne noch weiter gefahren. Stattdessen paddele ich nach der Pause jetzt mal alleine den kleinen Taigafluss stromauf, rein in die Wildnis. Ich will einfach mal sehen, wie ein Taigaflüsschen in seinem Naturzustand aussieht, wie die Ufer beschaffen sind, die Tiefenverhältnisse, die Vegetation über und unter Wasser.



                                                                        Die Mündung ist wegen dem Hochwasser des Bargusins abgesoffen, aber nach 3 - 400m spüre ich die Strömung des Flusses. In engen Windungen schlängelt sich der 10 - 15m breite Fluss durch die erst offen sumpfige, später bis an die Ufer dicht bewaldete Aue.



                                                                        Das Wasser ist sehr klar, man kann überall den Grund sehen, und es ist auch nicht deutlich eingebräunt von Huminstoffen aus den Mooren. Das geht nur, wenn das Wasser überwiegend aus den Bergeshöhen zusammenströmt, nicht aus den überall flussbegleitenden Mooren. Ich bewege mich so leise wie möglich und hoffe natürlich darauf, jetzt mal die Tiere des Waldes, Reh, Hirsch, Elch, Wolf oder Bär, zu Gesicht zu bekommen.

                                                                        Aber auch dieser Ausflug verläuft entsprechend den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit unspektakulär. Stattdessen entdecke ich Fischreusen, höre den Fischer irgendwo hinten im Wald werkeln, und nähere mich dem Dorf Гусиха.



                                                                        Ganz so weit komme ich aber nicht. Immer mehr Baumstämme liegen quer im Fluss, und als gar kein Durchkommen mehr ersichtlich wird, kehre ich um. Ich habe keine Lust auf Portagen über die Baumstämme oder durch das sumpfige Gelände an den Ufern. Zudem beginnt es wieder zu regnen.



                                                                        Am Ende misst die 1¼h-Tour 3.4km Länge (Yandex-Map):


                                                                        Auf dem Rückweg sehe ich noch Dörtes Boot am anderen Ufer liegen. Sie ist zum Pilze sammeln in die Taiga aufgebrochen.

                                                                        Die Frauen haben derweil getan, was Frauen eben so tun, Blumen gepflückt und das Lager wohnlich eingerichtet:






                                                                        Während ich erst mal abhänge, versucht sich Roland das erste mal auf dieser Tour mit der Angel. Leider erfolglos und ohne Bilddokument.



                                                                        Dann kommt Dörte mit reicher Ausbeute zurück, sortiert und analysiert den Fang:






                                                                        Die vielen Pfifferling sind Riesenexemplare und werden bis morgen halten. Wir werden schon genug damit zu tun haben, heute die andere Hälfte zu verspeisen.

                                                                        Ein paar Seltenheiten oder besondere Pilze bringt sie auch immer mit:


                                                                        Sie scheint alle diese Pilze auch aus den Brandenburger Wäldern zu kennen. Bezüglich der Pilzflora unterscheiden sich Brandenburg und Süd-Sibirien also nicht besonders.



                                                                        Die Pilze waren natürlich wie immer sehr lecker.

                                                                        Letztes Dämmerlicht in Richtung Baikalsee:


                                                                        Morgen dann wird es soweit sein, in 24km erreichen wir den Baikal, diesen ganz besonderen See im Herzen Sibiriens. Das wird ein spannender Augenblick, denn dort an der Mündung wird sich entscheiden, ob wir entsprechend meines Plans weiter zur Heiligen Nase paddeln können, oder ob Wind und Wellengang dies vereiteln werden.

                                                                        Kommentar


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                                                                          • 277
                                                                          • Privat


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                                                                          AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                          Kam heute erst zum Lesen.
                                                                          Danke für den mit so vielen Fotos angereicherten und detaillierten Reisebericht, toll und interessant!
                                                                          Die Natur braucht sich nicht anzustrengen, bedeutend zu sein. Sie ist es. Robert Walser (1878-1956) www.travelkai.de

                                                                          Kommentar


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                                                                            • 5056
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                            03. August 2018, Adamowo - Ust Bargusin - Baikal, 27km

                                                                            Kurz nach 10 geht es weiter. Die Talaue wir immer breiter:




                                                                            Oberhalb von Makarinino beginnt auch die Wiesennutzung noch intensiver zu werden. Etliche Bauern sind wegen der Heumahd auf den Wiesen, Kühe und hier auch erstmals Schafe stehen auf den Weiden. Makarinino hat viele neue Häuser, wahrscheinlich einige Touristenunterkünfte und viele Wochenendhäuser (Datschas). Ich nehme an, die gehören wohlhabenden Einwohnern von Ulan-Ude. Auf dem Wasser kommen uns Motor- und Ruderboote entgegen.





                                                                            Wir benutzen mehrere Abkürzungen durch kürzere Nebenarme und fahren damit den Hauptlauf nicht voll aus. So verkürzt sich der Weg bis Ust-Bargusin auf 20km.

                                                                            ½2 Uhr legen wir in Ust-Bargusin an, gleich hinter dem Herbergsbetrieb “Причал”. Hier dachte ich, man könnte im Schutz des Gästehauses die Boote alleine liegen lassen, um Einkaufen zu gehen. Allerdings geht das so nicht, und wir legen gleich dahinter an einem Sandstrand an.

                                                                            Vor der hoch eingezäunten Herberge liegt ein fahrbereites Motorschiff am hohen Privatsteg, welche beide von der zahlreich versammelten Dorfjugend zu Badeplattform und Sprungturm umgewidmet wurden.

                                                                            An unserem Sandstrand liegen 3 Schrottschiffe aus Sowjetzeiten auf Land:




                                                                            Während die 3 Einkäufer Rucksäcke, Taschen und Geld rauskramen, versuche ich wieder mal, einen Kamera-Akku zum Aufladen abzugeben. Ich versuche es direkt beim Gästehaus “Причал”. Das Tor ist verschlossen und es findet sich keine Klingel. Auf einem Holzhaufen kann ich über den hohen Bretterzaun blicken, meine Rufe erreichen aber niemanden. Dabei haben wir bereits kurz zuvor eine Frau auf dem Gelände gesehen.

                                                                            So versuche ich es nun mit dem Telefon, die Nummer steht draußen am Zaun. Beim zweiten Versuch habe ich die russische Nummer mit der richtigen Vorwahl eingegeben, und es meldet sich jemand. Nun, ich spreche kaum Russisch, und am Telefon ist das wirklich ein Handycap. Zumindest kann ich rüberbringen, dass ich vor dem Tor stehe und die Frau bitten, aufzumachen.

                                                                            Kurz darauf öffnet sie, und ich kann mit der gewohnten Mischung von minimalem Russisch und Zeichensprache meinen Wunsch kundtun. Kein Problem, sie nimmt das Ladegerät mit dem Akku mit. Das Tor bleibt jetzt unverschlossen, und wenn ich den Akku zurück haben möchte, brauche ich mich nur zu melden.

                                                                            Die Einkäufer ziehen jetzt los, ich halte Wache, und da die Wege zum nächstgelegenen Supermarkt in Ust-Bargusin lang sind, dauert es über eine Stunde, bis sie wieder zurück sind.

                                                                            In Ust-Bargusin:




                                                                            Kurz vor 3 sind wir wieder auf dem Wasser. Die letzten 3km bis zum Baikal führen uns entlang des linken Ufers, vorbei an Hafenanlagen, Kais und etlichen aufgegebenen Schiffen, die jetzt verrotten, und wenigen intakten Schiffchen, die auch heute noch über den Baikal fahren. Man merkt sehr deutlich, dass jegliche Wirtschaftsaktivitäten seit Sowjetzeiten stark zurückgegangen sind.



                                                                            Der Wind war den Tag über schon recht stark und weht aus der Hauptwindrichtung Südwest. also uns genau entgegen. Jetzt am Nachmittag scheint er aber bereits wieder etwas abzuflauen. Ich habe immer noch keine Ahnung, wie der Wellengang auf dem Baikal heute aussehen wird, und bin sehr gespannt, ob das für uns fahrbar sein wird.

                                                                            Die Mündung des Bargusin in den Baikal ist keine breite Trichtermündung (dazu fehlt es an Ebbe und Flut), sondern im Gegenteil eine eigentlich ziemlich enge Stelle am Strand. Sie misst nur 80m, wenig im Vergleich zum Fluss oberhalb von Ust-Bargusin, wo er 300m breit ist. Die Mündung ist deshalb so eng, weil bei Wellengang der quer zum Ufer wandernde Sand die Mündung versucht zuzusetzen.

                                                                            Der gesamte Durchfluss des Bargusin muss nun durch diese enge Öffnung, und das hat eine ziemliche Strömungsgeschwindigkeit zur Folge. Für uns aber kein Problem. Wir treiben diesen erhabenen Moment quer durch die Engstelle, um gleich rechts anlanden zu können.

                                                                            An der Mündung stoppen wir zu einer Pause:


                                                                            Roland versucht den Bakal gnädig zu stimmen mit einem Schluck Wodka direkt ins Wasser des Sees. Das scheint zu funktionieren, denn im weiteren Verlauf des Tages nimmt der Wind weiter ab und die Wellen des Sees sind heute wirklich vernachlässigbar.
                                                                            Was für eine Chance, wir können auf dem See weiterpaddeln!



                                                                            Nach einer ¼h paddeln wir weiter. 25km vor uns liegen das Bergmassiv der Heiligen Nase, heute schön klar zu erkennen. 21km sind es zu paddeln bis an den Fuß der Berge, alles entlang eines schönen Sandstrandes.



                                                                            Das Ufer entlang des ersten Kilometers ist noch nicht Teil des Transbaikal-Nationalparks/Забайкальский национальный парк. Hier lagern etliche Erholungssuchende, meist Familien mit Kindern, man kommt mit dem Auto ans Ufer. Ein paar neue Jurten scheinen Touristen Unterkunft zu bieten.







                                                                            Minutenlang ziehen riesige Ketten und Keilformationen Kormorane über uns in Richtung der Bucht Чивыркуйский залив:


                                                                            Es paddelt sich richtig gut auf dem See, mit einer Duchschnittsgeschwindigkeit von knapp 4km/h. Ja, hier hilft uns keine Strömung. Wir haben so ein Glück mit Wetter und Wellengang und könnten heute noch weit kommen. Ein bisschen Hoffnung macht mir auch, dass Roland an der Mündung kurz meinte, er könnte heute bis Ultimo paddeln. Aber das hat er nur so zum Spaß gesagt, und mir ist natürlich auch klar, dass die anderen trotz der überaus günstigen Bedingungen niemals bis in die Dämmerung hinein paddeln wollen. Als ich dann doch mal diesen meinen Wunsch äußere (natürlich nur im Konjunktiv), während Dörte schon fieberhaft nach einem Rastplatz sucht, ist die Empörung groß.



                                                                            So landen wir bereits ½5 Uhr, nur knappe 4km nördlich der Bargusin-Mündung, am Strand an. Der Platz ist gut, ein herrlicher Blick aufs Wasser der Bucht, die umrahmt ist von der Gebirgskette des Ikat-Gebirges im Süden und dem Bergmassiv Heilige Nase im Norden. Manchmal meinen wir, sogar bis zur Insel Olchon schauen zu können, 90 - 100km entfernt.



                                                                            So hängen wir wieder längere Zeit im Sofa ab und gehen baden. Das Wasser ist gar nicht so kalt, wie von den Reiseführern angedroht. In denen heißt es, die Wassertemperatur überschreitet nur selten 14°C. Aber in den Buchten kann das Wasser wärmer werden, und hier, wo wir jetzt lagern, zieht eventuell auch noch das warme Bargusin-Wasser vorbei.



                                                                            Gegen Abend sehen wir hinten vor der Heiligen Nase eine auffällige helle Schicht Nebel über dem Wasser, die sich langsam nach Osten hin ausbreitet:







                                                                            Wahrscheinlich ist dort die Wasseroberfläche deutlich kälter, so dass sich in der Luftschicht darüber der Nebel bildet.

