• Enja
    Alter Hase
    • 18.08.2006
    • 4869
    • Privat


    Die Donau entlang

    Tourentyp Radreise
    Breitengrad 48.709087869
    Längengrad 11.195068359
    Nach und nach möchte ich die Donau bis zum Delta auf dem Donau-Radweg erkunden. Deshalb stelle ich den Bericht schon einmal prophylaktisch unter "Europa" ein. Bis "wir" Tulcea erreichen, könnte es etwas dauern. Sozusagen zur Einleitung möchte ich schon einmal von den beiden ersten Etappen berichten. Fangen wir also in Donaueschingen an und gucken mal, wie es voran geht. Nichts für Puristen. Das wird ein übles Section-Gehike.

    2.6.2013

    Samstag. Es regnet in Strömen. Seit Tagen. Wir fahren nach Donaueschingen, um ein Stück die Donau abwärts zu fahren. Ab Sonntag ist ein Nachlassen der Regenfälle und dann für die Woche strahlender Sonnenschein angesagt. Darauf bauen unsere Pläne auf. Tatsächlich hört es am späten Nachmittag auf zu regnen. Es trieft natürlich alles. Wir fahren auf den Campingplatz am Riedsee. Er wird von Dauercamping-Residenzen dominiert. Leute wie wir sind offensichtlich nicht sehr willkommen. Obwohl es auch höher gelegene Flächen gibt und praktisch kaum jemand anwesend ist, müssen Zelte natürlich auf die Zeltwiese. Am tiefst gelegenen Punkt. Bei jedem Schritt sackt man bis über die Schuhe in den Schlamm ein. Auch das Auto muss in den Schlamm. Die asphaltierten Flächen sind potenziell anreisenden Wohnmobilen vorbehalten.

    3.6.2013

    So sind wir froh, am nächsten Morgen abreisen zu dürfen. Wir parken unser Auto auf einem öffentlichen Parkplatz in Bahnhofsnähe. Die Brigach, einer der beiden Donau-Quellflüsse fließt dran vorbei, beladen unsere Räder und – los.
    Die Brigach entlang geht es zur Donauquelle. Genau wie im letzten Jahr ist sie, da rundum Baustelle, nur von weitem zu sehen. Durch den Schlosspark erreichen wir den Donau-Radweg und folgen ihm stadtauswärts. Die Landschaft ist zunächst einmal sehr offen. Der Weg ist vorbildlich ausgeschildert. Einige Sonntags-Ausflügler sind unterwegs. Die noch junge Donau ist reichlich gefüllt und schlägt fröhlich Haken. Die grünen Hügel laufen flächig talabwärts aus. Das sind keine Rinnsale mehr, die sich da bewegen. Das ist eine Wasserschicht. Sollte das etwa ein Hochwasser werden?

    Hinter Immendingen kommen wir an die Donauversinkung. Hier kann man etwa die Hälfte des Jahres im Flussbett spazieren gehen, da die Donau über ein Höhlensystem Richtung Rhein verschwindet und sich danach erst wieder durch neue Zuläufe auffüllen muss. Es gibt einen Kiosk. Eine Zeltgelegenheit. Einen Kinderspielplatz. Und einen Fußweg zur Versinkung. Weit können wir ihm nicht folgen, da er überflutet ist. Da müssen wir wohl noch mal wiederkommen.

    Ein Stückchen weiter steht eine Abschrankung auf dem Weg. „Hochwasser“. Neugierig fahren wir weiter. Wie die anderen Radler auch. Etwa 100 m weiter steht der Weg unter Wasser. Wir kehren um, wechseln auf die Straße oben drüber und sehen von dort aus, wie der Weg jetzt über weite Passagen unter Wasser steht. Wir erreichen Möhringen über die Autostraße, können dort aber wieder auf den Radweg direkt an der Donau wechseln. Er liegt hoch genug, wenn auch direkt am Fluss. Das ist natürlich schöner.

    Hinter Tuttlingen ist der Radweg überflutet. Wieder geht es auf die Autostraße. Die Hügel sind jetzt höher und dichter zusammen gerückt. Wir mühen uns aufwärts. Die Autostraße ist auch unangenehm stark befahren. Auf Mühlheim zu treffen wir auf eine einheimische Familie zu Rad. Sie meinen, es gäbe kein Hochwasser. Wir wären unsinnigen Hinweisen auf den Leim gegangen und könnten beruhigt ins Tal zurück. Zunächst einmal erreichen wir aber, da wir nun schon einmal so weit oben herumkurven, das Mühlheimer Schloss und die historische Oberstadt, ein ausgesprochen idyllisches Eckchen, das wir ganz für uns haben. Wir kochen uns am Brunnen vor dem Rathaus einen Kaffee.

    Jetzt wird das Tal eng. Der Radweg ist tatsächlich nicht überflutet, da er weit oben liegt. Viele Radler und Wanderer sind unterwegs. Der Naturpark Obere Donau ist wunderschön. Der Fluss schlängelt sich durch das enge Tal. Oben ragen spektakulär die Felsen aus dem Wald. Es gibt schöne Picknickplätze. Und oben auf den Bergen thronen diverse Burgen und Schlösser. Die Straße ist weit weg, so dass man keinen Autoverkehr mehr hört. Eine Strecke zum Träumen. Wir können uns kaum satt sehen. Der Weg ist in weiten Teilen unbefestigt und durch die starken Regenfälle ziemlich ausgespült. Trotzdem aber noch problemlos befahrbar.

    Von oben kommen wir zum Kloster Beuron. Dessen Kirche statten wir natürlich einen Besuch ab. Rundum gibt es diverse Gaststätten, Andenkenläden, ein Pilgerbüro – alles, was man so braucht und noch mehr. Sehr hoch oben drüber sieht man die Burg Wildenstein. Mit Jugendherberge. Gut, dass wir unser Zelt dabei haben. Einen ausführlichen Stop machen wir an der Kapelle St. Maurus. So eine Jugendstil-Kapelle im Wald mit Quelle davor – das hat was. In Hausen gibt es einen Campingplatz, der uns empfohlen wurde. Der steht unter Wasser.

    Immer noch ist die Landschaft beeindruckend. Es sind jetzt weniger Radler und Wanderer unterwegs. Viele sind in Beuron in den Zug gestiegen. Die anderen sitzen offensichtlich alle im Biergarten der Neumühle. Jedenfalls könnte man den Eindruck haben. Der Donau-Radweg führt hier direkt über den Hof. Und zwischen all den Schildern übersehen wir einen Zettel auf dem steht, dass der Radweg ab hier überflutet und nicht mehr befahrbar ist.

    An Gutenstein kommen wir noch vorbei. Wir kommen an die Schmeie. Wohl normalerweise nur ein kleines Flüsschen. Wenn überhaupt. Jetzt tost das Wasser gewaltig. Die überschwemmten Radwegstücke werden immer länger. Das Wasser tiefer. Bis wir schließlich bis zum Hintern drinstehen, während wir die Räder längst schieben. Irgendwann geht es nicht mehr weiter. Überall um uns herum ist Wasser. Oben über das enge Tal führt eine Straßenbrücke. Aber wie kommt man da rauf? Wir rufen einen Spaziergänger, der von oben auf die Fluten guckt. Er lotst uns aus der Patsche. Wir müssen zwar fast senkrecht den Berg hoch, sind aber reichlich froh, als wir oben angekommen sind.

    Nun geht es trocken über die Straße nach Sigmaringen. Bald passieren wir ein Gewerbegebiet und folgen den Wegweisern zum Campingplatz, der glücklicherweise nicht überschwemmt ist. Wir werden freundlich aufgenommen – trotz des vielen Schlamms, den wir mitbringen. Und treffen hier viele Radfahrer, die alle schon mehr oder weniger durchnässt sind.
    Zuletzt geändert von Enja; 13.10.2013, 14:49.

  • Enja
    Alter Hase
    • 18.08.2006
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    #2
    AW: Die Donau entlang

    4.6.2013
    Dank eines geliehenen Heizlüfters sind unsere Sachen, speziell die Schuhe wieder trocken. Wir haben uns informiert – der CP hat W-lan – und festgestellt, dass die Donau erheblich Hochwasser führt. Viele Flächen überschwemmt sind. Und das wir offensichtlich im Moment gleich auf mit der Scheitelwelle sind. Wir beschließen, unser Tempo soweit zurückzuschrauben, dass wir deutlich hinter dem Scheitel zurückbleiben. Und ansonsten auf uns zu kommen lassen, ob es mittelfristig Sinn macht, weiterzufahren oder nicht.

    Wir frühstücken ausgiebig, packen zusammen und besuchen das Sigmaringer Hohenzollernschloss. Wie viele andere auch. Die Führungen drängeln sich. Trotzdem lohnt sich der Besuch. Wir erfahren viel Interessantes. Und von hier oben hat man eine ausgezeichnete Aussicht über die Wasserwelten unten im Tal.
    Irgendwann durchqueren wir die Stadt in Richtung Donau-Radweg, stehen aber gleich wieder vor einer Hochwasser-Sperre. Alternativ geht es den Hang hinauf – oben rum. Ein Anwohner meint, wir sollten oben nicht gleich die erste Abfahrt nach Sigmaringendorf nehmen, sondern dort weiter fahren. Mindestens bis Mengen. Über eine Nebenstraße erreichen wir – aufwärts durch den Wald – oben eine stärker befahrene Straße, die aber einen Radweg hat, der auf Abstand geführt wird. Es ist schön hier. Das Wetter angenehm. Die Vögel zwitschern. Es geht ein bißchen auf und ab, aber gut fahrbar. Wir erreichen die Zielinger Seen. Begleiten sie ein Stück. Passieren ein Kieswerk. Und kommen auf Mengen zu. Mengen scheint recht hübsch zu sein, ist aber gerade in eine Großbaustelle verwandelt. Die Straßen sind tiefe Abgründe. Die Autos werden umgeleitet. Der Lärm ist ohrenbetäubend.

    Wir schieben unsere Räder über den Fußweg. Was auch gar nicht so einfach ist. Wir kehren in einer Bäckerei ein zwecks zweitem Frühstück. Wer weiß, was der Tag noch so bringt. Zunächst einmal Regen, als wir wieder vor die Tür kommen. Es nieselt. Regenjacke über. Nein, doch nicht, es schüttet. Unter einem Vordach ziehen wir unsere Ponchos über. Die Hände frieren. Da hätte ich doch Handschuhe mitnehmen sollen. Wir ziehen uns die Kapuzen ins Gesicht und machen uns tapfer auf den Weg.

    Über die Bundesstraße geht es auf die Donau zu und direkt vor der Brücke rechts ab in eine feuchte Wiesenlandschaft. Während wir noch überlegen, ob dieses Unternehmen wohl Aussicht auf Erfolg hat, treffen wir auf ein französisches Ehepaar, das auch nicht besonders begeistert aussieht. Schließlich brechen wir tapfer auf. Schließlich ist keine Hochwassersperre dran. Immer schön gegen Wind und Regen über die Wiesen. Wir durchqueren einige sehr große und tiefe Überschwemmungsstellen. Aber es geht. Wir kommen voran. So bleiben wir gerne unten im Flusstal, obwohl es auch eine Alternative über die Hügel gibt.
    Auf Riedlingen zu geht es über einen Damm. Die Donau steht sehr viel höher als das Umland, aber zumindest jetzt noch und in diesem Bereich halten die Dämme. Der Regen wird stärker. Die Donau rauscht gewaltig und droht über ihren Damm zu fließen. Oder gleich unter durch. Wir überlegen, in Riedlingen zu übernachten. Der dort ausgeschilderte Campingplatz erweist sich als Bauernhof. Und da ist keiner. Eigentlich ist es auch noch zu früh.

    Die Brücke in den Ort ist für Autos schon gesperrt, Fußgänger und Radfahrer dürfen noch drüber. Wir sehen uns im alten Ortskern um. Sehr hübsch. Aber im strömenden Regen ist das trotzdem ein zweifelhaftes Vergnügen. Wir kehren über die Brücke auf das rechte Ufer zurück. Der Donau-Radweg ist ab hier völlig überflutet. Einheimische empfehlen uns, die Straße mindestens bis Obermarchtal zu nehmen.

    So kommen wir in das übliche Gewerbegebiet. Das große M leuchtet und beschert uns Internet. Im großen A kaufen wir ein. Die Bundesstraße ist stark befahren und hat nur manchmal einen Radweg. Dabei geht es flott auf und ab. Wir kommen gut voran. In Datthausen kommt der Donau-Radweg herauf und wir folgen ihm nun ein bißchen abseits von der Straße. Wir entschließen uns, dem Radweg nach Rechtenstein zu folgen. Dort sind gleich zwei Campingplätze eingezeichnet. Durch den Wald und später an der Bahn geht es abwärts in Richtung Donau. Da der Weg erst am Ort die Bahn überquert, gehen wir mal davon aus, dass er nicht in den Gewässern verschwindet. Schnell sind wir in Rechtenstein. Mit der Burg obendrüber und der unten heftig gurgelnden Donau bietet er eine regelrechte Postkartenansicht. Wir treffen auf der Brücke einen Bewohner und fragen nach den Camping-Möglichkeiten. Er zeigt ins Wasser. Dort könne man normalerweise zelten. Und dann gäbe es noch einen Stellplatz für mehrere Dauercamper. War also wohl nichts.

    Wir checken in der Gaststätte ein. Spektakulär. Letzte Renovierung 1908. Das Gemeinschaftsbad müssen wir uns mit niemandem teilen, da wir die einzigen Gäste sind. Irgendwer hat mal den Clo-Deckel mitgehen lassen. Im Prinzip macht uns das nicht viel aus. Nur der Preis müsste dann angepasst sein.

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    • hosentreger
      Fuchs
      • 04.04.2003
      • 1406


      #3
      AW: Die Donau entlang

      Hallo,

      Deine Art des ... nenne wir es mal "selbst-distanzierten" Berichtens, das manchmal hart an der Grenze der Emotionslosigkeit steht - an Stellen, bei denen mir das S-Wort ganz vorne auf der Zunge liegt - gefällt mir ausgesprochen gut.
      Ich wartete eigentlich nur noch auf die Beschreibung des U-Bootes, das Euch im überfluteten Wiesengelände überholt hat ;=).

      Bin auf die Fortsetzung gespannt!

      hosentreger
      Neues Motto: Der Teufel ist ein Eichhörnchen...

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      • Enja
        Alter Hase
        • 18.08.2006
        • 4869
        • Privat


        #4
        AW: Die Donau entlang

        Das U-Boot kommt noch. Zunächst einmal war offensichtlich jede Schiffahrt eingestellt. Viel zu viel Strömung.

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        • EbsEls
          Erfahren
          • 23.07.2011
          • 436
          • Privat


          #5
          AW: Die Donau entlang

          Ich freue mich sehr auf diesen Bericht. Besonders der klare Berichtsstil lässt viel Raum für Fantasie, ich finde so'ne Berichte sehr gut.
          ... und es ist natürlich immer schön über bekannte Ecken zu lesen. Von Regensburg bis hinters Eiserne Tor kenne ich große Strecken. Dann weiter durch Bessarabien nach Odessa und "oben" rum heim, ich freue mich drauf.
          Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
          Eberhard Elsner

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          • Enja
            Alter Hase
            • 18.08.2006
            • 4869
            • Privat


            #6
            AW: Die Donau entlang

            5.6.2013

            Wir überleben die Nacht. Das Frühstück ist durchaus essbar. Wir wollen weiter nach Obermarchtal. Landen aber bald vor einer Hochwassersperre, so dass wir auf die Straße ausweichen. Das beschert uns ein paar zusätzliche Höhenmeter bis wir von oben nach Obermarchtal kommen. Das Kloster ist ziemlich eindrucksvoll. Wir besuchen die Kirche, in der Marie-Antoinette ihren Brautmantel gelassen hat und gehen ein bißchen auf dem Grundstück herum. Wenn man an der Rückseite hinunter zur Donau guckt, sieht man dort unten einige Häuser im Wasser stehen.

            Wir fahren über einen Hügel mit Soldatenfriedhof Richtung Untermarchtal. Dort treffen wir auf eine Donau-Radweg-Information und fragen gleich mal nach einem trockenen Weg nach Munderkingen, der uns auch genau beschrieben wird. Statt unten durch die Donauschlinge müssen wir weiter oben der Straße folgen. Zum Ausgleich kommen wir auf diesem Weg an der schönen Wallfahrtskirche Frauenberg vorbei. Hier bleiben wir ein Weilchen und lesen die Sagen, die sich darum ranken. Schlangen. Sehr spannend. Und hinter der Kirche gibt es eine schöne Aussicht auf Munderkingen.

            Heute scheint die Sonne. Es ist warm. Blauer Himmel. Das fühlt sich doch gleich ganz anders an. Wir kurven ein wenig durch die Munderkinger Gassen und folgen nun auch wieder dem Radweg. Nicht besonders donaunah führt er uns nach Rottenacker. Hier überquert der Weg die Donau, die spektakulär unter der Brücke durchrauscht und führt wieder durch die Auenlandschaft. Man darf gespannt sein, ob das gut geht. Uns ist es im Prinzip recht. Wir hätten gerne mal ein Plätzchen für ein Picknick. An der Straße ist das nichts. Wir fahren an einigen Seen und dem unentbehrlichen Kieswerk vorbei, finden eine Bank im Grünen zum Picknick und erreichen Ehingen, wo wir Richtung Blaubeuren abbiegen wollen.

            In Ehingen ist lebhafter Betrieb im hübschen Zentrum und wir finden mühelos den Abzweig zur Variante Blauteil. Mit einigen anderen Radlern geht es leicht bergauf durch ein grünes Tal. Da es trainierende Triathleten ohne Gepäck sind, führt das bei uns mit unseren beladenen Reiserädern zu Allzeit-Höchstleistungen. Mehr oder weniger einer Bahnlinie folgend am Wald entlang. Blaubeuren ist bald erreicht. Wir essen am Blautopf ein Eis und bewundern das viele Wasser, das herausquillt. So richtig blau ist es nicht. Eher braun. Auch die Blau führt mächtig Hochwasser. Im Blaubeurener Kloster wird gerade das Landexamen geschrieben. Das kennen wir natürlich aus "Unterm Rad", aber in der Realität ist es uns bisher noch nicht begegnet. Spannend. Kloster und Städtchen sind ganz reizend. Wir können uns kaum trennen.

            Nun geht es die Blau entlang nach Ulm. Das Blautal ist eine sehr angenehme Abwechslung. Der Weg lässt sich gut fahren. Wir kommen rasch voran. Es ist Sommer. Die Blumen blühen. Beinahe zu schnell kommen wir auf Ulm zu. Und endlich. Als wir schon glauben, problemlos ins Zentrum zu kommen, treffen wir wieder auf überschwemmte Wegstücke. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auf die stark befahrenen Straßen auszuweichen. Wir orientieren uns am Ulmer Münster. Ulm ist fast ein bißchen zuviel. Wir sind jetzt doch eher an ländliche Idylle gewöhnt. Trotzdem statten wir dem Münster einen Besuch ab, bummeln durch die Fußgängerzone und durchqueren die Altstadt in Richtung Donau.

            Die Donau hatte hier den Uferweg überschwemmt. Nun ist er aber in Teilen schon wieder trocken, so dass sehr viele Schaulustige herumspazieren. Die Altstadt ist ganz reizend. Wir können aber nicht lange bleiben, da Ulm keinen CP hat. So müssen wir weiter. Vielleicht ein andermal. Die Donau entlang geht es nach Thalfingen, dann nach Elchingen und schließlich über die Autobahn wieder mehr in Richtung Donau. In Riedheim gibt es eine Zeltmöglichkeit auf dem Bauernhof. Das ist unser Ziel. Und so verlassen wir den Radweg in Weißingen und kürzen direkt nach Riedheim ab. Noch durch den Ort den Camping-Schildern nach – und siehe da, die Zeltmöglichkeit auf dem Bauernhof erweist sich als großer Freizeitpark. Ferienwohnungen. Zeltplatz. Dauercamper. Reiterhof. Streichelzoo. Hofladen. Mehrere Kneipen. Alles, was man zum Übernachten so braucht. Die Preise sind natürlich auch danach. Es ist wenig Betrieb. Wir genießen die Nacht im Zelt. Das ist uns eigentlich am liebsten.

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            • alpenblick
              Erfahren
              • 03.10.2007
              • 126
              • Privat


              #7
              AW: Die Donau entlang

              Hallo,
              Super schöner Bericht
              Ihr seid ja knapp an meiner Haustüre vorbeigefahren hätte ich das gewusst hätte ich euch meine Platz zur Verfügung gestellt
              Gruß
              Alpenblick
              " Wenn man die Natur wahrhaft liebt, so findet man es überall schön." Vincent van Gogh

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              • Enja
                Alter Hase
                • 18.08.2006
                • 4869
                • Privat


                #8
                AW: Die Donau entlang

                Ja, die Campingsituation war etwas suboptimal.....

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                • faule socke
                  Fuchs
                  • 27.04.2004
                  • 1077


                  #9
                  AW: Die Donau entlang

                  spannende tour - donauradweg mit hochwasser-zusatzhärte. was für eine idee.
                  auch ich mag deinen stil, trocken bis zur ironie und viele fakten-infos, gut geerdet mit einem leben lang reiseerfahrung.

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                  • Atze1407
                    Fuchs
                    • 02.07.2009
                    • 2425
                    • Privat


                    #10
                    AW: Die Donau entlang

                    Ja, kann man sagen. Sehr schöne Tour. Aber wo sind die Beweisfotos, schreiben kann ich auch viel wenn der Tag lang ist.
                    Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
                    Abraham Lincoln

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                    • Enja
                      Alter Hase
                      • 18.08.2006
                      • 4869
                      • Privat


                      #11
                      AW: Die Donau entlang

                      Guck mal auf das Datum. Ist noch ein bißchen früh.

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                      • heron
                        Fuchs
                        • 07.08.2006
                        • 1745


                        #12
                        AW: Die Donau entlang

                        Ich warte noch bis der Reisebericht voll ist und ihr bei mir direkt an der Haustür vorbeikommt - vielleicht radel ich dann ein bisschen mit auf meiner Hausstrecke ;)
                        Ich habe keine grossen Ambitionen. Still sitze ich und betrachte wohlgemut das Gewimmel der Welt.
                        Ich benötige nur so viel, wie ich mir ohne Anstrengung und Demütigung beschaffen kann. (György Bálint)

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                        • Enja
                          Alter Hase
                          • 18.08.2006
                          • 4869
                          • Privat


                          #13
                          AW: Die Donau entlang

                          6.6.2013

                          Gut erholt starten wir in den Tag. Das erste Ziel ist Günzburg. Schon auf dem Weg dorthin sehen wir, dass die Variante direkt an der Donau überschwemmt ist. Wir schieben also unsere Räder erst einmal durch das sehr ansehnliche Günzburg und besuchen die dortige Frauenkirche, um hinterher in Richtung Hügel-Variante weiterzufahren.

                          Wir verlassen Günzburg also über Reisensburg. Leider, ohne einen nennenswerten Lebensmittelladen zu passieren. Stattdessen geht es flott bergauf und oben bergauf und bergab in Richtung Offingen. Der Blick über die Landschaft ist recht ansprechend. Wir kommen an einem Aussichtsturm vorbei. Und sehen immer wieder auf das Kernkraftwerk Grundremmingen. In Offingen geht es abwärts an die Donau und über die Brücke. Hier liegt sie ganz brav in ihrem Bett. Wir picknicken am Ufer.
                          Der Donauradweg verlässt nun das Ufer sofort wieder und folgt eher der Bahn nach Peterswörth. Wir haben die Straße für uns allein, aber die Landschaft ist doch recht wenig inspirierend. Durch Peterswörth geht es nach Gundelfingen, wo der Radweg eine Stadtrundfahrt unternimmt. Neben dem hübschen Örtchen geht diese auch an diversen Supermärkten und Discountern vorbei, was uns gelegen kommt. Wir füllen unsere Vorräte wieder auf.

                          Weiter geht es über Echenbrunn nach Faimingen mit seinem Römertempel, den wir uns gerne genauer ansehen. Es ist inzwischen so warm, dass wir gerne mal eine Pause im Schatten machen. Die Variante an der Donau entlang ist wieder mal wegen Hochwasser gesperrt. Es geht also die stark befahrene Straße entlang nach Lauingen. Bald haben wir genug von Verkehr und Gestank. Aber da müssen wir nun durch. Die Donau-Aue ist weiterhin überschwemmt. Uns bleibt nur die Straße. Über Hausen nach Dillingen. Über Steinheim nach Höchstädt. Der Lärm, der Staub und die Hitze machen uns zunehmend unempfänglich für etwaige nette Stufengiebel, Kirchtürme oder Fachwerkhäuser.

                          So freuen wir uns, in Höchstädt endlich abbiegen zu dürfen. Wenn wir auch die diversen in der Karte neben dem Radweg eingezeichneten blauen Flecken etwas misstrauisch besehen. Hoffentlich ist die Strecke auch befahrbar. Zunächst einmal geht es am Höchstädter Schloss vorbei über einige Wege, die eher nach Fuß- als nach Radweg aussehen. Aber die Ruhe ist himmlisch. Und die Atemluft auch. Um einige Seen fahren wir nach Sonderheim und treffen dort wieder auf eine Straße, aber doch nun eine Nebenstrecke. Rasch ist das freie Feld nach Blindheim überquert. Dort biegen wir in Richtung Gremheim ab. Absolvieren dort die von der Ausschilderung vorgeschriebene Ortsrundfahrt, um am Ortsausgang auf die Donau zu treffen, die wir auf der Autobrücke überqueren.

                          Wir folgen jetzt einer mittelprächtig befahrenen Straße mit einem begleitenden Radweg, der einen Haken zu einer Mühle schlägt und dann wieder zur Straße zurückkehrt. Irgendwann biegen wir in eine kaum befahrene Straße in Richtung Donauwörth ab. Dort wollen wir beim Kanuclub zelten. Wir zickzacken durch eine weitläufige Auenlandschaft, in der vereinzelt Gehöfte liegen, deren Namen alle auf Schwaige enden. Große Protestplakate „Herr, schick Hirn“ weisen daraufhin, dass die Gegend als Flutrückhaltebecken vorgesehen ist, wofür man all diese idyllischen Gehöfte wohl abreißen möchte. Die Straße führt uns sicher und trocken durch. Aber rundum steht viel Wasser. Sehr viel Wasser.

                          An Zusum vorbei geht es auf Donauwörth zu. Theoretisch müssten wir jetzt die Donau überqueren, aber die Zufahrt steht unter Wasser. Wir müssen auf dem rechten Ufer weiter. Eine Straße führt auch noch drüber. Aber hier sind Fahrräder verboten. Wir folgen weiter dem rechten Ufer und müssten nun eine Bahnlinie queren. Es gibt mehrere Durchlässe, die stehen aber alle unter Wasser. Was nun? Einen weiten Umweg fahren? Wir sind müde. Die Alternative heißt bei uns und etlichen anderen Radlern längst „Socken aus und durch“. Einfach in so eine Wasserfläche hineinsausen, wenn man nicht weiß, wie tief da Wasser steht und wie der Untergrund ist, ist schlecht. Ich ziehe also meine Socken aus, kremple die Hose hoch und freue mich mal wieder über meine praktischen Gummi-Fahrradsandalen. Ich schiebe durch, aber das Wasser steht mal wieder bis zur halben Höhe der Packtaschen.

                          Auf der anderen Seite liegt Donauwörth mit einer befahrbaren Brücke über die Donau. Wir durchqueren die malerische Altstadt und finden dank Navi problemlos den Kanu-Club, der leider wie ein U-Boot-Club aussieht. Also nichts mit Zelten. Hier ist alles überschwemmt. Da gibt es nur eins. Weiter nach Marxheim mit seiner Campinggelegenheit. Es ist inzwischen 20 Uhr. Also nichts wie los.

                          An der Donau ist nichts zu wollen. Überall glitzern die Wasserflächen in der Abendsonne. Wir folgen also tapfer der Straße in die Hügel. Es geht ordentlich aufwärts nach Altisheim und nach Leitheim am Schloss vorbei. Immer wenn wir denken, dass wir oben sind, sehen wir eine neue Steigung. Und sobald es durch einen Wald geht, fallen die Mücken über uns her. Solange wir schnell genug sind, kriegen sie uns nicht. Aber wenn es zu steil wird, sind sie da. Ich habe noch nie so schnell mein Autan gefunden.

                          Schließlich kommen wir über den Schlossberg auf Marxheim zu. Der Gasthof mit der Campinggelegenheit liegt an der Durchgangsstraße und ist völlig überfüllt. Im „Radlstadl“ stehen viele, viele Räder, der Gasthof ist ausgebucht samt Holzhüttchen auf die wir ein bißchen gezählt hatten. Wir müssen also in der einbrechenden Dunkelheit noch unser Zelt aufbauen, wofür man uns einen Rasenstreifen am Parkplatz zuweist. Dazu gehört ein nettes Gartenhüttchen, in dem wir schließlich im Schein unserer Helmlampen gemütlich tafeln. Zwischen unserem Refugium und dem Gasthof liegt ein Pferdestall, in dem es eine Tür mit der Aufschrift „Duschen“ gibt. Duschmarken haben wir erworben. Ich öffne also hoffnungsvoll diese Tür und stehe in einer Autowerkstatt. Campinggäste dürfen deren Toilette und Dusche nutzen. Ich grüße freundlich die beiden fleißigen Mechaniker und erreiche freudig die Dusche. Mal was anderes.

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                          • rumtreiberin
                            Alter Hase
                            • 20.07.2007
                            • 3236


                            #14
                            AW: Die Donau entlang

                            Klasse, ich mag diese ironische bis sarkastische Schreibe.

                            Und ich kann mich noch nicht entscheiden ob dabei Bilder eher ablenken würden oder ob sie das was der Text vermittelt noch unterstreichen und illustrieren würden.

                            Einen Teil des oberen Donautals kenne ich, da ich mal einen Arbeitgeber hatte der mich öfter im weiteren Ulmer Umland von Günzburg über Ehingen bis Sigmaringen herumgescheucht hat, und sich dabei ein paar Gelegenheiten ergaben in Tages- oder auch nur ein bis 5stündigen Leerlaufzeiten mal hier ein kloster, mal da ein städtchen anzusehen oder einfach einen kleinen Wanderweg für ein paar stunden mit Tagesrucksack zu begehen. Leider gabs keine Gelegenheit das ganze mal von der Wasserseite aus anzusehen, hatte ich Zeit ließen die strengen befahrungsregeln besonders auf dem Gebiet des Kreises Sigmaringen keine Chance, entweder die Kontingente waren ausgeschöpft, oder der Pegel war zu niedrig... irgendwas war immer.

                            Insgesamt ist es eine schöne Gegend. Als ich diese Landschaft das erste Mal gesehen habe, fiel mir sofort die Ähnlichkeit mit Flußtälern im ehemaligen Jugoslawien auf - aber erst als mir bei einem Besuch im Urzeit-Museum und im Heimatmuseum in Blaubeuren (beide wirklich sehenswert,mit niedrigen Einzelpreisen und engagiert aufbereiteter Regionalgeschichte) klar wurde, daß auch die Schwäbische Alb eine Karstlandschaft mit vielen Höhlen ist, verstand ich warum ich trotz der doch so unterschiedlichen Vegetation auf diese Idee gekommen war.

                            Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, und die weiteren Eckchen der Donau die ich schon ein bißchen kenne - es macht Spaß zu sehen wie andere eine Gegend wahrnehmen.

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                            • Enja
                              Alter Hase
                              • 18.08.2006
                              • 4869
                              • Privat


                              #15
                              AW: Die Donau entlang

                              Glaub mir. Fotos ergänzen das nicht. Allzu "private" stellen nur wenige Menschen ins Internet. Und die Landschaft ist sozusagen schon tot fotografiert.



                              7.6.2013

                              Gleich hinter Marxheim ist die Straße gesperrt. Kein Hochwasser. Baustelle. Wir schlagen uns durch bis zum Abzweig des Radwegs und durchqueren den Wald um auf der anderen Seite die Straße wiederzufinden. Nun frisch erneuert. Weiter über Hügel auf Hügel geht es Richtung Neuburg. Nach einiger Plackerei sehen wir es auf der anderen Seite der Donau liegen. Eine eindrucksvolle Skyline. Wir waren schon einmal hier, laufen aber trotzdem durch die Altstadt und statten Kirche, Kapelle und Schloss einen Besuch ab. Von der Schlossterasse aus hat man einen schönen Ausblick über die Donau und im Hof beeindrucken die mit Sgrafittos verzierten Fassaden.

                              Von der Ortsmitte aus führt eine kerzengerade Straße zum Jagdschloss Grünau. Das hört sich idyllisch an und wäre es bestimmt auch, wenn man hier nicht eine Überdosis Gewerbe, Industrie und Discounter angesiedelt hätte. Wir absolvieren diesen Parcours also zügig. Am Kreisel kreuzt eine weitere Straße, geradeaus Richtung Schloss geht es nun auf einen Waldweg. Das Schloss ist sehr hübsch, wie es so daliegt, aber in Privatbesitz. Perfekt renoviert. Mit Video-Überwachungsanlage. Der Radweg führt halb drumherum und dann durch eine wunderschöne Auen-Landschaft weiter nach Rohrenfeld. Dort sehen die Gebäude auch alle sehr historisch und sehr luxuriös aus. Hier liegt ein Golfplatz mit zugehörigen Hotels etc. Ein Edel-Dorf sozusagen.

                              In weitem Bogen durch den Wald geht es nach Weichering, ein Stück die Bahn entlang, wieder durch den Wald und schließlich auf einem Damm auf Ingolstadt zu. Die Stadtmitte erreicht man auf einem umgrünten Weg die Donau entlang. Nach Überquerung der Brücke steht man vor dem historischen Kern. Einen solchen hätte ich in Ingolstadt gar nicht vermutet. Wir absolvieren also auch hier eine Stadtrundfahrt und statten verschiedenen Kirchen einen Besuch ab. Am Schloss entlang erreichen wir wieder das Donau-Ufer, dem man hier ohne nasse Füße folgen kann.

                              Irgendwann steht der Weg wieder unter Wasser, so dass wir auf den Damm daneben wechseln. Erstmalig fällt uns hier die Flusskilometrierung auf. Noch 2400 km bis Tulcea. Eigentlich ist das nicht so weit. Bei Großmehrung geht es mal wieder über die Brücke auf die andere Seite. Die Donau in all ihrer Wucht ist beeindruckend. Ab und zu gibt es Wehre mit Schleusen, wo die braunen Wassermassen gewaltig abwärts stürzen und die Schleusen im Moment nicht anfahrbar sind. Am anderen Ufer geht es mal oben auf dem Deich weiter, manchmal unten daneben. Die Donau liegt hoch über dem Umland. Unten aus dem Deich sickert Wasser. In meiner Heimat nennt man das „der Deich weint“. Ein gutes Zeichen ist das nicht. Auf der rechten Seite fließt parallel ein schmalerer Fluss, der auch sauber kilometriert ist. Nur mit km eher im Bereich von unter 10. Und wohin man auch sieht, ist die Landschaft überschwemmt.

                              Vohburg sieht hübsch aus von weitem. Und trocken. Es liegt hoch genug. Wir haben gerade keine Lust auf eine Ortsbesichtigung und gehen lieber ein Eis essen. Man sitzt hier schön am Fluss. Wir fragen die Kellnerin wie es denn mit dem weiteren Weg aussieht. Sie hat aber keine Ahnung. Also müssen wir so weiter ins Blaue. Der Deich führt jetzt nah am Parallelfluss entlang. Zwischen Donau und Radweg liegt ein Auenwald. Er ist komplett überschwemmt und erinnert mich an die Mangrovensümpfe in Afrika. Die Sonne scheint. Die Farben sind fantastisch. Alles glitzert und strahlt. Ein Schild weist darauf hin, dass die Fußgänger unter den Wildtieren so eine Situation ziemlich ungünstig finden und wir sie nicht erschrecken sollen. Endlos geht es durch die Wasserwelt.

                              Der Weg führt jetzt wieder in Sichtweite der Donau dahin. Als wir die Straße zwischen Neustadt und der Donau kreuzen wollen, geht es nicht mehr weiter. So weit man sehen kann, ist der Radweg überschwemmt. Wir müssen ausweichen nach Bad Gögging. Dort wird es unübersichtlich. Hier führt zwar auch eine Variante des Donau-Radwegs durch, der wir zu folgen versuchen. Aber nun ist sogar die Straße gesperrt. Wir müssen eine höher gelegene nach Eining nehmen. Mal abgesehen davon, dass der Tag schon lang ist und die Beine müde, ist das keine schlechte Idee. Von oben hat man einen weiten Blick über die Landschaft. Und das viele Wasser.

                              Kein Gedanke dran, in Eining wieder auf der Radweg zu wechseln. Man kommt nicht einmal in seine Nähe. Auch die Straße nach Staubing ist gesperrt. Wir stehen vor der Sperre und packen unsere Karten aus. Ein paar Einheimische kommen dazu. Die Kommunikation ist etwas kryptisch. „Kann man da fahren?“ „Da kann man fahren. Mit dem Fahrrad könnt ihr da fahren.“ „Aber es ist doch gesperrt?“ „Mit dem Fahrrad geht das.“ „Warum ist dann gesperrt?“ „Ist halt unangenehm dort zu fahren. Wegen der vielen Autos.“ Gut, das drehte sich irgendwie im Kreis. Erschwert noch durch das intensive Bayrisch unserer Gesprächspartner. Für eine gesperrte Straße fuhren da allerhand Autos. Warum sollten wir das nicht tun? Könnte sein, dass wir umkehren müssen. Das macht dann auch nichts. Campingplätze in erreichbarer Nähe gibt es nicht. Und wo wir uns ein Zimmer suchen, ist egal.

                              Es geht aufwärts. Es geht ordentlich aufwärts. Ein Wald ist auch mal wieder in Sicht. Ich zücke also schon mal die Autan-Flasche. Und vom Umkehren ist nicht mehr die Rede. Dann müssten wir noch einmal über den Berg. Wir fahren an Staubing vorbei. Das sieht ziemlich abgesoffen aus. Abzweigungen von unserer Straße führen ins Wasser. Und wenn von den Verkehrsschildern nur noch die runden Scheiben zu sehen sind, mache nicht einmal mehr ich den Vorschlag, da durchzuschieben. Direkt dahinter liegt Weltenburg.

                              Hier hat man offenbar eine Schlacht geschlagen. Und hier kommen Autos auch definitiv nicht mehr weiter. Schweres Gerät steht kreuz und quer herum. Man hat über die Straße einen Schotterdamm gezogen. Oben drauf liegen Sandsäcke. Aber jetzt ist es friedlich. Im Damm gibt es einen Durchlass für uns. Und davor spielen die Kinder im Wasser der überschwemmten Wiesen in der Abendsonne. Zur Donau hin wird der Ort von einer stählernen Flutmauer geschützt. Aber das Wasser kam offensichtlich irgendwann auch außen herum. Die Flutmauer ist provisorisch aufgestockt. Und oben drauf liegen noch Sandsäcke. Die Donau steht bis Oberkante Unterlippe. Quer über die Straße zum Kloster geht ebenfalls eine solche Flutmauer. Da ist Schluss für uns. „Morgen kommt ihr hier durch. Gleich in der Früh bauen wir das ab,“ trösten uns die Feuerwehrleute, die gerade fröhlich und entspannt in den Feierabend starten.

                              Wir beschließen das Gaststättengewerbe in Weltenburg zu sichten. Ein Gasthof, zwei Pensionen. Besonders groß ist die Nachfrage nach Gästebetten im Moment wohl nicht. Wir kommen wunderbar in einer der Pensionen unter. Es ist still. Kein Wunder, heute autofreie Zone. Wir haben einen schönen Blick über das Tal. Und sehr nette Wirtsleute, die uns mit allem versorgen, was wir brauchen. In erster Linie also mit Weltenburger Klosterbier.

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                              • rumtreiberin
                                Alter Hase
                                • 20.07.2007
                                • 3236


                                #16
                                AW: Die Donau entlang

                                Mir ging es nicht darum private Bilder von dir oder deinen Mitreisenden zu erbitten. Das steht niemandem zu, und das darf und muß jeder Reiseberichtschreiber für sich entscheiden welche Bilder er veröffentlichen will oder nicht.

                                Aber Hochwasserbilder haben für mich eine seltsame Faszination. Nicht dann, wenn sie voyeuristisch das Leid der betroffenen Leute darstellen wie es oft genug über die Bildschirme flimmert. Aber dann, wenn die Kraft des Wassers sichtbar wird, wenn die verblüffend veränderte Landschaft einer überfluteten Aue in der irgendwelche Pflanzen doch noch rausschauen gezeigt wird, oder absurde Dinge wie Parkbänke mit Fußbad und fließender Bierkühlung

                                Hochwasser verändert eine Landschaft - und MIT Hochwasser ist diese Landschaft eben nicht dieselbe wie die tatsächlich totfotografierte Landschaft "ohne".

                                Manchmal ist es auch eine besondere Lichtsituation, eine Wolkenformation, ein regenbogen, der ein Bild einer vielfotografierten Location doch wieder zu etwas besonderem macht, das die stimmung dieser besonderen Reise transportiert.

                                Ich hoffe nun ist deutlicher was ich meinte.

                                Und ich werde sicher auch dann weiterlesen, wenn du keine Bilder postest

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                                • Enja
                                  Alter Hase
                                  • 18.08.2006
                                  • 4869
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: Die Donau entlang

                                  Verstehe, was du meinst. Weiß aber nicht, ob solche Bilder dabei sind. Im Moment habe ich sie selber noch nicht gesehen.

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                                  • rockhopper
                                    Fuchs
                                    • 22.04.2009
                                    • 1239
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: Die Donau entlang

                                    "Und die Landschaft ist sozusagen schon tot fotografiert."..Zitat.

                                    Sehr interessanter Bericht! Klasse geschrieben.
                                    Ich vermisse auch ein paar Fotos. Ich bin die Donau auch schon rauf und runter gefahren.
                                    Allerdings nur bis Hainburg, und das war vor über 20 Jahren.
                                    Habe mir auch schon überlegt, den Donau Radweg noch einmal zu fahren, um andere Eindrücke zu gewinnen.

                                    Beim Fotografieren kommt es auf den Standpunkt und die Sehweisen an, ich denke, da gibt es immer noch Spielraum.

                                    VG Rena

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                                    • Enja
                                      Alter Hase
                                      • 18.08.2006
                                      • 4869
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: Die Donau entlang

                                      Sicher. Für "Qualitätsfotografie" hatten wir nicht so richtig Zeit.....

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                                      • Enja
                                        Alter Hase
                                        • 18.08.2006
                                        • 4869
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: Die Donau entlang

                                        8.6.2013

                                        Nach einem ausgiebigen Frühstück rollen wir hinunter ins Dorf. Die Sperre in Richtung Kloster ist schon abgebaut. Gestern war die Straße dahinter noch überschwemmt. Jetzt ist die Donau freundlicherweise in ihr Bett zurückgekehrt. Nur teilweise steht noch ein wenig Wasser auf der Straße. Sowas stört uns schon lange nicht mehr. Bald ist das Kloster erreicht. Hier ist die Feuerwehr noch dabei, die Schutzvorrichtungen zu entfernen. Das Tor in den Klosterhof ist frei. Die Schotten, die vor die Fenster im Erdgeschoss geschraubt werden, werden gerade abgebaut. Die Klostergebäude sind praktisch ihre eigene Flutmauer. Eine Wand ist eingerüstet. Im Gerüst hat sich ein halber Urwald verfangen.

                                        Im Klosterhof ist der übliche gigantische Biergarten aufgebaut. Dutzende Kellnerinnen im Dirndl harren der Besucherscharen. Wir sind aber erst einmal die einzigen. Wir gehen in die berühmte Kirche und sehen zu, wie die Morgensonne den heiligen Georg von hinten illuminiert. Die Lichtführung ist unglaublich schön. Lange sitzen wir hier und sind ganz verzaubert. So haben wir die Kirche noch nie gesehen. Irgendwann kommt eine Schulklasse und das künstliche Licht wird eingeschaltet. Vorbei ist es mit dem Zauber.

                                        Wir fragen, wie es mit der Schiffsverbindung nach Kelheim aussieht. „Kein Problem“, heißt es. Also besuchen wir noch die Kapelle oben über dem Tal. Von Kelheim her kommen noch mehr Schulklassen über den Berg gewandert. Inzwischen sind vier Radler eingetrudelt. Und plötzlich heißt es, das Schiff aus Kelheim sei angekommen und lege nun gleich wieder ab. Wir kaufen uns Tickets und radeln Richtung Anleger. Eine Wolke Tagesausflügler kommt uns entgegen. Der Anleger steht noch unter Wasser. Genauso wie die Straße dort hin. Für uns sind das inzwischen Peanuts. Wenige Minuten später stehen unsere Räder auf dem Schiff.

                                        Rasant kurvt das Schiffchen mit der Strömung durch den Donau-Durchbruch. Zu beiden Seiten ragen die Felsen hoch auf. Wir hatten vor, von Kelheim aus noch zurück zur Einsiedelei zu fahren. Aussichtslos. Da ist noch alles unter Wasser. Aber auf dem Boot herrscht schon wieder Urlaubsstimmung. Auch der Anleger in Kelheim liegt noch teilweise unter Wasser. Nach einer kurzen Runde durch die Stadt überqueren wir den Main-Donau-Kanal und folgen ihm aus Kelheim heraus.

                                        Bald treffen wir auf die Donau und bald hat auch das Hochwasser den Radweg wieder verschluckt, so dass wir auf die Straße wechseln müssen. Und ab geht es über den Hügel, der den Donaubogen ausfüllt und wieder hinunter nach Kapfelberg. Der Jachthafen sieht etwas desolat aus. Auf dem Campingplatz werkelt die Feuerwehr. Er stand offensichtlich zur Hälfte unter Wasser und ist jetzt mit Schlamm bedeckt. Die Wohnwagen hat man so weit wie möglich den Hang hinauf gezogen. Alles arbeitet an der Schlammbeseitigung. Ein Stück weiter gibt es noch einen Campingplatz. Wohl überwiegend für Dauercamper. Dort sind die Wohnwagen stehen geblieben und voll gelaufen. Auch hier wird fleißig gearbeitet.

                                        In Bezug auf Tiefstland-Durchquerungen sind wir nicht mehr sehr optimistisch und beschließen deshalb schon in Poikam auf die andere Seite der Donau zu wechseln und dort die Straße nach Bad Abbach zu nehmen. Kurz vor der Rampe zur Brücke treffen wir ein junges Paar aus England mit ihren Rädern. Sie sehen so aus, als ob sie schon jahrelang unterwegs sind und gleich am Anfang der Tour Kamm und Seife verloren haben. Sie wollen ans Schwarze Meer. Über die Strecke haben sie sich nicht informiert und fürchten jetzt die auf sie zukommenden Alpenpässe. Diesbezüglich können wir sie beruhigen.

                                        Der Radweg neben der Straße nach Bad Abbach steht leider auch unter Wasser. Ein kleines Reh stakst über die Wiese und sucht seine Mutter. Die Tiere haben wohl im Moment ziemlich zu leiden. Wir durchqueren flott die überschwemmten Zonen aber irgendwann wird das unmöglich. Die Straße ist stark befahren, so dass wir froh sind, als wir in den Kurpark abbiegen können. In Kurparks sind Radler normalerweise nicht besonders gern gesehen. Nicht einmal, wenn sie schieben. Aber im Moment stört das keinen. Der Kurpark sieht auch nicht mehr wirklich wie einer aus. Da wartet viel Arbeit. Wir schnüffeln an den interessant riechenden Quellen. Mögen aber nicht probieren.

                                        Die Innenstadt von Bad Abbach ist seit unserem letzten Besuch hübsch gepflastert worden. Wir bleiben aber nicht lange. Es zieht uns nach Regensburg, das auf dieser Etappe unser Ziel ist. Weiter flussabwärts sind die Überflutungen noch sehr gravierend. Zum Beispiel in Deggendorf. Und unsere Zeit ist fast um. So fahren wir weiter. Der Radweg ist auf den folgenden Kilometern immer noch unter Wasser verschwunden, aber die Straße lässt sich hier angenehm fahren. Wir unterqueren die Autobahn und – Überraschung – ab der Eisenbahnbrücke ist auch die Straße gesperrt. Obwohl das Wasser längst abgelaufen ist.

