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    [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

    Alles beginnt und alles endet
    zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
    (Picknick am Valentinstag)


    In diesem Reisebericht geht es um eine Reise, die der Erholung dienen sollte für einen Körper, der an Grenzen gekommen ist. Es ist wie üblich keine weglose Reise, aber diesmal auch keine Reise mit dem Zelt. Sondern es ist die Pauschalreise eines Outdoorers, der seinen Outdoorer- Lebensstil in ungewohnter Umgebung zu bewahren sucht. Voller Neugier und des Versuches, die Welt kennenzulernen und das, was sie Outdoor bietet innerhalb der sogenannten ausgetretenen Wege.

    Wer sich darauf einlassen kann, möge an meinen Erlebnissen teilhaben und die Reise verfolgen. Die anderen machen besser die Augen zu und blättern schnell weiter.

    Gracias.


    Anmerkung: Dieses ist der erste Reisebericht, der nicht nachträglich geschrieben wurde, sondern vom ersten bis zum letzten Beitrag als aktuelles Tagebuch verfasst ist. Hintergrund ist, dass ich vermeiden wollte, dass ich nach dem Urlaub in jeder freien Minute den Reisebericht schreibe und damit meine Erholung gefährde.


















    Zuletzt geändert von Torres; 22.02.2015, 20:22. Grund: Geotagging
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    #2
    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

    Einführung

    Es gibt viele Formen des Draußen seins.

    Man kann sich auf eine Bank auf einer Wiese setzen. Man kann auf Pfaden spazieren gehen. Man kann die Welt mit einem Bus bereisen oder zu den höchsten Bergen der Erde ziehen.
    Der eine hält es für etwas Besonderes, weglos, wild und vollbepackt das Land zu durchstreifen. Andere fragen sich, ob es überhaupt wichtig ist, in die Ferne zu reisen oder ob es nicht ausreichend ist, wahrzunehmen und den Zauber zu spüren, den die Elemente der Natur verströmen an jedem Ort und zu jeder Zeit. Die Nächsten möchten sich nicht mit Logistik belasten, sondern sich dem Genuss des Augenblicks verschreiben und wählen Wege, die vertraut und schön sind. Und wieder andere schätzen es, in sich hineinzuhören und durch den Fluss der eigenen Bewegung dem Geiste Raum zu geben, abgelöst vom hier und jetzt.

    Lange grübele ich nach meiner Englandtour, welche Form ich wählen soll. Ich verspüre das Bedürfnis nach Ruhe, aber auch eine Sehnsucht, die Welt außerhalb Europas kennenzulernen. In Europa gehen mir inzwischen die Ziele aus. Die Wahl besteht aus Regen oder nassem Schnee.
    Alleine mag ich mir eine Fernreise allerdings nicht zutrauen. Gleichgesinnte wären schön. Recherchen über organisierte Outdoortouren sind preislich ernüchternd. Ich plane Investitionen im nächsten Jahr und so ist das nicht drin. Wieder auf eigene Faust los und eine Reise ins Unbekannte? Das hieße Planen, Ausrüstungslogistik und Streß. Dann lieber Europa. Eine Schneeschuhtour in Schweden wäre erschwinglich, aber reicht die Kondition aus, um die Gruppe nicht zu behindern? Die Etappen sind lang, ich kenne meinen Schnitt.

    Ich verschiebe das Problem und fahre einen Teil Ochsenweg. Eine schöne Tour. Stille. Im Januar weiterfahren? Regen, Wind und Schnee sind wahrscheinlich. Urlaub klingt anders.

    Interrail kommt ins Spiel. Spanien. Portugal. Die Anreise dauert drei Tage. Um anschließend von Ort zu Ort zu fahren? Nach Städten steht mir nicht der Sinn. Dann doch eine Radtour. Frankreich. Die Anreise per TGV ist nur noch gemein. Den Nachtzug nach Paris gibt es nicht mehr. Also über Italien nach Marseille. Bilder trostloser italienischer Strände aus dem letzten Jahr und die Erinnerung an endlose Orte an der Cote d'Azur lassen mich erschauern. Zelten kann man da nicht. Alles geschlossen. Aber Hauptsache unterwegs.

    Es wird Weihnachten und zum Urlaubsbeginn sind es noch 10 Tage. Ein Flug ins Warme? Der Gedanke an Fliegen versetzt mich in Grauen. Man flüstert mir Teneriffa und Mietwagen zu, der Gedanke an Autofahren schreckt mich ab. Silvester. Ich habe keinen Plan. Sonst lauert immer schon eine Idee im Hinterkopf, doch diesmal bin ich müde und leer. Das neue Jahr beginnt, und ich fordere eine Entscheidung. Die Radtour nach Südfrankreich, das ist einfach, und die Temperaturen sind okay. Zehn Minuten später ist mir das schon wieder zuviel. Ich verschiebe dIe Buchung der Fahrkarten auf später. 8 Stunden später entscheidet mein Körper: Strike down. Das rechte Ohr. Infarkt. Kein Ton mehr. Ruhe. Ich brauche Ruhe. Das Leben auf der Überholspur ist zu Ende.

    Mein Kopf versucht zu finden, was Ruhe und Erholung verspricht. Jemand erwähnt La Reunion und vor meinem geistigen Auge erscheinen Palmen. 3 Wochen unter einer Palme, das Rauschen der Blätter, die Sonne auf der Haut. Man spricht französisch, das kann ich ja sogar. Drei Wochen nicht bewegen. Ich glaube, das wäre schön. Am Rechner suche ich nach günstigen Flügen. Das Angebot überfordert mich. Der Ochsenweg wäre mir lieber. Da war es so schön still.

    Am Samstag, den 3.1., irre ich durch die Innenstadt und weiß, die Entscheidung muss nun fallen. Noch zwei Tage bis Urlaubsbeginn. Bei einem Sportladen schaue ich nach Gepäcktaschen fürs Fahrrad, das es auf TGV taugliche Maße zusammenstaucht. Es gibt sie nur im Internet. Südfrankreich wird gestrichen. Schon bin ich auf dem Weg zu Karstadt, der Weg ist nicht weit. Eigentlich will ich da nichts und kaufe fast abwesend Käse und Brot und dann weiß ich, was micht treibt. Mit Nebel im Kopf und Dumpfheit im Ohr schlängele ich mich durch die Taschenabteilung. Das Karstadt Reisebüro. Am Morgen war der Name gefallen. Und irgendwie klang er gut. Am weißen Tisch sitzt eine Frau und strahlt mich an. Ich mag sie sofort. Man könnte sich kennen. Es ist in ihrer Hand.

    La Reunion. Langer Flug. Umsteigen in Paris. Über 3000 Euro. Für 3 Wochen unter einer Palme? Enttäuscht schüttele ich den Kopf. Portugal. Da war ich schon, aber vielleicht könnte ich das Rad mitnehmen und herumfahren. Nicht billig, ebenfalls. Umständlicher Flug. Ein Mietwagen wäre ratsam.. Türkei. 400 Euro für drei Wochen. Fast schon sittenwidrig dieses Angebot.Vor meinem geistigen Auge sehe ich Steine und Busse, die zu diesen Steinen fahren. In diesem Jahr fällt Urlaub aus.
    Ich ringe nach den richtigen Worten: Wissen Sie, ich reise anders. Ich kann nicht immer an einem Ort bleiben und Strandurlaub machen. Ich bin immer in Bewegung gewesen, seit ich reise. Fast jeden Tag woanders, immer etwas Neues sehen. Ich kann das nicht anders. Ich werde in einer Hotelanlage nicht glücklich. Es muss etwas geben, was ich tun kann. Aber eben nicht zuviel. Ich brauche Ruhe. Viel Ruhe. Nur zu einsam soll es auch nicht sein. Ablenkung ist auch gut.

    Sie versteht und nickt und sucht und schaut. Und ich trete meinen Rückzug an. Ein letztes Mal fällt mein Blick auf ein Bild, und ich weiß, dass etwas gibt, was mich entspannen kann, was alles vereint, was ich sonst auch tue, oh ja, auch wenn es technisch gesehen Urban Outdoor und damit "Bäh" ist, und was ich im tiefsten Inneren meines Herzens wirklich mag, aber es ist nicht bezahlbar. Und dann gebe ich mir einen Ruck, verpackt in einen Scherz, und spreche es an, aber klar, eben zu teuer, und sie nickt und blättert weiter in ihrem Bildschirm. Am Montag werden wir weitersuchen. Oder ich fahre den Ochsenweg. Oder doch noch einmal Finnland?

    Mein Ohr rauscht, und ich bin müde. Erschöpft lasse ich mich in einen der Wartesessel am Eingang fallen. Ich rufe die ods hotline (bei ods registrierte Person, die auch dann helfen kann, wenn sie gar nicht helfen kann) und klage mein Leid. Man sendet Durchhalteparolen und zeigt Verständnis. Der Sessel ist bequem, und ich würde am liebsten schlafen, aber ich gebe mir dann doch einen Ruck und stehe ungelenk auf. Ich nicke der Dame am Schalter noch einmal freundlich zu. Sie winkt, und ich brauche einen Moment, zu verstehen, dass sie mich herbeiwinkt. "Ich habe da was". Verwundert trete ich näher.

    Es ist das, was ich im Gehen ansprach, und es ist tatsächlich bezahlbar. 600 Euro. Ich starre sie an. Die Fähre nach Finnland wäre teurer (das ist immer meine Maßeinheit). Sie schaut auf den Bildschirm und klickt und nickt und tatsächlich, es scheint etwas zu geben. Meine Hand bewegt sich in Richtung Portemonnaie und die Kreditkarte liegt auf dem Tisch. Eine Woche, wenn auch gegen Ende. Davor zur Erholung in die Sonne. 11 Tage Mallorca zum Superpreis. 2 Stunden Flug. Das ist zu schaffen. Die Reise ist gefunden

    Als ich balticskin die Reisepläne verrate, reagiert er wie ein echter Freund: "Ich freue mich auf Deinen Reisebericht! Sie werden Dich lynchen."
    Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 13:42.
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      #3
      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

      13.1.2015 Das Meer.

      Abflugtag. Gepackt hatte ich bereits am Tag der Buchung und die Überlegenheit des Outdoorers gegenüber dem Touristen klar erkannt: a) Packen können und b) Gewicht sparen können. Der Packvorgang dauerte 30 Minuten und der Inhalt wurde nur noch geringfügig ergänzt. Da mit zunehmenden Alter meine Katastrophenangst zunimmt, versuche ich mich bestmöglich auf Touristenpauschalklasse vorzubereiten und sowohl gesellschaftliche Pflichten als auch disfunktionale Heizungen, schlechte Betten, sportliche Aktivitäten (genaueres ist nicht geplant, ich hoffe, dass man Räder mieten kann und vielleicht wandern kann), mehrwöchigen Pilotenstreik und arktischen Wintereinbruch vorzubereiten. Im Klartext heißt das:

      Big Agnes Fly Creek UL 2 (glaubt jemand ernsthaft, ich gehe ohne Zelt aus dem Haus????? - leider nicht gebraucht)
      WM Caribou
      Neoair (leider nicht gebraucht)
      Brunton Flex, (blöde Idee, ich hätte den white gas stove nehmen müssen. Ich finde keine Kartuschen)
      Ein Topf, ein Teller, Besteck.

      2x zivile Jacken
      2 zivile Hosen
      Passende Schuhe
      3 Shirts

      Bademantel (Nicht benötigt, gab es vor Ort)
      Tewas (entbehrlich, da zu kalt)
      Paddelschuhe

      Regenjacke
      Regenhose
      Montane featherlite smock
      Gelbe Windbreakerradweste (für Radfahrer sogar Vorschrift laut Hotelprospekt)
      Stirnlampe
      Poncho (Fahrrad)
      Trekkingstock
      Buffs
      Wintermütze
      Merinohandschuhe
      Fette Radhandschuhe
      Daunenjacke (sehr wichtiges Kleidungsstück!)

      Kulturbeutel, Sonnencreme

      JW Baumwolljacke (auch, um die Nationalität zu betonen)
      Trekkinghose
      Hanwag Lima.

      Gorillapod (nicht benutzt).

      Verpackt im GoLite Jam 50 Liter. Rucksackschutzhülle (sonst Rollerhülle). Die Summe laut Waage des Check-Ins: 14,2 kg.

      Das Handgepäck besteht praktisch nur aus Elektronik: Kameras, 3 Objektive, Tablet, Reader, Buch, Ladegeräte, Akkus, Batterien, Stirnlampe. Rucksack: Vaude Rock 25. Gewicht 6 kg. Gesamt: 20 kg. Das ist für mich gut tragbar. Ich bin zufrieden.





      Nachdem ich am 5. Januar endlich zum Arzt gekommen, befinde ich mich durch Tabletten bis zum Anfang der Reise im Delirium. Der Ochsenweg, den ich in gnadenloser Selbstüberschätzung noch radeln wollte, entfällt. Der späte Reisebeginn erweist sich als Segen.
      Die Planungen beschränken sich auf das Lesen von Wegbeschreibungen des GR 221, aber zufriedenstellend ist das nicht. Zu schwer für mich. Ich hoffe trotzdem auf eine Möglichkeit, aus dem Hotel "abhauen" und zelten gehen zu können. Kloster Lluc ist die einzige Möglichkeit. Die anderen drei sind schlecht zu erreichen. Und im Winter vermutlich auch zu, wie überall im Süden. Wildcampen ist verboten und nicht ratsam. Man kann froh sein, wenn der GR 221 nicht weiter beschränkt wird. Winterausrüstung habe ich nicht.
      Der Faktencheck zeigt: Das Hotel ist beim Ballermann. Ich sehe mich schon sterben. Oder ein Fahrrad mieten. Irgendeine Gurke. Mir graut davor. Aber was soll ich tun? Ich hoffe, ich kann irgendwie Outdoor sein. Ich denke an ods Ärger. Eine eigene Domain für meine Reiseberichte wäre nicht schlecht: Outdooristeinlebensgefühlegalwasmanmacht.de oder so. Aber dann regt mich das wieder auf. Ich kann Kleingeisterei nicht leiden.

      Am Vortag des Fluges bestätigt der Hörtest Hören im akzeptablen Bereich. Ein Hörgerät brauche ich noch nicht. Dem Urlaub steht nichts entgegen. Die Tablettendosis wird nun täglich reduziert. Die Nacht vor dem Flug dennoch nur Wachschlaf

      Als ich um sechs aufstehe, ist das Hören mit beiden Ohren ungewohnt. Unter Tabletteneinfluss suche und finde ich in autistischem Starrsinn den Fotoadapter fürs Tablet, dann mache ich mich nach einer Scheibe Brot auf den Weg. Den Poncho will ich auspacken, doch es regnet in Strömen. Schicksal, der Poncho muss mit (gute Entscheidung!).

      In Trance nehme ich die öffentlichen Verkehrsmittel Richtung Airport. Alles wirkt grau und gedämpft. Die Medikamente. Das dumpfe Ohr. Eine vollschlanke Frau wippt mit den Beinen im Takt der Musik. Ich tippe auf Kosmetikbranche.
      Der S-Bahnhof. Ich folge Rollkoffertouristen. Lange Wege, aber trocken. Der Flughafen ist leer. Menschen verteilen sich auf endloser Fläche. Ich erinnere mich. Ich habe mal eine Führung gemacht. Eine Tafel hilft. Ich checke ein. Der Rucksack gilt als Sperrgepäck. Richtig gepackt, ich bekomme ein Lob.
      Die Terrasse ist wegen Sturms gesperrt, und ich frühstücke Pommes bei McDonalds. Tablettennebenwirkung. Alles wirkt sehr irreal, und ich finde es furchtbar laut.

      Die ods hotline erklärt mir, dass man auch lange vor der Bordkartenzeit zum Gate gehen kann, und ich mache mich auf den Weg. Gut gelaunte Mitarbeiter am Band, das Durchchecken macht Spaß. Ich kaufe eine Zeitung. Dann folgen lange Gänge. Ich habe den weitesten Weg und die Läden sind gespenstisch leer. Eine Frau fragt: Massage?. Saturn hat einen Automaten aufgebaut. Batterien, Ladegeräte, Fotoapparat, Handy. Am Gate wird es wieder laut, die Menschen reden und Kinder schreien. Viele haben Taschen und Tüten in der Hand. Da war ich doch echt bescheiden.
      Als der Aufruf kommt, gibt es Gedrängel und Stau, bis alles sitzt. Schlimmer als in der Bahn. Ein Koffer in der Gepäckablage steht quer. Als ich ihn drehe, fällt der Mantel davor einem Mann ins Gesicht. Es trifft nicht den falschen. Schnell hebe ich den Rucksack hinein und drücke den Mantel über den Koffer. Der Mann ist genervt: Den will man doch noch anziehen. Das Flugzeug hebt sich, und ich erinnere mich nun. Geflogen bin ich ja schon. es ist nur Jahre her. Flugangst habe ich keine. Ich mag es eben nicht gerne. Man verliert das Gefühl, wie weit etwas ist und erhebt sich maßlos in die Gefilde der Sterne.

      Ich habe einen Fensterplatz und der Zauber umfängt mich. Ist es Landschaft oder Phantasie? Die Welt entsteht im Kopf.
      Ich mache Fotos. Schnee liegt nicht, aber im Süden Deutschlands sind Seen vereist. Die Alpen. So klein und faltig. Majestätisch? Eher kleine Pickel auf der Märklin-Wand. Das Ehepaar neben mir ist nett. Ich zeige die Fotos, damit auch sie etwas sehen.





      Das Meer beginnt. Leichte Wellen breiten sich rillenförmig aus.. Dann beginnt auch schon der Landeanflug. Serra de Tramuntana. Raue Berge. Dann Flachland. Der Flieger setzt auf.

      Es ist warm, man merkt es sofort. Der Weg zum Ausgang ist weit. Die Koffer werfen sich gegenseitig vom Band, es ist, als wäre es ein DOS Spiel. Mein Rucksack kommt, und ich setze ihn auf. Willkommen in Espana. Die Toilettenspülung ist defekt.

      Die anderen sind in Bussen entschwunden, und ich suche nun den Ausgang. An einer Bushaltestelle steht ein Mann, er spricht Deutsch mit einer Dame. Der Fußweg nach draußen? Er lacht: Gar nicht. Entweder ein Bus oder ein Taxi, zu Fuß geht es hier nicht raus.
      Der Bus kommt in einer halben Stunde und ich merke, dass mich das stresst. Der Taxistand, und ein Fahrer winkt. Wir sprechen Englisch, und ich lerne schnell die wichtigsten Worte. Die Fahrt kostet 17.45 €. Billig ist Mallorca schon mal nicht.

      Der Schuppen ist scheußlich wie erwartet und natürlich riesengroß. Man spricht deutsch an der Rezeption, aber bemüht ist man nicht. Mir ist es recht, ich mag aufgesetzte Freundlichkeit nicht. Das Zimmer ist groß und hübsch, aber das Meer sehe ich nicht. Vom Balkon aus ist es doch noch zu sehen. Die Zimmer zur See vermietet man lieber an zwei Personen, verstehe ich und gefällt mir nicht. Ich sehe die Berge und das erste Morgenlicht.

      Ich frage an der Rezeption nach einem Fahrradverleih. Morgen. Ein Schwabe lächelt mich freundlich an und wendet sich dem Mann an der Rezeption zu. In der Fernbedienung fehlen die Batterien.

      Ich gehe die Straße hinunter Richtung Meer und bin wirklich bei Ballermann und Söhne. Der Bierkönig. Laut schmettern deutsche Lieder über die enge, leere Straße. Ein Afrikaner lungert herum. Es ist Winter. Keiner kauft jetzt Kettchen. Das riesige Lokal ist leer. Niemals werde ich im Sommer meine Schritte in die Nähe lenken. Niemals.

      Der Grillmeister. Der Wurstkönig. Oberbayern. Mein Gott, ich kann es nicht glauben. Die Promenade. Und dann kommt es. Da ist es. Das Meer.





      Die Sonne lacht und streichelt die Haut. Meine Ohren kreischen schrill. Ohne Nachzudenken ziehe ich die Schuhe aus und gehe in Richtung Meer. Das Wasser ist kalt, es ist eisig kalt. Nordsee im frühen Sommer. Ich packe meine Schuhe ein und laufe langsam den Strand lang. Das Wasser entspannt mich schon nach kurzer Zeit und meine Ohren werden ruhiger.





      Eine Frau sitzt an einem Beobachtungsstand und blinzelt in die Sonne. Ein Mann kommt mir entgegen, auch er läuft ohne Schuhe.

      Ich bin müde und trockne die Füße ab. Dann wärme ich sie in den neuen Schuhen. Sie sind ein wenig zu groß, die passenden wurden nicht rechtzeitig geliefert. Feiertag in Süddeutschland, ich habe nicht dran gedacht. Es sind die letzten Exemplare, die Produktion wurde eingestellt. Ein Schock Anfang letzter Woche.Wenn alles gut geht, habe ich bald 4 Paar davon, das reicht hoffentlich bis zum Rest meines Lebens.





      Ich gehe zur Promenade zurück. Ein kleiner Supermarkt. Fast jeder Laden ist hier ein Supermarkt, aber die meisten sind nicht geöffnet. Mineralwasser und Einwegrasierer. Was der Mensch so alles braucht.

      Ich streife weiter und kurz darauf habe ich einen wundervollen Begleiter.





      Ganz preiswert ist das natürlich nicht, aber es erfüllt alle Träume. Mehr als ich zu hoffen wagte. Eine Rentnergurke: Es wäre mein Tod. Der schweizer Name des Verleihers hatte mich angezogen. Er hat hier einen Konzern geformt.. Das Business ist fest in seiner Hand. Rennräder, vor allem. Mallorca ist ein Rennradland. Wer hätte das gedacht.

      Ich miete einen abgewrackten Helm und zahle Pfand für Werkzeug und Tacho. Das Rad fährt gut, ich fühle es sofort. Ich fühle mich besser. Ich bin wieder komplett.


      Die Sonne entscheidet sich, unterzugehen und zaubert ein wunderschönes Licht. Leider erstmal das falsche, denn die Fotochallenge hat das Motto "Blaue Stunde". Viel zuviel rot ist in der Luft.





      Der Sonnenuntergang. Zielgerichtet versinkt die Sonne im Meer. Ein Ehepaar zuckt sein Iphone. Es sind einige Menschen unterwegs. Spanier oder Deutsche.




      Ich fahre zu der Vermietung zurück. Es ist jetzt kurz vor sechs. Er ist nicht ganz begeistert, denn in 5 Minuten hat er Feierabend. Der Sattel muss noch ein Stückchen höher. Er macht es schnell. Danke.

      Es ist Essenszeit. Radständer gibt es keine. Ein Radkeller? Man drückt mir einen Schlüssel in die Hand. Zur Straße rechts, Nr 3. Sonst nichts. Ich schiebe hoch und suche nach der drei. Gebäude? Hausnummer? Keine Ahnung. Ein Radverleih. Die gleiche Firma. QuerStraße rechts. Radklamottenverkauf. Die gleiche Firma. Dunkel. Eine Seitenstraße. Zu weit. Mein Hirn schwillt. Zurück. Radvermietung. Ein Hof, ein Tor. Nichts. Hier sind nur Büros. Werkstattgebäude. Auf diese Idee komme ich nicht.

      Die Rezeptionistin zeigt, wie egal ihr das ist und das Rad kommt in den Raum fürs Gepäck. Eine Zeichnung könnte helfen. Der Mann morgen soll mir das zeigen.

      Das Abendessen 9.90 €. Buffett und Getränke. Die Auswahl ist groß. Frischen Salat, Gemüse, Fisch, Fleisch, Perfekt.

      Der Raum ist nicht isoliert, meine Ohren dröhnen. Jugendherberge Neumünster. Oh, Italien. Ein kleiner Hauch Farbe, ein Gewürz, Kultur. Niemand kann das wie ihr

      Am Eingang sitzen Rentner. Würste, Fleisch, Kartoffeln, Speck. Weiter hinten volle Teller: Salat, Gemüse, Obst, Nudeln. Rennfahrerdress. Die Jungs am Nebentisch sprechen eine schöne Sprache. Finnisch? Es perlt so schön. Vielleicht ist es auch etwas ganz anderes.

      Der Wetterbericht verspricht einen sonnigen Tag. Im Zimmer ist es eisig kalt. Woolpower 400. Ich lade Bilder für die Fotochallenge hoch und gerate in fürchterliche Verzweiflung. Die ods hotline hilft mit Rat und Tat. Nach Mitternacht ist es geschafft. Das erste Mal seit über einer Woche finde ich Schlaf und wache sogar nachts nicht auf.
      Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 13:40.
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        #4
        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

        14.1.2015 Eine kleine Runde. 70,2 km

        Um sieben klingelt der Wecker. Kurz darauf stehe ich auf dem Balkon. Eine Nebelwand taucht auf und wird größer.





        Dann kommt die Sonne heraus.





        Ich trage meine rote Montane und ordne mich in der Reihe der Sportler ein. Es funktioniert, sie grüßen nett. Aber man sähe es wieder am Teller. Müsli, Gurke, Paprika, Ananas, Frischkäse und zwei Brötchen.

        Am Aufzug steht eine füllige, ältere Frau mit wallender Bluse und Ketten. Sprechen Nichtmehroutdoorer mit Touristen? Ich frage sie, ob sie Zimmer mit Seeblick hat. Ich nicht. "Machen Sie sich nichts draus", sagt sie. " Dafür ist es bei mir furchtbar laut. Bierkönig. Nachts um zwei wache ich immer auf. Gehen Sie raus. Das Wetter wird schön. Verbringen Sie jede Minute draußen, so lange sie können. Fahren Sie nach Cala Blava. Am Hafen in S'Arenal geht es nach rechts."

        Kurz darauf hole ich mein Rad aus dem Gepäckraum des Hotels. Die Frau von der Rezeption arbeitet immer noch und schaut so verkniffen wie üblich drein. Ich sehe nun, dass gestern die Tür zur Werkstatt gemeint war. Eine kleine Zeichnung, und ich hätte es gefunden. Nette Leute gibt es hier an der Rezeption. Der Mann am Tresen der Werkstatt redet anders, weicher, als die Leute an der Rezeption. Und er lacht aus den Augen. Ich frage ihn, woher er kommt. Er ist Mallorquiner, Katalane. Ich erkläre, er spricht anders als die anderen, und ich dachte, er sei Italiener. Wegen der Fröhlichkeit, sage ich, und kopiere die Dame von eben.. Er lacht und freut sich. Da scheint es Unterschiede zu geben.

        Es ist noch kühl, und ich nehme die Promenade nach S' Arenal. Die ersten Spaziergänger sind unterwegs. Ich mache ein Foto und eine Frau kommt spanisch redend auf mich zu. Ich erkläre, dass ich nichts verstehe (auf italienisch). Sie läuft zu ihrem Mann zurück. Ein Rad, eine Weste. Anscheinend nicht deutsch.





        Die Angler sind Mallorquiner, es kann nicht anders sein. Sie lachen und scherzen wie Italiener. Die Küste ist schön.





        Kleine Strände bei Cala Blava. Aber noch ist es viel zu kalt.





        Ein Mann im grünen Shirt rennt über die Straße zu den Felsen. Kurz darauf sehe ich ihn wieder. Verdammt, ist der schnell.





        Aussichtspunkte. Man spricht Deutsch.








        An der Kreuzung geht vielbefahrene Landstraße los. Ich biege zunächst ab in den nächsten Ort. Blumen.Vögel zwitschern in den Bäumen.








        Eine Tante von mir hat auf Mallorca ein Häuschen. Plötzlich erinnere ich mich daran. Eine Katze geht in die Sonne.





        Ich suche noch einmal eine kleine Bucht, doch Baulärm macht Ruhe unmöglich.





        Steil geht es wieder bergauf. Wie schaltet man vom sechsten hinunter in den ersten Gang? Es kracht gewaltig. Ich glaube, ich bekomme die Schaltung bald klein. Mit Rohloff ist so etwas kein Problem. Schieben. Wieder ein Mann in grünem Shirt. Es kann nicht derselbe sein. So schnell kann er nicht sein. Ein bisschen mulmig ist mir dennoch.

        Zurück durch den Ort zur Hauptstraße. Steil ist sie nicht, aber hügelig. Ich werde gleich wieder schieben. Und dann fahre und fahre und fahre ich hinauf und kann das Ganze kaum glauben. Sind es die Medikamente? Oder das Fahrrad? Vielleicht beides? Rennradreifen, Leichtbau. Macht das wirklich so eine Menge aus? Radrennfahrer überholen mich mit Ola. Ein bisschen wie Italien.

        Warm ist es geworden und schonen wollte ich mich auch. Die Autos sind mir zu laut. Ich muss von dieser Straße runter. Die Karte weist eine ruhige Straße aus.

        Tatsächlich ist es ein beschilderter Radweg. Selten ein Auto, aber auch das viel zu laut. Radfahrer huschen vorbei. Sonst bin ich alleine. Die Felder wie zu Hause, nur warm. Die Mauern sind anders.





        Ein großer Vogel, rot gefärbt, stößt herab, doch bis ich die Kamera gezückt habe, ist er weg. Noch lange sehe ich ihn in der Ferne kreisen.





        Stille.


        Keine Kirche. Sondern das Hilton.








        Ein Radweg in Richtung Küsten lockt. Doch ich kann die Distanzen nicht einschätzen. So fahre ich lieber den kürzeren Weg. Ich muss mich ja erst einmal reinfinden.








        Rastplatz. Die Stille und warm ist es auch.








        Ein Rausch der Farben.





        Ohne es zu merken, bin ich bei Llucmajor. Die vielbefahrene Landstraße dröhnt nur. Ich will mich nicht überfordern und trete den Rückzug an. Zurück zur Unterführung, zum Hotel geht es am Autobahnradweg entlang. Der Wind kommt von vorne und übertönt die Geräusche. Es ist angenehmer zu fahren, als ich dachte.











        Ich verfahre mich bei S'Arenal und muss wenden. Es ist Absicht, man kann den Radweg nicht verlassen. Der Schleichweg. Ich bin nicht alleine.





        Schule ist aus, es ist laut in den Straßen. Ein Platz. Leer. Zwei Menschen dösen in der Sonne.Ich finde einen kleinen Supermarkt und kaufe Wasser, Brötchen und Käse. Mallorca ist Flanbyland, wer hätte das gedacht. Aus schlechten Lautsprechern plärrt Musik. Eine Qual für die Ohren. Gibt es irgendwo noch ruhige Zonen? Die Tabletten lassen nach.

        Ich setzte mich am Hafen unter eine Palme. Der Sand ist kalt. Die Wellen rauschen und dröhnen in meinem Ohr. So laut war Wasser noch nie. Ludwig van Beethoven. Ich verstehe seine Qual. Der Käse ist gut und würzig. Die Sonne wärmt. Bald geht es den Ohren besser, sie haben sich an das Rauschen gewöhnt.





        Genussvoll radele ich die Promenade entlang. T-Shirts, Taschen. Ein Cafe. Fast alles andere hat geschlossen. die Burgerketten inklusive. Im Sommer muss hier die Hölle los sein, alle 500 Meter gibt es welche.

        Ein Souvenirladen hat Obst, und ich kaufe eine schicksalshafte Banane. Seit Tagen habe ich Krampfneigung, eine Banane kann nicht schaden. Das Rad hat keinen Ständer, und ich lege es einfach hin. Als ich aufgestiegen bin, die Banane in der Hand, bleibe ich mit der Bananenhand hängen. Das Rad macht eine blöden Schlenker. Ich ruckel und die Hand ist frei. Erleichterung. Ich esse die Banane auf, werfe die Schale in eine der Papierkörbe, dann geht es auf Nebenstraßen langsam zum Hotel. Eine Steigung. Schiebestrecke, gewöhnlich. Ich packe sie. Ein Krampfanfall im Oberschenkel. Mit Disziplin geht er weg. Ich freue mich auf Ruhe. Mein Ohr beginnt zu Rauschen. Die Anstrengung war zuviel. Ich lehne das Rad am Radraum an und greife nach der Karte. Es ist nur keine da.

        Einen Moment weiß ich nicht, wie ich mich umbringen soll. Dann entscheide ich mich für Suchen. Präzise suche ich den Rückweg ab. Sie ist einfach nicht zu finden. Wie weit war der Laden denn? Da war sie doch noch auf dem Fahrrad. Der Schlenker muss es gewesen sein. Ich verfluche die Banane. Ich fahre suchend fast bis S'Arenal. Dann fahre ich wieder zurück zum Hotel. Nichts. Die müsste doch zu sehen sein. Wieder zurück, die Promenade entlang. Zum Hafen, zur Palme, da ist sie nicht. Zurück, die Promenade entlang. Rennradtempo. Den Laden sehe ich nicht, ich kann mich nicht erinnern. Der Weg war lang, aber in Arenal war er nicht. Die ersten Cafebesucher glotzen mich an. Ich bin leicht zu erkennen. Ich fahre mit einem hochgezogenen Hosenbein. An meinem Rad bleibe ich nie hängen. Nochmal zurück. Dann wieder her. Einen kurzen Moment beglückt mich Verstand. Das Navi. Wo ist der Ausschlag, als ich an der Kasse war? Gar nicht weit vom Hotel entfernt. Der Laden hat zu.