                                                                            Auch ziehen immer mehr Wolken auf:


                                                                            Laut Vorhersage soll das kein schlechtes Wetter werden, nur ein paar Wolken, die morgen wieder weitergezogen sind. Erst übermorgen ist Regenwetter und Wind angekündigt:



                                                                            Zum Abendbrot gibt es die Riesen-Pfifferlinge, die Dörte gestern gesammelt hat:


                                                                            Schön durchgetrocknetes Treibholz findet sich massenhaft hier am Baikalufer:




                                                                            Während Roland und Dörte mit ihren Sturmzelten am Strand übernachten, kauern wir uns in den Windschatten zwischen den Bäumen hinter der Düne.

                                                                            Wir zelten jetzt hier im Nationalpark, und ich habe kein gutes Gefühl dabei. Wir hatten in Ust-Bargusin im Nationalparkbüro keine Permits gekauft. Ich hatte nicht daran gedacht, als die 3 heute zum Einkaufen loszogen, und die anderen wussten nichts von Nationalpark und Permit. Wenigstens will ich nicht schon von weitem von den Nationalpark-Rangern entdeckt werden, und dringe darauf, die Boote vom Strand höher zu legen und die Feuerstelle hinter der Düne anzulegen. 2km nördlich gab es einen richtigen Beobachtungsturm. Und die Fahrzeugspuren am Strand können ja eigentlich auch nur von Rangern stammen.
                                                                            Zuletzt geändert von Spartaner; 24.10.2018, 08:41.

                                                                            Kommentar


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                                                                              • 5056
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                                                                              04. August 2018, Baikal, 10km

                                                                              In der zweiten Nachthälfte frischt der Wind auf, es regnet und die Brandung wird laut. Wir sind froh, die windgeschütze Ecke für das Zelt gewählt zu haben, obwohl das gestern Abend noch gar nicht nötig war.



                                                                              Auch am Morgen hält der Wind an und wir verlegen die Frühstücksecke unters Tarp hinter die Düne zwischen den Bäumen. Mir ist sofort klar, dass die beiden Damen bei diesem Wellengang nicht aufs Wasser wollen. So biete ich an, dass ich während der absehbaren Zwangspause zum Nationalparkbüro nach Ust-Bargusin fahre und die fehlenden Permits hole.

                                                                              ¾10 mache ich mich auf den Weg. Zunächst durchquere ich 1km Sumpf, der die alten Strandwälle heute bedeckt. Eigentlich habe ich auf dem Luftbild eine Schneise oder einen Pfad erkannt, aber vor Ort erkenne ich ihn immer nur bruchstückhaft und verliere ihn ständig (Map). An vielen Stellen ist er vollkommen zugewachsen. Der Wind ist im Hinterland fast weg, die Brandungsgeräusche verschwunden. Ohne meinen Wegweiser hätte ich mich hier wohl im Kreis gedreht

                                                                              Dann erreiche ich den breiten Schotterweg, der die Heilige Nase mit Ust-Bargusin verbindet, und versuche weiter zu trampen. Es sind gar nicht mal wenige Fahrzeuge unterwegs, aber alle sind vollbesetzte Urlauberautos, die mich beim besten Willen nicht mitnehmen können. So laufe ich erst mal die Straße entlang und komme an dieses schöne Ufer des Strandsees оз. Бормашевое. Am Ufer stehen Infotafeln, ein Kleinbus mit Touristen hält an. Der See 1.4km² groß, bis zum gegenüberliegenden Ufer sind es knapp 1½km.



                                                                              Kunst am Wegesrand:


                                                                              Nach 1¼km Laufen habe ich Glück und es stoppt dann doch mal ein alter Lada. Darin 2 Einheimische aus Bargusin mit ihrer Tochter. Der Platz auf der Rückbank ist mit Gepäck vollgestellt, dass zur Seite geräumt wird. Ich unterhalte mich mit ihnen, erfahre, dass die Einheimischen sich einen kostenlosen Erlaubnisschein für den Nationalpark holen können. Nach 3km kommt plötzlich eine bewachte Schranke in Sicht, hinter der in Gegenrichtung ein paar Fahrzeuge anstehen, das Nationalpark-Gate. Sollte man etwa hier bereits das Permit bekommen? Ich steige aus und schaue mich schnell um, ja hier geht das. Meine Autolenker-Familie war so nett, so lange zu warten, und ich sage ihnen bescheid, dass ich hier bereits umkehre. So spare ich mir weitere 8km bis Ust-Bargusin und dasselbe später zurück.



                                                                              Im Kassenhäuschen sitzen 2 kleine Studentinnen. Ich bezahle für 4 Mann mal 4 Tage je 100₽ und frage gleich an der Schranke an den wartenden Autos, ob ich mitfahren kann. Gleich der zweite ist wieder ein Einheimischer und hat ein Plätzchen frei.

                                                                              Diesmal lasse ich mich 7km bis zu der Stelle fahren, wo der Weg das erste mal ganz nah an den Strand kommt, etwa da, wo der Beobachtungsturm steht. Hier zelten etliche Leute, meist Familien mit Kindern. Wildzelten in den Dünen wird hier am schönsten Strand im Nationalpark offenbar toleriert.



                                                                              Nun noch 2km am Strand zurück in Richtung Süden, und ich bin wieder in unserem Lager.



                                                                              Russischer Camper beim Kleinmachen von Feuerholz:



                                                                              Beim Russen ist das ganz normal, keiner geht ohne seine Motorsäge aus dem Haus, und das ist auch richtig so, siehe zB hier. Wir kannten diese Angewohnheit 2014 noch nicht und waren erstaunt darüber, dass die Nationalparkverwaltung an den Rastplätzen im Yugid-Va-Nationalpark grundsätzlich ganze Baumstämme als Feuerholz bereitstellte (Bild).

                                                                              Die berühmten Baikalrobben sehen wir leider nur tot (oder als Plüschtier in den Souvenierkiosken):



                                                                              Einen separat gefundenen Kiefer nehme ich mit nach Hause.


                                                                              ¼12 bin ich wieder zurück im Lager. Das ging flotter als gedacht. Der Wind scheint etwas abzuflauen, und so bin ich mit Roland einig, man könnte heute eigentlich noch ein Stück weiterpaddeln. Nur die Damen sind ausgesprochen skeptisch.

                                                                              Ich weiß zwar auch noch nicht, wie wir bei der Brandung halbwegs trocken ins Boot kommen sollen, aber das macht ja gerade den Reiz aus, das mal zu probieren. Draußen auf dem See würde es sicherlich einfach zu paddeln sein, es sind nicht sehr viele Schaumkronen zu sehen.

                                                                              Roland macht sich fertig zur Abfahrt, er wird der erste sein:




                                                                              Unser Starschik steigt an Land ein, schließt die wasserdichte Spritzdecke und wird von 2 Helfern durch die Brandung ins Wasser gezerrt.





                                                                              Rolands erste Meter auf dem bewegten Wasser:


                                                                              Dörte bekommt von uns denselben Service. Doch die oder den letzten beißen die Hunde. Ich stehe sowieso schon nackt im Wasser, halte den Kahn in über knie- bis hüfttiefem Wasser fest, schon ein wenig weg von der stärksten Brandung, so dass Andrea einsteigen und ihre Spritzdecke schließen kann. Zum Schluss muss ich noch reinhüpfen, während Andrea bereits rauspaddelt. Klappt alles, und so können wir kurz vor 2 Uhr den anderen beiden hinterherpaddeln.





                                                                              Andrea, die mit einem sehr unguten Gefühl überhaupt mitgemacht hat, entspannt sich wieder, als sie merkt, dass alles nur halb so schlimm ist. Natürlich müssen wir jederzeit konzentriert sein und auf die nächste Welle achten. Wenn die dann unter einem durchrollen oder auch mal auf Deck klatschen, schwankt der Kahn ganz schön und würde ohne entsprechende Ausgleichs- und Stützbewegungen sicher auch schnell kentern. Wir halten 60 - 90m Abstand zum Ufer.

                                                                              Ich bin sehr froh, dass es nun doch noch ein wenig weitergeht, und genieße den Ritt auf den Wellen. Das habe ich schon lange nicht mehr gemacht, das letzte mal war 1976 unter Segeln im RZ85 auf dem Greifswalder Bodden.

                                                                              Auch heute könnte ich wieder bis Ultimo paddeln, aber das fällt natürlich aus. Der Wind lässt weiter nach, und ½5, nach 10km, landen wir wieder an. 8km wären es noch bis zur Heiligen Nase gewesen.

                                                                              Auch das ist wieder eine Aktion. Dörte, die es immer am ehesten an Land zieht, versucht es diesmal als erster. Sie fährt mit Schmackes den Sandstrand so weit wie möglich hoch und steigt schnell aus. Von hinten rollen die Brecher über das Heck, und ich kann mich gerade nicht erinnern, ob ihr da ein oder mehrere Ladungen Wasser über die Luke ins Boot schwappten. An Land zieht sie das vollgepackte Boot noch ein Stück höher, so dass es trocken liegt.

                                                                              Dann folgen wir. Wir springen kurz vor der Brandung aus dem Boot, ich halte es quer zum Ufer fest und gebe Andrea die Gepäckstücke raus. Den leeren Kahn können wir dann gut an Land ziehen.

                                                                              Zum Schluss landet Roland, der zuvor draußen auf Reede gewartet hat.

                                                                              Ihm helfen wir wieder mit vereinten Kräften an Land.



                                                                              650m südlich steht ein weiterer Beobachtungsturm. Den schaue ich mir jetzt mal von nahem an und klettere rauf. Von hier oben hat man eine herrliche Aussicht auf den Baikal und die jetzt in ihrer vollen Pracht daliegende Heilige Nase (1878müNN):


                                                                              Absolutes Traumwetter! Jetzt hätte ich da oben auf der Heiligen Nase stehen können.

                                                                              Dreht man sich um, blickt man über die Sümpfe und Seen im Hinterland, über den Чивыркуйский перешеек. Es ist so klar, dass man in Richtung NO in 50km Entfernung wieder mal die 2000er-Gipfel des Bargusin-Gebirges erkennen kann, und nach WSW geht der Blick 90km weit bis zur Insel Olchon.



                                                                              Die 2 Informationstafeln im Bild oben zeigen die wichtigsten Vogelarten, die hier anzutreffen sind (zum Lesen auf die Bilder klicken und Vollansicht wählen):





                                                                              Den Abend lassen wir auf der Couch ausklingen, die Geräte werden aufgeladen (das ging heute auf dem Wasser ausnahmsweise nicht), und gekocht wird natürlich auch.





                                                                              Die Sonne geht hinter der Heiligen Nase unter. Kurz vor Sonnenuntergang entsteht dieses Bild:


                                                                              In der Vergrößerung ist die Insel Olchon klar zu erkennen, genau über dem Heck des Allys. Diese Nacht wird es empfindlich kühl und wir verschwinden bald im Zelt.

                                                                              Kommentar


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                                                                                05. August 2018, Baikal, 4km

                                                                                Der heutige Morgen zeigt sich mit bedecktem Himmel und wieder einem ganz neuen Blick auf die Heilige Nase. Heute wollen wir uns noch ein Stück den Strand entlang nach Norden bewegen. Der Wind ist genauso stark wie gestern, aber ablandig und damit haben wir keinen Wellengang.





                                                                                Während des Frühstücks beobachten wir nebenan 2 Fischer, die Probleme mit ihrem Lada Niva haben. Telefonisch ordern sie ein Ersatzteil. Als wir zusammenpacken, kommen sie zu uns rüber und nutzen unser Lagerfeuer gleich für ihren Tee.