                                        Wir überqueren die Donau auf der 2. Eisenbahnbrücke. Es geht gewaltig hoch. Und der Weg oben ist so schmal, dass sich zwei Räder nur begegnen können, wenn sich der eine Radler quasi über das Geländer hängt. Praktischerweise ist hier unglaublich viel Betrieb in beiden Richtungen. Hart bedrängt von einigen äußerst sportlichen Radfahrern, die unbedingt überholen wollen, erreichen wir das andere Ufer. Hier gibt es zwei Wallfahrtskapellen, die wir besuchen wollen. Eine gute und eine böse. Eine Marienkapelle mit netten Legenden von angeschwemmten Madonnenfiguren und ewig wachsenden Büschen. Und eine Karfreitagskapelle, die nur am Karfreitag geöffnet wird. Und jetzt für uns, weil wir jemanden mit den Schlüsseln treffen. Im Innern besteht sie im wesentlichen aus einer breiten Treppe, die zum Altar hinaufführt, die von den Gläubigen auf Knien erklommen wird. Die Athmosphäre ist sehr, sehr bedrückend. Was natürlich auch am gammligen Zustand und der stehenden Luft liegt.

                                        Wir überqueren die Naab nach Mariaort und kehren in dem dortigen berühmten Biergarten ein. Es gibt gut zu essen und die übliche Maß zu trinken. Aus dem Keller läuft ein dicker Schlauch über die Straße. Da wird gerade der Keller ausgepumpt. Der gut gelaunte Wirt erzählt gerne und ausführlich vom gerade vergangenen Kampf gegen die Fluten, die höher als die Haustürschwelle standen, aber erfolgreich zurückgeschlagen wurden. Da wir auf den Regensburger Campingplatz wollen, nehmen wir wieder die Eisenbahnbrücke auf die andere Donauseite, folgen aber erst einmal dem Bahndamm in Richtung Prüfening. Da gibt es ein Kloster. Und einen berühmten Biergarten.

                                        Zum Campingplatz geht es nun nur noch bergab. Schnell haben wir ihn erreicht, checken ein und bauen unser Zelt auf. Es ist einer von den Azur-CPs, die ich eigentlich nicht besonders schätze. Aber dieser ist recht schön ausgestattet. Sozusagen vorbildlich und das ist auch mal ganz angenehm. Trotzdem zieht es uns noch einmal in die Innenstadt. In den Biergarten derer von Thurn und Taxis, wo es uns ausnehmend gut gefällt.

                                        9.6.2013
                                        Wir verbringen den Tag in Regensburg. Das lohnt sich immer. Vom Bergfriedhof auf der Nordseite genießen wir den tollen Ausblick über die Stadt. Wir besuchen unzählige Kirchen, bummeln mal ganz ohne unsere Räder durch die Stadt. Und kehren natürlich auch ausgiebigst ein. Ein netter entspannter Tag. An der Donau ist eine stählerne Flutmauer errichtet. Die Donau steht ungefähr bis an meine Schulter, wenn ich auf der Straße dahinter stehe. Aber sie bleibt, wo sie hingehört. Am Abend holen wir uns die Fahrkarte und die Zugverbindungen für die Rückfahrt nach Donaueschingen.

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                                        • Enja
                                          Alter Hase
                                          • 18.08.2006
                                          • 4869
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: Die Donau entlang

                                          Wie schon angekündigt - wildes Section-Gehike.

                                          7.8.2011

                                          Nach einem kurzen Blick auf die Befreiungshalle oben auf dem Berg und einem weiteren über Kelheim biegen wir in den Donau-Radweg ein.

                                          Die Donau ist ein ganz anderes Kaliber Fluss (als Tauber und Altmühl). Breit liegt sie da. Eine Unmenge an Wasser und Fluten. Allzuviele Schiffe treffen wir aber auch hier nicht an. Bei einer Umleitung verlieren wir gleich erst einmal den Radweg, kurven ein bisschen durch das Gelände, verpassen die Brücke und bleiben auf der linken Seite, so dass wir ein Stück Straße fahren müssen. Wir überqueren die Donau bei Bad Abbach und fahren eine kurze Runde durch den hübschen Ort, der aber gerade im wesentlichen aus einer Baustelle besteht. Die Donau wendet sich jetzt erst einmal, munter Schleifen ziehend, nach Norden, was uns Gegenwind beschert. Wir müssen uns ordentlich ins Zeug legen, während wir an Oberndorf vorbeiradeln. Immer auf dem Deich entlang. Es geht jetzt fühlbar auf Regensburg zu. Die Stadt ist groß. Wir kreuzen Hauptverkehrsstraßen und Autobahnen. In Prüfening versuchen wir eine Gaststätte zu finden, da wir Hunger haben. Die menschenleeren Biergärten sehen aber ungemütlich aus. Weiter geht es in Richtung Innenstadt. Am Ufer befindet sich jetzt eine Art Park mit Seen, Kleingartensiedlungen, Campingplätzen und Sportanlagen. Wir finden ein nettes Kleingartenrestaurant und essen sehr gut. Allerdings herrscht soviel Wind, dass von oben ständig Blätter auf die Teller fallen.

                                          Die Regensburger Innenstadt ist belebt wie immer. Wir schaffen es kaum, unsere Räder durch das Gedrängel zu schieben. Schließlich stellen wir sie auf einem Plätzchen ab, an dem bereits viele Fahrräder mit und ohne Gepäck stehen. Ein bisschen mulmig ist uns immer, wenn wir das tun. Das Gepäck ist doch sehr leicht zugänglich. Wir suchen in einer Buchhandlung nach Karten und Reiseführern, gehen in den Dom. Und besehen die vielen hübschen Läden. Schließlich beschließen wir, weiterzufahren. Es ist früh genug, um noch ein ordentliches Stückchen zu schaffen. Allerdings sieht es nach Gewitter aus. Und der Wind bläst ordentlich. Wir überqueren zunächst mal die Donau auf der Steinernen Brücke und kommen durch ein Gewerbegebiet mit den einschlägigen Supermärkten, wo wir uns mit Proviant für den Abend eindecken.

                                          Das Wetter sieht dramatisch aus. Wir haben jetzt starken Rückenwind und treten kräftig in die Pedale. Die Strecke ist relativ einsam. Wir kommen selten durch Orte. Meist geht es auf dem Deich entlang oder unten daneben. Ab und zu tröpfelt es. Ein stärkerer Guß treibt uns in eine Wallfahrtskirche. Bald kommen wir auf Wörth zu, stellen aber fest, dass es hier keinen Campingplatz gibt. Wir müssen weiter bis Straubing. Das ist noch ein Stück. Also weiter. Der Weg verläuft jetzt weiter von der Donau entfernt. Er schneidet einige Donauschlingen und Altarme ab, indem er sich nah an die Autobahn hält. Das ist nicht besonders idyllisch und ziemlich anstrengend für die Ohren. Wir sind froh, als der Weg durch Pondorf zurück an den Fluss führt.

                                          Vor Straubing biegen wir nach Sossau ab, um den Campingplatz zu finden. Die Donau teilt sich hier in zwei Arme auf mit einer Insel dazwischen. Darauf liegt der Platz. Das letzte Stück fahren wir eine stark befahrene Autostraße entlang, die über den einen Flussarm führt. Der Campingplatz ist leicht zu finden und sieht sehr ordentlich aus. Es gibt ein kleines Restaurant am Empfang und ein neues Sanitärgebäude. Auf der Zeltwiese stehen schon etliche Zelte mit Fahrrädern daneben. Wir bauen im Dunkeln unser Zelt neben einem anderen größeren Hilleberg-Zelt auf. Dessen Bewohner sind auf Rädern unterwegs in Richtung Rumänien. Tische und Bänke erlauben ein gemütliches Abendessen während die Nachbarn schon im Bett sind.

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                                          • blauloke

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                                            • 22.08.2008
                                            • 8843
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: Die Donau entlang

                                            Hallo Enja, da habt ihr euch mit der gesamten Donau ganz schön was vorgenommen.
                                            Bei deinem Schreibstil vermisse ich auch keine Bilder, liegt vielleicht daran, dass das Donaugebiet für mich recht bekannt ist.
                                            In dem von dir erwähnten Biergarten in Mariaort sind wir erst letztes Jahr auf einer Stammtischwanderung gewesen und in Regensburg bin ich öfters.
                                            Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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                                            • Enja
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                                              • 18.08.2006
                                              • 4869
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: Die Donau entlang

                                              9.8.2011

                                              Bevor es weitergeht, sehen wir uns erst einmal Straubing an. In einem sehr großen Fahrradladen kaufen wir einen Ständer für mein Fahrrad, das ständig umfällt. In der Innenstadt gibt es mehrere interessante Kirchen, Reste einer Stadtbefestigung und die typisch bayrische zentrale, breite Fußgängerzone mit Rathaus in der Mitte und Tortürmen.

                                              Zur Weiterfahrt überqueren wir wieder beide Donau-Arme und befinden uns dann in einer ähnlich weiten Landschaft wie gestern. Grüne Wiesen, Felder, einige wenige kleine Orte und Rückenwind. In Mariaposching sehen wir uns die Dorfkirche an. Es droht schon wieder ein Gewitter. Zunächst bleibt es aber ziemlich trocken. Vor Deggendorf unterqueren wir die Autobahn und fahren danach eine stark befahrene Straße entlang. Wir statten der Innenstadt einen Besuch ab. Sie ähnelt sehr der von Straubing, ist aber etwas bescheidener. Es ist rundum sehr bayrisch. Wir haben bereits die ganze Zeit einen guten Blick auf den Bayrischen Wald. Da müssen wir irgendwann rüber nach Tschechien. Sieht ziemlich hoch aus. Wir könnten in Deggendorf die Bahn nach Bayrisch Eisenstein nehmen, um uns den Aufstieg zu ersparen, beschließen aber tapfer weiterzufahren. Zunächst geht es mal wieder die Autobahn entlang.

                                              Auf der anderen Flussseite sehen wir Vilshofen samt Campingplatz liegen, fahren aber weiter in Richtung Passau. Dort wollen wir morgen einen Ruhetag einlegen. Die Strecke zieht sich. Die Beine sind müde. Wir haben jetzt schon reichlich Strecke zurückgelegt. Auf Passau zu sieht das Wetter immer dramatischer aus. Wir versuchen dem Gewitter davonzufahren, werden daran aber von den Donauschleifen, denen wir folgen, gehindert. Wir fahren immer schneller. In Maierhof, kurz vor Passau, holt es uns ein. Ein unglaublicher Guss kommt von oben. Wir erreichen gerade noch eine überdachte Restaurant-Terrasse, schieben unsere Fahrräder drunter und bestellen uns ein xxl-Schnitzel. Eines. Davon werden wir beide sehr satt. Danach fahren wir weiter in Richtung Campingplatz, der auf unserer Donauseite liegt – gegenüber von Passau. Der Donau-Radweg führt auf der Stadtseite entlang. Die Straßen werden immer breiter und immer heftiger befahren. Die Strecke zieht sich. Zudem wird es dunkel. Schließlich kommen wir an der Ilz-Mündung an, fahren durch einen Tunnel und sind kurz darauf am Campingplatz.

                                              Dort herrscht ein unglaublicher Betrieb. Unmengen von Fahrrädern. Und die Wiese steht so gut wie unter Wasser. Gut, dass unser Zelt von unten schön dicht ist. Aber das Überqueren der Wiese zu Fuß im Dunkeln ist nicht ganz einfach. Das Sanitärgebäude ist etwas sehr spartanisch. Aber darunter gibt es einen überdachten Raum mit Tischen und Bänken. Dort sitzen diverse Gruppen und Großfamilien beim Abendbrot.

                                              10.8.2011 Ruhetag

                                              Es regnet. Wir schlafen aus und waschen unsere Wäsche. Draußen gibt es eine Wäschespinne und in einer Regenpause hänge ich dort unsere Wäsche auf. Bald muss sie aber wieder unter Dach. Und wir nehmen die unbeladenen Räder und fahren hinüber nach Passau. Sowohl an der Donau als auch am Inn liegen die Kreuzfahrtschiffe. Am Donauufer finden wir erst einmal ein Fahrradgeschäft und kaufen mal wieder einen Ständer für mein Fahrrad. Dem aus Straubing fehlen ein paar entscheidende Befestigungsteile. Wir laufen durch die Altstadt, gucken uns St. Severin und den Dom an. An Inn und Donau laufen wir einmal rund um die Altstadt. Und schließlich kehren wir bei McDonalds ein, um ins Internet zu gehen. Auf den Campingplatz zurückgekehrt, holen wir uns zwei Stühle zum Zelt, kochen dort ein bisschen, trinken ein Glas Wein und sehen dem Sonnenuntergang und den Kajaks auf der Ilz zu.

                                              Diese Tour führte uns weiter über Prag nach Cuxhaven. In Passau werden wir im August starten und sehen, wohin die Donau uns führt.

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                                              • Enja
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                                                • 18.08.2006
                                                • 4869
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: Die Donau entlang

                                                Dann wollen wir mal weiter......

                                                18.8.2013

                                                Die Tage vor der Abfahrt waren anstrengend. All die Listen mit den Dingen, die unbedingt noch erledigt werden sollten, wurden ständig länger statt kürzer. So bin ich heilfroh als ich die Haustür hinter mir zuziehe und mein schwer bepacktes Rad vom Grundstück schiebe. Auf geht es nach Passau, von wo aus wir die Donaufahrt fortsetzen wollen.

                                                Die S-Bahn lasse ich aus und radele die 12 km bis zum Hauptbahnhof fröhlich ab. Noch ein bißchen Wind um die Nase vor einem langen Tag "quer durchs Land". Die Tickets für das Fahrrad und mich habe ich schon in der Tasche. Die Straßen sind jetzt am Sonntagmorgen leer. Es ist ruhig und ich hoffe, dass das in den Zügen ähnlich wird. Wer sollte jetzt schon irgendwo hinwollen? Die hessischen Sommerferien sind zuende. Dank Kopfbahnhof erreiche ich den Zug nach Würzburg mühelos stufenfrei. Normalerweise ist das so ein Ding, wo man das Fahrrad über eine enge Treppe himmelhoch heben muss. Für mich natürlich unmöglich. Da muss ich abpacken.

                                                Aber heute nicht. Am Bahnsteig steht mein Lieblings-Zug. Die zweigeschossige Variante bei der man das Rad stufenfrei ins Radabteil schiebt. Überraschung: Das Radabteil ist voller Räder. Und der Zug voller Menschen. An einen Sitzplatz ist nicht zu denken. Die Bayern hatten ein langes Wochenende und wollen jetzt alle heim. Die meisten nach München. Wir werden ungewöhnlich nachdrücklich aufgefordert, die Räder zu entladen und tun das dann auch. Die Taschen stehen also alle neben den Rädern, wodurch entgültig niemand mehr durch kann. Ich setze mich auf meine Fersen. Nach einem Rundgang durch den Zug. Kein Plätzchen mehr frei. Dafür plaudern wir alle gemütlich und tauschen uns über unsere Reiseziele aus. Die Fahrt durch den Spessart nach Würzburg ist eine meiner Lieblingsstrecken. Viele schöne Aussichten.

                                                In Würzburg müssen alle raus. Etwas behindert durch die abgeladenen Taschen. Ich hänge sie provisorisch aufs Rad. Der Zug nach Nürnberg steht vor meinem Zug auf demselben Gleis. Das ist fein. In Würzburg gibt es ansonsten ellenlange Treppen. Das muss nicht sein. Die komplette Besetzung stürmt auf denselben Zug zu. Es gibt ein wildes Menschengedränge, da auch noch andere mitwollen. Ich muss da rein. Sonst komme ich heute nicht mehr nach Passau. Entschlossen drängele ich mich vorwärts und springe entschlossen in den Zug als ich die ersten freien Fahrrad-Stellplätze sehe. Wieder soll abgepackt werden. Und wieder gibt es sowieso keine Sitzplätze. Etliche Radfahrer schieben mehrmals den Bahnsteig auf und ab bis schließlich alle irgendwie Platz finden. Diesmal stehe ich an einer Haltestange. Nicht einmal in der Hocke hätte ich noch Platz. Im Zug herrscht eine gewisse Unruhe. Die vielen Münchner haben augenscheinlich Probleme, ab Nürnberg weiterzukommen. Eine Baustelle. Umleitungen. Verspätungen. Der Schaffner hat auch keine Vorschläge. Gut, dass ich da nicht hin will, sondern als nächstes nach Landshut.

                                                In Nürnberg wieder großes Gedränge auf dem Bahnsteig. Die Münchner irren herum. Mein Zug sollte theoretisch auf der anderen Seite des Bahnsteigs stehen. Und über Landshut auch nach München fahren. Trifft also auf großes Interesse. Etliche Gruppen und Familien warten seit Stunden auf eine Möglichkeit in diese Richtung. Am Bahnsteig steht allerdings ein anderer Zug. Der direkt nach München. Der aber nicht abfährt. Es gibt weder Anzeigen noch Durchsagen. Ein Bahnangestellter schreitet über den Bahnsteig. Ein Fehler. Alle möchten von ihm gerne wissen, wann denn nun der Zug nach Landshut fährt und von wo. Mit beladenem Fahrrad ohne Aufzug den Bahnsteig wechseln, erfordert ein wenig Zeit.

                                                Seine Antwort lautet so in etwa "keine Zeit". Eine australische Familie schafft es schließlich, von ihm eine Auskunft auf englisch zu bekommen. Wir haben gerade noch Zeit, rennend den Zug nach Landshut zu erreichen und fallen erleichtert durch die vielen Türen. Der Fahrradwagon platzt aus allen Nähten. Zwei Liegeradfahrer schaffen ihre Riesen-Geräte rein. Und zuletzt springen noch vier MTBler zu und nehmen im Türbereich Aufstellung. Ich setze mich in Fahrradnähe auf meine Taschen und bin damit so privilegiert, dass ich diesen Platz der Mutter mit Baby anbiete, die in ihrer Kinderkarre sitzt. Sie will aber nicht.

                                                Es geht los. Wir rücken uns alle zurecht und sind solange froh, atmen zu dürfen und unterwegs zu sein, bis die Schaffnerin erscheint. Wir hätten alle keine "Zustiegsberechtigung" gehabt, meint sie. Wir versprechen im Gegenzug alle, demnächst wieder auszusteigen und damit ist sie zufrieden. So schippern wir bis Landshut. Da wollen die meisten raus. Der Zug der Mutter mit Baby geht zwei Minuten nach unserer Ankunft, da wir mächtig Verspätung haben. Zwei Jung-Sportler schaffen sie mitsamt Kinderwagen und Gepäck noch pünktlich hin. Die MTBler springen raus und nachdem die meisten anderen den Wagon verlassen haben, wieder rein. Ein mächtiges Gewusel.

                                                Nun noch der letzte Zug nach Passau. Ich habe etwas Zeit und sehe zu, wie diverse Menschen am semi-defekten Aufzug verzweifeln. Er reagiert nur, wenn man unten in der Unterführung drückt. Wir weisen mehrere potenzielle Benutzer drauf hin, aber sie wollen das nicht glauben. Na gut. Der Zug nach Passau ist so gut wie leer. Ich darf sitzen. In Passau schüttet es wie aus Eimern. Aus sehr großen Eimern. Ich bestaune die Treppe in die Unterführung. Es geht abwärts. Als das Rad mir abrutscht, fasst ein netter bayrischer Familienvater zu, so dass ich unbeschadet unten ankomme. Durch die Unterführung - und schon stehe ich vor der Treppe nach oben. "Und jetzt?" fragt mein Helfer. "Abladen und zweimal gehen," antworte ich. "Ach nein," meint er und hat mein Rad samt Gepäck in wenigen Atemzügen oben.

                                                Jetzt noch vom Bahnhof zum Campingplatz. Kein Problem. Ich kenne den Weg. Mein Mann hat das Zelt schon aufgebaut. Wir essen gemütlich zu Abend unter einer Art Pavillon. Das Gebäude, in dem es früher eine Kneipe gab, ist der Überschwemmung im Sommer zum Opfer gefallen. Die Betreiberin sitzt unter einem Schirm am Platzeingang und kassiert ab. Besonders viel Motivation scheint sie nicht mehr aufzubringen. Der Platz ist so wie unter Wasser, wie anscheinend jedesmal, wenn ich komme.

                                                Egal, ich bin ziemlich müde.

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                                                  • 18.08.2006
                                                  • 4869
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: Die Donau entlang

                                                  19.8.2013

                                                  Wir werden wach während der Regen auf das Zelt prasselt. Das kommt nicht ganz unerwartet. Laut Wetterbericht soll es den ganzen Tag schütten, weshalb wir beschließen, den Tag in Passau zu verbringen. Passau gefällt uns genauso gut wie Regensburg. Hier sind wir immer mal wieder gerne
                                                  .
                                                  Das Sanitärgebäude steht auf Stützen, weshalb es das Hochwasser gut überstanden hat und darunter ist eine überdeckte Fläche mit Bänken und Tischen. Hier kann man es auch bei schlechtem Wetter gut aushalten. Nach einem ausgiebigen Frühstück fahren wir über die Donau in die Altstadt.

                                                  Hier herrscht ein ständiges Kommen und Gehen von Donauradlern jeder Art. Viele geführte Gruppen sind darunter. Und auch viele auf Leihfahrrädern. In der Stadt sieht man überall die neuen Hochwassermarken. Auf den ersten Blick sind ansonsten die Schäden behoben und es herrscht wieder viel Leben in den Gassen. Etliche Läden stehen allerdings noch leer und müssen renoviert werden.
                                                  Im Dom hören wir uns das mittägliche Orgelkonzert an und bummeln danach ein bißchen herum. Im Einkaufszentrum kaufen wir noch ein paar Dinge, die wir zu brauchen meinen. Kehren irgendwo ein und kehren in der Dämmerung zum Campingplatz zurück. Wir gehen früh schlafen. Morgen soll es losgehen.

                                                  20.8.2013

                                                  Bei leichtem Nieselregen bauen wir unser Zelt ab. Ein schönes Gefühl. Aufbruch in die großen Ferien. Ein genaues zeitliches Limit haben wir nicht. Wir schieben die beladenen Räder über die nasse Wiese und machen uns auf den Weg. Endlich. Wird auch Zeit.
                                                  Zur Orientierung haben wir die backsteinschweren Bikelines 2-5 dabei. Ab Budapest zusätzlich noch die neueren GTZ-Karten, die einen sehr guten Eindruck machen. Bikeline hat zusätzlich noch minimale Angaben zu den Sehenswürdigkeiten am Wegesrand und ein Übernachtungsverzeichnis. Wobei es in Österreich offensichtlich genug Campingplätze gibt. Etappen haben wir nicht geplant. Wir wollen möglichst spontan unterwegs sein.

                                                  Bis Obermühl haben wir diese Strecke vor zwei Jahren schon einmal auf dem Weg nach Prag zurückgelegt. Etwa um die gleiche Jahreszeit. Damals fuhr man in einer Art geschlossenen Kolonne. „Radfahrer werden mit Induktionsschleifen gezählt. Sie sind heute Nr. 5634.“ Diesmal ist weniger Betrieb. Warum auch immer. Zunächst einmal geht es die sehr befahrene Straße auf einem Radweg entlang. Am anderen Ufer ist schon Österreich und wir wissen, dass wir ab Obernzell auf einen separaten Radweg wechseln, was natürlich angenehmer ist. Ab und zu gibt es am Ufer nett gestaltete Rastplätze. Mehr oder weniger im vom Hochwasser aufgeschwemmten Sand versunken. Der Radweg ist freigeschoben, wobei man teilweise durch eine Art Hohlweg fährt, wo nötig bereits ausgebessert, aber trotzdem noch löcherig. Vor zwei Jahren war er perfekt.
                                                  In Jochenstein sehen wir endlich mal die kleine Kapelle auf der Donau-Insel, gut verdeckt von all der Technik dort. Wir überqueren die Grenze nach Österreich und nehmen die Fahrradfähre nach Engelhartszell. Da waren wir noch nicht. Diese kleinen hölzernen Fahrradfähren sind immer wieder nett. Vorne stehen die Räder auf einer Schräge, in der Mitte ist der Führerstand und hinten sitzen die Passagiere auf einer Holzbank. Schnell sind wir drüben und durchqueren den kleinen Ort in Richtung Kloster. Wir stellen unsere Räder neben die vielen anderen, die hier schon stehen und sehen uns die Stiftskirche an. Sie gefällt uns mäßig. Lieber sitzen wir in der jetzt durchkommenden Sonne auf den Stufen davor und genießen das nun bessere Wetter.

                                                  Wir bleiben auf der rechten Seite und überlegen, hier bis zur Schlögener Schlinge zu radeln. Dazu muss man hier einer Straße folgen, die munter auf und ab wellt. Allzuviele tolle Ausblicke erarbeitet man sich damit nicht und die vorbeibrausenden Autos gefallen uns nicht. So nehmen wir die Fähre nach Niederranna und kehren auf den schön separat geführten Uferweg zurück. Oben auf den Bergen links und rechts sieht man Burgen, Schlösser und Ruinen. Überwiegend in Privatbesitz, so dass wir einen guten Grund haben, uns nicht hinaufzubemühen.
                                                  An der Schlögener Schlinge muss man für ein Stück auf die andere Seite wechseln. Benutzt man die Fähre , bekommt man einen 1 €-Gutschein für den Gasthof gegenüber. Da muss man folgerichtig dringend einkehren. Auf der Terrasse gönnen wir uns Kaffee und Kuchen – sowie die wunderschöne Aussicht. Die Donau wendet hier um 180 Grad.

                                                  Wir bleiben weiterhin auf der rechten Seite. Hier gibt es wenig Siedlungen. Das Ufer ist bewaldet und ragt relativ steil auf. Die Ausblicke sind einfach wunderschön. Auf der anderen Seite sehen wir Schloss Neuhaus auf einem Felsen aufragen. Und schließlich treten die Berge zurück. Das Tal weitet sich. Und nun liegen die Siedlungen und Orte wieder dicht beieinander. Wir durchqueren Aschach und nutzen die Gelegenheit zu einem Besuch in einem Supermarkt, um für das Abendessen vorzusorgen.

                                                  Nun geht es direkt am Donauufer auf dem Damm weiter. Die Donau ist hier aufgestaut und liegt immer weiter über dem Umland, auf das wir vom Deich heruntersehen. Folgerichtig kann die Aschach nicht münden, sondern wird parallel zum Damm bis hinter die Staustufe geführt. Eine Konstellation, die sich immer wieder wiederholen wird. Die Donau ist hier ein Schifffahrtsweg und wird zur Energiegewinnung genutzt. Mit einem Fluss hat das nicht viel zu tun.

                                                  Wir sind jetzt müde. Der nächste Campingplatz liegt in Wilhering. Da werden wir uns niederlassen. Wir strampeln uns also den etwas eintönigen Wegabschnitt entlang, bis endlich in der Ferne die Staustufe mit ihren Schleusen auftaucht. Der Radweg schwenkt aus, um die zugehörigen Anlagen zu umgehen, überquert die Aschach, die nun endlich münden darf und genau hier sollte der Campingplatz liegen.

                                                  Stattdessen sehen wir eine verlassene Ausflugsgaststätte, an der ein Schild hängt, dass man wegen schlechtem Wetter geschlossen habe. Auf der Wiese gegenüber steht ein Zelt, neben dem zwei Fahrräder parken. Wir überlegen, ob wir uns dazustellen wollen und beschließen, erst einmal das Gespräch zu suchen. Wir treffen auf zwei junge Franzosen, die auf Leihrädern von Passau nach Wien radeln. Sie zeigen uns den perfekt ausgestatteten, offen stehenden Waschraum und die überdeckte Terrasse. Das gibt den Ausschlag. Wir lassen uns nieder und machen uns einen netten Abend.

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                                                    • 18.08.2006
                                                    • 4869
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: Die Donau entlang

                                                    21.8.2013

                                                    Als wir aufwachen und aus dem Zelt krabbeln, hängt dichter Nebel über der Landschaft. Folgerichtig ist natürlich auch das Zelt klatschnass. In diesem Moment geht die Sonne auf und schlägt Breschen in den Nebel. Ein phantastisches Bild. Wir frühstücken in Ruhe auf der Terrasse und treffen nun auch die Inhaber, so dass wir unsere Gebühr entrichten dürfen. Beim Aufbruch eine Überraschung. Mein Rad ist vorne platt. Das fängt ja gut an! Ein kleiner Metallstift hat sich in den Reifen gebohrt. Dagegen hilft dann auch kein Pannenschutz mehr. Wir flicken auf der Terrasse. Dann geht es los.

                                                    Zunächst einmal die Aschach entlang zur Donau. Drüben liegt Schloss Ottensheim und sieht sehr eindrucksvoll aus. Wir biegen aber erst einmal in Richtung Zisterzienserkloster Wilhering ab. Es geht steil nach oben. Das Kloster ist sehr, sehr groß. Es gibt etwas mehr zu sehen als in Engelhartszell. Barock ist eigentlich nicht ganz so unser bevorzugter Baustil. Aber an der Donau gibt es kein Entrinnen vor Stuck, Marmor, Fresken und Vergoldungen. Da muss man durch.

                                                    Wir setzen bei Ottensheim mit der Fahrradfähre über, was uns sehr schöne Ausblicke auf das Schloss beschert, fahren aber weiter Richtung Linz. Der Radweg folgt jetzt hier einer stark befahrenen Straße. Daneben verläuft die Bahnlinie. So erreichen wir erst einmal noch Puchenau. Hier gibt es eine Teppich-Siedlung von Roland Rainer zu bewundern. Wir sind eine ganze Weile in den hübsch eingegrünten Wohnwegen unterwegs. Mir fehlt allerdings der Donaublick. Den hätte ich bei so einer terrassierten Bauweise erwartet. Eine ganze Weile halten wir uns in der zugehörigen Kirche auf. Etwas in die Jahre gekommen ist sie.

                                                    Nach Linz ist es nun nur noch ein Katzensprung. Am Ortseingang geht es auf eine Uferpromenade. Wir kehren in einem der vielen Biergärten dort ein und überqueren schließlich die Brücke stadtwärts. Wir schieben unsere Räder durch die Innenstadt, besuchen einige Kirchen, ein hübsches Cafe, schön gestaltete Innenhöfe und bleiben schließlich an der Tabakfabrik von Peter Behrens hängen. Ein riesiger Komplex, schon weitgehend renoviert, mit wunderschönen Details. Soll wohl eine Art Kulturzentrum werden.

                                                    Nach einem großen Bogen durch Linz zwecks Besichtigung weiterer repräsentativer Bauten der Moderne, erreichen wir auf dem Traun-Radweg das Donau-Ufer. Bikeline sieht hier gar keinen Radweg, aber tatsächlich ist er gut ausgebaut und schön zu fahren. Die Traun-Mündung ist renaturiert und das Ufer der Donau auch einmal ein bißchen naturbelassen.

                                                    Vom Tag ist nicht mehr viel über. Dafür waren wir zu lange in Linz. Wir steuern also den Campingplatz in Au an. Auf der anderen Donauseite. Zunächst müssen wir die Enns überqueren und beschließen, dazu die Brücke in Enns anzusteuern. Natürlich drehen wir vorher eine Runde durch den hübschen Ort, haben allerdings nicht mehr viel Zeit. Der Weg durch die Gewerbeflächen zwischen Enns und der Donau ist ein bißchen öde. Aber wir überqueren schließlich die Donau auf einer großen Brücke für Straße und Bahnlinie mit einem Radweg dabei. Unter der Brücke durch geht es zunächst nach Albern und weiter nach Au.

                                                    Der Campingplatz dort erweist sich als konventionelle Anlage mit Rezeption, Sanitärgebäuden, Zeltwiese und Stellplätzen für Wohnwagen und Wohnmobile. Da er von Wasser umgeben ist, ist es nicht verwunderlich, dass sich hier die Mücken fröhlich tummeln, aber wir haben sowohl Einreibemittel als auch Räucherspiralen dabei und bleiben so relativ ungeschoren. Das Zelt der Franzosen steht auch schon da. Es gibt Tisch-Bank-Kombinationen für alle. Nur die Duschen sind ein wenig knapp. Ich muss ziemlich lange anstehen.

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                                                      • 18.08.2006
                                                      • 4869
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: Die Donau entlang

                                                      22.8.2013

                                                      Nach einer langen Fahrt den Damm entlang biegen wir nach Mitterkirchen ab. Hier besuchen wir das Keltendorf. Es ist mäßig spannend, aber man kann nett im Schatten im angegliederten Biergarten sitzen. Wir treffen hier, wie jetzt bei fast jedem Stop, die Franzosen. Und ein auffälliges deutsches Paar mit einem nicht ganz kleinen Hund im Anhänger. Nach einigem Überlegen beschließen wir, dem vorgeschlagenen Abstecher zur Stiftskirche in Baumgartenberg zu folgen. Also noch ein Kloster. Diesmal mit großer, angeschlossener Schule. Und natürlich: ganz in Barock.

                                                      Von hier aus möchten wir an die Donau zurück. So einfach das auf dem Plan aussieht – diverse Straßen sind gesperrt. Wir kurven also kreuz und quer durch die Landschaft und freuen uns, als wir wieder am Donau-Ufer landen. Hier ist mal wieder besonders viel Sand aufgeschwemmt. Teils wird er von Radladern abgetragen, teils soll er wohl liegen bleiben. Hoch über uns hängt Schwemmgut in den Bäumen.

                                                      Bei Dornach treffen wir mal wieder auf die Straße und die Bahnlinie. Es geht nun auf Grein zu. Von weitem sieht das ganz nett aus, so dass wir nicht, wie angeraten, die Brücke auf die andere Donauseite nehmen, sondern erst einmal in den Ort fahren. Dort stellen wir fest, dass es auf dieser Seite nun eine stark befahrene Straße ohne Radweg entlang geht und nehmen spontan die Fahrrad-Fähre.

                                                      Drüben geht es auf einem schmalen Weg durch den schattigen Wald, von wo aus man auf den starken Verkehr am anderen Ufer sieht. Die Landschaft ist hier mal wieder wunderschön. Hinter jeder Flussbiegung gibt es neue Ausblicke. Es ist wieder sehr bergig. Und Schlösser und Burgen krönen die Gipfel. Wir bleiben jetzt auf dieser Seite. Sehen uns ein bißchen in Ybbs um, durchqueren Pöchlarn und wechseln danach mal wieder auf den Damm, links die hochgestaute Donau, rechts daneben, deutlich tiefer, einen Zulauf, der erst nach der nächsten Staustufe münden kann.

                                                      Die Staustufe mit Kraftwerk liegt kurz vor Melk, unserem heutigen Tagesziel. Morgen wollen wir uns das Benediktinerstift dort ansehen. Der Campingplatz liegt an der Donau und gehört zu einer Ausflugsgaststätte. In der Nähe legen die Kreuzfahrtschiffe an. Davon sind auf diesem Donauabschnitt so viele unterwegs, dass sie tagsüber unsere ständigen Begleiter sind. Sie sind ungefähr mit unserer Geschwindigkeit unterwegs.

                                                      Das Sanitärgebäude wurde wohl von der Flut erledigt. Nun gibt es nur noch zwei Toiletten und zwei Duschen in der Gaststätte, während die Zeltwiese aus allen Nähten platzt. Sie ist sehr uneben. War überschwemmt und ist nur notdürftig abgezogen worden. Gras eher nicht. Wir gucken, ob wir irgendwo einen Platz finden, als eine Radler-Gruppe aus etwa 30 Personen, die Hälfte davon Kinder, mit diversen Anhängern auftaucht. Oje, die Chancen auf eine Dusche schwinden.
                                                      Und fabelhafte Mücken gibt es hier. Ich kann mich gar nicht so schnell einschmieren, wie sie über mich herfallen. Und jeder einzelne Stich wächst sich zu einer stattlichen rot-blauen Beule aus. Ungemütlich. Wir gehen in die Gaststätte. Da sitzt man besser.

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                                                        • 18.08.2006
                                                        • 4869
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        AW: Die Donau entlang

                                                        23.8.2013

                                                        Heute steht die Klosterbesichtigung in Melk auf dem Plan. Wir packen, fahren in den lebhaften Ort und parken hier in der Fußgängerzone die Räder. Dann geht es zu Fuß nach oben. Wir bekommen Plätze in einer Führung, auf die wir nicht allzu lange warten müssen. Das Warten findet im Schatten statt. Es regnet nicht mehr. Stattdessen brennt die Sonne vom Himmel.

                                                        Das Kloster ist buchstäblich riesig. Rosa und riesig. Es gibt mehrere große Höfe. Diverse Gebäude, die zum Museum umgebaut sind. Schließlich die große Stiftskirche. Und ein Teil der Bibliothek kann besichtigt werden. Alles sehr eindrucksvoll. Und da das Kloster oben über dem Ort auf einem Berg steht, gibt es schöne Ausblicke auf die Umgebung, speziell auch auf die sich vorbei windende Donau.

                                                        Anschließend wollen wir in der Fußgängerzone ein Eis essen. Es ist aber alles für irgendwelche Reisegruppen reserviert. So machen wir uns bald wieder auf den Weg und überqueren auf der Brücke bei Melk die Donau. Oben von der Brücke hat man einen schönen Blick auf Schloss Schönbühel.

                                                        Der Radweg folgt auf der linken Seite nun wieder der stark befahrenen Straße sowie der Bahnlinie. Immerhin gibt es einen. Mal links mal rechts. Und wo immer möglich verlässt der Radweg die Straße und führt durch die Dörfer und die dazwischen liegenden Weinberge. Das führt zwar zu etlichen Steigungen, aber auch zu sehr schönen Strecken, die immer stärker beradelt sind. Auf diesem Weg erreichen wir Willendorf, wo man die berühmte Venus gefunden hat. Es gibt ein Venusium, wo man ein Replikat besichtigen könnte, das aber im Moment geschlossen hat.

                                                        Wir erreichen Spitz und sehen uns hier ein bißchen um. Dies ist nun also die Wachau. Sozusagen die Premium-Gegend. Viele Radler hier sind auch in Gegenrichtung unterwegs und kommen aus Wien. Ein Stück weiter steht die Wehrkirche St. Michael. Ein interessantes Ensemble. Hoch über der Donau. Stark ummauert. Mit verschiedenen Türmen. Wir klettern hier ein Weilchen herum und picknicken auch.

                                                        Als nächstes versuchen wir Dürnstein zu durchqueren. Offensichtlich so eine Art Rhüdesheim der Donau. Vielleicht ist das ein schöner Ort. Das kann man aber kaum erkennen. Er wird dominiert von Andenkenläden und ist so überfüllt, dass man die Räder kaum durchschieben kann. Wir flüchten uns in das Stift, in dem es deutlich ruhiger ist. Mit schönem Blick auf die Donau. Sind aber im Grunde froh, als wir den Ortsausgang erreicht haben. Zwischen Weinhandlungen und Weinbergen geht es wieder an die Donau in Richtung des Doppelortes Stein/Krems. Hier ist wenigstens nicht nur Tourismus. Es gibt auch eine normaler wirkende Fußgängerzone. Und diverse Kirchen im steilen kopfsteinbepflasterten Ort. Wir klettern ein bißchen herum, sind aber schon etwas müde.

                                                        Einen Kanal entlang verlassen wir den Ort. An einer stattlichen Ansammlung von Discountern vorbei. Wir unterqueren die Autobahn und schneiden, weiter dem Kanal folgend, einen Donaubogen ab. Ganz schön mückig. Liegt wohl auch daran, dass es durch Wald geht. Wieder an der Donau benutzen wir eine große Autobahnbrücke, um an das andere Ufer zu wechseln, da wir in Zwentendorf übernachten wollen. Der Radweg hängt unter der Brücke. Hinauf und hinunter führen große Spindeln.
                                                        Auf der anderen Seite geht es zwischen Wald und Donau auf dem Damm dahin. Ab und zu passieren wir eine Ausflugsgaststätte. Das Ufer ist von Anglern gesäumt. Wir passieren das Kraftwerk Altenwörth und kommen an das ehemalige Kernkraftwerk Zwentendorf, das nie in Betrieb ging. Davor steht ein Gasthof im Schweizer Stil. Hier ist mächtig Stimmung, aber eine Besichtigung des Kraftwerks ist erst wieder in einer knappen Woche möglich. Solange wollen wir nicht warten. Das Kraftwerk ist mit Fotovoltaikplatten verkleidet. Das ist doch durchaus mal eine sinnvolle Nutzung.
                                                        Es beginnt wieder zu regnen. Bis zum Ort Zwentendorf ist es aber nicht mehr weit. Und wir finden auch gleich den Campingplatz. Dort bauen wir im Regen unser Zelt auf und treffen viele alte Bekannte. Vor allem diverse Familien mit Kindern, die wir schon kennen. Die Kinder werden in den prächtigsten Fahrzeugen transportiert. Und nun im Regen jammern und meckern sie alle vor sich hin.

                                                        Es gibt ein sehr kleines Waschhäuschen für diese Menschenmenge. Je eine Toilette und eine Dusche mit kaltem Wasser für Männer und Frauen. Das Licht ist leider ausgefallen. Und da der Duschenablauf nicht funktioniert, steht alles unter Wasser. Ein unerquicklicher Ort. So hatte ich mir eher die CPs in Rumänien vorgestellt. Teuer ist er auch noch. Wir gehen schlafen.

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                                                          • 18.08.2006
                                                          • 4869
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: Die Donau entlang

                                                          24.8.2013

                                                          Wir wachen bei starkem Regengeprassel auf. Der Wetterbericht ist schlecht für die nächsten Tage. Um uns herum hört man von allen Seiten lautes Kindergequengel. Die zugehörigen Eltern sind deshalb schon in Regenbekleidung unterwegs. Überall wird diskutiert, ob man denn nun weiter will. Macht eigentlich keinen großen Sinn. Aber bleiben kann man hier irgendwie auch nicht. Es setzt also ein allgemeines Zusammengepacke ein. Wobei die Kinder in die regengeschützten Anhänger verfrachtet werden, um nicht im Weg zu stehen. Für alle anderen ist das Ziel Wien und dort der Bahnhof zwecks Rückreise. Da wollen sie jetzt schnellstens hin.

                                                          Zum Frühstück suchen wir uns eine gemütliche, trockene, ruhige Bushaltestelle, die wir in Pischelsdorf auch finden. Gerade ist der Kaffee fertig, da bremst auch schon das Bäcker-Auto vor uns. Komfortabler geht es nicht. Wir radeln ziemlich donaufern nach Tulln – im strömenden Regen und haben dort dann auch schon die Nase voll, so dass wir erst einmal das große M aufsuchen, um uns des dortigen kostenlosen W-Lans zu erfreuen. Ansonsten ist das in Österreich genauso knapp wie in Deutschland. Tulln ist sicherlich ein hübsches Städtchen, speziell auch am Donau-Ufer, aber bei diesem Wetter würdigen wir das nicht so richtig.

                                                          Nun geht es wieder Kilometer um Kilometer den Damm entlang. Die Nähe zu Wien macht sich langsam bemerkbar. Die Wochenendhäuschen am Ufer werden immer prunkvoller. Bei Greifenstein biegen wir ab, um die dortige Badesiedlung zu besuchen. Zunächst einmal verfahren wir uns maximal. Das bedeutet im Regen wirklich nicht viel Freude. Zusätzlich handeln wir uns auch noch diverse Höhenmeter ein. Die Bahnlinie ist im Weg. Es gibt nur wenige Möglichkeiten, sie zu kreuzen und so kommen wir einfach nicht wieder Richtung Donau. Als es uns endlich doch gelingt, landen wir mitten in der Badesiedlung und werden völlig entschädigt. Die gefällt uns bei jedem Wetter.

                                                          Da wir nun dem ausgeschilderten Radweg folgen, erreichen wir bald Klosterneuburg. Die Gegend ist so dicht bebaut, dass von Natur nicht mehr viel die Rede ist. In Klosterneuburg folgen wir der Ausschilderung zur Stadtmitte und kreuzen dabei problemlos die Bahnlinie. Tropfnass kehren wir in einer Pizzeria ein und lassen uns schildern, wie wir mit den Rädern am anstrengungsfreisten hoch zum Kloster kommen. Hinten rum findet sich eine bequeme Auffahrt zu dem Baukomplex, der hoch über dem Ort thront.

                                                          Es ist Samstag. In der Stiftskirche wird geheiratet. Und davor findet ein Fest mit Blasmusik statt. Leider haben wir schon gegessen. Es riecht hervorragend. Während eine Hochzeitsgesellschaft Gruppenfotos vor dem Haupteingang macht und die nächste sich schon sammelt, sehen wir uns die Kirche an. Und stören dabei die beiden Trupps, die die Blumen-Deko entfernen und eine neue installieren. Etwas ungemütlich von der Athmosphäre her. Ansonsten ist das Kloster geschlossen. Was uns nicht stört. Wir wollen jetzt nach Wien. Und dringend darüber hinaus.

                                                          Wir wollen in Wien übernachten und eigentlich am nächsten Tag weiter nach Bratislava. Wir waren schon unzählige Male in Wien. Die Innenstadt liegt weit von der Donau entfernt. Wien ist einfach viel zu groß für einen Kurzaufenthalt. Es gibt soviel zu sehen, dass man gar nicht weiß, was davon man auswählen soll. Natürlich verfahren wir uns gleich erst einmal. Unsere Bekannten von unterwegs fahren mal in der gleichen Richtung, mal kommen sie uns entgegen. Alle irren herum. Wir werden auch gleich mal noch Unfallzeugen und gebeten, deshalb mit auf die Polizei zu warten. Das dauert lange und der Unfallverursacher hat sich zwischenzeitlich ohne Angabe einer Adresse davon gemacht. Macht also alles nicht so riesig Sinn, wie auch die Polizei findet. Viel Arbeit für sie. Aber aufzuklären wird da vermutlich nichts sein. So fragen wir nach dem Weg zum Campingplatz und finden auf den richtigen Weg zurück.

                                                          Nun wissen wir zwar, wo der Platz liegt, müssen uns aber immer noch durchfragen, um den angekündigten „Durchstich“ durch all die autobahnähnlichen Verkehrswege zu finden. Der Platz ist groß, gut gefüllt und mit allem ausgestattet, was man so braucht. Sogar mit kostenlosen Trockern und einer Küche, in der, ebenfalls kostenlos gekocht werden kann. In diesen Räumen gibt es W-Lan. Es ist ein bißchen laut, wie in einer so großen Stadt wohl auch zu erwarten. Und auf der Zeltwiese wächst kaum noch ein Halm. Wegen des Wochenendes haben sich hier zahlreiche Gruppen angesammelt, die offensichtlich ein alkoholreiches Wochenende verbringen wollen (fällt dann wegen Dauerregen eher aus). Und es gibt viele Radfahrer. Die einen packen zusammen, weil sie nach Hause wollen. Die anderen aus, weil sie nach Passau starten wollen. Ein niederländisches Paar will an das Schwarze Meer. Wir sehen sie allerdings nie wieder.

                                                          Da immer noch reichlich Zeit ist, beschließen wir, Wien einen Abendbesuch abzustatten. Das ist nicht sehr weit. Über Prater und Praterstern sind wir schnell in der Stadtmitte und bummeln im leicht nachlassenden Regen durch die Fußgängerzonen. Gemeinsam mit einer Menschenmenge, zwischen der kaum ein Durchkommen ist.

                                                          Was nun morgen? Doch einen Tag in Wien einlegen? Der Wetterbericht sagt ganztags strömenden Regen voraus. Wir könnten auch ein Schiff nach Bratislava nehmen. Wäre sicher eine Alternative. Der Abfahrtspunkt ist allerdings fast in Klosterneuburg. Und das Schiff fährt sehr früh. Außerdem fahren wir einfach gerne Rad……

                                                          Wir bleiben…..