        Ich fahre zum Hotel und packe meine Sachen aus. Zur Ruhe komme ich nicht. Einbruch des Numinosen in die heile Welt. Mein Kopf und die Ohren brennen. Blanke Panik. Immer noch nicht belastbar. Ich frage an der Rezeption nach Karten. Der Mann von gestern ist wieder da und weiß weder was von Karten noch von einem Laden. Der Radverleih. Rennradkarten. Die will ich nicht. Ich bin Outdoorer und brauche Details. Ein kleiner Supermarkt. Es sind nur grobe Karten. Der nächste Supermarkt. Zurück, noch ein Supermarkt. Die Frau schickt ihre Schwester los. Ich brauche Kompass 230. Wir reden ein bisschen, während wir warten. Sie war mal in Freiburg im Breisgau und spricht etwas deutsch.

        Die Karten taugen nicht, aber die Radkarte kaufe ich ihr ab. Da sind Routen mit Höhenmetern drauf. Ich fahre zu einer Hotelkette, Bikehotel. Karten haben sie nicht. In Palma gibt es Buchhandlungen.

        An der Promenade erschallt klassische Musik. Ein wenig Kultur gibt es hier auch, was ein Glück. Ich schließe das Fahrrad ein. Die anderen Hotelgäste waschen den Staub vom Rad. Das Paar von heute morgen grüßt mich. Die ods-hotline wird wieder gequält, bei dieser Karte ist Verlust eine Katastrophe. Sie weist auch Nebenradwege aus und das ist hier unverzichtbar. Ich fahre ja nicht Strecke, sondern Landschaft ab. Erst das zeigt, wie krank ich wirklich bin. Ich kann mich kaum beruhigen. Überhaupt kein Improvisationsvermögen mehr. Eine Outdoortour wäre gescheitert.

        Das Essen ist besser als gestern, an den Lärm gewöhnt man sich auch. Hauptsache Salat und Gemüse. Günstiger als hier geht das nicht.

        Die odshotline weist auf Kartendownload bei Kompass hin. Nicht schlecht, aber nicht zu vergleichen. Nachbarn haben das Nachbarzimmer besetzt, der Fernseher dröhnt zum Erbarmen. Verzweifelt suche ich das Pannenset, es ist gegen Pfand Teil des Leihvertrages, und ich habe es wohl auch verloren. Diese Erkenntnis gibt mir für heute den Rest, und ich stopfe Ohropax in die Ohren.

        Viel gefahren bin ich heute irgendwie nicht, das ist mir klar. Aus Routine schaue ich aufs Navi. 70,2 km. Nicht zu fassen. Ich brauche ein neues Fahrrad.
        Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 14:11.
        Oha.
        (Norddeutsche Panikattacke)

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        • Werner Hohn
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          • 05.08.2005
          • 10870
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          #5
          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

          Aus dem Flughafen soll man auch zu Fuß, bzw. mit dem Rad hinaus und hinein kommen. Vor ein paar Jahren hat mir ein Spanier seinen Weg zur Arbeit auf den Flughafen erklärt, den er täglich von Can Pastilla mit dem Rad macht. Gefahren, gegangen bin ich den allerdings noch nicht. Soo toll sieht der aus dem Busfenster nämlich nicht aus.

          Tja, die Kunst bei der Hotelwahl am winterlichen Ballermann besteht darin, den richtigen Abstand zwischen der Einflugschneise des Flughafens und s'Arenal de Palma zu finden.

          Wanderkarten (Kompass) findet man sehr oft in den Kiosken großer Hotels. Es muss ja nicht das eigene sein. Oder man fährt in die Stadt. Dort hat die Regionalregierung, wie überall in Katalonien und auf den Balearen, einen gut bestückten Karten- und Buchladen (einheim. Wander- Koch-, etc-Bücher). Heißt Casa del Mapa und ist unter der Straßendecke.

          Mach' mal weiter. Ich bin gespannt, wo es dich noch hingetrieben hat.
          Zuletzt geändert von Werner Hohn; 05.02.2015, 14:59.
          .

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          • Torres
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            Liebt das Forum
            • 16.08.2008
            • 31757
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            #6
            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

            Na klar, irgendeine Lücke gibt es bestimmt. Aber das wäre mit dem Gepäck auch nicht so doll gewesen, ich wusste ja noch gar nicht, wo ich hin muss.

            Was die Karten angeht: Wir haben Januar. Es hat doch fast nichts auf! Die meisten Hotels hatten geschlossen, auch die Großen. Und bei denen, die in der Umgebung auf hatten, war ich. Ich bin daher tatsächlich bei dem von Dir genannten Kartengeschäft gelandet....

            Das Hotel war mehr als okay, den Flughafen hat man gesehen, aber nicht gehört. Nur Meerblick wäre schön gewesen.
            Oha.
            (Norddeutsche Panikattacke)

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            • Waldhexe
              Alter Hase
              • 16.11.2009
              • 3184
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              #7
              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

              Sehr schön!
              Ich nehme an, Du magst Max Frisch?
              Schreib bald weiter, Homo Faber.

              Gruß,

              Claudia

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              • blind
                Anfänger im Forum
                • 21.01.2015
                • 13
                • Privat


                #8
                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                Ich war über Weihnachten und Sylvester "bikepacking" in der Tramuntana. Man kommt relativ gut vom Flughafen runter, allerdings sind nach Palma rein dann doch ein paar Kilometer die ich nicht unbedingt zu Fuß gehen wollte.
                Ansonsten hatten wir ähnliche Probleme... Hotels haben großteils nochs zu, Kaffeebars und kleine Läden auch, die Rifugios in der Tramuntana auch. Wildcampen war nirgends ein Problem, die Leute sind da extrem unkompliziert.
                Unsere Wanderkarte haben wir noch zuhause einen Tag vor dem Abflug gekauft, allerdings hat uns die Karte ziemlich im Stich gelassen. Im Endeffekt sind wir mit den "Notfall" OSM Karten auf m Handy besser zurechtgekommen.

                OT: Schön nochmal was von Mallorca zu sehen! Interesanter Bericht!

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                • Torres
                  Freak

                  Liebt das Forum
                  • 16.08.2008
                  • 31757
                  • Privat


                  #9
                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                  Es gibt im Internet eine sehr gute Topo für Mallorca. Die hatte ich mir aufs Navi heruntergezogen. Ich weiß nur nicht mehr, von wo, aber wenn ich das finde, finden das andere auch. Es gibt dann natürlich auch noch Detailkarten für den GR 221.
                  Im Januar ist wildcampen sicherlich weniger ein Problem, ich würde aber dennoch mit solchen Aussagen vorsichtig sein, da es bekanntlich die Masse macht. Im Januar sind aber viele Leute wirklich sehr entspannt, denn wer dann auf Mallorca kommt, mag die Insel wirklich.

                  @Waldhexe
                  Max Frisch "Homo faber"? Das war Schullektüre, und ich fand das fürchterlich. . Ich weiß noch nicht mal, ob ich das Ding überhaupt fertig gelesen habe. Bin ich bereits in diesem Stadium? (Ich muss das Ding mal suchen, den Inhalt erinnere ich nicht mehr.)
                  Oha.
                  (Norddeutsche Panikattacke)

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                  • Gast-Avatar


                    #10
                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                    Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                    @Waldhexe
                    Max Frisch "Homo faber"? Das war Schullektüre, und ich fand das fürchterlich. . Ich weiß noch nicht mal, ob ich das Ding überhaupt fertig gelesen habe.
                    Nach einiger Zeit kann man sich die "Schullektüre" ruhig noch mal zu Gemüte führen.

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                    • Waldhexe
                      Alter Hase
                      • 16.11.2009
                      • 3184
                      • Privat


                      #11
                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                      OT:
                      Ich wollte Dir keinesfalls zu Nahe treten, Dein Schreibstil hat mich nur daran erinnert. Und um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich habe "Homo Faber" sehr gerne gelesen und fand es toll, ich könnte mir vorstellen, dass Du ihn heute auch magst.


                      Geht's bald weiter?

                      Gruß,

                      Claudia

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                      • Torres
                        Freak

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                        • 16.08.2008
                        • 31757
                        • Privat


                        #12
                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                        15.1.2015. Über Palma nach Sant Jordi. 45 km

                        Ich bin auf der Arbeit und man will etwas von mir. Man redet auf mich ein. Setzt mich unter Druck. Zuviel. Mein Kopf platzt, während ich die Anforderungen koordinieren will. Ich löse das Problem, indem ich tot umfalle und von höheren Warte aus die lebensrettenden Maßnahmen betrachte. Es ist 6 Uhr morgens. Der Weg ist noch lang.





                        Ich hole das Rad vom Haken. Ein Schweizer Hüne begrüßt mich: "Schon los?" Dabei ist es schon neun. "So schnell war ich noch nie unterwegs". Ich rede von dem Fahrrad. "Aber Pässe fahre ich damit nicht" und meine die Steigung. "Ist ja auch viel zu kalt" sagt er, und meint den Fahrtwind. Und sowas sagt ein Schweizer!

                        Der Souvenirladen ist offen, die Karte nicht gefunden. Verzweiflung. Ausgeschlafen sehe ich genau, wie ich sie wegstoße, damit die Banane nicht herunterfällt. Filmriss. Ein Trauma. Wie konnte das passieren. Sonst fällt mir so etwas auf.

                        An der Promenade Richtung Palma die Polizei und daneben eine kleine Touristeninfo. Die habe ich gestern nicht gesehen. Karten gibt es in Palma, da gibt es einen sehr guten Laden dafür. Ein junger Mann, wir sprechen Englisch. Eine Karte von Palma, er zeichnet den Standort ein. Ein Infozeichen steht dabei, das Geschäft scheint auch eine Touristeninfo zu sein.

                        Es ist kalt. Ich habe Shirt, Windbreaker, Jacke und Windweste an. Es hält gerade warm. Ich habe leichtes Kopfweh. Der Verleih. Ein Schweizer öffnet. Ich mag den Schweizer Tonfall.
                        Das Reparaturset. Ich habe es verloren. Er greift unter den Sitz. es ist da. Speicherfehler auf der körpereigenen Festplatte, Partition Erinnerungsvermögen gestört. Ich hatte den Beutel kurz in der Hand. Und nicht bemerkt, dass er untergeschraubt wurde. Vergessen. Er lacht mich an. Spezialkarten, ja, nur in Palma. Das Rad in Palma abschließen. Ich komme aus Hamburg. Er lacht. Und auch an einem festen Gegenstand. Ich nenne den Preis meines gelben Fahrrads. Nun lacht er richtig. Alles klar. Man versteht sich.

                        Die kleine Bucht des ersten Abends. Dann ein schmaler Radweg, vielbefahren. Zweispurig. Durchgehend bis Palma.











                        Eine rechtwinklige Kurve. Ich hätte gedacht, das schließt sich aus. Zweispurig. Ich taste mich vor, ganz vorsichtig und schaue an der Mauer um die Ecke. Ein Halt gegenüber am Aussichtspunkt. Foto. Ich ziehe jetzt doch die Jacke aus. "Da würden die Deutschen jetzt sagen: Das entspricht aber nicht den Sicherheitsvorgaben". Emil Steinberger - Tonfall. Eine Gruppe Schweizer Radler nimmt die Ecke elegant.





                        Es ist eng. Spaziergänger. Die Stadt im Dunst.











                        Palma. Eine große Kirche. Ist die wichtig? Später vielleicht. Der Radweg trägt eine Nummer. Ich biege am Yachthafen ab. Geradeaus, dann den Berg hoch. Aha, die Kirche ist wohl eine Kathedrale. Jetzt links. Da ist gar keine Straße. Die Treppe. Das Fahrrad ist so leicht. Der Laden. Casa del Mapa.





                        Laternenpfähle fehlen. Ein paar Meter weiter ein Papierkorb, das reicht. Das Bügelschloss hakt. Das nächste Mal nehme ich ein Schloss mit. Und meinen Helm.

                        Die Karte gibt es in vielen Sprachen. Beglückt halte ich sie in der Hand. 11.00 €. Fast kaufe ich zwei. Ich werde sie brauchen. Den ganzen Tag.

                        Der Verkehr ist moderat. Das klag im Reiseführer anders. Ich schiebe dennoch bergan. Nur nicht übertreiben. Langsam, langsam.

                        Eine Gaskartusche wäre nicht schlecht. Spontaner Gedanke. Bei C&A wird demonstriert. Die Polizei beobachtet. Ich frage eine Polizistin: Decathlon. 2,5 km entfernt an der Autobahn. Navi. Wohl machbar, aber habe ich Lust? Ich schiebe etwas in die Richtung. Dann sagt mein Ohr: Nein. Die Strecke für heute ist in Gegenrichtung. Spontan wende ich. C&A wird weiter von einem Trüppchen Warnwesten gellend ausgepfiffen. Schönes Flair an der Straße. In der Kurve muss ich rechts. Da ist aber ein Einkaufscenter. Abbiegen nicht möglich. Weiter. Zu weit, sagt das Navi. Wenden. Zurück. Ach so, eine Altstadt. Der Verkehr führt drumherum.

                        Ich wähle die Abkürzung. Kleine Gassen. Schieben. Essensduft. Eine Buchhandlung. Goya Bildband. Literatur. Ein Café. Einen Moment fühlt es sich an, als wäre ich in Spanien.

                        Das Navi lenkt mich zur Hauptstraße. Ein Stück der Ringstraße. Autos, Mopeds, Busse. Kein Vergleich mit Italien. Ich schwimme mit.

                        Abzweigung. Die Karte ist unbezahlbar. Ich bin richtig. Meine Ohren sind besser. Der Verkehr ist laut, aber es dröhnt nicht. Die Autobahn.





                        Ein verlorener Platz. Palmen. Parkplätze. Leer. Hier soll ein Radweg sein. Ich finde ihn nicht. Ich fahre die leere Straße entlang. Die Hauptstraße quert. Jetzt geradeaus. Der Name der Straße zeigt nach rechts. Also rechts. Falsch. Da war ich eben fast. Wenden. Ein Radweg. Man muss ihn kennen. Die richtige Straße. Kein Radweg. Son Ferriol der Zielort. Ein Standstreifen, daher als Radstrecke markiert. In Abständen kleine Lampen montiert. In der Nacht zeigt sich so der Straßenrand. Für das Rennrad bleiben an den Ausbuchtungen Millimeter. Oder die Straße.

                        Die Autos sind laut. Sie fahren schnell. Es ist der Radweg 16, und er gefällt mir nicht. Rennfahrerstrecke. Fahren und gut. Mir fehlt das Gefühl von Natur.

                        Die Karte hilft. Ich kann Nebenwege fahren. Ein kurzer Tag dann, aber was soll es. Die Abzweigung. Der Weg ist schlecht. Eine Zufahrt. Immerhin der Blick auf Oliven. Aber das hier ist falsch. Ich wende.





                        Richtig. Der Hügel ist leicht bezwungen. Am Straßenrand Haufen von Müll. Anhalten, verklappen, wegfahren. Kloschüsseln, Fernseher, Textil. Es ist still.

                        Ländlich. Der Hund bellt.

                        Ein Wasserbecken. Der Flughafen ist nicht weit.





                        Eine kleine Straße. Ruhe für die Ohren. Gar keine Autos hier. Aufs Stichwort hin kommt ein Transporter um die Ecke und keucht den schmalen Weg hinauf. Ich warte und lasse ihn passieren.

                        Ein Hof. Gemütlich. Mediterran. Ich habe ein Haus auf Mallorca. Das wird plötzlich sehr verständlich.

                        Zitronen. Der Hund kläfft. Das Haus wirkt, als könnte man die Leute kennen. Ich schaue nicht hin, und man sieht auch niemanden.





                        Kurz darauf ein Tor. Groß. Stabil. Schwarz. Geschlossen. Aus diesem Haus erklingen Stimmen. Fragen, ob sie es öffnen? Die Privatsphäre stören? Oder umkehren? Unschlüssigkeit.

                        Warten. Nachdenken. Das gelingt mir doch sonst auch. Der Weg ist auf der Karte eingezeichnet.

                        Ich nähere mich dem Tor. Erst probieren, dann fragen. Es ist offen. Ein kleiner Durchschlupf für Radfahrer und Wanderer. Ich muss das Fahrrad anheben. Danke, dass ich passieren darf.








                        Ein Ort. Laut Karte geht es geradeaus. Ein schlechter Weg. Häuser vereinzelt auf der rechten Seite. Ich fotografiere sie nicht. Ist man hier arm? Der Flughafen ist nicht weit. Die andere Straßenseite.





                        Ein Haus. Die Familie sitzt im Garten. Fünf Hunde schaukeln sich hoch. Kläffen. Lauter als das startende Flugzeug. Ein Tor verschließt sich vor mir. Der Weg ist zu Ende. Vor mir ist Flughafengelände. Wenden.





                        Wieder die Hunde. Sie rasen wie irre über das Grundstück. Ein Mann läuft an der Straße entlang. Ein Arbeiter. Faltig und verschwitzt. Ein Haus. Es riecht nach Hund. Ein Setter ist an eine dünne Leine gekettet und rennt an der Leine wie verrückt im Kreis, überschlägt sich, bellt. Symptome beginnenden Wahnsinns. Raserei.
                        Überall sind Augen.





                        Ich biege rechts ab. Die Abzweigung nach Sant Jordi. An der Kreuzung steht die Zeit still. Männer schlagen sie tot. Der Radler Treff - Bikers Point (mallorquinisches Essen - mallorquin Food - baguettes warm + kalt - Hamburger - Bier) ist geschlossen.

                        Die Straße ist schön. Autos stören nicht. Der Ort um die Kirche wirkt wie eine Insel der Geborgenheit.





                        Hinter einem Zaun auf der anderen Straßenseite weiden Vögel. So entdecke ich die Bank und lasse mich in der Sonne nieder. Hinter meiner rechten Schulter die Landebahn. Der Wind steht günstig. Man hört sie kaum. Im fünf Minutentakt schwebt man herein. Wie ich vor zwei Tagen. Leicht und sanft. Das Geld, der Wohlstand, das Leben. Im Sommer wird es jede Minute sein. Ich esse Käse und Brot.

                        Erst als ich aufbrechen will, entdecke ich Besuch.





                        Ich entscheide mich für die kleine Runde und biege vor dem Hügel ab. Der Blick zurück. Die Häuser schlafen. Der Radweg erhält EU Fördermittel. Da gab es doch mal was. (In Polen stand an den Radwegen oft EU Fördermittel dran. Katastrophale Straßen, aber perfekte Radwege.) Autos sind hier keine. Schön ist es hier auch nicht. Aber die Farbe.





                        Etwas später riecht es entsetzlich nach nassem Hund, nach stinkendem, schlechtes Futter fressendem Hund.

                        Die Hauptstraße. Das ist wohl falsch. Ich suche Schilder und fahre zurück. Der nächste Weg ist in schlechtem Zustand. Wieder wenden. Der Parallelweg zur Straße ist noch am besten. Wieder der Hundegestank. Hier ist eine Farm. Ein verschlossenes Tor. Kommt der Geruch dorther?

                        An der Querstraße rätseln. GPS hilft. Links. Hier ist nun auch ein Radschild, die Abzweigung war viel früher. Ich habe sie nicht gesehen. Ein Hof. Ein schöner Weg beginnt.

                        Einen kurzen Moment England. Foggy hier. Künstlich hergestellt. Ein Bauer fackelt Pflanzenreste ab.





                        Radwegmarkierungen.





                        Still ist es hier.

                        Große Pferde. Kleines Gemäuer. Kann man hier leben?





                        Ich zupfe Gras. Eine kleine Belohnung für das Fotomodell.





                        Ich bin nicht in Eile. Es gibt so viel zu sehen. Bald halte ich wieder an.











                        Lärm. Es sind kleine, zwitschige Vögel. Ein Höllenlärm. Zahnbohrerlärm. Kreischend und schrill. Natur ist nicht immer still. Natur kann auch ganz schön nerven.





                        Ich zucke zusammen. Was sagt die Zeit? Entspann Dich. Du bist nicht auf Tour.

                        Ich horche in mich hinein. Gibt einen fühlbaren Unterschied zwischen Tagestour und Tour? Oh ja, den gibt es. Der Druck entfällt: Hat der Platz, das Hotel geöffnet? Bald wird es dunkel. Wie weit ist es bis zum Ziel? Stattdessen genießen. Sehen, hören, fühlen, schmecken. Die Zeit währt ewig. Und zu Hause wartet der gedeckte Tisch. Ein Leben als Kind.





                        Ein bisschen hier wie in Italien (Latium). Wie lange ich für den heutigen Tag mit dem Roller gebraucht hätte? Welch eine Mühsal im Vergleich.





                        Kein Schild. Der Weg ist schlecht. Das wird falsch sein. Zurück und abbiegen.





                        Die Touristenzentren nahen. Noch einmal wohlfühlen. An einer Mauer trödele ich vor mich hin und fotografiere Steine. Die Fotos gefallen mir nicht.

                        Ich sage ja. Überall sind Augen.





                        Radrenntraining. Der Blick zu Boden. Sind es Schweizer? Niederländer? Belgier?

                        Die Autobahn. Eine Wunde in der Landschaft wie ein Wanderweg in unberührter Natur. Nichts gegen das folgende. Ein Kreisel. Und dann Schilder. Nein. Ich bin nicht aus Deutschland. Ich wechsele die Nationalität. Ein Freund von mir findet so etwas gut.





                        Das Hotel ist hinter dem Hügel. Ich bin müde, mein Schädel brennt. Aber mir fällt nicht ein, was ich im Zimmer machen soll. So fahre ich noch in den Ort. Dort kaufe ich Wasser, suche vergeblich Ziplocks (für die Karte, mein Beutel ist schon recht milchig) und lasse mir bei einem der Reiseveranstalter den öffentlichen Nahverkehr erklären. Erschöpft wanke ich zum Strand. Der Deckel einer Dose liegt im Sand.

                        Steht die Sonne im Sommer gerade? Die Dächer bieten keinen Schutz.





                        Zwei Männer baden im eiskalten Wasser. Ein Paddler schwebt durchs Bild. Mein Boot. Wie ich ihn beneide. Aber es ist kalt und mich fröstelt.





                        An der Promenade biege ich falsch ab und fahre Hauptstraße weiter. Zum Stellplatz. Das Fahrrad eingehängt.

                        Im Zimmer. Die Nachbarin sitzt rauchend auf dem Balkon. Zwei Gläser Alkohol daneben.

                        Das Essen ist gut, ein riesiger Teller Salat, Hühnerbrust, Scholle vom Buffett. Das kauft man zu dem Preis nicht selbst. Den ersten Abend keine Tablette mehr. Nur morgens noch. Der Stoffwechsel ist gestört.
                        Gespräche am Nebentisch. Zwei Damen haben Ketten erworben. Man freut sich über die Beute. Sechs Euro haben sie ihn runtergehandelt. „In der Hochsaison sind die stur. Das geht nur in der Nebensaison.“ Ich betrachte das Objekt. Die Kette ist auch keine 4 Euro wert. Aber es geht nicht um die Kette. Es geht ums Gewinnen. Niederdrücken. Siegen. Schnäppchen. Die Regeln bestimmen.
                        Ein Ehepaar kommt dazu. Die jungen Alten. Pensioniert und nicht mehr ganz gesund. Radreisende. Das hier ist Spontanurlaub. Wir unterhalten uns gut. Touristen und Outdoorer. Die Grenzen verschwimmen.
                        Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 20:32.
                        Oha.
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                          • 16.08.2008
                          • 31757
                          • Privat


                          #13
                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                          16.1.2015. Die Tuba. Ca. 12 km

                          Der Schlaf war gut. Mein Kopf ist schwer. Heute soll es regnen.





                          Ein frischer Wind. Nordsee. Wolken jagen über den Himmel. Es ist wahr. Am Bauch kribbelt die Haut. Die Bauchdecke fühlt sich heiß an. Tablettennebenwirkungen. Ein ekliges Gefühl. Ein Foto von der Klimaanlage. Bedienungsfehler meinerseits. Heute abend wird es warm. Gespräche im Fahrstuhl, die Bauchdecke glüht. Fast fällt mir der Salat aus der Hand. Die Hände zittern. Entzug. Turkey. Die vorletzte Ration, stark reduziert. Ein wenig später geht es besser.

                          Ein Ehepaar am Aufzug entscheidet sich für die Treppen. "Immer dieser Ehrgeiz" sagen sie. Ich packe den Daypack mit Poncho. Doch das Fahrrad. Ich fühle mich nicht gut. Das Ehepaar von eben kommt mir sportlich entgegen. "Immer dieser Ehrgeiz, was?", rufen sie mir zu. Sie lachen. Retourkutsche. 2 Radler mit deutlichem Bauch, schwarz-roter Dress. Figurbetont. Frankfurt/Oder. Wetter nicht so gut heute. Ich bestätige nicht. Ich bin aus Hamburg. Ach so: "Ja, haben mal eine Truppe Hamburger getroffen. Gefragt, wer bei Regen fährt. Alle Hände gingen hoch. Echt. Alle. Sonst könnten sie ja nie los".

                          Das Meer ist wild. Nordsee. Tosend. Surfer in der Ferne. Probleme mit dem Gleichgewicht. Fit bin ich nicht. Die Beine sind schwer.








                          Gegenwind. Wie leicht mit diesem Fahrrad.

                          Ich suche den Supermarkt. Bucheinwickelfolie. Die Karte ist empfindlich. Ich finde ihn nicht wieder.

                          Ein Mann zeigt nach oben. Auf dem Hügel ein Mercando. Frauen mit Hackenporsche weisen den Weg. Ein Krüppel mit Stöcken bettelt. Innen modernste Ausstattung. Luxus hinter gammliger Fassade. Frauen rennen mit ihren Einkaufswagen hektisch umher. Berufsverkehr. Die Fischabteilung. Ich bräuchte eine Kartusche. Fisch aus Mallorca, Gambas. Frisch.

                          Ein Weihnachtsmann hängt noch am Balkon. Fast alle Straßen sind Einbahnsstraße. Oder Sackgasse. Treppen heben. Das Rad ist so leicht.

                          Die Buchten vom ersten Tag.








                          Ein Platz an den Steinen. Pinkelstelle im Sommer. Aber etwas Schutz vor dem Wind..





                          Ich lege mich hin. Ohne Tablette bin ich schlapp. Der Wind ist laut. Er pfeift durch die Masten der Schiffe des Hafens. Ein tiefer Ton. Tuba.

                          Ich döse. Schlafen kann ich nicht.

                          Die Tuba wird lauter. Ein ganzes Konzert. Mein Ohr vibriert. Der Ton tut weh. Ich hebe das Rad über Steine.

                          Der Aussichtspunkt. Die Palmen rattern im Wind. Wie ein Stromgenerator. Das gleiche Geräusch.

                          Ich schiebe zu den Felsen. Das Rad angelehnt. Natur.








                          Das Meer tost.





                          Ein Wüstentier.





                          Der Wind bläst mich fast um. Die neuen Sohlen. Gut gemacht.








                          Ich bin der König der Welt. Gibt es mehr Freiheit als umgeben zu sein vom wilden Meer? Wie es sich biegt, die Felsen umschlingt, umkost. Nie die gleiche Form. Nie die gleiche Welle. Bewegung. Wechsel. Veränderung. Und Kraft.

                          Dann bin ich erschöpft. Ich sollte mich ausruhen.

                          Mit Rückenwind zurück. Die Tuba. Ein reiner Ton. Man kann ihn nicht fotografieren.

                          Im Navi steht der Supermarkt. Eroski. Ich war morgens nicht weit entfernt. Eine Gurke. Ein Stück Käse. Folie gibt es nicht. An der Kasse vor mir ein Mann. Wiederverwendbare Platiktüte. Ein Deutscher? Spanisch spricht er.

                          Einbahnstraße. Schieben. Gespräche hinter der Plastikwand. Kälte- und Nässeschutz für Restaurants. Hier im Ort wohnt man. Hier leben Menschen. Das ist kein Touristenstrand. Wo Menschen leben, ist offen.

                          Ein zugiger Platz. An der Ecke ein kleines Lokal. Lachen. Stimmen. Gegenüber ein winziger Laden. Tabak. Zeitungen. Mehr zufällig schaue ich hinein. Man weiß ja nie. Ein zweiter Raum. Buntes Papier. Ich muss fragen. Das Fahrrad. Dahinten ist ein Schild. Das verdammte Schloss. Es macht mich wahnsinnig.





                          Zwei kichernde Teenies sitzen auf der äußeren Fensterbank und machen Selfies. Ich trete ein. Fantasiesprache.
                          "Ola. Folia. ... Folia transparente. (Er holt Präsentationsfolien) Si et no. (Was zur Hölle heißt kleben). Folia, si. Tesa. Tesafilm." Er schaut mich an. Ich zeige: Mit den Händen etwas einwickeln. Er denkt nach. "Libre". Si si, Libre. (Ich fasse es nicht, er versteht mich. Buch ist richtig.). Das hintere Regal. Rollen. Er hat mich verstanden. Zwei Größen. Bucheinwickelfolie. Darf ich sie küssen? Wieso hat niemand den Laden gekannt? 2 Euro für zwei Rollen.

                          Die Spannung fällt ab. Das Trauma ist überwunden. Ich bin wieder komplett. Ich denke an Rumpelstil. Rumpelstil wird es verstehen. Es kommt eben auf die Karte an. Die Müllbeutel flattern im Wind. Einer fliegt davon. Ich knote ihn fest.





                          Die Kurve. Hier waren am ersten Tag die Kinder. Plötzlich erinnere ich mich.

                          Der Hafen. Die Tuba ist hier Teil eines Orchesters. Schön. Glasmusik. Feine Töne. Harmonisch. Das Meer rauscht dazu.





                          In der Ferne füttert eine Frau die Möwen.

                          Ewig könnte ich hier stehen. Mein Kopf leider nicht. Er brummt. Bänke gibt es hier keine. Vielleicht will man hier Penner und Säufer nicht.





                          Touristenfoto.





                          Ich fahre auf dem Fußgängerweg. Menschen sehe ich nicht. Autos im Moment auch nicht. Siesta? Ein einsamer Bus. Leer. Sonst nichts.

                          Die Möwen. Unbemerkt schleichen sich kleine Freunde ins Bild.








                          Das Meer donnert weiter an den Strand. Unbeirrt, ohne Gnade. Hinsetzen? Das Rad gehört nicht in den Sand. Zurück. Zum Hotel.

                          Bierkönig. Heut ist so ein schöner Tag. Lalalala. Heut ist so ein schöner Tag. Lalalala. Afrikaner mit billigen Kettchen am Arm warten auf Kundschaft. Junge Leute essen Wurst. Ein Bus vor dem Hotel. Große Koffer. Sperrgepäck. Rennräder. Ein ganzes Team.

                          Die Parkbox ist zu. Rezeption. Eine lange Schlange. Eine Hemdträger reicht mir den Schlüssel ohne hinzuschauen, obwohl ich nicht dran bin. Es wird. Der Manager, wie mir scheint. Abduschen. Gemeint ist das Rad. Die Hose leider auch. Wasserverschwendung. Gibt es hier eine Abscheideanlage? Steht aber in den Mietbedingungen.





                          Im Aufzug Bekannte. Man kann mit allen reden. Man muss es nur tun. So nett hätte ich es mir hier nicht vorgestellt. Blick vom Balkon. Ein schmaler Streifen Meer zwischen Beton.





                          Ausruhen geht nicht richtig. Die Tabletten. So ziehe ich wieder los. Der Wind pfeift. Die Hängeschilder krächzen bedenklich im Wind. Die Sonne ist herausgekommen.





                          Ich gehe nahe ans Wasser. Ein Risiko. Der Sog kann einen schnell hineinziehen. Keine Menschen am Strand.




                          Die Sonnendächer tanzen im Wind.

                          Eine Sandskulptur. Eine Burg und eine Fratze. Der Mann kommt aus Sachsen-Anhalt. Im Sommer arbeiten. Im Winter Sandskulpturen. Man will in der Sonne leben. Das Alter treibt einen dann zurück.





                          Quallen wurden angeschwemmt. Glitzernd liegen sie auf dem Sand.





                          Nur mühsam reiße ich mich los. Es ist kalt geworden.





                          Die Leute von gestern sind wieder Nachbarn. Intellektuelle Gespräche bis zum Schluss. Für mich die beste Therapie.
                          Zuletzt geändert von Torres; 05.02.2015, 19:48.
                          Oha.
                          (Norddeutsche Panikattacke)

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                          • stoeps
                            Dauerbesucher
                            • 03.07.2007
                            • 537


                            #14
                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                            Toll geschrieben – und ich meine nicht die eigentliche Reise, sondern der eigene Zustand. Auch wenn der Satz eigentlich immer falsch sein muss, wage ich mal zu behaupten: Ich kann Dir nachfühlen. Hirnoperation vor zwei Jahren. Danach dieser Effekt, dass komplexe Situationen körperliche Erschöpfung bedeuten; nicht denken können, nicht entscheiden können. Es ist, als ob ich beim Denken spüren konnte, wie mir der Sauerstoff aus dem Hirn lief.
                            Es war ein langer Weg seitdem – aber immer aufwärts.
                            Mir geht es sehr gut.
                            Das wünsche ich Dir auch.

                            stoeps
                            „The world's big and I want to have a good look at it before it gets dark.”
                            ― John Muir

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                            • maahinen
                              Erfahren
                              • 01.02.2014
                              • 303
                              • Privat


                              #15
                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                              Lieber Torres,

                              hoffentlich geht es dir wieder besser
                              Ich bin süchtig nach deinen Reiseberichten - egal ob Mallorca oder Finnland oder sonst was... Danke! Und mach weiter, bitte, bitteeeeeeeeee!

                              Liebe Grüße
                              maahinen
                              Zuletzt geändert von maahinen; 05.02.2015, 19:13.