                                                                                Während wir abfahren, wollen sie uns zum Omul einladen, dem berühmten leckeren Speisefisch, den es nur hier im Baikal gibt (ähnlich unseren Maränen oder Renken). Das Problem ist nur, Roland ist bereits auf dem Wasser und hört uns nicht mehr. Sie meinen, es dauere nur 5 Minuten, aber ohne Roland zu benachrichtigen wollen wir uns jetzt nicht wieder ans Feuer setzen. Da geben sie uns die 4 Omule mit, schöne große fette Exemplare, die sie vor einer halben Stunde frisch aus dem See geangelt haben. Besten Dank dafür!



                                                                                Das Paddeln auf dem See ist heute unspektakulär. Man muss nur aufpassen, nicht auf den See hinausgeweht zu werden.







                                                                                Nach einer knappen Stunde landen wir bereits wieder an. Roland hat eine herrenlose Sauna gefunden, und möchte hier lagern. Weiter voraus sind etliche weitere Camper zu erkennen, und Roland fürchtet wohl, dort keinen guten Rastplatz mehr zu finden.

                                                                                Von hier sind es noch 3½km bis zur Heiligen Nase, auf die ich morgen oder übermorgen hinaufwandern möchte. Na gut, das Stück kann ich auch noch laufen.



                                                                                Hier haben wir eine Sitzgruppe, viel Platz für die Zelte, Wald für Feuerholz, sowie Bäume im richtigen Abstand für das Tarp, das heute wirklich gebraucht wird, denn es soll ab Nachmittag bis morgen Vormittag regnen:



                                                                                Nachmittags drehe ich eine 4km-Runde in Richtung Heilige Nase. Zunächst geht es auf der Piste nach Norden. Entlang des gesamten Streifens zwischen Ufer und Piste lagern Wildzeltler, meist in Familie. Aber ich staune nicht schlecht, als 750m von unserem Lager entfernt plötzlich ein richtiger Bezahlcampingplatz auftaucht. Links des Absperrbandes zeltet man wild, rechts davon zivilisiert.



                                                                                300m weiter ist die Administration des Platzes «Мягкая Карга» und daneben ein sehr kleiner Kiosk. Der Vater administriert, der Sohn betreibt den Kiosk. Immerhin, auch hier gibt es die wichtigsten Dinge wie Wodka, Bier, daneben Kekse, Schokolade und andere Kleinigkeiten.



                                                                                Ein Stellplatz oder Karree kostet 500₽/d (7€), wobei es dann unerheblich ist, wieviele Autos und Leute den Stellplatz belegen. Geboten werden überdachte Sitzgelegenheiten und Tische, Feuerstellen, Brennholz mal nicht im Baumstammformat, sondern Reste aus dem Sägewerk, und alle 100m wahre Nobeltoiletten.


                                                                                Ist das da oben der Schornstein für den Toilettenofen oder nur ein Luftabzug?

                                                                                Einen Kilometer zieht sich der Campingplatz, dahinter kann man wieder wild campen.



                                                                                Zurück laufe ich am Strand entlang. “Sommer 2018”:


                                                                                Heute ist kein so schönes Ausflugswetter und so heizen mehrere Leute ihre Saunen an. Hier ein Prachtexemplar eines burjatischen Saunaofens:



                                                                                Die Kinder kümmern sich ums Anheizen. Die kleinen Fachkräfte beteuern, es dauere nicht länger als 20 Minuten, bis die Sauna heiß genug sei. Wenn ich da an unsere stundenlangen Anheizorgien in Lappland oder vor 4 Tagen am Bargusin denke ….

                                                                                Die großen Steine stammen übrigens alle aus der Straßenbefestigung. Am aufgeschwemmten Sandstrand gäbe es ansonsten keinen einzigen Kiesel.

                                                                                Eine weitere Sauna besticht durch ihren Klappmechanismus:


                                                                                Zurück im Lager hat es bereits angefangen zu regnen. Nun geht es an die Omuln. Die Fische hat Dörte bereits Mittags entschuppt und ausgenommen:






                                                                                Diesmal verfeuern wir gleich zu Beginn größere Holzmengen, um ein ordentliches Glutbett zu bekommen. In der näheren Umgebung des Lagers ist kein Holz zu finden, alles abgegrast, und so muss ich tiefer im Wald Ausschau halten. Das ist, neben dem vielen Müll, der Nachteil solcher beliebten Rastplätze.
                                                                                Für den Müll hat die Nationalparkverwaltung in kurzen Abständen entlang des gesamten Weges große Müllcontainer aufgestellt, die auch regelmäßig geleert werden. Dennoch waren die 50m zu weit und unsere Vorgänger hier auf dem Platz haben wilde Müllgruben gleich neben den Sitzgelegenheiten gegraben.


                                                                                Die zarten, fetten Fische garen schnell. Am Ende schmecken sie sehr lecker.


                                                                                Schicke Jacke, nicht wahr? Die Farbgestaltung lässt eine sichere Altersbestimmung zu.

                                                                                Der Abend klingt aus mit weiterem Regen über der Heiligen Nase:
                                                                                Zuletzt geändert von Spartaner; 27.10.2018, 19:21.

                                                                                Kommentar


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                                                                                  06. August 2018, Baikal, Sauna

                                                                                  Heute ist Ruhetag und nicht viel zu berichten. Nur für Roland beginnt er mit etwas Äktschen. Er merkt mitten in der Nacht gerade noch rechtzeitig, dass die Brandung wieder zunimmt, und schaut mal nach den Booten. Tatsächlich hat der Wind gedreht, ist das Wasser ein Stück gestiegen, und die Brandung hat sein Boot bereits in Bewegung gesetzt. Er zieht beide Janas ein Stück den Strand hoch und geht wieder Schlafen (unseren Ally hatten wir sowieso schon hoch an Land gelegt).

                                                                                  So sieht das am frühen Morgen aus, der Wind hatte sich wieder weitgehend gelegt:


                                                                                  Der Nebel verschwindet schnell und macht schönsten Wolkenformationen Platz:






                                                                                  Die Frauen gehen tagsüber mal shoppen zum Kiosk am Bezahl-Campingplatz. Dörte braucht wieder Bier, Andrea gönnt sich eine Flasche Kwas, und ein paar Süßigkeiten.

                                                                                  Gegen 17 Uhr machen wir uns an den Saunabau. Der Ofen muss repariert werden, also zum Teil neu aufgeschichtet:


                                                                                  Der Saunaofen wird diesmal nur aus großen Steinen aufgebaut, die die Wärme ein Weilchen halten:


                                                                                  Zum Anheizen wird ein größeres Feuer gezündet. Der Wind drückt die Flammen vor dem Steinhaufen in diesen hinein:


                                                                                  Schön sauber ausgekratzt, damit es nicht mehr so stinkt:

                                                                                  Da wo die Steine vorne um die Brennkammer so hell sind, haben sie fast geglüht. Jedenfalls waren sie so heiß, dass der Ruß weggebrannt wurde oder keine Chance hatte, sich abzusetzen.

                                                                                  Diesmal funktioniert die Sauna perfekt. Wir drängeln uns maximal zu dritt rein und wechseln uns ab. Frische Birkenzweige auf der Haut ausgepeitscht ölen die Haut und sorgen für ein angenehmes Aroma. Diesmal bin ich der Letzte und will kaum aufhören. Ich glaube ich war insgesamt 5 mal drin.


                                                                                  Und zwischendurch immer wieder im Baikal abgekühlt:


                                                                                  Schöne Brandung. Nur der schwarze Holz(kohle)Grus ist ein wenig seltsam.


                                                                                  Die Wellen sehen eigentlich gar nicht besonders wild aus, aber schaut mal auf die Größenverhältnisse:


                                                                                  Wind-Fetch 250 - 400km.

                                                                                  Das war es schon heute. Morgen möchte ich relativ früh auf die Heilige Nase wandern und packe abends bereits meinen Tagesrucksack.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Fuchs
                                                                                    • 19.06.2014
                                                                                    • 2101
                                                                                    • Privat


                                                                                    #42
                                                                                    AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                    Ich möchte nur kurz deinem Bericht den Respekt zollen, den er verdient.
                                                                                    Gefällt mir sehr gut. Danke
                                                                                    Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Lebt im Forum
                                                                                      • 24.01.2011
                                                                                      • 5056
                                                                                      • Privat


                                                                                      #43
                                                                                      AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                      07. August 2018, Wanderung auf die Heilige Nase, 27km

                                                                                      Kurz nach Sonnenaufgang (5:08) stehe ich auf und koche mir einen ¾L Kaffee, und Tee zum Mitnehmen, ausnahmsweise auf dem Gaskocher (die Kartusche muss eh alle werden, wir können sie ja nicht mehr zurücknehmen).

                                                                                      Es ist neblig, aber über dem Nebel ist bereits blauer Himmel auszumachen, beste Bedingungen für meine heutige Bergtour auf die Heilige Nase.





                                                                                      ½7 geht es los, das Ziel vor Augen:


                                                                                      Zunächst muss ich 3½km entlang des Hauptweges bis zum Fuße des Bergmassivs, und anschließend einen weiteren Kilometer einen Fahrweg entlang des Südufers laufen, bis es bei der ehemaligen Siedlung Glinka den direkten Wanderweg hoch auf die Heilige Nase geht.

                                                                                      Viele Fahrzeuge sind zu dieser frühen Stunde naturgemäß nicht unterwegs. Natürlich halte ich immer mal den Daumen raus, wenn sich eines der wenigen Fahrzeuge nähert. Nach 2½km, der Hälfte des Fahrweges, ist es soweit. Ein Kleinbus mit Großfamilie hält und nimmt mich mit. Wie es der Zufall will, sind sie ebenfalls auf die Heilige Nase unterwegs und können mich direkt bis zum Startpunkt des Wanderpfades mitnehmen. Die meisten Autos biegen 1km davor rechts ab zu den Siedlungen Монахово, Катунь und Курбулик.

                                                                                      Eine der Frauen und eines der (Schul-)Kinder können englisch. Sie kommen heute 290km entfernt aus Ulan-Ude, wo sie mitten in der Nacht gestartet sind. Diesen Familienausflug machen sie jedes Jahr. Der Hund wurde von meinem Platz zwischen die beiden Vordersitze gesetzt und dreht sich die ganze Zeit furchtbar neugierig und zugleich skeptisch zu mir um, verrenkt sich dabei den Hals. Aber er ist ein ganz lieber und schleckert mich nicht ab.

                                                                                      Wir halten in Glinka, einer für den Nationalpark verlassenen Siedlung, und parken direkt unterhalb eines großen Anwesens, dass wohl einmal einem wohlhabendem Parteisekretär gehört hat.

                                                                                      Hier verabschiede ich mich und mache mich in meinem eigenen Tempo auf in die Berge. Nach 200m stoße ich auf diese alte Hinweistafel mit einer Routenbeschreibung für einen Rundweg:


                                                                                      Auf englisch heißt es: “Recommended time to passing the whole trail 2 days, including passing the night on the top. You can start the ascent here or at Makarova stream. Most popular among tourists is one day trekking to the plateau and back by the same way. Average time of ascent (without backpacks) 3 - 5 h, returning 2 - 3 h. Start early in the morning.
                                                                                      We advise to carry water. On the plateau usually not far from camping place there is clear water, but that is far from here. Consider your power, remember, you will have to go back.
                                                                                      Be carefully and attentively! Don’t drop litter, or we hardly have to clean the trail after you.
                                                                                      Did you make a decision? Pleasently ascent and good luck!”

                                                                                      Der Rundweg ist eine schöne Empfehlung, aber für mich zu spät. Ich bin hier ohne Zelt und weiteres Übernachtungsgepäck. Wäre natürlich Klasse gewesen, gestern schon zu starten und oben zu übernachten.

                                                                                      Die nächsten 3½km geht es auf einem gut erkennbaren Pfad mäßig steil bergauf, erst durch intakte Taiga:


                                                                                      Später geht es durch Waldbrandgebiet. 2015 wüteten hier die letzten großflächigen Brände, die alle von Gewittern gezündet wurden. Ob nun genau die Brandflächen hier entlang des Weges 2015 in Flammen standen, kann ich nicht mit Sicherheit sagen.