                                                          25.8.2013

                                                          Nach einem gemütlichen Frühstück nutzen wir noch Waschmaschine und Trockner, um uns anschließend auf den Weg zu einer ausführlichen Stadtbesichtigung zu machen. Mit den Rädern kommen wir dort zügig hin, ketten sie dann aber bei den Fiakern am Stephansdom an. Mit dem beginnen wir auch unsere Besichtigungsrunde. Laufen noch einmal durch die Fußgängerzone, konzentrieren uns dann aber auf die Wiener Sezession und die zugehörigen Bauten, von denen im weiteren Verlauf des Donau-Radwegs noch viele zu sehen sein werden.

                                                          Die meisten dieser Gebäude sind alte Bekannte. Wir freuen uns, sie wiederzusehen. Danach laufen wir eine Runde um Hofburg, Museen und Theater. Einiges hat sich doch stark verändert seit unserem letzten Besuch vor einigen Jahren. Die Zeit vergeht wie im Flug. Wir werden nasser und nasser, der Regen kontinuierlich intensiver. Und kaaalt ist es.

                                                          Am späten Nachmittag fliehen wir endgültig zum Wiener Schnitzel in ein geheiztes Lokal. Die Außensitzplätze sind nicht mehr zu halten, da ein Wolkenbruch von all den Zeltkonstruktionen nicht mehr aufzuhalten ist. Diverses weht durch die Straßen.
                                                          So kehren wir zurück unter das Tarp neben unserem Zelt und sitzen dort noch gemütlich bis wir ins schlafen gehen.

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                                                          • Enja
                                                            Alter Hase
                                                            • 18.08.2006
                                                            • 4869
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: Die Donau entlang

                                                            26.8.2013

                                                            Also nun doch kein Schiff nach Bratislava. Das Wetter hat sich etwas beruhigt. Es ist zwar noch feucht draußen, aber es regnet nicht mehr. Entlang der Neuen Donau verlassen wir Wien. Wir streifen schon mal ein wenig den Nationalpark Donau-Auen, durchqueren dann aber die industriellen Anlagen in Lobau, um weiter dem Donau-Damm zu folgen. Der führt uns, weitab von der Donau und jedem Ort Richtung Bratislava. Schnurgeradeaus durch den Wald. Überwiegend asphaltiert und ab und zu auch mal auf einem Schotterweg. Andere Radfahrer werden nicht mehr gesichtet. Mutterseelenallein pedalieren wir auf unserem perfekten Asphaltweg Richtung Bratislava. Unser Vorankommen stellen wir nur an den gelegentlichen Abzweigen fest. Irgendwo hinter Eckartsau wechseln wir auf Schotter. Aber nur 15 km später gibt es Abwechslung im Sichtfeld: eine Donau-Brücke kommt in Sicht. Insgesamt eine Tour für Geduldige oder Menschen, die intensiv an unterschiedlichen Mückenarten interessiert sind. Oder halt an meditativem Rollen.

                                                            Wir schieben unsere Räder hoch auf die Brücke und genießen die Rundumsicht von oben. Vor allem freuen wir uns, die Donau mal wieder zu sehen. Am Ufer entlang folgen wir der Donau nach Hainburg. Hier sind wir der slowakischen Grenze schon ganz nah. Hainburg wirkt verfallen. Wegen der Randlage? Wir folgen zunächst der eindrucksvollen Stadtmauer gefühlt einmal um den Ort herum, während es in Wirklichkeit natürlich nur ein Halbkreis ist. Bei jedem Zugang gucken wir, ob wir wohl irgendwie nach drinnen kommen können, aber überall blickt man nur auf steile Treppen.

                                                            Von der anderen Seite her gelingt es uns. Der Ort liegt relativ steil am Hang, die Durchgangsstraße ist stark befahren. Wir bummeln über den Markt vor der Kirche, auf dem es alles gibt, was der Süd-Ost-Asiate so herstellt. Unser Ziel ist die neue evangelische Kirche, die von Coop Himmelblau erbaut worden ist. Das lässt vermuten, dass es sich lohnt, sie sich mal anzusehen. Sie erfüllt auch alle unsere Erwartungen. Speziell auch in Bezug auf die diversen Wasserschäden durch die himmelblaue verwegene Dachkonstruktion.

                                                            Von Hainburg aus folgt der Radweg jetzt der Bundesstraße in Richtung Grenze. Ab und zu schlägt der Radweg zusätzliche Haken. Wie auch immer. Bald kommen wir an der verlassenen Grenzstation an.

                                                            Fazit Österreich: wunderschöne Landschaften, fast schon zu viel zu sehen (man muss Prioritäten setzen, sonst kommt man überhaupt nicht voran, ein perfekt ausgebauter Radweg, in dessen Verlauf nur noch wenig Flutschäden zu finden sind, äußerst rücksichtsvolle Autofahrer, Einkaufsmöglichkeiten "wie zu Hause"

                                                            was uns wenigre gefiel: das Wetter, das Wetter, das Wetter, die mäßigen Campingplätze, bei denen häufig einfach das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmte, viel zu viel Betrieb, ein wenig wenig Abenteuer-Faktor.



                                                            Hier wendet sich der Radweg ab ins Grüne, um dann neben der Autobahn, abwärts in Richtung Donau auf Bratislava zuzuführen, dass man mit seiner charakteristischen Silhouette (der neu erbauten Burg und dem Dom) schon eine Weile liegen sieht.

                                                            Wir folgen dem Bikeline-Vorschlag, folgen noch ein Stück der Donau und überqueren sie erst auf der nächsten Brücke, wodurch wir direkt im Zentrum von Bratislava ankommen. Nett ist es hier. In den Fußgängerzonen reiht sich ein Lokal an das andere. Viele Gebäude sind aufwändig saniert. Und viele auch nicht. Erinnert mich ein bißchen an Erfurt, drei Jahre nach der Wende. Die Sanierungen sind natürlich meist eher Fassadenkosmetik.

                                                            Wir wollen zunächst zum Campingplatz, um uns anschließend noch die Stadt anzugucken, da wir morgen weiter wollen. Optimistisch geben wir also die Adresse in unser Fahrrad-Navi ein – und finden fünf gleich heißende Straßen. Natürlich auch erst, nachdem wir auf die Idee gekommen sind, anstelle von Bratislava Pressburg einzugeben. Wir brauchen Hilfe. Keiner, der vielen Menschen, die wir fragen, hat jemals von einem CP in Bratislava gehört, aber da entdecken wir einen Hinweis auf die Touri-Info. Die lösen das Rätsel schnell, da sie den Stadtteil kennen, in dem der Platz liegt. 9 km entfernt. Donnerwetter. Wir wollen da trotzdem hin.

                                                            Jetzt müssen wir uns also an sehr schlechte Straßen gewöhnen. Gerade am Rand, wo man als Radfahrer natürlich unterwegs ist, schlägt der Asphalt Wellen und Schlagloch reiht sich an Schlagloch. Dazu ist der Verkehr recht heftig. Als erstes stellen wir mal fest, dass es niemand drauf anlegt, uns von der Straße zu schubsen. Die Autofahrer sind genauso rücksichtsvoll mit uns wie die in Österreich. Ärger macht uns das Fahrrad-Navi. Es möchte uns von den Hauptverkehrsstraßen weg haben und lässt uns ständig in Nebenstraßen abbiegen, die uns in Gegenden führen, wo wir uns ganz und gar nicht wohlfühlen. Oder in irgendwelchen Sackgassen landen. Glücklicherweise hat die Touri-Info uns einen Stadtplan mitgegeben. Und sobald wir den Wegweisern zu dem großen Einkaufszentrum folgen, das direkt daneben liegt, stehen wir bald an der Rezeption.

                                                            Hm. Man erklärt uns, das Zelten auf diesem Platz sei unglaublich gefährlich. Deshalb ist er hoch umzäunt, 24-stündig bewacht. Man darf nur mit einem persönlichen Schlüssel aufs Clo. Das Fahrrad muss unbedingt in einen extra gesicherten Raum. Und eigentlich darf man niemals etwas aus den Augen lassen. Da auf der Wiese dahinter etliche Wohnmobile, Wohnwagen und auch Zelte stehen, glauben wir, diese Übernachtung überleben zu können und checken ein.

                                                            Es ist Montag. Auf der Wiese hat offensichtlich am Wochenende eine rauschende Party stattgefunden. Müll jeder Art, überwiegend Kippen, bedeckt das Gras. Und einige schlecht erzogene Menschen haben sich auch übergeben. Es ist also nicht ganz einfach, ein Plätzchen zu finden, dessen Auflage sich ohne gesundheitliche Gefährdung in einen Müllsack packen lässt. Gut, wir wollen hier nur schlafen. Jetzt noch in die Stadt und morgen sind wir gleich weg.

                                                            Die mit dem persönlichen Schlüssel zugänglichen Sanitäranlagen sind unter aller Kanone. Völlig verdreckt. Und warmes Wasser gibt es natürlich auch nicht. Das nur der Vollständigkeit halber. Macht also mehr Sinn, sich in der Stadt ein Zimmer zu suchen.

                                                            Wir radeln also gerne in die Stadt zurück, machen einen Rundgang und gehen gemütlich essen. Bratislava ist soweit überschaubar. Keine Metropole. Wir beenden den lauschigen Sommerabend mit einem Bier am Donau-Kai. Und erfreuen uns an den spektakulär niedrigen Preisen für solchen Unternehmungen.

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                                                            • Enja
                                                              Alter Hase
                                                              • 18.08.2006
                                                              • 4869
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: Die Donau entlang

                                                              27.8.2013

                                                              Heute haben wir die Wahl zwischen Ungarn und der Slowakei. Wir entscheiden uns für die Slowakei, weil wir sie nicht gleich wieder verlassen wollen und weil der Weg hier Donau-nah auf dem Damm im Grünen verläuft. Auf der ungarischen Seite werden Straßen befahren, die eher nicht am Ufer entlangführen. Und durch Ungarn wird es sowieso noch reichlich gehen.
                                                              Zunächst einmal beschließen wir, am See zu frühstücken. Der CP liegt an einem, von dem wir noch nichts gesehen haben. Wir packen also zusammen und machen uns auf die Suche. Der Platz ist riesig. Halb Bratislava hätte hier Platz. Es gibt diverse Hütten und Wohnhäuser, Rasenflächen, Restaurants, Bars, Kioske, Spielplätze – alles ein bißchen vergammelt und geschlossen. Wir frühstücken also auf einer gemütlichen Holzterrasse am See.

                                                              Danach durchqueren wir routiniert Bratislava – hier kennen wir uns jetzt aus. Nicht ohne noch ausführlich im großen Tesco nebenan Proviant einzukaufen. Der nächste Campingplatz auf dieser Route findet sich in Komarom. Das sind etwas über 100 km. So halten wir uns in der Innenstadt auch nicht mehr auf, sondern überqueren die Donau, um drüben den Radweg wiederzufinden.

                                                              Der Verkehr ist hier sauber getrennt. Die Fußgänger sollen oben auf dem Damm marschieren, mit Donaublick. Landeinwärts unten die Radler auf etwas, dass wie eine Straße aussieht. Zu breit für einen Radweg, aber abgepollert, um Autos fernzuhalten. Oben gibt es alle paar Kilometer eine Imbissbude, allerdings jetzt geschlossen. Der Radweg wird von vielen Rennradlern genutzt.

                                                              Es ist ein bißchen langweilig. So freuen wir uns, als wir bei Cunovo auf eine Querstraße treffen, in die wir nach links einbiegen. Wir sind hier am Anfang des Gabcikovo-Stausees. Als wir oben auf dem Damm ankommen, sehen wir ihn staunend liegen. Sieht so aus, als wären wir am Meer angekommen. Ein Tragflügelboot rauscht gerade drüber. Ein Kreuzfahrtschiff kommt uns entgegen. Und diverse andere Schiffe sind auch unterwegs. Erst einmal überqueren wir drei Brücken, dabei hart bedrängt von einer Gruppe aus fünf Männern, die mit Leih-Pedelecs unterwegs sind.

                                                              Am Ende dieser Brücken liegt das Danubiana Meulensteen Art Museum. Ein niederländischer Stifter hat das Museum errichtet. Auf den Bildern sieht es spektakulär aus. Das meiste davon ist aber noch Zukunftsmusik. Und die Öffnungszeiten liegen nicht passend. So lange wollen wir auf der Großbaustelle, die das Ding umgibt, nicht warten.

                                                              Das Stauwerk Gabcikovo ist ein stalinistisches Projekt und ziemlich gigantisch. Es besteht, wie wir das schon kennen, aus seitlichen Dämmen, die immer höher aus dem Boden wachsen, zwischen denen der Stausee liegt. So wie das in Österreich fast auf voller Donaulänge war. Aber hier in der Slowakei ist das laut Reiseführer verwerflich. Die Natur wird gestört. Das wird wohl so sein.

                                                              Wir folgen tapfer dem endlos langen Damm. Und ja. Gegenwind. Und was für einer. Einer, wie man ihn weiter abwärts in den Weiten der Walachei „Gegensturm“ nennt. Mühsam arbeiten wir uns voran. Bald wird der See wieder schmaler. Als wir ein kleines Päuschen auf der Leitplanke machen, kommen von hinten Radler. Unsere alten Bekannten mit Hund im Anhänger. Er fährt das Gepäck und den Hund. Sie ist ohne Gepäck meist weit voraus. Sie wollen nach Budapest.

                                                              Auch der Unterhaltungswert dieser Strecke darf nicht überschätzt werden. Zur Abwechslung gibt es unterwegs mal eine Fähre, der wir einen Moment lang zusehen. Und irgendwann kommen wir am Stauwerk an. Ziemlich erleichtert. Keine Ahnung, wie es weitergeht, aber hier stehen Tische und Bänke. Die ersten 50 km von den 100 km bis zum Campingplatz in Komarom sind geschafft. Wir halten an und kochen uns ein nettes Mittagessen. Zu den Hundebesitzern hat sich inzwischen ein weiteres Ehepaar aus Deutschland gesellt. Auch auf Tour von Hotel zu Hotel. Sie fahren weiter, um ein Restaurant zu suchen und den Tag in Gabcikovo zu beenden.

                                                              18 m sind die Seitendeiche am Stauwerk hoch. Entsprechend tief müssen die Schiffe heruntergeschleust werden. Eine gewaltige Anlage. In Sachen Stromgewinnung sieht es allerdings bescheiden aus. Wir überqueren jedenfalls hier die Donau, um noch in der Slowakei zu bleiben. Der Fluss bildet ab demnächst die Grenze zu Ungarn. Der Radweg führt zunächst weiter auf dem Damm direkt an der Donau entlang. Unten am Ufer zelten die Angler, wie wir das schon aus Österreich kennen. Die Donau ist hier wieder deutlich naturbelassener. Wir fahren um kleine malerische Dörfchen herum, deren Bewohner uns teilweise ein Stückchen mit dem Fahrrad begleiten und uns freundlich grüßen. Es ist alles sehr friedlich.

                                                              So bleiben wir zunächst auf dem Damm, als der Radweg auch Straßenalternativen anbietet. Es gefällt uns hier. Andere Reiseradler sind jetzt nicht mehr in Sicht. Der Weg ist zunächst noch asphaltiert, was sich später ändert. Zeitgleich ist ein Gewitter aufgezogen. Bevor wir das so richtig realisieren, geht schon ein Wolkenbruch auf uns nieder. Wir ziehen schnell unsere Ponchos über und biegen vom ausgesetzten und nun nicht mehr befestigten Dammweg ab. Eine rasante Fahrt ins nächste Dorf und schon springen wir mitsamt Rädern in einen gemütlichen überdachten Biergarten.

                                                              Wir trinken ein tschechisches Bier. Und noch eins. Und gucken hinaus in das heftige Gepladder. 70 Cent kostet der halbe Liter. Wenn wir nicht noch ein ordentliches Stück Weg vor uns hätten, könnten wir hier glatt Wurzeln schlagen. Aber so suchen wir, als der Regen aufhört den Radweg – Variante Straße- und machen uns wieder auf den Weg. Die Straße schlägt eine Reihe weiter Haken und führt uns schließlich auf einer stark befahrenen Straße auf Komarno zu. Ein wenig mühsam.
                                                              Komarno ist größer als gedacht. Gleich bei der Einfahrt kommen wir an riesigen Supermärkten vorbei und gönnen uns einen Einkauf bei Tesco. Wir wollen im ungarischen Komarom auf der anderen Donauseite zelten und haben keine Forint. Es stellt sich heraus, dass es in Komarno an der Festung auch einen CP gibt. Wir wollen nun aber rüber. Auf der Suche nach der Brücke treffen wir zwei Kollegen, die auf der slowakischen Seite übernachten wollen. Auch auf dem Weg nach Budapest. Die Brücke spannt weit und ist stark befahren. Grenzkontrollen gibt es nicht. Wir rumpeln drüber.

                                                              Fazit Slowakei: ein Kurzbesuch, Bratislava ist eine sehenswerte Stadt, die Menschen sind freundlich, die Autofahrer rücksichtsvoll, die Hunde bleiben brav hinter den Zäunen, das Preisniveau ist erstaunlich niedrig, die Straßen sind außerhalb Bratislavas in Bestzustand, die Ausschlderung des Radwegs ist perfekt, wenn man möchte, kann man durchgängig Asphalt haben, selbst der Dammweg ist überwiegend asphaltiert.

                                                              Was uns nicht so gefiel: das Wetter, die sparsamen Campingmöglichkeiten.


                                                              In Komarom finden wir problemlos den Platz. Mit eigener Therme. Einige andere Radler sind schon dort. Aber weder Therme noch nette Nachbarschaft kommt so recht zum Tragen. Wir können gerade noch das Zelt aufbauen und das Tarp davor aufspannen, da geht schon der nächste Wolkenbruch nieder. Es gewittert die ganze Nacht durch.

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                                                                • 16.02.2009
                                                                • 13261
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                Vielen Dank für Deinen Bericht! Seltsame Koincidenz! Am Freitag Abend saß ich nach einer Wanderung zur Donauquelle oben auf der Martinskapelle den Abend lang mit einem Wanderer aus dem Bayrischen zusammen, der mir von seiner jahrelangen, etappenweisen Begehung der Donau von der Quelle bis zur Mündung erzählte
                                                                "... „After twenty years he still grieves“ Jerry Jeff Walkers +23.10.2020"

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                                                                  Alter Hase
                                                                  • 18.08.2006
                                                                  • 4869
                                                                  • Privat


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                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                  Die Donau ist ein faszinierender Fluss. Man kommt durch soooo viele Länder und Gegenden. Kann soviel sehen. So in einem Stück war das fast zuviel. Am Ende waren wir regelrecht "satt".

                                                                  Aber manches blieb auch über die volle Länge gleich. Immer wuchsen Zichorien am Wegesrand. Immer floss die Donau. Überall wohnten nette Menschen. Und überall gab es die gleichen Supermarktketten.

                                                                  Kommentar


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                                                                    Alter Hase
                                                                    • 18.08.2006
                                                                    • 4869
                                                                    • Privat


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                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                    28.8.2013

                                                                    Am Morgen grollt immer noch der Donner. Und der Regen rauscht ununterbrochen. Wo ist mein Poncho? Ach ja. Den habe ich gestern zum Trocknen auf die Leine gehängt. Das war wohl nichts. Als ich vorsichtig aus dem Zelt klettere, sehe ich, dass wir den Platz recht gut ausgesucht haben. Wir stehen noch auf Wiese. Die meisten Zelte haben nicht so viel Glück gehabt. Die beiden Radlerinnen bauen im Regendress tapfer ihr Zelt ab und beladen ihre Räder. Wollen wir das auch?

                                                                    Der Zugang zum Sanitärgebäude steht völlig unter Wasser. Leider auch die überdachte Fläche mit den Wäscheleinen. Ich angele die dort aufgehängte Wäsche zu mir her. Getrocknet ist da natürlich nichts. Wir frühstücken erst einmal unter dem Tarp und überlegen. Da hört der Regen auf. Sogar die Sonne kommt ein bißchen heraus.

                                                                    Also lassen wir Therme Therme sein und brechen auf. Den Platz können wir in Euro bezahlen, versorgen uns dann aber doch mit Forint. Bankautomaten gibt es reichlich. Nun müssen wir nur noch wissen, wieviel denn 100 Forint sind. Dazu habe ich für all die verschiedenen Währungen eine Liste dabei.

                                                                    Zunächst einmal fahren wir zurück nach Komarno. Gestern hatten wir keine Lust mehr auf eine Stadtbesichtigung. Die Fußgängerzone ist recht hübsch und auch sehr belebt. Und die Festung ist einfach gewaltig. Besichtigen kann man sie nur geführt. Das ist jetzt nicht. Also umrunden wir sie einmal. Das dauert eine ganze Weile. Wir müssen dabei riesige Pfützen durchqueren. Ganz schön ergiebig der Regen letzte Nacht. Von der Rückseite ist die Festung offen. Man kann durch einen Durchgang in den Hof. Einige der Gebäude werden für gewerbliche Zwecke benutzt. Interessant. Innerhalb der Festung gibt es viele dieser Höfe. Immer mit Durchfahrten zu wieder anderen.

                                                                    Zurück nach Komarom. Richtung Esztergom geht es jetzt eine stark befahrene Straße entlang. Mal mit mal ohne Radweg. Die Straße ist erstaunlich schlecht. Der Radweg meist noch schlechter. Schließlich hört er auf. In Almasfüzito müssen wir abbiegen. Ausgeschildert ist hier wenig. Wir versuchen, uns an den Bahnlinien zu orientieren. Nach dem Abbiegen geht es jedenfalls wieder Richtung Donau. Hier gibt es anscheinend in fast jedem Ort einen Campingplatz. Und man trifft auch immer wieder andere Reiseradler.

                                                                    Die Orte liegen dicht an dicht. Die Straße ist immer stärker befahren. Es gibt viel Gewerbe und Industrie. Ab Nyergesujfalu auch wieder einen Radweg. Die Straße ist nun besser. Dafür wird gerast. Wir sind jetzt froh über den Radweg, obwohl die Autofahrer uns generell sehr rücksichtsvoll begegnen. Schließlich biegen wir ab und erreichen über eine weite grüne Ebene Esztergom. Lange sehen wir den Dom oben liegen. Sehr eindrucksvoll.

                                                                    Der Campingplatz liegt davor. Unten, aber in fußläufiger Entfernung zur Innenstadt. Er sieht ziemlich nass aus. Hier hat es speziell die Wege unter Wasser gesetzt. Er ist sehr groß, so dass wir uns lange nicht entscheiden können, wo wir uns niederlassen wollen. Wir teilen uns den Platz mit einer Gruppe, die Kanus aus einem Kleinbus lädt, und drei Radlern. Einem deutschen Paar und einem Studenten auf dem Weg nach Griechenland.

                                                                    Der Swimmingpool darf noch eine halbe Stunde genutzt werden. Das Sanitärgebäude liegt dahinter. Es ist sehr ordentlich aber ohne Gummistiefel nur schlecht erreichbar. Der Platz braucht dringend mal eine Schönwetterperiode. Der übliche Erfahrungsaustausch muss schon wieder unter unserem Tarp stattfinden. Das nächste Gewitter ist herangezogen und der anscheinend allabendliche Wolkenbruch geht nieder. Wir haben uns inzwischen dran gewöhnt. Als der Regen aufhört, waten wir zum Restaurant und essen Gulasch. Das muss sein in Ungarn. Und die Preise sind so niedrig, dass sich Kochen kaum lohnt. W-Lan gibt es natürlich auch.

                                                                    Kommentar


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                                                                      Alter Hase
                                                                      • 18.08.2006
                                                                      • 4869
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                      29.8.2013

                                                                      Am Morgen scheint die Sonne. Während wir gemütlich frühstücken, trocknet das Zelt endlich mal wieder. Sogar die Wäsche wird trocken. Kurze ‚Absprache. Wer will wo lang? Es wird um das Donauknie gehen. Das soll landschaftlich sehr schön sein. Die Hauptstrecke links der Donau. Die Variante rechts führt über stark befahrene Straßen, die teilweise sehr gefährlich sein sollen. Aber über Visegrad, wo wir eigentlich gerne hin möchten. Auf der linken Seite ist es erheblich weiter. Und man muss zwei Fähren nutzen, wobei wir noch nicht wissen, ob ungarische Fähren verlässlich fahren, wenn man sie braucht.

                                                                      Bei Abfahrt sind wir alle noch unentschlossen. Zunächst einmal geht es aber natürlich in die Altstadt von Esztergom. Die liegt größtenteils hochkant am Hang. Und besteht im Moment gerade aus einer Großbaustelle. Wir schieben deshalb relativ zügig hoch zur Basilika. Interessanterweise erreichen wir sie schließlich mit einem Fahrstuhl. Die Räder bleiben unten. Erbaut wurde die Kirche 1822. Als größte Kirche Ungarns. Es gibt auch noch ein paar andere Superlative. Ich habe immer ein leichtes Misstrauen, wenn eine Kirche (oder was auch immer) mit „größte, höchste, teuerste“ beworben wird. Spricht meist nicht dafür, dass es die „schönste“ ist. Auch hier ist es so, dass der Fernblick auf das Gebäude wesentlich eindrucksvoller ist als die Besichtigung. Es herrscht ein unglaublicher Rummel. So ziehen wir uns bald auf das Plateau drum herum zurück, um die Aussicht zu genießen. In Richtung Donau ist sie tatsächlich sehr schön. In der anderen Richtung sieht man eher auf Industrie und Plattenbauten.

                                                                      Der Radweg führt unten auf Donau-Niveau um den Domberg herum. Wir können ihn von oben sehen. Das beschert uns eine wilde Abfahrt. Besonders wild, weil sie auf extremem Kopfsteinpflaster stattfindet. Der Weg unten erweist sich als gut fahrbar und sehr idyllisch direkt an der Donau gelegen. Wir leisten uns hier noch eine Rast, weil wir bald auf die Straße treffen werden. Die Strecke ist mit EV 6 ausgeschildert. Man findet immer mal ein Schild. Oft aber auch nicht. Zudem stimmt die ausgeschilderte Strecke nicht unbedingt mit der Bikeline-Route überein.
                                                                      Die Straße ist nur mäßig befahren. Also kein Problem. Sie verläuft natürlich nicht so nett an der Donau entlang, wie der Radweg vorher. Sie schneidet Donauschlingen ab. Das bedeutet nicht nur, dass man die Donau nur ab und zu sieht, sondern auch Steigungen. Bei Dolmos treffen wir wieder auf das Ufer und sehen bald Visegrad liegen. Die Straße führt am Ort vorbei, was das Zentrum angenehm ruhig macht. Wir sehen uns den Königspalast mit dem Löwenbrunnen an. Blicken hoch zur Burg und verlassen schließlich am Salomonturm wieder die Stadt.

                                                                      Hier am Donauknie ist die Landschaft mal wieder recht eindrucksvoll. Die Berge treten eng an die Donau heran, die jetzt mal wieder dich an der Donau entlangführt. Wir beschließen, auf einer hübschen Terrasse über dem Fluss eine frische Forelle zu essen und sitzen gerade gemütlich unter dem Sonnenschirm, als mal wieder ein Gewitter aufzieht und der tägliche Wolkenbruch niedergeht. Das war doch mal ein gutes Timing. Allerdings müssen wir in das Gebäude flüchten.

                                                                      Die Nähe von Budapest macht sich jetzt bemerkbar. Etwa ab Tahitotfalu sind die Orte zusammengewachsen. Die Bebauung wird immer dichter. Der Radweg führt am Flußufer durch verschiedene Parks, Sportanlagen und Datschen-Zonen entlang. Hier lässt es sich gut fahren.
                                                                      Schließlich erreichen wir Szentendre und damit eine hoch-touristische Zone. In jedem Haus ein Andenkenladen oder ein Restaurant. Jede Menge Schulklassen auf Klassenfahrt. Busse. Touristengruppen. Wir schieben unsere Räder einmal längs durch. Kommen aber als Kunden nicht so richtig in Frage.

                                                                      Wir folgen weiter der Beschilderung des EV 6. Kurz hinter Szentendre müssen wir an einem in die Donau mündenden Bach aufwärts bis zu einer Brücke fahren. Dahinter wieder am Bach zurück und nun auf unbefestigtem Weg weiter. Mehrere andere Reiseradler sind kurz vor oder hinter uns unterwegs. Einige davon mit den Leihrädern eines in Österreich tätigen Verleihs. Der Weg ist schlecht zu finden. Nicht zuletzt, weil er vom vielen Regen so ausgewaschen wurde, dass man ihn einfach nicht mehr als solchen erkennt. Streckenweise müssen die Räder geschoben und gezogen werden. Oder auch mal getragen.

                                                                      Als wir die Autobahnbrücke erreichen, wird es besser. Der Weg ist wieder befestigt und ausgeschildert. Es geht eine sehr belebte Uferpromenade entlang. An Bootsclubs, Restaurants und einer Art Jahrmärkten vorbei – immer weiter auf Budapest zu. Die Strecke zieht sich. Der Verkehr tobt. Aber nun gibt es auch Radwege.

                                                                      Im Spätnachmittagslicht blicken wir gegenüber zunächst auf das Parlamentsgebäude. Unser Radweg ist so stark befahren, dass wir es kaum schaffen, mal für ein Foto anzuhalten. Die Szenerie ist einfach phantastisch. Die glitzernde Donau. Sich zum abendlichen Unwetter auftürmende Wolken. Budapest zu beiden Seiten des Flusses. Die vielen Brücken dazwischen. Rechts von uns, oben auf den Höhen sehen wir die Fischerbastei, den Burgpalast und die Zitadelle.

                                                                      Am anderen Ufer liegen all die Kreuzfahrtschiffe, die wir unterwegs immer wieder getroffen haben. Irgendwann nehmen wir eine der Brücken, um drüben weiterzufahren. Unser Ziel ist das Haller-Camping. Der Platz liegt sehr zentrumsnah. Insofern finden wir die Adresse auch sehr schnell. Unser Navi führt uns hin. Die Haller Utca ist breit und stark befahren. Der Platz von hier aus aber nicht zu sehen. Wir finden ihn, als wir einmal um den Block fahren. Es herrscht lebhafter Betrieb. Wir treffen den Studenten, der schon in Esztergom neben uns wohnte. Und viele Wohnmobile. Auch einige Rucksackreisende mit Zelt. Es ist relativ eng. Auf dem Platz steht kein grüner Halm mehr. Der Sommer war wohl heiß und trocken. Jetzt ist der Platz kurz vor dem Wegschwimmen. Und es sieht schon wieder nach Wolkenbruch aus.

                                                                      Die Sanitäranlagen sind neu und ausreichend dimensioniert. Es gibt kostenlose Waschmaschinen und Wäscheständer. Die nutzen wir gleich mal. Und ein sehr nettes Camping-Restaurant mit freiem W-Lan. Dort sitzen wir den Wolkenbruch ab. Danach fahren wir in ein riesiges nahe gelegenes Einkaufszentrum, heben Geld ab und kaufen Vorräte ein.

                                                                      30.8.2013

                                                                      Heute wollen wir uns Budapest ansehen. Das Navi bringt uns zügig in die Innenstadt. Bei strahlendem Wetter ist uns weniger danach, Museen zu besuchen, als einfach durch die Stadt zu bummeln. Budapest ist ein bißchen wie Wien. Um die Stadt kennenzulernen, ist ein Tag sowieso zu wenig. Und so verbringen wir erst einmal reichlich Zeit in der Markthalle, wo es viel zu sehen und zu probieren gibt. Mal ganz abgesehen davon, dass auch das Gebäude eine Schönheit ist.

                                                                      Wir treffen uns mit einer Internet-Bekanntschaft aus Budapest. Interessant, mal einen Ortskundigen zu treffen. Endlich werden wir all unsere Fragen los und bekommen auch noch Tipps zum weiteren Verlauf des Donau-Radwegs. Weiter geht es durch die Prachtstraßen mit ihren verlockenden Lokalen und den üblichen Marken-Läden. Alles schön herausgeputzt. Und natürlich gibt es auch hier viele, viele Jugendstilbauten. Einer mit schöneren Details als der nächste. Wir können uns kaum satt sehen.

                                                                      Der tägliche Wolkenbruch treibt uns in die St. Stephan-Basilika. Danach umrunden wir das Parlament, dass zur Zeit in eine große Baustelle verwandelt ist. Überqueren die Donau und erklimmen die Fischer-Bastei. Jetzt nach dem Wolkenbruch und bei fortschreitender Zeit ist die Beleuchtung wieder phantastisch. Wir besichtigen das Gellert-Bad (Jugendstil) und kaufen uns zwei Dosen Bier, um von der Kettenbrücke aus den Sonnenuntergang zu bewundern. Im hell erleuchteten Budapest drehen wir anschließend noch eine Runde, um müde auf den Cp zurückzukehren.

                                                                      Kommentar


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                                                                        Alter Hase
                                                                        • 18.08.2006
                                                                        • 4869
                                                                        • Privat


                                                                        #36
                                                                        AW: Die Donau entlang

                                                                        31.8.2013

                                                                        Wir packen zusammen und brechen auf. Der Student hat aufgegeben. So sind wir hier an diesem Morgen die einzigen. Bikeline 4 können wir jetzt aufschlagen. Und ab jetzt haben wir die schönen GTZ-Karten. Darin gibt es mehr Alternativen. Speziell Varianten für trockenes und für regnerisches Wetter. Nach den massiven Regenfällen, die wir in den letzten Tagen erlebt haben, sind die unbefestigten Wege kaum befahrbar.

                                                                        Wir wollen über die Insel Czepel fahren. Im Prinzip tut das auch der EV 6. Im Großstadt-Straßengewirr verpassen wir den gleich mal. Finden aber zwischen all den Bahnlinien eine Brücke über die Donau und fahren südwärts. Wo genau, ist schließlich nicht so wichtig. Nachdem wir etliche Zeit damit verbracht haben, große Plattenbausiedlungen zu durchqueren, wird die Bebauung langsam niedriger. Wir passieren etliche Discounter und Supermärkte. Nicht nur die üblichen deutschen, sondern auch französische, englische und spanische. Fehlt uns noch was? Ja, unbedingt. Deutschen Kaffee hätten wir gern noch gekauft. Wer weiß, größere Städte sind jetzt erst einmal nicht in Sicht. Und wer weiß, was Kroatien und Serbien so bieten werden?

                                                                        So freuen wir uns, als wir den Discounter mit dem großen L treffen. Nach Querung der Autobahn, schon mit Szigetszentmiklos in Sichtweise. Durch viele Orte mit Sziget im Namen geht es weiter südwärts. Wobei die Straßenführung große Haken schlägt. Die Donau, bzw. die Bäume, die sie säumen, sieht man nur von weitem. Stattdessen säumen große Felder die Straße. Hauptsächlich Maisfelder. Die anderen sind schon gepflügt und sehen braun und langweilig aus. Kurz vor Rackeve biegen wir ab in Richtung Donau. Der Straßen müde. Auf unbefestigter Straße geht es hier zwischen Datschen dahin. Hier ist es schöner. Dafür kommt man kaum vorwärts. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten werden wir uns künftig häufig entscheiden müssen.

                                                                        So kommen wir nach Rackeve. Hier liegt an der Donau ein hübsches Schloss. Erbaut von Eugen von Savoyen (Prinz Eugen, der edle Ritter), der die Türken vertrieben hat. Dem gehörte damals hier die Gegend. Das Schloss ist niedlich. Heute beherbergt es ein Hotel. Im Garten gibt es eine Art Biergarten. Da heute die Sonne heftig vom Himmel brennt, würden wir gerne einkehren. Ist aber alles geschlossen.

                                                                        Hier könnte man über eine Brücke auf das „Festland“ zurückkehren. Wir wollen aber weiter bis zur Czepel-Südspitze. Laut Karte geht das. Also verlassen wir das hübsche Städtchen Richtung Süden, nicht ohne noch in einer Bäckerei eingekauft zu haben. In Makad verfahren wir uns. Die Straßenführung durch die Orte ist häufig etwas verworren. Und nicht ausgeschildert. Wir geraten also auf die falsche Straße. Sie wird immer schlechter. Wir ahnen schon, dass das nicht die Durchgangsstraße ist. Und landen auf dem Donau-Damm. Nun gut. Auch eine Variante. Auf der Karte als „nicht befestigt“ eingetragen. Sehr insektenreich ist es hier. Die Donau sieht man auch nicht. Und der Weg befährt sich in etwa so gut wie eine Kuhweide. Also eigentlich gar nicht gut. Wir hoppeln voran. In der weiten ebenen Landschaft kann man allerdings erkennen, wie Straße und Damm in der Ferne aufeinander treffen.

                                                                        Von weitem sieht man schon große Staubwolken. Eine Straßenbaustelle. Und als wir auf die Straße treffen, steht dort eine Polizistin und sperrt die Straße. Hier geht es nicht lang. Wir sollen die 20 km nach Rackeve zurückfahren und dort die Brücke nehmen. Wie bitte? 40 Bonus-Kilometer – einfach mal so? Wir sind nicht einverstanden. Unten am Damm gibt es eine Kneipe. Da gehen wir erst einmal hin und gucken, ob da nicht jemand Englisch kann. Viele Räder stehen dort.

                                                                        Es findet sich jemand. Er geht noch einmal zur Polizistin, um nachzufragen. Keine Chance. Da kommen wir nicht durch. Wir sind sauer. Da meint der freundliche Helfer, er könne uns einen Deal anbieten. Sie seien mit dem Boot da. Sie könnten uns übersetzen. Drüben gehe es weiter. Au ja. Wir schieben unsere Räder über den Strand. Das Boot ist das, was man an der deutschen Donau eine Zille nennen würde. Ein Holzkahn mit Außenbordmotor. Wird das gehen?

                                                                        Wir entladen unsere Räder. Packen sie ins Boot. Sie hängen weit über. Das Gepäck dazu. Uns auch noch. Bis auf den Kapitän bleiben die anderen Passagiere zurück und helfen, das Boot ins Wasser zu schieben. Überraschung: Es schwimmt. Ragt allerdings nur noch wenige Zentimeter aus dem Wasser. Ein strahlender, blonder Ungar zückt das Stechpaddel. „My Name „Schandor“. No English, No German.“ Wir strahlen zurück. Obwohl das nur die halbe Donau ist, brauchen wir eine ganze Weile bis nach drüben. Dort ist wieder „Datschenzone“. Ein Anlegesteg neben dem anderen. Jedes Haus hat hier einen. Und einer sieht maroder aus als der nächste. Dafür liegen sie alle beträchtlich hoch über der Wasseroberfläche. Wir sind heilfroh, als wir unser Hab und Gut an Land befördert haben und unter den staunenden Blicken der Anwohner auf dem Weg unsere Räder wieder beladen.

                                                                        Freudig und entspannt radeln wir weiter und finden auch bald einen Strand. Mit Kiosk, Tischen und Bänken. Sandstrand und flachem warmem Wasser. Aber ein Stückchen vorankommen, müssen wir heute auch noch. Der nächste Campingplatz liegt in Dunaföldvar. Um dorthin zu kommen, haben wir die Wahl zwischen dem Damm und der „51“. Den Damm kennen wir schon. Jetzt probieren wir mal die Hauptstraße aus. Die hier übrigens als EV 6 ausgeschildert ist. Wir fahren von der Donau weg bis nach Tass und biegen in die Hauptstrecke ein. Wie es auch Bikeline empfiehlt. Tatsächlich gibt es zunächst einen Radweg. Die Straße ist überhaupt gut ausgebaut. Der Rückenwind pfeift uns voran. So muss das auch mal sein. Bei Solt müssen wir abbiegen.

                                                                        Als der Radweg aufhört, findet sich ein komfortabler Seitenstreifen. Der Verkehr ist lebhaft, aber auszuhalten. Irgendwann überholen uns zwei junge Deutsche auf dem Weg zum/vom Balaton mit gebrochener Speiche. Kurz darauf kommen sie uns wieder entgegen. Um uns noch einmal zu überholen. Wir erreichen Solt und biegen Richtung Donaubrücken ab. Es sind zwei. Die Donau fließt jetzt meist in mehrere Arme geteilt. Und nimmt viel Breite ein. Drüben auf der anderen Seite liegt Dunaföldvar. Der Campingplatz ist ausgeschildert. Jedenfalls führt uns ein Wegweiser auf die Uferpromenade. Dort wird heftig gefeiert. Die beiden Radler kommen uns wieder entgegen. „Hier stehen nirgendwo Zelte.“ Nun gut, aber bald. Wir kommen an ein Gebäude, in dem Zimmer angeboten werden. Daneben ist eine große Wiese. Der Campingplatz. Wir bauen unsere Zelte auf. In dem Gebäude gibt es viele Toiletten, Waschbecken und Duschen. Jeweils eine davon ist benutzbar. Einmal für Männer, einmal für Frauen. Ich muss also nichts teilen.

                                                                        Nach einer kurzen Runde durch den recht hübschen Ort kommen wir zurück. Zwischenzeitlich sind noch zwei Engländer angekommen und haben ihr Zelt aufgebaut. Hier sind wir mal wieder direkt an der Donau. Die vorbeifahrenden Schiffe wummern uns in den Schlaf.

                                                                        Kommentar


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                                                                          Alter Hase
                                                                          • 18.08.2006
                                                                          • 4869
                                                                          • Privat


                                                                          #37
                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                          1.9.2013

                                                                          Beim Frühstück sehen wir den vier anderen beim Packen zu. Beide Teams essen ausschließlich in Restaurants, bauen also zügig ab, um unterwegs zu frühstücken. Lustig anzusehen die Mühen der sehr sportlich wirkenden Engländer, die Reiseräder ohne Ständer benutzen. Das eine lag über Nacht auf der Seite, das andere lehnte am Sanitärgebäude. Das Befestigen der Packtaschen wirkt äußerst akrobatisch. Das Wetter ist gut. Die Sonne scheint vielversprechend. Auf der Donau herrscht lebhafter Schiffsverkehr. Die Schubverbände werden immer größer.

                                                                          Zunächst geht es zurück über die Donaubrücken nach Solt. Wir kreuzen den Dammweg. Er sieht unbefahrbar aus. In den Karten ist er als „kaum noch befahrbar“ eingetragen. Durch die vielen Regenfälle ist das nicht besser geworden. Selbst Bikeline empfiehlt hier die „51“. Bis Dunapataj ist ein begleitender Radweg eingezeichnet, den wir auch real antreffen, was nicht immer selbstverständlich ist. Er ist ziemlich gut ausgebaut, wenn auch manchmal durch Baustellen unterbrochen. Der Rückenwind schiebt immer noch. Nach einiger Zeit sausen die beiden Engländer an uns vorbei. Wir sind mit 27 kmh unterwegs. Sie lassen uns praktisch stehen. Vorne „sie“, groß und breitschultrig, über das ganze Gesicht strahlend. Hinterher „er“, aus aller Kraft strampelnd.

                                                                          Vor Harta zweigt der Radweg ab und durchquert den Ort, um hinterher wieder auf die Durchgangsstraße zurückzukehren. Das ist mal eine nette Abwechslung. Die schnurgerade Strecke durch die flache grüne Landschaft ist ansonsten etwas öde.
                                                                          Von Dunapataj aus könnten wir jetzt direkt weiter nach Kalocsa brausen, folgen aber doch lieber der Radweg-Beschilderung, die donaunäher durch etliche Dörfer führt. Die Straßen sind auch hier neu und gut befahrbar. Die Dörfer liegen jetzt am Sonntag still da. Die Bewohner sammeln sich offensichtlich erst in den Kirchen und dann auf den Friedhöfen.

                                                                          In Foktö biegen wir Richtung Kalocsa ab. Nicht, dass uns das hier angepriesene Paprika-Museum besonders locken würde, aber es gibt hier in der Gegend nicht viel zu sehen. Da reizt jede Abwechslung. Auf Kalosca führt erst einmal eine gigantisch ausgebaute Straße mit vielen Kreiseln zu, auf der wir mutterseelenallein unterwegs sind. Der Ort selber ist aber sehr übersichtlich und genauso still wie die Dörfer. Alles hat geschlossen, so dass wir eine Runde durch den hübschen barocken Ort radeln und froh sind, an einem Fußballplatz eine Kneipe für eine Mittagspause zu finden.

                                                                          Wir beschließen, ab jetzt wieder der „51“ zu folgen. Es ist sonntäglich wenig Verkehr. Zwar gibt es nun meistens keinen Radweg mehr, aber es fährt sich gut auf einem komfortablen Seitenstreifen. Die Alternative wäre jetzt der unbefestigte Damm. Die 50 km bis Baja legen wir flott zurück. Es ist ein bißchen langweilig. Die Straße führt an den Orten vorbei. Die Landschaft ist flach. Irgendwann unterwegs sausen die Engländer wieder vorbei.

                                                                          Jedenfalls freuen wir uns, als wir auf Baja zukommen. Unser Navi führt uns zum Campingplatz, der auf einer Donau-Insel liegt. Die Stadtbesichtigung verschieben wir auf morgen. Auf der Wiese finden wir die Engländer, die neben ihren Rädern sitzen und setzen uns erst einmal dazu. Zeit, sich auszutauschen. Die beiden fahren den EV 6 vom Atlantik bis Constanta. Sie ist Sportstudentin und das ganze ein eher sportliches Projekt. Sie benutzen ausschließlich die Straße und sehen sich nichts an. Mal sehen, wie lange es dauert, bis sie uns davon fahren.

                                                                          Da der Platz stadtnah liegt, beschließen wir, essen zu gehen. Morgen wollen wir Ungarn verlassen und haben noch viele Forint. Das Preisniveau war einfach bedeutend niedriger, als wir kalkuliert haben. Aber jetzt um 20 Uhr gibt es nirgendwo mehr Essen. Gut, dass wir noch etwas dabei haben.

                                                                          Kommentar


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                                                                            Alter Hase
                                                                            • 18.08.2006
                                                                            • 4869
                                                                            • Privat


                                                                            #38
                                                                            AW: Die Donau entlang

                                                                            2.9.2013

                                                                            Heute wollen wir mal wieder an der Donau fahren. Von der Hauptstrecke haben wir genug. Nachdem wir uns Baja angesehen haben – ein hübsches Örtchen mit viel Barock, einer Fußgängerzone und einem Hauptplatz, auf dem gerade eine Bühne abgebaut wird. Die Sonne scheint. Wie jetzt anscheinend immer. Das Regenwetter liegt hinter uns. Es riecht nach Süden.
                                                                            Über Szeremle fahren wir Richtung Dunafalva. Jetzt immer mal wieder dicht an der Donau, schließlich auf dem Damm. Die Strecke ist asphaltiert und gut zu fahren. Wir fahren an zwei Reiseradlern mit gelbem Anhänger vorbei. Später werden wir sie noch kennenlernen. Ab Dunafalva ist der Dammweg unbefestigt und streckenweise „schlecht befahrbar“. Gerne würden wir ihn trotzdem nehmen. Aber – Baustelle. Er ist hoch mit Sand aufgeschüttet. Da kommen wir nicht durch.

                                                                            Wir kehren um und müssen nun die Straße nehmen, was natürlich mit einem Umweg verbunden ist. Das ist demotivierend. Und mit Gegenwind verbunden. Trotzdem ist es bis Ujmohacs nicht mehr weit. Schade, wir wären gern über Felsökanda gefahren. Ein schöner Name für ein Dorf. Kurz vor dem Donauufer kreuzen wir den Dammweg. Auch hier ist er nicht befahrbar.

                                                                            Am Ufer ist der Fähranleger und hier ist reichlich Betrieb. Eine große Fähre steuert ihn gerade an. Etliche Autos und eine Schulklasse zu Fuß warten schon. Wir kaufen uns Tickets, schieben unsere Räder auf die Fähre und genießen die Überfahrt. Die Donau ist hier relativ schmal. Es dauert nicht lange. Drüben, in Mohacs liegt ein Kreuzfahrtschiff am Kai. Hier und in der daneben beginnenden Fußgängerzone gibt es sehr einladende Lokale. Wir suchen uns eins aus und essen mal so richtig schön ungarisch. Anschließend wäre es nicht schlecht gewesen, eine Siesta einzulegen. Aber wir fahren tapfer weiter. Den Campingplatz in Mohacs gibt es anscheinend nicht.