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                              • Torres
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                                Liebt das Forum
                                • 16.08.2008
                                • 31757
                                • Privat


                                #16
                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                Danke, Ihr beiden. Ja. Geht schon viel besser. Kommt ja auch noch einiges

                                Die nächste Folge kommt morgen. Ich muss jetzt mal den Homo Faber suchen.....
                                Oha.
                                (Norddeutsche Panikattacke)

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                                • Harry
                                  Meister-Hobonaut

                                  Lebt im Forum
                                  • 10.11.2003
                                  • 5049
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                  Ah da ist torres ja wieder, mit einem etwas anderem Bericht.
                                  Wir haben auch mal eine Nacht vor dem Flughafen Palma auf einer Wiese verbracht und sind dann morgens mit dem Bus auf das Flughafengelände.
                                  Bei google hatte ich mir aber schon mal einen Fussweg rausgesucht.

                                  Wäre Kloster lluc nicht auch eine Übernachtungsoption gewesen oder ein Hotel in Valldemossa?

                                  Adressen für Schraubkartuschen sind hier im Forum in den malle Threads.

                                  Für deinen nächsten Winterurlaub hätte ich schon eine Idee.
                                  Gruß Harry.
                                  Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen. (Johann Wolfgang von Goethe)

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                                  • Ditschi
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                                    Liebt das Forum
                                    • 20.07.2009
                                    • 12705
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                    @ torres, sprachlich exellent wie immer, fällt mir auf, daß Du auch mit der Kamera immer besser wirst. Zum Inhalt: nur wer Deine Ausgangslage kennt, kann ermessen, daß auch diese Art von Urlaub einmal bitter nötig sein kann. Der Körper sagt, was geht und was nicht geht. Man sollte ihm gut zuhören.
                                    Und wenn einer käme zu meckern, das sei ihm zu wenig outdoor. Laß ihn. Es gibt genug, die es verstehen.
                                    Ditschi

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                                    • Torres
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                                      Liebt das Forum
                                      • 16.08.2008
                                      • 31757
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                      Danke Ditschi.

                                      @Harry
                                      Ich hatte die Threads gelesen. Es gibt wohl einen Kletterladen in Palma, dessen Wegbeschreibung ich nicht verstanden hatte. Ansonsten eben Decathlon, und einen kleinen Intersport habe ich auch gesehen. Einen richtig guten Outdoorladen gibt es in Pollenca. Aber das war mir zu weit. Letztlich war das Hotelessen nicht zu toppen. 8 Sorten Salat, 3 Sorten Fleisch, Fisch, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Eis. Pizza. Oliven, Erdnüsse, Käse. Brot und Brotaufstrich. 6 oder mehr Süßspeisen. Softdrinks, Wein und Bier. Und das für 9.90 Euro. Das war beeindruckend. Ich hatte keine Halbpension gebucht, weil ich vermutete, dass es jeden Tag das gleiche gibt. Dem war definitiv nicht so. Mit dem Gaskocher am Strand Nudeln kochen hätte vor diesem Hintergrund eher Bushcraft Charakter gehabt . Zudem sollte man sich doch mit Einbruch der Dunkelheit ins Hotel begeben. Ich bin nicht ängstlich, aber im Winter sollte man da vorsichtig sein.

                                      Platja de Palma hatte die Reiseberaterin gewählt, weil man von dort am einfachsten wegkommt. Die von Dir vorgeschlagenen Orte bedürfen außerhalb der Saison doch eines Autos. Die Verbindung mit Öffentlichen Verkehrsmitteln ist je nach Region eher dürftig und die Fahrtzeiten lang. Im Januar kann das Wetter außerdem erheblich schlechter sein, als es bei mir war. Im Moment reden die Nachrichten von Schneefall, Straßensperrungen und den auch schon in der letzten Woche herrschenden 8 Meter hohen Wellen im Mittelmeerraum. Da ist ein wenig Infrastruktur nicht zu verachten. In Platja fahren die Busse alle 10 Minuten nach Palma. Ebenso fährt dort der Flughafenbus. Notfalls hätte man sich bei Regen in Palma verlustieren können. Es sollte ja diesmal Erholung sein und nicht wieder irgendein Improvisierwahnsinn.

                                      Das generelle Problem ist einfach, dass Januar ein ungewöhnlicher Reisemonat ist. Die Feiertag sind im Allgemeinen noch Saison, dann fängt auf Mallorca das Leben erst mit der Mandelblüte Ende Januar wieder an. Ich habe von Leuten gehört, die mal im Januar in Andratx Urlaub gemacht haben. Die musste jeden Abend 4 km ins nächste, völlig überfüllte Restaurant fahren, das einzige in der Region, was überhaupt auf hatte.
                                      Oha.
                                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                                      • Torres
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                                        Liebt das Forum
                                        • 16.08.2008
                                        • 31757
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                        16.1.2015 Sant Antoni in Palma

                                        Nach einem wilden, aber freundlichen Traum in der Nacht, wache ich auf. Die Klimaanlage funktioniert, ist aber zu laut. Blaue Stunde. Es war Regen angesagt, stattdessen kündigt die Sonne einen schönen Tag an. Die letzte Tablette. Ich fühle mich schlapp.





                                        In Palma soll etwas mit Tieren sein. Eine Prozession oder so. Verstanden habe ich weder, was da los ist, noch, wo ich hin muss. Ich weiß nur, dass man das wohl sehen muss. Ich setze auf Schicksal. Zum Frühstück gibt es einen riesigen Teller Salat und Müsli. Dazu Lindentee.





                                        Der Bus fährt in der Querstraße. Der Afrikaner: "Hallo, hallo, warten Sie". Auf Deutsch. Ohne Radtrikot ist man Beute. Musik dröhnt. Den Schlager habe ich vergessen. Wie kann man dort arbeiten? Schon morgens diese Musik? Ein Ehepaar, auch sie suchen den Bus. Engländer aus Plymouth. Auf der Fahrt unterhalten wir uns gut. Pollenca. Dort waren sie eine Woche lang. Sehr zu empfehlen. Er erklärt mir seine Lieblingswanderung. Heute gehen sie shoppen in Palma. Der Bus ist voll. Auch wir stehen.

                                        Eine Deutsche erzählt, es ginge um eine Tiersegnung und an der Kathedrale sei etwas los. Gestern war vom Placa Espana die Rede gewesen. Das wäre auch klüger gewesen. An der Kathedrale steige ich aus. Steile Treppen. Oben sammeln sich Haustierbesitzer. Ich wandere etwas umher.

                                        „Kutschfahrt, Kutschfahrt?“





                                        Ich schaue den Leuten zu. Viele Kinder sind als kleine Teufelchen verkleidet.








                                        Eine Familie in traditioneller Tracht. Ich mache ein Foto, aber der Vater guckt warnend. Es ist ein Fest der Einheimischen und nicht für Touristen.

                                        Es ist kühl. Nichts passiert. Bald werde ich unruhig. Langsam wandere ich Richtung Placa Espana. Die berittene Polizei mit Pony. Die Tete (Reiter an der Spitze).





                                        Ein beleuchteter Laden. Jung und alt versammeln sich hier. Ensaimada de Mallorca. Ein Gebäck. Sie gibt es nur auf Mallorca. Staatlich geschützt. Ein leichter Hauch von Nichts mit Puderzucker bestäubt. Nicht schlecht.

                                        Placa de Maior. Sand auf der Straße, um das Pflaster zu verdecken. Für die Pferde vermutlich. Fahrräder bleiben stecken. Die Kirche Saint Miguel. Die Menschen stehen am Straßenrand. Ich bin furchtbar schlapp. Eine Bank. So setze ich mich gegenüber der Kirche nieder.

                                        Immer mehr Menschen kommen. Hunde bellen. Für manche purer Stress. Alle Farben und Rassen von Hunden. Schleifchen. Feiertagsanzug. Chouchen dürfte hier nicht fehlen. Überall Kinder. Man kennt sich. Man grüßt sich. Ein Vater schimpft.














                                        Der Aufzug. Ein Auto. Die Pferde. Dann eine Menschenmenge mit Haustieren. Die Straßen sind nach drei Minuten verstopft. Ich bin am falschen Platz. Placa Espana. Die Kirche entdecke ich nicht und da ist nun auch kein Platz mehr. Gesegnet werden Hunde, Katzen, Kanarienvögel, Ziegen. Auch eine Eule war dabei, wurde mir berichtet. Ich laufe Richtung Meer. Noch einmal der Umzug.





                                        Zwei Welten.





                                        Eine Touristeninformation. Outdoorfragen. Man weiß nichts. Immerhin der Busplan von Palma. Der Bummelbus braucht eine Stunde. Alle 20 Meter eine Haltestelle, benannt nach den Hotels. Meins hätte ich auf der Herfahrt nie gefunden. Die Haltestelle ist Playa Golf, aber da bin ich nicht untergebracht. Eine Fahrt kostet 1.50 €.

                                        Rucksack umpacken. Dann laufe ich zum Strand. Ich ziehe die Paddelschuhe an und laufe im Wasser. Kalt ist das auch, aber nicht so kalt wie barfuß. Das Wasser spült Sand in die Schuhe hinein. Das Panorama ist überwältigend. Man kennt es, und es ist immer wieder neu.





                                        Kokosnüsse?





                                        20 Bilder. Mindestens. Der Schatten ist im Weg.





                                        Wieviele Sorten Blau gibt es?





                                        Eine Welle ist zu hoch. Mein Hosenbein wird durchtränkt. Ich zucke zusammen. Verdammt, ich kann nicht trocknen. Panische Gedanken eines Zelters. Entspann Dich, Du hast ein Hotel. Erleichtert gehe ich weiter. Immer noch nicht in Ordnung.

                                        Ein Mann kommt mir entgegen. Mein Gehirn sucht nach Ankern. An irgendetwas erinnert mich der Anblick. Ein motorbetriebenes Fahrzeug. Schon klar. Aber irgendwas stimmt da nicht. Erst als er den Fuß rausstreckt, macht es klick. Tretroller mit Elektromotor. Kamera. Wie immer zu spät.





                                        Ein Restaurant namens „Ballermännle“. Schwäbische Spezialitäten. Wozu nach Deutschland fahren. In dicker Jacke sitzt man auf der Terrasse.

                                        Cala Estancia. An dieser Bucht befand sich der erste Hotelvorschlag. Ich hatte abgelehnt. Ich suche und finde es nicht. Dörflicher hier. Weniger Strand. Urban Outdoor. Mehr Menschen. Nein, ich bin am Ballermann ziemlich gut untergebracht. Kaum zu glauben.

                                        Ein Supermarkt. Gurke für morgen. In Schutzhülle verpackt. Man muss sie selbst abwiegen, erfahre ich an der Kasse. Augenbrauen als Waffe.

                                        Die Mole. Ein Mann sitzt in seinem Auto. Er erschrickt, als ich neben ihn trete. Ich auch.





                                        Mit den Krücken versucht ein alter Mann Steine zu greifen, als hätte er Essstäbchen in der Hand. Es misslingt. Ein junges Mädchen hüpft schnippisch herum. Frühpubertät. Ich frage die Großmutter nach einer Toilette. Nur im Sommer. Sie spricht gut Englisch. Spanierin vom Festland. Den Winter über lebt sie hier. Ein gelber Vogel hüpft in einer Palme. Ich erwische ihn nicht.

                                        Geht es noch blauer als blau? Die Farben sind ein Traum. Die Kamera verfälscht. Das Blau ist noch blauer.





                                        Die Sonne auf der Haut. Alles fühlt sich so warm an. Gelöste Spaziergänger. Deutsche, Spanier, ein paar Franzosen. Ein Afrikaner verkauft Uhren. Mühsames Geschäft.





                                        Ein Paar spielt eine Art Bocchia. Der Mann schummelt. Seine Freundin protestiert. Deutsche.
                                        Kinder spielen anschleichen. Wie lange ist das her?





                                        An den Säulen kleben Schilder. Kein Eimersaufen. Keine Uhren und Handtaschen bei fliegenden Händlern kaufen. Keine Ghettoblaster. Keine Hütchenspiele. Keine Massage am Strand. Keine Flaschen. Ob das wohl jeder liest?





                                        Den ganzen Tag das Meer fotografieren. Mir reicht das.





                                        Mülltüten stehen herum. Ich bleibe kurz stehen. Ein Mann eilt herbei. Was da wohl drin ist?

                                        Der Vater fit, der Sohn k.o. Männertag.








                                        Ich setze mich auf den Strand und döse ein wenig in der Sonne. Die Häuser an der Promenade leuchten im Licht. S´Arenal. Urban. Zugebaut. Mich stört das nicht. Aufgetürmter Sand. Mehr nicht. Ich stelle mir vor, wie sie in einigen Jahren oder Jahrhunderten zerfallen. Wären jetzt die Menschen weg, was bliebe übrig? Schutt. Ein Häufchen Sand.





                                        Langsam wird es kühl.








                                        Abendessen. Ich albere mit den Leuten von gestern herum. Bilder der Tiersegnung. Schade. Die Hauptveranstaltung war an der Kirche. Anscheinend wurde in diesem Jahr der Umzug reduziert. Aber da gab es keine Bank.
                                        Morgen Abend sind in Palma weitere Feiern angesagt. Grillen. Rauch und Feuer. Musik. Sant Sebastiano. Zu spät für die Fahrt mit dem Bus.
                                        Zuletzt geändert von Torres; 06.02.2015, 21:47.
                                        Oha.
                                        (Norddeutsche Panikattacke)

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                                        • Wafer

                                          Lebt im Forum
                                          • 06.03.2011
                                          • 9533
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                          Hallo Torres.

                                          Auch ich verfolge deine Reisen schon eine ganze Weile. Deine Berichte lesen sich immer wieder gut!
                                          Ich finde es aber auch immer wieder spannend mit wie vielen unterschiedlichen Gesichtern Mallorca daher kommt! Ich selber war auch schon öfter auf der Insel outdoor unterwegs. Und jedes Mal hat mich die Insel überrascht! Nun, es muss ja einen Grund geben, dass da seit zig Jahrzehnten alle hinfahren. Und am Anfang gab es noch keinen Ballermann und Co.
                                          Auf meinen Wanderungen war ich viel alleine unterwegs. Auch in der Hauptsaison! (Oder wegen der Hauptsaison?)

                                          Ich freue mich auf die Fortsetzung!

                                          Gruß Wafer

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                                          • Bluebalu
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                                            • 19.05.2013
                                            • 959
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                            Moin Torres!

                                            Vielen Dank fürs virtuelle Mitnehmen auf Deinen Reisen!

                                            Es ist nicht so sehr die "Qualität" der Bilder oder des Textes, es sind Deine Sichtweisen des angeblich unscheinbaren am Wegesrand und Deine Empfindungen.

                                            Statt weiterer Worte lieber ein Lied, das wie auch für Dich geschaffen ist :

                                            Don McLean: Starry, starry night

                                            Ciau BlueBalu

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                                            • Torres
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                                              Liebt das Forum
                                              • 16.08.2008
                                              • 31757
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                              Danke, Bluebalu. Dein Beitrag macht mich sprachlos. In positivem Sinne. Dann stelle ich mal besser die nächste Folge ein.

                                              Danke auch an Wafer.
                                              Oha.
                                              (Norddeutsche Panikattacke)

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                                              • Torres
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                                                Liebt das Forum
                                                • 16.08.2008
                                                • 31757
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                18.01.2015 Llucmajor und die Salinen. 92,5 km

                                                Um 7.00 Uhr klingelt der Wecker. Es ist still. Sonntag. Aufstehen, Fotos vom Sonnenaufgang, fast wollte ich sagen: Aus dem Zelt. Mental fühle ich mich im Zelt. Aber nein. Ich mache das Bild vom Balkon. Unterhose. Schlafshirt. Kamera. Es ist brutal kalt. Gewohnheiten ändert man nicht. Das Foto ist wichtiger.








                                                Duschen. Die Zahnpasta ist fast alle. Endlich ein Grund, die Zahntabs der letzten Wintertour aufzubrauchen. Die ist nun auch zwei Jahre her. Ballast abwerfen. Packen. Nur den Tagesrucksack, aber immerhin. Die üblichen Routinen. Schäfchenwolken. Hellrosa. Wer die Natur liebt, kann sich nicht entziehen.








                                                Frühstück. An den Tischen bilden sich neue Grüppchen. Neuankömmlinge werden integriert. In der Theorie darf das nicht sein. Touristen sind ja anders als wir. "Es soll heit middag räägne". Mancher Menschen Worte treffen einen wie ein Pfeil ins Herz. Am Aufzug die Dame vom ersten Tag: "Wo geht es heute hin?" Llucmajor. "Schauen Sie, ob die Kathedrale auf ist. Das ist die zweitschönste der Insel nach Palma". Ich nicke.


                                                Um 9.00 hole ich das Fahrrad. Der hochgewachsene Schweizer. Den schönen Tag heute genießen. An Wochenenden ist weniger Verkehr. Die Promenade menschenleer. In Arsenal will ich erst gegen die Einbahnstraße zur Hauptstraße auf dem Berg schieben, dann suche ich den offiziellen Weg. Er ist fahrbar. Vögel zwitschern. Pflanzenduft. Das Rad schnurrt. Freiheit. Das ist Freiheit. Glücksgefühle. 3 Rennradlerinnen. Sie würdigen mich keines Blickes. Man hört Schüsse. Sonntagsjagd.

                                                Palma links, also fahre ich rechts. Falsch. Ich muss wenden. Die Straße kenne ich schon. Endlich der richtige Kreisverkehr. Am Aquarium lädt man Räder aus.

                                                Ich klettere den Hügel zur Autobahn hoch. Einmal steige ich kurz ab. Den Rest fahre ich und bin so stolz. Meine Hände sind völlig vereist. Die Handschuhe sind in der Fototasche der großen Kamera. Eine Mandarine. Aus dem Hotel gemopst.





                                                Ein Steinbruch. Kaum Autos auf der Autobahn. Sonntag.

                                                Eine Stunde bis Llucmajor. Gut zu wissen. Ich will zu den Salinen. Einen Rundweg gibt es nicht. Die alte Dame kommt mir in den Sinn. Einen Moment mache ich sie jung. Bergsteigerin, könnte ich mir vorstellen. Oder wandern im Gebirge. Endstation Mallorca. Sie meinte es gut. Der Umweg ist nicht groß. Ich sollte heute abend antworten können.





                                                Eine Brücke über die Autobahn. Leere Straßen. Ein Gemüsehändler hat geöffnet. Ich fahre nach Sicht, ungefähr dort muss die Kirche sein.

                                                Eine Absperrung. Menschen in der Ferne. Vermutlich Markt. Eine Frau zieht ihren Hund hinter sich her. Er trägt ein Schleifchen. Klick. Sollte hier vielleicht? In der Tat. Einen Moment laufe ich im Zug mit. Die Pferde einer Kutsche scheuen. Sie rutschen auf dem glatten Pflaster herum. Ein andere Fahrradfahrer, ein Einheimischer. Ich folge ihm und kürze ab. Dann stehe ich vor der Kathedrale.

                                                Der Umzug. Kampf zwischen Mönch und Teufel.








                                                Tänze.








                                                Kastagnetten. Eine meiner Tanten ist Spanierin und als Geschenk brachte sie Kastagnietten mit. Nicht leicht zu lernen. Erinnerungen werden wach. Es spielt eine Kapelle mit Trommeln und Dudelsäcken.

                                                Die Segnung beginnt. Zuerst Kutschen und ein paar Schafe. Dann kommen Pferde. Ja. Das ist Spanien. Ich kann mein Glück kaum fassen.





                                                Im Sattel geboren. Wo ist die Systemkamera? Im Hotel. Vielleicht auch ganz gut. Man bricht in eine Familie ein.











                                                Ein Fest für alle.





                                                Ein kleiner Junge auf dem Pony. Und hoch. Alle jubeln. Applaudieren. Er mag schlecht in der Schule sein. Hier ist er ein Held. Heimat. Tradition. Geborgenheit. Das wird das Internet nie ersetzen können.





                                                Wieder scheuen die Pferde.





                                                Nach den Großtieren kommen die Kleineren.





                                                Eine Traube Menschen wälzt sich auf den Pfarrer zu. Ich folge den Pferden. Es ist kalt, wenn man sich nicht bewegt. Fast stoße ich beim Abbiegen mit einer Kutsche zusammen.





                                                Ich hänge sie ab. Als ich die Karte wechsele, holt sie mich ein. Lange starren die Kinder mich an.





                                                Der Cami de Palmer. Keine Autos. Ich schaue nach der Kutsche. Ich sehe sie nicht. Nur Rennradler. Eine gefährliche Kreuzung. Immer wieder hört man Schüsse. Sonntagsjagd. Knallen. Und Schäfchenbimmeln.

















                                                Einsamer Hügel im Flachland.





                                                Die ersten Mandelblüten öffnen sich. Endlich weiß ich, welcher Baum das ist.





                                                Ich probiere jetzt auch mal die anderen Hebel der Schaltung und entdecke die größeren Ritzel. So fliege ich dahin.




                                                Ein Schild. Sa Salinera. En Trenc. En Trenc ist ein langer Sandstrand. Er ist unbebaut. Leider schaue ich ihn nicht an. Es ist flach hier. Ein wenig Holland.





                                                Ein Auto mit Hamburger Kennzeichen sucht den Weg. Ich halte es an, aber sie wissen nicht mehr als ich. Geradeaus. Es sieht ärmlich aus hier. Der Wind kommt von vorne.

                                                Ich folge dem Schild Ses Salines. Richtig wäre Sa Salinera. Klingt irgendwie gleich. Es geht bergan. Wasser glitzert im Tal. Da will ich hin. Ich bin also falsch, fahre aber dennoch weiter. Ein Blick auf Felsen und Meer.





                                                Ses Salines. Kurze Pause auf der Bank. Mittagsstille. Die Zeit steht still.





                                                Ein Schlenker nach Colonia de Sant Jordi. Die Farbe des Meeres. Reiseprospekt. Die Felsen sind Naturpark. Familien gehen spazieren.





                                                Lange halte ich mich nicht auf. Die Landstraße ist leicht ansteigend. Ein Schild weist auf eine städtische Therme hin. Laut Karte müssten die Salinen jetzt beginnen. Stattdessen ein hoher Zaun.
                                                Ein Rennradfahrer kommt aus einer Seitenstraße heraus. Eine Abkürzung oder muss ich links? Ich habe sie gefunden.





                                                Ich setze mich auf einen Stein und mache Pause bei Gurke, Käse und Brot. Ab und zu ein Auto. Die Straße endet am Meer. Einen Moment überlege ich, sie zu fahren. Erst beim Abendbrot bereue ich meine Wahl. Es soll wohl der schönste Strand auf Mallorca sein. Unbebaut. Dünen. Naturschutzgebiet.





                                                Zurück zur Landstraße. Eine Kirche. Und eine ehemalige, sehr große Regenwasserzisterne. Für die Anwohner und die Besucher der Therme.








                                                Der Weg zurück ist langatmig. Gegenwind. Straußenfarm.





                                                Medizinische Massage. Ein einsamer Hof und ein Wohnwagen. Kurz vor Beginn der Radroute überholt mich der Schweizer. Die Insel ist klein. Rechts biegt er in den Radweg ein.





                                                Ein Autofahrer fragt nach dem Weg nach sa Rapita. Er ist richtig. Ein Hof oder ein Dorf?





                                                Nach der Hälfte der Strecke habe ich keine Lust mehr. Mein Hintern tut weh. Ein fremder Sattel. Dazu der frische Gegenwind.





                                                Ein Raubvogel (Rotmilan). Gute Gelegenheit, Pause zu machen.








                                                Bei Llucmajor bin ich wieder fit.





                                                Kindergeburtstag. Eine riesige Hüpfburg aus Plastik. Eine Mutter gibt Anweisungen.








                                                Auf einer Wiese Kinderlärm. Familien machen Picknick. In einer Großstadt vergisst man leicht, was Sonntag ist.





                                                Die Autobahnstrecke. Dann geht es bergab. Ich rase ins Tal. Rechtzeitig umfahre ich die Abgrenzung und sause die Landstraße durch S'Arenal ins Tal. Die Bremsen quietschen verdächtig und meine Hände sind vor Kälte starr. Verdammt, das tut weh. Handschuhe.





                                                Die Promenade ist wieder leer. Gegen 5 Uhr bin ich zu Hause. Zeitgleich mit dem Schweizer. Er hat 152 km auf der Uhr. Ich nur 92,5. Aber für mich ist das viel. Er nickt.

                                                Wieder esse ich mit den anderen. Heiße Diskussionen. Dann sortiere ich die Bilder. Die Geräusche der Klimaanlage nerven, und ich nehme wieder den Caribou.
                                                Zuletzt geändert von Torres; 15.02.2015, 13:38.
                                                Oha.
                                                (Norddeutsche Panikattacke)

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                                                  • 28.11.2014
                                                  • 8931
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                  Das Kommentieren von Reiseberichten versuche ich i. d. R. zu vermeiden...aber hier muss ich doch mal meinen Senf dazugeben!
                                                  Dieser Bericht liest sich wie ein wirklich gutes Buch und ist tatsächlich so lebendig verfasst, dass man sich ganz nah dabei fühlt - in jeder Hinsicht...bitte mehr davon!

                                                  ministry of silly hikes

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                                                    • 22.08.2008
                                                    • 8843
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                    Hallo Torres, wie üblich von dir ein gut geschriebener Reisebericht.
                                                    Du hast ja bereits geschrieben, dass es dir wieder besser geht und ich hoffe das bleibt so.
                                                    Bin jetzt noch gespannt, wieso und wie es dich von Mallorca nach Italien verschlagen hat, wie die Länderkürzel im Titel andeuten.
                                                    Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                                      • 16.08.2008
                                                      • 31757
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                                                      #27
                                                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                      Danke Max.

                                                      Und Dich, blauloke, bitte ich noch um etwas Geduld. Erst einmal geht es mit Mallorca weiter.
                                                      Oha.
                                                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                                                        #28
                                                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                        19.1.2015. Nicht meine Welt.

                                                        Dank des Schlafsackes ist mir am Morgen warm. Es war ein traumloser Schlaf. Ich habe etwas Kopfweh. Das Ohr ist schlechter. Frühstück. Es sind viele neue Leute da.

                                                        Müde bin ich. Der zweite Tag ohne Tabletten. Der Körper sucht Ruhe, ist aber immer noch ruhelos. Keine gute Verfassung für Radtouren. Daher beschließe ich zu wandern. Ich packe den Rucksack mitsamt Trekkingstock. Es wird nichts, das vorweg.





                                                        Zuerst laufe ich zum Radhändler wegen der Verlängerung. Die Leihwoche ist um. Eine schlanke Frau beschallt die leere Promenade "und dann haben sie mir die Wohnung gekündigt, weil sie dachten, ich bin verrückt, aber ich bin nicht verrückt...." Zwei Männer stürzen aus einem der Häuser: "Morgen ist ja Feiertag". Feiertag? Das heißt, die Straßen sind leer. Radtour. Danke für die Info. Verkehrssprache Deutsch.





                                                        Eine Katze kreischt erbärmlich, um sich gegen eine andere Katze zu wehren. Ich bleibe stehen. Drama in mehreren Akten. Ein kurzer Kampf, dann fällt dem Angreifer die dritte Katze in den Rücken. Die Schwarze entwischt während deren Kampfes und wird später vergeblich gesucht.











                                                        Der Radhändler meint, ich solle das Rad so lange behalten, wie ich will. Abgerechnet wird bei Rückgabe. Den Weg hätte ich mir gerne erspart.

                                                        Ich biege zur Hauptstraße ab und hechte nach dem Bus (Nr. 25). Placa Espana. Zugverbindungen checken. Bei Pollenca gibt es eine interessante Radroute. Busbahnhof und Bahnsteige sind unterirdisch. Ich finde die Rolltreppe. Am Informationsschalter gibt es einen Plan. Morgen gilt der Sonntagsfahrplan. Der Ticketautomat. Meint der Text Hin- und Rückfahrt? Eine Deutsche nickt.

                                                        Am Ende des Ganges ist der Busbahnhof. Der erste Bus gewinnt. Es ist der 230er nach Soller. Ich will aussteigen, ein Stück wandern und weiterfahren. Von wo, weiß ich noch nicht. Es gibt mehrere Wandermöglichkeiten hier. Ich will vor Ort entscheiden. Diskussion mit dem Fahrer. Aussteigen und weiterfahren mit dem Ticket geht nicht. Entweder Valdemossa oder Soller. Also nehme ich Valdemossa. Deutsche hinter mir erklären das System. Bezahlt wird pro zu fahrender Strecke. Der eine Mann erklärt mit lauter Stimme seinen Mitfahrern die Welt. „Vor 45 Jahren waren hier noch Felder...., was die Leute hier machen, ist wirklich..., der Fahrer sollte mal...., was will der denn da, ach so ein Krankenhaus.....“ Dummheit ist keine Frage des Alters. Ich halte mir die Ohren zu. Unangenehmes Vibrieren im rechten Ort.

                                                        Die Berge. Vorfreude. Aber von nahem sehen sie gar nicht mehr so majestätisch aus. Eher picklig. Keine Farben. Ein Radrennfahrer. Der Busfahrer flucht.





                                                        Regen. Die Berge wirken auf mich unheimlich. Es sind die gleichen Hänge wie in Italien. Im Sommer vielleicht schön. Im Januar unwirtlich und kahl. Der Deutsche hinter mir doziert: "Die lassen die Höfe einfach verfallen. Hier bauen sie zumindest wieder die Mauern auf. Aber Tourismus ist ja einfacher". Worte wie Pfeile. Mit Gift umhüllt. Ich drehe mich um: "Kann es sein, dass Sie noch nie im Tourismus gearbeitet haben?“ Schweigen. Valdemossa.





                                                        Chopin und George Sand. Trostlos. Liegt es am Regen? Liegt es an mir? Mich fröstelt. Keine Lust auf den Ort. Hier soll ein Wanderweg beginnen. Die Tracks sind im Navi. Meine Glieder sind bleischwer.
                                                        Die Deutschen steigen aus. Ich steige aus und wieder ein. Eine hochgezogene Augenbraue des Fahrers ist der Lohn. Die Strecke ist eine Küstenroute. Millimeterarbeit. Ligurien. Feucht und kalt. Rutschende Hänge. Viel zu steil. Wie lange ist das her?
                                                        Immer wieder bin ich kurz davor, einzunicken. Ich bin so müde. Was finden die Leute an diesen Landschaften gut? Oder liegt das am Regen? Teilweise Meerblick.





                                                        Soller. Eingeschlossen von hohen Bergen. Unbarmherzig ragen sie in den Himmel. Es ist kalt und feucht. Ich bekomme Platzangst. Nein, Steine sind nicht mein Metier. Die Alpen, okay. Aber dies hier? Das ist nicht meine Welt.

                                                        Port de Soller. Der Fahrer macht den Motor aus und zündet sich im Bus eine Kippe an. Er hat jetzt eine Stunde Pause. Ein kleiner Laden. Ich kaufe Spinatpizza und eine vegetarische Pasty. Das wäre auf jeden Fall der englische Begriff. Köstlich. Mir wird etwas wärmer. Ich laufe den Hafen entlang. Eine Entenfamilie zieht in der Bucht an mir vorbei. Hinter den Häusern die Berge. Im Sommer vielleicht nett. Ich stelle mir Sonne, Rotwein und Gelächter vor. Aber nichts, was Sehnsucht weckt. Zu eng.








                                                        Am Ende der Bucht ist ein Zaun. Der Blick auf das Meer ist wohl nur hinter den Felsen möglich. Einen Zugang sehe ich nicht. Zurück.





                                                        Die Straßenbahnschienen glänzen. Von der Straßenbahn wurde geschwärmt. Sie fährt erst wieder ab Februar. Drei, vier Menschen. Zwei Männer unterhalten sich. Eine silberne Skulptur. Der Bodenbelag ist glatt, wie überall auf der Insel. Bei Regen hat man keinen Halt.





                                                        Ein Automat: Fischköder. Toiletten gibt es nicht. Ich improvisiere. Wo ging es zum Bus? Denk logisch. So viele Möglichkeiten gibt es nicht. Menschen kommen mir entgegen. Es gibt wohl noch einen zweiten Bus. Den Kreisverkehr am Ortseingang ziert eine Garnelenskulptur aus Blech. An der Bushaltestelle komme ich mit einer Schottin ins Gespräch. Ihr gefallen die Berge ausnehmend gut. Nein, Schottland kenne ich nicht. Nur Galloway. Die Küste ist zu bergig. Der Busfahrer versprüht einen Duftcocktail frischer Blumen aus einer Sprühflasche gegen den Zigarettengeruch.





                                                        Rückfahrt. In einen Felsen ist ein großes Anwesen gemauert. Lange ist es zu sehen. Touristen? Ich suche nach Einfahrten. Nach Zugängen zu den Häusern. Wie kommt man da hin? Fällt man da nicht runter? Hier Auto fahren? Niemals. Schon vom Bus aus habe ich Angst, abzurutschen und in die Tiefe zu fallen. Panische Gedanken eines Flachländers.








                                                        In Valdemossa steigen die Deutschen wieder ein. Gott sei Dank sitzen sie hinten. Sie sind trotzdem zu laut. Der Regen hat aufgehört.





                                                        Wieder bin ich so müde. Ich verabschiede mich von meinen Plänen. Zelten werde ich hier nicht.

                                                        Am Placa Espana ist Soundcheck für die Feierlichkeiten von morgen. San Sebastian. Die Markthallen sollte ich besichtigen. Sie sind bereits geschlossen. Der Express Bus ist voll. Mein Kopf dröhnt. Ich halte mir die Ohren zu. Als ich das Meer sehe, bin ich froh.





                                                        Im Zimmer checke ich die Zugpläne für morgen. Jede Stunde auf die 40. Und zurück jede Stunde auf der 07.