                                                                                      Während der gesamten Sibirienreise sind mir viele Waldbrandflächen aufgefallen. Waldbrände sind offenbar ein wichtiger Faktor in der Wiederverjüngung der Taiga-Ökosysteme, mehr als ich vorher erwartet habe.



                                                                                      Dann wird der Weg für 1½km sehr steil und anstrengend. Neue Serpentinen wurden angelegt, aber bergauf nehme ich oft noch den kurzen direkten Weg auf dem Grat.



                                                                                      Wieder eine Waldbrandfläche etwas höher:


                                                                                      In einer Höhe von knapp über 1300m ist die Baumgrenze erreicht, 850m über dem Seespiegel. Auf einer leicht abgesetzten Kuppe steht ein Altgläubigenkreuz. Hier mache ich die erste Rast:


                                                                                      Die Blickrichtung ist Südosten, auf die Landverbindung zwischen Ust-Bargusin und Heiliger Nase. Die Wasserflächen links und rechts sind Buchten des Baikal, in der Mitte der See Арангатуй, und dahinter am Horizont die südwestlichen Ausläufer des Bargusin-Gebirges.



                                                                                      Blick nach Südwesten:

                                                                                      Die Heilige Nase läuft 24km in diese Richtung aus, links die Bargusin-Bucht des Baikalsees.

                                                                                      Blick hoch zum Gipfel:


                                                                                      Nach einer ¼h geht es weiter bergauf, jetzt einfach immer den Grat hoch. 2½km liegen noch vor mir, mit ~600 Höhenmetern. Das Marschtempo beträgt jetzt nur noch ~1.5km/h. Ja ja, ich merke deutlich, ich werde alt.

                                                                                      Ab 1600müNN ziehen Wolken auf, zeitweise laufe ich durch die Suppe:

                                                                                      Der Weg ist zwar häufig begangen, dennoch ist es eigenartigerweise schwierig, ihn immer zu finden. Ab und zu verlieren sich gut gangbare Abschnitte im Nichts.

                                                                                      Um 11 Uhr Ankunft auf dem Gipfelplateau:


                                                                                      Plateau ist vielleicht etwas übertrieben, es ist nicht eben, sondern gewellt bis hügelig, aber doch ganz anders als man beim Blick von unten erwarten würde.

                                                                                      An den Hangkanten immer wieder große vegetationslose Streifen, wo die Wächten im Winter so dick aufgeweht werden, dass sie bis in den Sommer hinein brauchen, um abzutauen:


                                                                                      Teile der Gebirgstundra sind vegetationslos, Steine, aber der Großteil ist bedeckt, zum Teil mit Gräsern, Beerensträuchern, Mooren, und Latschenkiefern.


                                                                                      Am erstaunlichsten finde ich diese Wasserlachen mit augenscheinlich gutem Wasser. Das hätte ich hier in der Höhe und nach der Trockenheit in tieferen Lagen nicht erwartet. Es ist also völlig problemlos, hier ein oder mehrere Nächte zu zelten.



                                                                                      Wer es drauf anlegt, findet hier auch etwas zu Essen:




                                                                                      Der Höchste Punkt des Plateaus ist nicht ganz einfach zu finden. Meine Openandromap zeigt ihn mit falscher Höhenangabe an einer zufälligen Stelle. Die sowjetische Militärkarte zeigt den Punkt dagegen ziemlich genau an. An dieser Stelle liegt ein großer Stein, darauf flattert ein Fähnchen. Eigentlich eindeutig. Die Openstreetmap ist natürlich mittlerweile von mir korrigiert worden.



                                                                                      Irritierend ist nur, dass, egal in welche Richtung ich blicke, mir alle Erhebungen ringsum deutlich höher erscheinen als der Punkt an dem ich stehe. So was habe ich ja noch nie gehabt und wirklich erklären kann ich es mir bis heute nicht. Doch die Daten sind eindeutig. Die SRTM-Höhen in der Openandromap sind in allen Richtungen geringer, und das GPS zeigt dasselbe, sobald ich mich vom höchsten Punkt entferne.

                                                                                      Ich bin übrigens nicht alleine auf dem Plateau. Schon als ich angekommen war, habe ich ein Zelt und Leute in der Ferne gesehen. Sie haben hier übernachtet. Und nach mir kommen auch ein paar Gruppen am Gipfel an. Allerdings bleiben sie an dem Punkt, an dem man das Plateau erreicht. Nur ein junger Mann trennt sich von seiner Gruppe, rennt mit seiner Kamera hin und her auf der Suche nach geeigneten Selfie-Positionen und versucht wohl ebenfalls den höchsten Punkt zu finden. Ich gebe ihm ein Zeichen, und er kommt im Laufschritt angeflitzt. Sein «день добрий» lässt mich vermuten, er sei Pole ("Dzień dobry"), aber da liege ich daneben, er ist ebenfalls Russe. Er bittet um ein paar Fotos mit seinen Kameras von ihm auf dem Stein.

                                                                                      An der steilen Abbruchkante nach Süden mache ich nun eine längere Rast. Ich muss mich einfach wieder richtig regenerieren. Der Blick hinunter auf die Landbrücke trifft genau unseren Campingplatz. Leider kann ich jetzt nur noch zwischen kurz aufscheinenden Wolkenlücken runterschauen.



                                                                                      In die entgegengesetzte Richtung blicke ich manchmal bis zu den berühmten Uschkani-Inseln mitten im Baikal:


                                                                                      Hier gibt (oder gab?) es eine sehr einsame Meteorologische Station, die schon Klaus Bednarz in den 90er Jahren besuchte, und hier ist der wichtigste Rastplatz der Baikal-Robben. Bis zu 2000 Tiere sollen sich hier versammeln. Aus der Entfernung von 26km sind die natürlich nicht auszumachen.

                                                                                      Dafür habe ich kurz danach eine andere nette Tierbegegnung:

                                                                                      Suchbild ↑ Erkennt man schon was?

                                                                                      Ich bin bereits auf dem Rückweg. Ein Pfeifhase sitzt auf einem Stein, hoch oben in 1700m Höhe. Das Tier zeigt kaum Scheu. Erst als ich auf 2m heran bin, verkriecht er sich pfeifend unter einem Stein. Diese Pfiffe habe ich schon während des Aufstiegs gehört, und wunderte mich, dass ich nie einen passenden Vogel dazu abfliegen sah.



                                                                                      Und hier noch mal aus einem Video geschnitten:


                                                                                      3h war ich auf dem Gipfelplateau und laufe ab 14 Uhr den selben Weg zurück.



                                                                                      Dabei kommen mir mehrfach Gruppen, zum Teil Familien mit Vorschulkindern entgegen, die alle heute noch auf den Gipfel wollen. An einem Kletterstück begegne ich 2 Mitarbeitern der Bergwacht, die mich gleich mit der Frage «немецкий?» (Bist du deutsch?) begrüßen.

                                                                                      Ich erstaunt: «Как знаете?»

                                                                                      «Мы знаем все!», sagt er und lächelt.

                                                                                      So so, da konnte ich mir mal wieder Gedanken machen, wie sie das wissen konnten. Dem deutschen Medienkonsumenten wird jetzt wahrscheinlich erst mal der böse KGB einfallen, der wusste immer alles, oder besser seine Nachfolgeorganisation FSB, der im Auftrag Putins braven deutschen Touristen hinterherspioniert. Ich dachte mir dagegen, das werden wohl Informationen der Nationalparkverwaltung sein, die über die Anmeldungen am Gate genau wissen, wieviele Besucher aus welchen Ländern sich gerade im Park aufhalten.

                                                                                      Am Ende stellt sich aber heraus, sie haben weiter unten am Berg unsere beiden Frauen getroffen und sich ein Weilchen unterhalten.

                                                                                      Weiter unten im Wald treffe ich dann ein Paar aus Irkutsk, beide in meinem Alter, der Mann fit wie ein Turnschuh, aber die Frau schon arg geschafft, wie ich auf dem Rückweg vom Gipfel. Sie kann kaum noch gehen. Ich frage ob sie Hilfe brauchen und mache ihr etwa Mut, es sind nur noch 600 Höhenmeter bis runter zum See. Den Rest des Weges gehen wir zusammen.

                                                                                      Ankunft am Baikal-Ufer, welches hier am Fuß des Gebirgsmassivs nicht sandig ist, sondern von grobem Schotter gesäumt:


                                                                                      Auf einer Hinweistafel wird berichtet, der schnellste Aufstieg dauerte nur eine Stunde, genau 1:05:25. Ich dagegen habe selbst für den Rückweg 3½h benötigt (für den Aufstieg inkl. Pausen 4h).



                                                                                      Die Beiden sind dann auch so freundlich und nehmen mich im Auto mit zurück. So spare ich mir 4½km watscheln auf dem Fahrweg.

                                                                                      Insgesamt bin ich 11¼h auf den Beinen gewesen und habe dabei 20.5km zu Fuß zurückgelegt. Mindestens 1423 Höhenmeter ging es bergauf, genauso viel wieder herunter. Das Track-Analyseprogramm erzählt mir sogar was von 1837 Höhenmetern bergauf (auf Basis der bereits geglätteten SRTM-Daten, also nicht der im Track gespeicherten GPS-Höhen).

                                                                                      Aber ehrlich Leute, ich bin froh, dass ich eigentlich Paddler bin. Die Zeit ausgedehnter, unbeschwerter Bergwanderungen nach Art der Bergziege liegt wohl hinter mir. Ich bin jedenfalls wieder ordentlich geschafft und die Gelenke schmerzen.

                                                                                      Zurück im Lager hat Dörte noch mal die Sauna angefeuert, so dass ich nach dem völlig verschwitzten Wandertag noch eine Tiefenreingung bekomme.

                                                                                      Hier noch ein paar Bilder vom Spaziergang der beiden Frauen zur Bergflanke:


                                                                                      Bei einigen Pilzen wusste selbst Dörte nicht mehr weiter, das werden dann wohl Arten sein, die erst hier in Asien vorkommen:








                                                                                      Ob diese hier nun alle zu den unbekannten zählen, das weiß ich nicht genau, das muss sie mir noch mal genauer sagen. Hübsch sind sie jedenfalls.

                                                                                      Für morgen hat Roland telefonisch einen Kleinbus in Ust-Bargusin geordert, der uns vier und unser umfangreiches Gepäck in aller Frühe hier abholen und nach Turka fahren soll. Dort wird ein Schiffchen auf uns warten, das uns quer über den Baikal zu einem Tagesausflug auf die Insel Olchon bringt. Ich bin gespannt, ob das klappt, ob er pünktlich sein wird, denn das Schiffchen wird wohl nicht auf uns warten, wenn es ausgebucht ist.
                                                                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 07.11.2018, 15:44.

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 19.06.2014
                                                                                        • 2101
                                                                                        • Privat


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                                                                                        AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                        Der Pilz auf beiden vorletzten Bildern sieht aus wie ein Holhfußröhrling. Die gibt es auch hier und sind Mykorizapilze von Lärchen.
                                                                                        Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Unter den Hohlfuß-Röhrlingen gibt es auch den Asiatischen Schuppenröhrling (Boletinus asiaticus, Bilder). Ich weiß nicht, ob das rote Exemplar des Hohlfuß-Röhrlings (Suillus cavipes) in der Wikipedia wirklich richtig zugeordnet ist.

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            08. August 2018, Ausflug auf die Insel Olchon

                                                                                            Gegen 5 Uhr stehe ich auf, ich brauche immer etwas länger, um meinen riesen Pott Kaffee zu trinken. Laut Plan soll der Bus 5:30 Uhr kommen, spätestens um 8:30 wollen wir in Turka am Schiff sein und müssen vorher noch unser Gepäck untergebracht haben.