                                                                            Wir nehmen die direkte Straße zum Grenzübergang Udvar. Empfohlen wird eine Nebenstrecke, die einen großen Bogen schlägt. Aber die ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Die Straße ist mäßig befahren. Eine Weilchen folgt sie der Grenze. Dass das keine der üblichen Grenzen ist, die man überquert, ohne sie zu bemerken, sieht man gleich. Es gibt einen Zaun und Wachttürme. In der ungarischen Grenzstation umringen uns acht fröhliche Grenzer. Neben ganz viel Geplauder möchten sie tatsächlich auch unsere Ausweise sehen.

                                                                            Die Kroaten sind förmlicher. Und haben es eilig. Noch einmal werden unsere Ausweise kontrolliert. Und wir werden daran erinnert, dass Wildcampen in Kroatien strengstens verboten und zudem, wegen der Minen auch gefährlich sei. Campingplätze gibt es an der kroatischen Donau nicht. Mal gucken, wie das wird.

                                                                            Die Straßen sind jetzt makellos. Und der Radweg gut ausgeschildert. Kurz hinter der Grenze biegen wir nach links in Richtung Donau ab. Zunächst geht es weiter durch die Ebene, aber in der Ferne sieht man schon Berge. Da müssen wir rüber. In den kroatischen Dörfern sind viele Häuser frisch renoviert. Dazwischen sieht man noch welche mit Kriegsschäden.

                                                                            Es geht überraschend steil bergauf. Wir müssen ziemlich schuften. Aber das Schöne daran ist, dass man von oben eine phantastische Aussicht genießen kann. Wir fahren nicht runter nach Batina, sondern bleiben oben. Weinberge gibt es hier viele. Die reifen Trauben hängen an den Reben. Schön eingezäunt. Und außerdem heißt es überall: Minen. Keinen Schritt von der Straße. Ich weiß nicht so recht. Aber so richtig für Wohlgefühl sorgt der Gedanke nicht.

                                                                            Besonders viel Tageslicht bleibt uns nicht mehr. Wir müssen gucken, wo wir übernachten wollen. In Knezewi Vinogradi finden wir einen Bankautomaten. Das ist schon mal gut. Irgendwo fragen, ob wir bei einem Restaurant zelten können? Nein, das wollen die nicht. Also ein Zimmer? An vielen Häusern hängen Schilder „Sobe, Zimmer, Rooms, Chambres“. Irgendwo mal gucken? Ein Privatzimmer ist im Bikeline angegeben. Da klingeln wir mal. 22 € soll das Zimmer kosten. Die Wirtin spricht fließend Deutsch. Das Haus ist sauber. Das Zimmer auch. Warmes Wasser gibt es nicht. Ist das angemessen? Uns kommt es teuer vor. Ungarn war deutlich günstiger. Aber gut. Wir sind müde und checken ein. Unsere Ausweise müssen wir zwecks polizeilicher Meldung abgeben.

                                                                            Kommentar


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                                                                              Alter Hase
                                                                              • 17.07.2013
                                                                              • 3048
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                              Toller Bericht.
                                                                              Du sagst 22 € für das Zimmer kamen Euch teuer vor. Habt Ihr mal geschaut, was die Zimmer in Ungarn kosten?

                                                                              Kommentar


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                                                                                Alter Hase
                                                                                • 18.08.2006
                                                                                • 4869
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                In Ungarn haben wir nicht nach Zimmerpreisen geguckt, weil es überall Campingplätze gab. Ansonsten war auf der weiteren Tour 20 € schon fast die Obergrenze für ein taugliches Hotelzimmer. Mit warmer Dusche und Frühstück. 44 € waren für das über eine Hühnerleiter erreichbare Ex-Kinderzimmer unter dem Dach auf jeden Fall zuviel.

                                                                                Vor allem haben wir uns natürlich über das "Missverständnis" geärgert. Wir hatten auf eine klare Frage eigentlich eine klare Antwort bekommen. Und die Dame sprach perfekt Deutsch. Ohne jeden Akzent. Nach vielen Jahren in Deutschland.

                                                                                Ansonsten ärgern wir uns über sowas eher nicht. Mal kommt man günstig unter, mal nicht. Im Durchschnitt macht sich so ein Missgriff nicht besonders bemerkbar.

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Alter Hase
                                                                                  • 18.08.2006
                                                                                  • 4869
                                                                                  • Privat


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                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                  3.9.2013

                                                                                  Wir sind nicht begeistert. Im Zelt schlafen wir deutlich besser. Aber gut, den Versuch war es wert. Als wir bezahlen wollen, erklärt man uns, dass die 22 € natürlich „pro Person“ seien. Wir also 44 € bezahlen müssen. Was wir tun, um keinen weiteren Ärger zu riskieren. Unser Wunsch, in Privatzimmern zu übernachten, ist aber nun bei Null. Jedes Hotel wäre hier günstiger gewesen. Und hätte uns ermöglicht, zu duschen.

                                                                                  Weit weg von der Donau radeln wir Richtung Osijek. Osijek liegt an der Drau. Nicht an der Donau. Aber das Mündungsgebiet der Drau ist ein sumpfiger Naturpark, durch den keine Radwege führen. Also heißt es wieder mal „Straße radeln“ und wir sind froh, als wir Osijek erreichen. Auf unserer Seite der Drau liegt zunächst einmal die Festung, in der wir uns ein bißchen umsehen. Da wir die Auffahrt auf die Straßenbrücke verpassen, folgen wir zunächst einmal diesem Ufer mit schönen Ausblicken auf die Stadt. Es geht eine Uferpromenade entlang durch einen Park.

                                                                                  Nachdem man uns durch ein Freibad mit allerhand Verbotsschildern durchgewinkt hat, überqueren wir die Drau auf einer Hänge-Fußgängerbrücke. Drüben sind wir direkt im Stadtzentrum. Hier sieht man viele Häuser, die mit Einschusslöchern geradezu übersät sind.

                                                                                  Osijek ist berühmt für seine Sezessionsbauten. Zunächst einmal aber kommen wir an einem bedeutenden Werk der Moderne vorbei. Das Kino Europa. Es ist offensichtlich im Krieg auch böse erwischt worden. Speziell der Schriftzug „Europa“ ist von kleinen und großen Einschusslöchern umgeben, was etwas speziell wirkt. Einige Ecken weiter treffen wir auf das Kino Urania und sind nun bei den Sezessionsbauten angekommen. Leider kann man es nicht von innen besichtigen. Von außen ist es eindrucksvoll.

                                                                                  Und von hier ab schieben wir unsere Räder an der langen Reihe der Sezessionsbauten entlang. Einer ist schöner als der andere. Nichts an diesen Bauten ist Einheitsware. Jedes ist wunderschön durchgestaltet. Manches wirkt zwar etwas bröselnd. Aber gerade das macht den Reiz aus. Besonders die schönen schmiedeeisernen Gitter sind noch Original. In dieser Form haben wir das bisher noch nicht gesehen. Genauso die Fenster.

                                                                                  Anschließend geht es noch durch die Festung mit hübschen Lokalen und vielen Gebäuden der Universität, bevor wir wieder den üblichen Gewerbegürtel durchqueren, in dem sich praktischerweise die gleichen Discounter finden, wie wir sie auch zu Hause haben. Irgendwo stadtauswärts verlieren wir den EV 6 und landen auf der Hauptstrecke in Richtung Vukovar. So viel Verkehr hier? Das kann doch nicht die Nebenstrecke sein? Aber holla. Der Wind bläst uns geradezu voran. Wir sind mit 35 kmh unterwegs. Umkehren? Nö, wieso denn. Macht einfach großen Spaß.

                                                                                  Einen gefühlten Wimpernschlag später sind wir in Vukovar. Das macht Hoffnung. Wir können Kroatien mit all seiner Camping-Feindlichkeit und seinen geschäftstüchtigen Bewohnern bald verlassen. Hurra. In Vukovar biegen wir zunächst mal zum Palais derer zu Eltz ab. Der Name ist uns vom Limburger Bauskandal her präsent. Na gut. Heute ist das ein Museum. Wunderbar restauriert. Barock und schön ockergelb gestrichen. Hinter dem Gebäude geht es runter an die Donau. Auf einer Bank an der Uferpromenade machen wir ein Picknick.

                                                                                  Es herrscht lebhafter Betrieb. Um einen kleinen Bootshafen radeln wir noch fröhlich herum. Dann wird es schwierig. Die Stadt ist eine einzige Baugrube. Da werden Rohrleitungen verlegt. Das ist bestimmt sehr nützlich. Aber wir müssen auf die Durchgangsstraße ausweichen, um überhaupt durchzukommen. Und dort ist es unidyllisch. Allerdings nähern wir uns nun dem Wahrzeichen Vukovars. Dem zerschossenen Wasserturm. Er ist besonders groß für einen Wasserturm, steht auf einem Hügel zwischen Straße und Donau. Und es hat ihn wirklich böse erwischt. Sowohl die Betonrippen als auch die Ziegelflächen dazwischen bröseln vor sich hin und wehen regelrecht im Wind. Mutige Besucher scheint das nicht besonders zu stören. Ich halte lieber Abstand. Ein eindrucksvolles Denkmal der Sinnlosigkeit des Krieges.

                                                                                  Nun haben wir Kroatien schon fast hinter uns. Gerne würden wir noch weiter bis Serbien, wo man, wie uns jedenfalls unsere Karte verspricht, jederzeit wild campen darf. Aber auch kein Campingplatz in Reichweite ist. Es geht oben an der Kante zum Donautal entlang. Ab und zu kann man sie sehen. Wir kommen flott voran.

                                                                                  Bis sich das Ufer insofern ändert, als kleine tief eingeschnittene Bäche unseren Weg kreuzen. In jedes Dorf geht es jetzt tief hinunter und auf der anderen Seite wieder nach oben. Das beschert uns atemberaubende Ausblicke – und weiche Knie. Der Tag ist schon weit fortgeschritten. Zeit nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu gucken. So erreichen wir Sarengrad. Hier gibt es ein Kloster, das wir uns ansehen wollen. Es ist hübsch gelegen. Und wird gerade renoviert. Turm und Dach waren offensichtlich genauso wie der Wasserturm in Kampfhandlungen verwickelt. Zurück auf der Hauptstrecke treffen wir drei Friedensradler. Der Vortrupp einer Gruppe von 20, die durch den Balkan für den Weltfrieden radeln. Ohne einen Pfennig Geld. Jetzt auf der Suche nach einem Plätzchen, wo sie ihre Zelte aufbauen können. Sie wollen hier auf die anderen warten. Wir fahren weiter.

                                                                                  Und sehen ein Schild. „Free Camping“ steht drauf. Ist das nicht das, was wir alle wollen? Wir sehen uns an und biegen ab. Es lohnt sich. Ein kleines Restaurant am Donauufer. Ein so hübsches Plätzchen, wie wir es unterwegs noch selten hatten. Eine kleine Wiese mit Gartenmöbeln. Eine Quelle. Toiletten. Was wollen wir mehr? Wir werden freundlich empfangen. Natürlich können wir hier unser Zelt aufbauen. Nein, das kostet nichts. Wir nehmen das gerne an und melden uns zum Essen an. Es gibt Fisch, wie meist an der Donau. Dazu frisch gebackenes Brot. Weintrauben, Pflaumen und Pfirsiche aus dem eigenen Garten. Toll. Wir sind rundum zufrieden.

                                                                                  Wir hatten schon vermutet, dass die Friedensradler auch auftauchen würden. Und es dauert nicht lange. Sie machen dem Wirt gleich mal klar, dass er von ihnen keinen Cent bekommen wird. Sie möchten nur die Toiletten etc. nutzen. Und natürlich ihre vielen Handys und was sie sonst noch so dabeihaben, aufladen. Dazu haben sie jede Menge Mehrfachstecker dabei. Jeder baut sein Zelt auf. Aus mehreren großen Fahrradanhängern wird eine Feldküche ausgepackt. Sie kochen vegan. Hauptsächlich Kartoffeln. Das Essen wird von den Feldern gesammelt. Der Wirt bringt ihnen Obst. Sie sind auf dem Weg nach Novi Sad, wo es ein Fahrradcafe gibt, wo man umsonst schlafen kann. Und die reparieren einem dann auch noch die Räder. Und eine Armenküche gibt es dort auch. Wo man kostenlos essen kann. Na denn. Der Wirt macht die Runde und bietet Pflaumenschnaps an.

                                                                                  Mit ein paar Dorfbewohnern sitzen wir noch beim Bier. Thema ist wie überall hier: Der Krieg. „Vorher lebten hier Kroaten und Serben zusammen. Sowas geht nicht. Dann kam der Krieg. Alles war kaputt. Viele Menschen tot. Und alle hassen einander nun. Im Dorf leben Serben und Kroaten.“

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Alter Hase
                                                                                    • 18.08.2006
                                                                                    • 4869
                                                                                    • Privat


                                                                                    #42
                                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                                    4.9.2013

                                                                                    Die Morgensonne trocknet zügig unser Zelt. Wir sitzen beim Kaffee und sehen den Friedensradlern zu. Sie kochen auf offenem Feuer. Das Holz dazu haben sie auf dem Grundstück eingesammelt. Der Vortrupp bricht früh auf. Sie erkunden die Straßen und malen für die anderen Pfeile auf. Die letzten, die erst spät in der Nacht angekommen sind, schlafen noch tief.
                                                                                    Wir sind bald in Ilok und sehen uns dort zunächst mal das Kloster an. Von dort oben hat man einen sehr schönen Blick über das Donautal. Die Brücke bildet die Grenze. Vor der Auffahrt werden wir von den Kroaten kontrolliert, die nichts gegen unsere Ausreise haben. Am anderen Ende warten die Serben. Sie begrüßen uns freundlich, winken uns gleich aus der Warteschlange nach vorn und wünschen uns nach einem kurzen Blick auf unsere Ausweise „Gute Fahrt“.

                                                                                    Fazit Kroatien: Perfekte Straßen, Landschaft ziemlich unspektakulär, nicht unser Lieblingsland - vielleicht war unser Aufenthalt zu kurz.

                                                                                    Serbien ist anders. Die Straßen sind nicht mehr perfekt. Eher wie in Ungarn. Die Häuser nicht herausgeputzt. Die meisten Schilder ausschließlich kyrillisch beschriftet. Die Leute grüßen freundlich. Die westeuropäischen Supermarktketten fehlen – ab jetzt kaufen wir in Dorfläden. Es gibt deutlich mehr Hunde. Darunter viele sehr große. Sie kläffen aber überwiegend hinter Zäunen. Und ab jetzt ist der Straßenrand und die Landschaft vermüllt.

                                                                                    Wir fahren bis Backa Palanka – Mitte und biegen dort auf die Straße nach Novi Sad ein. Es gibt schönere Strecken. Die Donau ist weit weg. Es staubt und stinkt. Aber die Autofahrer verhalten sich auch hier uns gegenüber mustergültig. In Futog treffen wir auf das Donauufer und biegen auf den Dammweg ein. Er ist zwar als „fast unbefahrbar“ in der Karte eingetragen, aber das war vielleicht früher mal. Auch hier säumen Angler das Ufer und mit schönem Blick auf die Donau und das Landleben um uns herum haben wir Novi Sad bald erreicht.

                                                                                    Es geht ein bißchen durch die Vororte und schließlich eine belebte Uferpromenade entlang. Für Fußgänger, Radfahrer, Jogger und Inlineskater gibt es hier jeweils eigene Spuren. Der Radweg ist relativ schmal und stark befahren. So wären wir fast an den beiden Engländern vorbeigeschossen, die hier auf einer Bank sitzen und rasten. Natürlich setzen wir uns dazu. Sie wollen heute noch bis Zemun. Wir wohl eher nicht.

                                                                                    Zuerst einmal sehen wir uns natürlich Novi Sad an. Die Innenstadt ist übersichtlich. Ein bißchen viele Plattenbauten, aber es gibt eine nette Fußgängerzone mit gemütlichen Straßenkaffees. Auf einmal rasselt es neben uns. Aus der Dachkante eines Hauses fällt haufenweise Putz begleitet von einigen Backsteinen. Die Sonnenschirme darunter fangen das auf, so dass niemand verletzt wird. Aber es setzt doch eine panikartige Fluchtbewegung ein.

                                                                                    Als wir unsere Runde beendet haben, überqueren wir die Donau in Richtung Festung Petrovaradin und folgen der stark befahrenen Straße nach Sremski Karlovci. Wir sehen uns die Kirchen an, bummeln durch die barocke Altstadt und gehen ein Eis essen. Kleine Verschnaufpause bevor es aufwärts in Richtung Fruska Gora geht.

                                                                                    Die Straße nach Sremski Karlovci war schon extrem befahren. Aber eben. Jetzt geht es mit dem gleichen starken LKW-Verkehr gemeinsam steil bergauf. Auf relativ schmaler Straße. Entsprechend sind wir in Schweiß gebadet, als wir oben ankommen. Aber schön ist es hier. Von der Passhöhe aus sieht man über die Berge und Täler. Hier biegen wir ab, um das Kloster Krusedol zu besuchen. Der Weg ist gut ausgeschildert und relativ eben. Wir entspannen uns. Wie schön, dass da an einer Ecke eine Vinoteca liegt. Wir setzen uns zu den anderen dort in den Schatten und probieren den Wein aus dem Weinberg oben drüber.

                                                                                    Das Kloster liegt auf einem großen Gelände. Wir kaufen uns eine Postkarte, da kein Eintritt verlangt wird, aber um Einkauf im Klosterladen gebeten wird. Außer Postkarten gibt es dort nichts. Die kleine Klosterkirche ist sehr alt und komplett ausgemalt. Und sehr orthodox. Daran müssen wir uns erst noch gewöhnen.

                                                                                    Rasant abwärts bis Beska und ab dort eben dem Donaubogen nach fahren wir weiter Richtung Belgrad. Bis Zemun werden wir es nicht mehr schaffen. Die Straße ist mal besser, mal schlechter, ab und zu nur geschottert – wir kommen nicht wirklich voran. Es wird dunkel. Wir biegen ab Richtung Stari Slankamen. Meine Güte liegt das tief unten. Uns war gar nicht klar, wie hoch hier das Ufer über dem Tal liegt. Durch eine eindrucksvolle Schlucht geht es abwärts in das hübsche Örtchen unten. Wir fahren an einem Hotel vorbei immer den Schildern „Marina“ folgend. Dort gibt es einen Hafen und ein Restaurant. Wir fragen, ob wir dort irgendwo unser Zelt aufbauen können. Ja, können wir. Wir könnten auch im Restaurant schlafen oder auf einem Boot. Da entscheiden wir uns natürlich für das Boot. Das ist doch mal was anderes. Nach einem gemütlichen Abendessen – es gibt Fisch – führt man uns über diverse Stege und Anleger zu einem Kajütboot. Es schaukelt leise vor sich hin. Man warnt uns noch davor, dass um 6.15 Uhr das tägliche Kreuzfahrtschiff vorbeidonnern wird.

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Alter Hase
                                                                                      • 18.08.2006
                                                                                      • 4869
                                                                                      • Privat


                                                                                      #43
                                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                                      5.9.2013

                                                                                      Eine halbe Stunde vor Ankunft hört man das Kreuzfahrtschiff heranwummern. Seine Bugwelle lässt unser Schiffchen heftig auf und ab hüpfen. Wir setzen uns an Deck und sehen zu, wie das Leben rundherum erwacht. Fischer fahren hinaus und kommen mit dem zurück, was sich über Nacht in ihren Netzen verfangen hat. Andere fahren raus, um ihre Angeln ins Wasser zu halten. Und die Last-Schubverbände, die in der Nähe vor Anker lagen, machen sich zur Abfahrt bereit.

                                                                                      Wir frühstücken im Restaurant, wo man anschließend einige wenige Euro für beide Mahlzeiten und die Übernachtung haben will. Wir verdoppeln die Summe. Da ist es immer noch herzlich wenig. Mit frischen Kräften sind wir schnell wieder oben an der Nebenstrecke Richtung Belgrad. In Novi Banovci kreuzen wir die Autobahn. Ab hier wird der Verkehr stärker.

                                                                                      In Batajnica treffen wir auf die Hauptstrecke Novi Sad – Belgrad. Ab hier fahren die LKWs dicht an dicht. Dazwischen viele PKWs und unzählige Busse in allen Größen. Wir fahren am Straßenrand, wo die Straßenschäden besonders groß sind. Das erfordert hohe Konzentration. Ampel folgt auf Ampel. Dort knäuelt sich jeweils der Verkehr. Dazwischen liegen die Bushaltestellen, bei denen wir immer wieder die Busse kreuzen müssen. Lärm, Staub und Dreck tun ihr Übriges.
                                                                                      Wir sind froh, als wir kurz vor Zemun den Abzweig zum Campingplatz erreichen. Er liegt ein Stück von der Straße weg im Gewerbegebiet. Die Ausstattung ist in Ordnung. Die sanitären Anlagen ordentlich. Es gibt heißes Wasser. Ein kleines Restaurant. Kostenloses W-Lan. Eine etwas spärlich bewachsene Wiese. Sowohl Schatten als auch sonnige Flächen. Einen ehemaligen Pool in der Mitte und eine schöne Aussicht über die Donau.

                                                                                      Wir beschließen, den Nachmittag hier zu verbringen, mal wieder ordentlich zu duschen und unsere Wäsche zu waschen. Zwei Donauradler liegen neben Zelt und Fahrrädern schlafend neben ihrem Zelt. Wir bauen unseres auf, erledigen unsere Arbeit und halten auch bald ein Nickerchen.

                                                                                      Die beiden Schwaben sind auf dem Weg nach Istanbul. Sie haben unbegrenzt Zeit uns sind sehr gemütlich unterwegs. Morgen wollen wir alle Belgrad passieren. Mal sehen, wie das klappen wird.

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        Alter Hase
                                                                                        • 18.08.2006
                                                                                        • 4869
                                                                                        • Privat


                                                                                        #44
                                                                                        AW: Die Donau entlang

                                                                                        6.9.2013

                                                                                        Noch ein paar Kilometer Hauptverkehrsstraße bis zum Abzweig nach Zemun. Zemun ist ein hübscher Vorort an der Donau mit der üblichen Uferpromenade. Gemütlich geht es hier entlang an diversen lokalen, Clubschiffen, Diskotheken und schließlich durch einen Park in die Save-Mündung hinein bis zur Brücke zur Innenstadt. Belgrad liegt auf einem Höhenzug. Alles ist, wie überall in Serbien mustergültig ausgeschildert. Die Kreuzungen sind zudem durchnummeriert, so dass man den Standort jederzeit auf der zugehörigen Karte findet.

                                                                                        Nach Überquerung der Save treffen wir auf einen Fahrrad-Aufzug samt Chauffeur, der uns nach unten auf den Kai schafft. Dort liegen diverse Kreuzfahrtschiffe. Die Passagiere werden in Busse verfrachtet. Die Save entlang geht es zurück zur Donau. Vorne an der Mündung findet ein Volksfest statt. Es ist aber noch früh. Die Fischsuppe wird überall gerade erst vorbereitet. Genauso wie die Grillspezialitäten. Schließlich wendet sich der Radweg wieder landeinwärts und führt steil aufwärts. Rechts von uns liegt der Kalemegdan Park. Den wollen wir uns nicht entgehen lassen. Darin befinden sich die Überreste der Belgrader Festung. Von oben hat man eine tolle Aussicht über Donau und Save, so dass sich hier auch die Reisegruppen tummeln. Und ansonsten tobt das Leben.

                                                                                        Nun haben wir den Radweg verloren und bummeln gemütlich durch die Belgrader Innenstadt, wobei wir nach und nach an den meisten Sehenswürdigkeiten vorbeikommen. Auch hier gibt es viele Lokale zum Einkehren. Die Preise sind allerdings im Vergleich zu denen auf dem Land recht hoch. Mit Radfahren ist nicht viel zu wollen. Der Verkehr ist teilweise extrem. Und irgendwann reicht es uns. Wir wollen weiter. Wir schlagen unserem Navi vor, uns nach Pancevo zu bringen. Stellen dabei aber fest, dass es in Belgrad keine Straßen kennt. Wir folgen soweit es geht dem gelben Pfeil. Und sehen schließlich die Brücke nach Pancevo unten liegen. Vier Autospuren, dazwischen die Bahnschienen. Darauf dichter schnell fließender Verkehr.
                                                                                        Wir möchten jetzt hauptsächlich eines: raus aus der Großstadt. Geradewegs. Also fackeln wir nicht lange, biegen in die Brückenzufahrt ein und rasen so schnell es geht abwärts. Das geht ziemlich schnell. Und so verpassen wir die Auffahrt auf den Seitenweg für Fußgänger. Der sieht zwar ziemlich rumplig aus, aber normalerweise nehmen wir den, um den Autoverkehr weniger zu stören. Einmal auf der Brücke, kommt man da nicht mehr hoch.

                                                                                        Der Verkehr in der rechten Spur muss jetzt hinter uns her hoppeln. Was er auch geduldig tut. Trotzdem sind wir froh, als wir am gegenüberliegenden Ufer auf einen Seitenstreifen ausweichen können. Von dem aus auch der EV 6 in Richtung Damm abzweigt. Am Dorf entlang geht es auf schmalen Wegen aber bald sind wir auf dem Damm angekommen. Er ist nicht besonders gut befahrbar, führt aber an einer sehr sehenswerten Sumpflandschaft entlang. Wir sehen den Vogelschwärmen zu und freuen uns an der vielfarbigen Landschaft.

                                                                                        Kurz vor Pancevo landen wir wieder auf der Hauptstrecke. Hier staut sich der Verkehr. Da es nur im Schritttempo vorangeht, fahren wir nebeneinander hinter einem riesigen Langholztransporter. Sobald es einen Abzweig in den Ort gibt, nehmen wir den. Allzuviel zu sehen gibt es hier nicht, so dass wir bald stadtauswärts Richtung Kovin fahren. Hier geht es an den Industrieanlagen und Raffinerien entlang, die die Nato hier versehentlich so wirksam bombardiert hat. Jetzt ist alles nagelneu. „Messer“ steht dran.

                                                                                        Die Straße lässt sich gut fahren. Wir folgen ihr bis Banatski Brestovac. Hier kaufen wir ein. Das Gemüse an einem Stand an der Straße. Im Laden gab es nur „Überlagertes“. Man schenkt es uns. So wenig, wie wir brauchen, könne man nicht abrechnen. In Richtung Donau soll von hier aus eine befestigte Straße zum Campingplatz führen. Ausgeschildert ist nichts. Wir finden sie aber trotzdem. Es ist die einzige in dieser Richtung. Eine Elektroleitung führt dran entlang. Zum Campingplatz. Die Strecke zieht sich. Und „befestigt“ ist natürlich ein dehnbarer Begriff. Da fällt auch Kopfsteinpflaster drunter. Oder wie hier Betonplatten.

                                                                                        Jedenfalls finden wir kurz vor dem Donaudamm den Platz. Schön eingegrünt. Neue Sanitäranlagen. Dauercamper füllen ihn. Aber als wir versprechen, nur übernachten zu wollen, bekommen wir eine Wiese gezeigt. Ein Zelt steht schon drauf. Zwei Fahrräder. Eine Schweizer Fahne. Aha. Das sind die beiden auf Weltreise. Im Moment unterwegs nach Thailand. Wir haben sie noch nicht getroffen, aber schon von ihnen gehört. Und während wir unser Zelt aufbauen, biegen die beiden Schwaben aus Zemun um die Ecke.

                                                                                        Das muss gefeiert werden. Glücklicherweise gibt es hier auch noch Bier zu kaufen. Wir kochen und essen in gemütlicher Runde und berichten von unseren bisherigen Erlebnissen.

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Alter Hase
                                                                                          • 18.08.2006
                                                                                          • 4869
                                                                                          • Privat


                                                                                          #45
                                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                                          7.9.2013

                                                                                          Morgens werden wir früh geweckt. Die Tische und Bänke gehören zum Markt. Es sind diverse Traktoren vorgefahren, um ihre Waren hier aufzubauen. Schnell räumen wir unser Zeug weg und frühstücken erst einmal gemütlich zwischen den Zelten. Heute ist die Ausrüstung dran. Hilleberg oder Nicht-Hilleberg. Rohloff oder Nicht-Rohloff. Das muss alles ausdiskutiert werden. Währenddessen trocknen die Zelte. Und jeder hat so seine eigene Art alles wieder zusammenzupacken und auf den Rädern zu verstauen.

                                                                                          Wir starten als erste den Damm entlang. Ein bißchen Hoppeln. Ähnlich wie gestern haben wir rechts eine ständig wechselnde Sumpflandschaft und die Donau, links Wiesen und Bauerngehöfte. Wir können uns gar nicht satt sehen. Allerhand Vieh wird zum Weiden über den Damm getrieben. Besonders fotogen eine Gruppe gepunkteter Schweine in allen Größen. Ich begrüße deren Hirtin mit einem freundlichen „Dobre den“ worauf sie mir mit „wunderschönes Wetter heute“ antwortet. Auch hier sprechen viele deutsch.

                                                                                          Zwei Reiseradler kommen uns grußlos entgegen. Kurz danach treffen wir auf einen Langholztransporter und einen Mercedes mit einem geöffneten Kofferraum. Eine bunte Tasche wird gegen ein dickes Bündel Geldscheine getauscht. Alle strahlen. Drogenhandel? Aber braucht man dazu einen Langholztransporter? Und wie kommt der überhaupt auf den Damm? Fragen über Fragen.

                                                                                          Bald erreichen wir die Donaubrücke bei Kovin. Als wir hier besonnen ins Wasser sehen, überholen uns die Schweizer, die in den Ort wollen, um Essen zu gehen. Es ist Mittagszeit. Der sorgfältig beschilderte Radweg führt ebenfalls nach Kovin. Wir umrunden ein Gewerbegebiet, fahren aber bald auf dem Damm weiter. Heute ist uns danach. Man kommt zwar nicht besonders vorwärts, aber es gibt viel zu sehen.

                                                                                          Hinter Kovin geht es ein Stück durch den Wald aber bald führt uns der Damm wieder dicht an der Donau entlang durch Sumpf und Weidelandschaft. Erst in Dubovac werden wir wieder die Straße erreichen. Und auf halber Strecke von Kovin her liegt bei Gaj ein Campingplatz an einem Donau Altarm. Theroretisch. Praktisch treffen wir hier auf eine riesige Baustelle. Wir müssen runter vom Damm auf einen Nebenweg, der noch hoppliger ist als der Weg bisher. Ein Stück weiter geht es wieder hoch und mitten über die Baustelle. Riesige LKWs und Radlader sind dabei, die Landschaft bis zum Horizont auf Dammhöhe aufzufüllen. Sieht weniger nach einer Campingplatzerweiterung (von dem sieht man noch Reste) als eher nach einer neuen Gewerbefläche aus. Hier wollten unsere momentanen Reisebegleiter übernachten. Das wird wohl nichts.

                                                                                          In Dubovac endet der Dammweg und es geht zurück auf die Durchgangsstraße, auf der wir ein Naturschutzgebiet durchqueren. Einen Wald. 10 km lang führt die Straße schnurgeradeaus durch. Mit einer Kurve verlassen wir den Wald und fahren auf die Brücke über den Kanal Dunav-Tisa-Dunav. Unter uns führt der Kanal genauso kerzengeradeaus wie vorher die Straße zwischen zwei Dämmen dahin. Unten wird reichlich gecampt und geangelt. In einer steilen Kurve geht es abwärts auf den geschotterten Dammweg. Wir rutschen gerade runter, als die beiden Schwaben oben auf der Brücke erscheinen.
                                                                                          Nanu, wir hätten sie weit hinter uns vermutet. Es stellt sich heraus, dass sie ab Kovin die Straße genommen haben. Wir fahren ein Stück gemeinsam, mögen so langsam aber nicht radeln und haben bald wieder einen Vorsprung. Bald erreichen wir Stara Palanka und damit auch wieder die Donau, die hier einen großen See bildet. Von hier aus geht es entweder weiter nach Rumänien oder mit der Fähre hinüber auf das andere Ufer nach Ram. Wir hoffen, dass sie passend fährt. Am Anleger ist ein gemütlicher Biergarten, in dem die Schweizer sitzen. Sie haben bereits erkundet, dass die nächste Abfahrt um 16 Uhr sein wird, dann wieder eine um 18 Uhr. Also alles perfekt. Noch genug Zeit für ein Bier. Und die Schwaben kommen auch noch rechtzeitig.

                                                                                          Viertel vor Vier erscheint die Fähre. Der Anleger ist geschottert. In diesen Schotter rammt die Fähre ihre Rampe auf der gleichfarbiger Schotter liegt. Der auf der Rampe an der anderen Seite ist rot. So sieht wohl der Anleger drüben in Ram aus. Die Schiffsbesatzung erscheint mit Schaufeln und ebnet den Autos den Weg von der Fähre. Die Autos, die in die Gegenrichtung wollen, stehen schon bereit. Um 16 Uhr schieben wir unsere Räder an Bord. Die Fähre besteht aus einem Ponton mit einer Rampe an jeder Seite. Daran ist ein kleines Schiffchen befestigt, dass den Ponton zieht. Um wieder zurückzuschippern, muss das Schiffchen erst einmal gelöst, umgedreht und wieder befestigt werden. Das dauert ein Weilchen. Dann geht es los.

                                                                                          Die Donau ist hier so breit, dass die Überfahrt etwa 20 Minuten dauert. Inklusive einer langsamen Vorbeifahrt an der Burg von Ram. Am Anleger rammt sich fröhlich die Rampe in den roten Schotter – passend zu dem, der schon draufliegt und bald können wir an Land schieben. Durch den Ort geht es steil hoch. Aber anschließend ausdauernd bergab. Praktisch bis zum Silbersee (Srebnero Jezero), wo wir auf Strand, eine Strandpromenade, Appartement-Häuser, Hotels, Restaurants und alles was dazugehört treffen. Hier ist ein solches Gewusel an Urlaubern unterwegs, dass wir die Räder schieben müssen.

                                                                                          Der Campingplatz liegt am Ende der belebten Promenade. Wir fahren rein und umrunden ihn bis wir am anderen Ende auf eine Ausfahrt treffen, an der es eine unbesetzte Rezeption gibt. Der Platz sieht eher wie ein Wohnwagen-Friedhof aus. Oder wie ein Flüchtlingslager. Unzählige mehr oder weniger zerstörte Wohnwagen stehen dicht an dicht. Einige wenige sind bewohnt. An den Wegen stehen zahlreiche halb verfallene, vollgerümpelte Gebäude, die aussehen wie Sanitärgebäude, es aber hoffentlich nicht sind. An einem Ende gibt es eine unebene Fläche mit hochstehendem Gras. Diverse Feuerstellen und viel Müll komplettieren die Idylle. Drauf stehen diverse Lampen, teils schief und alle sehen so aus, als habe man auf sie ein Scheibenschießen veranstaltet. Wir staunen.

                                                                                          Na gut. Wir bauen die Zelte auf. Eine Alternative haben wir nicht zur Hand und irgendwie wird das schon gehen. Wir beschließen, die Situation mit Humor zu nehmen. Um so mehr als wir ein Sanitärgebäude finden, dass halbwegs benutzbar ist. Es gibt sogar heißes Duschwasser. Inzwischen ist auch jemand aufgetaucht, in Begleitung eines ganzen kläffenden Hunderudels, der sich wundert über das, was wir da machen. Als wir ihm versichern, dass wir zahlende Gäste sind, beruhigt er sich. Er hat jetzt aber keine Zeit, unseren finanziellen Beitrag in Empfang zu nehmen.

                                                                                          Nach dem Duschen beschließen wir, dass große Angebot an Restaurants zu nutzen, um gemeinsam essen zu gehen. Wir sitzen hübsch auf einer Terrasse über dem Silbersee und das Bier ist gut. Das Essen leider kaum genießbar. Der Grillteller besteht hauptsächlich aus verbrannten Schweineschwarten. Die Pommes Frites sind äußerst elastisch. Und der Salat ist sparsam. Wir nehmen auch das mit Humor.

                                                                                          Jedenfalls haben wir viel Spaß miteinander.

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Alter Hase
                                                                                            • 18.08.2006
                                                                                            • 4869
                                                                                            • Privat


                                                                                            #46
                                                                                            AW: Die Donau entlang

                                                                                            8.9.2013

                                                                                            Am Morgen stellen wir fest, dass alle Zelte im Schatten stehen. So dauert das Frühstück etwas länger. Die beiden anderen Paare starten vor uns. Wir trödeln etwas mit dem Packen. Irgendwo wollen wir einkaufen, da Sonntag ist und wir heute voraussichtlich nicht durch viele größere Orte kommen werden. Schnell haben wir Veliko Gradiste erreicht und stoppen an einem Markt in Ortsmitte, der ziemlich viel versprechend aussieht. Die anderen sind nicht in Sicht.

                                                                                            Wir ketten unsere Räder an eine Laterne. Ein Polizist nimmt daneben Aufstellung. Was immer wir kaufen wollen, Obst, Gemüse, einen Topfkratzer, man will es uns schenken. Die kleinen Mengen, die wir haben wollen, können sie angeblich nicht auswiegen. Eine Bäckerei und ein kleiner Laden finden sich auch noch. Wohl versorgt und verhältnismäßig schwer beladen, machen wir uns wieder auf den Weg.

                                                                                            Die Donau erweitert sich zunächst zu einem großen See, um sich dann zu verengen. Vor der Engstelle liegt die Burg Golubac. Man sieht sie oft auf Bildern vom Eisernen Tor. Eine sehr malerische Lage. Wir fahren zwar direkt am Ufer eben dahin, aber über uns türmen sich nun die Berge auf. Vor der Burg gibt es eine Holzhütte mit Touri-Info auf einem direkt am See gelegenen Picknick-Platz. Von hier aus hat man einen besonders guten Blick auf die Burg. Sie sieht aus wie tiefergelegt. Der See ist aufgestaut. Die Burg lag früher gehörig über der Donau. Jetzt direkt am Stausee. Die Angestellte der Touri-Info versichert uns, der Besuch der Burg sei kostenlos.

                                                                                            Wir schieben unsere Räder wieder hoch auf die Straße und treffen dort auf die vier anderen, die wir eigentlich vor uns vermuteten. Aber sie haben sich verfahren und eine Bonus-Runde eingelegt. Als wir auf die Burg zukommen, sehen wir, dass Eintrittsgelder vermutlich kontraproduktiv wären. Die Straße führt direkt durch die Burg. Und dann in die Schlucht. Staunend trödeln wir weiter. Ein Ausblick ist schöner als der nächste. Am Hang kleben einige Häuschen.

                                                                                            Und in nicht allzugroßer Entfernung, hinter Brnjica, gibt es einen Campingplatz. Da die hier dünn gesät sind, beschließen wir, dort einzuchecken. Der nächste ist erst weit hinter dem Eisernen Tor. Ein Schotterweg führt hinunter an das Wasser. Auf einer grünen Wiese steht ein kleines Sanitärhaus mit allem, was man braucht, sogar einer Waschmaschine, was wir seit Budapest nicht mehr gesehen haben. Am Strand stehen Tische und Bänke. Und ein kleines Restaurant, das aber geschlossen ist.

                                                                                            Wir bauen unsere Zelte auf, waschen Wäsche und hängen sie in die Sonne. Wir baden in der Donau und halten ein Nachmittagsschläfchen. Irgendwann kommt der Eigentümer, kassiert unsere Gebühr und öffnet das Restaurant. Wir kaufen ein paar Flaschen Bier, wollen aber selber kochen. Das fettige Essen von gestern liegt uns schwer im Magen und wir sind gut mit frischem Obst und Gemüse versorgt.

                                                                                            Gemütlich sehen wir dem Sonnenuntergang zu. Am anderen Ufer wirft ein Lastschiff Anker. Vögel kreisen über dem Wasser. Idyllischer geht nicht. Die anderen beschließen, morgen einen Ruhetag einzulegen. Wir haben eher den Eindruck, dass wir im Moment einen Ruhetag nach dem anderen eingelegt haben und freuen uns auf das Eiserne Tor. Wir wollen am nächsten Morgen früh los, die anderen ausschlafen. Also verabschieden wir uns schon mal.

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              Alter Hase
                                                                                              • 18.08.2006
                                                                                              • 4869
                                                                                              • Privat


                                                                                              #47
                                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                                              9.9.2013

                                                                                              Früh krabbeln wir aus dem Zelt. Die heutige Strecke ist lang. Und wir wollen natürlich genug Zeit für das Eiserne Tor haben. Überraschung: Nachdem es nun so lange trocken war, dass wir eine tiefe Bräune angenommen haben und gar nicht mehr wissen, wie sich Regen anfühlt, liegt heute dicker Nebel über dem Wasser. Hilft nichts. Wir packen mal wieder ein nasses Zelt ein und machen uns auf den Weg. Die anderen schlafen noch fest.

                                                                                              Als wir vom Platz radeln, hat sich der Nebel gelichtet. Aber am Himmel hängen dicke Wolken und es nieselt. Das Tal ist jetzt eng. Die Straße führt dicht an der Donau entlang. Drüben sieht man die Alternativroute in Rumänien. Wir passieren noch Dobra. Dann gibt es kaum noch Orte. Wir sind ganz allein unterwegs. Nur selten einmal überholt uns ein Auto. Die Donau biegt nach Süden ab. Und nun kommen sie. Die unbeleuchteten Tunnel, vor denen man uns immer wieder gewarnt hat.
                                                                                              Genau besehen, sind es 21. Manche sind so kurz, dass man durchgucken kann. Andere sind so lang und häufig auch gebogen, dass es sehr, sehr dunkel und unheimlich wird. Zumal die Tunnel grob in den Berg gehauen sind. Wir freuen uns über unsere gute Fahrradbeleuchtung und schalten zusätzlich noch die Helmlampen ein. Eine Restfurcht, dass ein von hinten herandonnernder LKW uns übersieht, bleibt. Tatsächlich kommt das nicht vor. Wir sind in den Tunnels völlig allein und haben unseren Spaß.

                                                                                              Zwischenzeitlich ist die Sonne durchgekommen. Nach jedem Tunnel eröffnen sich neue, gleißend ausgeleuchtete Ausblicke auf die Landschaft. In den Tunnels ist es kühl und zappenduster. Eine äußerst kurzweilige Tour. Irgendwo unterwegs kommen uns zwei gut gelaunte Radler mit Kapitänsmützen entgegen. Schleswig-Holsteiner, die ihre Tour in Tulcea begonnen haben. Eine Frage hätten wir. „Wie ist das mit den Hunden in Rumänien?“ Wir lassen uns reichlich Zeit. Lepenski Vir lassen wir trotzdem aus. Uns ist nicht nach Archäologie. Wir machen uns gleich daran, die dahinterliegende Steigung zu erklimmern. Zügig geht es nach oben. Sowas verspricht immer „Aussicht“. Und die gibt es auch. Zuerst auf die umliegenden Täler mit ihren Dörfern. Und schließlich auf die Donau, die hier mit Derdapsko Jezero bezeichnet ist. Also Djerdap-See. Im Hui geht es wieder abwärts und wir kommen nach Donji Milanovac. Mit Hafen, Uferpromenade und Läden. Wir kaufen uns ein Picknick zusammen und setzen uns auf eine Bank am Ufer.

                                                                                              Gerne möchten wir die Engstellen, die nun kommen, mit einem Boot durchfahren. Wir finden diverse Aufkleber, die eine solche Passage für Radfahrer anbieten. Aber den passenden Anleger nicht. Weder in Donji Milanovac noch in Golubinje, dass wir bald darauf durchradeln. Nun geht es auf die engste Stelle dieses Donaudurchbruchs zu. Man sieht sie schon von weitem. Davor geht es noch ordentlich hoch, damit man eine bessere Aussicht hat. Die Strecke drüben in Rumänien biegt vorher ab. Will man direkt an der Donau entlang, muss man das in Serbien tun.

                                                                                              Auch hier sind wir völlig allein unterwegs. Drüben rollt jetzt lebhafter Verkehr. Wir schieben inzwischen. Die Landschaft ist einfach zu großartig, um durchzuradeln. Auf dem Wasser sind hier zahlreiche Bootchen unterwegs. Da wir immer noch keinen Anleger gefunden haben, vermuten wir mal, dass sie von Rumänien aus unterwegs sind. Nach dieser ersten Engstelle erweitert sich die Donau zu einem fast kreisrunden See, um dann in die nächste enge Passage einzutreten. Die Felsen ragen so steil auf, dass wir hier mal wieder durch einen Tunnel müssen. Davor gibt es einen Rastplatz „mit Aussicht“, wo wir uns erst einmal niederlassen. Diese Plätze, die es hier in großer Stückzahl gibt, sind alle mit Tischen und Bänken, Dach drüber und Quelle ausgestattet. Sehr angenehm für eine Pause.

                                                                                              Drüben in Rumänien sehen wir jetzt den Decebalus stehen. Der sieht aus wie ein geradezu pre-antikes Monument. Ist aber ein modernes Kunstwerk. Zur Erinnerung an einen Daker-König. In kurzer Entfernung am Ufer steht das Mraconia-Kloster. Auf unserer Seite geht es jetzt wieder steil bergauf nach Golo Brdo (auch ohne Anleger für Bootstouren). Unterhalb der Straße und von hier aus nicht sichtbar liegt die Tabula Traiana. Erwähnte ich schon, dass wir hier wirklich gerne eine Bootstour gemacht hätten?

                                                                                              Nun weitet sich die Donau wieder auf. Pünktlich setzt ein intensiver Nieselregen ein und es ist „Schluss mit lustig“. In Tekija sind wir zu schnell, um irgendwo einzukehren. Wir hoffen auch noch irgendwie, dass der Regen wieder aufhört. Gegenüber liegt jetzt Orsova. Und von da ab, führt drüben auch eine Bahnlinie am Ufer entlang. Wir beschließen, in Fort Elisabeth einzukehren und abzuwarten, ob der Regen nicht vielleicht doch aufhört. FE ist allerdings nur eine römische Ausgrabungsstätte. Also weiter.

                                                                                              Trotz Regen machen wir noch einen Stop an der Djerdap-Staumauer. Schön ist sie nicht. Aber hoch. Allerhand Verkehr läuft drüber. Beide Ufer werden jetzt von Industrie und Gewerbe gesäumt. Wir sind inzwischen klatschnass. In Novi Sip, dem nächsten Ort, ist ein Campingplatz eingezeichnet. Wir sehen allerdings keinen. Im örtlichen Supermarkt versorgen wir uns mit einem üppigen Abendessen und fragen nach. Dort herrscht großer Betrieb. Es gibt ein Sonderangebot. Reiner Alkohol in 1,5-Liter-Flaschen. Im Sixpack. Jede Menge bulgarische und rumänische Autos parken draußen. Die werden bis oben hin zugestapelt. Es ist halt Erntezeit. Da wird Schnaps gemacht.

                                                                                              Mit der Beschreibung des Supermarkt-Inhabers finden wird den „Campingplatz“. Karatasch steht dran. Ein riesiges Barackencamp. Es gibt sogar eine Rezeption. Dahinter eine große Wiese mit einem Zelt drauf. Zwei Fahrräder daneben. Den gelben Anhänger haben wir in Ungarn schon mal gesehen. Man erklärt uns allerdings, dass dies kein Campingplatz ist, sondern ein Sportcamp. Die sozialistischen Parolen hängen noch überall dran. Und weil das ein Sportcamp ist, können wir zelten. Keine Dusche, keine Toiletten, keine Kosten – aber W-lan. Wenn das mal kein Argument ist.

                                                                                              Alternativen haben wir sowieso keine. Also bauen wir unser Zelt auf der Wiese auf. Und lernen endlich die beiden mit dem gelben Anhänger kennen. Ein belgisches Ehepaar in unserem Alter. Unterwegs seit Juli. Auf dem Weg nach Istanbul. Auf der Wiese gibt es eine Tisch-Bank-Kombination. Da setzen wir uns dazu. Als es wieder anfängt, heftig zu regnen, hängen wir unser Tarp drüber. Wir bekommen Besuch. Ein junger Mann tritt aus dem Dunkel. „Ich Mirko“. Er zeigt auf die Kekse auf dem Tisch. Er bekommt sie. „Zigaretten?“ Wir bedauern. „Pivo?“ Wir bedauern noch einmal. Das haben wir schon ausgetrunken. Er verschwindet wieder im Dunkeln. Gut, dass er nicht „Fahrrad“ gesagt hat. Oder gar „Zelt“.