                                                        Beim Essen heißt es Abschied nehmen von dem Ehepaar. Die anregenden Gespräche mit dem Mann werden mir fehlen. Sie machen eine Kreuzfahrt. Die Abschiedsfeier entfällt wegen Unpässlichkeit, so dackele ich mit der anderen Dame in die Bar. Eine alte Sängerin mit beneidenswerter Figur und Stimme. Ein älteres Ehepaar trinkt Tee. Eine Proletentruppe, die bereits Ziel unseres Spottes war, filmt alles mit. Eine größere Clique tanzt.
                                                        Wir gönnen uns einen Cocktail. Der Bananencocktail sieht dunkelgrün aus. Nach Banane schmeckt er nicht. Sie protestiert. Getränke sind hier günstig. Dann wird uns die Sache zuviel, und wir entschwinden. Ich muss morgen früh raus.
                                                        Oha.
                                                        (Norddeutsche Panikattacke)

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                                                        • maahinen
                                                          Erfahren
                                                          • 01.02.2014
                                                          • 303
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                          Oh lieber Torres, ich wünsche dir morgen einen besseren und schöneren Tag!

                                                          Liebe Grüße,
                                                          maahinen, mitfühlend

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                                                          • Torres
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                                                            Liebt das Forum
                                                            • 16.08.2008
                                                            • 31757
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                            Zitat von maahinen Beitrag anzeigen
                                                            Oh lieber Torres, ich wünsche dir morgen einen besseren und schöneren Tag!

                                                            Liebe Grüße,
                                                            maahinen, mitfühlend
                                                            Danke für das Mitgefühl!

                                                            Gleich geht es weiter.
                                                            Oha.
                                                            (Norddeutsche Panikattacke)

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                                                              Gerne im Forum
                                                              • 20.09.2009
                                                              • 97
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                              Auch von mir ein großes Dankeschön für diesen und auch deine anderen Reiseberichte. Ich finde es einfach unheimlich faszinierend, deine Sicht auf Land und Leute mitzuerleben. Dieser Bericht hilft im Moment auch zusätzlich noch ein wenig, die erkältungsbedingte Zwangspause etwas zu versüßen. Ich freu mich schon auf die Fortsetzung!

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                                                                Freak

                                                                Liebt das Forum
                                                                • 16.08.2008
                                                                • 31757
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                20.01.2015 Abgesoffen (Pollenca und Alcudia). 75 km.


                                                                Es ist Feiertag. San Sebastian. Der richtige Tag für eine Radtour. Wenig Verkehr. Um 7 Uhr stehe ich auf und bin Punkt 8.00 Uhr beim Essen. Vorher gibt es nichts. Ich fühle mich fit. Brot, Pannacotta, Müsli und panierte Aubergine (fett). Das Ehepaar, das zu meinen Gesprächspartner gehörte, freut sich auf die Kreuzfahrt. Ein kurzer Abschied. Heute regnet es nicht, erfahre ich. Das wäre schön. Halb neun hole ich mein Fahrrad. Der Portier drückt mir zwei Schlüssel in die Hand, aber ich nehme nur den einen. Richtig. Anerkennend nimmt er ihn wieder entgegen.

                                                                Reifendruck überprüfen. Es ist 8.41. Eine Stunde Zeit bis Palma. Bis auf einen Radfahrer ist die Promenade leer. Ich gebe Gas. Um 9.40 fährt der Zug. Es wäre schön, ihn zu bekommen.





                                                                Direkt am Radweg ist eine Einflugschneise. Ich sehe sie das erste Mal. Es wird ein Learjet.





                                                                9.07 Uhr. Die rechteckige Kurve. Später werde ich in Palma sehen, dass es hier noch mehr davon gibt. Ganz rechteckig ist sie aber doch nicht. 94 Grad. Vorsichtig fahren. Die Fußgängerstrecke. Dann wieder Gas. Ich muss vor der Kathedrale abbiegen. Aber wo genau? Ich habe keinen richtigen Plan. Die Karte gibt das nicht her.

                                                                Kreuzfahrtschiffe vor Palma. Das Schiff der Bekannten sehe ich nicht. Der Blick auf die Uhr zeigt 9.12 Uhr. Panik. Verdammt. Noch dreißig Minuten. Das schaffe ich nicht.

                                                                Ich gebe dennoch Gas. Weg vom Meer. Ich muss irgendwo rechts. Die Einbahnstraßen nerven. Hier sieht es günstig aus. Könnte stimmen. Ein Radweg. Ich rase Richtung Placa Espania. Glaube ich. Immerhin geht es bergauf. Das ist ein gutes Zeichen. Die Querstraße. Die Hauptstraße meiner Radtour ab Palma. Ich muss höher. Aber jetzt nicht verfahren. Es ist 9.28 Uhr. Auf sicher gehen und links in die Hauptstraße abbiegen. Da kennst Du Dich aus. Ich rase sie entlang. Wieso kann man hier nicht vernünftig ausparken, ohne die Straße zu sperren? Bremsen. Ausweichen. Vorbei. Nicht zu schaffen. Versuch´s einfach. Mein Ohr? Dafür habe ich keine Zeit.
                                                                Kreuzung zur Ringstraße. Ampel. 9.32 Uhr. Abbiegen. Gas geben. Die rote Ampel habe ich nicht gesehen, echt. Wieder eine, Mist. Ich komme neben einem Bus zum stehen. Will er die Spur wechseln? Sieht er mich? Ja. 9.34 Uhr.

                                                                Grün. Gas geben. Placa Espania. Wieder rot, den Bürgersteig nehmen. Erstes Gebäude, zweites. Die Rolltreppe. Lieber die Treppen nehmen, das geht schneller. Mist, fast ausgerutscht. Der Bodenbelag ist wieder spiegelglatt. Der Automat. Dafür habe ich gestern geübt. Jetzt keine Fehler machen. Du kannst das. Tren, dann Fahrtziel andere, wieder andere, dann Sa Pobla. Hin und zurück. 8.20 €. 10 Euro Schein. Das Kleingeld, den Fahrschein.

                                                                Die Schranke. Fahrschein drauflegen, so haben es gestern die anderen gemacht. Brummton. Eine Oma. Vorne ist auch ein Feld. Funktioniert. Tür auf. Gleis 5,6,7,8, Was denn nun. Rolltreppe. Ich überhole. Die Oma guckt irritiert, weicht aus. Ein Zug steht da, beleuchtet. Gleis 5. Sa Pobla? Ja. Rein. Vor der Fahrertür die Klemmbügel für Räder. Vier dürfen mit pro Zug. Geschafft. Verdammt. Geschafft. 9.38 Uhr. Um 9.40 Uhr fährt der Zug pünktlich los.





                                                                Nebel hängt in den Bergen. Wolkenfetzen auch. Keine gute Zeit für Berge. Kurz vor Inca entferne ich das Schloss, damit es am Ziel schneller geht. Außerdem bringe ich die Karte an, das hatte ich heute morgen nicht geschafft. Indigene Bevölkerung steigt zu. Ureinwohner oder Zuwanderung? Eine alte Dame sagt etwas zu mir, aber ich verstehe nicht genau was. Kurz darauf weiß ich es. Richtung Sa Pobla muss man umsteigen.
                                                                Der Zug steht gegenüber. Ein alter Zug. Wieder Fahrkartenkontrolle. Fahrkarten gibt es auch im Zug. Sie redet auf mich ein. Das Rad steht wohl falsch. Ich sage, ich verstehe kein Spanisch, und sie gibt auf. Der Zug ist ja leer.





                                                                Sa Pobla. Haus an Haus. Sandfarben. Zweckmäßig. Die Touristengebiete scheinen weit weg. Rauchende Baumstämme. Sant Antoni oder San Sebastian?





                                                                Ich finde die richtige Straße sofort. Einem Moment habe ich das Gefühl, auf Tour zu gehen. Eine Kirche am Wegesrand. Tatsächlich ist es ein Friedhof. Ein Mann ermutigt mich, einzutreten. Mir ist das unangenehm, ihn und die Friedhofsruhe zu stören. Mein Rad lehnt an einer Bank. Ein Klo gibt es auch. An der Straße sehe ich: Fahrräder verboten.








                                                                Ein Artischockenfeld. So sieht die Pflanze aus.





                                                                Es ist recht zügiger Verkehr. Später erfahre ich, dass wohl nur Palma Feiertag hatte. Dann wäre hier wenig Verkehr.





                                                                Wieder keine Probleme mit den Steigungen. Aus der Puste bin ich dann zwar schon, aber kein Vergleich. Ich muss nicht wie sonst absteigen. Glücksgefühl. Pollenca beginnt.





                                                                Das Fahren macht Spaß. On the road again. In den Bäumen Vogelgezwitscher.








                                                                Es beginnt zu nieseln. Auch mal nett. Stört mich nicht.





                                                                Aus dem Nieseln wird Regen. Nicht mehr nett. Stört mich doch. Ich ziehe den Poncho an. Eine kleine Nebenstrecke ist nicht rennradtauglich. Schade.





                                                                Es regnet jetzt nicht mehr, es gießt. Ich überlege, die Regenhose anzuziehen, aber dafür ist es zu warm. Gute Entscheidung. Die Schaltung hätte die Hose gefressen.





                                                                Die Hügel verschwinden im Dunst.








                                                                Pollenca. Der Anblick von hier aus wenig spektakulär. Unter einer Palme checke ich die Karte. Weiter.





                                                                Wasser in meinem rechten Schuh. Radgamaschen wären gut. Für die Regenhose ist es zu spät.

                                                                Die Radroute 11, die ich fahre, geht geradeaus weiter nach Port de Pollenca. Autos nerven. Ich hake Port de Pollenca. Lieber eine ruhige Abkürzung nach Alcudia. Man sieht heute sowieso nichts mehr. Abbiegen. Der Regen wird schwächer. Also richtig. Ein schönes Gestüt. An den Straßenrändern rauscht das Wasser.





                                                                Ein Hügel. Ein Schild zu einem Heiligtum. Sehe ich es? Wohl nicht.





                                                                Die Linse wird nicht mehr trocken. Ein paar Hunden gefalle ich nicht. Sie bellen. Mein Ohr ist genervt.








                                                                Ein Parkplatz und Schilder. Anscheinend ein Erholungsgebiet. Sonst wäre ich neugierig. Heute nicht. (Nachtrag: Es handelt sich um den Parkplatz zum Wanderweg auf den Puig de Santuiri. Klick. Der Berg, den ich fotografiere und der mich einige Zeit begleitet, ist der Puig de Maria, auf dessen Gipfel ein Kloster steht.)





                                                                An einer Gabelung ein Radwegschild. Der Radweg führt in Richtung Port de Pollenca. Nein. Heute nicht. Ein Auto. Der Fahrer sieht aus, als wäre es ihm zu nass hier.





                                                                Das Meer. Samt Radweg. Ein wenig enttäuschend.





                                                                Der zweite Fuß ist jetzt auch voll Wasser. Vermutlich das Fahrrad. Ein Schutzblech habe ich nicht.





                                                                Es gießt wie aus Eimern. Ströme von Wasser schießen über die Straße oder an den Straßen entlang. Die Straße zieht sich. So kommen mir Gedanken. Ich habe gestern ods gelesen und einen Moment stelle ich mir die Frage, warum ich mir diesen Outdoor-Scheiß (Zitat Werner Hohn) antue. Meine Antwort: "Weil ich es kann (= beherrsche). Einfach nur, weil ich es kann.“ Weil ich weiß, wie es sich anfühlt, wie man damit umgeht, wie man es überlebt. Mit Karl-Jupp in Malle am Frühstücksbuffet. Und? Vielleicht ein lustiger Kerl. Man muss mit ihm ja nicht reden. Wenn man keine Lust mehr auf Outdoor hat, lässt man es eben bleiben. Alt ist man nicht, weil man „normalen“ Urlaub macht. Alt ist man, wenn man sich nicht mehr ändern kann.

                                                                Mir ist kalt, und ich trete mich in Rage. An einen fiktiven ods-User. Denn wenn jetzt jemand meint, diese verregnete Schxxe wäre zu wenig Outdoor, der solle mal selbst bei diesem Wetter Fahrrad fahren. 6 Grad und Dauerregen, was ein Spaß. Der solle mal selbst im Januar Urlaub machen. Im Sommer Urlaub machen ist einfach. Wenn die Tage hell sind und lang. Aber im Januar? Wenn 70 Prozent oder mehr der Hotels verrammelt sind und die Campingplätze geschlossen sind? Wenn man für etwas Wärme auf Länder ausweichen muss, in denen es keine Outdoortradition gibt? Kämpferisch trete ich weiter in die Pedale. Solche Ignoranten können mich mal kreuzweise. „Ein Forum, Euch zu knechten und ins Freie zu treiben.“ Wenn das hier nicht im Freien ist, weiß ich echt nichts.

                                                                Nach diesem Anfall geht es mir besser. Ich versuche, die Landschaft irgendwie schön zu finden. Die Berge sind so gut wie weg.





                                                                Neben der Straße ein Nationalpark. Einen Zugang sehe ich nicht. Nasser, freudloser Sumpf. Die Linse wird nicht trocken und ist sofort verschmiert. Das Meer rauscht. Wie es hier wohl im Sommer ist?








                                                                Alcudia. Das Wasser am Straßenrand ist ein reißender Fluss. Am Straßenrand anhalten funktioniert nicht mehr. Das Wasser ist schon zu tief. Die Tischnachbarin erzählte von gefährlichen Flussbetten in den Bergen. Wanderer erkennen sie nicht als solche und dann kommt der Regen. Ich verstehe, was sie meint. Diese Massen sind selbst bei uns eher selten.





                                                                Eine Kirche. Die Ampelregelung ist ungewohnt, ich stehe im Weg. Ein Mann sieht mich verächtlich an. Wegen des Fotos oder wegen des Fahrrades oder guckt er immer so?





                                                                Hinter der Kurve sehe ich, dass es eine riesige Anlage ist. Aber nicht bei dem Regen. Weiter.





                                                                Die Geschäfte sind auf, und es herrscht viel Verkehr. Die Autos fahren schnell. Wieder muss ich meinen Standort checken. Wosch. Ich bekomme bis zur Hüfte eine Ladung Wasser ab. Die Hose ist jetzt auch nass. Ich verspüre den Impuls, die Schuhe auszugießen. Aber dann kommt sowieso gleich wieder Wasser rein. Wo schon was ist, kann auch nichts mehr reinkommen.

                                                                Ich fahre Richtung Port. Stau. Also biege ich in Richtung Promenade ab. Nur weg hier. Kleine Geschäfte schließen gerade. Menschen sehe ich keine. Ein Yachthafen. Ein Spielplatz.





                                                                Ich irre irgendwelche Hauptstraßen entlang. Wieder nervige Einbahnstraßen. Gibt es hier keine Promenade? Meine Füße werden langsam kalt. Der Ochsenweg lässt grüßen.

                                                                Ich finde eine Promenade. Okay. Sicher nett hier. Aber Platja de Palma ist netter.





                                                                Unter einer Palme suche ich Schutz. Aktivitäten unter dem Poncho, die Rolläden sind geschlossen. Pause. Mal eine kurzen Moment keinen Regen haben. Sinnlos. Palmen bieten keinen Schutz. Dafür ein mächtiger Donner. Nur weg hier. Aber es wird der einzige bleiben.








                                                                Kanäle. Alles ist verwaist. Die Hotels sind geschlossen.





                                                                Ein letzter Blick.





                                                                Wieder die Hauptstraße. Es gibt eine separate Spur für Radfahrer und parkende Autos. Rechts ist ein See. Kann man da entlang? Nein. Die Straße endet direkt am See. An einer Schwelle breche ich mir fast die Handgelenke. Das Füllmaterial fehlt, da ist einfach nur ein Loch. Unter dem Wasser nicht zu erkennen.





                                                                Längst habe ich entschieden, abzukürzen. Vor dem Nationalpark, nicht dahinter. Irgendwo da hinten sind zwei der Campingplätze (von vier), aber zu deren Besichtigung fahre ich jetzt nicht den Umweg. Die Landstraße nach sa Pobla. Links der Nationalpark. Geschlossen. Unspektakulär. Eine sumpfige Ödnis. Das gibt es auch an der Nordsee.





                                                                Wieder ein Zugang zum Nationalpark. Ein Schild warnt vor Wanderern, welche die Straße kreuzen.





                                                                Gegenüber ist Privatbesitz. Wer hatte etwas gegen England wegen ähnlicher Schilder? Mallorca ist genau so. Ein weißer Kormoran? Als ich halte, fliegt er auf. Die Berge sind nur zu erahnen.





                                                                Es ist kurz vor zwei, um sieben nach fährt der Zug. Noch 6 km liegen vor mir. Das schaffe ich nicht. Ich reduziere die Geschwindigkeit. Ich muss mich nicht mehr beeilen. Lieber länger in Bewegung bleiben. Das ist wärmer.





                                                                In Sa Pablo folge ich den Schildern centro, aber ein Zentrum finde ich nicht. Dabei gibt es eins. Vielleicht gebe ich zu früh auf. Aber das System aus schmalen Straßen, Stoppschildern und doch wieder Vorfahrt ist sehr anstrengend. Man muss höllisch aufpassen. Und kühl wird mir auch. Also fahre ich wieder zurück.





                                                                Am Bahnhof ziehe ich den Poncho aus und mache Fotos vom Wasser in den Schuhen. Die Strümpfe wringe ich aus. Erstaunlich, was da so hineingeht. Dann laufe ich frierend herum. Vielleicht war Ausgießen ein Fehler. Wo ist die Wechselwäsche? Im Zimmer. Egal, die wird auf den 16 Kilometern ab Palma sowieso wieder nass.





                                                                Der Zug kommt und hat eine halbe Stunde Aufenthalt. Mir ist furchtbar kalt. Die Heizung ist aus. Ein Marokkaner mit Fahrrad knabbert Sonnenblumenkerne. Wir würden gerne reden, haben aber keine gemeinsame Sprache. Seine Mutter wohnt in Düsseldorf. Ich esse Brötchen mit Käse.

                                                                Der Zug springt an und die Heizung wärmt. Der Anschlusszug ist wieder eiskalt und die Heizung unzureichend. An jeder Station kommt kalte Luft hinein. Gegen 16.00 Uhr bin ich in Palma. Es duftet nach Popcorn, aber ich werde nicht schwach. Ich fahre durch die Parkanlage hinter dem Bahnhof und dann Radwege nach rechts. Sie führen Richtung Wasser, aber die Ampeln sind ständig rot. Das nächste Mal Hauptstraße. An einer Schnellstraße endet der Radweg vor einem Bauzaun. Orten. Entscheiden. Fahren. Aha. Hier kommt man raus.





                                                                Ich fahre dennoch Hauptstraße. Die Autos können nicht überholen, denn die Straße ist eng. Aber so richtig voran geht es auch nicht. Also doch der Radweg.

                                                                Ein R4. Auch vier Touristen bleiben stehen. Aha. Franzosen.





                                                                Der Radweg tut auch der Seele gut. Schön ist es hier. Die Füße schwimmen wieder im Wasser und werden daher langsam warm. Ich fliege die gewohnte Strecke entlang. Selbst bei Regen ein Genuss. Die anderen werden jetzt auf ihrem Kreuzfahrtschiff sein. Wie es da wohl ist?








                                                                Der Yachthafen am Ende der Bucht, an der ich wohne. Vor kurzem habe ich hier Surfer fotografiert und das blau bestaunt. Heute sieht es aus, wie die Nordsee. Hoch spritzt das Wasser, als ich durch die Pfütze fahre. Ungewohnt hier.








                                                                Die Strandpromenade fast leer. Keine Radfahrer. Zwei einsame Spaziergänger. Deutsche, würde ich wetten.





                                                                Gegen die Einbahnstraße ballere ich zur Mietstation. Geschafft. Der Katalane lacht. Ich spritze das Rad ab.





                                                                Am Empfang frage ich nach Zeitung für die Schuhe. Sie verweist auf die ausliegende Bildzeitung. Sehr witzig. Ich soll mich morgen an das Zimmermädchen wenden. Ich kaufe die Bild. 1.30 € kostet der Spaß.

                                                                Klamotten aus. Alles ist nass bis auf die Haut. Ich lasse Wasser ein. Die Badewanne ist klein. Wo kommt eigentlich das ganze Wasser her? So wasserreich ist die Insel bestimmt nicht. Das hier ist ein Notfall, beruhige ich mich.

                                                                Wohlig warm entsteige ich der Wanne. Gleich gibt es Essen. Und das erste Mal begreife ich, was Urlaub ist: Ein anderer macht es. Okay, die Wäsche wasche ich selbst. Aber putzen, kochen, Bett machen muss ich nicht. Kein Zelt aufbauen, die nassen Klamotten am nächsten Tag anziehen, kein Tütenzeug heiß machen und Nudeln kochen muss ich auch nicht. Alles da. Nur Radfahren, Radfahren, Radfahren. Ach, wie schön.

                                                                Beim Abendessen erzählt der Schweizer, er habe anderthalb Stunden seine Klamotten geföhnt. Ich esse viel Gemüse, Fisch und Melone und mein Körper fühlt sich unglaublich gut an. Das erste Mal sehe ich erholt aus. Ich glaube, das Leben als Tourist könnte mir gefallen.
                                                                Oha.
                                                                (Norddeutsche Panikattacke)

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                                                                  • 31757
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                                                                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                  21.1.2015. Sant Jordi. 28,8 km

                                                                  Am Morgen geht glutrot die Sonne auf.





                                                                  Ein Mann am Nebentisch erzählt mir in Wiener Tonfall von der Rosette in der Kathedrale in Palma. An einem Tag im Jahr zeigt sie ein besonderes Licht. Er sucht derartige Phänomene. Er hat die Bücher von Arxiduc/Erzherzog Lluis/Ludwig Salvator von Österreich-Toskana eingehend studiert und ist auf der Suche nach Spuren. Salvator war Naturforscher, der Mallorca ausführlich in den sieben Bänden „Die Balearen geschildert in Wort und Bild“ beschrieben hat. Er war ein Verwandter von Kaiserin Sissi. Jeder Mensch hat andere Hobbies.

                                                                  Auf den Gipfeln der Berge liegt Schnee. Gerne würde ich ihn von Nahem sehen. Ich fühle mich wieder sehr müde und ziehe eine Fahrt zum Kloster Lluc in Betracht. Der Bus fährt zweimal am Tag: Morgens und abends. Zu spät. Gecancelt. Schade.





                                                                  Eine Dame öffnet die Tür zum Zimmer gegenüber. Sie schaut auf die ganze Bucht. Atemberaubend. Sie sei ja auch 6 Wochen hier, sagt sie erklärend. Gestern hatte ich mich mit der Tischnachbarin über Preise unterhalten. Mit Frühbucherrabatt zahlt sie ungefähr 34 Euro pro Tag. Für Halbpension. Seeblick. 8 Wochen. Die gleiche Summe kann man auch in drei Wochen Finnland bei einer gescheiterten Wintertour ausgeben. Ich zahle 37 Euro mit Abendessen. Leider kein Meerblick.

                                                                  Die Bildzeitung hat einen guten Job gemacht. Innen sind die Schuhe trocken. Ein Regenbogen über der Bucht. Raus. Das Wetter ist heute spannend. Ich beschließe, Richtung Sant Jordi zu fahren und eine neue Strecke nach Llucmajor auszuprobieren.

                                                                  Eine Gruppe Radrennfahrer holt ihre Räder. Junge, magersüchtige Kinder. Auf ihren mit Überziehern verpackten Klickies tänzeln sie über den Steinboden als trügen sie Stöckelschuhe.





                                                                  Die Glaskirche La Parciuncula. Anscheinend ist hier ein Franziskanerorden. Das Museum würde ich gerne besuchen.
                                                                  Ich quere die Autobahn und biege in den Radweg ein. Es ist sehr kühl. Aber schön.





                                                                  In der Ferne Regenwolken. Kurz nieselt es. Ich ziehe den Poncho an, aber dann wieder aus. Notfalls bin ich schnell wieder zurück.





                                                                  Ich sehe völlig andere Dinge, als beim ersten Mal. Und ich frage mich, ob man überhaupt eine Landschaft würdigen kann, wenn man sie auf Tour durchfliegt. Es ist, als würde man sie erst durchdringen, wenn man sie im Laufe der Jahreszeiten sieht.





                                                                  Mal da. Mal verschwunden.











                                                                  Ein gelber Vogel. In der Palme entwischt er mir noch. Aber richtig scharf bekomme ich ihn nicht (vermutlich eine Goldammer).





                                                                  Mandelblüte. Jeden Tag neue Knospen. Jeden Tag neue Blüten.





                                                                  In ein paar Tagen wird hier alles weiß sein, habe ich gestern gelesen. Da bin ich leider nicht mehr hier. Die Gegend um Llucmajor ist das Hauptgebiet. Hufgetrappel.





                                                                  Ich lasse mir viel Zeit. Trödeln.





                                                                  Ein Vogelschwarm (Kiebitze?). Fliegt er gegen das Licht, sehen die weißen Leiber wie kleine Silberpappeln im Wind aus. Die ganze Luft glitzert. Gebannt bleibe ich mehrere Minuten stehen und schaue dem Treiben zu. Einmal bin ich im Weg. Das Auto hupt. Sehen die Leute das nicht? Die halten mich bestimmt für verrückt.





                                                                  Tiefe Pfützen auf dem ausgeschilderten Radweg vor Sant Jordi. Der Umweg beim ersten Mal war kein Fehler. Der Fahrer des Wagens rät mir (auf Spanisch) zum Umweg. Den kenne ich schon. Danke.





                                                                  Erneut der Vogelschwarm. Als ich ihn silbrig glänzend direkt vor mir habe, klingelt das Telefon. Verdammt. Wieso stelle ich das Ding im Urlaub nicht aus. Kurz darauf fliegt er davon.





                                                                  Der Geruch nach nassem Hund ist weg. Anscheinend eine Sumpflandschaft. Der Regen vertreibt den Geruch.





                                                                  Sonne und Schnee.








                                                                  Sant Jordi. Verschlafen. Still. Wie ländlich, abseits der Touriburgen. Die Autobahn trennt Welten.








                                                                  Spielende Kinder auf dem Schulhof. Der Klang klingt hell und freundlich. Herbstfarben.





                                                                  Die weißen Vögel.








                                                                  Er denkt, ich sehe ihn nicht. Dieses Bild wird scharf (Haussperling).








                                                                  Zwei Männer unterhalten sich. Ihre Hunde auch. Ich grüße. Die Schafe mit Glöckchen.








                                                                  Der unbekannte Radweg. Wieder die Lärmvögel. Aber ich sehe sie nicht. Kontraste.





                                                                  Eine lange Steigung. Kein Problem. Wolken schieben sich über die Sonne. Ich fröstele. Und werde schlagartig müde. Fast fallen mir die Augen zu. Ein Mofafahrer kreischt sich den Hügel hinauf.





                                                                  Nach Llucmajor wären es nur 14 km, aber ich sehne mich nach Schlaf. Auf seinen Körper sollte man hören.





                                                                  Die bisher so liebliche Natur wechselt jäh das Gesicht. Ein böiger Wind. Ein Mann führt seine wertvollen Pferde in den Stall. Eine Frau ergreift die Wäsche.








                                                                  Autofahrer fahren hektisch durch den Ort. Nach Hause, bevor der Regen kommt. Intuitiv finde ich die richtige Straße. Palmen biegen sich im Wind. Dann prasselt Regen hinunter. Kleine spitze Pfeile im Gesicht. Ich ziehe den Poncho über. Fast fegt mich der Wind vom Rad.





                                                                  Küstenwetter. Ich liebe es. Nur fünf Grad mehr wären nett. Die Strecke Routine. Am Sumpf vorbei.





                                                                  Unbeeindruckt kommen mir Radrennfahrer auf der Hauptstraße entgegen. Die Einbiegung zum Radweg. Ein alter Mann im Anzug sucht empört sein Auto auf. Das Wetter scheint nicht nach seinem Geschmack zu sein. Er hat einen Anzug an.

                                                                  Ich wähle die Akürzung und komme in El-Pilari heraus. Der Regen hat aufgehört.





                                                                  Ein kleiner Ort auf der dörflichen Seite der Autobahn. Eine Frau bringt ihrem kleinen Jungen das Pinkeln vor der Haustür bei. Sie hält ihn vor ihrem Oberkörper fest. Der Kleine schreit. Die Freundin lacht.
                                                                  Ein Dorfladen. Ich kaufe ein baguette und frage nach einer regionalen Spezialität (auf Französisch). In ihren Augen blitzt es: Das hier, das gibt es zu San Sebastian. Auch eine Teigtasche, vergleichbar der Cornish Pasties. Wie ich sagte: Die Autobahn trennt zwei Welten.





                                                                  Ich biege hinter der Autobahn noch einmal ab. Ein Restaurant. Eine Schule. Sie scheint zu der Glaskirche zu gehören. Zum Hotel geht es rechts. Einbahnstraße. Ich fahre langsam und illegal. Ein Steinbruch. Ich biege jetzt doch korrekt links ab.

                                                                  Eine Hauptstraße. Wieder stelle ich fest, dass die Mallorquiner sehr viel rücksichtsvoller fahren, als die Italiener. Eine Ansammlung von Menschen, die auf ein Grundstück strömen. Die Polizei bewacht. Was es ist, kann ich nicht erkennen. Ein Supermarkt. Gar nicht so weit vom Hotel, aber eben oben an der Straße. Meine Gesprächspartnerin beim Abendbrot kann Wege einfach nicht erklären.

                                                                  Ich befreie das Rad vom Sand. Wasserverschwendung, wenn man nachdenkt. Das Zimmermädchen kommt, spät heute. Ich versuche unsichtbar zu sein, und wir lachen. Sie ist sehr groß gewachsen, bestimmt 1.90, und wirklich nett. Schade, dass man nicht reden kann.

                                                                  Ich bin müde und mir ist furchtbar kalt. Ich wickele mich in meinen Schlafsack und stelle mir vor, ich sei im Zelt. Kurz darauf bin ich für eine Stunde entschlummert. Mein Ohr dankt es mir. Wieder zeigt sich ein Regenbogen über den Bergen.

                                                                  Abendessen. Klatsch. Dieter Bohlen ist in den Nordosten gezogen. Privat ist er ganz anders. Da schiebt er Kinderwagen. Trotzdem: Nicht ihr Niveau. Peter Maffay hat eine Finca, in der benachteiligte Jugendliche Urlaub machen können. Er ist hier sehr beliebt. Die Finca von Michael Douglas ist ein Museum. Wohnen tut er woanders. In Cala Rajada ist es am schönsten. Jetzt ist dort aber alles tot. Da fährt man im Sommer hin. Am Strand stehen Polizisten und kassieren die Flaschen ein. Die jugendlichen Touristen hatten sich angewöhnt, sie an die Felsen zu werfen. Man konnte den Strand kaum noch betreten. Überall wurden die Strafen erhöht. Eimersaufen, Pinkeln, gefälschte Markenartikel, falsche Kleidung. Das gefällt nicht allen. Die Mädels sind am schlimmsten. Die Vermieterin hat letztes Jahr welche vor die Tür gesetzt. Abiturienten. Das ist doch etwas Besseres! Und dann grölen sie nachts im Pool. Die Lehrerin hatte gebettelt, aber da kennt die Vermieterin nix.

                                                                  Der Wiener setzt sich an unseren Nebentisch. Er sucht bei ihr Infos über die Therme. Dunkel erinnere ich mich an ein Schild, als ich zu den Salinen gefahren bin. Ich muss nachher mal nachschauen. Meiner Gesprächspartnerin ist das zu bunt. Sie hat gerade einen Anruf gekriegt, und als der Wiener Essen holt, ist sie einfach verschwunden. "Ich bin doch hier nicht die Auskunft", sagt sie zu mir und geht auf ihr Zimmer. Ich vergaß zu erwähnen: Die Dame ist aus Hamburg und nicht mehr ganz jung. Ihr Alter wollte sie nicht verraten.

                                                                  Der Wiener ist darüber völlig empört. Er kann sich gar nicht beruhigen. Ich versuche höfliche Erklärungen. Aber innerlich muss ich grinsen. Um mich gleich darauf ebenfalls zu entschuldigen und zurückzuziehen.
                                                                  Zuletzt geändert von Torres; 16.02.2015, 20:42.
                                                                  Oha.
                                                                  (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                  Kommentar


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                                                                    Dauerbesucher
                                                                    • 25.06.2013
                                                                    • 566
                                                                    • Privat


                                                                    #34
                                                                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                    Interessanter Bericht + schöne Fotos
                                                                    Danke!
                                                                    Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                                                    Gruß, Wi grenzenlos

                                                                    Kommentar


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                                                                      Freak

                                                                      Liebt das Forum
                                                                      • 16.08.2008
                                                                      • 31757
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                      Danke schön. Ebenfalls.

                                                                      Jetzt geht es auch gleich weiter.
                                                                      Oha.
                                                                      (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                      Kommentar


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                                                                        Freak

                                                                        Liebt das Forum
                                                                        • 16.08.2008
                                                                        • 31757
                                                                        • Privat


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                                                                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                        22.01.2015 Cala Pi. 69,9 km.

                                                                        In der Nacht blitzt und donnert es synchron. Ich träume von einem Überfall. In einer Bücherei liegt eine Person und ist an den Händen gefesselt. Ich rufe die Polizei. Wieder kracht es, und ich werde wach. Ärgerlich wälze ich mich auf die andere Seite.