                                                                                            Der Busfahrer ist zuverlässig und steht schon eine ¼h vor der vereinbarten Zeit auf dem Weg. Nun kriecht auch Roland aus dem Zelt und wird natürlich Bummelletzter. Ist eigentlich nicht seine Art. Nach und nach verschwindet alles Gepäck im Bus. Verschwinden ist vielleicht nicht das richtige Wort, im Gegenteil, es füllt das Volumen unserer “Gazelle” zum großen Teil aus. Übrig bleiben gerade mal unsere 3 Sitzplätze hinten, Andrea sitzt wieder vorne.



                                                                                            ¾6 ist dann alles gepackt und wir können abfahren. Mit einem Schnitt von 37km/h geht es 20km über den unbefestigten Weg bis zum Gate. Die Abgabe der Papiere dauert nur Sekunden, die Schranke öffnet sich und wir sind wieder auf der Piste. In Ust-Bargusin werden noch mal wenige Liter nachgetankt (eine komische Angewohnheit, ich beobachte das öfters, dass hier oft nur Kleinmengen getankt werden), hinter Maximicha eine 6min-Pause am Ufer eingelegt, und nach 120km erreichen wir Turka.

                                                                                            Pausenplatz am Baikal-Ufer:


                                                                                            Erster Punkt: der Bus und das Schiff wollen bar bezahlt werden, also suchen wir einen Geldautomaten. Nachdem wir einmal erfolglos durch den ganzen Ort gefahren sind, kehren wir um zur Tankstelle am Ortseingang, wo wir je 10000 Rubel abheben.

                                                                                            Zweiter Punkt: die Anlegestelle finden. Das Hafengelände erstreckt sich über ½km² auf beiden Seiten der Mündung der Turka. Hier muss der Fahrer mehrmals telefonisch nachfragen, findet aber letztendlich die richtige Stelle nahe des Leuchtturms. Kurz nach 8 sind wir hier, liegen also gut in der Zeit.

                                                                                            Dritter Punkt: Ein Schiff. Ein Schiff liegt hier nicht. Warten, telefonieren. Endlich tuckert ein Schiffchen, die «Пилигрим» (Pilger), von der anderen Seite des Hafens heran. 8:30 Uhr dann kommt Natalja mit dem Auto, die Managerin der Hafengesellschaft, welche die Fahrten zur Insel Olchon organisiert. Nachdem sie unsere Gepäckberge gesehen hat, fahren wir zur anderen Seite des Hafens, sie voraus zur Führung, und lagern das Gepäck in einem stählernen Aufenthaltscontainer, der dort einsam im Gelände steht. Damit wäre auch der vierte Punkt gelöst.

                                                                                            Wir fahren zurück zum Schiff und dürfen jetzt, 8:45 an Bord gehen. Die vorgesehene Abfahrtszeit ist längst überschritten und wir wundern uns, dass wir immer noch alleine sind. Ein Bus voll mit koreanischen Touristen hielt zwar kurz in der Nähe, fuhr dann aber wieder davon.

                                                                                            Dann kommen noch 2 ältere Frauen an Bord und werden zu uns plaziert. Es sind griechische Touristinnen, Mutter und Tochter, die kein russisch sprechen und unserer Hilfe beim Übersetzen bedürfen. Sie haben wohl schon im Vorfeld verhandelt, aber jetzt wird klar, was sie eigentlich wollen. Sie möchten keinen Tagesausflug nach Olchon mit Besuch der Insel-Highlights buchen, sondern nur die reine Überfahrt und dann dort bleiben. Und für diese sind sie nicht bereit, die ganzen 7500₽pP zu zahlen (104€pP). Aber die Managerin lässt sich auf keinen Kompromiss ein und so verlassen die beiden wieder das Schiff. So ganz habe ich das nicht verstanden, denn es hätte ja niemand etwas eingebüßt, wenn sie mitgefahren wären, zB für den halben Preis.

                                                                                            Wir erfahren noch, die beiden sind auf einer größeren Tour, sind zuvor in der Mongolei gewesen und erst seit wenigen Tagen in Russland. Weiter wollen sie nach Kamtschatka. Die ganze Tour mehr oder weniger unorganisiert, also streunend auf eigene Faust. Bemerkenswert, in dem Alter (~65 und ~45).

                                                                                            Da liegt es, unser Schiffchen, die «Пилигрим»:


                                                                                            Auch jetzt geht es nicht gleich los, und so kann ich noch mal kurz was zu dem Hafengelände schreiben. Dieses ist nagelneu gebaut, und zwar richtig groß angelegt (Streetview zeigt den Stand von 2013 während der Bauphase). Nicht kleckern, klotzen, hieß die Devise. Ein Entwicklungsprojekt, um den Tourismus in der Region anzukurbeln. Dazu eine bedeutungsvolle Bezeichnung: «Байкальская гавань» — особая экономическая зона (ОЭЗ) туристско-рекреационного типа, also “Hafen Baikal - Sonderwirtschaftszone vom Typ Tourismus-Freizeit”.



                                                                                            Staatlicherseits wurden umfangreiche Kaianlagen gebaut, Hafen- und See-Promenaden, Straßenbrücke, Fahrwege, Leuchtturm, Yacht-Slipanlage, Kläranlage, Umspannwerk, andere Einrichtungen, alles neuester Stand.

                                                                                            Und seitdem wartet man dort auf Investoren, die die bis heute weitgehend leere erschlossene Landfläche nutzen sollen (Map). Viel ist noch nicht los. Auf der anderen Seite steht ein Beherbungsbetrieb, der ein paar Jurten anbietet. Die weitere Entwicklung wird sicherlich in diesem Wikipedia-Artikel nachzulesen sein. Insgesamt zieht sich diese Sonderwirtschaftszone 60km entlang der Küste des Baikals, vom Dorf Gremyachinsk bis zum Kap Katkov. Die Gesamtinvestition betrug 36 Milliarden Rubel (~500Mio.€). 2017 stand das ganze Projekt aber bereits vor der Schließung (Как спасти «Байкальскую гавань»?).

                                                                                            Derweil beschäftigen wir uns mit den wichtigen Dingen (hier in Turka haben wir gutes Netz):


                                                                                            1h später kommt die Managerin im Auto zurück, es werden Essensvorräte an Bord gebracht und wir bezahlen die Tour. Anstatt 7500 zahlen wir 7800 ₽pP (108€) und bekommen dafür Vollverpflegung an Bord. Nun ist es sicher, dass die Tour stattfindet. Ich hatte da doch bedenken, ob sich das für den Anbieter lohnt. Aber offensichtlich reicht die Summe, um die Unkosten für die 5 Mitarbeiter an Bord, die Reiseleitung, den Schiffsdiesel und den Kleinbus mit Fahrer auf Olchon zu decken.

                                                                                            Kurz vor 10 legen wir endlich ab. Das Wetter ist angenehm, der Wind schwach, die Sicht gut.

                                                                                            Mit konstanten 16km/h tuckern wir über den See, vollkommen geradlinig in Richtung NW zur Nordspitze der Insel Olchon. Eine leichte Dünung lässt das Schiff ein bisschen schwanken.



                                                                                            Es gibt zu Beginn gleich ein Frühstück mit Spiegelei, Weißbrot, Kaffee und einem kleinen Törtchen. Kamera-Akku und Smartphone können beim Kapitän aufgeladen werden. Danach kommt unsere Reiseleiterin und hält uns einen Vortrag über die Besonderheiten des Baikalsees, all die bekannten Sachen, und auch ein paar weniger bekannte Details.

                                                                                            Der Baikal ist mit 1642 Metern der tiefste, mit 23615 km³ der voluminöseste, und mit mehr als 25 Millionen Jahren der älteste Süßwassersee der Erde. Er bildet das größte Reservoir flüssigen Süßwassers auf der Erde mit einem Fünftel der flüssigen Süßwasserreserven. Sein Volumen ist größer als das der Ostsee oder der Summe der nordamerikanischen Großen Seen. Das Einzugsgebiet des Sees beträgt 571000 km², 1.6x größer als Deutschland. Gespeist wird der Baikalsee von 336 Flüssen und unzähligen Bächen. Die größten Zuflüsse sind die Obere Angara, die Selenga und der Bargusin. Die Angara ist der einzige Abfluss des Sees und einer der großen Flüsse Sibiriens. Sie mündet nach 1779km in den Jenissei und dieser 2137km weiter in den Arktischen Ozean.

                                                                                            So gesehen ist der Baikal Teil des längsten Flusssytems Russlands mit einer Gesamtlänge von 5540km (Ider–Selenga–Baikal–Angara–Jenissei uh der Angara-Mündung). Nur Amazonas, Nil, Jangtsekiang und Mississippi (über Missouri mit Jefferson und Red Rock River) stehen davor in der Liste (Übersichtskarte).

                                                                                            Die Länge des Baikalsees beträgt 673km, die Breite maximal 82km. Jedes Jahr wächst er um 2​cm in Breite, Länge und Tiefe. Auch die umliegenden Gebirge sind in ständiger tektonischer Bewegung. Im Mittel ist er 48km breit und unsere Schiffsroute entspricht dem ziemlich genau mit 53km. Das wäre also schon ein sehr langer Paddeltag, wollte man den See mit Kanu überqueren.

                                                                                            Weiter geht die Liste der Besonderheiten mit den ~1500 Tier- und 1000 Pflanzenarten, von denen ⅔ endemisch sind, also ausschließlich hier vorkommen. Die erstaunlichsten Vertreter sind wohl die Baikalrobben, für die man bisher noch keine Erklärung hat, wie sie in den See gelangt sein könnten. Dass das Wasser des Baikal so sauber ist, verdankt es dem planktischen Flohkrebs Epischura baikalensis. Er lebt in allen Tiefen des Sees, macht 80 - 90% der Biomasse des gesamten Zooplanktons aus und filtert Phytoplankton aus dem Wasser. Die Flohkrebse selber sind die wichtigste Nahrung des Omuls. Die wichtigste Nahrung der Baikalrobbe ist dagegen der Baikal-Ölfisch, die Golomjanka (2 Arten). Auch ein extremes Tier, eine Groppe, die nicht wie unsere auf dem Grund lebt sondern hier im Freiwasser bis in fast jede Tiefe und einen extremen Fettreichtum aufweist (35%). Der Körper ist nahezu durchsichtig. Größter Fisch ist der Sibirische Stör in seiner Unterart Acipenser baerii baicalensis. 125kg schwere Exemplare waren nicht selten. Heute ist er gefährdet.

                                                                                            Während wir so viel über den Baikalsee erfahren, verschlechtert sich die Sicht plötzlich und wir fahren durch dichten Nebel.



                                                                                            Die nächsten 1½h haben wir Null Sicht. Es ist ein unheimliches Gefühl, so durch den Nebel zu fahren, 1600m Wasser unter einem. Tatsächlich fahren wir ziemlich genau über die tiefste Stelle des Sees. Und natürlich wird es kühl. Ich habe meine Jacke im Gepäck an Land gelassen und leihe mir eine von der Besatzung aus. Zeitweise legen wir uns am Heck in einen Aufenthaltsraum mit zwei Liegeflächen.



                                                                                            Durch einen Defekt an der Maschine schlägt aber irgendein Maschinenteil aufdringlich laut rhythmisch gegen Metall, so dass man nicht richtig gut dösen kann.

                                                                                            Wichtiger Hinweis auf dem Klo:


                                                                                            Kurz vor 1 beginnt sich der Nebel zu lichten. Plötzlich liegt die Steilküste der Insel Olchon vor uns, wir haben die Nebelbank verlassen. Vor uns liegt der höchste Punkt der Insel, Kap und Berg Schima (Ижима, 1274müNN, also 819m über dem Seespiegel des Baikal):


                                                                                            Die Felsküste hier ist 200 - 300m hoch:




                                                                                            Nun gibt es Mittagessen, Suppe, Salat, Brot, süßes Gebäck etc. Eine ½h später legt das Boot in der hübschen Bucht Haga-Jaman am Dorf Узур an und wir können über den Bug auf einen Felsen an Land klettern.