                                                                                              Irgendwo zwischen den vielen Baracken gibt es einen Wasserhahn, den wir für eine Katzenwäsche nutzen. Vorsichtig. Wer weiß, wer hier noch unterwegs ist. Trotzdem gehen wir alle gut gelaunt schlafen.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Lebt im Forum
                                                                                                • 26.04.2010
                                                                                                • 5726
                                                                                                • Unternehmen


                                                                                                #48
                                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                                Das Gabcikovo- Projekt.
                                                                                                http://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwe...4%8D%C3%ADkovo
                                                                                                Da gab es zunächst ziemliche Verärgerung bei den Slowaken über den plötzlichen einseitigen Ausstieg Ungarns wegen Ökologie und Umweltprotesten. Sei es wie es sei. Eine Umwelt- Bewegung war in Ungarn allerdings zu dem Zeitpunkt weitestgehend unbekannt.

                                                                                                Ebsels war auf eurer Seite und hat herrliche Fotos gemacht.
                                                                                                Wir sind auf der rumänischen Seite schon entlanggelaufen. da sieht man aber nichts weiter. Ist regelrecht enttäuschend, da die berge direkt hinter uns aufstiegen.
                                                                                                Auf der serbischen Seite Wasser und flache Hügel dahinter, auf der rumänischen Seite Felsen. die direkt ansteigen.

                                                                                                Danke für deinen Bericht, Paar Bilder hätten ihn noch weiter aufgewertet!
                                                                                                Gruß
                                                                                                Zuletzt geändert von Abt; 19.11.2013, 10:59.

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Alter Hase
                                                                                                  • 18.08.2006
                                                                                                  • 4869
                                                                                                  • Privat


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                                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                                  Ja, die Bilder. Ich schreibe eher in Sachen Kopfkino. Und in diesem Fall sozusagen in Echtzeit. Die Etappe durch das Eiserne Tor hat ein paar Tage gedauert. Es ist schwer, das, was man da an Landschaft geboten kriegt, irgendwie in Worte zu fassen. Ob es mit Fotos besser geht? Ich weiß nicht. Die sind doch irgendwie sehr zweidimensional. Und bleiben weit hinter dem tatsächlichen Erlebnis zurück. In diesem Fall sind sie auch noch in keiner Weise sortiert.

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                    • 18.08.2006
                                                                                                    • 4869
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                                                    10.9.2013

                                                                                                    Warum auch immer. Wir wollen Serbien jetzt verlassen und nach Rumänien wechseln. Aus Abenteuerlust vermutlich. Serbien hat uns gut gefallen. Aber die nun noch bis Bulgarien verbleibende Strecke sieht auf der Karte nicht sehr verlockend aus. Bei näherem Hingucken finden wir zudem auf der rumänischen Seite einen Campingplatz.

                                                                                                    So packen wir also zusammen und fahren zurück Richtung Staudamm, um Serbien zu verlassen. Weit ist es nicht. Bald stehen wir in der Warteschlange vor der serbischen Grenzstation. Nach wenigen Minuten winkt man uns raus und durch. Gemütlich trödeln wir über den Damm. Um uns auf der anderen Seite zur Einreise anzustellen. Das scheint hier ziemlich lange zu dauern. Da werden die Autos nach den Alkohol-Sixpacks durchsucht. Dachte ich mir doch, dass man die nicht in beliebiger Menge einführen darf. Dass wir keine dabei haben, ist allerdings auch logisch. Und so wundert es uns nicht, dass wir auch hier herausgewinkt, freundlich begrüßt und dann durchgewunken werden.

                                                                                                    Fazit Serbien: ein echtes Highlight. Sowohl landschaftlich als auch was die Gastfreundschaft der Leute betrifft. Die Straßen mäßig bis gut. Schöne Dammwege. Der Radweg optimal ausgeschildert. Rücksichtsvolle Autofahrer. Vermüllte Landschaft. Hunde deutlich größer als bisher. Aber überwiegend eingesperrt oder angeleint.

                                                                                                    Direkt hinter der Grenzstation liegt die Durchgangsstraße neben der Bahnstrecke. Mit „ganz allein“ ist jetzt nicht mehr. Die Straße ist heftig befahren, was kurz vor einer so großen Stadt wie Drobeta Turnu Severin natürlich auch nicht verwunderlich ist. Mutig biegen wir auf den Seitenstreifen ein. Die Straße ist gut befahrbar. Von Schlaglöchern ist nicht die Rede. Wie wir das schon öfter erlebt haben, finden wir auch hier erst einmal wieder einen ausgedehnten Straßenstrich vor. Es ist heiß und riecht nicht wirklich gut. Wir treten kräftig in die Pedale, um die Strecke hinter uns zu bringen. Keine Frage, auch hier halten die Autofahrer rücksichtsvoll Sicherheitsabstand. Und die Landschaft ist noch einmal vermüllter als in Serbien.

                                                                                                    Die Stadt ist bald erreicht. Haupt-Sehenswürdigkeit ist der Wasserturm. Den sieht man schon von weitem. Stadtbesichtigung also zügig abgehakt. Wir suchen und finden einen Bankautomaten, um uns mit passendem Geld zu versorgen. Und nehmen diverse serbische Dinar mit, da dort in den letzten Tagen einfach kein Geld auszugeben war. In der Fußgängerzone sieht es aus wie in jeder europäischen Fußgängerzone. Wir setzen uns in den Schatten, bestellen einen Kaffee und nutzen das freie W-lan.

                                                                                                    Stadtauswärts geht es über eine vierspurige stark befahrene Straße. So durchqueren wir zügig die ausgedehnten Plattenbau-Viertel. Wir kommen gut voran. Aber schön ist anders. Es herrscht heftiger LKW-Verkehr. Wir werden zwar nicht bedrängt, aber es stinkt und dröhnt. Besonders unangenehm sind die toten Hunde am Straßenrand in allen Verwesungsstadien. Schlimm genug, dran vorbeizufahren. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ein Auto neben mir durch so einen Hund fährt – igitt. Das geht gar nicht.

                                                                                                    Wir erreichen also Hinova flott aber genervt. Weiter über die Hauptstrecke hätte wir knapp 80 km zu fahren. Das wäre bequem zu schaffen. Aber wir biegen natürlich trotzdem auf die Nebenstrecke ab. Das sind nun weit über 100 km. Die Hälfte davon ist als „unbefestigt“ eingetragen. Ein Stück sogar als „kaum befahrbar“. Kommt Zeit, kommt Rat. Zunächst einmal geht es auf guter, aber kaum befahrener Straße über Ostrovu Corbului nach Batoti. Dort biegen wir auf die Regen-Variante ab, um das erste lange Stück Schotter zu vermeiden. Überraschenderweise geht es steil aufwärts durch einen Wald. Wald sieht auf unserer Karte fast so aus wie Sumpf. Sumpf heißt normalerweise: flach. Aber hier ist eben Wald. Wir ackern uns hoch und treffen oben auf eine weite Ebene. Vermutlich liegt das Urstromtal der Donau deutlich tiefer als das Flachland drum herum. Und an der Grenze zwischen den beiden Ebenen geht es ordentlich aufwärts. Das kenne ich vom Main. Nur dass hier das Tal ziemlich sumpfig ist, weshalb die Orte eher „oben“ liegen. Was natürlich auch im Hinblick auf Hochwasser vernünftig ist.
                                                                                                    Oben passieren wir Devesel, das ziemlich verlassen daliegt und könnten nun in Burila Mare wieder auf die ab dort nicht mehr asphaltierte Hauptstrecke treffen. Wir kommen auf die geniale Idee, abzukürzen. Die Strecke ist sowieso zu lang für eine Tagesetappe. Wir könnten die Schotterstrecke vermeiden. Und „oben“ bleiben, statt gleich wieder runter ins Tal zu fahren. Die Aussicht über das weite Tal ist nicht schlecht. Leider sind die Nebenstrecken-Abzweige nicht ausgeschildert. Wir müssen also nach Karte, bzw. auf Verdacht fahren. Ob das klappt?

                                                                                                    Mutig biegen wir ab in eine Neben-Nebenstrecke, die uns über Bistretu und Burila Mica nach Gogosu führen soll. Überraschenderweise ist die Straße – geschottert. Wir haben schon viele geschotterte Kilometer zurückgelegt. Zwar anstrengend aber nicht weiter schwierig. Das waren bisher Rad- bzw. Fußwege. Da fand sich immer eine befahrbare Spur für unsere Räder. Aber dies ist nun die Straße, die die Dörfer erschließt, auf der natürlich auch etliche Autos fahren. Es staubt. Gut, die Autos geben sich jede erdenkliche Mühe, uns nicht einzustauben. Dazwischen zuckeln Pferde-Wägelchen. Die stauben auch. Es ist Erntezeit. Die Pferde haben ganz schön zu ziehen. Überwiegend wird da Mais transportiert.
                                                                                                    Die Straße weist heftiges Wellblech auf. In voller Breite. Nirgends kann man fahren, ohne durchgerüttelt zu werden. Wir hoppeln tapfer auf Bistretu zu. Gibt es in solchen kleinen rumänischen Dörfern Einkaufsmöglichkeiten? Wir würden gerne neue Wasserflaschen kaufen. Vielleicht ein paar Kekse dazu. Und ja. Es gibt nicht nur einen Laden, sondern mehrere. Und jeder hat vor der Tür schattige, überdachte Sitzplätze. Die Läden sind hier gleichzeitig Kneipen. Sehr hübsch. Da hoppelt es sich doch gleich viel besser. Es wird zwar mühsam, aber wir erreichen irgendwann den Abzweig nach Gogosu, wo es stark bergab geht und wir um die Wette mit diversen Pferde-Wägelchen abwärts sausen.

                                                                                                    Ab jetzt geht es auf guter Straße durch Dorf um Dorf. Die Dörfer sind lang. Sehr lang. Und da jetzt Nachmittag ist, sind sie sehr belebt. Sämtliche Bewohner sitzen auf Bänken vor der Tür. Alle begrüßen uns lautstark. Die Kinder springen auf die Straße, um uns den Weg zu versperren und diverse Hunde setzen zur Attacke an.

                                                                                                    Dabei geht es jetzt zwischen zwei Dörfern jeweils runter zur Donau und dann in das nächste Dorf wieder hoch. Die Menschen freuen sich, wenn wir sie zurück grüßen. Die Häuser sind alle im Alhambra-Stil gebaut und sehen ganz reizend aus. Aber es zieht sich halt. Und im Gegensatz zu unseren bisherigen Reiseländern sind die Hunde hier nicht hinter den Mauern, sondern auf der Straße unterwegs. Sie jagen uns Radfahrer offensichtlich aus Passion. Ich habe beschlossen, sie zu ignorieren. Vermutlich meinen sie es gar nicht böse. Aber sie nerven halt. Zwei Exemplare sind allerdings hartnäckiger. Wie ihre Kollegen kläffen sie erst hinter meinem Mann her und wenden sich irgendwann um, um mich auf’s Korn zu nehmen. Nur kläffen sie nicht aus sicherem Abstand, sondern springen mich an. Von vorne. Und versuchen, in meine Beine zu beißen. An den Beinen sind unten Füße dran. Ich trete also in beiden Fällen in Richtung Hund. Einen verfehle ich. Einer fliegt in Richtung Mauer. In beiden Fällen werden sie von ihren in der Nähe relaxenden Besitzern zurückgepfiffen. Interessant. Die Herrschaften haben offensichtlich nichts gegen die Hundeattacken. Wahrscheinlich schätzen sie deren Unterhaltungswert.

                                                                                                    Jedenfalls sind wir froh, als wir Cetate erreichen. Nun müssen wir nur noch den Campingplatz finden. Ausgeschildert ist da nichts. Die Bewohner schicken uns zu einer Abzweigung, an der es zum Hafen geht. Das passt zum Karteneintrag. Wieder einmal rollen wir also abwärts zur Donau. Auf dem Weg dorthin wird es dunkel. Parallel zur Donau geht es durch einen Wald. Dann lesen wir auf einem großen Schild über der Einfahrt: Angel Park. Das ist schön.

                                                                                                    Nur, dass hier mal wieder kein Campingplatz ist, sondern ein Kulturhafen. Nach einigen Diskussionen dürfen wir auf einer Wiese neben der Villa unser Zelt aufbauen und das Badezimmer im Haus benutzen.

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                      • 17.07.2013
                                                                                                      • 3048
                                                                                                      • Privat


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                                                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                                                      Hallo, das mit dem Kopfkino gelingt Dir gut. Den Campingplatz zwischen Baracken, die langen Straßendörfer. Für mich ist Deine Donaureise seit Wochen fest abboniert. Allerdings sieht man die hässlichen Dinge, dank Deiner lebhaften Schilderung viel deutlicher als die Schönheiten. Vielleicht kannst Du ja am Ende noch ein paar Eindrücke der Natur ganz unsortiert dranhängen.

                                                                                                      Und vielen Dank, das wird mein Reiseführer für viele weitere Donauabschnittsreisen.

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                        • 18.08.2006
                                                                                                        • 4869
                                                                                                        • Privat


                                                                                                        #52
                                                                                                        AW: Die Donau entlang

                                                                                                        11.9.2013

                                                                                                        Heute ist mal wieder Regenwetter angesagt. Gerne schlafen wir aus, nachdem es gestern doch sehr spät geworden war. Gegen Mittag hört das Geprassel auf, so dass wir uns ins Freie trauen und uns dran machen, das Anwesen zu erkunden. Es liegt direkt am Donau-Damm. Eine Villa. Mehrere Nebengebäude. Ein Anleger. Dazwischen stehen diverse Skulpturen. Alle zum Thema „Engel“ – deshalb Angel Park. Auf der Terrasse treffen wir einige Bewohner. Die deutsch sprechenden sind alle von der schreibenden Zunft. Journalisten, Schriftsteller, Drehbuchautoren. Sie verbringen hier viele Wochen, um ziemlich abgeschieden zu schreiben.

                                                                                                        Eine wirkliche Verbindung zum Ort gibt es nicht. Man könnte ein Taxi benutzen. Angel Park gehört dem rumänischen Schriftsteller Dinescu.

                                                                                                        http://de.wikipedia.org/wiki/Mircea_Dinescu

                                                                                                        Finanziert werden die Aufenthalte der anderen hier über Stipendien, u.a. aus Deutschland. Es ist eine schöne Ecke. Auf beiden Seiten gibt es Strände. Einer davon ist sogar eine Art Strandbad. Mit Stroh-Sonnenschirmchen und allem, was dazu gehört. Der Deich wird von Wald gesäumt. Dazwischen grasen Kühe. Zum Gehöft gehört ein Rudel Hunde. Sie werden gefüttert, sonst aber wohl eher nicht gepflegt. Einige sind in ziemlich schlechtem Zustand. Es ist interessant zu sehen, was für ein Sozialverhalten so ein Hunderudel an den Tag legt. Sowas habe ich noch nie beobachtet. Ich kenne bisher nur menschenbezogene Hunde. Diese hier sind völlig naturbelassen in ihrem Verhalten. Es wird natürlich 24stündig dauernd gekläfft.

                                                                                                        Als wir einen Strandspaziergang machen, begleiten uns die Hunde. Irgendwann ziehen wieder düstere Wolken auf und wir beeilen uns, heimzukommen. Wir können gerade noch in eines der Nebengebäude flüchten. Die Hunde bleiben draußen. Sie haben Hausverbot und respektieren das auch. Oben über der Donau blitzt und donnert es. Der Wind fegt diverse Gegenstände quer über das Gelände. Und es regnet, als hätte man dort oben sämtliche Schleusen geöffnet. Wir sehen uns im Trockenen die hier aufgehängten Gemälde an. Ziemlich düster. Aber interessant. Einer der Bewohner rennt über den Hof seinem davonfliegenden Kajak nach.

                                                                                                        Später sitzen wir beim Rotwein auf der Terrasse und blicken über die Donau. Das unvermeidliche Kreuzfahrtschiff wummert vorbei. Die Donau ist hier sehr breit.

                                                                                                        Die Bewohner finden es unglaublich, dass wir mit dem Fahrrad unterwegs sind. Ist doch viel zu gefährlich auf den Straßen. Und erst recht in den Dörfern. Als wir von unseren Erlebnissen berichten, können sie das nicht so richtig glauben. Ab jetzt wird es ihrer Meinung nach nun erst richtig gefährlich. Die Straße nach Calafat ist dank Brückenöffnung unglaublich stark von LKWs befahren. Was noch durch eine lange Baustelle verschlimmert wird. Und die Hunde. Vor kurzem wurde in Bukarest ein Kind von freilebenden Hunden zerfleischt. Nun hat das Parlament die Hunde zum Abschuss freigegeben. Das bietet natürlich viel Diskussionsstoff.

                                                                                                        Morgen wollen wir aber weiter. Es ist noch weit bis zum Schwarzen Meer.

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                          • 18.08.2006
                                                                                                          • 4869
                                                                                                          • Privat


                                                                                                          #53
                                                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                                                          Allerdings sieht man die hässlichen Dinge, dank Deiner lebhaften Schilderung viel deutlicher als die Schönheiten.
                                                                                                          Ist das so? Ich schreibe so, wie ich es erinnere. Es ist noch nicht besonders lange her. Kann sein, dass sich das noch verschiebt. Meine bisherigen Reiseberichte habe ich immer mindestens ein Jahr nach Rückkehr geschrieben. Aber tatsächlich ist es auf dem Donau-Radweg auch nicht so, dass sich sensationelle Landschaften und Sehenswürdigkeiten drängen. In weiten Teilen fährt man über eine grün-braune Ebene. Die Dörfer sind häufig sehr ärmlich. Die Landschaft ab Serbien vermüllt. Und man ist meist auf Straßen unterwegs.

                                                                                                          Der Reiz liegt eher in den vielen Begegnungen mit Menschen. Den vielen Sprachen und Kulturen die Donau entlang. Der Fluss ist immer wieder atemberaubend. Je weiter man vorankommt, desto seltener sieht man ihn. Häufig tagelang nicht.

                                                                                                          Speziell Rumänien war zunächst einmal eher atemberaubend als schön. Und die Walachei ist auch nicht so die Landschaft, die ich mir normalerweise zum Radeln aussuchen würde.....

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Erfahren
                                                                                                            • 23.07.2011
                                                                                                            • 436
                                                                                                            • Privat


                                                                                                            #54
                                                                                                            AW: Die Donau entlang

                                                                                                            Hallo,

                                                                                                            vielen Dank für die Berichte Eurer Fahrt entlang der Donau.
                                                                                                            Die Landschaften am Fluss zwischen Passau und dem Eisernen Tor kenne ich von diversen Touren. Und in der Tat ist die Landschaft (bis auf einige beschriebene Ausnahmen) nicht spektakulär, aber der Kontakt mit den Leuten dort ist das Erlebnis. Ich teile Deine Einschätzung zu Serbien voll&ganz. Ich bin dort gern unterwegs.
                                                                                                            Den Abschnitt von Budapest über das Kopački rit (eines der größten Auenlandschaften Europas) bis Vukovar wollen wir im nächsten Frühsommer durchpedalieren auf unserem Weg zum Gebiet des Maglic / Sutjeska-Schlucht. Ich habe viele nützliche Infos herausgelesen (Minen, kein Camping, aber Wildzelten verboten ). Nun denn, werden wir hoffentlich viel Kontakt zu den Leutchen finden, wenn wir bei ihnen nach einer Boofstelle fragen.
                                                                                                            In Kovin habt Ihr was verpasst: Den dortigen Zuckerbäcker - mein Held.

                                                                                                            Zwei Illustrationen zum Abschnitt Eisernes Tor:

                                                                                                            Die Burg Golubac

                                                                                                            Djerdap, Kazan-Durchbruch
                                                                                                            Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                                                                                                            Eberhard Elsner

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Alter Hase
                                                                                                              • 18.08.2006
                                                                                                              • 4869
                                                                                                              • Privat


                                                                                                              #55
                                                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                                                              Ich würde euch das "Free Camping" empfehlen. Aber das liegt erst hinter Vukovar. Wahrscheinlich gibt es mehr solcher Möglichkeiten. Nur sind vermutlich nicht alle ausgeschildert.

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                • 18.08.2006
                                                                                                                • 4869
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                                                12.9.2013

                                                                                                                Pünktlich zur Abfahrt trifft uns fast der Schlag. Für die beiden Campingnächte will man von uns 80 €. Das wird wohl auf dieser Reise unerreicht bleiben. Aber gut. Wir haben nicht gefragt. Also bezahlen wir mal ohne Murren. Das sind auch Reiseerfahrungen. Jedenfalls erleichtert es uns den Abschied von diesem zauberhaften Stück Erde.

                                                                                                                Weiter geht’s. Motiviert erklimmen wir die Steigung zum Dorf und biegen auf die Durchgangsstraße ein. Der Randstreifen ist durchaus befahrbar. In Maglavit machen wir einen Abstecher zum zugehörigen Kloster. Wieder abwärts in dem Bewusstsein, dass wir die gleiche Strecke wieder zurück müssen. Gemeinsam mit einem Pferdewagen, dessen Kutscher an den Gummireifen eine Art Bremsschuhe angebracht hat, damit der Wagen nicht das Pferd überrollt. Es ist ziemlich steil. Aber runter kommen wir immer schnell. Unten im Wald sind viele Menschen mit dem „Holz machen“ beschäftigt. Das sehen wir auch schon seit Serbien immer wieder. Der nächste Winter kommt bestimmt. Wohl dem, der dann Holz vor der Hütte hat.

                                                                                                                Das Kloster liegt idyllisch. Hier wird fleißig gearbeitet. Man malt die Fresken nach. Hierher finden Wallfahrten statt. Im Moment liegt es aber verlassen. Ein paar Mönche verrichten Gartenarbeit. Es wäre ein schöner Ort für ein Picknick, aber wir sind gerade erst losgefahren und so brechen wir bald wieder auf, erklimmen den Hang nach oben und biegen kurz hinter Maglavit in die E79 nach Calafat ein.

                                                                                                                Hier steppt nun wirklich der Bär. In beiden Richtungen fahren Autos und LKWs lückenlos. Noch 15 km. Das schaffen wir. Hier ist nun auch kein freies Feld mehr, sondern eine Ansiedlung nach der anderen. Und Baustelle. Eine Wasserleitung wird verlegt, was die Straße auf 1,5 Spuren einengt. Die Autos quälen sich irgendwie aneinander vorbei. Aber uns kann man hier nicht mehr überholen. Alles zuckelt hinter uns her. Mit großer Geduld übrigens. Völlig ohne Huperei. Und bald kommen die Autos ohnehin nicht mehr schneller voran als wir.

                                                                                                                Irgendwann sehen wir vorne rechts die neue Brücke. Ein imposantes Teil von Hängebrücke. Unsere Straße passt sich an und wird auch imposant. Wir kommen auf so eine Art Autobahn-Kreuz zu. Glücklicherweise sind wir die einzigen, die nach Calafat wollen. Die anderen biegen alle Richtung Brücke ab. Nach einem Fehlversuch finden wir den Aufweg auf eine Brücke, die uns über die Brückenauffahrten samt einspurigem Schienenstrang nach Calafat bringt.

                                                                                                                In dem Ort war sicher früher mehr Betrieb. Wir fahren erst einmal durch in Richtung Fähranleger. Weiter als bis an einen Schlagbaum kommt man hier aber nicht mehr. Also biegen wir ab in Richtung Stadtzentrum, das sich als recht lebhaft erweist. Es gibt eine hübsche Markthalle und hier gönnen wir uns auf einer Bank im Grünen nun doch unser Picknick. Obwohl wir immer noch nicht weit gekommen sind. Der Weg ortsauswärts führt wieder mal durch weitläufige Plattenbausiedlungen.
                                                                                                                Schließlich überqueren wir die Bahn und landen auf einer unermesslichen grünen Ebene. Der Wind bläst uns ausdauernd entgegen. Wir setzen an, einen großen Donaubogen abzuschneiden. Die Straße führt kerzengeradeaus. Viel Verkehr ist hier nicht. Meditatives Radeln ist angesagt. Und während wir uns schon vorstellen, wie wir jetzt 800 km durch einsame grüne Weiten radeln werden, erreichen wir Poiana Mare. Der Ort ist mit den drauf folgenden zusammengewachsen, so dass wir jetzt 30 km Dorf zu durchradeln haben.

                                                                                                                Immer noch ist die Straße von Alhambra-Häuschen gesäumt, vor denen Bänke stehen und hübsche kleine Ziehbrunnen. Am Ortseingang gibt es eine Autowaschanlage. Aber natürlich gibt es auch Kirchen und Läden jeder Art. Zur Hundeabwehr haben ich mir einen Stein unter die Karte geklemmt. Falls da mal wieder einer zu frech wird, könnte ich in die Richtung werfen. Das ist mir angenehmer, als zu treten. Ich möchte keinem von ihnen weh tun. Sondern sie nur auf Distanz halten. Das schlichte Ignorieren klappt aber zunächst mal ganz gut.

                                                                                                                Schwieriger ist das mit den Kindern, die uns in den Weg springen. Im Prinzip grüßen sie freundlich. Wir grüßen zurück. Aber sie springen uns vor die Räder und zwingen uns immer wieder zu wilden Ausweichmanövern. Wobei wir hoffentlich nicht vor einem LKW landen. Und viele kleine Hände versuchen sich an unsere Radtaschen zu hängen. Dazu fällt uns irgendwie nichts ein.

                                                                                                                Die Erwachsenen grüßen eher vom Wegesrand. Wir grüßen freundlich zurück. Und alles freut sich. Wenn wir mal irgendwo halten, kommen wir auch schnell ins Gespräch. Zwar wird hier deutlich weniger Deutsch gesprochen als in Serbien. Aber Französisch ist weit verbreitet. Damit können wir auch dienen. Viele sprechen uns auf Spanisch an. Das beherrschen wir nicht.

                                                                                                                Nett sind die Begegnungen mir den Pferdewagen und ihren Besatzungen. Wir sind schneller unterwegs als sie. Nähern uns ihnen also Stück für Stück und überholen sie dann. Die Insassen winken und rufen. Wir auch. Und fahren ihnen dann davon. Auch wenn die Pferdchen noch so eifrig traben.

                                                                                                                Die Ortsdurchfahrten sind anstrengend. Und zwischen den Orten liegt die grüne Weite, über die der Wind so bläst, dass an eine gemütliche Pause auch nicht zu denken ist. Hier gibt es keine überschaubaren Felder und Wiesen. Hier wird Landwirtschaft im Großen betrieben. Die Pferdewägelchen fahren ihre Insassen zu einer Art Nachernte. Sie sammeln, was die großen Erntemaschinen zurückgelassen haben. Abgeerntete Maisfelder werden hier gerne abgefackelt. Auf den schwarzen Flächen sammeln die Kinder angegrillte Maiskolben und rattern anschließend mit ihrer Ernte und selber rußgeschwärzt nach Hause. Die Straße ist links und rechts von Nussbäumen gesäumt. Auch hier wird jede Nuss aufgesammelt und abtransportiert.

                                                                                                                Die Donau sehen wir eher nicht. Aber wir fahren am Lacul Bistretu entlang. Dass man an die französischen Worte nur ein „ul“ anhängen muss, um sie ins Rumänische zu transformieren, haben wir schon gelernt und haben unseren Spaß dran. Schön auch das Castrul. Und was es noch so alles gibt.

                                                                                                                In Carna zieht ein Gewitter auf. Man sieht Windhosen über die abgeernteten Felder toben. In dieser Weite kann sich so ein Unwetter so richtig austoben. Der starke Gegenwind dreht und wird zu einem regelrechten „Rückensturm“. Wir rasen dahin. Das macht Spaß. Einkehren im Dorf und abwarten? Noch nicht. Wir rasen in das nächste Dorf. Hier bricht der Wolkenbruch los. Mist, keine Kneipe in Sicht. Und die Bushaltestellen alle ohne Dach. Wir springen zu zwei einheimischen Radfahrern unter ein Vordach.

                                                                                                                In einer Regenpause schaffen wir es bis Macesu de Jos, wo es uns auf eine Veranda vor einem Laden weht. Wir setzen uns zu den Männern, die hier schon sitzen und trinken ein Bier. Draußen tobt das Unwetter. Hier ist es gemütlich.
                                                                                                                Der Regen hört schließlich auf. Der Rückenwind bläst gewaltig und wir erreichen nach kurzer Zeit Zaval, unser Tagesziel. Hier soll es einen Campingplatz geben. Was etwas schwer vorstellbar ist. Wer sollte den hier nutzen wollen? Hier fließt ein Fluss Richtung Donau. Und oben von der Brücke sehen wir den Platz. Eine weite grüne Fläche. Ein kleines Restaurant und eine Reihe von Holzhäuschen. Daneben ein Wohnmobil. Wir checken freudig ein. Zelten oder Holzhäuschen kostet gleich. Wir wählen also das Häuschen. Da darf unser Zelt trocken bleiben. Und wir haben weniger Arbeit. 8 € sollen wir bezahlen, inklusive Abendessen. Man wirft schon den Grill an.

                                                                                                                Wir richten uns häuslich ein und statten dem Wohnmobil einen Besuch ab. Ein deutsches Ehepaar, das ursprünglich in Rumänien heimisch war, auf Heimaturlaub. Praktisch, da kann wer dolmetschen. Und hat eine interessante Geschichte zu erzählen. Und aus dem Holzhaus daneben guckt das belgische Ehepaar aus Novi Sip. Immer wieder nett, alte Bekannte zu treffen.

                                                                                                                Erst einmal gehen wir Duschen. Die Dusche ist spektakulär. Eine Teufelsdusche. Das Wasser ist stark schwefelhaltig und hat die Kacheln mit einer dicken Kruste überzogen. Der Geruch ist wirklich teuflisch. Wider Erwarten werden wir irgendwie sauber. Immerhin ist das Wasser schön heiß.

                                                                                                                Das Platzbetreiber-Ehepaar werkelt heftig. Auf dem Grill liegen diverse Fische und Hackfleischröllchen. Auf einem kleinen Gaskocher wird eine Riesenmenge Polenta gekocht. Und eine große Schüssel Salat steht schon bereit. Dazu bekommen wir Bier und Wein angeboten. Obst aus dem Garten. Und frisch gepressten Traubensaft. Alles duftet und schmeckt herrlich. Dank Dolmetschern gibt es auch ein reges Tischgespräch. Der Platz gehörte mal der Gemeinde und die Betreiber haben ihn gerade erst gekauft. Aber leider kommt nur sehr wenig Kundschaft. Mit der Donau-Radlerei hat sich das wohl nicht so entwickelt, wie man sich das mal dachte.

                                                                                                                Die Dorfjugend feiert noch bei lauter Musik weiter. Wir sind müde genug, um trotzdem zügig einzuschlafen.

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Alter Hase
                                                                                                                  • 18.08.2006
                                                                                                                  • 4869
                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                  #57
                                                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                                                  13.9.2013

                                                                                                                  Unsere Sachen sind schnell gepackt. Wir bedanken uns noch bei unseren Gastgebern und sausen ab. Ein strammer Rückenwind schiebt uns voran. Über Ostroveni erreichen wir Bechet. Hier gibt es einen Abzweig zu einer Fähre über die Donau. Drüben lockt die Bergkette des Balkans. So richtig haben wir uns nicht festgelegt, wann wir nach Bulgarien wechseln wollen. Außerdem möchten wir gerne mal wieder die Donau sehen. Also biegen wir ab. Der Anleger liegt verlassen. Wir sehen die Donau nur von weitem. Da hier Grenze ist, ist alles gut bewacht. Selbst auf der Durchgangsstraße patrouilliert die Politie Frontiera. Also: nichts zu wollen. In Richtung Ufer lassen sie einen nicht. Das fällt also als Möglichkeit zu zelten schon mal flach.

                                                                                                                  Weiter geht es. Die Orte haben malerische Namen. Calarasi, Dabuleni, Grojdibodu – unterscheiden sich aber nicht besonders. Die Landschaft ist flach und grün. Hier wird Landwirtschaft in großem Stil betrieben. Teils mit geradezu urzeitlichen Maschinen, teils mit nagelneuen. Und dazwischen sind die Pferde-Wägelchen mit ihren bunt gekleideten Insassen auf der Suche nach Ernteresten.

                                                                                                                  Von Corabia erwarten wir uns etwas Abwechslung. Ein größerer Ort, direkt an der Donau gelegen. Vielleicht gibt es eine Uferpromenade mit ein paar hübschen Restaurants. Nein. Eher verlassene Industriebetriebe, die durchaus auch über einen gewissen morbiden Charme verfügen. Während wir noch nach dem Zentrum suchen, haben wir den Ort schon wieder verlassen.

                                                                                                                  Durch weite sumpfig grüne Flächen geht es auf Turnu Magurele zu. Hier liegen die Dörfer weniger eng. Ein malerischer Donau-Zufluß schlängelt sich heran. Von der Brücke aus sieht man einladende einsame Sandstrände liegen. Aber der Sand wird mit großen Maschinen auf LKWs verladen, die zahlreich die Straße mit uns teilen. Der Verkehr wird dichter. Turnu Magurele begrüßt uns ebenfalls mit viel Gewerbe und Industrie. In der Mitte ist ein Park mit spätsozialistischem Charme. Wir setzen uns auf eine Bank. Zeit, an die Suche nach einem Übernachtungsplatz zu denken. Kein Campingplatz in erreichbarer Nähe. Wir sehen auf einer anderen Bank das belgische Ehepaar sitzen. Sie sind auch auf der Suche nach einem Plätzchen für die Nacht. Das Hotel in Turnu Magurele ist ausgebucht. Das können wir schon mal abhaken. Wir kaufen gemeinsam bei Lidl ein und machen uns dann auf die Suche. Noch in der Stadt verlieren wir uns.

                                                                                                                  Die Straße führt jetzt dicht an der Kante des Urstromtals entlang und wellt munter auf und ab. Die Dörfer folgen wieder dicht auf dicht. Laut Karte und Bikeline gibt es keinerlei Übernachtungsangebote. Wir halten Ausschau nach einer Zeltmöglichkeit. Wir fragen verschiedentlich in Dorfkneipen. Nein, keine Chance. Wir sollen weiterfahren bis zum nächsten Hotel. Die Landschaft bietet keinerlei Deckung. Sobald wir irgendwo anhalten, fordert man uns zum Weiterfahren auf.

                                                                                                                  Das nächste Hotel ist in Zimnicea. Das sind noch gut 50 km. In Vanatori zeigt man uns immerhin eine Abkürzung. Wir müssen dazu zwar die örtliche Müllkippe überqueren, sparen aber etliche Kilometer und auch Steigungen. In Viisoara treffen wir wieder auf die Straße. Hier tobt das Leben. Und es ist dunkel geworden. Wir beschließen, nach Zimnicea durchzustarten. Der Wind schiebt. Es ist zappenduster. Endlich eine Nachtfahrt in Rumänien.

                                                                                                                  Unsere Räder sind maximal beleuchtet und leuchten auch die Straße gut aus. Das ist kein Problem. Die rumänischen Radfahrer sind unbeleuchtet unterwegs. Genauso wie die zahlreichen Pferdewagen. Die Autos haben mehr oder weniger Licht. Wir sind schnell unterwegs. Immer in Gefahr in eines der zahlreichen Schlaglöcher zu knallen. Oder auf einen Pferdewagen aufzufahren. Wir zählen die Kilometer rückwärts und wollen jetzt nur noch ankommen.

                                                                                                                  Zimnicea ist groß und begrüßt uns mit zwei Bahnübergängen, über die wir unsere Räder geradezu tragen müssen. Wo sind die Hotels? Wir würden gern mal auf die Karte gucken und schieben unsere Räder auf eine hellerleuchtete Tankstelle. Der Tankwart scheucht uns sofort davon. Eine gastfreundliche Stadt….. Wir folgen also der Straße weiter.

                                                                                                                  In der Mitte treffen wir auf zwei Hotels nebeneinander und diverse Restaurants und Läden. Richtig städtisch sieht das aus. Wir kehren auf ein Bier ein und befragen booking.com in Bezug auf das örtliche Hotelangebot. Beide sehen groß und wenig einladend aus. Abgegammelte Betonbunker. Eines hat vier Sterne, eines drei. Drei reichen uns eigentlich. Wir fragen nach einem Zimmer. Sie haben eines frei. Sieht nicht so aus, als gäbe es noch mehr Gäste. 20 € soll das DZ mit Bad kosten. Die Räder kommen unter die Treppe. Und wir gehen duschen. Man muss die Feste feiern wie sie fallen. Wir waschen unsere Wäsche und hängen sie zum Trocknen auf.

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Lebt im Forum
                                                                                                                    • 26.04.2010
                                                                                                                    • 5726
                                                                                                                    • Unternehmen


                                                                                                                    #58
                                                                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                                                                    Danke Enja, dass du auch die nicht so angenehmen Erlebnisse auf eurer Tour schreibst.
                                                                                                                    Das mit der Zeltgebühr ist ja schon mehr als ausverschämt. Gab es denn eine Quittung dafür?
                                                                                                                    Wenn es alle Touris so hinnehmen macht es die Runde und bald verlangen alle diesen Preis.

                                                                                                                    Mich intressiert mal der Brückenbau
                                                                                                                    Ist nach deiner Meinung der Brückenbau nun abgeschlossen?,- das heißt, rollen auch Züge darüber?
                                                                                                                    Oder wohin fahren die vielen Laster?

                                                                                                                    In dieser Gegend befindet sich die http://de.wikipedia.org/wiki/Sahara_Olteniei, habt ihr davon etwas gesehen?

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                                      • 18.08.2006
                                                                                                                      • 4869
                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                      #59
                                                                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                                                                      Man hat uns erzählt, dass sich der Verkehr Richtung Türkei/Nahost, der bis dahin über Jugoslawien-Bulgarien/Griechenland verlief, während des Jugoslawien-Krieges ostwärts verlagert hätte. Und Teile davon seien geblieben. Immerhin geht es dort nach Sofia/Thessaloniki/Istanbul. So wie wir das gesehen haben, kommen die LKWs aus Bukarest, bzw. Drobeta Turnu Severin.

                                                                                                                      Wir haben uns über die einspurige Schienen-Ausstattung gewundert. Das macht keinen sehr zukunftssicheren Eindruck. Aber irgendwer hat sich hoffentlich was dabei gedacht. Ob da schon Züge drüber fahren? Keine Ahnung. Wir haben keinen gesehen.

                                                                                                                      Durch die Wüste sind wir offensichtlich durchgefahren. Die besteht aus landwirtschaftlich genutzten Flächen und Sumpf.

                                                                                                                      Der Donauradweg jenseits von Wien ist kein durchgehender Ponyhof. Da sollte man sich drauf gefasst machen. Man kann aber zumeist, wenn man von Rumäniens Süden mal absieht, überall auch nobel absteigen. Das ist nur nicht so unser Ding. Wie man uns dort immer wieder versicherte, setzt Rumänien auf Tourismus-Entwicklung im hochpreisigen Bereich. Die hohen Preise dazu gibt es schon. Jetzt fehlt nur noch die entsprechende Gegenleistung. Aber immer schön eins nach dem anderen.

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        Lebt im Forum
                                                                                                                        • 26.04.2010
                                                                                                                        • 5726
                                                                                                                        • Unternehmen


                                                                                                                        #60
                                                                                                                        AW: Die Donau entlang

                                                                                                                        Ja genau.
                                                                                                                        Hochpreisig strebt man an. Ihr habt ja sicher die Anschläge De Vazare gesehen.
                                                                                                                        Die Banken versprechen das Blaue vom Himmel,
                                                                                                                        Den Bauern wird die beste Scholle für ein Appel und ein Ei abgeschwatzt.
                                                                                                                        Einigeuropa unterwandert mit Krediten da gute Inlandsmarken und machen die nationale Warenproduktion konkurrenzlos kaputt. Bald gibt es nur europäische Einheitswurst.
                                                                                                                        Soweit mein völlig unpolitischer Kommentar
                                                                                                                        Zuletzt geändert von Abt; 18.11.2013, 16:44.

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                          • 18.08.2006
                                                                                                                          • 4869
                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                          #61
                                                                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                                                                          14.9.2013

                                                                                                                          Frühstück ist auch noch im Übernachtungspreis inbegriffen. Wir sitzen also allein in einer Art Bahnhofshalle, was der zuständigen Bedienung nicht besonders gefällt. Wir bekommen einen Teller mit unglaublich fettigem Rührei hingeknallt.
                                                                                                                          Anschließend packen wir, tragen die vielen Taschen runter und beladen unsere Räder in der Hotelhalle. Vor dem Eingang gibt es zur Treppenvermeidung sogar eine Rampe, die wir gestern abend völlig übersehen haben. Ich schiebe mein Fahrrad um die 90 Grad-Ecke auf die schmale Rampe, setze einen Fuß drauf, stelle fest, dass die Oberfläche aalglatt ist, rutsche weg, kann das schwere Rad nicht mehr halten und krache auf die Rampe. Das Rad liegt auf mir drauf. Als ich es anheben will, stelle ich fest, dass ich es keinen Millimeter bewegen kann, so bin ich eingeklemmt. Drum herum stehen etliche Passanten, die mich gerade noch freudig mit „Hello, Hola, Bonjour“ gegrüßt haben. Nun sehen sie gespannt zu, wie es wohl weitergeht. Helfen möchte niemand. Ich robbe Zentimeter für Zentimeter unter dem Rad heraus. Bis auf ein paar blaue Flecken bin ich noch intakt. Und sauer. Warum hat mir keiner geholfen?

                                                                                                                          Kombiniert mit dem Erlebnis gestern abend bestärkt das in mir den Wunsch, dieses Land zu verlassen. Bis Giurgiu ist es nicht mehr weit. Und da gibt es eine Brücke. Die wird wohl kaum nach den Sommerferien eingemottet wie die Fähren.
                                                                                                                          Der Rückenwind ist immer noch beträchtlich. Wir radeln mit Hochgeschwindigkeit. Die Strecke ist unverändert. Dorf-grüne Weite-Dorf. Die Dörfer immer noch im Alhambra-Baustil. Kläffende Hunde. Johlende Kinder. Wir wünschen uns definitiv Abwechslung.

                                                                                                                          Giurgiu ist groß. Besteht aus Gewerbe und Plattenbauten. Hat eher spätsozialistischen Charme. Und liegt zwar theoretisch an der Donau, ist ihr aber nicht zugewandt. Wir sind jetzt ungeduldig. Deshalb verfahren wir uns gleich mehrmals. Die Passanten, die wir fragen, haben auch keine Idee, wo die Brücke sein könnte. Wir müssen einen weiten Haken schlagen, um die Auffahrt zu finden. Hier ist viel Verkehr. LKW auf LKW rollt in Richtung Bulgarien. Bei gleichem Verkehrsaufkommen in Gegenrichtung. Wir folgen den Wegweisern. Zuerst kommen wir an ein Mauthäuschen. Nein, Räder müssen nichts bezahlen. Also weiter. Noch eine kurze Auffahrt und wir erreichen die Brücke, die ein bißchen altersschwach aussieht. Vor allem ist sie sehr schmal und sehr stark befahren.

                                                                                                                          Eigentlich würden wir lieber den Seitenweg benutzen. Aber ein Grenzer verlässt extra sein Häuschen, um uns in Richtung Fahrbahn zu schicken. Pech für die Autos hinter uns. Aber auch hier beschweren sie sich nicht. Die Donau ist hier breit und mehrarmig. Ihre Überquerung nimmt einige Zeit in Anspruch. Irgendwo unterwegs kommt uns ein Reiseradler entgegen. Unterhalten kann man sich hier leider nicht.

                                                                                                                          Auf der bulgarischen Seite werden wieder fleißig die Pässe kontrolliert. Dann dürfen wir weiter Richtung Ruse. Wir sind in einer Art Industrie-Hölle gelandet. Mehr oder weniger verfallen. Aber auch Neubauten sind zu sehen. Die Beschriftung ist ausschließlich kyrillisch. Gut, dass wir das gelernt und in Serbien schon geübt haben. Der Straßenzustand ist übel.
                                                                                                                          Ruse ist recht groß. Wir durchqueren einen Gewerbegürtel samt großem Hafen. Danach endlose Plattenbau-Viertel und kommen schließlich in die Stadtmitte. Die Fußgängerzone ist ausgesprochen belebt. Es gibt Geschäfte, Restaurants und Cafes jeder Art. Wir nutzen gleich mal einen der vielen Bankautomaten. In Ruse findet gerade ein Rock-Festival statt. Auf den Plätzen sind Bühnen aufgebaut. Überall gibt es Musik und Aufführungen.

                                                                                                                          Schließlich finden wir die gut ausgeschilderte Touri-Info und fragen, wie wir am besten in Richtung Campingplatz kommen. Wir erfahren, dass der seit kurzem nicht mehr existiert. Inzwischen ist ein junges deutsches Radlerpärchen aus Dresden aufgetaucht. Ebenfalls auf Quartiersuche. Wir bekommen einen Stadtplan und man zeichnet uns ein, wo wir Hotels in der gewünschten Preislage (möglichst wenig) finden können. Man empfiehlt uns das English Guesthouse. Das liegt gleich um die Ecke.

                                                                                                                          Den anderen ist es zu teuer, aber uns gefällt es so gut, dass wir die 30 € bezahlen wollen. Hübsche Zimmer. Schöne Gemeinschaftsräume. Terrasse, Küche, Esszimmer. Und eine angenehme internationale Athmosphäre. Das haben wir uns mal verdient. Morgen wollen wir zu den Felsenklöstern von Iwanowo fahren.

                                                                                                                          Jetzt machen wir uns erst einmal auf die Suche nach einer Fahrradwerkstatt. An meinem Rad fehlt eine Schraube an der Schaltung. An dem meines Mannes wackelt das Vorderrad und lässt sich auch nicht festschrauben. Wir bekommen von der netten Wirtin eine Wegbeschreibung und die Adresse des Ladens in kyrillisch aufgeschrieben, damit wir uns durchfragen können. Auf relativ direktem Weg finden wir hin. Eine kleine dunkle Werkstatt. Davor stehen auf dem Bürgersteig diverse Räder. Dazwischen sitzen Menschen und in der Mitte wird an einem Montageständer gearbeitet.

                                                                                                                          Wir sollen auf den Meister warten. Schnell schraubt der meine Schaltung wieder fest. An dem Vorderrad scheitert er genauso wie wir vorher. Die Nabe ist wohl nicht mehr zu richten. Er schlägt vor, dass wir ein neues Vorderrad kaufen. Da sind wir skeptisch. Inzwischen sind die Dresdner aufgetaucht. Eines ihrer Räder hat Probleme mit der Gabel. Was genau, kriegen wir nicht mit. Die beiden parlieren „ausländisch“ mit dem Meister. Wohl Russisch.

                                                                                                                          An unserem Rad hätten wir nun gerne noch die Schaltung richtig eingestellt. Da hakt es. Der Meister macht sich an die Arbeit. Er tauscht die Schaltzüge aus. Baut das Hinterrad aus. Säubert Kette und Ritzel gründlich. Dabei stellt er fest, dass mehrere Speichen locker sind. Ein Achter. Auf dem Zentrierständer wird sichtbar, dass eine der Speichen aus der Felge gerissen ist. Er macht sich dran, auf einer Drehbank ein passendes Ersatzteil herzustellen. Es ist inzwischen 22 Uhr. Samstag. Er schlägt vor, dass wir am Sonntag mittag wiederkommen sollen. Dann wird das Rad fertig sein. Einverstanden. Sieht nach einer längeren Pause in Ruse aus.

                                                                                                                          Wir machen noch einen Spaziergang an der Uferpromenade, wo die Kreuzfahrtschiffe anlegen und durch die reichlich vorhandenen Fußgängerzonen mit ihren hübschen Plätzen und all der Musik. Schließlich kochen wir uns in der Küche etwas zu essen. Trotz der dröhnenden Musik vom nahe gelegenen Platz schlafen wir gut.

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            Lebt im Forum
                                                                                                                            • 26.04.2010
                                                                                                                            • 5726
                                                                                                                            • Unternehmen


                                                                                                                            #62
                                                                                                                            AW: Die Donau entlang

                                                                                                                            Danke für deine solide Fleißarbeit in Form der Rad-Berichterstattung.