                                                                        Frühstück. Dem Anhänger von Lluis Salvator erläutere ich meine Erkenntnisse über die Zisterne an dem Thermalbrunnen. Als er Therme sagte, hatte ich meine Bilder angeschaut. Die Kirche. Ein Kloster. Die Therme ist nebenan und gehört zu einem Hotel. Die einzige heiße Quelle Mallorcas. Der Wiener weiß das wohl schon. Er will wissen, ob man in der Nähe kostenlos in der heißen Quelle baden kann. Das Hotel (das noch geschlossen ist und 220 € die Nacht kostet) ist ihm zu teuer. In der Toskana ginge das. Aha.





                                                                        Ich überlege, worauf ich Lust habe, aber mir fällt nichts interessantes ein. In S'Arenal ist Markt. Meine Tischpartnerin trifft sich dort mit Freundinnen. Ich brauche nichts. Also das Fahrrad. Eine kleine Runde. Die Straße von gestern zu Ende fahren.

                                                                        Am Autobahnkreisel wieder ein Regenbogen.





                                                                        Gestern kamen Radfahrer von rechts. Ausprobieren. Wieder eine neue Abkürzung. Eine Palmenfarm. Baströckchen.





                                                                        Ein Radteam überholt sirrend.





                                                                        Sehen sie den Regenbogen überhaupt? Sogar ein Begleitfahrzeug mit Ersatzrädern auf dem Dach ist dabei.

                                                                        Eine Meise sitzt auf der Straße. Das Foto wird unscharf. Ich summe "Somewhere over the rainbow". Judy Garland. Kinderstar. Weltstar. Drogen. Ist sie schon vergessen? Aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht? Das blüht uns allen, früher oder später.





                                                                        Sant Jordi. Auf der Bank habe ich am zweiten Tag gesessen. Die Strecke füllt sich mit Erinnerungen. Das gefällt mir.





                                                                        Radwegschild. Gut versteckt. Harmonie der Farben.





                                                                        Der Müllwagen. Kleiner feiner Staub rieselt mir ins Gesicht. Bloß nicht atmen. Doch, sagt die Lunge. Gesund ist das sicher nicht. Es riecht nach Fisch.

                                                                        Ein alter Mann mit Hund. Er pinkelt in die Hofeinfahrt. Der Hund, nicht der Mann.





                                                                        Das Radwegschild weist nach rechts. Gestern bin ich anders gefahren. Ich erinnere mich. Die Pferde, die reingeholt wurden. Gleich kommt die Frau mit der Wäsche.

                                                                        Die Straße glänzt von der Nässe. Eben muss ein Regenschauer durchgegangen sein. Das Gefühl von Freiheit.





                                                                        Die Wiese mit Blick auf Sant Jordi. Die Schafe. Wo sind die Schafe?


                                                                        Links von mir.





                                                                        Langsam beginnt die Steigung. Der Mandelbaum. Jeden Tag einige Blüten mehr. Ein paar Blütenblätter liegen auf der Straße. Der Regen hat sie zu Boden geworfen und zerstreut.





                                                                        Die Straße wird steiler. Das Schild wollte ich gestern schon fotografieren.





                                                                        Im ersten Gang komme ich Schritt um Schritt, Umdrehung für Umdrehung weiter. Dann ein kleines Tief. Das Herz pocht bis zum Hals. Und das ist wörtlich gemeint. Ein kleiner Gummihammer. Tok, tok, tok, tok, tok. Pause. Nicht übertreiben.





                                                                        Der Bodenbelag bremst, aber auch das letzte Stück radele ich hoch. Andere machen das wohl damit.





                                                                        Zwei Greifvögel. Vollbremsung. Die große Kamera. Nicht leicht, sie im Objektiv zu entdecken. Schön und schnell.





                                                                        Ein Grab. Ein Kind? Ich lese die Plakette. Vermutlich ein Hund. Ein Blick zurück.





                                                                        Und nun wird es interessant. 4 km MTB Strecke. Falsches Fahrrad.





                                                                        Ich schiebe.








                                                                        Nasses Fahrrad oder nasse Füße?





                                                                        Das Wandern macht Spaß. Nur wo Du zu Fuß warst.... Es ist still hier. Keine Vögel. Nur Stille. Und warm. Am Rand liegt Bauschutt. Die Hülle eines Monitors. Das Wissen um schneebedeckte Berge.

                                                                        Ohne es zu merken, fange ich an zu rezitieren.
                                                                        Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
                                                                        Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
                                                                        Im Tale grünet Hoffnungsglück;
                                                                        Der alte Winter, in seiner Schwäche,
                                                                        Zog sich in rauhe Berge zurück.
                                                                        Von dort her sendet er, fliehend, nur
                                                                        Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
                                                                        In Streifen über die grünende Flur.
                                                                        Aber die Sonne duldet kein Weißes,
                                                                        Überall regt sich Bildung und Streben,
                                                                        Alles will sie mit Farben beleben;

                                                                        Nun fällt mir nur noch der Rest ein:
                                                                        Zufrieden jauchzet groß und klein:
                                                                        Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!
                                                                        (J.W. Von Goehe, Faust I)

                                                                        Ich schüttele den Kopf. Jetzt rezitiere ich schon Goethe. Ich muss wirklich krank sein. Aber irgendwie passt es so schön. Dieser Kontrast aus schneebedeckten Gipfeln, kalter Luft, wärmender Sonne und Frühlingsblumen. Noch ein letzter Blick zurück.





                                                                        Ein Selfie für die Fotochallenge.





                                                                        Ein moderaterer Abschnitt beginnt. Man findet mit etwas Geschick eine Fahrspur. So setze ich mich wieder auf das Rad und taste mich vorsichtig voran. Rennfahrer machen das besser. Sie geben einfach Gas.





                                                                        Das leise Bimmeln der Schafglocken.





                                                                        Immer noch ganz still.





                                                                        Kein Sand, sondern Felsen.





                                                                        Auch hier weist jedes zweite Schild auf Privatbesitz hin. Nur selten fehlt es. Zaun hin oder her.





                                                                        Ein schöner Abschnitt. Ein MTBler war gestern empört abgereist, weil es hier keine Strecken für ihn gäbe. Vielleicht die falsche Karte.








                                                                        Und wieder ist die Luft voller Vogelstimmen. Tschilp und piep und was es so gibt. Zu sehen sind keine. Oder sind es die Punkte, die man zwischen den Bäumen sieht? Dann sind sie zu schnell. Kleine Mücken tanzen in der Sonne. Vielleicht brachte der Regen sie her.





                                                                        Ich bin jetzt kurz vor Llucmajor.








                                                                        Die Systemkamera geht nicht mehr an. Ich hatte den Akku doch gestern geladen. Hatte ich ihn falsch ins Ladegerät gesteckt? Selbst schuld. Nicht kontrolliert.





                                                                        Zwei Babyschäfchen. Lange schaue ich ihnen zu.





                                                                        Der Radweg nach Algaida. Einen Moment überlege ich. Aber mein Ziel ist Cala Pi. Das hatte ich bei der ersten Radtour ausgelassen. Heute sollte ich das schaffen.

                                                                        Llucmajor. ich fahre Richtung Zentrum. Der Ort seltsam vertraut. Ein hübscher Marktplatz. Seit sa Pobla schaue ich genauer, dass ich das Zentrum finde.





                                                                        Ein Junge hat sich auf den Boden geworfen und stellt sich tot. Da das niemanden interessiert, versucht er, sich in Erinnerung zu rufen. Ich muss schmunzeln. Ein Vater mit Kleinkind lächelt mich an. Hat er mich wiedererkannt? Oder bezieht es sich auf die Situation? Ich lächele zurück.

                                                                        Die Kathedrale. Leider ist sie geschlossen.

                                                                        Ich fahren die gleiche Straße wie am Sonntag weiter. Ich kenne mich ja mittlerweile hier gut aus. Es ist lausig kalt zwischen den Häusern. Im Sommer wird es hier schön kühl sein. Ein Auto hupt mich an. Gemach, gemach. Wir sind in Spanien.

                                                                        Hinter der Brücke ein Moment der Unsicherheit. Ich wüsste zu gerne, was ein Talaiot ist. Das Schild zeigt geradeaus. Aber der andere Weg ermöglicht eine Rundweg. Also verzichte ich und nehme den Cami de Torre.

                                                                        Vergeblich halte ich Ausschau nach alten Steinen. Ich sehe nichts. Pech gehabt. Die Landschaft ist unspektakulär. Nur der Blick birgt Abwechslung.





                                                                        Ein Traktor mäht die Bäume an der Straße. Kreischend und gefräßig beißt sich die Fräse in das Gebüsch und lässt die Pflanzenteile in ihrem Schlund verschwinden. Es reicht nach frischem Gehölz und zerquetschten Pflanzen.

                                                                        Die Felder wirken hier etwas wilder und unberührter.





                                                                        Ein Schaf hat sich an das Gras am Zaun gewagt. Als ich halte, um es zu fotografieren, läuft es panisch davon. Hoffentlich überlebt es den Schreck. Schafe sind sehr sensibel.





                                                                        Dieses Rotbraun ist einfach ein Traum.





                                                                        Ich habe gestern gelernt, dass Wildpinkeln auf Mallorca 800 € Strafe kostet. Dann bin ich jetzt bei 2400 €. Oder etwa schon bei 3200 €? Aber was soll man machen. Toiletten sind hier außerhalb der Saison nicht zu sehen.





                                                                        Auch hier die Energiewende? Es ist ein sehr großes Feld.





                                                                        Ein Verwandter. Vielleicht sollte ich das als Selfie einreichen?





                                                                        Wieder schwelge ich im Anblick eines gelben Feldes. Diesen Farbton kenne ich nur von Raps.





                                                                        Ich bin nun kurz vor Cala Pi. Eine Küstenstraße. Das Meer ist zu erahnen. An einer Schlucht sieht man es kurz.
                                                                        Gespenstische Leere. Hier wohnt man im Sommer. Ab und zu bellt ein Hund. Menschen sehe ich keine. Erinnerungen an Italien werden wach. Wie die bewachten privaten Areas an der Küste Latiums. Nur die Zäune und Wachanlagen fehlen. Als ich zwischen zwei Häusern den Blick auf ein Stück Wasser erhasche, bin ich froh.

                                                                        Und dann glaube ich, worum es geht: Ein Turm. Wäre auch unlogisch, dass der Ort wegen der Luxusvillen so gut ausgeschildert ist. Die Straßen heißen Chopin und Vivaldi.





                                                                        Wieder eine Einbahnstraßenregelung. In meine Richtung ist die Straße oben. Auch wenn mir kein einziges Auto begegnet, so gehe ich auf Nummer sicher und halte mich an die Regeln. Zwei Häuser sind mit amerikanischer Flagge bestückt. Bleich am Nebenhaus eine Spanische.

                                                                        Ein Kreisverkehr. Zum Gemäuer geht es bergab. Steil. Auf dem Rückweg müsste ich schieben. Ein Ruck. Wenn ich schon mal da bin!

                                                                        Der Ortskern ist menschenleer. Ein Schild Playa. Strand? Ein Schild Platja zeigt nach rechts. Was heißt nun Strand. Playa oder Platja? Ich bremse und schaue kurz nach rechts. Und mache große Augen. Ein Felsen. Anscheinend eine Schlucht. Ich trage das Fahrrad Treppen hinunter. Sicher ist sicher. Und was ich nun sehe, verschlägt mir den Atem.





                                                                        Ein Strand. In der Bucht. Das Wasser so blau wie im Reiseprospekt. Flaschen verboten. Ob man sie hier auch an Felsen geworfen hat? Heute ist hier niemand.





                                                                        Ganz nach unten gehe ich nicht. Es ist kalt hier. Und ich will das Rad nicht anschließen.





                                                                        Am Ende der Straße ein Parkplatz, und hier ist auch der Turm. Zwei Autos. In einem läuft der Motor. Das sind Spanier.

                                                                        Wer das hier sieht, möchte hier auch wohnen. Ich gönne es jedem Einzelnen.





                                                                        Hinter dem Turm ist eine Bank. Weiter unten sitzen zwei Männer. Später werden sie an mir vorbeilaufen. Etwas zu betont gehen sie getrennte Wege. Vorsicht? Gewohnheit? Oder ist die Liebe bereits Routine? Der Jüngere sieht meinen Blick und lächelt in sich hinein.





                                                                        Ich probiere noch einmal das Tele aus. "Batterie leer". Immerhin. Sie redet mit mir. Wieso kann ich nicht einfach mal einen Ersatzakku einpacken. Selbst Schuld.





                                                                        Der Ort könnte Colonia de Sant Jordi sein. Da war ich am Tag der Salinen.





                                                                        Die Insel. Auf meiner Karte ist sie nicht drauf. Am Abend erfahre ich: Unbewohnt. Touristen dürfen nur tagsüber dorthin.





                                                                        Ich packe Baguette und Käse aus und esse eine Kleinigkeit.





                                                                        Nicht gerne nehme ich Abschied, aber es ist einfach zu kalt. 8 Grad vielleicht. Heute morgen hat die Sonne noch gewärmt. Jetzt nicht mehr.

                                                                        Das Stück Straße zum Kreisverkehr muss ich schieben. Die Spanier überholen mich. Jetzt ist im Ort alles leer.





                                                                        Wüsste man nicht, dass neben der Straße eine Schlucht ist, könnte man sie nicht sehen.





                                                                        Passend zum Rückweg setzt Gegenwind ein. Frischt er hier nachmittags auf wie in England? Oder ist es die Ankündigung von Regen? Bergauf geht es auch. Ein großes Feld mit Stockreihen. Weinberge? Hier ist Süden. Es ergäbe Sinn. Und dieses Gelb. Immer wieder dieses Gelb.

                                                                        Auf meiner Karte ist ein M eingezeichnet. Vielleicht sind hier die Talaiots? Ein weißes Schild am Straßenrand. Prähistorische Bar kann ich entziffern. Dann wird es auch schon offiziell.





                                                                        Auf der rechten Seite WC Schilder. Hier sind die Parkplätze. An der Einbiegung zu meinem Radweg das Tor. Natürlich geschlossen. So bleibt nur das Bild durch den Zaun.





                                                                        Und über den Zaun.





                                                                        Talaiots sind (Wach)Türme aus der Talaiyotkultur, die es zwischen dem 13. und 2. Jh. v. Chr. auf den Balearen gab. Steine bleiben bestehen - Menschen vergehen, reime ich.





                                                                        Immer noch der frische Wind. Mühsam. Ein großer Vogel. Majestätisch. Schwereloses Gleiten. Ein Bild gelingt nicht.

                                                                        Die ersten Tropfen. Ein leichter Sprühnebel. So darf es bleiben. Bleibt es nicht.





                                                                        Diese Wolke zieht genau in meine Richtung.





                                                                        Erbarmungslos peitscht der Regen ins Gesicht. Wieder diese Windböen. Die Mauern und Bäume bieten leidlich Schutz. Die Fototasche geht immer wieder auf. Energisch zwinge ich sie zu Wohlverhalten.
                                                                        Das Hilton. Für einen kurzen Moment machen die Schauer Pause. Leer sieht es aus. Nur der Geruch von gebratenem Hähnchen. Ein einsames Auto auf dem großen Parkplatz. Ein Reisebus.

                                                                        Der Regen nimmt Fahrt auf. Ein Trupp Rennradler auch. Ein Mann schreit Kommandos. Die aus Sternenseide gewebten Regenjäckchen der Fahrer flattern im Wind.

                                                                        Links von mir ist ein kleiner Regenbogen. Für ein Foto sind die Bäume und Mauern zu hoch. Zart schimmern seine Farben. Kleine Vögel schießen wie kleine Geschosse über die Straße. Meisen, nehme ich an. Einige sind winzig.





                                                                        Der Regen wird schwächer. Abbiegen in den Radweg, der zur Autobahn führt. Kurz darauf ein Straßenschild: Cami del Palmer. Das war der Weg in Richtung Salinen. Anscheinend geht er hier weiter. Ausprobieren. Er würde mir die Hälfte der Autobahnstrecke ersparen. Der Weg ist gut befahrbar. Ein Golfclub. Daher kein Radweg, im Sommer sind hier zuviele Autos.


                                                                        Am Ende des Regenbogens liegt der Schatz. Aber auf welcher Seite?








                                                                        Die Sonne kommt wieder heraus, und ich höre schon die Autobahn. Der Steinbruch. Die nassen Büsche und Bäume glitzern in der Sonne wie kleine Sterne.





                                                                        Meine Speicherkarte ist voll, und ich gebe mich mit dem Bild zufrieden. Es ist wieder kalt geworden. Ich spurte den Hügel herunter und fahre diesmal Radweg über das Aqualand nach S'Arenal. Das Meer liegt ruhig und bedächtigt in der Bucht. Eine Touristin lässt sich I love Mallorca - Shirts zeigen. Für die Enkel, vermute ich.

                                                                        Gewohnte Wege. An der Parallelstraße versperrt eine Zementmischmaschine den Weg. Die ProfiTeams feilen an ihren Rädern. Die riesigen Werkstatt-LKW tragen die Kennzeichen von Polen, Belgien und Italien.

                                                                        Morgen ist der letzte Tag. Die Sonne soll scheinen.
                                                                        Zuletzt geändert von Torres; 10.02.2015, 21:21.
                                                                        Oha.
                                                                        (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                        Kommentar


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                                                                          • 566
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                                                                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                          Gutes Auge für Regenbögen + hoffe, die Sonne scheint wirklich
                                                                          Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                                                          Gruß, Wi grenzenlos

                                                                          Kommentar


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                                                                            Fuchs
                                                                            • 02.07.2009
                                                                            • 2425
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                            In diesem Reisebericht geht es um eine Reise, die der Erholung dienen sollte für einen Körper, der an Grenzen gekommen ist.
                                                                            Tja Torres, man wird eben Älter.

                                                                            Nichts desto Trotz, ein Bericht der mir sehr gut gefallen hat, einschließlich der Fotos.

                                                                            VG
                                                                            Atze
                                                                            Zuletzt geändert von ; 11.02.2015, 06:57. Grund: QUOTE repariert
                                                                            Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
                                                                            Abraham Lincoln

                                                                            Kommentar


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                                                                              Freak

                                                                              Liebt das Forum
                                                                              • 16.08.2008
                                                                              • 31757
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                              Danke, Atze, da bin ich ja beruhigt. Ich habe die Zahl der Häuserbilder auch stark reduziert.

                                                                              Auf die Frage des Älterwerdens komme ich noch, wirst schon sehen . Aber die Krankheit hat damit nichts zu tun. Die Ursachen liegen im Dunkeln, man geht aber davon aus, dass Stress und Lärm das begünstigen. Selbst mein jungdynamischer Ohrenarzt hatte das schon...

                                                                              @grenzenlos
                                                                              Ja. Sie hat geschienen
                                                                              Oha.
                                                                              (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                              Kommentar


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                                                                                Freak

                                                                                Liebt das Forum
                                                                                • 16.08.2008
                                                                                • 31757
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                23.01.2015. Abschied. ca. 30 km.

                                                                                Es wird ein sonniger Tag. Ich will ihn am Meer verbringen.





                                                                                Doch zunächst besuche ich die Glaskirche.





                                                                                In dem dazugehörigen Museum wird die Geschichte des Tourismus auf Mallorca erzählt. Als die Kolonien verloren gingen, geriet die Landwirtschaft in eine Krise. Man lebte von Fischfang, den Feldern und der Steinmetzerei.
                                                                                Tourismus war die Überlebenschance der Insel. Das Wort leitet sich von der Grand Tour der jungen Engländer ab, die drei bis fünf Jahre herumreisten, um die Welt kennenzulernen und zu Erfahrungen zu sammeln, wie ein Staat regiert wird. Zuvor reiste man nur aus Hunger oder aufgrund von Kriegen. Schilderungen von reichen Reisenden, wie George Sand, Lluis Salvator bis Miro machten die Insel bekannt. Sie waren die ersten Touristen. Dann wurde Reisen auch für normale Menschen erschwinglich. Heute lebt Mallorca davon. Nichts erinnert mehr an die Insel von damals. Das Landleben, das man heute als verlorene Idylle betrauert, ist verschwunden. Dafür ist die bittere Armut Wohlstand gewichen.
                                                                                Heute steht Mallorca wieder am Scheideweg. Der Konzeption eines nachhaltigen Tourismus wird mehr Gewicht zugemessen. So werden die Hotels an der Platja de Palma zu besseren Standards gezwungen und der Radtourismus weiter ausgebaut.

                                                                                Die Kirche ist ein wunderschöner Bau. Sie gehört zu einem Franziskanerkloster. Da niemand mehr Priester werden wollte, ist in den Gebäuden heute eine Schule.





                                                                                Ans Meer. Viel mehr Menschen sind unterwegs, als in den letzten Tagen. Eine Kutsche wartet auf Touristen.





                                                                                Der Wind lässt die Wellen an die Steine schlagen. Ich lasse mir viel Zeit.











                                                                                Ein verfallenes Haus.








                                                                                Traumwellen.











                                                                                Landromantik.





                                                                                Die Kathedrale.








                                                                                Ein Platz an der Promenade. Tschilp und Zwitscher. Geduld. Geduld.











                                                                                Surfer sind unterwegs.











                                                                                Eine Frau sitzt mit drei Hunden in der Sonne vor ihrem Haus. Was es wohl für ein Gefühl ist, einfach am Meer zu wohnen? Ein paar Schritte und schon ist man da? Für mich wäre das ein Traum. Aber im Sommer ist es hier bestimmt viel zu voll. Die ersten Kampfradler sind mir heute bereits begegnet.





                                                                                Der Verkehr nimmt zu. Zu laut. Ich wollte bis ans andere Ende Palmas fahren, aber ich drehe um.

                                                                                Wieviele Sorten blau gibt es?





                                                                                Immer noch Schnee.





                                                                                Ein Seidenreiher. Wieso sehen die anderen ihn nicht?





                                                                                Erfolgreich ist er nicht.





                                                                                Hier sieht er aus wie die Concorde.





                                                                                Kachel.





                                                                                Immer wieder etwas Neues entdeckt.








                                                                                Das Wasser ist ein Sternenmeer.





                                                                                Schnell genug. Ein Rotkehlchen? (Nein, ein Braunkelchen. Danke, Griffon.)





                                                                                Spaziergänger.





                                                                                Noch einmal sehe ich es auf einem Zaun. Ein kleiner Weg am Wasser entlang.





                                                                                Ein ehemaliges Schwimmbad, anscheinend. Vielleicht ein abgerissenes Hotel.





                                                                                Klangspiele. Immer noch zu laut.





                                                                                Wieder ein Seidenreiher, diesmal mit Fahrrad. Das ist aber Urban Outdoor, junger Mann!





                                                                                Gelbe Füße. An den Tischen des Lokals sitzen zwei Gäste und unterhalten sich.





                                                                                Eine Bäckerei, die für ihre Ensaimades bekannt ist. Von hier lassen sich die Festlandsspanier gerne das Gebäck mitbringen, dessen Namen ich mir partout nicht merken kann.





                                                                                An der Promenade esse ich den luftig-leichten, fettigen Hauch. Radfahrer fahren in hohem Tempo auf dem Bürgersteig an mir vorbei. Der Radweg verläuft parallel unten am Strand. Es wird Zeit zu gehen. Und Bilanz zu ziehen.
                                                                                Hat mir mein Zelt gefehlt? Oh, ja. Im Zelt kann ich immer am besten schlafen. Eingekuschelt in den Schlafsack, die Geräusche von Regen und Wind. Liebgewonnene Routinen. Aber alles andere nicht. Ich konnte mich dem widmen, was ich am liebsten mag: Draußen sein. Und ich war viel bewusster draußen: Kein Rausch der Eindrücke, kein Vorbeifliegen. Sondern Wege finden. Landschaften durchdringen. Gewohnheiten entwickeln. Wind und Wetter trotzen. Das Meer sehen. Das war schön.

                                                                                Die Schiebestrecke vom ersten Tag. Als ich mit der Schaltung noch nicht klar kam. Wie taten mir damals die Ohren weh. Noch ist es nicht gut. Aber besser.





                                                                                Ein Radfahrer rast mit Millimeterabstand an mir vorbei, als ich aufstehe, und ich erschrecke mich zu Tode. Mein Ohr glüht und schmerzt ganz tief drinnen und fängt wieder an zu pochen. Immer noch nicht in Ordnung. Hilflos schaue ich mich um. Ist das wirklich so schwer, ein wenig Rücksicht? Schon seit Jahren stört mich das, aber damals war es noch nicht so wichtig. Nicht, dass ich nun wirklich ein Engel bin, aber dann fährt man doch vielleicht einmal langsam. So habe ich das nicht gelernt, und so war ich auch nie. Wie sollen denn andere noch träumen? Wenn jeder in den Bereich des anderen dringt. Und den anderen zu ständiger Aufmerksamkeit zwingt?
                                                                                Einen kurzen Moment setze ich mich noch einmal hin. Der zweite Teil der Reise. Sie werden mich vielleicht hassen. Aber es ergibt immer noch Sinn. Schlafen. Zur Ruhe kommen. Lesen. Auch diese Woche war das Radfahren nicht gerade wenig. Mach doch einfach mal nichts. Das kannst Du nicht. Ich weiß. Mal sehen, wie es wird.

                                                                                Italia. Ich freue mich.

                                                                                Langsam geht es zurück. Das Fahrrad abgeben. Noch ist geschlossen. Siesta. Ich setze mich an den Strand. Ein Abschiedsfoto. Ich werde das Rad vermissen.





                                                                                Den Strand auch. Diese Weite und das Meer. Die letzten Tage menschenleer. Welch ein Glück, es genießen zu können.








                                                                                Immer noch sind viele Menschen unterwegs. 15 Grad. Schon fast zu warm. Rennradler. Spaziergänger. Modeschmuckverkäufer. Rentner auf Leihfahrrädern. Immer mehr Läden haben auf.

                                                                                Die Fahrradrückgabe. Alles okay. 110 Euro habe ich letztlich bezahlt. Ich kaufe noch ein Trikot. 12 Euro sind nicht viel. Hauptsache, es passt. Die meisten Radsachen sind in XXXXS. Der Werbeaufdruck ist eingepreist. Ich zeige meine Radwanderkarte. Auf unseren Karten sind nur Rennradstrecken. Guter Belag und wenig Verkehr. Nächste Woche sind die Mallorca Classic. 4 Tage Radrennen. Da wird man die Insel nicht wiedererkennen.
                                                                                Längst ist der Gründer Multimillionär. Er hat den Radsport nach Mallorca gebracht. Auf seine Empfehlung hin werden Straßen geteert. Weltmeister war er auch. Ab März beginnt die Hauptsaison. Dann sind so viele Teams vor Ort, dass Radfahren für Hobbyfahrer schwierig wird.


                                                                                Ich wandere zum Hotel. Schlüssel abgeben. Ein kurzes Schwätzchen mit dem Katalanen. Packen. Ich bin überrascht, wie lieb ich diese Insel gewonnen habe. Sicherlich, im Sommer wäre das hier nichts für mich. Aber die letzten Tage waren großartig. Wer hätte das gedacht. So kann man sich irren. Die Grenzen verschwimmen.


                                                                                Zuletzt geändert von Torres; 16.02.2015, 20:44.
                                                                                Oha.
                                                                                (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Freak

                                                                                  Liebt das Forum
                                                                                  • 16.08.2008
                                                                                  • 31757
                                                                                  • Privat


                                                                                  #41
                                                                                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                  24.01.2015. Auf zu neuen Ufern.

                                                                                  Meine Tischnachbarin frühstückt heute wieder sehr früh. Ein letztes Schwätzchen, das mich mit Infos über die Insel versorgt. Der Lluis (von meiner Nachbarin demonstrativ Ludwig genannt) - Salvator - Fanboy versucht sie nach Details zu befragen. Ich kenne sie nun lange genug, dass sie sich a) nicht ausfragen lässt und b) sowieso nur das erzählt, worauf sie Lust hat und c) gerne auch mehrmals das gleiche erzählt. Wir haben viel Spaß. Der Wiener versteht nicht so recht und fühlt sich veralbert. Ich empfehle ihm, einfach hinzufahren und zu schauen, statt sich zu beschweren, dass hier niemand etwas weiß. Selbst der Museumsdirektor wusste irgendetwas nicht von etwas, dem Salvator in den sieben Bänden eine Seite widmete, was der Wiener mit endlosen Klagen kommentiert hatte. Dann soll er es eben selbst rausfinden. Uh. Da ist er sauer. Meine Tischnachbarin meint, mit dem Mann stimmt was nicht. Dramatisch schüttelt sie den Kopf. Hach, und gleich werde ich von meinen Freunden abgeholt. Und dann noch dieser Kerl. Sie kennt hier viele Leute. Vierzig Jahre kommt sie schon hier her. Gleich kommt das Auto. Aber doch nicht so früh! Es ist Viertel nach acht.

                                                                                  Ich schließe meinen großen Rucksack in den Gepäckraum ein. Dann setze ich mich auf die Mauer am Strand. Die Mauer ist eiskalt, und ich setze mich auf meinen Wollpulli. Jogger. Radfahrer. Die Räder surren. Die Sonne ist noch kühl, aber heute wird ein schöner Tag. In der Ferne liegt eine Aida. Man erkennt sie mit bloßem Auge. Hafenkind.





                                                                                  Bekannte aus dem Hotel. Verabschiedung. Auch ohne mich geht alles seinen Gang. Die Baustelle an der Ecke lärmt. Es macht mir nichts mehr aus.





                                                                                  Ich habe eine anderthalb Liter Flasche Mineralwasser dabei. Zu schwer, um sie zu tragen. Ich trinke sie aus. Um blöde Ideen bin ich nie verlegen. Und weiß das schon. Die letzten Tage hatte ich wenig Durst.

                                                                                  Gegen 11.00 Uhr wandere ich zum Hotel. Der Gepäckraum. Den Rucksack schultern. Ich öffne die Tür von innen und habe die Klinke in der Hand. Die Schrauben fehlen. Per favore. Das Zeichen, er möge bitte mal schauen. Gracias, ich beauftrage den Handwerker. Vorsichtshalber bringe ich das Wasser weg.

                                                                                  Der Bus. Die 15 winke ich durch. Die 25 ist schneller. Placa Espana. Mit spanischem "th". Proxima parada („nächste Haltestelle“). Mit gerolltem "r". Als Kind hatte ich geübt. Proxima parada: Placa de Reina. Gibt es hier Toiletten? Der Fahrer macht den Motor aus. Verdammt. Wie immer endlos die Zahl der Haltestellen zum Zielpunkt. Endlich Placa Espana. Der Busbahnhof. Ich frage zur Sicherheit nach. Die Rolltreppe, dann aber zuerst in die falsche Richtung. Falls mal jemand Bedarf hat: Rolltreppe runter, durch die Tür, dann links. Vor dem Eingang des Eroski.

                                                                                  Der Bus Nummer 1. Zielrichtung Port. Auf der Seite des Busbahnhofes fährt er, wie praktisch. Kinder lärmen. Hier steht ein Karussell. Alte Spanierinnen mit rundlichem Bauch drängen in die Busse. Die 1 kommt. Außer mir steigt ein Trupp Berliner ein. Sie wollen zum Castell Sant Charles.





                                                                                  Der Busfahrer ruft Port zu mir. Er meint die Fähre. Ich nicht. An der Endstation steige ich aus. Passkontrolle. Ihr Ticket. Plötzlich wird die Beamtin freundlich. Zwei Rucksäcke sieht sie vielleicht nicht immer, die meisten Leute können sich Koffer leisten.





                                                                                  Und damit beginnt die Reise, die ich immer schon machen wollte. So oft habe ich sie gesehen. Auf ods Treffen am Elbestrand. Dummdummdummdumm. Die Disco. Hell beleuchtet. Den Auslaufenden zugewinkt. Die Sehnsucht nach der Ferne. Noch 15 Minuten Fußweg liegen vor mir, und ich genieße jeden Schritt. Und dann stehe ich vor der AIDA. Und heute fahre ich mit.


                                                                                  Oha.
                                                                                  (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Freak

                                                                                    Liebt das Forum
                                                                                    • 16.08.2008
                                                                                    • 31757
                                                                                    • Privat


                                                                                    #42
                                                                                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                    Leinen los.


                                                                                    Ich stehe vor einem Abfertigungsgebäude. Eine Bank. Für die Raucher. Oder Leute wie mich. Ich esse einen Teil des Käses und das Müslibrötchen aus der fantastischen Bäckerei in Cala Estancia. Es ist nicht erlaubt, Lebensmittel mit an Bord zu bringen. man hat Angst vor Bakterien, Bazillen und Verderb. Die Gurke muss auch weg. Eine Deutsche telefoniert eifrig. Saarbrücken und Berlin sind da. Okay, der Bus holt sie. Was ist mit Frankfurt und Düsseldorf? Noch weiß ich nicht, dass es in Deutschland einen Schneeeinbruch gab. Einige haben wirklich Glück. Viele Flüge sind ausgefallen. Gäste steigen aus den Bussen aus. Triumpf im Blick.

                                                                                    Der große Rucksack kommt auf ein Rollband. Im Gebäude ist der CheckIn. Zeltcharakter. Nette Menschen am Counter. Ein Extraschalter für die Suiten und gesundheitlich Eingeschränkten. Name. Pass. Voucher. Foto. Musste man vorher zustimmen. Dann wird es delikat. Streckenänderung. Statt Palermo zuerst Barcelona. Der Seetag morgen entfällt. 9 Meter hohe Wellen auf dem Thyrrenischenn Meer. Machbar. Aber ein Risiko. Mir ist das schnurz. Für die Gäste, welche die erste Hälfte mitgemacht haben - Marseille - Barcelona - enttäuschend. Ein Fotograph macht Fotos. Nein, danke schön. Das Publikum durchmischt. Eltern mit Kindern, junge Leute, Mädelsgruppen (die saufen bestimmt am meisten, würde meine Tischnachbarin von heute morgen sagen), Pensionäre und Rentner, junge Paare, Menschen mittleren Alters und auch viele abgearbeitete Gesichter. Einfache Leute. Hart arbeitende Leute. Und Raucher.