                                                                                            Abgesehen von den schroffen Uferfelsen eine liebliche Landschaft hier. Die Wälder sind im Nordteil der Insel anstelle von Kiefern oft lichtgrüne Lärchenwälder, der kalkige Untergrund lässt viele Pflanzenarten gedeihen. Am meisten begeistert mich das Edelweiß, welches hier eine gewöhnliche Wiesenblume ist.











                                                                                            Eine «Буханка» (Buchanka) steht für uns bereit, ein UAZ-452, ein alter sowjetischer Allrad-Transporter, für uns natürlich in der Ausführung “Kleinbus”. Dieses Fahrzeug wird seit 1965 bis heute nahezu unverändert gebaut und ist hier in Russland recht beliebt, zumindest da, wo das Gelände rauher wird.



                                                                                            ¾2 geht es los. Ziel sind ein paar schöne Aussichtspunkte im Norden der Insel Olchon (Map). Zunächst geht es 9km zum Kap Sagan-Chuschun (Мыс Саган-Хушун), dem Weißen Kap, daneben die “Drei Brüder”:





                                                                                            Eine schöne Felsformation an der Ostküste mit Blick auf das “Kleine Meer”, wie der Bereich des Baikals zwischen der Insel Olchon und dem Ostufer des Baikals hier heißt. Die Insel Olchon, das “Kleine Meer” und das gegenüberliegende Ufer sind alles Teil des Pribaikalsky Nationalparks. Dutzende Buchankas parken hier, hunderte Touristen sind hauptsächlich mit Selfie-Knipsen beschäftigt.

                                                                                            Weißes Kap:


                                                                                            In Richtung Nordosten kann man bereits den nördlichsten Punkt der Insel Olchon erkennen, eine der Felsküste vorgelagerte Felsnadel, 4½km entfernt.



                                                                                            Die Felsnadel sieht nur aus dieser Richtung aus wie eine Nadel und steht am Kap Khoboi, unserer nächsten Station und nördlichsten Punkt der Insel Olchon:



                                                                                            Khoboi heißt übrigens "Reißzahn", das passt. 1½h haben wir für den Spaziergang aufs Kap. Natürlich sind wir auch dabei, bei den gestellten Selfies, lassen unseres aber von einem jungen Polen knipsen, der hier alleine unterwegs ist und selber viel fotografiert:



                                                                                            Was mit Blick aus Südwesten noch wie eine Felsnadel aussah, entpuppt sich beim Blick vom Kap Khoboi als senkrecht aufgestellte Felsenplatte:



                                                                                            Aus dem Burjatischen übersetzt bedeutet "Oboi" Hund - der scharf aufragende Felsen im Wasser erinnert an einen Reißzahn. Der andere Name des Kaps ist Jungfrau, denn aus bestimmten Blickrichtungen ähnelt die Hauptklippe den Umrissen eines weiblichen Körpers.



                                                                                            Vom Kap Khoboi hat man einen einzigartigen Ausblick auf den Baikalsee, der genau hier seine größte Breite hat (82km). Nach Westen schaut man über das Kleine Meer auf die Berge des Baikal-Gebirges, die den See im Westen begrenzen. Das zieht sich bis in den Norden zum Kap Shartlay (62km) und weit darüber hinaus. Die Berge erreichen um das Kap herum mehr als 2000müNN. Weiter nördlich werden sie noch höher, aber die sind von hier aus nicht sichtbar (Erdkrümmung). Früher konnte man an der Küste um das Kap oft Baikalrobben beobachten, die sich hier in der Sonne ausruhten.

                                                                                            Im Osten schaut man in die Bargusin-Bucht bis zur Mündung unseres Paddelflusses, da, wo wir heute morgen gestartet sind. Links wird die Bucht begrenzt von der Heiligen Nase, wo ich gestern draufstand (73km), rechts vom Мыс Крестовый (58km), den Ausläufern des Ikat-Gebirges. Zwischen Kap Shartlay und der Heiligen Nase kann man mit dem Fernglas auch die Uschkani-Inseln erkennen, die kleine Inselgruppe mitten im See (75km). Herrlich, wie man hier die halbe Geographie des Sees mit einem Rundblick erfassen kann.

                                                                                            Um 4 fahren wir weiter zum Мыс Шунтэ Левый, dem Kap Schunte-Lewyi.



                                                                                            Man nennt es auch das Kap der Liebe, und man kann unschwer erkennen, wie es zu diesem Namen kam. Wenn Ehepartner keine Kinder bekamen, verbrachten sie eine Nacht in einer Jurte auf dem Kap, dann verschwanden die Probleme in der Regel. Heute ist diese Tradition verloren gegangen, aber Paare, die Kinder wollen, tun gut daran, auf einen der Felsen zu klettern, und eine Münze zu opfern (wenn Sie einen Jungen wollen - auf die linke Seite der Klippe, für ein Mädchen - auf die rechte Seite).

                                                                                            Blick vom Kap der Liebe zum Kap Khoboi und dem Kap Shartlay in der Ferne:



                                                                                            ¾6 sind wir wieder beim Schiff.



                                                                                            Diesmal kommen noch 8 Burjaten zu uns an Bord, ein Kamerateam des burjatischen Fernsehens und Familienangehörige, die von einem Dreh auf der Insel zurückkehren.

                                                                                            Wir essen zusammen Abendbrot und unterhalten uns mit ihnen.

                                                                                            Abschied von Olchon:



                                                                                            Die Rückfahrt ist traumhaft, die Sonne scheint, der Wind ist ganz eingeschlafen, es ist warm und die Sicht fantastisch.





                                                                                            Während der Rückfahrt überlegen wir uns, wie wir heute Abend weiterkommen. Damit es nicht wieder so teuer wird, übernehme ich die Organisation. Der Bus für die 131km von der Heiligen Nase nach Turka hat bereits 10000₽ (139€) gekostet. So kontaktiere ich unsere Reiseleiterin, die vorne beim Kapitän in der Kajüte sitzt, und skizziere mein Anliegen und den Preisrahmen, den ich mir so vorstelle. Wir brauchen einen Transport für 4 Mann mit Riesengepäck von Turka bis hinter Ulan-Ude, zum Taiga-Pitch, dem Gelände, auf dem Roland bereits mit der 1. Gruppe mehrere Nächte verbracht hat. Nach mehreren Telefonaten findet sie was für uns. 5000₽ soll es bis Ulan-Ude kosten, 70€ für 170km. Das klingt doch schon ganz gut. Dann müssen wir nur noch was draufschlagen für die 13km Resttrecke von Ulan-Ude bis zum Taiga-Pitch. Ich bin gespannt, ob das klappt.

                                                                                            ¼9 fahren wir wieder in den Hafen von Turka ein, verabschieden uns von der Besatzung, der Reiseleitung und dem burjatischen Fernsehteam, und werden von Natalja, die uns in Empfang nimmt, rüber zu unserem Gepäck gefahren. Hier müssen wir nicht lange warten, bis unser Fahrer in einem neuen koreanischen Kleinlaster ankommt.



                                                                                            Das Gepäck ist schnell auf der Ladefläche verstaut, und vorne werden alle verfügbaren Sitzplätze besetzt. Perfekt, bis auf den geringen Fußraum für die hintere Reihe.

                                                                                            ¾9 geht es weiter. Auf gerader Strecke erreicht das Gefährt 83km/h, den 1200m hohen Berg hoch kurz vor Ulan-Ude schleppen wir uns mit 50km/h hoch.

                                                                                            ¼ nach 9 wollen wir noch Getränke und Kleinigkeiten für heute Abend und morgen früh einkaufen, halten an einem offenen Supermarkt an der Straße, müssen aber weitgehend unverrichteter Dinge wieder abziehen, da im ganzen Land nach um 9 keine alkoholischen Getränke mehr verkauft werden dürfen.

                                                                                            Eine ¼h vor Mitternacht erreichen wir das Camp. Roland zahlt den Fahrer aus und packt sehr großzügig noch einen 1000er drauf. Er kennt die Geheimzahl für das mechanische Schloss am Bretterzaun, und dann haben wir es geschafft. Nur noch Zelt aufbauen und schlafen. Das war nun ein wirklich langer Tag heute: Kleinbus 131km Heilige Nase - Turka, Schiff 53.5km, 30km Buchanka und Spaziergänge auf der Insel Olchon, Schiff zurück 53.6km, und schließlich 183km Kleintransporter Turka - TaigaPitch.

                                                                                            Morgen ist noch einmal Ulan-Ude angesagt, und übermorgen fliegen wir nach Hause.
                                                                                            Zuletzt geändert von Spartaner; 23.12.2018, 16:47.

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                              09. August 2018, Ulan-Ude

                                                                                              Heute lassen wir es ruhig angehen. Der Tag wurde uns quasi geschenkt, denn es war ja nicht so sicher, dass wir es gestern von Olchon noch bis hierher schaffen werden.

                                                                                              So schaue ich mich erst einmal im Lager um. Taiga Pitch besteht im Moment aus einem ~900m² großen Grundstück, das von einem hohen, blickdichten Bretterzaun eingefriedet ist. Die Fläche ist leicht abschüssig, man findet aber auf dem kurzen Gras einige ebene Zeltplätze. An Infrastruktur gibt es einen Schuppen, ein Trockenklo, Strom, Licht, eine Elektropumpe fördert Wasser aus der Tiefe, und seit August gibt es ein Waschhaus mit warmer Dusche und Waschmaschine. Alles selbstgebaut aus dem günstigsten, was der sibirische Markt so hergibt. Die wichtigsten Baumaterialien sind Schwartenbretter aus dem Sägewerk, und feste Kunststoffplanen aus alter Werbung.

                                                                                              Moritz. der junge Deutsche und seine russische Frau Olga, die sich dieses kleine Unternehmen zZ aufbauen, haben noch weitreichende Pläne (siehe "Perspektive"). Die neuesten Fotos zeigen bereits einen weiteren Bau, ein Jurten-Bungalow, welches dann auch feste Unterkunft ermöglichen wird.

                                                                                              Unser Zeltplatz (mein Kameraobjektiv war etwas beschlagen):


                                                                                              Das Klo:


                                                                                              Das Tor und der Schuppen:


                                                                                              Von außen sieht das so aus:


                                                                                              Taiga Pitch ist links im Bild, mit der Aufschrift "TP" am Tor. Rechts die Überlandstraße zwischen Ulan-Ude und Baikalsee, Blickrichtung das Tal der Selenga talabwärts.

                                                                                              ¾11 mache ich mich mit den beiden Damen dann auf in die Stadt. Zum Bus wären es 3km zu laufen gewesen, eigentlich kein Problem, auch Trampen wäre möglich, aber die beiden bestehen auf Taxi. Das lassen sie sich telefonisch bestellen, und wir machen uns kurz danach auf und gehen ihm ein paar Meter entgegen Richtung Hauptstraße. Auf halbem Wege biegt ein Auto zu uns ein und ich dachte schon, das ist unser Taxi. Der Fahrer hält auf mein Handzeichen, meint aber, er muss noch kurz woanders hin und käme dann zurück.

                                                                                              Na gut, wir warten dann weiter an der Hauptstraße. Vom eigentlich bestellten Taxi keine Spur. Das Auto, das ich gerade angehalten hatte, kam zurück und hätte uns sicherlich direkt in die Stadt mitgenommen. Aber wir wollten das Taxi, das kommen sollte, nicht umsonst anrollen lassen. So stehen wir weiter hier rum. Endlich, nach einer vollen Stunde warten und weiteren Telefonaten, kommt es und fährt uns nach Ulan-Ude (500₽).

                                                                                              Im Zentrum der Stadt wollen wir bei gutem Netz erst mal den Check-in für unsere Flüge morgen durchziehen und setzen uns dazu draußen in das uns bereits bekannte "Traveler's Coffee" und bestellen einen Tee.