                                                                                                                            Ich will hier nicht zu neugierig sein, aber seid ihr später noch über den Baragan http://de.wikipedia.org/wiki/Deporta...4%83gan-Steppe und Babadag gefahren?

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              Alter Hase
                                                                                                                              • 18.08.2006
                                                                                                                              • 4869
                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                              #63
                                                                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                                                                              Ja klar.

                                                                                                                              Der Bărăgan wird durch den Fluss Ialomița in Bărăganul Călmățuiului im Norden und den Bărăganul Ialomiței im Süden unterteilt. Er wird die „Kornkammer Rumäniens” genannt, da er wegen der fruchtbaren Schwarzerdeböden (die meist auf Löss liegen) ein großes Getreideanbaugebiet ist. Auf diesen ausgedehnten Flächen werden vor allem Weizen, Sonnenblumen und Mais angebaut
                                                                                                                              Das war wohl früher mal anders.

                                                                                                                              http://de.wikipedia.org/wiki/B%C4%83r%C4%83gan

                                                                                                                              In dem Beitrag sind zwei Fotos. So sieht es dort auch in meiner Erinnerung aus. Von Calafat bis Silistra. Das ist das, was ich mit "grüne Weite" bezeichnet habe. Heute ist das intensiv landwirtschaftlich genutzt. Und als ich noch überlegte, dass man dort sehr schön auch Gemüse in Folientunneln anbauen könnte, da die Donau genug Wasser liefert - kamen wir schon an den ersten vorbei. Wahrscheinlich wird es dort bald so aussehen wie in Südspanien.

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                • 18.08.2006
                                                                                                                                • 4869
                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                #64
                                                                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                15.9.2013

                                                                                                                                Das Frühstück muss man sich in der Küche unter Benutzung der reichlich vorhandenen Vorräte selbst zubereiten. Der Kreis der Gäste unterhält sich ausgesprochen gut. Man tauscht Informationen aus. Die meisten sind als Backpacker mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Wir sitzen noch ein bißchen W-lan-nutzend auf der Terrasse und beschließen um 11 Uhr, dass nun Mittag ist. Die Werkstatt liegt sonntäglich verlassen da. Was nun? Während wir noch überlegen, tauchen weitere Kunden auf. An der Werkstatt ist eine Telefonnummer angeschlagen. Und auf einen Anruf hin taucht der Meister auf. Er nimmt uns einen Block weiter zu einem modernen Gebäude mit einem modernen Fahrradladen mit. Seiner. Hier stehen die teuren Fahrräder zum Verkauf und alles blinkt und blitzt. Unser Fahrrad ist fertig. Für 6 Arbeitsstunden und Ersatzteile sollen wir 20 € bezahlen. Wir verdoppeln das mal. So eine Fahrradwerkstatt hätten wir zu Hause auch gern.

                                                                                                                                Ohne Gepäck geht es jetzt stadtauswärts Richtung rückwärts. Wir wollen die Felsenklöster von Iwanowo besuchen. Die richtige Ausfahrt ist schwer zu finden. Im letzten Moment kann ich die kyrillische Schrift des Abzweigs von der Hauptstrecke entziffern. Gleich geht es ordentlich aufwärts nach Sredna Kula und dann wieder abwärts nach Basarbovo. Wir sehen kurz in Richtung des dortigen Felsenklosters, beschließen aber, es für den Rückweg aufzusparen. Und schon geht es in einer langgezogenen S-Kurve wieder bergauf.

                                                                                                                                Oben haben wir den ersten Ausblick über die tiefeingeschnittene Schlucht mit den Schlaufen des Rusenski Lom, in dessen Tal die Felsenklöster liegen. Eine Gruppe Mountainbiker ist auf einem Radweg abwärts unterwegs. Vielleicht führt der am Fluss entlang nach Iwanowo? Wir strampeln noch ein ganzes Stück höher und schließlich rollen wir entsprechend lange auf Iwanowo zu. Man hat einen weiten Überblick über Berg und Tal. So haben wir uns Bulgarien vorgestellt. Eine nette Abwechslung nach der rumänischen Tiefebene.

                                                                                                                                In Iwanowo picknicken wir erst einmal. Schrieb ich schon, dass die bulgarische Landschaft genauso vermüllt ist wie die rumänische? Dann nehmen wir den Abzweig in Richtung der Klöster. Steil geht es abwärts, hinunter in die Schlucht. Und unten am Fluss entlang weiter. Die Zufahrtsstraße endet an einigen Andenkenbuden mit einem kleinen Bistro. Eine komplette Kreuzfahrtschiff-Busladung ist hier gerade unterwegs. Soviele Touristen haben wir lange nicht gesehen.
                                                                                                                                Der Weg in die Kirche führt ein Stück den Fluss entlang, steil nach oben und wieder ein Stück zurück vorbei an diversen Aussichtspunkten, von denen aus man weitere Klöster in den Felshängen sehen kann, die nicht zugänglich sind. Die Felsenkirche selber kostet Eintritt. Der sich absolut lohnt. Sie ist in den Felsen geschlagen und komplett ausgemalt. Die Fresken sind sehr alt und erstaunlich qualitätvoll.

                                                                                                                                Wieder zurück am Ansatz der Straße nach oben in Richtung Durchgangsstraße, beschließen wir, noch ein Stück weit unten zu bleiben und dem Fluss zu folgen. Mal weg vom vielen Asphalt. Und gucken, was es hier so zu entdecken gibt. Das artet absolut in Arbeit aus. Wir landen in einem Labyrinth von Wegen, die die landwirtschaftlichen Flächen erschließen, mal mehr, mal weniger befahrbar, bergauf, bergab. Irgendwann landen wir in Krasen. Nachdem wir uns aus der Schlucht wieder zur Straße hochgeschafft haben, geht es nur noch bergab bis Basarbovo. Kurz vor Sonnenuntergang kommen wir am dortigen Kloster an. Es ist noch in Benutzung. Also eine ganz andere Sache als Iwanowo. Ein netter Kontrast.

                                                                                                                                Nun sind wir bald wieder in Ruse. Wir verlängern uns den Rückweg noch ein bißchen, indem wir versehentlich auf die Umgehungsstraße einbiegen und „durch“ den Bahnhof wieder in die Innenstadt zurück müssen. Der Bahnhof ist absolut riesig. Wobei hier offensichtlich nur selten Züge fahren. Für uns bedeutet er viele Treppen. Gut, dass unsere Räder heute unbeladen sind. Wir touren noch einmal durch die Stadt. Bewundern die angestrahlten Gebäude und Plätze. Halten kurz auf dem Freiheitsplatz. Und kehren ins English Guesthouse zurück, um hier einen gemütlichen Abend zu verbringen. Am Ende sichten wir noch unsere Habe und sortieren aus. Um das gefährdete Hinterrad zu entlasten. Diverse Karten und Biklines brauchen wir nicht mehr. Und auch das Werkzeug wird stark reduziert. Offensichtlich brauchen wir das nicht.

                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                  Lebt im Forum
                                                                                                                                  • 26.04.2010
                                                                                                                                  • 5726
                                                                                                                                  • Unternehmen


                                                                                                                                  #65
                                                                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                  Wie es sich liest, habt ihr die Baragan noch nicht ganz erreicht und seid vorher Richtung Süden nach Bulgarien abgebogen. Ist eh eine langweilige Gegend da. Aber nicht ohne negative Geschichte und darauf wollte ich mal hinweisen.

                                                                                                                                  War der Donau-Radweg an irgendeiner Stelle in Rumänien überhaupt mal gekennzeichnet oder für Radler ausgebaut? Oder ist der ganze Rummel nur wieder die laue Luft aus einem Windei?

                                                                                                                                  Kannst du bitte mal die Anschrift des begabten Meisters als Link hier hereingeben?
                                                                                                                                  Ist dem 0inen oder der anderen vielleicht hilfreich.

                                                                                                                                  Ich getraue mich fast gar nicht meine gezahlten Übernachtungspreise in Bulgarien zu nennen.

                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                                                    • 18.08.2006
                                                                                                                                    • 4869
                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                    #66
                                                                                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                    Ich habe vom "Meister" eine Visitenkarte mitgenommen. Wenn ich sie finde, kann ich das einstellen.

                                                                                                                                    Ansonsten hast du recht. Calarasi hatte ich irgendwie im Kopf. Wir sind aber tatsächlich vorher abgebogen. Und in Braila waren wir auch nicht.

                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                                                      • 18.08.2006
                                                                                                                                      • 4869
                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                      16.9.2013

                                                                                                                                      Noch einmal ein gemütliches Frühstück im Guesthouse. Wir haben beschlossen, in Bulgarien zu bleiben. Die netten, gastfreundlichen, zurückhaltenden Bulgaren gefallen uns ausgezeichnet. Und ein wenig Bergtraining wird uns gut tun. Aber zuerst einmal muss das Paket zur Post gebracht werden. Die Post haben wir am Freiheitsplatz schon gesehen. Wir betreten die Schalterhalle und gucken fragend. Man wedelt uns nach nebenan. Dort will man das Paket auch nicht. Zur Tür hinaus und einmal um den Block. Dort werden Pakete aufgegeben. Aber unseres nicht. Nur Pakete, die nicht mehr ein kg wiegen.
                                                                                                                                      Man schreibt uns mal wieder eine Adresse in kyrillischer Schrift auf und wir fragen uns durch. Es geht zum Bahnhof. Das macht Sinn. Das Areal ist aber riesig. Und hier wissen die Passanten nicht, wo die Post ist. Schließlich finden wir etwas, was danach aussieht. „Njet“, sagt die uniformierte Dame hinter dem Schalter als sie unser Paket sieht.

                                                                                                                                      Ratlos stehen wir wieder draußen vor der Tür, als uns ein älterer Bulgare anspricht. „Moi, je vais règler ca.“ erklärt er. Er nimmt das Paket und marschiert voran. Die uniformierte Dame ist nun doch zuständig. Liebevoll wird unser Paket rundherum verklebt, beschriftet und mit bunten Aufklebern versehen.

                                                                                                                                      Uff. Jetzt können wir abreisen. Wir halten uns an die Donau und können so fern der Hauptstraße Richtung Osten fahren. Bald haben wir den Kreisel erreicht, von dem aus der Abzweig auf die Brücke führt. Geradeaus geht es weiter Richtung Silistra. Die Straße ist gut, aber stark befahren. Wie es in der Karte auch markiert ist. Sie steigt an. Kontinuierlich. Marten ist offensichtlich der Büro-Vorort von Ruse. Neue Bürohochhäuser bieten Mietflächen für 1 € / qm an. Die Straße führt schnurgerade am Ort vorbei. Die Orte liegen hier relativ weit auseinander und die Straße umgeht sie. Der Rückenwind ist heute mäßig.

                                                                                                                                      Es gibt eine Variante direkt am Donauufer. Die ist allerdings als „kaum befahrbar“ gekennzeichnet. Also nichts für uns. In Slivo Pole machen wir den ersten Stopp. In Ortsmitte gibt es eine Art Plaza. Bäume spenden Schatten. Darunter stehen Bänke. Und rundherum ist alles, was man braucht. Läden. Die Post. Das Rathaus. Die Bushaltestelle. Sehr hübsch.
                                                                                                                                      Wir kommen gut voran. Die Straße wellt auf und ab. Wir passieren Brushlen und Nova Cherna. Die Abstände zwischen den Orten sind groß. Die Straße führt überwiegend durch riesige Maisfelder, die jetzt abgeerntet sind. Ab und zu auch durch Wälder.

                                                                                                                                      So kommen wir nach Tutrakan. Ein hübsches Örtchen. An der Donau gelegen, bzw. oben drüber. Mit allem, was man so brauchen könnte. Es gibt sogar eine Touri-Info. Und zwei Hotels. Vermutlich wäre es vernünftig, hier zu übernachten. Campingplätze gibt es sowieso nicht. Und da wir ab hier die Ufervariante fahren wollen, in absehbarer Zeit auch keine Hotels mehr. Aber wer will schon vernünftig sein? Wir freuen uns auf die Uferstrecke. Tutrakan hat einen schönen Park am Ufer. Wir suchen uns eine Bank mit großartigem Blick über die Donau ganz in der Nähe von „Panzerkreuzer Potemkin“. Einem großen grauen Betonschiff auf einem Pfeiler. Eine Art Denkmal, dass es hier in der Gegend häufiger gibt.

                                                                                                                                      Nun müssen wir wieder hoch bis auf die Umgehungsstraße, um dann in einen gekennzeichneten Radweg Richtung Donau einzubiegen. Er ist ordentlich ausgeschildert und frisch asphaltiert. Durch duftende mückenreiche Wälder geht es an mehreren Quellen vorbei abwärts Richtung Donau. Wir füllen unsere Wasserflaschen auf und freuen uns über die Fahrt. So könnte es weitergehen.

                                                                                                                                      Allerdings ist es schon spät. Die Sonne steht knapp über dem Horizont. In Pozharevo, dem nächsten Dorf, soll es Privatzimmer geben. In der „Villa Relax“. Und siehe da. Sie ist auch ausgeschildert. Die Dorfstraße ist unbefestigt und völlig ausgefahren. Die Villa Relax liegt ganz am anderen Ende und ist komplett eingerüstet. Sie bekommt gerade einen Vollwärmeschutz, wie viele andere Häuser an unserem Weg. Trotzdem will man uns ein Zimmer anbieten. Falls wir nichts essen wollen. Im Haus ist es dunkel und stinkt nach Schweiß. Überall liegen stapelweise speckige Decken und Matratzen. Nein, tut uns leid. Wir wollen nicht wählerisch scheinen, aber das ist uns zuviel. Wir fahren weiter.

                                                                                                                                      Das nächste Dorf ist Dunavec. Wir fragen eine ältere Frau, die dort auf der Straße steht, ob man hier irgendwo übernachten könne. In Zeichensprache. Sie fragt, ob wir ein Zelt haben. Auch in Zeichensprache. Dann ab Richtung Donau und am Strand zelten. Das machen wir. Der Strand liegt verlassen. Die Donau ist hier besonders malerisch, weil sie diverse grüne Inseln umfließt. Auf den Wellen schaukelt ein Fischerboot. Zwei Fahrräder stehen am Anleger. Und die Sonne färbt den Himmel in den buntesten Farben. Einfach perfekt.

                                                                                                                                      Wir suchen uns eine schöne Stelle für unser Zelt und lassen uns in unseren Stühlen nieder, um die Aussicht zu bewundern. Die Fischer kommen an Land. Grüßen. Schwingen sich auf ihre Räder und fahren heim. Wir nehmen ein kurzes Bad in der Donau und gehen schlafen.

                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                                                        • 18.08.2006
                                                                                                                                        • 4869
                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                        #68
                                                                                                                                        AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                        17.9.2013

                                                                                                                                        Der Tag beginnt idyllisch. Ein Bad in der Donau. Frühstück. Bei Sonnenaufgang haben wir den Strand noch für uns. Kurz darauf kommen die beiden Fischer und machen ihr Boot klar. Sie rudern hinaus und bergen die Netze, die sie gestern ausgebracht haben. Anschließend bringen sie die Fische an Land. Der jüngere der beiden rudert wieder hinaus. Der Ältere kommt zu uns. Er spricht fabelhaft deutsch und fragt uns, woher wir kommen.

                                                                                                                                        Er ist bis zur Wende in der DDR gewesen. Als Mitglied einer Zigeuernkapelle (so nennt er das, ich weiß, dass das nicht pc ist, zitiere ihn aber). Nach der Wende musste er heim. Natürlich ohne Rentenanspruch. Seitdem fischt er hier und bewirtschaftet seinen Garten. Er ist tiefenentspannt. Schließlich geht er heim und kehrt kurze Zeit drauf mit Birnen aus seinem Garten zurück. Phantastischen Birnen.

                                                                                                                                        Wir können uns kaum trennen, freuen uns aber auch schon auf die Weiterfahrt. Am Ende von Dunavec geht es in einer S-Kurve bergauf. Von oben hat man noch einmal eine schöne Aussicht auf „unseren“ Strand und die Donau. In der Ferne sehen wir die beiden Fischer in ihrem Boot sitzen und angeln. Wie in Rumänien sind auch hier diverse Pferde-Wägelchen unterwegs. Das gleiche Modell wird auch von Eseln gezogen. Ein stück geht es durch Wald. Es ist sehr nass. Vor kurzer Zeit muss es hier gewaltig geregnet haben.

                                                                                                                                        So kommt es nicht ganz unerwartet, dass der Weg, nachdem der Asphalt endet, ziemlich schlecht zu befahren ist. Auf der Karte ist er als „kaum befahrbar“ eingezeichnet. Zum Teil geht es über Betonplatten, die mehr im Weg liegen, als dass sie einen ebnen. Oder wir mühen uns durch Schlaglöcher, über übles Kopfsteinpflaster oder Schotter. Die Landschaft entschädigt reichlich für diese Anstrengung.

                                                                                                                                        Schließlich biegen wir ins Landesinnere ab und finden durch Malak Preslavec wieder eine Asphaltstraße vor. Schon im Dorf geht es steil bergauf. Oben angekommen, biegen wir links und dann wieder rechts in eine Art Feldweg ein. Nun geht es auf immer schlechterem Weg weiter. Die beiden Spuren mit einem Grasbuckel in der Mitte sind tief ausgefahren und ausgewaschen. Mal irgendwie in der Spur mal oben daneben mühen wir uns vorwärts. Und bestaunen die Pferde-Wagen, die hier unterwegs sind. Ein wilder Ritt über Stock und Stein. Da wir keinerlei Wegweiser mehr antreffen, fragen wir uns etliche Male, wenn der Weg mal wieder kaum zu erkennen ist, ob wir uns nicht längst verfahren haben.

                                                                                                                                        Schließlich geht es auf noch schlechterem Weg geradezu atemlos steil bergab nach Garvan. Teilweise ist es so steil, dass selbst das Schieben ein Abenteuer ist. Etwas erstaunt biegen wir, unten angekommen, in eine erstaunlich gepflegte, asphaltierte Dorfstraße ein, an der wir die übliche Infrastruktur vorfinden. Die Zivilisation hat uns wieder. Die Orte hier werden eindeutig von der Durchgangsstraße her erschlossen. Die Wege, die wir benutzen, die sie untereinander quer verbinden, sind offensichtlich kaum benutzt.

                                                                                                                                        Garvan verlassen wir wieder bergauf. Die Orte liegen in parallel verlaufenden Tälern und wir müssen zwischendurch die dazwischenliegenden Bergzüge überqueren. Nach Popina finden wir immerhin mal eine Asphaltstraße vor. Müssen aber ähnlich steil hoch und auch wieder herunter wie zuvor. Aus Popina heraus gibt es sogar mal wieder einen Radweg-Wegweiser. Wir folgen ihm an einer Hühnerfarm vorbei. Und treffen dahinter auf ein wildes Gewusel von zerfahrenen Wirtschaftswegen und Fahrspuren. Während der Erntezeit haben die großen Maschinen hier offensichtlich die Wege bis zur Unkenntlichkeit zerfahren.

                                                                                                                                        Wir folgen einer Spur, die in etwa hinkommen könnte bergauf. Der Weg ist völlig zerfahren und bald so steil, dass wir die Räder kaum hochschieben können. Das wird wohl eher nicht der Radweg sein. Mal gucken, wo wir abbiegen können. Oben angekommen, breitet sich eine weite abgeerntete Ebene aus. Auf der Seite gegenüber geht es steil in eine Art Schlucht. Drüben liegt eindeutig Vetren, unser Ziel. Wir sehen aber keine Möglichkeit, dort hinzukommen.

                                                                                                                                        Der Abbruchkante folgend, sehen wir bald darauf auch Srebarna, das nächste Ziel liegen. Sie biegt dann aber ab und auch in dieser Richtung gibt es keinen Weg abwärts in die dazwischenliegende Schlucht. Irgendwann kehren wir um in Richtung Donau. Dort müsste es doch irgendwo klappen. Aber nein. Im Endeffekt finden wir nicht einmal mehr die Stelle, an der es wieder hinunter nach Popina ginge. Wir müssen unsere Taktik ändern. Jetzt gucken wir, wohin die Stromleitungen führen. Und welcher Weg nach einem übergeordneten aussieht. Irgendwo muss man doch hier raus kommen. Wo, ist uns inzwischen egal. Die Sonne prallt. Es gibt keinen Schatten. Wir sind verschwitzt und verstaubt.

                                                                                                                                        Irgendwann kommen wir auf die Straße von Popina nach Poljana und damit in Richtung der Durchgangsstraße. Das ist zwar ein Umweg. Aber die Räder rollen jetzt wieder auf Asphalt und wir kommen voran.

                                                                                                                                        An Srebarna fahren wir vorbei. Hier gibt es einen großen flachen Sumpfsee, der ein Vogelschutzgebiet darstellt. Unesco-mäßig ganz wichtig und unter Schutz gestellt. Wir sehen es von der Straße aus liegen. Und betreten darf man es sowieso nicht.

                                                                                                                                        Über Ajdemir nach Silistra ist es jetzt nicht mehr weit. Das ist gut so. Wir sind ziemlich erschöpft und auf auf der rumänischen Seite gegenüber von Silistra ist ein Campingplatz eingezeichnet. Wir beschließen, in Silistra essen zu gehen, da wir noch ziemlich viel bulgarisches Geld haben wegen der kostenlosen Übernachtung und dann drüben zu übernachten.
                                                                                                                                        Silistra liegt mal wieder unten an der Donau. Die Stadt ist gar nicht klein und wir treffen sofort auf die üblichen Discounter in beträchtlicher Größe. Die Innenstadt hat eine belebte Fußgängerzone. Und es regnet dummerweise, was unsere Idee eines Stadtbummels wenig sinnvoll erscheinen lässt. Der Wind frischt stark auf. Am Donauufer ist ein einladender Stadtpark mit einem hübschen Restaurant in einem Pavillon. Wir beschließen, uns dort niederzulassen. Man erklärt uns, wir müssten essen, was alle essen, falls wir etwas essen wollen und wir erklären uns einverstanden.

                                                                                                                                        Wir warten lange. Der Wind frischt immer stärker auf. Die Sonnenschirme wehen davon und schließlich serviert man uns in der Dämmerung Fisch, der im wesentlichen roh ist. Irgendwie haben wir auf dieser Reise wenig Glück mit der Gastronomie. Der Kellner kassiert mürrisch einen weit überhöhten Preis, was uns egal ist, weil wir sowieso das Land verlassen wollen. Bulgarien endet hier. Ab jetzt ist auf beiden Donau-Ufern Rumänien.

                                                                                                                                        Leider weiß hier auch keiner, wo wir die Fähre nach drüben finden. Wir irren durch diverse Plattenbauviertel bis man uns an einer Tankstelle den richtigen Abzweig zeigt. Es gibt hier zwei Fähren. Eine von Bulgarien nach Rumänien. Die haben wir eigentlich gesucht und nicht gefunden. Und eine von Rumänien nach Rumänien. Um zu ihr zu kommen, muss man erst den Grenzübergang passieren. Dort laufen wir irgendwann im Stockdunklen auf. Nun ist es nicht mehr weit. Und die Grenzer versichern uns, dass die Fähre noch fährt. Wir müssen von der Straße runter, auf einen unbefestigten zerfahrenen Weg und passieren bald eine lange LKW-Warteschlange, an der wir natürlich vorbeifahren. An einem Ticket-Häuschen kaufen wir die Fahrscheine. Und schieben unsere Räder mit Schwung auf die Fähre, die gerade ablegen will.

                                                                                                                                        Es ist ein ziemlich großer Ponton. In der Mitte stehen drei LKWs. Auf mehreren Spuren PKWs. Und für uns ist auch noch Platz. Der Ponton wird von einem Schlepper gezogen. „Lights off. We are crossing Danube“ sagt man uns. Unsere Akkus reagieren aber nicht drauf und das scheint auch egal zu sein. Es ist stockfinster. Der Wind pfeift und die Wellen gehen hoch. Das Wasser klatscht über die Fähre. Eine erfrischende Fahrt.

                                                                                                                                        Drüben soll direkt der Campingplatz liegen. Was er natürlich nicht tut. Das sind wir jetzt schon gewöhnt. In beiden Richtungen gibt es ausschließlich Gewerbe. Bewacht von großen Hunden, die gleich wieder die Jagd aufnehmen. Und ein Motel. Da checken wir ein. Es ist nicht besonders teuer und aus dem Wind ist inzwischen ein Sturm geworden. Warum also nicht.

                                                                                                                                        Das Motel wird gerade renoviert. Über die Treppe sind Bettlaken gehängt, was das Begehen etwas abenteuerlich macht. Aber das Zimmer mit Bad ist in Ordnung. Mal gucken, wie das Wetter morgen ist.

                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                                          • 18.08.2006
                                                                                                                                          • 4869
                                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                                          #69
                                                                                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                          18.9.2013

                                                                                                                                          Fazit Bulgarien: Ein nettes Land. Hat uns gut gefallen. Die Leute ganz reizend. Die Landschaft schön. Die Straßen in Ordnung (bis auf einige Ortsdurchfahrten). Sogar mal wieder ausgewiesene Radwege. Rücksichtsvolle Autofahrer. Die Hunde schön weggesperrt. Eindrucksvolle Felsklöster. Das Preisniveau noch einmal unter dem in Rumänien. Und es hat auch niemand was gegen Wildcamping.

                                                                                                                                          Die ganze Nacht hat es massiv geschüttet. Am Morgen glücklicherweise nicht mehr. Aber der Wind ist sehr stark. Wir bekommen zunächst einmal mit wunderbarem Blick über die Donau nach Silistra ein wirklich sehr gutes Frühstück serviert.
                                                                                                                                          Draußen ist der Wind so stark, dass man sich kaum auf den Beinen halten kann. Wir schieben die Räder zur Fähre. Die Überfahrt macht Spaß. Die Wellen gehen hoch. Und so vom Wasser aus hat man immer die beste Aussicht auf die Landschaft. Die Donau ist hier so breit, dass wir lange unterwegs sind.

                                                                                                                                          Die Donau teilt sich hier in zwei Arme. Dem schmaleren folgen wir zunächst in einer langen Allee. Wir passieren Ostrov, was sich irgendwie gar nicht rumänisch anhört. Und tatsächlich sehen hier die Dörfer weiterhin aus wie in Bulgarien. Die Hunde sind schön eingesperrt und kläffen hinter Zäunen. Die Menschen grüßen höflich, springen uns aber nicht an. Wir freuen uns an der Donaunähe der Straße. Die haben wir nicht mehr so oft. Zumal sie jetzt nach Norden abbiegen wird und wir mäßig entschlossen sind, geradeaus über die Berge, die hier der Donau den Weg in das Schwarze Meer versperren, nach Constanta weiterzufahren. In Ion Corvin werden wir uns entscheiden müssen.

                                                                                                                                          Zunächst einmal passieren wir eine Seenplatte und beginnen langsam den Aufstieg vom Ufer weg. Der Wind bläst aus Richtung Westen und treibt uns voran. Allerdings ist er so stark, dass das nicht immer hilfreich ist, da die Straße nur selten direkt nach der Windrichtung ausgerichtet ist, so dass der Wind meist mehr oder weniger eine seitliche Komponente hat, was es seher schwer macht, auf der Straße zu bleiben. Wir segeln heute.

                                                                                                                                          Am Kloster Dervent machen wir einen Stop. Wenn wir nicht in den bulgarischen Stoppelfeldern so viel Zeit verbracht hätten, hätten wir hier übernachtet und von hier aus vermutlich heute Constanta erreichen können. So wird das wohl eher nicht gehen. Im Kloster Dervent kann man tatsächlich, wenn man entsprechend gekleidet ist, kostenlos übernachten – inklusive vegetarischem Abendessen. Jetzt am Vormittag sehen wir uns die Kirche an. Das Kloster ist so gut wie ladenneu. Viele solcher Klöster stehen an der Straße. Teils sogar noch im Bau. Wer finanziert wohl diesen Bauboom?

                                                                                                                                          Weiter geht es bergauf. Der Wind bläst gewaltig. Einen Grat entlang habe ich ernsthaft Bedenken, ob der Wind uns nicht von der Straße fegt. Hier wird jetzt viel Wein angebaut. Was in der sehr kargen Landschaft irgendwie überrascht. Wir umrunden Lipnita und nun geht es abwärts Richtung Baneasa. Praktischerweise durch einen Wald. Da haben wir Windschutz. Auch zwischen Baneasa und Negureni passieren wir immer wieder Waldstücke. Und schon haben wir Ion Corvin erreicht.
                                                                                                                                          Die Donau ist von hier aus nicht zu sehen. Die Radweg-Variante, die ihr weiter folgt, biegt nach Norden ab. Und wir entschließen uns endgültig für die Route nach Constanta. Wir erhoffen uns dort einen nach mitteleuropäischem Standard ausgestatteten Campingplatz. Wir sind etwas erholungsbedürftig. Und wollen auch mal wieder unsere Wäsche vernünftig waschen. In Constanta sind vier Plätze eingezeichnet. Einer davon wird hoffentlich existieren. Wir sind da inzwischen vorsichtig geworden.

                                                                                                                                          Wir biegen ein in ein Tal, das stramm aufwärts führt. Und hier überholen wir ihn. Den einzigen Fernwanderer, den wir auf unserer Tour sehen. Tapfer marschiert er die Straße entlang. Oben angekommen, blickt man weit über die wellige Landschaft. Die Täler sehen ziemlich eingeschnitten aus. Das lässt vermuten, dass es anstrengend wird.
                                                                                                                                          Rasant geht es abwärts nach Urluia. Und gleich wieder bergauf nach Adamclisi. Der Ort sieht ziemlich imposant aus in der weiten, jetzt völlig kargen Landschaft. Zunächst einmal passieren wir die Ruinen der Festung, die sich kilometerweit erstreckt. Bikeline spricht von 22 Türmen. Es sind aber nicht mehr allzuviele Reste erkennbar. Dahinter geht es noch einmal bergauf in den Ort, der eher gewerbebetont als romantisch ist. Die Straße steigt ständig an. Am Ortsausgang gibt es einen Abzweig zum Tropaeum Traiani Monument. Laut Bikeline aus dem Jahr 109. Man sieht es von der Straße aus stehen. Und wir müssen da natürlich dringend hin.

                                                                                                                                          Was bedeutet, dass der starke Wind uns nun entgegen steht. Obwohl es bergab geht, müssen wir heftig arbeiten, um überhaupt voranzukommen. Das Ding sieht eher aus als wäre es ein Denkmal aus der näheren Vergangenheit. Römisch jedenfalls nicht. Und davor sitzt ein Rudel Hunde, das bereit ist, das Gelände bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen. Als wir umdrehen, werden wir heftig verfolgt und attackiert. Sehr zur Freude des Wächters der unfreundlichen Stätte. Wir entkommen knapp. Ich suche mir wieder ein Wurfgeschoss für künftige Angriffe.

                                                                                                                                          In den nächsten Ort – Delen – geht es bergab. Wir rollen entspannt ein. Und sehen vor der Dorfkneipe die Räder der Belgier stehen. Da können wir natürlich nicht vorbei. Die wollten doch von Giurgiu aus mit dem Zug nach Istanbul. Jetzt sitzen sie hier jedenfalls im Warmen. Umrundet vom halben Dorf und erholen sich. Wir setzen uns dazu. Sie erzählen uns, dass die beiden Männer links und rechts von ihnen der Bürgermeister und sein Stellvertreter sind, die angeboten haben, dass sie – und wir gerne auch – im Rathaus übernachten können. Einer von beiden spricht fließend Französisch. Draußen sei es zu kalt zum Zelten.

                                                                                                                                          Da sitzen wir nun. Seit wir uns in Serbien kennen lernten, haben wir uns alle stark verändert. Wir sind jetzt dunkelbraun gebrannt und haben alle stark an Gewicht verloren. Die Haut spannt sich über Arm- und Beinmuskeln. Die Haare sind strubbelig. Ich flechte sie jeden Tag ein und ziehe meinen Buff drüber. Sonst drecken sie ein und verknoten sich, so dass ich sie kaum noch entwirrt bekomme. Die Männer bärtig. Die Klamotten ausgeblichen.

                                                                                                                                          Ein Polizeiauto eskortiert uns zum Rathaus. Im Sitzungssaal hat man uns schon Turnmatten ausgelegt. Es gibt sogar eine Dusche. Und eine gut ausgestattete Küche. Was will man mehr. Wir kochen. Die Polizisten bringen frisch gebackenes Brot und Schafskäse. Sowie die unentbehrlichen Tomaten und Paprikas. Schließlich setzen wir uns alle um den Sitzungstisch und teilen, was wir haben.

                                                                                                                                          Später kommt der Bürgermeister dazu und erzählt uns von seinem Dorf. Während die beiden Polizisten den Abwasch machen. Wir erfahren, dass nun plötzlich EU-Standards gelten. Zum Beispiel für die Wasserversorgung. Die bisherigen Brunnen mussten durch eine Trinkwasserleitung ersetzt werden. Die ihr Wasser aus einer Tiefenbohrung bezieht. Was zur Folge hat, dass das Wasser so teuer geworden ist, dass die Bewohner es nicht bezahlen können und sie wieder ihre alten Brunnen nutzen. Natürlich konnte nur eine ausländische Gesellschaft diese Bohrung durchführen.

                                                                                                                                          Der Bürgermeister arbeitet zudem daran, die Leute daran zu gewöhnen, ihren Müll in aufgestellte Behälter zu werfen, statt in die Landschaft. Die Abfälle werden gesammelt und recycelt. An allen Ecken und Enden ist Arbeitsbedarf. Vor allem sind die Straßen schlecht. Besonders die abseits der Durchgangsstraße, die meist recht gut befahrbar ist. Das Problem mit den Hunden, habe hier die Polizei bereits „erledigt“. Die gäbe es nicht mehr. Wir erfahren viel über die rumänische Gemeindeverwaltung und ihre Widrigkeiten. Er sieht einen Ausverkauf im Gange. Und möchte den gerne verhindern. So kommen wir auf die Geschichte mit dem Gold, dass für einen Bruchteil seines Wertes an einen ausländischen Konzern verkauft wird, während die Umweltbelastungen auf Kosten Rumäniens gehen.

                                                                                                                                          Sehr interessant, aber um 2 Uhr klinken wir uns aus und gehen schlafen. Die anderen quatschen bis Sonnenaufgang weiter.

                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                            Lebt im Forum
                                                                                                                                            • 26.04.2010
                                                                                                                                            • 5726
                                                                                                                                            • Unternehmen


                                                                                                                                            #70
                                                                                                                                            AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                            Die Dobrudscha, das ist die Landschaft, die du hier gerade beschreibst, gehörte früher tatsächlich zu Bulgarien.

                                                                                                                                            Ich hatte schon einmal die Frage nach einer Sonderkennzeichnung und Ausbau als Radfernwanderweg in Rumänien gestellt. Wie war der Radwanderweg denn ausgebaut?

                                                                                                                                            Die vielen Straßenköter sind in Rumänien tatsächlich ein Problem. Allen Hundefreunden hier zum Trotz. Abschießen wäre sicher die humanste Lösung. So ein Hundeleben als Straßenköter ist alles andere als Zuckerlecken und bildet Gefahrenpotential

                                                                                                                                            Ein seither verschollenens Forenmitglied war ja extra zu einer umstrittenen Befreiungsaktion oder was auch immer(?) dahin aufgebrochen.
                                                                                                                                            Zuletzt geändert von Abt; 25.11.2013, 09:31.

                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                              Alter Hase
                                                                                                                                              • 18.08.2006
                                                                                                                                              • 4869
                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                              #71
                                                                                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                              Erschießen ist wohl nicht finanzierbar. So wie wir das erlebt haben, wurden sie in den Dörfern eher erschlagen.

                                                                                                                                              Kennzeichnung? Nein. Überhaupt und gar nicht. Ausgebaut? Auch nicht. Der "Radweg" geht ausschließlich über vorhandene Straßen. Insofern ist 100 % asphaltiert. Da auch die in den GTZ-Karten eingetragenen Campingplätze überwiegend nicht existieren und zumindest teilweise auch niemals existiert haben, macht das auf mich den Eindruck, als hätte man mal große Pläne gehabt, die aber nicht zur Ausführung kamen.

                                                                                                                                              In Bulgarien haben wir Ansätze vorgefunden. Bis Serbien war alles perfekt durchgezogen.

                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                • 18.08.2006
                                                                                                                                                • 4869
                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                #72
                                                                                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                19.9.2013

                                                                                                                                                Die Belgier möchten noch bleiben. Wir gehen duschen und machen uns Frühstück in der Küche. Im Rathaus ist bereits Betrieb. Auf dem Gang sitzen wartende Menschen. Und die beiden Bürgermeister versehen ihren Dienst. Alles etwas ungewohnt. Wir scheinen aber nicht zu stören. So verabschieden wir uns irgendwann und machen uns unter dem Gejohle der Kinder, die noch ein Stück hinter uns her rennen wieder auf den Weg.

                                                                                                                                                Es geht weiter über Berg um Berg. In Cobatin biegen wir in eine stärker befahrene Straße ein. Bald darauf kreuzen wir die Autobahn und nähern uns Basarabi, wo wir den Kanal von der Donau zum Schwarzen Meer kreuzen. Ab hier führt eine Bahnlinie neben der nun sehr stark befahrenen Straße her, die schnurgerade und eben auf Constanta zu führt. In einem Wäldchen picknicken wir noch einmal.

                                                                                                                                                Dann biegen wir wieder in die Straße ein, um das letzte Stück bis zum Schwarzen Meer unter die Räder zu nehmen. Vor Constanta geht es erst einmal einen langgezogenen Autostrich entlang. Die „Damen“ stehen, auffällig kostümiert an der Straße. Teils sitzen sie auch in Wohnwagen oder Wohnmobilen. Das wäre noch erträglich. Aber Zuhälter und Kundschaft schneiden uns ständig in ihren großen Schlitten bzw. LKWs. So richtig gemütlich ist das nicht.

                                                                                                                                                Hier erleben wir auch mal wieder eine böse Hundeattacke. Das Tier verbeißt sich in die Taschen meines Mannes, der es kaum abschütteln kann. Es stürzt sich daraufhin sofort auf mich. Aber nun habe ich wieder einen Stein parat und werfe damit. Das Tier macht augenblicklich kehrt. Und schon hört man einen Pfiff. Die Besitzerin ruft das Tier zu sich. Immer wieder lustig. Oder eben auch nicht an einer so stark befahrenen Straße.

                                                                                                                                                Bald unterqueren wir die Umgehungsstraßen und fahren erst durch Gewerbegebiete und dann durch Plattenbau-Quartiere. Wir umrunden diverse Kreisel und landen schließlich bei den einschlägigen Discountern. Wir entscheiden uns diesmal für das große A. Die Preise entsprechen denen in Deutschland. Der Einkauf dort ist also für Rumänen eine teure Angelegenheit. Es läuft gerade die Sonderangebotsaktion „Radfahrer“. Wir könnten uns hier komplett neu ausstatten. Und kaufen uns so ein westenartiges Überziehteil in Leuchtfarben. Wer weiß, was noch kommt.

                                                                                                                                                Schließlich kommen wir an eine Kreuzung, deren Linksabbiegerspur mit „Istanbul“ ausgeschildert ist. Sollten wir nicht doch? Nein. In Istanbul waren wir schon oft. Und außerdem wollen wir auf jeden Fall ins Donau-Delta. Wir biegen also rechts ab. Nach Mamaia, wo die Campingplätze sind.

                                                                                                                                                Zunächst einmal queren wir das Stadtzentrum von Constanta. Wir entscheiden uns für die Fußgängerzone. Hier kommt man zwar nur langsam voran, aber der Verkehr auf den anderen Straßen ist heftig. Die Stadt spricht uns nicht besonders an. Plattenbauten. Viel Betrieb. Viele Baustellen. Viel Läm. Viel Dreck.

                                                                                                                                                Mamaia liegt auf einer gebogenen Landzunge zwischen Meer und Lagune. Hotelbunker liegt neben Hotelbunker. Viele davon sind noch im Bau. Daneben gibt es eine Zone am Strand, die uns ein bißchen an Rimini erinnert. Riesige Selbstbedienungsrestaurants. Kasinos. Ladenzonen. Strandbars. Kinderspielplätze. Jahrmarktzonen. Fast alles ist jetzt geschlossen. Der Wind pfeift zwischendurch. Ein paar wenige Urlauber sind noch unterwegs. Zusätzlich ist alles vermüllt und verfallen.

                                                                                                                                                Die Campingplätze liegen eher am Ende. Schließlich kommen wir an einem vorbei. Schön ist er nicht. Und im Rezeptionsgebäude ist auch niemand. Aber…….da stehen zwei Zelte. Und Räder daneben. Wer mag das sein? Neben einem der Zelte werkeln die Engländer am Zerlegen ihrer Räder. Die Freude ist groß. Dass wir die noch einmal treffen, hätten wir nicht gedacht. Sie wollten von Bukarest aus heimfliegen. Weshalb sie jetzt ihre Räder „kartonieren“. Morgen wollen sie mit dem Taxi zum Bahnhof. Und wer sind die anderen?

                                                                                                                                                Regen setzt ein. Wir bauen deshalb hurtig unser Zelt auf. Die Engländer schleppen Räder und Kartons ins Waschhaus. Sie versichern uns, dass die anderen Plätze geschlossen sind. Dieser hier ist so etwas ähnliches. Der Platz ist nicht groß und liegt mit einem wenig eingrenzenden Zaun direkt an der Durchgangsstraße. Das Gras ist verdörrt. Dreck fliegt herum. Das Waschhaus ist groß. Für Männer und Frauen gemeinsam. Bei offenen Duschen. Wie gesellig. Es ist groß. Und offensichtlich seit Wochen nicht mehr geputzt. Immerhin fließt in den Duschen reichlich heißes Wasser. Das ist natürlich das Qualitätskriterium Nr. 1.

                                                                                                                                                Wir bitten zunächst die Engländer, auf unsere Sachen zu achten und ziehen mit einer Flasche Sekt an den Strand. Wir sind mit dem Fahrrad bis an das Schwarze Meer gefahren. Und ab jetzt geht es Richtung Heimat. Das muss gefeiert werden. Das Wasser ist kalt. Der kalte Wind pfeift uns um die Ohren. Sand und Wasser sind vermüllt. Im Wasser treiben zudem Ölklumpen und tote Quallen. OK. Kein Bad. Muss nicht sein. Feierlich ist es trotzdem.

                                                                                                                                                Inzwischen sind die anderen Nachbarn aufgetaucht. Die Dresdner aus Ruse. Sie wollen weiter bis Tulcea und dann irgendwie mit Bussen heim. Deren Freude ist übersichtlich. Sie gehören zu der Fraktion, die meint, dass der Donau-Radweg nur von jungen Leuten befahren werden sollte, weil Ältere zu langsam sind. Und sowieso fehl am Platze.

                                                                                                                                                Als letztes taucht noch ein Wohnmobil auf. Leute auf dem Weg nach Moldawien. Tatsächlich ist die Rezeption auch besetzt. Man will dort eine Menge Geld für die Übernachtung. Die Wohnmobilisten überlegen und beschließen, es zu bezahlen. Sie gehen schon mal duschen. Allerdings erscheint der Betreiber mit dem Schlüssel zum Schlagbaum nicht. Und im Gegensatz zu uns ist das für sie ein unüberwindliches Hindernis. Irgendwann reisen sie wieder ab.

                                                                                                                                                Es wird dunkel. Und regnet immer stärker. Wir essen alle zusammen im Waschraum. An der Staße ziehen „die Damen“ auf. Offensichtlich sind wir mal wieder auf einem Straßenstrich gelandet. Die Campingplatz-Hundemeute schaltet von „Schoßhund“ auf „Wachhund“. Wann immer jemand von uns den Platz überquert, wird er attackiert. Was bedeutet, dass jeder, der nachts mal raus muss, alle anderen weckt. Dazu gibt es ein starkes Gewitter mit Wolkenbruch und Sturm. Ein rundum gemütlicher Aufenthaltsort.

                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                  Freak

                                                                                                                                                  Liebt das Forum
                                                                                                                                                  • 07.04.2008
                                                                                                                                                  • 20009
                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                  #73
                                                                                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                  Zitat von Abt Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                  Die vielen Straßenköter sind in Rumänien tatsächlich ein Problem. Allen Hundefreunden hier zum Trotz. Abschießen wäre sicher die humanste Lösung. So ein Hundeleben als Straßenköter ist alles andere als Zuckerlecken und bildet Gefahrenpotential
                                                                                                                                                  OT: Sind sie. Aber Vergiftungs-, Vergasungs-, Verbrennungs-, Totschlagaktionen und was es da sonst noch alles gibt, helfen nicht das Problem zu lösen. Es wird nur um ein paar Jahre nach hinten geschoben. Egal was man macht: Es überleben immer welche und die vermehren sich dann in den folgenden Jahren wie die Karnickel, weil der Populationsdruck weg ist. Dann gibt es einen großen Individuen-"Peak" ein paar Saisons später, nicht selten mit mehr Tieren als vor Tötungsaktionen Damit haben viele Länder und Gemeinden in den letzten Jahrzehnten Erfahrungen gemacht und jeder der ein wenig Ahnung von Populationsökologie hat, hätte es auch vorher wissen können. Nichts desto trotz werden immer noch Hunde (und Katzen) in großangelegten Aktionen umgebracht, vermutlich damit Verantwortliche demonstrieren können "Wir machen was, wir kümmern uns." Bringen tut es nichts. Das einzige was langfristig hilft: Kastrationen von Streunern und Privattieren und verantwortlicher Umgang mit den Tieren, also keine unüberlegten Anschaffungen süßer Welpen, keine einfache Entsorgung durch Aussetzen, wenn der Hund mal nicht mehr so funktioniert und IMO saubere Straßen (kein Müll der als Futter dienen kann) und kein Füttern.
                                                                                                                                                  Und das hat nichts damit zu tun, dass einem Hunde wichtiger sind als Menschenleben, sondern das ist der Weg von dem langfristig beide profitieren.
                                                                                                                                                  Meine beiden Hunde habe ich aus Rumänien und aus Portugal. Der Import von Hunden aus dem Ausland hilft kein bisschen die dortige Problematik zu lösen, aber ich habe damit wenigsten jeweils Organisationen unterstützt, die ihr Hauptaugenmerk auf Kastrationen im Herkunftsland legen.
                                                                                                                                                  "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                                                                    • 18.08.2006
                                                                                                                                                    • 4869
                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                    #74
                                                                                                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                    Was würdest du den Rumänen empfehlen? Allein in Bukarest gibt es 65000 Straßenhunde. Wer soll die alle einfangen und kastrieren? Wie lange soll das dauern? Und was wird es kosten?

                                                                                                                                                    Vielleicht haben die, die das machen (von der EU hoch gefördert) eine Chance, wenn sich die schlichte Anzahl verringert?

                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                      Lebt im Forum
                                                                                                                                                      • 26.04.2010
                                                                                                                                                      • 5726
                                                                                                                                                      • Unternehmen


                                                                                                                                                      #75
                                                                                                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                      Pardon, ich will hier weder einen Hundetread draus machen noch den Faden zerquatschen.
                                                                                                                                                      Aber das Problem der Straßenköter betrifft hier, wie ich es herausgelesen habe, zu allererst für Rumänien zu.
                                                                                                                                                      Ich habe das Thema, soweit es die Begegnung mit Hütehunden betraf, bisher etwas überzogen und absurd gefunden.
                                                                                                                                                      Denn mich hat nie einer davon ernsthaft attakiert und gebissen. Das schiebe ich mal auf gewisse Verhaltensregeln.

                                                                                                                                                      Aus Enjas Bericht geht hervor, dass Touris regelrecht von den Kötern angefallen werden und die Besitzer dann auch noch im Hintergrund dabeistehen und das billigend in zur Kenntnis nehmen.
                                                                                                                                                      Zum anderen sind die völlig herrenlosen Hundemeuten, die als Landplage umherziehen.
                                                                                                                                                      Zumindest in der beschriebenen Ortschaft hat man es ja erkannt und in den Griff bekommen.