                                                                                    Noch ein Schalter. Bordkarte zeigen. Hände desinfizieren nicht vergessen. Dann geht das Geld ausgeben los. Barcelona: Ich buche eine Tour zu Fuß. Stress unter Zeitdruck traue ich mir noch nicht zu. Palermo und Civitavecchia auch organisiert. Ein Landausflug nach Tuscania. Rom kenne ich ja schon. Und Palermo? Nach Sizilien wollte ich schon immer. Die Radtouren sind ausgebucht. Okay, dann Pedelec. Sie werden mich schlagen. Oh je, wo sind meine Ideale? Aber ich bin immer noch krank, das darf ich nicht vergessen. Außerdem ist das Schiff ja Urban Outdoor. da kommt es darauf auch nicht mehr an. Internet kostete für die Woche 159 €. Die Minute 0,39 cent. Eine Woche kein Internet. Die perfekte Therapie.

                                                                                    Die Kabine gefällt. Sogar ein Fenster, wenn auch ohne Blick aufs Meer. Psychologisch wichtig.





                                                                                    Auf dem Sonnendeck treffe ich meine Gesprächspartner aus dem Hotel wieder. Und freue mich. Die Sonne brennt. Man zeigt mir Schneefotos. Nasser, deutscher Nervschnee. Och ne. In der Sonne sind geschätzte 18 Grad.





                                                                                    Das Schiff tutet, und ich bin tief berührt. So oft habe ich es schon gehört. Sogar bei mir zu Hause, wenn der Wind richtig steht. Und nun stehe ich selbst auf dem Schiff.





                                                                                    Essen. Drei Restaurants. Eigentlich kann man hier fast den ganzen Tag essen. Pause zwischen 0.00 und 6.00 Uhr. Gute Qualität. Besser als in dem Hotel. Den Salat finde ich leider zu spät. Ich sitze neben einem Ehepaar. Wiederholungstäter. Wie fast alle, übrigens. Jahrelang mit einem umgebauten Bus durch die Lande gereist. Einem Omnibus, wohlbemerkt. Wir tauschen Campergeschichten aus. Jetzt fahren sie lieber AIDA. An sich war als Route Tunis, Palermo, Neapel, Barcelona gedacht. Tunis ist zu unsicher. Man hat Angst vor Überfällen und Flüchtlingen. Sagt der Mann. Dafür kam jetzt Rom ins Programm. Schade. Die Reisefreiheit wird immer beengter.
                                                                                    Die Kellner sind vor allem von den Philippinen oder aus Indonsien. An den Schaltern junge Leute aus Deutschland. gut gelaunt und aufmerksam. Zahlt Aida eigentlich gut? Ich dachte, Aida wäre aus Rostock, aber das ist mittlerweile lang vorbei. Aida gehört zu Costa. Für den deutschen Markt konzipiert.

                                                                                    Um 20.45 Uhr die Sicherheitsunterweisung. Treffen aller mit Schwimmwesten auf Deck 5. Man wird gnadenlos zusammengedrückt. Die letzten Kabinen werden aufgerufen. Geschichten gehen herum. Letztens mussten die Leute fast eine Stunde warten. Die Fehlenden lagen im Bett und schliefen. Die Stimmung ist gut.

                                                                                    Der Kapitän erläutert im Theatrium die Wetterlage und stellt sich und einen Teil des Teams vor. Mir ist es zu voll da, ich kriege nicht alles mit. Dann gibt es auf dem Pooldeck Begrüßungssekt. Palma schimmert im Licht. Am Himmel leuchten die Sterne. Es weht ein leichter Wind. Mehr Natur geht wirklich nicht.





                                                                                    Die Unterhalter stellen sich vor, und die Sänger und Tänzer. Ein wichtiger Arbeitsplatz, vermutlich. Wo sollen die ganzen Absolventen der Stage Schools denn auch hin. Mein Ohr schlägt sich tapfer. Modern talking. Nicht mein Geschmack, aber das Ohr beruhigt es.




                                                                                    Die Lasershow. Gesehen schon oft, aber noch nie von innen. Immer noch funkeln die Sterne. Die Temperaturen sind immer noch mild.





                                                                                    Wir laufen aus. Langsam bewegt sich das Schiff. Überall tief berührte Gesichter. Auch mich lässt das Ganze nicht kalt.
                                                                                    Langsam verschwinden die Lichter der Promenade Platja de Palma und mit ihr Erinnerungen. Eine Frau wohnt zwischen Campos und Llucmajor, und wir sprechen über das Blinklicht. Das kann kein Leuchtturm am Ende der Bucht sein, ich habe keinen fotografiert. Schön dort, ich weiß. In einer Woche werden die Mandeln blühen.
                                                                                    Die Lichter entfernen sich langsam. Wenn das Urban Outdoor ist, ist es einfach nur schön. Was sind Wald und Berge gegen das unergründliche Meer.

                                                                                    Der Wind frischt auf. Erst will ich trotzen, aber der Fahrtwind ist dann doch zu stark. Gläser des Begrüßungssektes rollen herum. Zwei sammele ich ein. Ich will dem Personal Bescheid sagen, finde aber niemanden. Ich muss aufhören, für alles Verantwortung zu übernehmen. Im California Grill ist Hochkonjunktur. Man zieht sich riesige Burger hinein. Frisch zubereitet. Ein Lob für das Fleisch, wie ich höre. Für mich kommt das Angebot 20 Jahre zu spät. Soviel kann man gar nicht essen.

                                                                                    Die Seitentüren auf meiner Ebene sind aus Sicherheitsgründen mit Schildern versehen.. Der Zugang ist gesperrt. Ein Mitarbeiter kommt sofort und schaut nach mir. Der Wind rüttelt an meinem Buff. Ich gehe zu Bett. Ein sanftes Schwanken wiegt mich in den Schlaf. Meterhohe Wellen. Sie stören mich nicht. Wie ich das liebe. Hafenkind.
                                                                                    Oha.
                                                                                    (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      • 31757
                                                                                      • Privat


                                                                                      #43
                                                                                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                      25.01.2015. Begegnung mit dem Licht (Barcelona)

                                                                                      Die Nacht war schaukelig, aber schön. Auf dem Sonnendeck bin ich fast alleine. Wie ein zarter Regenbogen verströmt die Sonne das erste Licht. Gegen sieben Uhr wird es stärker. Barcelona liegt beleuchtet im Dunkeln. Winzige Punkte. Weit gedehnt. Flacher.





                                                                                      Der Fahrtwind ist rau. Daunenjacke und Buff. Im Kopf gehe ich die Küstenroute ab Marseille durch. Auch sie war in der Radtourplanung. Die Hügel wirken relativ flach. Flacher als ich dachte. Mit einem Rennrad womöglich zu schaffen.

                                                                                      Frühstück. Gut genährte Menschen vor den schmalen, lächelnden Indonesiern und Philippinern. Ein merkwürdiger Kontrast. Britischer Kolonialismus? Fettige Münder stopfen Speck in sich hinein. Aber ich darf nicht lästern. Richtig schlank kann ich auch nicht mehr sein. Aber trainiert. Das Personal schäkert mit den Gästen. Immerhin scheinen sie gut drauf zu sein.

                                                                                      Rückwärts schiebt sich das Schiff in den Hafen. Am Heck stehen Tische. Baseball. Tennis. Flugzeuge schweben als kleine Punkte in die Stadt hinein. Es ist Sonntag. Das war so nicht geplant. Die Markthallen sind geschlossen. Die Läden auch. Einige Gäste freuten sich auf Shopping. Die letzten Partygäste wurden halb sechs aus der Bar geräumt. Sie lagen dann vor dem Rossini. Dem Luxusrestaurant.





                                                                                      Wie bereits erfahren, hat der Kapitän einen Mitteilungsdrang. Er erzählt über Barcelona. Minutenlang. Einen Moment bereue ich die geführte Tour. Alleine könnte ich das auch. Vorbei. Bezahlt ist bezahlt.

                                                                                      Sammelpunkt auf Deck 11. Sportlich wird das eher nicht. Karte zeigen. Sicherheitsdienst. Ein Bus steht bereit. Bis 17.00 Uhr geht es ab Trade Center alle zehn Minuten zurück. Der Führer heißt Ramon. Es geht die Rambla entlang. Gaudis Entwurf für die Villa Güell. Gaudi interessiert mich. Gesehen habe ich noch nichts. Die einfachen Leute mochten seine Architektur nicht, erzählt Ramon. Güell hatte ihn in die höhere Gesesllschaft einführt und ihn gefördert. Noch heute ist er umstritten.

                                                                                      Einblicke in Höfe. Details mit der Kamera entdeckt.

                                                                                      La Rambla. Hier und in der Umgebung sind noch günstige Wohnungen zu finden für Ausländer und Studenten. Die Cafés an der Hauptpromenade sind teuer und schlecht.





                                                                                      Palau Güell. Das Opernhaus. Figuren auf Dächern. Eine Madonna an einer Häuserecke. Ein Decathlon. Geschlossen. Antike Ruinen. Ein Investor wollte eine Tiefgarage bauen und fand antike Stücke. Parkhäuser baut hier wohl niemand mehr. Kleine Gassen ziehen an uns vorbei. Das Café, in dem Picasso gerne saß. Jugendstilgebäude.








                                                                                      Die Kathedrale. Kirche der Armen. Vor der Tür stehen Bettler. 12 Minuten für die Besichtigung. Es ist Gottesdienst. Man will nicht stören.





                                                                                      Ich laufe am Platz entlang. Eine Mutter mit kleinen Kindern füttert Tauben. Eine Touristeninfo. Die Frau macht Pause. Noch 7 Minuten für die Besichtigung. Der Kollege sagt uns Bescheid, sie käme gleich. Ein Mann geht schon einmal. Noch 3 Minuten. Ich zeige auf die Uhr. Die Frau kommt. Langsam. Genervt. Nur nicht hetzen. Ich rede wieder meine selbsterfundene Sprache. "Mappa touristica. Uno Euro?" Sie nickt. Die Karte wechselt den Besitzer. Genau pünktlich bin ich am Treffpunkt. Sagrada Familia. Gaudis Meisterwerk. Gar nicht so weit. Aber umsteigen mit der Metro. Eine Mittsiebzigerin, auf die ich etwas aufpasse, sagt ab. Vor eigenständiger Planung hat sie Angst.

                                                                                      Ein Platz. Fotoaufnahmen vor dieser Kulisse. Mit Model. Hier nicht im Bild.





                                                                                      Die Regierung. Eine Demonstration. Ein Hauseingang. Neben und über Säulen ein Haus. Der ehemalige Tempel des Augustinus. So sieht das heute aus. Wieder eine Kirche. Die Erklärungen bekomme ich nicht mit. Eine Skulptur von Roy Lichtenstein. Klar weiß ich, wer das ist.

                                                                                      Uninteressant ist die Führung nicht. Alleine wäre ich achtlos vorbeigegangen oder hätte mich einfach in die Sonne gesetzt. So ist das schon ganz nett. Ich bin vor Jahren mal durch Barcelona gefahren. Am Morgen erinnerte ich mich. Ein Moloch. Heiß. Verkehr. Hässlich. Die Olympischen Spiele waren die Wende. Die Fabrikanlagen am Meer wurden umgesiedelt oder abgerissen und stattdessen ein meterlanger Strand geformt. Davor gab es keinen Zugang für die Bewohner zum Meer. Heute ist Barcelona auf Platz 5 der meistbesuchten Städte in der Welt. Und auch ich muss sagen: Die Stadt ist interessant. Zumindest der kleine Teil, den ich kennenlernen durfte. 10 Prozent vielleicht.





                                                                                      In einem Einkaufszentrum kurz vor dem Ende sind noch mal 10 Minuten Zeit. Ich nutze sie für Bedürfnisse. Dann finde ich den richtigen Ausgang nicht, und die Gruppe ist weg. Ich bin fassungslos. Ich laufe ein Stück Weg zurück, finde aber keinen. Ich suche die Geschäfte ab. Nichts. Ich hasse das! Die ods hotline ruft zurück (bei ods registrierte Person, die auch helfen kann, wenn sie gar nicht helfen kann) und beantwortet die Frage, ob ich Gaudis "Sagrada Familia" von innen anschauen muss mit: "Ich war nicht drin, aber andere waren angetan". Hhmm. Das hilft ja nur gar nicht. Der Weg dahin ist nicht ganz leicht. Metrofahren. Warteschlange. Im Januar vielleicht nicht so lang. 15 Minuten hatte der Guide geschätzt. Es wäre zu schaffen. Aber bloß das Schiff nicht verpassen. Zuviel Streß. "Es gibt Taxis", sagt die ods hotline. "Die sind ziemlich billig". Egal. Zuviel Stress. Mein Ohr tut weh.

                                                                                      Ich eile zur Säule des Columbus. Es ist voll geworden. Afrikaner breiten ihre billigen Kettchen und Taschen aus. Radfahrer, Jogger, Spaziergänger. Eine Brücke. Es gibt eine weiteren Zugang zum Einkaufscenter. So konnte ich die anderen nicht finden. Und das macht mich sauer. Und sauer ist immer gut.
                                                                                      Am Columbusdenkmal gebe ich Gas. Und fühle mich frei. Metrostation. Am Morgen hatte der Guide sie gezeigt. Ticket 2.15 €. Der Schlitz an der Schranke zum Entwerten. Unten, okay. Welche Station bin ich? Ein junges Paar zeigt es. Ich hatte etwas anderes gedacht. Kein Problem. Richtung Trinitat Nova, umsteigen in Diagonal. In der Bahn brennen an den Haltepunkten Lichtchen. Sehr praktisches System. Man sieht sofort, wo sie war und wo sie gleich halten wird, ohne sich den Hals zu verrenken.
                                                                                      Umsteigen Richtungsschilder. Ein langes Laufband. Erinnerungen an Milano werden wach. Wer Milano schafft, schafft auch Barcelona. LT 5 blaue Linie. 2 Stationen. Sagrada Familia. Eine eigene Station. Ich verlasse den Ausgang und sehe eine Schlange. Ohne nachzudenken, reihe ich mich umgehend ein. Zwei Stunden habe ich Zeit. Die Securityfrau prognostiziert 15 Minuten. Das ist in Ordnung. In der Saison sind es mehr als zwei Stunden. Auch gegen Mittag muss sie erheblich länger gewesen sein, erfahre ich später.





                                                                                      Dieser Architekt hier ist wohl ein anderer. Ein Teil der Kirche ist verhüllt.





                                                                                      Das Ticket. Museum schaffe ich nicht. Aber den Turm? Man soll wohl schwindelfrei sein. Bin ich nicht. Egal. 19.50 mit Turm. Ohne wären es 15 €.

                                                                                      Die Schlange galt nur der Kasse. So war es clever von einem jungen Mann, das Ticket am Plakat online zu buchen. Manchmal braucht man doch Internetzugang.





                                                                                      Von vorne die Kirche unheimlich und gedrungen. Der Eingang. Ich übersehe den Mann am Eingang, und er rächt sich mit betont langsamer Prüfung. Der Sicherheitsdienst. Haben sie verbotene Gegenstände dabei? Mein Ehrlichkeitsgen kommt zum Tragen: Ja, ein Messer. Er zuckt fast ein wenig zusammen, ein "nein" wäre ihm wohl lieber gewesen. Ich suche das Opinel. Er öffnet es und ist einen Moment unsicher. Das Pflichtbewusstesein siegt. Es kommt in eine Tüte. Ich kriege eine Nummer. Am Ende hole ich es bei ihm ab.





                                                                                      Ich betrete die Kirche. Und meine Augen werden groß. Licht. Ein unglaubliches Licht. Rot. Gelb. Orange. Und noch viel mehr. Glasfenster überall. Was ist dagegen die Glaskirche. Das hier ist eine Komposition. Wie so viele dachte ich von außen: Der Typ war verrückt. Der Blick zum Altar zeigt anderes. Gaudi war nicht verrückt. Gaudi hat etwas verstanden. Gesehen. Was für eine Kunst. Was für eine Wahrnehmung.





                                                                                      Im Petersdom habe ich das erste Mal das Gefühl gehabt, es wäre ein Raum, in dem Gott wohnt. Und hier, in der Sagrada Familia, auch. Einen ganzen Tag müsste man hier verbringen. Im Lichterrausch. Die Details entdecken. Aus jeder Perspektive sieht der Innenraum anders aus. Welch ein Erlebnis: Das ist hier, das ist Natur. Grenzen verschwimmen. Wie Blütenstängel ragen die Säulen empor.





                                                                                      Jede Perspektive anders. Ein Meer von Details. Perfekt in seiner Einzigartigkeit. Was für ein unglaubliches Gefühl, diese Vielfalt zu sehen.





                                                                                      Am Abend erfahre ich, dass Gaudi, der die Pläne im Kopf bewahrte, als Folge eines Unfalls mit einer Straßenbahn starb, als er aus der Kirche eilte. Man brauchte länger, um zu verstehen, wer er war. Er hatte keine Papiere dabei und kleidete sich ärmlich wie ein Bettler.

                                                                                      Nachträgliche Anmerkung: Verschiedenen Quellen, darunter wikipedia, zufolge machte Antoni Gaudi durchaus Pläne und es gibt auch rekonstruierte Gipsmodelle, aber die meisten Aufzeichnungen sind im Spanischen Bürgerkrieg 1936 verbrannt worden. Die Gipsmodelle wurden zerstört und später wieder zusammengesetzt. Man stützt sich heute auf die wenigen Informationen, die man noch hat. Da Gaudi 1926 starb, ist ein großer Teil der Kirche posthum entstanden. Das löst auch Kritik aus, da es sich sozusagen um einen konservierten Gaudi handelt. Da dieser immer wieder seine Pläne der neuen Zeit angepasst hat, würde die Kirche heute also womöglich völlig anders aussehen. Ein Teil der Fassade wurde von Subirach gestaltet, der einen anderen Stil aufweist. Ich hatte mich da schon gewundert, da Gaudi eher aus dem Jugendstil kommt. Man hofft übrigens, dass die Kirche zum 100. Todestag Gaudis fertiggestellt sein wird. Also im Jahr 2026.

                                                                                      Im Aufzug geht es den Turm hinauf und oben packt mich die Höhenangst. 6.50 Meter. Mir reicht das. Ohne hinzuschauen mache ich Fotos durch die Nischen. Eine Spanierin taumelt ebenfalls. Zwei Asiaten machen mit Telekopstange Selfies. Ein kurzes Stück geht es noch höher, dann eine schmale Treppe zurück. Der Aufzug ist gerade offen, und ich nutze die Gelegenheit. Die Mauern sind eng, sie scheuern an der Jacke.





                                                                                      Zurück zum Eingang. Und wieder dieses unglaubliche Licht. Man muss es gesehen haben. Bilder zeigen es nicht. Polarlichter sind vergleichbar. Andererseits auch nicht.

                                                                                      Ich eile zur Security. Eine Frau stoppt mich. Ich muss erst durch den Museumsshop und außen herum und dann wieder zum Eingang, und dann kann ich das Messer holen. Umständlich. Diskussion zwecklos. Ich frage sie, ob sie aus Deutschland ist. Ich renne fast durch den Museumsshop, eile an der Straße zum Eingang und schlängele mich wieder die Warteschleifen durch. Der Securitymann hat das Messer schon in der Hand. Gracias. Ich eile zurück und quetsche mich an den neuen Gästen vorbei. Nicht gut gelöst.

                                                                                      Die letzten Fotos. Dann die Metro. In zwei Minuten. Jugendliche, von Musik zugedröhnt. Viele Frauen. Ins Gespräch vertieft. Britische Touristen.
                                                                                      Der Anschluss ist diesmal besser. An der vorletzten Station kommen Fußballfans. Geschätzt vierzig Leute brüllen die üblichen Fußballsongs. Ein paar davon direkt neben mir. Ich schütze meine Ohren. Eine Frau schüttelt mit dem Kopf. Als der Zug hält, beginnt Waggon-Hüpfen. Wie gut, dass ich hier raus muss.

                                                                                      Draußen ist es immer noch sehr warm. Es ist jetzt vier Uhr. Kurz darauf bin ich am Treffpunkt. Ein Bus steht schon bereit.
                                                                                      Der Zugang zum Schiff ist Hochsicherheitsbereich. Eine Sicherheitsschleuse, und ich denke an das Messer. Es kommt durch. Ab jetzt bleibt es im Safe.

                                                                                      Ich habe den Tag nichts gegessen und freue mich über eine Ecke Pizza und Peperoni im Burgerrestaurant. Ich ordne die Fotos und dann fängt das Essen an. Wieder nette Gespräche. Egal, mit wem man redet, die Leute sind angenehm. Man sucht sich einfach einen Platz, wo frei ist. Keinerlei Zwang. Wer hatte das gedacht. Später wechsele ich ins Belladonna, und auch dort ist es wieder sehr nett. Ich denke an Werner Hohn. Kreuzfahrten sind gar nicht so schlecht.
                                                                                      Oha.
                                                                                      (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 31757
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                                                                                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                        26.01.2015. Seetag (Korsika und Sardinien).


                                                                                        In der Nacht schwankt das Schiff. Ich mag das. Als ich um sechs aufstehe und dusche, nicht mehr so. Mir wird schwindelig. Sollte ich zu Seekrankheit neigen? Statt frühstücken zu gehen, lege ich mich hin und schlafe sofort wieder ein. Die Stimme vom Kapitän weckt mich. Blizzardwarnung in New York. Gewarnt wird vor dem schlimmsten Blizzard seit Jahren. Die Wetterlage betrifft uns auch. Mistral im Mittelmeerraum. Palermo fällt aus. Andernfalls kommt das Schiff nicht rechtzeitig zurück. Mist. Streckenänderung. Darin bin ich Spezialist. Und jetzt sogar das Schiff. Nicht zu fassen.

                                                                                        Ich labe mich an Brötchen mit Käse und erfahre, dass die Tickets im Januar rausgehauen wurden. Die meisten fahren so günstig wie ich, und entsprechend dankbar sind sie auch. Dann erklärt der Kapitän live die Wetterlage. Neapel. Rom. Palma. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Die Wetterkarte ist dunkelrot. Familien mit Kindern, Ehepaare mittleres Alter und Rentner lauschen ihm gefasst. Die Jungen liegen noch im Koma. Mein Pedelec Abenteuer fällt aus. Bestimmt der Einfluss von ods. Die Versuchung wäre vielleicht hinterher zu stark.

                                                                                        Ich lege mich auf einen Liegestuhl auf Deck 5. Wann habe ich mich das letzte Mal einfach so in die Sonne gelegt? Ohne ständig ods zu verfolgen? Welche softshell im Winter? Welche Socken bei Regen? Welche eierlegende Wollmilchsau (ich kann die Worte nicht mehr lesen) für Herbsttouren im Frühling? Das Meer rauscht. Wie ist das schön. Ein Segelboot wäre ja auch ganz nett. Nur das Geld habe ich leider nicht. Und auf dieser Route paddeln gehen? Och nö. Bei dem Seegang besser nicht.

                                                                                        Gegen Mittag ungewohnte Eindrücke. Korsika. Schnee auf den Gipfeln. Eine raue Küste. Ich glaube, das ist keine Insel für mich. Der Reisebericht von tah. Die Wildschweine. Nie werde ich den vergessen.














                                                                                        Auf der anderen Seite Sardinien. Flacher. Siedlungen sind zu sehen. Dann ebenfalls raue Küste.











                                                                                        Es ist die Straße von Bonifacio. 12 km Abstand an der engsten Stelle. Der Wind lässt das Wasser schäumen. Der Zugang Backbord wird aus Sicherheitsgründen gesperrt. Ich fotografiere durchs Fenster. Immer hin und her.

















                                                                                        Zu spät komme ich zu Mittag. Ein paar Nudeln. Dazu Mineralwasser. Der Ausflug in Palermo ist bereits storniert.

                                                                                        Wieder die Liege, aber es ist zu kalt. Der Wind weht die Gischt auf das Schiff. Meine morgens gewaschenen Haare sind völlig verklebt. Das Sonnendeck auf dem obersten Stock. Zwei Frauen reden laut. Ohropax. Dann schreibe ich weiter und lese. Die Bilder der Sagrada Familia lassen mich nicht los. Ich entdecke, dass ich auf der Kabine Fernsehprogramm empfangen kann. Wintereinbruch in Deutschland. Bilder so unglaublich fern. In der Sonne sind 16 Grad.





                                                                                        Essen im Belladonna. Die Bewohnerin Mallorcas, mit der ich am ersten Abend geredet hatte, sitzt am Nebentisch. Der nächste Leuchtturm ist Cap Blanc.
                                                                                        Das Gespräch an meinem Tisch entwickelt sich in eine Richtung, die mir nicht gefällt. Seine Frau versucht, zu bremsen. Es gelingt ihr nicht. Ein Geschiedener in spe mischt sich ein. Er kenne ein paar Angestellte hier. Überdurchschnittlich werden die Angestellten nicht bezahlt. Rechnet man aber Kost und Logis hinzu und den Wechselkurs mit den Heimatwährungen, so sei das enorm viel. Der Eindruck, dass sie sich in ihrem Job wohlfühlen, täusche seinen Angaben nach nicht. Sie hätten ihre eigenen Parties. Und der Zusammenhalt sei groß. Der Flug nach Hause wird bezahlt. Daher sind sie so gut drauf. Nur die Trennung von den Familien ist nicht leicht. Sagt er. Er arbeitet seinen Angaben nach im Großküchenbusiness.

                                                                                        Ich laufe herum. Die Vorstellung (der Aida Stars - haben die keine Namen?) besteht heute aus Abba-Songs. In der Bar singt eine Band. Ehepaare tanzen klassisch. Ich schaue bei den Münzspielen zu, dann bei Roulette und Ocean Poker. Ich liebe das. Selber spielen würde ich nie. Wieder erstaunlich, wie offen die Leute sind. Ein ods Treffen ist kaum anders. Das Geheimnis des Clubschiffkonzeptes. 2200 Leute sind auf dem Schiff. Man merkt es nicht. Mich wundert nur, wie locker bei einigen der Geldbeutel sitzt. Deutschland bleibt ein reiches Land.
                                                                                        Oha.
                                                                                        (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          • 31757
                                                                                          • Privat


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                                                                                          27.01.2015. Ein Lebenstraum (Napoli).

                                                                                          Eine ruhige Nacht. Der Wecker klingelt um sechs. Normalerweise wäre ich schon wach. Hier schlafe ich gut. Fast eine Stunde tagträume ich. Unter der Dusche wird das Schiff laut. Verdammt. Die Einfahrt verpasst. Wir legen an. Ich stürze an Deck. Vesuvio. Die Sonne geht gerade auf. Keine Wolke am Horizont. Sollte es heute endlich klappen?








                                                                                          Ich warte bis acht. Dabei beginnt Frühstück diesmal um sieben. Müsli. Ein Brötchen. Reicht. Der Vesuv ist immer noch wolkenfrei. Ein Lebenstraum würde wahr. Daunenjacke, Pullover, Poncho, Handschuhe. Es soll heute lausig kalt sein.

                                                                                          Ich gehe von Bord. Keine Fotos, bitte. Ich halte den Arm vor das Gesicht. Eine Touristeninformation. Straßenbahn 1. Corso Garibaldi ist die Metro. Ich bin überrascht. Den Zustieg kannte ich nicht. Ich muss nicht nach Centrale. Vor dem Gebäude Taxifahrer. „Taxi Pompeij“. Grazie. „Taxi“. Grazie. Sie tun mir leid, sie brauchen das Geld. Aber ich auch. Ticket kaufen am Kiosk. Der Mann spricht deutsch. 2.60 €. Die 1 fährt gerade davon. Die nächste Bahn kommt, und ich steige ein. Blöderweise ist es die 4. Fasziniert betrachte ich den Verkehr. Aus dem Hupen kommt die Bahn nicht raus. Önk, önk. Ein altertümliches Geräusch. Es ist Stau. Vespafahrer quetschen sich auf die Gleise. Versuchter Selbstmord. Aus deutscher Sicht. Normal für Italien. Die Strecke zieht sich, die Bahn muss doch abbiegen. Irgendwann merke ich, dass ich zu weit bin. Ärgerlich. Heute Mittag soll sich das Wetter verziehen. Bloß nicht!

                                                                                          Straße überqueren. Die Autos anvisieren und losgehen. Klappt. Die Bahn in Gegenrichtung. Navi einschalten. Okay. Dachte ich's mir. Hier raus. Die Ecke kenne ich. Da bin ich das erste Mal ausgestiegen und sogar schon mit dem Tretroller gefahren. Die Metro gesehen habe ich nicht. Schmutzig grauer Beton. Die Bahn steht an binario 8. Zehn Minuten später rattert sie los. Fahren kann man das nicht nennen. Die Waggons sind von 1975.

                                                                                          Ercolano. Es gibt zwei Stationen. Die erste ist Scavi. Ich frage, ob es hier zum Vesuv geht, aber es sind alles Touristen. Also rufen: Sono italiano? (Sei oder siete wäre richtig, fällt mir drei Minuten später ein.) Es funktioniert. Eine Frau nickt. Vesuvio. Si, Scavi. Grazie.

                                                                                          Am Vorplatz ein Schild: Vesuvio - Express. Ein kleines Geschäft. Besuchen Sie uns bei Facebook, Twitter. 20.00 Euro. 10 € für die Fahrt und 10 € Eintritt. 8 Leute. Der Bus ist voll. In halsbrecherischer Fahrt geht es eine kurvige Landstraße hoch. Den Vesuv mit dem E-Bike. Die Tour hätte ich bestimmt gebucht, sie wurde aber aufgrund des Wetters im Januar gestrichen. Ich wäre gestorben. Viel zu kurvig und viel zu hoch.

                                                                                          Ein Parkplatz. 90 Minuten Zeit. Um 12.10 Uhr geht es wieder zurück. Bus 11.
                                                                                          Ein Mann drückt den Mitfahrern Holzstöcke in die Hand. Ich habe den Trekkingstock mit, und er nickt anerkennend. Das schmeichelt meiner Outdoorseele. Steil geht es bergauf, und ich muss erst einen Rhythmus finden. Ich denke an Vega und Becks. Für sie ist das ein Klacks.





                                                                                          Nordseite. Lausig kalt. Handschuhe. Wo ist der Objektivdeckel? Die Kamera ist unter der Jacke. Nein, die Mitwanderin hat nichts gesehen. Okay, er ist Richtung Bauchnabel gerutscht.





                                                                                          Konzentriert schreite ich voran. Die Höhe macht mir nichts aus (der Vesuv ist derzeit 1281m hoch). Seitenstechen. Besser atmen. Ruhig und bestimmt. Das Seitenstechen geht weg. Die richtigen Schuhe habe ich dabei.

                                                                                          Oben. Harmlos sieht er aus.





                                                                                          Trügerisch. Noch immer ist er aktiv.





                                                                                          Es steigt Qualm auf.








                                                                                          Am Rand des Kraters kann man nun weiterlaufen. Die Sonne wärmt.





                                                                                          Blick in sein Herz. Noch schläft er.





                                                                                          Pflanzen im Vulkan. Die Natur ist voller Überraschungen.





                                                                                          Bizarre Formationen im Morgenlicht.








                                                                                          Ein Marienbild am Felsen angebracht.





                                                                                          Der Weg ist steinig und es ist ein unglaubliches Gefühl, weiter zu gehen. Vesuvio. So lange habe ich davon geträumt, hier einmal zu stehen.








                                                                                          Und so hatte ich mir einen Vulkan auch nicht vorgestellt.











                                                                                          Blick auf Pompeij. Der Dunst verhindert leider die Orientierung. Ein Franzose mit Google hilft, aber das Licht ist zu schlecht.





                                                                                          Der wachhabende Bergführer erklärt es genauer. Er spricht perfektes Deutsch. Gerne unterhielte ich mich länger mit ihm. Aber ich muss zurück. Man kann ihn auch für Sondertouren buchen. Heute leider nicht.








                                                                                          Herunter ist immer viel unangenehmer, und ich bin sehr schlecht in der Zeit. Doch Rollerfahren hilft. Ich habe viel mehr Kraft in den Beinen als früher. So wage ich noch das eine oder andere Foto.








                                                                                          Nach genau zwanzig Minuten bin ich am Bus. Keine Minute zu früh, aber eben auch nicht zu spät. Ich bin stolz auf mich.

                                                                                          Zügig geht es zurück. Autos quetschen sich aneinander vorbei. In der Kurve bremst man mit Glück. Restaurantruinen.
                                                                                          Gärten links und rechts. Blühende Orangen. Zitronen. Gar nicht so anders wie auf Mallorca. Aber am Straßenrand nur Müll. Papier. Plastik. Undefinierbares. Eine tote Katze. Im Ort vor allem kleine Autos. Beulen an den Seiten. Menschen diskutieren auf der Straße. Die Wäsche hängt am Haus.


                                                                                          Ich entscheide spontan, Pompeij zu besuchen. Eigentlich wollte ich da nie hin. Aber der Besuch des Vesuvs war so beeindruckend. Pompeij rundet den Ausflug ab. Die Bahn fährt nicht nach Sorrento, sondern biegt vor Pompeij ab. Erst will ich zurückfahren, dann sehe ich auch hier ist Pompeij. Und bin im gleichnamigen Ort.

                                                                                          Im Gegensatz zur Umgebung ist Pompeij sichtbar gepflegt. Ist es der Tribut an die Touristen? Zumindest sieht man, dass es geht.