                                                                                              Das mit der Wahl der Sitzplätze klappt noch ganz gut. Andrea möchte die Paddeltasche diesmal als zusätzliches Gepäck aufgeben, was online im voraus nur 70€ kosten soll. Aber es gibt Schwierigkeiten bei der Bezahlung mit Kreditkarte. Die Sparkasse schickt ihr eine SMS mit der TAN, nur steckt ja gerade die russische SIM-Karte in ihrem Handy. Also Werzeug organisieren (misslingt erst mal, die Kellnerin findet keine Büroklammer, Lösung ist dann der Ohrring), SIM-Karte wechseln, SMS empfangen. Die weitere Check-in-Prozedur haben wir dann auf meinem Smartphone durchgezogen. Aber auch da gab es Schwierigkeiten, weil keinerlei Bestätigung erkennbar war, dass die Bezahlung funktioniert hat. Ein Anruf bei der Servicehotline der Fluggesellschaft S7 half weiter (auf englisch!): die Bezahlung war erfolgreich, ich soll den Browser-Cache leeren, und es dann noch einmal versuchen. Na ja, auch das lief nicht alles rund, aber am Ende, nach 1½h Daddeln, war es dann geschafft. Ok, am Flughafen wäre es schneller gegangen, aber das konnte man ja im voraus nicht ahnen.
                                                                                              Eine junge Frau am Nachbartisch hat unsere Probleme mitbekommen und bietet Hilfe beim (russisch) telefonieren an. Sehr nett, aber in dem Moment hatten wir bereits die Lösung.

                                                                                              Den Rest des Nachmittags bummeln wir noch etwas durch die Innenstadt, die Damen plündern die Kleider- und Souvenierläden, decken sich zB mit mongolischen Strickprodukten ein, Iwan-Tschai und Zedernnüssen, und ich finde einen Eisstand mit wirklich leckerem Eis in verschiedensten Sorten.

                                                                                              Für die Rückfahrt ins Camp kommt wieder nur ein Taxi in Frage. Dabei wäre um 6 ein Bus direkt vors Camp gefahren (№131 nach Ошурково, 20₽). Stattdessen marschieren wir um ½6 in eines der prominentesten Hotels der Stadt, das "Baikal Plaza", und bitten die Rezeption, uns ein Taxi zu rufen. Tja, und nun warten wir wieder, dass es kommt. Zunächst sitzen wir eine ½h vor der Rezeption auf einem dicken weichen Sofa, um uns herum Fotos von allerlei Prominenten, die sich an genau diesem Tresen ablichten ließen. Dann belagert eine große Busladung chinesischer Touristen die Rezeption und wir warten draußen weiter. 2 mal fragen wir vorsichtig nach, ob denn noch mit dem Taxi zu rechnen sei, aber ja, wir sollen weiter warten. Kurz vor ½7 kommt es dann tatsächlich und es geht nach Hause (250₽).

                                                                                              Zuhause im Taiga Pitch wird die Ausrüstung flugtauglich verpackt. Ich versuche meinen Dolch zu finden, den ich seit einigen Tagen nicht mehr gesehen habe, leider erfolglos. Für die Nacht baut Andrea das Zelt diesmal im Schuppen auf. Das hat den Vorteil, dass das Außenzelt morgen trocken verpackt werden kann.



                                                                                              Das Faltboot dort rechts im Bild war übrigens eine Spende der Gruppe 1, ein Kolibri, der den Weg nach Deutschland nicht mehr zurückgefunden hat.

                                                                                              Abends um 9 marschieren wir dann noch einmal los, 1km zum Abendessen in eine Imbissstube (Закусочная) an der Durchgangsstraße mit guter Küche, aber ohne Bier.



                                                                                              Wieder zurück im Camp sitzen wir noch ein Weilchen am Feuer, zusammen mit unseren Gastgebern Moritz, Olga und ihrem Sohn, sowie 2 Schweizern, die heute neben uns in ihrem aufwendig ausgestatteten Expeditions-Land Rover (Camper mit Hubdach) nächtigen werden.

                                                                                              Morgen früh um 7 wird uns ein Kleinbus zum Flughafen bringen, den Roland bzw Olga organisiert haben.
                                                                                              Zuletzt geändert von Spartaner; 08.11.2018, 15:16.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                10. August 2018, Rückflug Ulan-Ude - Moskau - Berlin

                                                                                                Morgens kochen wir den letzten Kaffee auf dem Gaskocher, packen zusammen und warten auf das versprochene Taxi. Wir sehen ihn draußen kommen, aber er scheint nicht recht zu wissen, wohin und wendet bereits wieder. Handzeichen sieht er nicht, also muss ich hinterherlaufen und ihn aufs Gelände lotsen.



                                                                                                Beladen, ½8 ist Abfahrt:


                                                                                                ¼h später sind wir am Flughafen. Hier am wenig frequentierten Provinzflughafen läuft die Abfertigung weit weniger stressig als am chaotischen Flughafen Tegel. Auch das Wachpersonal ist erheblich entspannter, obwohl auch hier strenge Sicherheitsvorschriften umgesetzt werden müssen. So kann ich zB ungefilzt in die Halle gehen, um Gepäckrollies zu holen. Beim zweiten Mal wird jedoch alles Gepäck und jede Person schon am Eingang des Gebäudes geröntgt.

                                                                                                Die Schlangen an der Gepäckabfertigung sind kurz, und es gibt keine Suche nach der richtigen Schlange, weil in dieser Stunde eh nur ein einziger Flug vorgesehen ist:


                                                                                                Nur diesmal sind die Damen, nach Alter und Typ noch Sowjetbeamtin, an der Gepäckannahme etwas pingeliger. Es wird jedes Gepäckstück genau gewogen, und nur weil wir die extra Paddeltasche dabei haben, die noch etliche Kilo unter dem Höchstgewicht von 23kg liegt, wird nach ein wenig Diskussion das Übergewicht aller anderen Gepäckstücke mit dem Minus bei der Paddeltasche verrechnet. Nach Gefühl hatte ich genau denselben Inhalt wie zur Hinfahrt drin gehabt, lag aber diesmal mit dem Bootssack auch 1kg über dem Limit. Das nächste Mal sollte ich doch meine chinesische Kofferwaage mitnehmen.

                                                                                                Mein Handgepäckrucksack kommt ihr auch zu groß vor und wir messen gemeinsam nach. Alles iO, aber ich werde vergattert, das Handgepäck unter dem Sitz zu verstauen.

                                                                                                Da steht sie einsam auf dem weiten Feld, unsere grüne Boeing (Boeing 737-800 Next Gen - MSN 30672):


                                                                                                Anschließend tingeln wir ein wenig durch die Läden, lassen das Handgepäck bei der jetzt folgenden richtigen Sicherheitskontrolle noch einmal röntgen, und sammeln uns in der Wartehalle. Ab jetzt stockt es. Ohne erkennbaren Grund verzögert sich das Boarding. Wir warten eine Weile auf der oberen Terasse, beobachten die Verladung unseres Gepäcks (der rote Rucksack hinten auf dem LKW).



                                                                                                Irgendwann geht es weiter. Wir steigen in den Bus, fahren 50m vor zum Flugzeug und können einsteigen.

                                                                                                Diesmal mache ich eine große Dummheit. Wie jedes mal auf dieser Reise sind wir wieder unter den Letzten, die an Bord kommen. Die Handgepäckablagen über unseren Köpfen sind bereits rammelvoll gestopft. Ich versuche nun tatsächlich, das Handgepäck unter meinem Sitz zu verstauen und merke schnell, das geht nur unter dem Sitz vor mir. Großer Fehler, damit habe ich mir für 6 volle Stunden die eh schon geringe Beinfreiheit weiter eingeschränkt und sitze eingeklemmt mit angezogenen Beinen! Nie wieder! :-(

                                                                                                Um 10 Uhr starten wir dann endlich, mit einer ½h Verspätung.

                                                                                                Diesmal haben wir etwas bessere Sicht, die Wolkendecke zeigt Lücken. Den Baikal sehen wir zwar wieder nicht aus der Luft, aber später über Westsibirien klart es auf.

                                                                                                Nach 1½h überfliegen wir den Jennissei bei Krasnojarsk:


                                                                                                Den Ob kann ich ebenfalls gut erkennen, und eine Stunde später überfliegen wir den Irtysch, der aber leider unter Wolken verborgen bleibt. Große Namen, die sich für mich verbinden mit den unendlichen Weiten des Westsibirischen Tieflands.

                                                                                                Am Rande des Urals dachte ich kurz, wir überfliegen gerade die Kerntechnische Anlage Majak, aber da habe ich mich geirrt, die liegt 450km weiter südlich. Bekannt geworden ist diese Anlage durch das extrem hohe Maß an radioaktiver Verseuchung besonders durch den Kyschtym-Unfall mit seiner eindrucksvollen Kontaminationsspur (Osturalspur). Der Unfall konnte bis in die 1970er Jahre vertuscht werden, da die Kontamination sich regional auf den Ural beschränkte und keine messbaren Effekte durch radioaktiven Niederschlag in Westeuropa feststellbar waren.

                                                                                                Was ich gesehen habe, war in Wirklichkeit der Ort Krasnoturjinsk mit Bergbauhalden und Tagebauen (Eisen-, Gold-, Kupfer-Bergbau, Bauxit, großes Aluminiumwerk).

                                                                                                Natürlich werden wir während des Fluges auch wieder mehrfach mit Essen und Getränken versorgt. Leider reichen die begehrten Hühnchen nicht mehr für die letzen 8 Sitzreihen, und so muss ich mit der vegetarischen Alternative auskommen.

                                                                                                Hinter dem Ural, also jetzt wieder in Europa, überfliegen wir die großen Stauseen der Kama und später der Wolga (Gorki-Stausee). Auffallend ist die extreme Algenblüte, meine Ferndiagnose lautet aufrahmende Blaualgen.

                                                                                                Beim Landeanflug vor Moskau:


                                                                                                Wir landen fast pünktlich. Beim Umsteigen auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo läuft wieder alles reibungslos. Nur die Ausreise-Passkontrolle scheint mir strenger als bei der Hinfahrt. Die junge Grenzbeamtin mustert mich lange mit strengem Blick, der Pass wird Seite für Seite durchgesehen (viel steht nicht drin, oder stört sie sich an den ukrainischen Stempeln vom letzten und vorletzten Jahr?), der Fahndungscomputer wird konsultiert, aber dann gibt es den Ausreisestempel. Bezüglich unserer vollständig fehlenden Registrierung gibt es keinerlei Nachfrage.

                                                                                                Wieder geht es durch die Sicherheitskontrolle, wieder wird das Handgepäck durchröntgt. Warum ich das immer wieder erzähle: zu Hause finde ich dann doch meinen Dolch wieder, und zwar tief unten in meinem Handgepäck-Rucksack, eingewickelt in Klamotten. Ja, ich war etwas zu nachlässig bei der Suche nach dem Ding, aber dass ich ihn im Handgepäck wiederfinden werde, das hätte ich nun wirklich nicht erwartet. 3 mal durchleuchtet, niemand hat was gesehen. Oder niemand hat was gesagt, vielleicht sind sie ja in Russland etwas kulanter, wenn sie sehen, dass so ein Wildnisfahrer sein notwendiges Werkzeug einstecken hat.

                                                                                                Im Wartebereich werden am Ende die allerletzten Rubel in Butterbrote investiert:



                                                                                                Na, nee, aber tatsächlich holt sich Dörte dort noch eine halbe Portion Pommes. Dafür reicht es gerade so, was wir in unseren Geldbörsen noch zusammenkratzen können.

                                                                                                Der Anschlussflug klappt ebenso problemlos, und ¼3, eine ¼h vor der geplanten Ankunftszeit, rollen wir in Tegel aus.