                                                                                                                                                      Dass man im fernen Westeuropa keine Ahnung von den Problemen des Ostens hat, daran können auch Blitzbesuche einiger Minister nichts abändern, die dann mit Hubschraubern das Land überfliegen, um sich einen Überblick zu verschaffen...

                                                                                                                                                      Sonst würde man wohl auch das riesige soziale Konfliktpotential bemerken, das da bei uns heranreift, wenn man per soundsovielten einfach die Barrieren öffnet und der Nichtadel (wegen der fehlenden Sozialstruktur) aus diesen Ländern hier einfließen kann.
                                                                                                                                                      Bitte nicht falsch bewerten. Ich bin kein Rassist.

                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                                                                        • 18.08.2006
                                                                                                                                                        • 4869
                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                        #76
                                                                                                                                                        AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                        Ich erinnere mich noch gut an unsere EU-Erfahrungen im letzten Jahr in Nordspanien. Die riesigen Latifundien. Daneben die verfallenen Dörfer. "Die EU macht einige steinreich und alle anderen arm."

                                                                                                                                                        Vielleicht ist das in Rumänien in dieser Gegend die nächste Phase. Die neuen Riesen-Felder sind natürlich umzäunt und bewacht. Da ist kein Raum mehr für die Landlosen, um ihren bescheidenen Bedarf einzusammeln. Man könnte noch die Nussbäume am Straßenrand fällen. Und irgendwann wandern all die Pferde-Wägelchen-Kutschierer aus, weil sie keine Existenzgrundlage mehr haben. Und die, die ihre Äcker profitabel verkauft haben, gleich mit. Dann verfallen dort die Dörfer auch. Heute bersten sie noch vor Leben aus allen Knopflöchern.

                                                                                                                                                        Die Faszination Rumänien hängt vielleicht auch an all diesen Gegensätzen und Widersprüchlichkeiten. Ich habe neulich gerade einen Film gesehen, wo es auf einmal auf ein rumänisches Ortsschild zuging. Ich hatte beinahe Tränen in den Augen. Ich muss dort unbedingt wieder hin. Obwohl ich am Ende froh war, dort wegzukommen.

                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                          Dauerbesucher
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                                                                                                                                                          • 967
                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                          Zitat von Enja Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                          Ich muss dort unbedingt wieder hin. Obwohl ich am Ende froh war, dort wegzukommen.
                                                                                                                                                          Na da gehts nicht nur mir so Hatte manchmal auch dermaßen die Schnauze voll nach ner Tour aber irgendwie ziehts einen doch wieder hin

                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                            Alter Hase
                                                                                                                                                            • 18.08.2006
                                                                                                                                                            • 4869
                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                            #78
                                                                                                                                                            AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                            20.9.2013

                                                                                                                                                            In Anbetracht der ungemütlichen Umstände beschließen wir, anderswo Strandurlaub zu machen. Vielleicht bietet sich auf dem Weg Richtung Delta noch eine Gelegenheit. Wir winken noch den Engländern zu, wie sie ihre Kartons zum Taxi schleppen und brechen dann auf.

                                                                                                                                                            Wir folgen der Landzunge bis zum Ende. Dort geht es über eine Brücke ins zugehörige Industriegebiet. Praktischerweise liegt es so, dass man es überall vom Strand aus vor Augen hat. Die Straße führt landseitig an der Bahnlinie entlang dran vorbei und schließlich um eine weitere Lagune herum weg vom Meer nach Corbu. Sobald wir nicht mehr im Schutz der Bebauung sind, steht uns der Wind massiv entgegen. Die lange Straße durch Cerbu liegt genau in Windrichtung. Der Ort gibt uns also kaum Deckung.

                                                                                                                                                            Trotzdem wird es mit Erreichen des freien Feldes noch einmal schlimmer. Mit maximal 11 km/h quälen wir uns vorwärts, indem wir quasi alles geben. Die Straße führt gerade aus durch riesige Felder. Ab und zu braust ein Auto vorbei. Und von vorne kommen riesige Schweinetransporter, die einem regelrecht den Atem nehmen, wenn sie mit ihrer Wolke von Diesel und Schweinejauche vorbeifahren. Heute ist wohl Schlachttag.

                                                                                                                                                            Auf Sacele zu geht es bergab. Nanu. Wir waren doch auf Meereshöhe gestartet? Wir sehen uns um. Tatsächlich sehen wir Constanta in der Ferne unter uns liegen. Es hat uns also nicht nur der Wind gebremst, sondern auch eine lange Steigung. Hinter Sacele geht es noch einmal über einen Hügel. Dann sehen wir den Lacul Nuntasi vor uns liegen. Wir fahren abwärts drauf zu und an seinem Ufer entlang. Dort ist in unserer Karte eine Premium-Übernachtungsmöglichkeit eingezeichnet. Die gibt es offensichtlich auch nicht oder nicht mehr.

                                                                                                                                                            Am Ende des Sees zweigt die Zuwegung zu einer archäologischen Stätte ab. Und dahinter liegt ein Kloster. Die Kirche ist noch im Bau. Wir biegen in den Klosterhof ein, um uns ein bißchen aus dem Wind zu bringen und eine kurze Pause einzulegen. Wir werden sehr freundlich empfangen. Die Mönche und ihre Bauarbeiter möchten uns gerne zum Mittagessen einladen. Da wir noch weiter möchten, lehnen wir ab und werden daraufhin mit Kaffee und Obst bewirtet. Auch dieses Kloster ist sehr neu.

                                                                                                                                                            Und wieder geht es bergauf, über einen Hügel, und bergab ins nächste Dorf. Auf den weiten Hügeln wird jetzt gepflügt. Die Ernte ist vorbei. Traktoren jeden Baujahrs sind an der Arbeit und ziehen riesige Staubfahnen hinter sich her.

                                                                                                                                                            In Sinoie biegen wir nach Westen ab. Das ändert die Perspektive, was wir begrüßen. Aber der Wind steht uns nun direkt entgegen, so dass wir noch einmal langsamer werden. Jeder Meter will erkämpft werden. Ich zähle jeden Allee-Baum, an dem ich mich vorbeigekämpft habe. Landeinwärts bedeutet natürlich auch: bergauf. In Mihai Viteazu erreichen wir die Hauptstrecke Constanta-Tulcea. Auf direktem Weg sind das gerade mal 100 km. Die Straße ist gut und der dichte Verkehr sehr schnell. Wir auch. Es geht rasant abwärts nach Baia. Geradeaus setzt die Straße an, die nächsten bewaldeten Berge zu erklimmen und wir biegen wieder Richtung Küste ab.

                                                                                                                                                            Bei Ceamurlia de Jos erreichen wir das Seengeflecht im Süden des Donau-Deltas. Den Razim-See. Wir sind jetzt am Rand des Biosphärenreservats Donau-Delta unterwegs. Jetzt in Richtung Osten wird das Vorwärtskommen deutlich einfacher. Und so erreichen wir Jurilovca. Mit kyrillischem Ortsschild und eindeutig russischen Häuschen. Ein hübsches Örtchen. Und ganz anders als die, die wir bislang durchfahren haben. Von hier aus soll man per Boot einen Campingplatz am Meer erreichen können. Wir stellen uns vor, dass wir dort vielleicht unseren Strandurlaub verbringen könnten.

                                                                                                                                                            In der Mitte von Jurilovca gibt es noch etwas: eine Touri-Info. So etwas haben wir seit Ruse nicht mehr gesehen. Dort versichert man uns, dass man von Gura Portitei nichts weiß. Aber man hat Ahnungen. Wir sollen doch mal am Hafen fragen. Gesagt, getan. Im Hafen liegen viele Boote. Und die Rezeption des Feriendorfes. Einen Campingplatz gibt es allerdings nicht. Man muss 20 € für den Bootstransfer bezahlen. Und dann 20 € pro Nacht für eine Holzhütte am Meer. Wir grübeln. Für eine Nacht lohnt sich das nicht. Aber zwei? Und falls es uns dort nicht gefällt? Sechs polnische Studenten auf Backpacking-Tour treffen ein. Denen ist das zu teuer. Sie drehen um, um in der Kirche zu fragen, wo sie schlafen können.

                                                                                                                                                            Der Hafenmeister/Portier von Gura Portitei ist Russe. Mit undurchsichtiger Sonnenbrille. Fleißigem "Njet". Er scheint uns vom geplanten Abenteuer regelrecht abzuraten. Wir drehen erst einmal um. Wir kaufen im Dorf Proviant ein. Und treffen die völlig erschöpften Dresdner. Ihnen ist das zu teuer. Wir empfehlen ihnen, sich den polnischen Studenten anzuschließen. Man hat ihnen gezeigt, wo sie campen dürfen.

                                                                                                                                                            Wir entschließen uns nun doch zu Feriendorf und Bootstour. Allerdings vergeblich. Das letzte Boot ist schon abgefahren. Dass es einen Fahrplan gibt, hatte man vergessen, uns mitzuteilen. Wir suchen uns ein Hotel. Es gibt mehrere im Ort. Wir sind anscheinend die einzigen Gäste, so dass wir unsere Räder in der Hotelhalle parken dürfen und den Schlüssel dafür erhalten.

                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                              Freak

                                                                                                                                                              Liebt das Forum
                                                                                                                                                              • 07.04.2008
                                                                                                                                                              • 20009
                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                              #79
                                                                                                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                              Zitat von Enja Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                              Was würdest du den Rumänen empfehlen? Allein in Bukarest gibt es 65000 Straßenhunde. Wer soll die alle einfangen und kastrieren? Wie lange soll das dauern? Und was wird es kosten?

                                                                                                                                                              Vielleicht haben die, die das machen (von der EU hoch gefördert) eine Chance, wenn sich die schlichte Anzahl verringert?
                                                                                                                                                              OT: Ich würde den Rumänen (und jeder Stadt, jedem Land, das davon betroffen ist) empfehlen, sich sachkundige Unterstützung von Biologen, bzw. Ökologen, event. Tierärzten etc. zu holen. Weder (Lokal)-Politiker, die kurzfristig möglichst viele Stimmen klar machen wollen, noch einzelne Tierschützer, die nur das dahinvegetierende Individuum und darüber hinaus nichts sehen, können die Probleme langfristig in den Griff bekommen.
                                                                                                                                                              Die Tötungen und allgemein das Hundefängerwesen gibt es übrigens auch nicht umsonst, sondern da fließt richtig viel Geld und da gibt es mafiöse Strukturen. Noch ein möglicher Ansatzpunkt...


                                                                                                                                                              Zu den Veränderungen in der Landwirtschaft und im ländlichen Leben die Du zwei Posts vorher beschrieben hat, kann ich den Film "We feed the world" sehr empfehlen. Unter anderem wird die Situation in Spanien und auch in Rumänien (Stichwort "Monsanto") gezeigt. Was ich das Faszinierende an diesem Film finde: Es gibt keinen moralisierenden Kommentar aus dem Off, sondern die Bilder und die Akteuere sprechen für sich. Und das sehr eindringlich.
                                                                                                                                                              "I pity snails and all that carry their homes on their backs." Frodo Baggins

                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                                • 18.08.2006
                                                                                                                                                                • 4869
                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                Meine Kenntnisse zum Thema "Hunde in Rumänien" stützen sich ausschließlich auf meine Reiseerlebnisse, das, was man mir in Rumänien erzählt hat und Internetrecherche. Das ist sicher nicht umfassend. Es hieß allerdings, dass ziemlich viel Geld in Sachen Hunde-Kastration in Bukarest ausgegeben wird. In der eher ländlichen Gegend, in der ich unterwegs war, kann ich mir das nicht vorstellen.

                                                                                                                                                                Äußerungen à la "das ist doch in der Ecke überall so" kann ich nicht bestätigen. In den umliegenden Ländern war es definitiv nicht auch so.

                                                                                                                                                                Nach meinem Eindruck ist in Rumänien "herrenlos" nicht so richtig definiert. Die Hunde gehören wohl irgendwo hin und irgendwem. Das heißt aber nichts. Manche werden gefüttert. Viele nicht. Medizinisch versorgt werden sie wohl eher nicht. All diese Hunde, die einen schwanzwedelnd umgeben, sobald man anhält, sitzen hackevoll mit Parasiten jeder Art. Sind größtenteils völlig abgemagert. Die Hündinnen werfen unablässig. Weshalb sie noch ausgezehrter aussehen. Besonders alt werden die Hunde nicht. Die Straße ist praktisch von toten Hunden gesäumt.

                                                                                                                                                                Vielleicht leben sie auf ihre Art sogar artgerechter als die Hunde, die ich hier so kenne.....

                                                                                                                                                                Aber unhaltbar ist es trotzdem.

                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                  Lebt im Forum
                                                                                                                                                                  • 26.04.2010
                                                                                                                                                                  • 5726
                                                                                                                                                                  • Unternehmen


                                                                                                                                                                  #81
                                                                                                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                  Zur Ehrenrettung Rumäniens sei mal von mir bemerkt, dass ich das Problem dieser großen Hundemeuten bei meinen eigenen ausgedehnten Streifzügen durch das Land sonst nirgendwo so bemerkt habe.

                                                                                                                                                                  Ich stelle mir mal so ein großes Hunde-KZ vor den Toren Bukarests vor, in dem 50 000 Tiere in Käfigen gehalten ihr Gnadenbrot bis zur Verendung bekommen würden und werte das eher als einen inhumanen Akt unrealistischen Gedankengutes als wenn man sie abschießt. Sogar nach deutschem Jagdrecht wäre das legal. das hatte ich ja schon einmal beim Wolfstread hier im Forum nachgefragt.

                                                                                                                                                                  Ich wende mich erneut an Enja und freue mich auf die Fortsetzung ihres Tourenberichtes, die gerade im Land der Lipowäner unterwegs sind. Das ist eine russische Volksgruppe die sich in grauer Vorzeit wegen ihrem Glaubens im Donaudelta vor dem Zaren versteckt hielten.
                                                                                                                                                                  Zuletzt geändert von Abt; 27.11.2013, 13:03.

                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                    • 18.08.2006
                                                                                                                                                                    • 4869
                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                    21.9.2013

                                                                                                                                                                    Nach einem Frühstück auf dem Hotelbalkon rollen wir wieder zum Hafen. Um 20 Uhr geht das Boot nach Gura Portitei. Unsere Räder dürfen wir nicht mitnehmen. Sie kommen in einen Schuppen. Wir heben unsere 12 Radtaschen an Bord und legen ab. Das Boot ist groß genug für eine ganze Busladung Menschen. Gemütlich tuckern wir durch einen Kanal aus dem Hafen. Im Schilf seitlich sehen wir einige hübsche alte strohgedeckte Häuser. Dann gibt der Kapitän Gas. Wir donnern über den See. Der Wind ist immer noch stark. Wir krachen von einer Welle in die nächste. Jurilovca ist bald außer Sicht. Wir sind eine ganze Weile unterwegs. Erst sehen wir noch Jurilovca liegen. Bald nur noch Wasser, Himmel und Schilf.

                                                                                                                                                                    Das Feriendorf, das mal eine Fischersiedlung war, liegt vorne auf der Landzunge zwischen Meer und See. Wir wuchten unsere Taschen an Land und buchen in der Rezeption eines der Holzhäuschen am Strand. Es gibt Unterkünfte in jeder Preislage. Die äußerst schlichten Holzhütten habem schon was von Camping. Platz für zwei Betten und unsere Taschen. Und so fühlen wir uns gleich heimisch. Vom Bett aus können wir direkt auf das Meer gucken. Dummerweise liegt das hier im Osten, so dass mit Sonnenuntergang über dem Meer nicht zu rechnen muss und man stattdessen früh wach werden sollte, um den Sonnenaufgang zu genießen. Die Hütte hat zahlreiche Löcher in den Wänden und in der Tür (ein Fenster gibt es nicht), was ich etwas mit Argwohn betrachte. Man kann erkennen, wie andere Bewohner versucht haben, sie mit Toilettenpapier auszustopfen. Eine Einladung für die Mücken? Eigentlich hatten bisher auch die schlichtesten rumänischen Quartiere zuverlässigen Mückenschutz an allen Fenstern und Türen. Aber gut. Die Mückenzeit ist wohl vorbei. Wir treffen keine Mücken an.

                                                                                                                                                                    Wir waschen unsere Sachen und hängen sie auf. Wir gehen baden. Hier ist sowohl der Strand als auch das Wasser sauber. Aber es ist eigentlich schon ein bißchen zu kalt zum Baden. So unternehmen wir eine Strandwanderung, bewundern die Muscheln und sehen den Vögeln zu, die es hier in großer Menge gibt. Das einzige, was wirklich ein bißchen eigen ist, ist das Sanitärhaus. Seeehr gewöhnungsbedürftig und gar nicht zur Anlage passend, in der alles liebevoll gepflegt wird.
                                                                                                                                                                    Inzwischen ist noch ein Boot angekommen und hat eine Gruppe MTBler abgeliefert. Teils beziehen sie eine Hütte. Teils biwakieren sie am Strand. Sie wollen von hier aus den Strand entlang nach Sulina. Das sei eine beliebte Tour für Fahrrad-Enthusiasten. Rumänische Radsportler übrigens. Die treffen wir gar nicht so selten. Und so macht es natürlich auch Sinn, dass es die zugehörigen Fahrrad-Läden und -Werkstätten offensichtlich gibt.

                                                                                                                                                                    Abends gehen wir essen im Restaurant. Es gibt wohl mehrere, aber nur eines ist noch geöffnet und wir sind auch die einzigen Gäste. Das Essen schmeckt hervorragend. Fisch natürlich. Und Polenta. Die Bedienung ist nett und bemüht. Neben dem Tisch gibt es eine Steckdose. Und natürlich kostenloses W-Lan.

                                                                                                                                                                    Wir beschließen, noch einen Tag länger zu bleiben. Morgen ist Wahltag. Da ist so ein Ort mit zuverlässiger Internetversorgung doch super. Gewählt haben wir schon. Nun wollen wir wissen, wie es ausgeht. Wir sagen also bescheid, dass wir noch bleiben wollen.

                                                                                                                                                                    Über Nacht lassen wir die Tür offen, um das Meer rauschen zu hören.

                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                                                                                      • 18.08.2006
                                                                                                                                                                      • 4869
                                                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                                                      #83
                                                                                                                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                      Übrigens sind wir nach Constanta/Mamaia nicht mehr mit anstrengenden Hunden/Hunderudeln konfrontiert worden. In den nun durchquerten Dörfern gab es zwar offensichtlich viele Hunde. Aber nicht freilaufend. Oder wenn, dann von Menschen begleitet und unter Kontrolle gehalten.

                                                                                                                                                                      Auch die Pferde sahen hier besser aus. Weniger humpelnd. Und überwiegend in gutem Pflege- und Ernährungszustand.

                                                                                                                                                                      Genauso gab es die aggressiven Kinderhorden nicht mehr.

                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                                                                                        • 18.08.2006
                                                                                                                                                                        • 4869
                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                        AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                        22.9.2013

                                                                                                                                                                        Zu Sonnenaufgang wache ich auf. Der Anblick ist phantastisch. Der Himmel strahlt in allen denkbaren roten Schattierungen. Danach schlafe ich noch eine Runde. Heute haben wir frei. Frühstück ist im Preis enthalten. Wir sitzen in der netten Strandbar und genießen es, mal bedient zu werden. Die MTBler packen ihren Kram zusammen und radeln irgendwann ab. Allzuviele Gäste sind nicht mehr anwesend. Und die meisten wollen anscheinend abreisen. Um 12 Uhr geht das Boot. Das wollen wir morgen auch nehmen.

                                                                                                                                                                        Heute laufen wir mal in die andere Richtung. Zum Baden ist es endgültig zu kalt. Es weht ein eisiger Wind. Statt am Meer entlang geht es in die Sümpfe. Dort sehen wir mehr Vögel als direkt am Meer. Und Schlangen. Alles ist voller Schlangen. Die meisten sind tot. Man erklärt uns, dass das Wasserschlangen sind, die im Herbst an Land kommen, um zu sterben. Richtung Meer stehen einige Fischerhäuschen. Und natürlich gibt es auch hier wieder Hunde, die meinen, wir hätten dort eigentlich nicht unterwegs zu sein.

                                                                                                                                                                        Als wir zurückkommen, werden wir in die Rezeption gebeten. Man will uns aus dem Strandhäuschen haben. Das sei viel zu kalt. Wir könnten erfrieren. Wir denken eher, dass sie die letzten Gäste in einem Gebäude konzentrieren wollen. Und ziehen in ein geradezu luxuriöses Zimmer um. Sowas haben wir lange nicht mehr gesehen. Alles vom Feinsten. Wir genießen natürlich das Bad. Die Heizung läuft. Da werden unsere Sachen endlich mal trocken. Ansonsten ist uns das egal. Das kleine Holzhäuschen mit seinem Strohdach war völlig in Ordnung.

                                                                                                                                                                        Und schon ist es Zeit, nach den Wahlen zu sehen. Als wir uns in der Bar mit Tablet und Netbook niederlassen, werden wir bald von den anderen Gästen umringt. Hier urlaubt die rumänische Schickeria. Wir haben schon im Hafen die teuren Schlitten parken sehen. Alle wissen von den heutigen Wahlen und wollen unsere Prognose. Sie sorgen sich, dass „la Merkel“ eventuell abgewählt werden könnte. Wo sie doch der Garant für unablässig fließende EU-Gelder ist. Das wäre doch schade. Sie wissen sogar von der hessischen Landtagswahl. Die natürlich von Rumänien aus nicht ganz so interessant ist.

                                                                                                                                                                        Nachdem der erste Trend klar ist, gehen wir alle essen. Fisch natürlich. Und nach diversen Runden Bier und Schnaps gehen wir schlafen. Die endgültigen Ergebnisse gibt es sowieso erst morgen.

                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                                                                          • 18.08.2006
                                                                                                                                                                          • 4869
                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                          23.9.2013

                                                                                                                                                                          Im Prinzip haben wir viel Zeit. Das Boot geht erst um 12 Uhr. Wir sind etwas kribbelig. Soviel Faulenzerei wie in den letzten Tagen sind wir nicht gewöhnt. Wir scharren sozusagen mit den Hufen. Obwohl ein eisiger Wind weht. Der uns schon vermuten lässt, dass wir wieder anstrengende Kilometer vor uns haben. Wir machen es uns also erst einmal im Restaurant gemütlich und frühstücken in aller Ruhe. Dabei bestaunen wir die Wahlergebnisse. Was soll das nun heißen? Irgendwie gewöhnungsbedürftig.

                                                                                                                                                                          Während wir da noch sitzen, kommt der Chef auf uns zu. Ob wir wohl mal in die Rezeption kommen wollen. Zu seiner Frau. Natürlich. Machen wir. Ob wir wohl etwas dagegen haben, früher abzureisen. Der Kapitän würde gerne schon um 10 Uhr ablegen. Wir sind einverstanden. Haben wir etwas mehr Zeit unterwegs. Im Grunde würden wir gerne in Tulcea ankommen.
                                                                                                                                                                          Also packen wir und verstauen unsere Taschen im Boot. Ein anderer Gast kommt noch mit. Ansonsten ist wohl nur noch die Belegschaft da. Die See ist eher noch rauer als bei unserer Ankunft. Wir ballern über den See. Nur in der Kajüte ist es trocken. Drüben an Land laden wir aus. Holen und beladen die Räder und machen uns wieder auf den Weg. Unser Bootsgenosse besteigt seinen glänzend schwarzen Ferrari und braust davon.

                                                                                                                                                                          Wir durchqueren noch einmal Jurilovca und strampeln tapfer gegen den Wind. Über einen Hügel geht es nach Salcisoara. Und nun ändert sich die Landschaft. Die Berge, die uns von der Donau trennen, rücken auf uns zu. Einen bewaldeten Ausläufer, der bis an den Lacul Razim reicht, müssen wir überqueren. Und die großen Felder hören auf. Eine Art Steppe beginnt. Eine Spielwiese für die Herren im Flecktarn. Mit allem, was dazu gehört. Inklusive großer aufgestellter Antennenohren. Wir nähern uns mal wieder der Achse des Bösen. Auch die Grenzpolizei stellt wieder einen großen Anteil des Straßenverkehrs.

                                                                                                                                                                          Auf dem Berg vor uns steht eine Burg. Sowas hatten wir auch lange nicht. Eine echte Landschaftdekoration. Und wir dürfen diesen Anblick lange genießen. Wir umrunden die Burg sozusagen und fahren dabei immer schön bergauf. Die Berge bieten uns Windschutz. Und mit schöner Aussicht radelt es sich natürlich auch besser. An der Straße liegen die Becken riesiger Fisch-Farmen. Wir durchqueren Enisala und schon geht es wieder steil nach unten in ein Sumpfgebiet. Noch ist das für uns Neuland. Auf beiden Seiten der Straße, die auf einer Art Damm verläuft, dehnen sich Schilfflächen bis zum Horizont. Links und rechts verlaufen Kanäle, auf denen Schiffe liegen, die dort offensichtlich schon länger liegen. Angler angeln. Und Vögel sind überall. Bevölkern die Luft. Das Wasser. Alles. Wir staunen in alle Richtungen. So haben wir uns das Donau-Delta vorgestellt. Über uns fliegt ein Seeadler.

                                                                                                                                                                          An einer Schildkröte in Straßenmitte stoppen wir. Was will sie da? Die müssen wir retten. Uns ist nicht so ganz klar, ob sie noch lebt. Sie bewegt sich nicht. Wir tragen sie an den Straßenrand und ziehen uns etwas zurück. Daraufhin rennt sie mit unerwarteter Geschwindigkeit ins Schilf. So schnell können wir gar nicht fotografieren.

                                                                                                                                                                          In Sarichioi möchten wir rasten. Es gibt einen kleinen Park mit einem Brunnen in der Mitte und Bänken drum rum. Eine gute Gelegenheit zum Kaffee kochen. Aber der Wind pfeift uns so um die Ohren, dass wir das aufgeben. Sarichioi liegt direkt am Lacul Razim. Wir wollen an den Strand fahren, geben aber auf. Die Straße ist so schlecht, dass sie quasi unbefahrbar ist. Wild gewordenes Kopfsteinpflaster am Steilhang. Kein Bedarf. Wir nutzen noch schnell den Bankautomaten, den es hier, wie bisher in jedem Dorf gibt. Und fahren weiter. Nur so kann man sich warm halten.

                                                                                                                                                                          In Agighiol kann man auf eine Abkürzung nach Tulcea einbiegen. Der Donauradweg führt über Murighiol in weitem Bogen nach Osten und wieder zurück. Gegen Osten hätten wir nichts. Aber nach Westen kann man wegen des stürmischen Westwinds eher nicht fahren. Wir verzichten also dankend und fahren direkt Richtung Tulcea. Noch 16 km. Es geht geradeaus bergauf. Endlos sieht man die Straße da liegen. Der Wind bläst auch hier stark entgegen.

                                                                                                                                                                          Oben angekommen machen wir eine Rast im Windschatten eines parkenden LKWs und essen ein paar Kekse. Sofort sitzt der obligatorische hungrige Hund bei uns. Es geht noch weiter bergauf. Aber irgendwann sind wir oben und rollen abwärts Richtung Tulcea. Am Ortseingang gibt es einen Rastplatz mit Tischen, Bänken und großer Infotafel, auf der wir den Weg zur Stadtmitte sehen können. Das ist ein netter Service. Zur Rast lädt der Platz allerdings nicht ein. Er wird offensichtlich gleichzeitig als Mülldeponie genutzt.

                                                                                                                                                                          In Richtung Stadtmitte müssen wir noch einen Berg überqueren. Die Stadt ist unerwartet hügelig. Ziemlich groß. Und komplett mit Kopfsteinpflaster ausgestattet. Erst als es wieder abwärts Richtung Donau geht, wird es besser. An der Donau gibt es eine lange Uferpromenade. Mit der Stadtmitte nebendran. Die Hässlichkeit dort ist erschlagend. Wir stehen etwas fassungslos am Ufer mit Blick auf die Stadt. Die Bebauung ist sehr hoch. Mit viel Waschbeton. Alles vergraut und verfallen. Rundum schrecklich.

                                                                                                                                                                          Am besten, man guckt in Richtung Wasser. Dort liegen Schiffe jeder Art. Das sieht bedeutend netter aus. Was jetzt? Wir finden die Touri-Info und erhalten einen Zimmernachweis, der sich später als veraltet herausstellt. Die Preise stimmen nicht mehr. Man empfiehlt uns Pensionen, die weit außerhalb liegen. Da könnte man für 5 € weniger als direkt in der Stadt wohnen. Mal sehen. Und eine Schiffstour ins Delta? Oder nach Sulina? Den Fahrplan nach Sulina bekommen wir mit. Für eine Tour dorthin müssten wir mindestens drei Tage investieren. Und eine Delta-Rundtour? Da müssen wir an den Anlegern fragen. Es ist keine Saison mehr. Da fährt nicht mehr viel.

                                                                                                                                                                          Wir laufen also die Anleger ab und gucken, was da so im Angebot ist. Im Grunde bieten alle die gleiche Rundtour an. Inklusive Mittagessen. Unterwegs treffen wir zwei Hamburger, die mit dem Auto unterwegs sind. Wir buchen schließlich die gleiche Rundtour. Sie empfehlen uns ihr Hotel. Das Insula. Wir gucken uns noch einige andere an, sind nicht bereit, weit stadtauswärts zu fahren und checken schließlich auch im Insula ein. Wir bezahlen 30 € für ein DZ, was für unsere Verhältnisse ziemlich viel ist. Aber das Hotel ist wirklich schön. Warum sollen wir uns das nicht mal gönnen. Geradezu mitteleuropäischer Standard. Und etwas abseits auf einer Insel gelegen. 5 Minuten vom Anleger entfernt, aber sehr ruhig. Und ein Balkon über dem Wasser. Wir kaufen noch ein und verbringen einen entspannenden Abend auf dem Wasserbalkon.

                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                            Lebt im Forum
                                                                                                                                                                            • 26.04.2010
                                                                                                                                                                            • 5726
                                                                                                                                                                            • Unternehmen


                                                                                                                                                                            #86
                                                                                                                                                                            AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                            Ich stelle den Campingführer für Rumänien mal hier an diese Stelle, für alle die Reisenden, die Campingplätze auf ihren Touren durch Rumänien brauchen.

                                                                                                                                                                            http://www.campings-in-roemenie.nl/2Duits.html

                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                              Alter Hase
                                                                                                                                                                              • 18.08.2006
                                                                                                                                                                              • 4869
                                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                                              #87
                                                                                                                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                              Gute Idee. Von unseren Plätzen habe ich nur den in Constanta gefunden. Das war "Campare Tabara Turist Mamaia". Laut Campingführer war der schon geschlossen, als wir dort waren. Witzig so ein Gewimmel dort zu sehen. Im September standen da nur die drei beschriebenen Zelte.

                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                                                • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                • 4869
                                                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                                                #88
                                                                                                                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                24.9.2013

                                                                                                                                                                                Wir frühstücken gemütlich auf dem Balkon. Im Zimmer hängt ein Brandmelder. Das ist nichts für unseren Benzinkocher. Die Enten sind alle wieder erschienen und teilen mit uns. Es regnet. Wir packen also vorsichtshalber für unseren Bootsausflug warme Sachen und Regenzeug ein. Vorsichtshalber noch Wasserflaschen, was sich als gute Idee erweist.

                                                                                                                                                                                Unser Boot wartet schon. Wir sind die letzten. Mit uns fahren die Hamburger von gestern, ein englisches Paar, dessen weiblicher Teil sich als gebürtige Rumänin erweist, wodurch wir eine Dolmetscherin an Bord haben und ein italienisches Rentnerpaar. Bis auf die Italiener können alle Englisch. Die Italiener immerhin Französisch, was die Hamburgerin und ich auch beherrschen. Es bilden sich also zwangsläufig Grüppchen. Die Boots-Crew spricht nur rumänisch. Die beiden Herren sind ziemlich schmierig. Nicht charakterlich. Aber sie tragen verölte Blaumänner und sind an Gesicht und Händen passend eingefärbt.

                                                                                                                                                                                Wir nehmen vorne an Deck Platz. Dort steht ein Tisch mit Stühlen drum herum. Der Kapitän steht eine Etage tiefer und guckt zwischen den Beinen seiner Passagiere durch. Wann immer die Begeisterung einen der Passagiere das Treppchen hinunter in den Bug treibt, um von dort aus besser fotografieren zu können, muss er da weggepfiffen werden, damit der Kapitän freie Sicht hat.

                                                                                                                                                                                Wir legen ab und tuckern los. An weiteren Booten entlang. An einer Art Werft vorbei, wo Boote in allen Stadien des Abwrackens liegen. An der rumänischen Kriegsmarine vorbei. Und schließlich in den grünen Tunnel des Donau-Deltas. An beiden Ufern steht Wald. Davor ein mehr oder weniger breiter Streifen Strand. Die Wurzeln der großen Bäume sind von vielen Überflutungen ausgewaschen. Das sieht aus wie ein Mangrovensumpf. Dazwischen liegt viel Müll. Am Strand sitzt Angler neben Angler. Dahinter eine Campingzone. Die Zelte der Angler. Teils liegen ihre Boote auf den Strand gezogen. Teils ankern sie. Teils sind auch keine da. Es gibt offensichtlich einen Taxi-Dienst für Angler. Kleine Zillen mit Außenbordmotor, die unermüdlich auf und ab donnern und unser Boot jedesmal heftig ins Schwanken bringen.

                                                                                                                                                                                Wir biegen in einen schmaleren Seitenkanal ab. Dann in einen noch schmaleren. Alle ähnlichen Boote fahren offensichtlich dieselbe Route. Was sicherlich sinnvoll ist. Wenn man noch ein Biosphärenreservat übrig behalten will, muss man das kanalisieren. Die Angler werden langsam aber sicher weniger. Und wir bekommen einen Vogel-Katalog. Damit wir identifizieren können, was wir sehen. Es gibt tatsächlich viele Vögel. Viele verschiedene Vögel. Hauptsächlich so das, was wir auch von zu Hause kennen. Nur mehr davon. Speziell auch mehr von den Vögeln, die zu Hause recht selten sind. Zum Beispiel immer wieder Eis-Vögel. Viele Graureiher. Silberreiher. Irgendein Seeadler kreist meist über uns. Die Pelikane sind schon in den Winterurlaub geflogen. Sagt man uns. Es gibt aber auch nur noch 200 Paare. Vor 100 Jahren waren es noch eine Million.
                                                                                                                                                                                Alle fotografieren fleißig. So lange sind wir die Donau entlanggeradelt. Lange Zeit auch ohne sie zu sehen. Nun fahren wir mal drauf. Das gefällt uns. Die Runde ist zudem nett. Wir tauschen uns aus. Über Rumänien. Über das Reisen. Über die Aluminium-Fabrik in Tulcea und die Gefährdung des Deltas. Der Gesprächsstoff geht uns nicht aus.

                                                                                                                                                                                Irgendwann fällt der Schiffsmotor aus. Der Unter-Kapitän springt mit einem dicken Seil an Land, zieht das Boot auf den Schlick und bindet es fest. Was nun? Irgendein Programmpunkt? Die Schiffsbesatzung werkelt fleißig. Sie haben in der Kajüte eine Luke im Boden aufgeklappt, sind hinuntergestiegen und werkeln am Motor. Ab und zu wird irgendein abgeschraubtes Maschinenteil ob herausgehoben und auf dem Kajütenboden gelagert. Oh, sieht nicht gut aus. Das ist die Pumpe für die Kühlung. Kommt gleich der Paketdienst und bringt eine neue?

                                                                                                                                                                                Die beiden Herren packen ihre Handys aus und werkeln nun mit dem Handy am Ohr weiter. Wir winken den vorbeiziehenden anderen Ausflugsschiffen zu und beginnen, uns zu langweilen. Bevor die Stimmung kippt, erscheint der Leichtmatrose mit einer Runde Schnaps. Die Gläser hat er mit einem öligen Lappen ausgewischt und das Wasser, das er uns dazu anbietet, mit dem Eimer aus dem Fluss hochgezogen. Na gut, Schnaps desinfiziert.

                                                                                                                                                                                Irgendwann mal ist alles wieder zusammengeschraubt, das Seil wird eingeholt, der Motor springt wieder an und wir schippern weiter. Der eine der beiden Männer zieht sich einen Flecktarn über den Blaumann und mutiert zum Koch. Händewaschen ist nicht nötig. Maschinenöl desinfiziert. Hat mein Opa auch immer gesagt. Der war Schlosser.

                                                                                                                                                                                Schließlich kommen wir in einen schilfigen Bereich mit weitem Rundumblick. Neben dem Flusslauf liegt ein großer See mit vielen Vögeln drauf. Die sollen wir uns jetzt angucken. Es ist tatsächlich eine umfassende Sammlung. Oben kreist der unvermeidliche See-Adler. Der Kapitän läuft mit Schwung auf den Strand auf, so dass wir festliegen. Und mit Blick auf die Vogel-Sammlung wird nun der Tisch zum „Lunch“ gedeckt. Mehrere große Platten mit Fisch werden serviert. Dazu Brot und Weißkäse. Unter Fisch muss man sich in diesem Fall Fischköpfe vorstellen. Die haben wir auf den Märkten schon gesehen. Jetzt sind sie gegart worden. Mehrere Hechte gucken uns böse an. Welse. Was es so alles in der Donau gibt.

                                                                                                                                                                                Tapfer aber doch ziemlich vorsichtig tun wir uns auf und versuchen, daran Essbares zu finden. Gewürzt worden ist da nichts. Schmeckt ziemlich zum Abgewöhnen. Jetzt gibt es noch eine Suppe. Eine Fischbrühe mit Kartoffelstücken drin. Fast kalt und auch ungewürzt. Als die Herren merken, dass ihre Passagiere etwas an Appetitlosigkeit leiden, bringen sie noch einen großen Berg fritierter Fischköpfe.

                                                                                                                                                                                Nachdem alle gesättigt sind, machen wir das Boot wieder flott und tuckern heim. Kurz vor Tulcea kommen uns zwei große Schlepper entgegen mit vielen, vielen winkenden Menschen an Bord. Ein Kreuzfahrtschiff hat angelegt und die Passagiere machen die obligatorische Runde im Schnelldurchlauf.

                                                                                                                                                                                So richtig begeistert sind die Passagiere nicht. Die Erwartungen waren wohl etwas überhöht. Ich fand es eigentlich ganz interessant. Wir sind alle durchgefroren bis auf die Knochen. Und hungrig auch. Insofern wollen wir jetzt an Land. Das überträgt sich auf die Schiffsmannschaft. Sie haben es so eilig, das Boot einzuparken, dass wir mit großem Schwung ein anderes rammen. Daraus entspinnt sich ein wildes Gebrüll. Währenddessen verabschieden wir uns und gehen heim.

                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                  Erfahren
                                                                                                                                                                                  • 23.07.2011
                                                                                                                                                                                  • 436
                                                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                                                  #89
                                                                                                                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                  Ich bitte um Entschuldigung - es ist wegen der von dem Einen&Anderen vermissten Bilder:
                                                                                                                                                                                  Hier gibt es einige Bilder zum letzten Abschnitt meiner derzeitigen täglichen Lieblingslektüre. Vielen Dank mal wieder zwischendurch.
                                                                                                                                                                                  Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                                                                                                                                                                                  Eberhard Elsner

                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                                                                                                    • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                    • 4869
                                                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                                                    #90
                                                                                                                                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                    Mit "dem alten Postschiff" wären wir auch gerne gefahren. Es lag so malerisch am Kai. Auf seine Abfahrt hätten wir allerdings eine volle Woche warten müssen. Bis dahin fuhr täglich das Hovercraft. Darin sitzt du wie im Flugzeug. Bist ruckzuck in Sulina. Fragt sich dann aber, warum.

                                                                                                                                                                                    Dafür hatten wir keinen Stress mit Massentourismus. Die Leute waren an einer Hand abzuzählen. Bis auf die Kreuzfahrer. Aber die laufen nicht "frei". Die sind nur gebündelt unterwegs.

                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                                                                                                      • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                      • 4869
                                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                      25.9.2013

                                                                                                                                                                                      Heute soll es weitergehen. Bzw. wieder donauaufwärts. Der nächstgelegene Grenzübergang in Richtung Ukraine liegt bei Galati. In Richtung Ukraine, weil man, um dort hinzukommen, durch Moldawien muss. Galati liegt etwa 100 km von Tulcea entfernt. Stramm Richtung Westen. Also 100 km Gegensturm. Wir haben da weder Lust drauf, noch sind wir sicher, das zu schaffen. Lieber würden wir einen Bus nehmen.

                                                                                                                                                                                      So suchen wir erst einmal den örtlichen Busbahnhof direkt neben dem Schiffsterminal auf. Dort herrscht im strömenden Regen ein lebhaftes Treiben. Man erklärt uns, dass Fahrräder grundsätzlich nicht mitgenommen werden. Nur ausnahmsweise, wenn mal Platz ist. Nur in den großen Fernbussen. Und von denen fährt keiner nach Galati. Die Strecke ist zu kurz.
                                                                                                                                                                                      Also machen wir uns auf den Weg. In dichtem Verkehr auf schlechter Straße fahren wir stadtauswärts. Erst durch Plattenbauten. Dann durch ein Gewerbegebiet, in dem überraschenderweise die empfohlenen Pensionen liegen. Und schließlich ins offene Land hinaus. Dem tobenden Wind entgegen. Im strömenden Regen. Mal wieder am Rand des Donautals. Auch hier geht es vom Umland her steil abwärts. Die Orte liegen an der Kante. Dazwischen gibt es Einschnitte, wo man immer wieder bis auf die Talsohle muss, es also kontinuierlich auf und ab geht.

                                                                                                                                                                                      Unten liegt in Sichtweite ein Donauarm inmitten einer Wasserwelt aus Sumpf und Seen. Auch hier sieht man viele Vögel. Die Flächen sind überwiegend Schutzgebiete. Und teilweise auch landwirtschaftlich genutzt. So passieren wir Mineri und Somova. Alle Donau-Anwohner transportieren fleißig Boote. Ich vermute mal, dass sie in ihre Winterquartiere geschafft werden. Auf den landwirtschaftlichen Flächen wird gepflügt. Die Erntezeit ist vorbei. Oben die Ebene, an deren Rand wir entlang fahren, wirkt sehr karg und ausgetrocknet. Was vielleicht jahreszeitlich bedingt ist. Weiter weg sieht man Berge aufragen. Und Wald.

                                                                                                                                                                                      Hinter Somova biegt die Straße ins Hinterland aus, weg vom Donautal. Und insofern geht es nun natürlich auch bergauf. Wir passieren eine imposante Schlucht und fahren bald im Wald. Hier liegen die Dörfer nicht an der Straße, sondern seitlich ein ganzes Stück aufwärts. Wir sehen sie nur aus der Ferne liegen. Was auch für die Klöster gilt, die wir passieren. Wenn man sich hier mehr Zeit nehmen wollen würde, könnte man sie sicher besuchen. Aber wir wollen jetzt mal wieder das Land verlassen. Wir sind neugierig auf die Ukraine.

                                                                                                                                                                                      So kommen wir nach Isaccea, ein Ort, der wieder fast an der Donau liegt, die hier als breiter Fluss fließt. Das Delta haben wir erst einmal hinter uns gelassen. Isaccea ist recht groß. Es gibt Läden und Bäckereien, so dass wir mittig eine Bank in Beschlag nehmen, um etwas zu essen. Schön ist anders. Aber immerhin ist es hier windgeschützt. Schnell sind wir von einer Gruppe heftig bettelnder Kinder umgeben. Und es erscheint aus der Gegenrichtung ein mit dem Wind sausender Solo-Reiseradler auf dem Weg nach Tulcea. So gut es in diesem Tumult geht, tauschen wir uns über die Strecke aus. Kurz bevor wir aufgeben, hier etwas essen zu können, erscheint ein älterer Mann uns schickt die Kinder weg.

                                                                                                                                                                                      Uns ist durchaus der Appetit vergangen. Außerdem fängt es wieder an zu regnen. Wir fahren also weiter. Wir mühen uns gegen den Wind. Passieren Dorf um Dorf, Steigung um Steigung, eingeschnittenes Tal um Tal. Immer in dem Gedanken, es vielleicht heute noch bis in die Ukraine zu schaffen. Zumindest wollen wir bis Galati und dazu werden wir die dortige Fähre brauchen. Wer weiß, wie oft und bis wann die fährt.

                                                                                                                                                                                      Der Verkehr wird immer stärker, so dass es immer ungemütlicher wird. Bis wir nach Garvan kommen, wo wir in Richtung Galati abbiegen und der Verkehr nach Süden. Wir sehen Galati bald liegen. Eine eindrucksvoll große Stadt, die nach viel Plattenbau und Industrie aussieht. Überragt von einem Fernsehturm. Noch über einen kleinen Hügel und es geht weit hinab ins Tal. Irgendwann kommt uns eine lange Reihe Autos entgegen. Die Fähre hat angelegt und ihre Fracht entlassen. Ansonsten sind wir völlig allein unterwegs. Es geht einen Damm entlang und über diverse Brücken bis wir in C. Bratianu den Fähranleger erreichen.

                                                                                                                                                                                      Hier steppt sozusagen der Bär. Diverse LKWs und PKWs warten. Dazu viele Radfahrer und Fußgänger. Die Fähre hat gerade drüben abgelegt und überquert die Donau in unserer Richtung. Wir kaufen uns und unseren Rädern Tickets, um bei den anderen Fußgängern in der ersten Reihe zu warten. Die Fähre ist ein recht großes Schiff, auf das man von der einen Seite auffährt , um es nach der Überquerung auf der anderen Seite wieder zu verlassen. Weshalb es sehr exakt anlegen muss. Was es mit großem Gerumpel tut. Unsere letzte Donau-Überquerung. Wir genießen das.

                                                                                                                                                                                      Drüben treffen wir auf eine Ufer-Promenade. Dort liegen Club- und Restaurant-Schiffe. Das Ufer ist parkartig angelegt. Es gibt Kinderspielplätze, Rummel, Buden und Kneipen jeder Art. Wir sind in einer Großstadt gelandet. Eine Menschenmenge schiebt sich das Ufer entlang. Es gibt getrennte Wege für Fußgänger und Radfahrer. Die Stadt liegt oben drüber und ist vom Ufer aus unsichtbar. Besonders neugierig sind wir auch nicht. Wir wollen weiter.

                                                                                                                                                                                      Am Ende der Promenade verpassen wir den Abzweig in die Stadt mehr oder weniger versehentlich und machen uns an die Durchquerung der Hafen- und Industrieflächen, die Richtung Moldawien liegen. Es ist unübersichtlich. Teilweise gibt es viel Verkehr, teilweise ist alles verlassen und wird nur von großen, freilaufenden Hunden verteidigt. Wir kreuzen diverse Bahnschienen. Und irgendwann liegt das alles hinter uns. Vor uns die freie Landschaft. Seitlich die Donau. Der Wind kommt nun von hinten, da wir wieder Richtung Osten fahren. Weiter vor uns liegt Giurgiulesti in Moldawien auf einem Hügel und drauf zu führt eine kaum befahrene autobahnähnliche nagelneue Straße sowie ein Schienenstrang.

                                                                                                                                                                                      Giurgiulesti sieht aus der Ferne wie eine Sammlung verfallener ziemlich weit auseinanderliegender Hütten aus, von denen Rauch aufsteigt. Es riecht nach Feuer jeder Art. Für mich deshalb irgendwie wie der Herbst, wie er in meiner Kindheit war. Also nicht unangenehm. Wir erreichen die rumänische Grenzstation und stellen uns hinten an. Wie gewohnt holt man uns an den Autos vorbei, wirft einen müden Blick in unsere Pässe und winkt uns weiter. Die Grenzstation ist ultramodern und sozusagen auf Zuwachs. Die meisten Spuren sind gesperrt. Die Gebäude sehen leer aus.