                                                                                          Eine kleine Bäckerei. Es gibt nur Süßes. Ein kleines rundes Gebäck. Schon eile ich weiter. Der Geschmack ist unbeschreiblich. Eine Flut von Aromen in der Füllung. Willkommen in Italien.

                                                                                          Auch in diesem Teil Pompeij gibt einen Zugang zu den antiken Stätten. Eigentlich ist es eher ein Ausgang. Diskussionen um meinen Rucksack. Abgeben ist Pflicht. Ich ziehe alles an: Daunenjacke über die Jacke, Pulli um die Hüften, Regenponcho auch. Handschuhe in die Tasche. Dann knülle ich den Rucksack. Der erste sagt: Okay. Wieder hält mich einer an. Nur Klamotten. Ob er denkt, dass ich Steine klaue? Was ich denn am Körper haben würde. So geht das nicht. Die Kamera. Ich hole das schwere Teil hervor. Nun gibt auch er sich geschlagen. Ich will am anderen Ausgang raus und nicht mehr zurückgehen.

                                                                                          Der erste Eindruck unerwartet. Still, kühl und würdevoll. Das war mal eine schöne Stadt.











                                                                                          Ob sich die Bewohner hätten träumen lassen, dass wir noch heute in ihren Häusern unterwegs sind? Auf ihren Wegen wandeln? In ihre Zimmer schauen?











                                                                                          Leicht verirrt man sich hier. Kleine graue Pfähle benennen die Straßen. Viele Wege sind gesperrt. Auch wichtige. Gebäude ebenfalls. Kein Geld? Oder sind die Einnahmen versickert? Es scheint, als würde Pompeij ein zweites Mal zerstört. Am Abend erfahre ich, dass laut eines Taxifahrers das für Pompeij bestimmte Geld die Deutschen haben. Frau Merkel kassiert das alles ein. Deshalb sind die Deutschen so reich. Als die Frau dem Italiener sinngemäß einen Vogel zeigt, ist die Antwort verschmitztes Gelächter.......





                                                                                          Der Kapitän hatte die Bedeutung der hohen Steine erläutert. Zebrastreifen. Mit der Funktion, trocken über die Straße zu kommen. Früher floss in den Straßen die Schxxe. Die Vorstellung ist nicht ganz erquicklich.





                                                                                          In den geöffneten Häusern stehen Frauen, die aufpassen, dass man nichts zerstört. Was sie wohl denken? Es ist warm, und ich laufe in einer Daunenjacke herum.

                                                                                          An einem kleinen Säulentempel läuft eine kleine Maus an der Wand hinauf. Ab und zu Vögel. Ein Hund.





                                                                                          Ansonsten Stille. Als wüsste die Welt, was hier passiert ist. Wie viele Menschen hier starben. Vielleicht ist es aber auch, weil hier kein Verkehr ist. Das wird früher anders gewesen sein. Ich höre den Hufschlag von Pferden auf dem Gestein. Und die Geräusche der Menschen.








                                                                                          Aus der Therme ertönen Stimmen. Die Räume hallen. Ein wenig unheimlich ist das angesichts der Stille. Eine asiatische Reisegruppe ist unterwegs. Ansonsten ein paar Deutsche und Engländer am Apollotempel.





                                                                                          Und immer wieder allgegenwärtig der Übeltäter: Der Vesuv. Da habe ich heute morgen gestanden und heruntergeschaut. Gar nicht weit.





                                                                                          Vögel beleben die Ruinen und ein paar Fotos gelingen mir.








                                                                                          Ich nehme die Metro nach Neapel (am Eingang rechts an der Touristeninfo ist die Haltestelle). Fast vergesse ich zu stempeln. Der Zug ruckelt wieder erbärmlich und mir tut bald der Hintern weh.

                                                                                          Durch Seitenstraßen laufe ich zu Fuß. Chaotisch, dreckig, arm. Und dennoch soviel Flair. Man müsste sich nur kümmern. Dann wäre es eine wunderschöne Stadt. Ein kleiner Laden. Ein Stück Pamesan auf die Hand. Der Sohn sieht studiert aus. Der Vater ist alt. Dann doch noch vier Stationen Straßenbahn. Der Verkehr ist einfach zu laut.

                                                                                          Das Schiff. Was für ein Kontrast. Die Häuser in Neapel, die Wirtschaftskrise in Italien. Und hier der reinste Überfluss. Die meisten Gäste haben hart dafür hart gearbeitet. Das glauben Außenstehende oft nicht. Aber es arbeiten auch viele andere. Und es reicht nicht für so ein Schiff.

                                                                                          Japanisch im East. Gespräche mit dem Ehepaar aus dem Hotel in Platja de Palma. Intellektualität tut immer gut. Der Abend von gestern verliert seinen Schrecken. Sie waren zu Fuß in Neapel. Was für eine Stadt. Wäscheständer auf der Straße. Die Wäsche ärmlich und ausgebleicht. Der Müll. Die engen Straßen. Welten. Im Winter sichtbarere als im Sommer, wo die Stadt summt und brummt, von Gerüchen durchzogen, das pralle Leben. Ich mag das von Neapel, aber ich weiß genau, was sie meint.

                                                                                          Ich kaufe nun doch so ein blödes Aida Schlüsselband. Zu umständlich sonst die Aktion mit der Bordkarte. Türöffner, Lichtspender und Zahlungsmittel. Geldbeutel braucht man hier nicht.

                                                                                          Später schauen wir noch meine Bilder der Sagrada Familia an. Es läuft eine Show im Theatrium. Mit Quallen, Piraten und viel Gesang. Musicalkitsch. Aber das wird mir bald zu laut. In meiner Kabine schaue ich mir noch die Bilder von heute an. Was für ein Tag. Beim dritten Besuch habe ich es geschafft: Ich war auf dem Vesuvio. Welch ein unglaubliches Glück.








                                                                                          Nur Treppensteigen zwickt.
                                                                                          Oha.
                                                                                          (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Gesperrt
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                                                                                            • 04.02.2015
                                                                                            • 21
                                                                                            • Privat


                                                                                            #46
                                                                                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                            Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                                                                                            Ein kleiner Junge auf dem Pony. Und hoch. Alle jubeln. Applaudieren. Er mag schlecht in der Schule sein. Hier ist er ein Held. Heimat. Tradition. Geborgenheit.
                                                                                            Danke für diesen schönen Gedanken und den ganzen Bericht. Ein Gewinn für mich, ihn gelesen zu haben.

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              Erfahren
                                                                                              • 18.06.2013
                                                                                              • 371
                                                                                              • Privat


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                                                                                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                              Ganz wunderbar Torres, alles. Von der Sagrada Familia bis zu den Piepmätzen.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Gerne im Forum
                                                                                                • 08.07.2005
                                                                                                • 57


                                                                                                #48
                                                                                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                ein hinreißender Bericht, Torres. Vielen Dank.

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Alter Hase
                                                                                                  • 16.11.2009
                                                                                                  • 3184
                                                                                                  • Privat


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                                                                                                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                  Im klaren Winterlicht ist Napoli kaum wiederzuerkennen - ich war damals im Juni dort. Mir scheint der Vesuv dampft mehr als damals, vor ähm, 27 Jahren, o Gott. Liegt es an der kalten Winterluft oder bricht er bald aus? War das Bordell in Pompeji noch zu besichtigen?
                                                                                                  Schreib schnell weiter!
                                                                                                  Was macht Homo Faber?

                                                                                                  Grüße,

                                                                                                  Claudia

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Freak

                                                                                                    Liebt das Forum
                                                                                                    • 16.08.2008
                                                                                                    • 31757
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                    @all

                                                                                                    Danke schön. Ein wenig geht es noch weiter.

                                                                                                    @ Waldhexe

                                                                                                    Das weiß niemand so genau. Angeblich soll die Aktivität in der ganzen Gegend anziehen, aber Genaueres ist nicht bekannt. Die Stadt bietet Umsiedlern, die ihre Häuser am Vesuv verlassen, Geld, aber es wird dennoch wild weitergebaut. Ich war auf jeden Fall froh, ihn einmal begangen zu haben.

                                                                                                    Das Bordell habe ich leider nicht gefunden, ob es zu sehen war, weiß ich nicht. Es waren viele Wege gesperrt, und ich hatte keine Lust, dann immer wieder auf die Suche zu gehen, wo man durchkommt. Einen Führer hatte ich natürlich auch nicht mit, war ja spontan.

                                                                                                    Homo Faber liegt auf dem Schreibtisch. Ich habe meine schulischen Interpretationsnotizen gesehen und sofort wieder Lesehemmung bekommen. Ich werde berichten, wenn ich mich überwunden habe.
                                                                                                    Oha.
                                                                                                    (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Freak

                                                                                                      Liebt das Forum
                                                                                                      • 16.08.2008
                                                                                                      • 31757
                                                                                                      • Privat


                                                                                                      #51
                                                                                                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                      28.01.2015 Landausflug (Tuscania).

                                                                                                      Die See war ruhig. Gegen 7.00 Uhr legen wir in Civitavecchia an. Den Sonnenaufgang und den Einlauf verpasse ich. Mein Ohr ist wieder schlechter. Ich bräuchte einen Ruhetag. Aber ich habe einen Ausflug gebucht.
                                                                                                      Um 7.30 Uhr gehe ich zum Frühstück. Hektik auf den Fluren. Es geht nach Rom, viele haben lange Touren gebucht oder wollen ganz früh los. Man kann mit dem Bus zum Hafentor fahren. Dann zum Bahnhof gehen. Eine Stunde braucht der Zug. Mir war das zu viel Straße. Ich hatte am ersten Abend für viel Geld einen Landausflug gebucht. Mal schauen.





                                                                                                      Die Bikertruppe lädt die Räder ein. Die Räder gehören zum Schiff. Der Anblick lässt mich kalt. Keine Lust auf Fahrstress in einer Großstadt. Immer noch krank.

                                                                                                      Um 9.00 Uhr ist Treffpunkt. Bekomme ich eine Erkältung? Meine rechte Nase läuft. Und mir fallen fast die Augen zu. Der Bus fährt uns zum Hafenrand.
                                                                                                      Zwei fehlende Teilnehmer sind jetzt doch noch da. Wieder zurück. Die Stadt wurde von Kaiser Trajano mit einer Stadtmauer versehen und im 2. Weltkrieg stark zerstört. Der Hafen von Civitavecchia ist seit dem 2. Jh. n. Chr. der Hafen Roms. Das war die Angriffe wert. Heute ist er der zweitwichtigste Kreuzfahrthafen Europas. Er hatte Ostia Antika ersetzt, das immer wieder versandete. Ostia. Der Startpunkt meiner Rollertour durch Latium. Outdoor. Ich werde sentimental.

                                                                                                      Kurz darauf wird es ländlich. Via Aurelia. SS1. Ihr bin ich mit dem Tretroller ab Genua gefolgt. Auch im letzten Jahr. Die Vorstellung jetzt mit dem Roller unterwegs zu sein, lässt mich den Kopf schütteln. Viel zu große Distanzen hier. Die Landschaft geschwungen. Aber auf Dauer auch etwas langweilig. Elemente der Landwirtschaft erinnern an Mallorca. Aber es ist größer hier und es gibt nicht so viele Mauern.

                                                                                                      Die Führerin erklärt mit sehr viel Temperament. Provinz Viterbo. Der Ort Tarquinia. Wir fahren nur hindurch. Eine Stadtmauer. Ein Feld mit tunnelzeltförmigen Bauten. Ich denke an Hundehütten, Schafställe oder Militär. Alles falsch. Es sind Etruskergräber. Als ich begreife, dass es historische Gräber sind, ist fotografieren nicht mehr möglich, wir sind zu schnell. Die Marta. Ein Fluss.
                                                                                                      Dann sind wir auch schon an unserem Ziel: In Tuscania. Der Bus parkt. Es beginnt eine „Technische Pause“, wie sie sich ausdrückt. Aber die Toiletten am Parkplatz sind abgeschlossen. Ich rufe es ihr zu. Sie versteht nicht sofort. "Signora, chiuso!". Nun versteht sie sofort. Der Wortschwall, der nun folgt ist hörenswert "Non possibile. Ich stehe hier mit 45 Leuten und die Toiletten sind zu." Ich kann zwar kein Italienisch, aber ich verstehe jedes Wort und bin begeistert. Italienisch ist einfach wunderbar. Ein Mann, der an einer Mauer lehnt, zuckt die Schultern. Die Führerin entscheidet italienisch schnell. Das dauert zu lange, jemanden zu holen. Technische Pause nach der Besichtigung in einer der Cafés und Bars.

                                                                                                      Das Örtchen ist klein und hübsch und von einer vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauer umgeben. Fußgängerzone steht an der Zufahrt. Wir laufen los und müssen immer wieder ausweichen. Autos bahnen sich einen Weg. Irritation. Später sehe ich: Fußgängerzone ist hier nur, wenn das Licht an ist. Die Kirche. Die Signora erklärt die Inschrift. Eine Zeitung tanzt vor der Tür. Der Wasserbrunnen ergießt sein Wasser über uns. Starke Böen. Auch ich werde nass.








                                                                                                      Der Blick auf eine weitere Kirche. Die Signora erklärt wasserfallartig ihre Bedeutung, aber ich habe nur Augen und Ohren für die Natur. Immer noch weht der Wind. Als wir gehen, ist es wohl Zeit für einen Altherrenwitz: "Kommt ihr Mann bei Ihnen auch mal zu Wort?" Ha, wie lustig.





                                                                                                      Ein kleines Café. Ich bestelle Kakao. Kaffee trinke ich ja nicht. Pulver, Milch. Dann erwärmen. Das Ergebnis passt in eine Cappuccinotasse. Der Geschmack: Göttlich: Die Konsistenz: Fest. Ich nehme den Löffel. Trinkbar ist es nicht. Es gibt genau eine Toilette. Geduld. Auf gut dreißig Wartende ausgelegt ist sie nicht.

                                                                                                      Eine kleine Bäckerei. Zwei Kekse. Nur zwei. Die stämmige Bäckerin zeigt Unmut. Mehr darf ich nicht. Ich zeige meine Beute und die Signora strahlt. "Wir können nichts hier. Nichts funktioniert. Aber Kochen und essen. Das können wir perfekt".

                                                                                                      Mein Platz im Bus ist besetzt, und ich setze mich weiter vorne in eine leere Reihe. Ein älteres Ehepaar kommt und fährt mich an. Was mir einfallen würde. Das hier wäre ihr Platz. Ich sollte gefälligst auf meinen Platz zurück. Ich bin starr. Mein Ohr dröhnt. Einen Moment überlege ich, zu gehen, aber der Ton ist eine Frechheit. Ich frage, ob sie reserviert haben. Wieder die Forderung, und ich sage entschuldigend: Mein Platz ist auch besetzt. Die Frau wirft mir vor, unverschämt zu sein, und da reicht es. Ich bleibe sitzen. Mein Gott, der Weg zur nächsten Kirche sind 5 Minuten. Dann können sie ihn ja wieder haben. Die Frau beschwert sich über meinen Rucksack, und ich nehme ihn weg. Sie setzt sich neben mich und der Mann räumt die Sachen der Signora weg. Auch sie ist starr ob diesen Verhaltens, nimmt aber ihre Sachen und lächelt das weg. Mein Ohr brummt. Stress.

                                                                                                      Die Straße runter, ein paar Meter durch den Ort. Rückwärts den steilen Anstieg zur Kirche hoch. Aussteigen. Ein Mann aus der Gruppe spricht mich an. Er hätte den Platz nicht freigemacht. So eine Unverschämtheit. Auch andere zeigen ihre Solidarität. Das tut mir gut. Mein Ohr beruhigt sich.

                                                                                                      Es ist eine der ältesten romanischen Kirchen Italiens. Entstanden auf den Resten eines römischen Tempels und einer etruskischen Akropolis. Orson Welles und Pasolini haben hier gedreht. Ein Erdbeben hat 1971 die Malereien zerstört. Aber ein wenig kann man noch sehen.











                                                                                                      Die Signora erklärt die Front. Die Rosette ist Gott. Von vorne gesehen links davon das Gute. Rechts davon das Böse. Um den Menschen Angst zu machen. Einen anderen Grund gibt es nicht. Die Signora zeigt wieder Temperament. Ich denke an die Sagrada familia. Die Rosette. Das zentrale Element.





                                                                                                      Der Altar. Die Gestaltung jeder Kirche ist darauf ausgelegt, dass man Gott in ihr erreicht. Durch ein Kirchenfenster fällt das Licht.





                                                                                                      Unwillkürlich denke ich an Gaudi. Nein, revolutionär war er nicht. Er hatte eine Vision. Ein Gefühl für das Licht. Er schuf eine moderne Gotteswohnung. Die Formsprache alter Kirchen behielt er bei. Naiv und gestalterisch. Im Einklang mit der Natur. Aber blaspemisch, wie im Gegner vorwerfen wollten, ist er nicht.

                                                                                                      Große Skulpturen an der Seite. Einige sehen so lebendig aus.





                                                                                                      Nach einiger Zeit sehne ich mich nach Freiheit. Geometrie und Farben hier vor der Tür.





                                                                                                      Ich trete ins Freie. Windig und sonnig ist es hier. Mein Anfangsplatz im Bus ist wieder frei und wird es auch bleiben. Der Opa sitzt auf seinem Platz.

                                                                                                      Es geht den gleichen Weg wieder zurück, und ich denke an künftige Radtouren. Nein, wenig, was mich hier reizt. Das Essen schon. Die Kilometer auf befahrenen Straßen nicht. Italien ist wunderschön, aber kein echtes Outdoorland. Nicht abseits der Berge. Aber das wusste ich ja schon.

                                                                                                      Ein Bauernhof in Nähe der Straße. Agrotourismus. Zimmer gäbe es auch. Eine Busladung ausländischer Gäste. Gewohnheit. Aber vielleicht auch der Druck. Der Tisch reich gedeckt. Weinprobe. Der Rotwein ist exzellent. Obwohl ich erst nicht wollte, probiere ich doch. Dazu gibt es Häppchen. Selbst gebackenes Brot. Zucchini-, Broccoli- und Pilzcreme. Warme Leberwurst. Verschiedenen Marmeladen. Ein Gedicht. Zu einer Frau sage ich: "Dafür kann man mir das Aidabuffet schenken." Sie nickt bejahend. "Ist eben Massentourismus, das kann man nicht vergleichen". Sie hat Recht.





                                                                                                      Ich erwerbe eine Flasche Olivenöl. Im Garten ein Kleintierzoo. Pferde, Esel, Damwild und Wildschweine.

                                                                                                      Der Bus wartet. Wieder zurück. Ein schöner Ausflug. Da hatte ich Glück.

                                                                                                      Das Schiff ist recht leer und spontan entscheide ich mich für Sauna. Biosauna. Ruheraum. Der Mann neben mir liest "Der Trümmermörder".
                                                                                                      Die Finnische Sauna. Eine stämmige Frau macht Aufguss. Nach dem dritten Mal ist es zu heiß. Im Ruheraum gibt es Obst. Die Sauna hat mein Ohr entspannt. Ich höre besser. Am Tisch jüngere Leute, wir haben viel Spaß. Einer machte die Fahrradtour. Verkehr in Rom. Wohl ein ziemliches Erlebnis. Nie wieder. Der andere hatte ein Taxi genommen, das am Eingang stand. 25 Euro. Drei geschwätzige Schwaben hinten im Fond.

                                                                                                      Ich streife durch das Schiff. Hurricane Show der Aida Stars. Nett aufbereiteter Rock, perfekt inszeniert. Der Geräteraum ist leer, und ich traue mich hinein. Fahrrad. Mit 80 Umdrehungen und vierundzwanziger Schnitt. Ohne Ampeln kein Problem. Ein anderer Typ Fahrrad. Outdoorpanorama auf dem Bildschirm. Auf eigene Gefahr. Wieder gewohnter Schnitt. USA, Canyon. Fasziniert betrachte ich die Landschaft. Sand auf der Fahrbahn. Vorsichtig. Zu weit in der Mitte. Ich lege mich in die Kurven. Ein Auto kommt von einem Parkplatz, und ich gehe voll in die Eisen. Rücktritt. Wie albern. Ich lache über mich selbst. Theorie und Praxis. Virtuelle Realität ist in meinem Reiseradlerprogramm nicht vorgesehen.

                                                                                                      Ich treffe meine Bekannten aus Mallorca wieder. Sie spricht eine Tonlage tiefer. Irgendein Infekt. Zusammen schauen wir die Wiederholung der Hurricane Show an. Der Moderator betont noch einmal extra, dass die Eltern ihre Kinder davon abhalten sollen, die Hände auf die Bühne zu legen. Wir reden ein wenig. Ihr Ausflug nach Rom endete vor den Toren Civitavecchias. Baustellenbedingt fuhr der Hafenbus viel weiter als geplant. So wurde der 10.00 Uhr Zug verpasst und der Ausflug in Eigenregie gestrichen. Der Petersdom entfiel sowieso. Mittwochs ist Audienz. Später erfahre ich, der Papst war gar nicht da.

                                                                                                      Gemeinsam gehen wir nun doch in die „Haifischbar“. Es ist Hamburger Abend. Die Bar wurde mit Stehmöven und ähnlichem Tüddelüt dekoriert. Eigentlich wollte ich das vermeiden. Um halb zehn marschieren Kapitän und Offiziere auf. Ein Clubschiff. So ist das hier. Gemeinsam singen sie Shanties. Gar nicht so schlecht, muss man sagen. Sie lesen den Text ab, und der Kapitän muss Showelemente der Mannschaft ertragen. Es wirkt erstaunlich uninszeniert. Geschätzt zwölf Frauen und 14 Männer. Brücke, Navigation, Technik, Restaurant, Logistik, Unterhaltung und Unterkunft (oder wie auch immer man die Bereiche auf Kreuzfahrtschiffen nennt). Die Restaurantoffiziere sind Phillipiner oder Indonesier. Sie haben Schwierigkeiten mit dem Text. Die Frauen Logistik, Unterhaltung und Unterkunft. Wer steuert in der Zeit eigentlich das Schiff?

                                                                                                      Auf dem Weg zum Fahrstuhl noch ein Elvis Imitator im Brauhaus. Eine tolle Stimme. Gut interpretiert. Und eine unangenehme Erkenntnis: In Wanderstiefeln der Kategorie B kann man nicht tanzen.
                                                                                                      Zuletzt geändert von Torres; 13.02.2015, 10:40.
                                                                                                      Oha.
                                                                                                      (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                      Kommentar


                                                                                                      • Torres
                                                                                                        Freak

                                                                                                        Liebt das Forum
                                                                                                        • 16.08.2008
                                                                                                        • 31757
                                                                                                        • Privat


                                                                                                        #52
                                                                                                        AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                        29.01.2015. Seetag (Luxus).

                                                                                                        Ich hatte geschworen, ich schlafe heute lang. Laut krachen die Brecher an die Bordwand. Das Schiff schwankt. Der Himmel ist von Wolken bedeckt. Bald zeigen sich hellere Abschnitte. Ich gehe auf das oberste Sonnendeck, kann mich aber kaum auf den Beinen halten. Auch die Kamera ist nur mit Mühe in Position zu bringen.





                                                                                                        So quere ich die Raucherbar und stelle mich ans untere Sonnendeck. Auf einem Tisch steht Kaffee. Die Tischdecke tanzt im Wind. Ich flüchte in die Bar. Fernsehsessel, dahinter das Meer. Der Bildschirm ist grell. Als Lesestätte taugt das nicht. Nur weg hier.

                                                                                                        Noch einmal wage ich mich auf das Oberdeck. Stemme mich gegen den Wind. Das Morgenrot verglüht. Auf den Wellen Schaumkronen.


                                                                                                        Das East hat schon auf. Am Panoramafenster nehme ich Platz. Die Leute essen viel weniger. Man weiß jetzt, dass und wann es was gibt. Auch mir fehlen Ideen. Etwas Milchreis ohne Zucker, Lachs, Käse, Gurken. Zwei Brötchen. Kräutertee. Der Sonnenaufgang macht Bewölkung Platz. Eine ältere Frau aus Bayern. Nächste Woche geht sie Freunden eine Woche wandern. Ich erzähle von Mallorca und meinem Leihrad. Cube? Ja, die kenne ich, die sind aus Waldershof, das ist ganz bei mir in der Nähe. Doll, was der Bub da draus gemacht hat. Einen richtigen Konzern hat er geschaffen. Cube eine deutsche Firma? Man lernt nie aus.

                                                                                                        Das Ehepaar von gestern. Die Unterhaltung ist nett. Am Käse treffe ich die ältere Frau aus der Gruppe in Barcelona. Gewartet hatte man kurz, dann war man den anderen Weg gegangen. Ich habe das Tablet dabei, und sie bestaunt die Fotos. Sie hatte in Rom und Neapel ein Taxi genommen. Die Gruppe der Italiener am Eingang, ich erinnere mich. 25 Euro pro Person im vollbesetzten Taxi nach Pompeij. Nach zwei Stunden kam das Taxi und holte die Gruppe wieder ab. Ein Schlenker durch die Innenstadt. Kein Vergleich mit dem teuren Ausflug an Bord. In Rom gestern 35 Euro im 8er Taxi mit 5 Personen besetzt. Sie fand die Info im Netz.

                                                                                                        Der Kapitän macht eine Durchsage. Wir fahren nun doch noch nach Barcelona. Aber nur für einen halben Tag. Erst hieß es, wir fahren direkt nach Palma. Das war mir natürlich nicht so recht.


                                                                                                        Sauna. Ich finde den Weg nicht. Ein Offizier hilft. Ich lobe den gestrigen Auftritt. Er freut sich. Die Sauna ist um diese Zeit noch leer. Bio-Sauna. Himmlische Ruhe. Der Blick aufs Wasser in die Sonne. Welch ein Traum. Etwas Schöneres kann es nicht geben. Dann die finnische Sauna. Ein Herr macht gerade Aufguss. Für mich zu heiß, aber ich gönne ihm den Spaß. Möglicherweise kriegt er dafür Ärger. Aufguss machen darf nur das Personal. Wäre nicht das erste Mal. Seine 31. Fahrt in fünf Jahren. Aida macht süchtig. Die anderen Herren stimmen zu. Ein Hotel mit Wasser vor dem Fenster. Er hat Recht. An Land nicht leicht zu finden. Als Campingplatz übrigens auch nicht. Dazu immer wieder woanders. Die Distanzen schafft man anders auch nicht. Asien. Karibik. Da gibt es noch viel mehr. Die Sonne scheint erneut durchs Fenster. Ein Foto mache ich natürlich nicht.

                                                                                                        Der Ruheraum. Wieder ein Fensterplatz. Sonne. Einer quatscht immer. Der Nachbar röchelt ganz leicht. Auch ich schlafe ein.

                                                                                                        Ich nehme mir vor, zu lesen. Im Lesesaal spielen Kinder mit ihren Eltern ein Spiel mit Chips. Ich hoffte auf Ruhe. Die Kabine wird gerade gemacht. Zur Essenszeit habe ich dann Glück. Für kurze Zeit wird es leise. Dann spielt ein Paar Backgammon. Polter. Klick.


                                                                                                        In der Kabine finde ich Ruhe und schlafe ein. Balsam für das Ohr. Dann lese ich die Le monde diplomatique. Harter Tobac. Menschenrechtsverstöße in den USA, Whistleblower, Hacker (CCC, Anonymus), Chinesische und russische Propagandamedien, totalüberwachte Grenzen, die Datenkraken. Urlaubslektüre sieht anders aus.
                                                                                                        Arbeitsbedingungen beim Versender. Ein Buchladen würde bei gleichem Umsatz 18 Mal so viele Arbeitsplätze schaffen. Und Steuern zahlen. Totalüberwachung durch das e-book. Lesezeichen, Fragen, Bücher personalisiert. Für Firmen eine Cloud. Alles unheimlich praktisch. Für Verlierer gibt es Uber und Airbnb. Hotels und Taxis konnten wir eh nie leiden. Die FDP weiß das nun auch. Teilen. Das klingt so schön gerecht. Man vermietet das Private. Soziale Absicherung braucht man nicht. Wir wissen alles, tut gar nicht weh. Und wir entscheiden immer noch selber. Die Folge: Selbstzensur. Bürgerliche Freiheit unter Terrordruck. Ein Googlelink zum Schuhversender schickt Daten an über 40 Rechner. Noch wurde nichts gekauft. Aber Hauptsache, wir kennen den Nutzer. Ich bin doch gar nicht wichtig. Die Schlinge zieht sich zu.

                                                                                                        Als ich ausgelesen habe, schwirrt mir der Kopf. Ich denke an die Fahrt mit AIDA. Das ist nicht einfach ein Schiff. Du gehörst dazu. Du brauchst nur Deine Bordkarte. Das Foto und die Kreditkarte am Schalter hinterlegt. Stimmt das Gesicht nicht, kommst Du nicht mehr drauf. Die Gesichtserkennung nach neuesten Methoden. Fotografen und Kameraleute filtern Dich heraus. Druck Deine Bilder einfach aus. Stimmt noch ganz schnell zu. Nur ein einfacher Klick. Wer hat die Bildrechte? Du oder ich? Erinnerungsfoto, Erinnerungsfilm, Kunstauktion, Massagen, Workshops, Daddelautomaten, Internet. Ausflüge. Im Lesesaal wird geheiratet. Dir soll es an nichts fehlen. Buche die nächste Reise an den Tischen. Frühbucherrabatt und Reisevorteil. Das Team ist jung, viele Gäste alt. Wer will am Counter alte Leute sehen? Das Konzept scheint aufzugehen.


                                                                                                        Nautische Informationen vom Kapitän. Geduldig steht er Rede und Antwort. Fast 2700 Menschen gehen auf das Schiff. Das gelingt aber nur im Sommer. Dann sind bis zu 700 Kinder an Bord. Teile des Publikums stöhnen auf. Schon jetzt gab es manchmal Konflikte. Kleine Kinder reisen kostenlos in den Oberbetten mit. Sicherlich ein Grund. Im Moment sind es wohl 2200. Dazu. 630 Personen Personal. 10 Tonnen Speisen und Getränke. Genaue Zahlen gibt es zum Schluss.

                                                                                                        Indonesisches Essen im East. Eine super Qualität. Ein junges Paar am Tisch. Die Gruppe in Barcelona hatte sich am Einkaufszentrum aufgelöst. Daher hatte man mein Fehlen nicht bemerkt. Mitarbeiter darf man bewerten. Was tun die, die der Nörgler nicht mag? Sie musste gestern einen Mitarbeiter in Schutz nehmen. Manche Menschen sind grundlegend gemein. Auch sie waren auf dem Vesuvio. Ein wenig früher als ich. Leihwagen. Nie wieder mit dem Auto durch Neapel. Der Vermieter hat nur gelacht.





                                                                                                        Wir sind jetzt bereits in Barcelona. Im richtigen Moment. Später wäre Anlegen unmöglich. Der Wind drückt das Schiff an den Kai. Man kann das Schiff zum Landgang verlassen. Wenn man denn will.

                                                                                                        Ein Ehepaar aus dem Saarland. Bald darauf sind wir per Du. Wir fachsimpeln über Computer und die Fragen aus der Zeitschrift. Das Gespräch tut gut. Sie machten eine Führung durch die Küche. Hier wird tatsächlich ALLES frisch gekocht. Und auch frisch gebacken. Brötchen, Brot und Kuchen. Ca. 60 Torten pro Tag. Oder war das nur pro Restaurant? Ein Abstecher in die Bar. Im Theatrium wird "Wer wird Millionär" kopiert. Eine Frau scheitert an einer medizinischen Frage. Die Saarländerin hätte es gewusst. Die meisten richtigen Antworten im Publikum hat ein junger Mann aus Dresden. Eine Flasche Schampus ist sein Lohn.

                                                                                                        Um 23.00 Uhr beende ich den Abend. Abreiseinformationen an der Tür. Hoffentlich kann ich überhaupt schlafen. Das Schiff liegt heute so ruhig.
                                                                                                        Oha.
                                                                                                        (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Freak

                                                                                                          Liebt das Forum
                                                                                                          • 16.08.2008
                                                                                                          • 31757
                                                                                                          • Privat


                                                                                                          #53
                                                                                                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                          30.01.2015. Es ist genug. (Barcelona)

                                                                                                          Am Morgen bin ich lustlos und lege mich noch einmal hin. Ein kurzes Frühstück. Dann steht mir nach Frischluft der Sinn. Der Wind reißt mir fast den Kopf ab. Das hätte ich nicht gedacht. Der Ausstieg ist auf Deck 3. Der Wind drückt zu stark auf das Schiff. Ich bin freigiebig. 6 Euro für den Shuttlebus. Ein kurzer Weg zum Palau Güell, um die Öffnungszeiten zu erfahren. Er öffnet um 10.00 Uhr. Es ist gerade 9.06 Uhr.
                                                                                                          Ich nehme die U-Bahn zu dem von Gaudi gestalteten Park Güell. Ich brauche ein wenig Outdoor, ein Park täte mir gut. Mein Ohr verhält sich tapfer. Es ist, als könnte ich wieder filtern. Die Seereise war die richtige Entscheidung. Meine Stresstoleranz steigt. Aussteigen. Die Hauptstraße entlang, dann Rolltreppen in die Höhe. Der Park ist geschlossen. Es ist zu windig. Ärgerlich. Eine Asiatin ist sehr enttäuscht. Sie war extra deswegen nach Barcelona gefahren.





                                                                                                          Der Palau Güell ist unerwartet. Sein Erstwerk und wirklich noch zahm. Bereits mit viel Licht gestaltet. Nur eben nicht so extrem. Die Besichtigung lohnt sich. Ein Teil der Fotos wird nichts. Zu wenig Geduld.