                                                                                                Die deutsche Hauptstadt hat uns wieder. Und deren weltbekannte Flughafen-Kompetenz wird uns auch promt vorgeführt. Hinter der (automatisierten) Passkontrolle stehen hunderte Reisende am Rollband und warten auf ihr Gepäck. Die Halle ist ein wenig eng für die vielen Leute. Bis dahin ahne ich noch nichts schlimmes, mit ein bisschen Warten muss man hier rechnen. Ich will die Zeit nutzen, um schon mal das Auto vom Saatwinkler Damm zu holen. Die Damen wollen mich wieder zum Taxi überreden, aber ich bin froh, dass ich mir nach dem langen Sitzen heute etwas die Beine vertreten kann.

                                                                                                20 Minuten später bin ich am Auto. Alles noch dran, keine Scheibe eingeschlagen, die Reifen intakt. Nur die beiden Knöllchen unterm Scheibenwischer wundern mich. Ich stehe nicht im Halteverbot, aber sie stören sich am “Parken auf dem Gehweg”. 2x 20€ für dasselbe Vergehen? Immer noch ein Bruchteil von dem, was man am Flughafen für reguläres Parken bezahlt hätte, aber ich würde beim nächsten Mal doch woanders parken.

                                                                                                ¼4 stelle ich mich wie verabredet vor das Terminal A und warte. Eigentlich müssten sie doch bereits durch sein. Aber sie kommen nicht.

                                                                                                Wie kann ich Kontakt aufnehmen? Hier wo ich sowieso in 2. Reihe im Parkverbot stehe, will ich nicht weggehen. Die deutsche Simkarte steckt im Hauptgepäck, darauf warten sie noch. Ich schau mal nach, ob es hier wie in anderen Ländern üblich vielleicht freies WLAN gibt, und habe Glück. Nach einer Anmeldeprozedur kann ich Nachrichten verschicken. Als sich niemand meldet, man kann das in den lauten Hallen schnell mal überhören, rufe ich an (Whatsapp). Sie warten immer noch. Es gibt angeblich nur einen einzigen Mitarbeiter, der das ganze Flugzeug entladen muss. Als müssen wir uns weiter in Geduld üben.

                                                                                                ½5, 2h nach der Landung, ist es dann endlich soweit, und meine Damen zuckeln heran. Roland wurde abgeholt und hat sich schon verabschiedet. Das Gepäck, diesmal deutlich mehr als bei der Hinfahrt (1 Boot zusätzlich) auf 2 Rollies, wird bis unters Dach in den kleinen Škoda verladen. Und das war es dann, durch den Feierabendverkehr zuckeln, zu Andrea, teilentladen, und Dörte fährt weiter nach Hause. ½6 ist für uns Feierabend.


                                                                                                ----- FIN ----


                                                                                                Fazit:

                                                                                                Ich war das erste Mal in Sibirien, es war die erste größere Fernreise seit 25 Jahren*, und es war das erste mal Anreise mit Faltboot im Flugzeug. Zwar war es keine Paddeltour durch unendliche sibirische Wildnis, wie ich mir das standardmäßig vorstelle. Die Tour führte 372 Paddelkilometer über Fluss und See, überwiegend durch bewohntes Gebiet, aber sie war dennoch interessant in oftmals grandioser Landschaft, auf jeden Fall schöner und abwechslungsreicher als vorher gedacht. Russland selbst ist für mich immer wieder spannend und viel angenehmer, als es sich wohl die meisten von euch vorstellen können.
                                                                                                Die ganze Reise von 30 Tagen hat übrigens 1146€ gekostet, davon 62% für Flug und Visum. Kein Vergleich mit Nordamerika, dem Lieblingsziel vieler Canadierpaddler, aber mindestens genauso abenteuerlich.
                                                                                                Das Reisen in Gruppen >2 Teilnehmer ist eher nicht so mein Ding, wenn die Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer sich sehr unterscheiden, was Tagesablauf, Stellenwert des Essens und akzeptable Kosten betrifft. Das Fliegen mit Faltboot und Campingkram macht mir dagegen jetzt viel weniger Kopfzerbrechen als vor der Tour, und damit spricht also nichts mehr gegen größere Unternehmungen. Ich hab da schon was vor …


                                                                                                *oder zählen Euphrat und Ural auch schon zu den Fernreisen?
                                                                                                Zuletzt geändert von Spartaner; 19.11.2018, 14:09.

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  • 5726
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                                                                                                  Von mir gibt es ein Dankeschön fürs schreiben, miterleben lassen, auch wenn ich als licht-und wasserscheues Element jetzt lieber daheim hocke.

                                                                                                  Eine ziemlich spezielle Frage zur Kirche in der Ukraine und in Russland. Gespalten ab 1990 bzw.1992-wie sollte es anders sein.-
                                                                                                  Dieser untere schräg stehende Balken unten im Doppelkreuz hab ich in der Ukraine schon gesehen. Hat die russisch orthodoxe Kirche den auch? Sind in der Tatarei Blautöne der Kirchenkuppeln(Zwiebeln) vorherrschend?

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Zitat von Abt Beitrag anzeigen
                                                                                                    Dieser untere schräg stehende Balken unten im Doppelkreuz hab ich in der Ukraine schon gesehen. Hat die russisch orthodoxe Kirche den auch?
                                                                                                    Ja, die hat den auch. Aber bei der normalen Russisch-orthodoxen Kirche gibt es wohl noch mehr zulässige Formen des Kreuzes (als bei den Altgläubigen).

                                                                                                    Zitat von Abt Beitrag anzeigen
                                                                                                    Sind in der Tatarei Blautöne der Kirchenkuppeln(Zwiebeln) vorherrschend?
                                                                                                    Hier liest man, das hängt davon ab, wem die Kirche geweiht sei: "Golden bei Hauptkirchen und Jesus bzw. seinen Jüngern geweihten, blau mit Sternen bei Maria geweihten, grün bei der Heiligen Dreifaltigkeit geweihten und schwarz bei Klosterkirchen."

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      • 5726
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                                                                                                      Danke für die sehr informative Auskunft.
                                                                                                      Tatarei und Blaue Kuppeln hätte ich in einem anderen Zusammenhang gebracht. Aber ok,-
                                                                                                      Gruß Abt

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Fuchs
                                                                                                        • 07.06.2008
                                                                                                        • 1929
                                                                                                        • Privat


                                                                                                        #52
                                                                                                        AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                                        Vielen Dank für das Vorstellen dieser Tour. Gerade die Berichte von nicht so häufig präsentierten Regionen finde ich immer besonders spannend.

                                                                                                        "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit."
                                                                                                        Wilhelm von Humboldt, 1767-1835

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Lebt im Forum
                                                                                                          • 26.04.2003
                                                                                                          • 6193
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                                          Klasse Bericht. Hut ab vor deiner Muße, viele Details mit Hyperlinks zu versehen. Die Angabe der Kosten macht richtig Freude. So eine Tour in Nordamerika hätte locker das Doppelte gekostet.
                                                                                                          Gruß Sawyer

                                                                                                          As a rebel I came and I´ll die just the same. On the cold winds of night you will find me.

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Gerne im Forum
                                                                                                            • 02.01.2019
                                                                                                            • 57
                                                                                                            • Privat


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                                                                                                            AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                                            Danke, dass ich an eurer Tour von zu Haus teilnehmen konnte. Es war toll. In meiner realen Welt fand ich die Bargusin in der Mulde speziell zwischen Eilenburg und Bad Düben wieder. Viel kleiner und ohne Bergpanorama. In dem Buch “ Kajak- Abenteuer in Sibirien “ von Dr. Henschel beschreibt er die Umrundung des Baikalsee 2003. Er beschrieb den Rauch illegaler Waldbrände, die eine Abholzung für die in der Nähe stehende Papierfabrik rechtfertigen. Außerdem Müll und Glasscherben von Wodkaflaschen. Es scheint sich ja unter Putin einiges geändert zu haben. Planungen für 2019 fertig? Hoffentlich weitere Berichte. Ich stell natürlich auch wieder was rein.

                                                                                                            Gruß Eckhard
                                                                                                            Gemeinsam macht Spaß, aber allein lassen sich die Momente der Natur am intensivsten genießen.

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Neu im Forum
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                                                                                                              • 4
                                                                                                              • Privat


                                                                                                              #55
                                                                                                              AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                                              Auch von mir ein großes Dankeschön für den tollen Bericht!
                                                                                                              Es ist klasse, dass Du Dir eine so große Mühe gemacht hast und den Bericht mit vielen Details, Erklärungen und Verlinkungen versehen hast!

                                                                                                              Danke!

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Erfahren
                                                                                                                • 15.02.2009
                                                                                                                • 115
                                                                                                                • Privat


                                                                                                                #56
                                                                                                                AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                                                Vielen Dank für diesen detailliert geschriebenen Bericht aus einer sehr spannenden Region. Schön auch die Hintergrundinfos mit den Links dazu. Die Ankunft am Flughafen Tegel haben wir seinerzeit ganz ähnlich erlebt. 🙄

                                                                                                                Ein Frage hätte ich noch: das Wasser aus dem Bargusin habt ihr so getrunken, oder? Hattet ihr irgendwelche Probleme damit?

                                                                                                                Viele Grüße
                                                                                                                Palle

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Lebt im Forum
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                                                                                                                  • 5056
                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                  AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                                                  Zitat von Palle Beitrag anzeigen
                                                                                                                  Ein Frage hätte ich noch: das Wasser aus dem Bargusin habt ihr so getrunken, oder? Hattet ihr irgendwelche Probleme damit?
                                                                                                                  Wir haben immer das Wasser aus dem Fluss genommen, aber wir haben es natürlich auch immer abgekocht! Damit gab es keinerlei Probleme.

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    • 834
                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                    AW: [RU] Bargusin - Baikal 2018

                                                                                                                    In allen Bergregionen in Russland trinkt man Wasser aus Flüssen ohne Probleme. Ich trinke es auch roh.
                                                                                                                    https://www.facebook.com/groups/1670015459892254/

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Lebt im Forum
                                                                                                                      • 24.01.2011
                                                                                                                      • 5056
                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                      130km südlich von Moskau bricht das GPS-Signal ab, ist kurz darauf wieder da. Aber es kann kein Track mehr aufgezeichnet werden. Alle paar Sekunden bricht es ab. Erst kurz vor der Landung ist das Signal wieder stabil.

                                                                                                                      Nach 1890km stehen wir abends um ¾7 vor dem Terminal Moskau-Domodedovo, also trotz verspätetem Abflug pünktlich angekommen. ..... Das Gepäck wird ohne unser Zutun in die Anschlussmaschine nach Ulan-Ude verladen. ....

                                                                                                                      Das GPS-Signal ist kurz nach Start schon wieder weg. Erst 160km östlich von Moskau-Domodedovo ist es wieder da und die Trackaufzeichnung beginnt. Das kann kein Zufall sein. Ich tippe darauf, dass der Ring von Atomraketenstellungen um Moskau von GPS-Jammern geschützt wird. Auf dem gesamten Rest der Reise gab es keinerlei Schwäche beim GPS-Signal.
                                                                                                                      Darstellung meiner GPS-Tracks während des Hin- und Rückfluges Berlin - Ulan-Ude mit Zwischenlandung und Flugzeugwechsel in Moskau:
                                                                                                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: MoskauGPSJammer.png Ansichten: 0 Größe: 2,33 MB ID: 3241509

                                                                                                                      Damals habe ich nur geraten, dass da um Moskau herum GPS-Jammer eingesetzt werden.
                                                                                                                      Aber jetzt gibt es eine Bestätigung, siehe diese Karte(!) (Link aus diesem Artikel).

                                                                                                                      NDR-Beitrag:
                                                                                                                      Ostsee: Rätselhafte GPS-Störungen behindern Schiffs- und Flugverkehr
                                                                                                                      Seit Mitte Dezember gibt es Anzeichen für eine neue größere Stör-Aktion, die auch bis nach Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg hineinreicht.

                                                                                                                      Europe GPS Jamming 2022
                                                                                                                      Europe GPS Jamming 2023
                                                                                                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 31.01.2024, 22:13.

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        • 22.11.2013
                                                                                                                        • 259
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                                                                                                                        „Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst.“
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