                                                                                                          Ein kurzer Abstecher zur Kathedrale. Auf einer Postkarte hatte ich einen Altar von Gaudi entdeckt. Auf der Rückseite stand Kathedrale. Ich kann mich nicht erinnern. Sicher will ich aber sein. Im Innenhof der Kathedrale ein Kleinzoo. Ich irre herum, den Nebeneingang suchend.





                                                                                                          Nonnen gehen an mir vorbei. Die Touristen sind Franzosen. Schulklassen. Der Lehrer ist gestresst. Der Altar. Nein, das ist sie nicht.

                                                                                                          Polizeisirenen. Schon wieder. Wieso fährt heute so viel Polizei herum? Vielleicht wegen der lustigen Autos. Ralley Monte-Carlo historique 2015.




                                                                                                          Ich bummele in Richtung La Rambla zurück. Den Weg habe ich im Kopf. Ich mache mir keinen Druck mehr. Ein Anfang.





                                                                                                          Der Ausflug ist beendet. Das Schiff legt um 15.00 Uhr ab. Ein andere Kreuzfahrer musste kreisen. Er kam an die Pier nicht ran. Auch wir müssen uns nun sputen. Das nächste Sturmtief kommt bereits. Sind wir nicht rechtzeitig in Palma, kommen wir auch da nicht in den Hafen rein. Die Anschlusstour wird nicht anders. Vermutlich fehlen bei den Nächsten Palermo und Rom. Und wir hatten Glück mit dem Wetter. Die anderen wohl nicht. Das sollen wir den Neuen allerdings nicht sagen, sagt der Kapitän. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Trick ist. Aber vielleicht hat er Recht.


                                                                                                          Ich wasche noch etwas Wäsche. Dann schaue ich beim Auslaufen zu. Wieder ein lautes Tuten. Wunderschön. Eine kurzen Moment kann man zwischen den Bauten die Sagrada Familia sehen.





                                                                                                          Silbermöwen umkreisen uns getragen vom Wind. Meine Lieblingsmöwe wird unscharf. Das falsche Objektiv? Oder die Nichtbenutzung des Stativs? Nur diese beiden Bilder werden etwas (von gefühlt 50 Stück):








                                                                                                          Der Lotse verlässt das Schiff.





                                                                                                          Langsam verschwindet Barcelona in der Ferne.





                                                                                                          Kaum sind wir aus dem Hafen, schlägt der Wind wieder zu. Das Schiff schwankt und wackelt. Ich lese ein finnisches Buch. Hannu Raittila. Zu Hause soll Schnee sein. Kann ich noch einmal zurück?








                                                                                                          Am Abend gibt die Küche alles, und ich esse zuviel. Die Bekannten aus Platja de Palma und ich hatten sich verabredet. Ein letztes Mal nette Gespräche. Morgen geht es für sie nach Deutschland zurück. Sie freuen sich. Weniger Menschen und einfaches Essen. Luxus nutzt sich ab. Auch ich freue mich auf Ruhe. Heute sind mir zu viele Menschen an Bord. Bei schlechtem Wetter verteilt es sich nicht.


                                                                                                          Langsam läuft das Schiff Mallorca an. Es ist kühl, aber der Anblick ist wunderschön. Die kleinen Lichter auf dem dunklen Gestein.





                                                                                                          Sekt und Laser auf dem Deck. Ich mümmele mich lieber in meiner Kabine ein und schlafe kurz darauf fest.
                                                                                                          Zuletzt geändert von Torres; 13.02.2015, 17:09.
                                                                                                          Oha.
                                                                                                          (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            • 16.08.2008
                                                                                                            • 31757
                                                                                                            • Privat


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                                                                                                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                            31.01.2015. Palma.


                                                                                                            Ein letztes Frühstück im East Restaurant. Der etwas rundlichere Putzmann, den ich schon kenne, steht im Gang. Heimreise? Nein. Putzen. All the time. Er lächelt, aber glücklich ist er nicht. Mein Zimmer betreut er nicht, und als ich vom Essen komme, muss ich nach ihm fragen. Einen Moment wundere ich mich über mich selbst, aber es gibt Dinge, die sind einfach richtig. So warte ich im nächsten Gang auf ihn. Erstaunen, als er mich sieht. Es ist nicht die Geste. Es ist die menschliche Begegnung, die zählt.

                                                                                                            Ich hole das Gepäck. Die Durchsagen sind auf Effizienz getrimmt. Austausch von 2200 Gästen. Die Flughafenshuttle im Halbstundentakt. Für 23 Euro könnte ich bis abends bleiben. Aber ich möchte weiter. Es ist jetzt wirklich gut.

                                                                                                            Am Check In stehen neue Leute. Den Triumpfblick wieder im Gesicht. Für sie geht die Party weiter. Gekauftes Glück.

                                                                                                            Allein laufe ich quer durch den Hafen. Der Weg ist ziemlich weit. Der Himmel wolkenverhangen. Über die Kaimauer fegt die Gischt. 3 Meter könnten das sein.

                                                                                                            Hinter dem Ausgang warte ich auf den Bus, zwei Minuten später kommt er. Endstation. Der Busfahrer lässt mich schon hinein. Volle Busse schieben sich Richtung Schiff. Große LKW reihen sich vor der Schranke ein. Hamburg Süd. Internationale Speditionen. Das wird das Essen sein. Heute abend dann wieder die Show. Alles von vorne. Das Wetter könnte diesmal allerdings wirklich schlechter sein. Von Umplanungen war ja schon die Rede. Die Wellen sind immer noch zu hoch. (Anm: Die nächste Route verlief über Neapel, Rom, Livorno (Pisa) und Barcelona. Der Vesuv war wolkenverhangen).

                                                                                                            Das neue Hotel steht auf dem Berg, nicht weit vom Hafen entfernt. Der genaue Weg hat sich mir noch nicht erschlossen. Serpentinen. Trotzdem Laufen? Es ist noch viel zu früh. Ich fahre lieber Bus. Placa Espana. Die 46 fährt mir vor der Nase weg. Dann sehe ich, dass es zwei Haltestellen und zwei Routen gibt. Hektische Suche nach dem richtigen Bus. Eine Taube kackt auf Blumen. Der Bus fährt alle dreißig Minuten.

                                                                                                            Das neue Hotel ist sehr nobel, so ganz passe ich nicht hier hin. Vom Zimmer aus schaue ich auf das Meer. Für einen Blick auf die Bucht mit Kathedrale und Platja de Palma wären 40,00 Euro Aufpreis fällig. Einen Moment überlege ich, ob es mir das wert ist. Hier habe ich Sonnenuntergang. Das ist mir dann doch lieber. Preiswert ist das Zimmer nicht. Ich föne die guten Hosen und weiß wieder, warum ich Outdoorer bin. Man kann herumlaufen wie ein Schlumpf, und alle finden das toll.

                                                                                                            Ich finde den Fußweg ins Tal und fahre mit Bus Nr. 3 in die Stadt. Wiedereingliederungstherapie in die Großstadt.





                                                                                                            Mein Ohr ist wieder schlechter geworden. Das ist das Wissen, dass der Urlaub bald zu Ende ist. Die Realität rückt näher. Ein Vollkornbrötchen. Ich hätte mehr kaufen sollen, aber ich finde die Bäckerei nicht wieder. Ein Eroski (Supermarkt) unter dem Placa Major. Wer das nicht weiß, findet ihn nicht. Vernachlässigt, schmutzig, grau die Passage. T-Shirt Händler. 70er Jahre.





                                                                                                            Ich laufe weiter und dann zurück. Mich zieht es wieder ans Meer. Strand gibt es hier nicht. Nur Jollen, Boote und Yachten. Der Verkehr ist laut, die Boote klingeln. Der Wind macht wieder Konzert. Ich vermisse mein Fahrrad. Zu Fuß ist das hier weit.





                                                                                                            Ein Zufluss. Steine als Zebrastreifen. Wie in Pompeij.





                                                                                                            Vogelbilder. (Anmerkung: Lachmöwe, Seidenreiher, Kormorane. Danke, Griffon!)











                                                                                                            Llucmajor. Der Hügel. Wie lange ist das schon her?





                                                                                                            Ich weiche in Seitenstraßen aus.





                                                                                                            Hier muss ich Gott sei dank nicht hoch.





                                                                                                            Ich setze mich auf den Balkon in die Sonne. Das erste Mal seit einer Woche habe ich Internet, doch gleich darauf lasse ich es wieder sein. Außerdem gefällt mir das Layout dieser website nicht....





                                                                                                            Glutrot geht die Sonne unter. Wie eine Corona der Schein.








                                                                                                            Die Häuser leuchten in vielen Farben. Im Original ist da noch mehr rot. Gebannt schaue ich dem Farbenspiel zu.





                                                                                                            Mit Gaudi verändern sich die Empfindungen. Alles vereint sich zu einer Komposition. Mensch und Natur. Licht und Kunst. Letztlich entscheidet doch nur, was wir in den Dingen sehen. Und nicht, was ist.

                                                                                                            Am Abend lerne ich eine Frau aus Hamburg kennen. Eines ist wirklich spannend. Man trifft hier überall nette Leute. Manchmal ist das heilsamer als Zelten.
                                                                                                            Zuletzt geändert von Torres; 14.02.2015, 22:05.
                                                                                                            Oha.
                                                                                                            (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              • 16.08.2008
                                                                                                              • 31757
                                                                                                              • Privat


                                                                                                              #55
                                                                                                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                              01.02.2015. Spaziergang im Park (Castell de Belver)


                                                                                                              Ich habe gut geschlafen. Geplant war, heute zum Kloster Lluc zu fahren, aber über die Hügel schieben sich dicke, tiefhängende Wolkenfetzen. Das kann ich streichen.

                                                                                                              So wandere ich zum nahegelegenen Park.





                                                                                                              Am Morgen habe ich ein wenig ods gelesen. Die Diskussion, was ist Outdoor, was darf in Reiseberichten stehen und dann auch noch mit einem Zitat von mir (das auf die Tretrollertour anspielt, bei der ich ca. 280 km durch Italien gerollert bin), hat mich wieder völlig gestresst. Die ods Hotline muntert mich wieder auf. Die meisten wollen es bunt.





                                                                                                              Ich wende mich der stadtnahen Natur zu. Wilde Wege. Regen. Das Castell de Belver. So viel gibt es hier auf Mallorca noch zu sehen. Das hätte ich niemals gedacht.








                                                                                                              Es sind nur wenige Menschen unterwegs. Den meisten ist es zu nass und zu kalt. Immer wieder gehen ergiebige Regenschauer auf mich nieder. Ich habe den Poncho an. Da ich mir Zeit lassen kann, fotografiere ich Blumen.














                                                                                                              Ein Weg geht sehr steil hinunter. Zuerst kehre ich um, dann taste ich mich doch vorsichtig abwärts. Ein Trupp Wanderer überholt mich leichtfüßig. Ich bin beeindruckt. Das lerne ich nie.








                                                                                                              Zwanzig Minuten später. Der Mann humpelt, gestützt auf die Frauen, von einem Seitenweg aus langsam in Richtung Ausgang. Das Moos ist glatt. Das merkte ich bereits auch. Ein Hund starrt mir nach.

                                                                                                              Ein wunderschöner Vogel. Unverwandt schaut er mich an. Ich dagegen halte die Luft an und bete, dass eines der Fotos etwas wird. Dann kommen Eltern mit Kinderwagen und der Vogel fliegt weg.





                                                                                                              Es ist ein Wiedehopf, erfahre ich später. „Der Wiedehopf, der Wiedehopf, der schenkt der Braut ein´n Blumentopf.“ Noch nie habe ich einen Wiedehopf gesehen.


                                                                                                              Zurück im Zimmer merke ich, dass ich eine Erkältung bekomme. Kein Wunder. Das halbe Schiff hatte geschnieft. Also ab in die Sauna. Das Hotel ist ein Wellnessding. Die Sauna ist leer, da bin ich ganz froh. Durch die Tür sehe ich, dass die anderen Gäste Badebekleidung tragen. Beim Rausgehen sehe ich dann auch das Schild. Rücksichtnahme auf unterschiedliche Kulturen. Upps.





                                                                                                              Im wickele mich in die Bettdecke ein und schreibe Tagebuch. Ich finde die webcam der Aidamar und anscheinend fährt sie doch nach Palermo. Ich suche ein wenig nach Informationen über Gaudi und ein Satz gefällt mir besonders gut: "Der Mensch wird dekadent, wenn er vergisst, die Natur anzuschauen." (Quelle: Die Zeit). Das hatte er seinen Mitarbeitern eingeprägt. Dann schlafe ich ein.
                                                                                                              Oha.
                                                                                                              (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Lebt im Forum
                                                                                                                • 24.03.2002
                                                                                                                • 8242
                                                                                                                • Privat


                                                                                                                #56
                                                                                                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                                Ich lese gerne mit, habe ich doch auch erst vor kurzem Mallorca und seine Naturschönheiten entdeckt.

                                                                                                                An diesem Vormittag war ich nur ca. 3 km von dir entfernt:
                                                                                                                habe mir die Kathedrale und den Hafen angeschaut und bin dann weiter gefahren nach Port Antratx und über die Küstenstraße nach Valdemossa.
                                                                                                                Viele Grüße
                                                                                                                Rosi

                                                                                                                ---
                                                                                                                Follow your dreams.

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Freak

                                                                                                                  Liebt das Forum
                                                                                                                  • 16.08.2008
                                                                                                                  • 31757
                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                  AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                                  02.02.2015. Überraschung.

                                                                                                                  Meiner Erkältung geht es etwas besser. Die Bugcam der Aidamar zeigt den Vesuv. Die Spitze in Wolken verhüllt. Ich hatte wirklich Glück.
                                                                                                                  Am Frühstückstisch habe ich kaum Hunger. Ein Jammer. Das hier ist ein Paradies. Es bedienen mindestens vier Leute. Der Kräutertee klappt heute auch.

                                                                                                                  Als ich wieder im Zimmer bin, ist meine Energie verbraucht. Wenn Lluis Salvator Recht hat, zeigt sich heute in der Kathadrale die zweite Rosette (er hat Recht). Aber schon um 9.00 Uhr. So schnell komme ich nicht vor Ort. Ich lege mich noch einmal hin und ruhe mich aus.
                                                                                                                  Dann entscheide ich, dass der letzte Tag nicht verschwendet werden darf und fahre mit dem Bus nach Palma. Vielleicht fahre ich einfach noch mal an den Strand. Als ich Placa Espana aussteige, entscheiden meine Beine anders. Ich laufe Richtung Placa Major. Eine Apotheke ist mein Ziel. Die Frau spricht kein Deutsch oder Englisch. Ich mache Zeichen, und sie sagt "Lutschen". Ich nicke. Klappt doch. Eine alte Frau sägt auf einer Geige mit Unterstützung eines Musiksticks plus Lautsprecher "Der Pate" und "Spiel mir das Lied vom Tod". Wie passend zu meiner Stimmung.

                                                                                                                  Die Markthallen. Meine Bekannte hatte empfohlen, hineinzugehen. Nicht alle Stände sind offen. Aber die Offenen verlocken sehr. Eine Fülle von Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch. Ich streife herum. Überwältigend. Das ist Natur, denke ich. Das ist Natur im ursprünglichen Sinne. Der Mensch muss essen. Der Mensch muss trinken. Und wo es Nahrung im Überfluss gibt, da ist auch Zivilisation. Das Essen fördert nicht nur die Ansiedlung von Menschen, sondern auch die Kunst, die Kultur und die Literatur. Den Aufenthalt in menschenfeindlicher Ödnis erlaubt uns nur die Technik. In Form von Konservieren, Pulverisieren, Transportieren, Trocknen, Lagern und der Trennung von Konsum und Produktion.








                                                                                                                  Ich laufe durch die längst bekannten Straßen. Ich brauche noch drei Souvenirs. Ich stoße noch einmal auf den Shop mit der Karte. Alles, was man braucht, kriegt man hier. Karten, Führer, den Rother. Und noch viel mehr.





                                                                                                                  Ich laufe durch kleine Läden, aber Schönes ist meist zu schwer. Eine kleine Touristenformation. Hier kann man Touren buchen. In einer Ecke ein kleines Sortiment Bücher. Und Kompass 230 auf Deutsch. Ich finde drei Teelichter aus Holz. Die Kerzen lasse ich liegen. Ein bisschen ULer ist man ja doch.

                                                                                                                  Ich bin jetzt an der Kathedrale. Und gebe mir einen Ruck. Schau Dir das Ding an, sagt eine innere Stimme. Dauert ja nicht lang.
                                                                                                                  Das Museum gegenüber hat zu. Ein deutsches Ehepaar rätselt. Die Kathedrale dann wohl auch? Mal schauen. Gemeinsam gehen wir zu einer Seitentür. Die Kathedrale hat geöffnet und eine Gaudiausstellung für einen Euro mehr gibt es auch. Ich sage, das will ich buchen. Letzte Woche war ich in Barcelona. "Mit der Aida?" fragt das Ehepaar. Wir waren auf dem gleichen Schiff. Sie fliegen auch zur gleichen Uhrzeit. Die Richtung stimmt allerdings nicht.

                                                                                                                  Für die Kathedrale der Heiligen Maria (La Seu, der Bischofssitz, genannt) gibt es einen Audioguide, und zuerst verstehe ich die Bedienung nicht. Dann geht es besser, und ich sehe in der Kathedrale das Licht. Mehrere Rosetten. Freundlich und durchflutet ist der Raum. An einer Stelle bricht sich ein Strahl.





                                                                                                                  Ein faszinierende Anordnung von Motiven am Altar. Ein Ring aus Leuchten. Die Säulen. Vom Licht bestrahlt. Meine Gedanken schweifen zur Sagrada Familia. Eine Vorstufe zu Gaudi, denke ich. Die Kirche ist alt. Vielleicht hat sie ihn inspiriert? Ich sehe da Parallelen. Der Aufbau. Das Licht. Oder er hat Elemente dieser Kirche kopiert. Aber nein, das kann nicht sein, bei Architektur kennst Du Dich nicht aus. Aber wieso eigentlich nicht? Vielleicht hat er hier einmal Urlaub gemacht?





                                                                                                                  Es dauert noch ein paar Erklärungen, bis ich begreife, dass das die Kathedrale ist, die ich suchte. Sie war bis Anfang des 20. Jahrhunderts klein und dunkel, die Geistlichen von den Gläubigen abgetrennt, und die Gläubigen mussten stehen. Der Priester Pere J. Campins beauftragte Gaudi, und dieser gestaltete den Innenraum neu. Er entkernte den Altarraum, vergrößerte und öffnete die Apsis und gab der Kathedrale das Licht zurück. Von 1904 bis 1914 lebte Gaudi in Palma und gestaltete mit weiteren Künstlern La Seu. Gaudi, denke ich. Mehr fällt mir eine Zeitlang nicht ein.





                                                                                                                  Die Kapelle des Allerheiligsten, die 2007 vom (umstrittenen) zeitgenössischen mallorquinischen Künstler Miguel Barcelo (geb. 1957) gestaltet wurde. Es geht um die wunderbare Vermehrung von Brot und Fisch. Nahrung. Das Zentrum des Lebens. Und dazu das Licht. Der Kreis schließt sich. (Quelle: Klick.)





                                                                                                                  Die Gaudi Ausstellung ist eher dürftig ausgestattet und die Texte und Filme sind auf katalanisch/spanisch. So eile ich kurz darauf zum Placa Espana. Der Bus fährt mir erneut vor der Nase weg, und ich muss 25 Minuten warten. Ein Mann kommt bittend an, als ich gerade das Kleingeld suche, und ich sage deutlich "No". Er geht weiter zum Nächsten. Seine Frage galt der Uhr. So entstehen kulturelle Missverständnisse. Es beginnt nun kurz, zu nieseln.

                                                                                                                  An der Straße La Rambla stehen Platanen. Geschwungen recken sich die kahlen Stämme gegen das Licht. Wie die Säulen in Gaudis Kathedrale. Ebenmäßig. Und auch wieder nicht. Ein junger Mann mit 70 Liter Rucksack plus Daypack betritt den Bus. Schlagartig fühle ich mich nicht mehr alleine. Er ortet sich über sein Iphone und steigt eine Haltestelle vorher aus. Ein kleines Haus, kein Hotel. Ich tippe auf Couchsurfing. Unter dem idyllischen Viadukt, das ich gestern auf dem Weg zum Park begangen hatte, liegt meterhoch der Müll.





                                                                                                                  Es ist kalt auf dem Balkon, und die Kamera übersteuert.





                                                                                                                  Meine Erkältung ist wieder schlechter, und nach dem Sonnenuntergang denke ich an Wellness. Diesmal korrekt bekleidet. So gehe ich zunächst in den Swimming-Pool und lasse mich etwas treiben. Dann sehe ich mehrere Plastiklappen und kurz darauf bin ich im Freien. Outdoor! Die Palmen rauschen und der Mond scheint hell. Das Wasser ist warm und zwischen den Bäumen leuchtet das Meer. Dekadent ohne Ende? Oder einfach nur Glück?

                                                                                                                  Dann sitze ich in der finnischen Sauna und wünschte, es wären -30 Grad, und ich wäre in Finnland. Das Knirschen des Schnees und das Funkeln. Und natürlich wieder das Licht. Es ist einem nie alles recht.
                                                                                                                  Ich laufe in Richtung Aufzug. Eine nicht mehr ganz frische Grazie mit Kosmetiktäschchen taxiert mich schnell. Hochmütig schaut sie weg. Durchgefallen. Die Sorte Frau, die sich unter das Messer legt. Ich bezweifle stark, dass sie echt ist. Was für ein interessantes Hotel.
                                                                                                                  Zuletzt geändert von Torres; 15.02.2015, 21:05.
                                                                                                                  Oha.
                                                                                                                  (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Freak

                                                                                                                    Liebt das Forum
                                                                                                                    • 16.08.2008
                                                                                                                    • 31757
                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                    #58
                                                                                                                    AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                                    03.02.2015 Heimreise.


                                                                                                                    Ich räume das Zimmer früher, als ich muss. Höflichkeit. Einen Dank gibt es nicht. Die Sofas im Hochparterre mit Blick über die Stadt. Der Flug geht um 20.00 Uhr. Schauer fegen über das Land. Es ist kalt. Ich schreibe Reisebericht und lese. Ruhe tut gut.

                                                                                                                    Gegen 12.00 Uhr wird das Wetter besser, und ich gehe in Richtung Bus. Die Wolken weichen blauem Himmel, und ich schaue gebannt in das Licht. Die Häuser sehe ich nicht.

                                                                                                                    Auf dem Placa Espana lasse ich mich nieder und esse den letzten Käse und Brot. Die Sonne leuchtet durch die Palme. Die Blätter wiegen im Wind. Ich denke an Platja de Palma. An Vergangenem soll man nicht rühren. Nicht zurückkehren an diesen Ort. Ein Paar mit Salat in den Händen setzt sich auf die nächste Bank. In Italien ist es verboten, öffentlich zu essen. In Spanien anscheinend nicht. Dann fangen sie an zu sprechen. Deutsche. Ob es erlaubt ist, weiß ich jetzt immer noch nicht.





                                                                                                                    Die Bushaltestelle. Ich stelle mich an. Die Nr. 15. Platja de Palma. Ein Tross von Touristen steigt ein. Doch noch einmal das Meer? Ein letztes Mal? Ich lasse das Schicksal entscheiden. Airport Express gegen Palma Express. Die Nr. 25 kommt zuerst. Trotz des Gepäcks muss ich stehen. Eine große Baustelle. "Ein neues Einkaufszentrum im freien in natürlicher Umgebung (sic!)". Man sieht die Reste eines Olivengartens. Daneben ein kleiner Bauernhof. Der Wahnsinn geht weiter. Irgendwo, ungeplant, steige ich aus. Und komme genau beim Fahrradverleih heraus. Und stehe wieder am Meer.





                                                                                                                    Und wie immer nimmt mich sein Zauber in den Bann. Dieses Rauschen. Diese Wellen. Und das unglaubliche Licht.





                                                                                                                    Kalt ist es geworden. Zugig pfeift der Wind durch die Straßen. Sitzen kann man heute nicht. Ich nehme den Flughafenbus Nr. 21. Er kostet das Doppelte, wie die anderen Busse. Eine Fahrt 3,00 Euro. Ein kleiner Vogel auf dem Flughafenparkplatz (Bachstelze. Danke Griffon). Niemand beachtet ihn. Nur ich.





                                                                                                                    Um 17.00 Uhr gebe ich den Rucksack auf. Dann suche ich die Sonne vor der Tür. Über den Bergen gießt sie Farbe aus. Licht und Farben. Das ist Natur.








                                                                                                                    Glutrot geht die Sonne unter. Das Licht dennoch gedämpft. Kitschfarben sind es nicht. Das macht die Kamera. Ich erlaube ihr diesen Akzent.





                                                                                                                    Realistisch gespiegelt im Fenster hinter mir.





                                                                                                                    Im Flug sitze ich neben einem Ehepaar. Sie mögen Vulkane und bestiegen den Vesuv und den Stromboli. Gestein als Leidenschaft. Sie waren diesmal in Port de Soller. Ein Auto war dabei. Der Tag bestand aus Wanderung. Port de Soller bis nach Deja. Es ist die Strecke, die ich ursprünglich geplant hatte. Sie erzählen, dass sie traumhaft war. Ich ärgere mich, dass ich nicht abenteuerlustiger war. Allerdings: Den Eingang hätte ich nicht gefunden. Baustelle. Hätten Sie das auch alleine gemacht? Nein, das nicht. Um diese Zeit kommen keine Wanderer vorbei und Mobilfunkempfang besteht wohl auch nicht überall. Sie sind sehr trainiert. Am Sonntag waren 6 Meter hohe Wellen vor der Bucht. Der Leuchtturm auf dem Hügel war umspült. Die Wellen trafen auch die Bucht. Die Mauer der Strandpromenade wurde zerstört. In Palma konnte man davon nichts sehen. Der Wind kam aus Nordwest.

                                                                                                                    Als ich kurz vor Mitternacht in meine Straße einbiege, fängt es gerade an zu schneien. Ich schaue den tanzenden Flocken zu. Der Himmel ist ganz grau. Es ist, als hielte jemand die Erdkugel an, denn es ist absolut still. Ich denke an den letzten Sonnenuntergang und die Tage im Rausch der Farben. Und ich weiß, Natur ist überall, man muss sie nur begreifen.

                                                                                                                    Und mit Licht in meinem Herzen kehre ich die Welt der Stadt zurück. Noch einmal denke ich an Antoni Gaudi i Cornet und seine berühmteste Schöpfung. Nur selten fühlte ich mich dem Licht so nah und dem Gefühl des Glückes.

                                                                                                                    Die Grenzen.

                                                                                                                    Sie verschwimmen.


                                                                                                                    Zuletzt geändert von Torres; 15.02.2015, 13:36.
                                                                                                                    Oha.
                                                                                                                    (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Anfänger im Forum
                                                                                                                      • 09.02.2015
                                                                                                                      • 41
                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                      AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                                      Es macht einen Riesen Spaß deine Berichte zu lesen, schön das du deine Gedanken so toll mit einbringst !
                                                                                                                      Weiter so !!
                                                                                                                      Mein anderes Hobby :

                                                                                                                      http://markusecker.blogspot.de/

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        • 8843
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                                                                                                                        Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                                                                                                                        Ich finde die richtige Straße sofort. Einem Moment habe ich das Gefühl, auf Tour zu gehen. Eine Kirche am Wegesrand. Tatsächlich ist es ein Friedhof. Ein Mann ermutigt mich, einzutreten. Mir ist das unangenehm, ihn und die Friedhofsruhe zu stören. Mein Rad lehnt an einer Bank. Ein Klo gibt es auch. An der Straße sehe ich: Fahrräder verboten.
                                                                                                                        OT: Hervorhebung von mir.

                                                                                                                        Es braucht dir nicht unangenehm zu sein die Friedhofsruhe zu "stören".
                                                                                                                        Bei mir vergeht praktisch kein Urlaub bei dem ich mir nicht einen Friedhof ansehe. Besonders die südländischen Friedhöfe sind wegen ihrer Gruften sehenswert und die Toten freuen sich wenn sie etwas Unterhaltung durch neue Besucher bekommen.
                                                                                                                        Natürlich verhalte ich mich dort entsprechend respektvoll und laufe nicht wild knipsend über die Gräber.

                                                                                                                        Mit deinen Outdoorfahrzeugen steigerst du dich immer wieder. Erst mit dem Fahrrad im Winter in Finnland, dann dort mit dem Klapprodel. Mit dem Trettroller durch Italien und jetzt mit der Aida übers Mittelmeer.
                                                                                                                        Wie willst du dich noch steigern?
                                                                                                                        Das nächste mal kannst du eigentlich nur noch mit einem Uboot abtauchen oder in eine Rakete einsteigen.

                                                                                                                        Danke, dass du uns auf deine Reisen mit nimmst und deine, gut geschriebenen, Erlebnisse mit uns teilst.
                                                                                                                        Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          • 1
                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                          AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                                          Mir hat der Bericht ebenfalls sehr gefallen. Der Schreibweise kombiniert mit einigen schönen Bildern konnte ich mich nicht entziehen.

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            Alter Hase
                                                                                                                            • 16.11.2009
                                                                                                                            • 3184
                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                            AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                                            Ganz großes Kino.
                                                                                                                            So wie Du das schreibst, klingt sogar eine Kreuzfahrt irgendwie reizvoll!

                                                                                                                            Gute Besserung, und lies Homo Faber nicht so arg mit dem Kopf...

                                                                                                                            Gruß,

                                                                                                                            Claudia

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              Erfahren
                                                                                                                              • 22.10.2014
                                                                                                                              • 350
                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                              AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                                              Satzfetzen, hingeworfen.
                                                                                                                              Und doch erzeugen sie Bilder, besser als lange Ausführungen. Beeindruckend.
                                                                                                                              Aber auch bedrückend. Mir wird klar, eine Krankheit würde mich vielleicht verändern. Wie?
                                                                                                                              Versöhnlich - es bleibt das Vermögen die schönen Dinge zu entdecken, auch wenn sich die Art der Wahrnehmung transformiert.

                                                                                                                              Vielen, vielen Dank für dieses Leseerlebnis.
                                                                                                                              Jürgen

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Freak

                                                                                                                                Liebt das Forum
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                                                                                                                                • 31757
                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                AW: [ES, IT] Wenn Grenzen verschwimmen - Mallorca und das Mittelmeer

                                                                                                                                @Paddolf
                                                                                                                                Ja, die Wahrnehmung wird verändert. Sie wird intensiver. Wäre ich auf einer normalen Outdoorradtour gewesen, hätte ich wohl kaum Gaudi gesucht und gefunden. Da überwiegt dann eher der Tourenalltag oder die Beschreibung der Strecke.

                                                                                                                                @blauloke
                                                                                                                                Nun, eine Rakete wird es wohl nicht werden. Mal schauen, was mir noch so einfällt... Aber ich befürchte auch, dass die Steigerungsmöglichkeit begrenzt ist. Friedhöfe besuche ich auch sehr gerne, aber ich bin doch sehr zurückhaltend, wenn ich Angehörige treffe, welche die Gräber pflegen.

                                                                                                                                @Luckes und Buzzer
                                                                                                                                Danke schön.

                                                                                                                                @Waldhexe
                                                                                                                                Ebenfalls danke.
                                                                                                                                OT: Kinder bis 15 Jahre fahren in der Nebensaison kostenlos mit

                                                                                                                                Homo Faber habe ich nun bis zu der Stelle gelesen, wo ich IMMER aufgehört habe (den Rest habe ich wie üblich grob quergelesen): Wo er mit seiner Tochter eine Beziehung eingehen will/eingeht. Weil dieses Buch nämlich völlig konträr zu meiner eigenen "Gedankenwelt" ist. Die einzigen beiden Menschen, die Verantwortung übernehmen oder menschliche Züge zeigen, sterben. Das fand ich schon in jungen Jahren furchtbar. Mir ist da einfach zuviel Tod, Verwesung, Egozentrismus, Kaputtheit, Nachlässigkeit und brutales Schicksal dabei. Der Schreibstil gefällt mir, aber der Inhalt macht mir Alpträume - damals wie heute. Das zum Thema Homo Faber.


                                                                                                                                Und weil Griffon so nett war und mir die Vögel herausgesucht hat, verweise ich mal auf ein paar seiner Korrekturen, die ich nachträglich in den Text eingefügt habe:

                                                                                                                                - Die Raubvögel waren Rotmilane.
                                                                                                                                - Das Rotkehlchen ist ein Braunkehlchen.
                                                                                                                                - Der gelbe Vogel war vermutlich eine Goldammer
                                                                                                                                - Die braunen Vögel und kleinen Freunde waren Haussperlinge (Spatz)
                                                                                                                                - Der glitzernde Schwarm waren Kiebitze
                                                                                                                                - Der von mir als Fischreiher titulierte weiße Vogel war ein Seidenreiher
                                                                                                                                - Die Touristenvögel in Platja waren Lachmöven
                                                                                                                                - Die schwarzen Vögel in Palma waren Kormorane.
                                                                                                                                Zuletzt geändert von Torres; 22.02.2015, 19:45.
                                                                                                                                Oha.
                                                                                                                                (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                  Neu im Forum
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                                                                                                                                  • 8
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                                                                                                                                  Trifft vielleicht nicht direkt auf Mallorca zu aber immerhin zum Thema Mittelmeer..ich finde es gibt in Europa selten so schöne badestrände wie auf Formentera

                                                                                                                                  Kommentar