                                                                                                                                                                                      Fazit Rumänien: Ja, das wird wohl nichts. Ein faszinierendes Land. Und häufig abstoßend. Ich will da raus. Und wiederkommen. Diese Polarität beschreibt das wohl am besten. Über den Straßenzustand kann man nicht meckern. Die meisten sind nagelneu. EU lässt vermutlich grüßen. Überhaupt sieht man hier ein EU-Land im Entstehen. Von diesem Entstehungsprozess hat uns eigentlich nichts gefallen. Aber vieles zu denken gegeben. Die Versorgung ist optimal. In jedem Dorf gibt es Läden und Kneipen. Bankautomaten. Tankstellen. Autowaschanlagen. Campingplätze an unserer Strecke eher nicht. Spezielle Radwege auch nicht. Und keine Donau-Radweg-Beschilderung. Was aber nicht stört, da die Straßenausschilderung absolut erschöpfend ist. Keine Orientierungsschwierigkeiten. Neben den Hunderudeln sind mir besonders die nervigen Kinderhorden im Gedächtnis geblieben. So etwas kannte ich bisher nur aus dem Orient. Der südliche Teil ist absolut übervölkert.

                                                                                                                                                                                      Weiter geht es an die moldawische Grenzstation. Die Straße wechselt in den Modus „kaum befahrbar“. Nichts ist mehr nagelneu und schick. Die wartende Autoschlange ist bedeutend länger. Abgefertigt wird erst einmal keiner. Die Wartegemeinschaft ist guter Dinge. Wir tauschen Kekse. Und versuchen, uns über Reiseziele auszutauschen. Die Autos haben russische, ukrainische und rumänische Kennzeichen. Irgendwann wird ein Auto seitwärts aus der Schlange herausgewunken und darf eine Station weiter. Als nächstes winkt man uns. Wir schieben die Räder an den Autos vorbei. Man erbittet unsere Pässe und verschwindet damit im Gebäude. Als Reiseziel haben wir die Ukraine angegeben. Also Transit durch Moldawien.

                                                                                                                                                                                      Nach einer Weile bekommen wir die Pässe zurück und dürfen ein Stück weiter. Die Grenzer tragen Uniformen mit diesen Schirmmützen, deren „Deckel“ oben einen Riesendurchmesser haben. Wir können uns gar nicht satt sehen. Es sind etliche Frauen darunter und alle lächeln freundlich. Man guckt nach unserem Gepäck und stellt Fragen. Auf Englisch. Man gratuliert uns zu unserer Reise. „Welcome in Moldavia“ – ein Zettel für die freundliche Bedienung am Schlagbaum. Und weiter geht es. Man schiebt ein Gittertor beiseite – und wir radeln nach Moldawien.

                                                                                                                                                                                      Es sieht unglaublich verfallen aus. Wir haben nur ein paar Kilometer bis zur Wiederausreise. Bekommen also nicht viel zu sehen. Die Straße ist schlecht. Aber die Ausschilderung unübersehbar. Es dauert nicht lange, bis wir die Grenzstation erreichen. Die Ausreise aus Moldawien erfolgt ziemlich analog zur Einreise. Wir haben jetzt einen Einreise- und einen Ausreisestempel im Pass. Beide mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden. Macht nichts. War ein nettes, interessantes Erlebnis.

                                                                                                                                                                                      Nun die Einreise in die Ukraine. Wieder viele wartende Autos. Keinerlei Vorwärtsbewegung. Und wieder sind wir die nächsten, die herangewinkt werden. Unser Unterhaltungspotenzial scheint hoch geschätzt zu sein. Wir sollen mit Pässen und „allem“ Gepäck in eine Halle kommen. Die Räder sollen natürlich draußen bleiben. Erst einmal verstehen wir nicht. Daraufhin holt man jemanden, der Englisch kann. Wir müssen mehrfach gehen, bis wir alle Taschen drinnen auf dem Tisch haben. Bei mir war die Aufhängung eines Frontrollers abgerissen und durch Kabelbinder ersetzt. Ich darf die Tasche ausräumen. Es wird allerdings kontrolliert, ob noch was drin ist. Kein Keks soll unkontrolliert bleiben.

                                                                                                                                                                                      Wir müssen alles auspacken und erklären, was es ist. Das ist nicht besonders spannend. Pullover. Wäsche. Schlafzeug. Campingzeug. Geschirr. Kocher. Werkzeug. Wasserproben. – Hm. Wasserproben? Kleine Röhrchen mit Wasser und Nummern drauf? Sehr verdächtig. Aber was soll’s. Medikamente? Ja. Ich packe das Tütchen aus. Wundsalbe. Immodium. Pflaster. Mückenmittel. Uninteressant. Wieder einpacken.

                                                                                                                                                                                      Man braucht für die Einreise in die Ukraine laut AA einen gültigen Pass und eine Reisekrankenversicherung inklusive einer Bestätigung in englischer Sprache, dass sie in der Ukraine gilt. Sowas haben wir dabei. Die wollen sie nicht. Aber jetzt sollen wir eine Devisenerklärung ausfüllen. Wie? Alles eintragen, was wir dabei haben? Wir haben Geld in sechs verschiedenen Währungen zu bieten. Auch die Münzen? Natürlich. Ich fange an, alles auszuschütten, durchzuzählen und einzutragen. Nach kurzer Zeit hat der Mann keine Geduld mehr. Unterschreiben! Und abgeben. Eigentlich steht drüber, dass man das Papier in der Ukraine immer mit sich führen soll und bei Abreise wieder abgeben. Aber des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Ich reiche das Formular rüber. Nun noch warten. Und schließlich bekommen wir die Pässe mit dem Einreisestempel. „Gute Reise“ und ab durch die Mitte.

                                                                                                                                                                                      Wir beladen die Räder wieder. Es ist inzwischen stockdunkel und schon nach 22 Uhr. Direkt hinter dem Schlagbaum findet sich ein Container zum Geldwechseln. Wir nehmen das gerne war. Im nächsten Ort gäbe es ein Hotel, sagt man uns. Dann sind wir endgültig in der Ukraine angekommen. Die Straße weist keinerlei Markierungen auf und franst seitlich irgendwie ins Gelände aus. Vor uns ist keinerlei Licht zu sehen.

                                                                                                                                                                                      Glücklicherweise sind unsere Räder gut beleuchtet. Bis in den nächsten Ort wird die Straße von keinem Auto befahren. Was heißt, dass hinter uns keiner weiter abgefertigt wird. Im Asphalt sind riesige, tiefe Löcher. Und die Straße wellt sich unglaublich. Wir tasten uns vorsichtig voran. Schließlich passieren wir eine hell erleuchtete Shell-Tankstelle wie aus dem Bilderbuch und direkt danach eine Art Bogen über die Straße. Ein Ortsschild? Wir drehen uns um. Und tatsächlich – das Ortsschild von Reni. Unserem Ziel. Wir verlassen gerade den Ort Richtung Moldawien. Das wollen wir natürlich nicht. Also zurück auf die Tankstelle. Hier muss irgendwo ein Abzweig nach Reni sein.

                                                                                                                                                                                      Der Tankwart versteht uns zwar nicht. Dirigiert uns aber in den Abzweig. Und sagt „Hotel, Hotel“. Wir müssen uns noch wieder an die kyrillische Schrift gewöhnen. Zumal das ukrainische Alphabet noch einmal anders aussieht. Finden aber kurz drauf tatsächlich das Hotel. Der Betreiber ist noch auf. Wir schaffen unsere Räder in den Hof. Schleppen unser Zeug durch einen unglaublich langen Flur und werden in ein Zimmer geführt, in dem drei brokat-bezogene Pritschen stehen. 27 € soll die Pracht kosten. Immerhin mit eigenem Bad. Uns ist sowieso alles egal. Wir sind müde. In einem Schrank finden wir Bettwäsche. Die Dusche funktioniert. Alles klar.

                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                                                                                                        • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                        • 4869
                                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                                        26.9.2013

                                                                                                                                                                                        Die Nacht war anstrengend. Wir haben uns in Rumänien offenbar etwas eingefangen. Wir leiden beide unter heftigem Erbrechen und Durchfall. Was tun? Hier bleiben? Das Hotel ist ungefähr so gemütlich wie ein Bahnhof. Zudem stark überteuert. Das Personal wartet offensichtlich ungeduldig auf unsere Abreise. Wir sind die einzigen Gäste. Wir beschließen, uns auf den Weg nach Ismail zu machen. Das soll eine hübsche größere Stadt sein – etwa gegenüber von Tulcea – mit komfortablen Hotels. Da könnten wir uns mal eine standesgemäße Unterkunft gönnen und uns auskurieren.

                                                                                                                                                                                        Also beladen wir die Räder und fahren Richtung Reni Zentrum. Reni ist größer als gedacht und äußerst quirlig. Da wir die Donau entlang weiter nach Osten wollen, fahren wir hangabwärts Richtung Hafen. Ausgeschildert ist hier nichts. Der Verkehr ist dicht. Die Straße unglaublich löchrig. Da man seitlich keinen Spielraum hat, ist es schwierig, den Löchern auszuweichen. Zum Durchfahren sind sie aber zu tief. Die Fahrer sind genauso rücksichtsvoll wie bisher überall.

                                                                                                                                                                                        Als ich in ein Loch krache, fliegt mir eine Ansichtskarte weg, die ich irgendwo geschenkt bekam. Ich würde sie gar nicht suchen wollen. Aber der LKW hinter mir hält an. Der Fahrer steigt aus, springt der wegwehenden Ansichtskarte nach, um sie mir zu überreichen. Da muss ich mich natürlich freuen, sie wiederzubekommen. Irgendwann rumpeln wir über Schienen und erreichen den Ortsausgang. Gleich wird auch der Verkehr deutlich weniger. Eigentlich zu fast gar nichts. Und die Straße ist neu asphaltiert. Danke schön.

                                                                                                                                                                                        Es geht die M15 entlang. Also eine Art Autobahn. Links ist es abwechselnd sumpfig-schilfbestanden oder auch mal landwirtschaftlich genutzt. Rechts ist ein Deich. 25 km bis zum nächsten Ort. Ziemlich geradeaus. Wir radeln dahin. Rückenwind. Allerdings nicht stark heute. Magenkrämpfe. An einem Schuppen halten wir an, um endlich etwas zu frühstücken. Hinter dem Schuppen kläfft es. Der Hund kann aber anscheinend nicht raus. Ein Welpe erscheint. Sowas Süßes aber auch. Ganz reizend. Und offensichtlich kurz vor dem Hungertod. Ein Bündel Knochen nur noch. Wir geben ihm unseren Kuchen.

                                                                                                                                                                                        Ob man von dem Deich an der Straße aus wohl die Donau sieht? Der Karte nach – wir haben jetzt nur noch einen Autoatlas – müsste sie da sein. Aber ob direkt daneben oder doch noch ein ganzes Stückchen weg kann man schlecht sagen. Wir klettern mal rauf. Und da liegt sie. Die Straße führt tatsächlich direkt am Ufer entlang. Ein stabiler Maschendrahtzaun ist da noch. Die Donau ist hier Grenze.

                                                                                                                                                                                        Die Strecke zieht sich. Aber schließlich sehen wir links, eine Geländestufe höher, Orlivka liegen. Die Straße führt dran vorbei. Nicht wie auf der Karte und auch in Google maps mitten durch. Wir biegen ab. Erstens wollen wir ein ukrainisches Dorf sehen. Und zweitens einkaufen. Die Wege im Dorf sind unbefestigt, tief ausgefahren und ausgewaschen. Mit Fahren ist da nicht viel. Die kleinen Häuser stehen weit auseinander, giebelständig und sind reich mit Holzschnitzereien verziert. Die Giebel entlang. Auf der Dachspitze. Die Traufen entlang und um die Fenster. Die Grundstücke sind eingefriedet wie bisher überall an der Donau. Auf den Wegen sind Gänse unterwegs. Kinder, Hunde, Katzen. Pferde angepflockt. Pferdewagen unterwegs. Ein buntes Landleben. Wie in Rumänien gibt es auch hier die gemischten Läden/Kneipen. Man kauft sich was zu essen und zu trinken und lässt sich davor auf den Bänken nieder. Wir haben das heute wirklich nötig. Das Sortiment ist hier im Vergleich mit Rumänien deutlich reduziert. Es gibt aber alles, was man braucht, nur halt nicht in siebenfachen Varianten.

                                                                                                                                                                                        Am Ortsausgang treffen wir wieder auf die M15 und folgen ihr bis Novosil’s’ke. Jetzt in etwas weiterem Abstand zur Donau. Durch eher langweilige Stoppeläcker. Auch dort verlassen wir die Durchgangsstraße, um durch das Dorf zu fahren. Dessen Straßen sind nicht unbefestigt, sondern mit den allseits beliebten großen Betonplatten belegt. Das Geholper drüber schüttelt uns völlig durch. Aber zur Belohnung gibt es eine Bäckerei mit sehr leckeren Angeboten. Hinter unserer Bank grüßt Lenin in Strickjacke freundlich von einem hohen Sockel. Leninskaja heißt die Straße passenderweise.

                                                                                                                                                                                        Nach Nova Nekrasivka geht es nun auf einem Damm zwischen zwei großen Seen durch. Wo die sumpfigen Schilfflächen aufhören und die Seeflächen anfangen, ist nicht so klar definiert. Jedenfalls nähern wir uns offensichtlich wieder dem Donau-Delta. Auch hier sind auf dem Wasser diverse Boote unterwegs. Und der Wasserrand ist von Anglern gesäumt.
                                                                                                                                                                                        Einige Kilometer weiter mündet unser Sträßchen (das immerhin die M15 Galati-Odessa ist) in eine erstaunlich massiv befahrene Straße ein, die in einem bedenklichen Zustand ist. Nach Ismail ist es nicht mehr weit. Zunächst einmal geht es nach Broska einen Hang aufwärts. Rechts und links erinnert die Bodengestaltung an eine Mülldeponie. Und auf einmal werden wir regelrecht mit Myriaden von winzigen Fliegen überschüttet. Ich steige vom Rad, weil ich nichts mehr sehe. Nase, Ohren, Mund, Augen, überall Fliegen. Im Schieben geht es etwas besser und es sind auch nur ein paar hundert Meter. Aber ich beschließe, mein Mückennetz aus dem Gepäck zu suchen. Wer weiß, was noch kommt.

                                                                                                                                                                                        Die M15 biegt nach Norden ab und wir arbeiten uns auf das Zentrum von Ismail zu. Ab und zu gibt es mal einen Wegweiser Richtung Zentrum. Es ist aber so ein bißchen wie in Rumänien. Die Stadt liegt an einer Hauptachse. Aber die muss man erst einmal finden. Schließlich gibt es Wegweiser zu den Hotels. Und da wir es mal netter haben wollen, steuern wir gleich das im Reiseführer empfohlene an. Als wir davor gerade unsere Räder abstellen wollen, öffnet sich die Tür und eine sehr durchgestylte Frau ruft: „English njet, French njet, German njet, Room njet“, womit so irgendwie alles gesagt ist.

                                                                                                                                                                                        Auch im anderen Hotel spricht man an der Rezeption keine Fremdsprache, sondern lässt durch einen zufällig anwesenden mehrsprachigen Gast ausrichten, dass man nichts frei hat. Nanu. Was soll das denn? Wir sehen wohl irgendwie nicht reich aus. Dabei könnten wir mühelos das Hotel kaufen. Hoffentlich gibt es hier noch mehr Unterkunftsmöglichkeiten. Ein kurzes Stück weiter landen wir auf der Hauptstraße. Hier ist zumindest mal was los. Wir fragen ein bißchen herum. „Hotel njet, Pension njet“. An einer Laterne ist ein Schild angeschraubt, mit einem Bett drauf. Da muss doch was sein. Der Plattenbau daneben sieht nicht wie ein Hotel aus. Aber wir gehen mal rein. Und siehe da. Es ist doch eins. Ein postsozialistisches. Eine junge Frau, die perfekt deutsch spricht, dolmetscht für uns. Die Rezeptionistin blickt streng und sitzt hinter einem Schalter. Wir können ein Zimmer haben. Wir können unsere Räder unter die Treppe stellen, wo sie von einem Wachmann beaufsichtigt werden. Und wir können auch in Euros bezahlen.

                                                                                                                                                                                        Im vierten Stock schließt uns die zuständige Etagendame das Zimmer auf. Es ist groß mit großem Bad. Hat einen noch größeren Balkon zur Hauptstraße. Und ist ganz im Plattenbau-Style gehalten. Wir kochen uns unser Abendessen auf dem Balkon und gucken zu, wie unten die Leute vorbeiwuseln. Mit Pelzmützen in dicken Daunenjacken. Wir sind fertig und wollen eigentlich nur noch liegen. Hoffentlich geht es uns morgen besser. Für einen Erholungsaufenthalt ist diese Unterkunft nicht geeignet.

                                                                                                                                                                                        Kommentar


                                                                                                                                                                                        • Enja
                                                                                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                                                                                          • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                          • 4869
                                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                          27.9.2013

                                                                                                                                                                                          Uns geht es eher noch schlechter als gestern. Aber was hilft’s. Weiter. Hier mögen wir nicht bleiben. Ismail ist eine hübsche Stadt. Es gibt einen sehr orientalischen Basar, in dem es schlicht alles gibt. Asiens ganzen bunten Plastikkram. Lebensmittel jeder Art. Fische, die wir noch nie gesehen haben. Baumaterialien. Fahrradzubehör. Wir können uns kaum trennen. Daneben gibt es auch ein modernes Einkaufszentrum. Einen hübschen gepflegten Stadtpark. Wir sehen uns mehrere Kirchen an. Und fahren runter an die Donau. Dort gibt es einen Vergnügungspark und eine Uferpromenade, wo viele Menschen unterwegs sind und man nicht fotografieren darf, weil hier die ukrainische Kriegsmarine liegt. Also alles wie in Tulcea. Es gefällt uns hier. Eine hübsche Stadt. Mit netten Bewohnern. Einige haben wir inzwischen kennengelernt.

                                                                                                                                                                                          Schwierig wird es, als wir versuchen, die Ausfahrt nach Stara Nekrasivka zu finden. Die ungefähre Richtung ist klar, aber wir finden den Abzweig von der Hauptstraße nicht. Es gibt keinerlei Wegweiser. Und alle Leute, die wir fragen, haben noch nie von diesem Ort gehört. Als wir kurz vor der Auffahrt zur M15 wenden und zurück fahren, finden wir aus dieser Richtung einen passenden Wegweiser. Allzuviel gewonnen ist damit aber noch nicht. Das ist keine gerade Ausfallstraße. Ständig müssen wir uns irgendwie entscheiden. Und alle Straßen sehen wir Wohnstraßen aus. Irgendwann kommen wir an die Bahnlinie. Und vom Übergang aus geht es hinaus in die freie Landschaft. Bis Stara Nekrasivka ist es nicht weit.

                                                                                                                                                                                          Nun wird es idyllisch. Die Strecke führt direkt an einem Donauarm entlang. Ohne Deich und Zaun. Die Straße ist extrem schlecht. Eine Nebenstraße halt. Abwechselnd gibt es Betonplatten und Asphalt. Jeweils mit vielen tiefen Löchern. Es hilft nichts. Man sucht sich seinen Weg drumherum. Die Autos und LKWs tun das auch. Überall auf der Straße kurvt irgendwer durch die Gegend. Das sieht lustig aus. Die Autos haben es dabei noch schwerer als die Räder. Wir brauchen nur eine schmale befahrbare Spur. Die Autos müssen meist zumindest mit zwei Rädern in die Tiefe. Es staubt. In den Betonplattenabschnitten versuchen wir, wenn es geht, neben der Straße zu fahren. Keine Straße fährt sich hier besser als kaputte Straße.

                                                                                                                                                                                          In Kyslytsya biegen wir um einen See herum nach Norden ab und am Ortsende wieder nach Osten. Hier gibt es sogar einen Wegweiser. Das erleichtert die Sache natürlich. Es geht nun bis an den Horizont über eine sumpfige Wiese, die von Entwässerungsgräben durchzogen ist. Kiliya liegt etwas höher. Wir fahren gefühlte Stunden lang drauf zu. Auch Kiliya ist recht groß. Zwischen den Orten ist buchstäblich nichts, aber die Orte sind quirlig lebendig und weisen auch alles auf, was man so braucht.

                                                                                                                                                                                          Kiliya macht uns Probleme. Wir finden die Ausfahrt nach Vylkowe nicht. Und die Zeit läuft uns davon. Ganz davon abgesehen, dass das Rumpeln über die Betonplatten innerhalb des Orts relativ wenig Spaßfaktor hat. Da es keine Wegweiser gibt, versuchen wir uns durchzufragen. Alle zeigen in die gleiche Richtung. Auch die Polizei. Von der Himmelsrichtung her kann das nicht stimmen. Aber was bleibt uns übrig. Erst ganz am Ortsende treffen wir auf eine Gruppe junger Leute, die uns die richtige Straße am Horizont zeigen. Sie meinen, wir sollten einfach über eine Art Fußweg durch die Sümpfe gerade drauf zu fahren.

                                                                                                                                                                                          Wir versuchen das auch. Über die Wiese fährt es sich definitiv besser als auf den Straßen. Aber bald steht das Gelände unter Wasser. Da wollen wir nicht durch. Wer weiß, in welche Sackgasse wir uns da wagen. Also zurück in den Ort. Noch einmal längs durch und dann auf die richtige Straße. Übrigens genau an der Stelle, wo uns die Polizeistreife in die Irre schickte. Aber gut. Schwamm drüber. Nun sind wir auf der richtigen Strecke.

                                                                                                                                                                                          Bei Licht werden wir nicht mehr ankommen. Wir haben versucht, über das Internet dort eine Unterkunft zu finden. Aber vergeblich. Vylkowe ist das Venedig der Ukraine. Es gibt diverse Hotels dort. Aber anscheinend keine freien Zimmer. Wildzelten ist hier schwierig. Es gibt die Straße und den Sumpf. Beides nicht so geeignet. Und ab jetzt wohl auch nicht ratsam. Hier ist wieder Unesco-Biosphärenreservat. Und deshalb der Sumpf auch eingezäunt.

                                                                                                                                                                                          Die Strecke ist mühsam. Der Verkehr mäßig. Es zieht sich. Ein Uniformierter eskortiert uns auf seinem Moped. Mal fährt er voraus, mal bleibt er zurück. Wenn er mal vor uns ist, bleibt er irgendwann stehen, bis wir wieder aufholen. Es wird dunkel. Als wir in Vylkowe ankommen, ist es bereits stockdunkel. Der Ort ist sehr belebt. Vor dem Supermarkt staut sich eine Menschenmenge. Wir fragen nach einem Hotel. „Hotel njet“ – was sonst. Wir fahren noch weiter bis zur Kirche und treffen dort auf einen Polizisten. „Hotel da“. Er bringt uns gleich hin. Die Räder kommen in einen Schuppen. Das Hotel ist preiswert und ordentlich. Wir trinken noch ein Bier im Restaurant. Auch hier kläffen die Hunde die ganze Nacht. Wir sind inzwischen dran gewöhnt.

                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                            Alter Hase
                                                                                                                                                                                            • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                            • 4869
                                                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                                                            #94
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                                                                                                                                                                                            28.9.2013

                                                                                                                                                                                            Wieder eine anstrengende Nacht. Unser Zustand verschlechtert sich weiter. Und so sind wir froh, als die Nacht vorbei ist. Der Sonnenaufgang steigert das Gebell der diversen Hunde zu einem ekstatischen Geheul. Hört sich an wie ein Indianerüberfall. Das Frühstück fällt aus. Nach Essen oder Trinken ist uns nicht mehr. Beides löst sofortiges Erbrechen aus. Trotzdem sind wir optimistisch. Heute wird das bestimmt besser. Wir müssen allerdings unsere Reiseapotheke dringend aufstocken. Im Rahmen der Ortsbesichtigung (das ukrainische Venedig) halten wir Ausschau nach einer Apteka. Was kein Problem ist. Drinnen sieht es aus wie in jeder beliebigen deutschen Apotheke. Es liegen auch die gleichen Medikamente aus – für einen Bruchteil der Kosten. Nur Immodium ist aus. Der Apteker wirft nur einen Blick auf uns und weiß schon, was wir wollen. „Immodium njet“, aber wir bekommen etwas anderes. Ich habe es inzwischen ergoogelt. Es ist tatsächlich genau das gleiche.

                                                                                                                                                                                            Insofern beruhigt, sehen wir uns im Ort um. Er ist tatsächlich ganz reizend. Zwischen den noch sehr ursprünglichen, vielfach strohgedeckten Häusern gibt es Kanäle. Jedes Haus hat einen Anleger. Und alles schippert herum. In den üblichen Holzbooten, mit oder ohne Außenborder. Man kann auch Rundfahrten buchen. Aber danach ist uns heute nicht. Nicht in einem Boot ohne Toilette.

                                                                                                                                                                                            Wir machen uns energisch auf den Weg Richtung Odessa. Die Straße ist etwas besser als gestern. Zumindest streckenweise. Dafür ist sie auch stärker befahren. Alles karriolt irgendwie um die Löcher herum. Es geht erst durch die übliche Wasserwelt mit unabsehbaren Sumpfflächen. Davon haben wir eigentlich nun genug gesehen. Könnte mal wieder was anderes kommen. Dafür haben wir jetzt mal wieder einen Blick auf das Schwarze Meer. Aber nur kurz.

                                                                                                                                                                                            Sobald wir das Naturreservat verlassen, blicken wir wieder überwiegend über Stoppeläcker und manchmal Wiesen. Der Unterhaltungswert ist also ziemlich bei null. Wir passieren Prymors’ke. Erschöpft lassen wir uns auf den Bänken vor dem Dorfladen nieder und versuchen, einen Schluck Wasser zu trinken. Zwei nette ältere Herren sitzen dort schon. Prosten sich mit Wodka zu und haben schon ordentlich geladen. Es entspinnt sich zwischen ihnen und uns eine angeregte Unterhaltung. Obwohl niemand ein Wort von dem versteht, was der andere so von sich gibt.

                                                                                                                                                                                            Ab jetzt liegen die Orte außer Sichtweite der Straße bis wir schließlich bei Strumok auf die M15 stoßen. Eine Alternative dazu gibt es hier nicht. Und sie hat sich gut herausgemacht. Sie ist zwar nicht breiter oder besser ausgebaut als in Ismail, aber jetzt heftig befahren. Im Verkehr gibt es in beiden Richtungen keine Lücken mehr. Und deshalb auch kein Gekurve um die Schlaglöcher mehr. Uns bleibt nur der Seitenstreifen. 30 cm breit. Und mehr oder weniger vorhanden.

                                                                                                                                                                                            Überraschenderweise ist das Gelände hier auch nicht mehr eben. Es hügelt. So eine Steigung ohne seitlichen Spielraum ist schon eine gewisse Härte. Zudem fängt es an zu regnen. Wir überlegen, den Bus nach Odessa zu nehmen. Das Wetter ist schlecht. Die Landschaft reizlos. Die Straße eine Zumutung. Und über Nebenstrecken würde sich die Tour noch einmal drastisch verlängern. Odessa hat eine Million Einwohner. Die Einfahrt wäre also sicher auch keine reine Freude. Und wir müssen noch einmal ein Stück durch Moldawien. Also Ausreise aus der Ukraine. Einreise in Moldawien. Ausreise aus Moldawien. Einreise in die Ukraine. Dafür reicht voraussichtlich unser Humor im Moment nicht.

                                                                                                                                                                                            Wir freuen uns also, als wir auf Tatarbunary zukommen. Wir passieren einen Gewerbegürtel. Die Stadt ist nicht klein. Es gibt sogar einen Campingplatz. Sowas haben wir lange nicht gesehen. Und direkt an der M15 einen ziemlich großen Busbahnhof. Da sollte doch ein Bus zu finden sein. Wir haben allerdings keine Idee, ob das Busfahren mit Rädern möglich ist. Wir wollen mal fragen. Zunächst treffen wir wieder auf die Njet-Fraktion. Bus, Odessa, Fahrräder – alles njet. Es gibt durchnummerierte Bussteige. Ein Tickethäuschen. Diverse Läden und was man sonst noch so braucht. Dazu Busse jeder Größe mit unterschiedlichen, drangeschriebenen Zielen. Die meisten vom Typ „Marschrutka“. Also nicht groß genug für den Transport von Fahrrädern. Alle immer besetzt bis auf den letzten Platz.

                                                                                                                                                                                            Wir beschließen, an den Ticket-Schalter zu klopfen. Und siehe da. Wir treffen auf zwei reizende Bahnhofsvorsteherinnen. Sie verstehen uns auch ohne viele Worte. Zwei nasse Radler wollen nach Odessa. 17.30 Uhr schreiben sie auf ein Stück Papier. Wir nicken erfreut. Und sinken auf eine der überdachten Bänke. Ein bißchen frisch. Aber entspannend. Unterhaltend ist es hier auch. Menschen, Gepäckstücke, Busse jeder Art. Offensichtlich alle ohne Stoßdämpfer. Faszinierend wie sie herangeschaukelt kommen. Mit Werbeaufschriften in allen Sprachen. Eine Sammlung von Gebraucht-Bussen aus ganz Europa.
                                                                                                                                                                                            Die beiden freundlichen Frauen machen alles klar für uns. Für insgesamt 10 € nimmt der Bus uns und unsere Räder samt Gepäck mit. So, wie sie sind. Der Fahrer packt sie in den Laderaum. Wir lassen uns in die gemütlichen gepolsterten Sitze fallen und genießen die gute Aussicht. Der Bus fährt über Odessa nach Sewastopol. Da könnte einen doch glatt das Fernweh packen. Aber wir wollen nach Odessa. Auf denn.

                                                                                                                                                                                            Viel kriegen wir nicht mehr zu sehen. Es wird bald dunkel. Der Bus brummt die M15 entlang. Ohne Rücksicht auf Verluste und Schlaglöcher. Dabei schaukelt er wie ein Schiff auf hoher See. Und überholt ohne Unterlass. 5 bis 6 LKWs auf einmal. Kein Problem. Freie Sicht? Was für Warmduscher. Treiben sich irgendwelche PKWs vor uns rum – ein Hupen und sie fliehen auf den nicht vorhandenen Seitenstreifen. Da braucht man als Passagier etwas Fatalismus. Der Bus ist übrigens komplett in Türkisch beschriftet. Hat also in der Türkei wohl schon ausgedient.

                                                                                                                                                                                            Wir passieren Moldawien problemlos. Wir werden jeweils bei Ein- und Ausreise durchgezählt und angeleuchtet. Mehr nicht. Die Fahrt zieht sich trotzdem ziemlich, weil wir in jedem Ort halten. Die Raucher hechten jeweils nach draußen. Aber irgendwann sind wir in Odessa und bekommen Räder und Gepäck zurück. Ein nettes, junges Paar, das mit uns zusammen ausgestiegen ist, fragen wir nach einem günstigen Hotel. Es ist bereits nach 22 Uhr. Die Busstation ist riesig. Eine von mehreren in Odessa. Hier gibt es auch Übernachtungsmöglichkeiten. Aber die hält man nicht für angemessen. Nachdem wir zunächst die Toilette aufgesucht haben, neigen wir dazu, das auch zu finden. Mit einer Wegbeschreibung zu einem angemessenen Hotel machen wir uns auf den Weg Richtung Innenstadt. Die Stadt ist groß. Überall auf den Bürgersteigen liegen Schlafende. Es gibt viel Verkehr. Die Kreuzungen sind unübersichtlich.

                                                                                                                                                                                            Wir stehen zweifelnd an einer Ampel. Ein Radler saust heran. Ein Fahrrad mit Kindersitz. Der Mann mit Pferdeschwanz und Vollbart. Ein großes Kreuz auf der Brust. „You need help?“ Wir erklären unser Anliegen. „Follow me.“ Bis dahin hatten wir uns sehr vorsichtig fortbewegt. Jetzt rasen wir hinter ihm her durch den starken Verkehr. Ohne Rücksicht auf Verluste. Irgendwie machen die Autos uns Platz. Und schon stehen wir vor dem Hotel. Man will uns erst einmal nicht aufnehmen. Unser Begleiter macht das aber klar. Er wird ziemlich laut dabei.

                                                                                                                                                                                            Im Fahrstuhl schaffen wir unser Gepäck in den 6. Stock. Unsere Räder bleiben in einer Art Putzkammer im Erdgeschoss. Die Rezeptionistin spricht Englisch. Das Zimmer ist speziell. Ungefähr so groß wie unser Zelt. Ein Bett. Daneben passen gerade noch die Taschen. Eine Schiebetür in eine Miniaturausführung von Bad. Kein Fenster. Die Lüftungsanlage rauscht. Egal. Morgen sehen wir weiter. Wir wollen jetzt eigentlich schlafen. Aber da hören wir deutsche Stimmen auf dem Flur. Und müssen natürlich sofort nachsehen. Drei österreichische Radler. Sofort sind wir wieder topfit und machen uns gemeinsam auf den Weg in eine Kneipe in der Nachbarschaft.

                                                                                                                                                                                            Sie sind gerade aus Transnistrien gekommen und wollen von Odessa aus nach Hause. Irgendwie. Wir wollen uns Odessa angucken und dann im Grunde auch nach Hause. Wie, wissen wir noch nicht. Das wird sich finden. Die drei Österreicher waren auch der Grund, weshalb man uns nicht aufnehmen wollte. Man hat nur Platz für drei Räder und der war schon besetzt.

                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                              Alter Hase
                                                                                                                                                                                              • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                              • 4869
                                                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                                                              #95
                                                                                                                                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                              Da war noch die Frage nach der Fahrradwerkstatt in Rousse.

                                                                                                                                                                                              Fahrrad-Werkstätten & Service
                                                                                                                                                                                              Shimano Service Center, Rousse/ Bulgarien
                                                                                                                                                                                              Milen Pashev, 22A Hadjy Dimitar Street, Rousse
                                                                                                                                                                                              E-Mail: nrisimha@dir.bg, Mobile: +359889229306
                                                                                                                                                                                              Hier kann man sein Rad nicht nur kompetent reparieren lassen, sondern auch sehr günstig Qualitätsersatzteile bekommen, z.B. für Zuhause. Uneingeschränkte Empfehlung und großer Dank an Milen & sein Team!

                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                                                                • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                                • 4869
                                                                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                                                                #96
                                                                                                                                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                29.9.2013

                                                                                                                                                                                                Am nächsten Morgen wachen wir sozusagen mit Schweiß auf der Stirn auf. Der Ventilator läuft nicht mehr. Es ist stockdunkel. Das Licht geht nicht. Wir öffnen die Tür zum Gang. Dort ist es etwas heller. Und es gibt Luft. Das Wasser läuft auch nicht. Genauso wenig der Fahrstuhl. Im Nottreppenhaus hört man einen Generator. Das Licht brennt und Luft wird von unten heraufgeblasen. Allerdings stehen hier diverse Hotelgäste und rauchen. An der Rezeption ist man gelassen. Ja, der Strom ist ausgefallen. Nein, man verleiht keine Taschenlampen. Das Wasser wird gepumpt, also gibt es keines ohne Strom. Und Frühstück auch nicht. Einige einheimische Gäste werden ziemlich laut.

                                                                                                                                                                                                Wir beschließen, in der Stadt zu frühstücken, möchten aber gerne für noch eine Nacht buchen. Ein Zimmer mit Fenster. Das können wir um 12 Uhr haben. Aber nicht jetzt. Und nur gegen Vorkasse. Wie gestern abend schon. Dummerweise haben wir kein Bargeld mehr und fürchten, „Bankomat njet“ ohne Strom. Mal gucken. Ausnahmen gibt es jedenfalls auch nicht. Wir können zwar ohne Licht unser Zimmer eher nicht räumen, weil wir unsere Sachen gar nicht finden. Aber egal.
                                                                                                                                                                                                Wir räumen das Feld. Bis 12 Uhr findet sich vielleicht eine Lösung. Das Hotel ist konkurrenzlos preiswert, was in Odessa eher nicht vorkommt und liegt in fußläufiger Entfernung von allen Sehenswürdigkeiten sowie Bahnhof und Busbahnhof. Die Orientierung in Odessa ist leicht. Die Straßen im Zentrum sind ziemlich orthogonal angeordnet. Schilder mit den Straßennamen hängen an jeder Ecke. Und wir haben ein kleines Plänchen im Reiseführer. Draußen genießen wir die frische Luft, sehen aber gleich, dass der Strom nicht nur in unserem Hotel Urlaub genommen hat. Die Ampeln funktionieren nicht. Und vor den Gebäuden stehen Generatoren und brummen vor sich hin. Wie der Verkehr trotzdem irgendwie läuft, ist eindrucksvoll. Die Straßen sind breit und stark befahren. Fußgänger müssen jetzt auch nicht mehr warten, sondern kreuzen einfach den Verkehr. Und kommen heil drüben an. Wir trauen uns erst nicht. Aber es funktioniert.

                                                                                                                                                                                                Richtung Zentrum gibt es viele sehr schöne Bars und Restaurants. Die Preise sind hoch bis extrem hoch. Sowas haben wir seit Wien nicht mehr gesehen. Sehr eindrucksvoll. Wir gönnen uns gleich mal einen Tee für umgerechnet 8 € und genießen die damit verbundenen wunderschönen, sauberen Toiletten, um uns ein wenig zu zivilisieren. Wir suchen im Prinzip W-Lan. Unser Frühstückscafe hat einen Generator in Betrieb. Aber nicht für das üblicherweise vorhandene W-Lan. Der Kellner empfiehlt uns, einen Ortsteil ohne Stromausfall zu suchen. Das könne man, indem man guckt, wo die Ampeln funktionieren. Er zeigt uns auf dem Plan, wo ein anderes Viertel anfängt.

                                                                                                                                                                                                Wir kommen am Busbahnhof vorbei, stellen aber fest, dass von dort aus kein Bus nach L’wiw fährt. Als wir hier die Toiletten aufsuchen, können wir die interessante Erfahrung machen, mit einer Kerze in der Hand ein Steh-Clo zu benutzen. Ansonsten gibt es Fernbusse mit interessanten Zielen. Moskau. Tallin. Wir laufen also weiter zum Bahnhof. Der Bahnhof ist eine Sehenswürdigkeit an sich. Gründerzeit. Schön saniert. Riesige Hallen mit großen Kronleuchtern. Ein Kopfbahnhof. Die Bahnsteige sind problemlos zu erreichen. Vor dem Bahnhof gibt es einen großen Basar. Wir schlendern einmal drüber und nehmen uns vor, noch einmal wiederzukommen.

                                                                                                                                                                                                Jetzt müssen wir erst einmal wieder Richtung Hotel und auf dem Weg dorthin einen funktionierenden Bankomat finden. Mit Maestro-Zeichen. In der Straße, wo die Ampeln funktionieren. Wir schaffen es gerade noch so. Erleichtert schleppen wir unsere Sachen rüber in das neue Zimmer mit Fenster. Um festzustellen, dass es zugeschraubt ist. Also wieder nichts mit frischer Luft. Aber egal, jetzt geht es erst einmal ins Zentrum. Zeit für die berühmte Treppe.

                                                                                                                                                                                                Odessa ist eine relativ junge Stadt. Eine Gründung von Katharina der Großen. Deren Denkmal in der Nähe der Treppe steht. Folgerichtig gibt es viele Jugendstil-Bauten. Sehr viele. Das sind wir auf dieser Reise gewöhnt. Hier finden sich besonders schöne Exemplare. Und im Zentrum sind die meisten auch bereits aufwändig restauriert. Am oberen Ende der Treppe ballt sich der Tourismus. Bimmelbahnen und Kleinbusse werben für Stadtrundfahrten. Und man soll sich mit allerhand Getier fotografieren lassen. Affen, Greifvögel, Tauben, je nach Geschmack. Deren Besitzer glauben uns nicht, dass wir das nicht möchten. Brautpaare posieren für Fotos. Und Kutschen gibt es hier auch.

                                                                                                                                                                                                Die Treppe ist schmaler und steiler als wir sie uns vorgestellt haben. Ursprünglich verband sie mal die Stadt oben auf den Klippen mit dem Hafen unten. Jetzt ist sie völlig eingebaut von allen Seiten. Speziell unten geht eine breite Straße vorbei. Und davor liegt auch nicht der Panzerkreuzer Potemkin, sondern eine Seebrücke mit Casinos und Hotels. Schade irgendwie. Eindrucksvoll ist sie natürlich trotzdem. Genauso wie der weite Blick über das Meer, die Bucht, die Hafenanlagen. Passend scheint auch mal wieder die Sonne. Wir laufen einmal nach unten und dann wieder rauf.

                                                                                                                                                                                                Von den Bimmelbahnen holen wir uns einen Routenplan, dem wir anschließend folgen. Oben an der Abbruchkante entlang verläuft eine Promenade mit einer Allee davor. Viele Menschen genießen hier den Sonntag. Daran entlang stehen verschiedene Paläste und das Opernhaus. Wir würden es gerne besichtigen. Das geht aber nicht. Dafür gehen wir ins Hotel Londonskaya und ins Hotel Petersburzki (oder so ähnlich). Hotels mit dicken Teppichen, ganz im Jugendstil, Kristalllüstern, Spiegeln. Drinnen sitzen orthodoxe Juden mit Schläfenlocken beim Tee. Die ganze Szenerie erweckt den Eindruck, als sei man in eine Art Zeitnische geraten. Das Personal beäugt uns misstrauisch. Offensichtlich sind sie froh, als wir wieder rausgehen. Wir sind nicht die Zielgruppe. Erschwinglich wären die Zimmer hier für uns allemal.

                                                                                                                                                                                                Wir folgen weiter der Bimmelbahn-Route, die uns an allen Sehenswürdigkeiten vorbeiführt. Sehr einladend all die netten Lokale. In einem davon wollen wir essen. Sitzen gemütlich eine Weile herum und gehen wieder. Bedienung gibt es anscheinend nicht. Neben uns am Tisch eine sehr junge Frau mit einem Herrn in deutlich vorgerücktem Alter. Beide äußerst herausgeputzt. „A dream comes true. You. Here beside me. And not far away in contact via the internet.“ Sie guckt skeptisch. Sowas sieht man hier oft.

                                                                                                                                                                                                Die jungen Ukrainerinnen sind alle sehr herausgeputzt und stöckeln unermüdlich akrobatisch über die schwierigen Untergründe. Nachdem wir unsere Runde beendet haben, finden wir ein sehr angenehmes Lokal mit günstigen Preisen. Ich versuche mich mal an einer Hühnersuppe und behalte sie tatsächlich bei mir. Ein Fortschritt. Die netten jungen Leute am Nebentisch machen sich sofort mit ihren Smartphones an eine Internetrecherche zum Thema „wie komme ich von Odessa nach L’wiw“. Auch sie finden keinen Bus. Und empfehlen die Bahn.

                                                                                                                                                                                                Auf dem Weg zurück ins Hotel funktionieren auf einmal alle Ampeln wieder. Der Strom ist zurück. Nun wird auch wieder fleißig gehupt, da es nun wieder Autofahrer im Recht gibt. Schade eigentlich. Im Hotel treffen wir die Österreicher und gehen mit ihnen noch in die Bar um die Ecke. Auch sie haben sich heute die Stadt angeguckt und sind mit dem Thema Heimreise nicht weitergekommen. Ihren Erkenntnissen nach nimmt die Bahn keine Räder mit. Morgen ist auch noch ein Tag. Da werden wir das anpacken.

                                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                                  Lebt im Forum
                                                                                                                                                                                                  • 26.04.2010
                                                                                                                                                                                                  • 5726
                                                                                                                                                                                                  • Unternehmen


                                                                                                                                                                                                  #97
                                                                                                                                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                  Intressant war auf unserer eigenen Tour damals von 1986-88 wie Ceaucescu-Rumänien zeitweise ohne Strom funktionierte
                                                                                                                                                                                                  Vor diesem Hintergrund verschwinden all unsere westlichen Tagesproblemchen mit Strom.

                                                                                                                                                                                                  Waren die Toiletten in den Hotels auf eurer Tour eigentlich durchgängig mit Porzellantrompeten ausgerüstet, oder gab es auch noch diese markanten Fußspuren mit Haltegriffen ?

                                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                                                                                                                    • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                                    • 4869
                                                                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                                                                    #98
                                                                                                                                                                                                    AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                    Die Fußspuren hatten wir nur auf den ukrainischen Bahnhöfen.....da war das vielleicht auch besser so.

                                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                                      Lebt im Forum
                                                                                                                                                                                                      • 26.04.2010
                                                                                                                                                                                                      • 5726
                                                                                                                                                                                                      • Unternehmen


                                                                                                                                                                                                      #99
                                                                                                                                                                                                      AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                      Zitat von Enja Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                      Die Fußspuren hatten wir nur auf den ukrainischen Bahnhöfen.....da war das vielleicht auch besser so.
                                                                                                                                                                                                      Empfohlen wird deren Benutzung immer mit hohen Bergschuhen, nie mit Sandaletten

                                                                                                                                                                                                      Bei Galati/Rum. seid ihr an einem botanisch und erdgeschichtlich sehr intressanten kleinem Gebirge vorbeigeradelt, das Macin-Gebirge. Angeblich soll das mal 4000m hoch gewesen sein. Ich kenne es auch nur vom Tramp-Auto aus. Ist immerhin für mich intressant genug, da noch einmal hinzufahren zur entsprechenden Jahreszeit.
                                                                                                                                                                                                      In den Klöstern da sollen früher an Lepra Erkrankte untergebracht gewesen sein. Bestimmt keine schöne Begegnung.

                                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                                        Lebt im Forum
                                                                                                                                                                                                        • 22.08.2008
                                                                                                                                                                                                        • 8843
                                                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                                                        Schade dass euere Radreise zu Ende geht.
                                                                                                                                                                                                        Ich habe immer gerne mitgelesen und bei deinem Schreibstil auch keine Fotos vermisst.
                                                                                                                                                                                                        Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

                                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                                                                                                          • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                                          • 4869
                                                                                                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                                                                                                          AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                          30.9.2013

                                                                                                                                                                                                          Heute gibt es Frühstück. Einen eingeschweißten Keks. Und ein Stück Käse. Wir packen unsere Sachen und schaffen sie in den Abstellraum zu den Rädern. Ein Gespräch mit der Rezeptionistin führt zu dem Ergebnis, dass wir wohl gestern auf dem falschen Busbahnhof waren. Gemeinsam mit den Österreichern brechen wir zum „richtigen“ auf. Der Abfahrtsplan läuft auf einem riesigen Flachbildschirm durch. L’wiw ist nicht dabei. Wir stellen uns am Ticket-Schalter an. Aber auch dort heißt es nur „L’wiw njet“. Man muss anscheinend erst nach Kiew. Und dort den Bus wechseln.

                                                                                                                                                                                                          Durchgehende Züge gibt es. Das kann man im Internet sehen. Für die Österreicher, die Richtung Budapest wollen, gibt es sowieso eigentlich nur passende Zugverbindungen. Also auf zum Bahnhof. Die anderen waren gestern schon da und haben herausgefunden, dass es in einer Halle einen internationalen, fremdsprachigen Service gibt. „English spoken“ steht am Schalter. Allerdings ist das nicht der Fall. Man verweist uns an einen anderen.

                                                                                                                                                                                                          Davor steht eine lange Warteschlange. Wir tun das, was wir in solchen Fällen immer tun. Prophylaktisch anstellen. Hilfe suchen. „Anybody speaking English? Spricht hier jemand Deutsch? Francais?“ Jemand fragt auf Deutsch, wie er uns helfen kann. Ein in Deutschland lebender Russe auf dem Heimweg. Wir erklären ihm unser Anliegen. Er meint, das mit den Rädern werde nicht klappen. Und macht sich an die Diskussion. „Velocipeda njet“ verstehen wir inzwischen gut. Es entspinnt sich eine aufgeregte Diskussion zwischen den Menschen vor und hinter dem Schalter. Mein Vorschlag, doch einfach den Rädern auch Personen-Tickets zu kaufen, auf diese Weise ein Vierer-Liegeabteil zu chartern und so die Räder unterzubringen, ohne jemanden zu stören, wird abgelehnt. Unser engagierter Unterstützer schlägt ein „Baggage Ticket“ für die Räder vor. Alle freuen sich. Eine gute Idee. Das geht. Im Endeffekt kosten die Rad-Tickets vier Euro. Die für uns je 20 Euro. Das ist die mittlere Klasse. Da gibt es Betten in Vierer-Abteilen. Die dritte Klasse hat Pritschen ohne Abtrennungen. Für etwas über 10 Euro. Die „Ljuks-Klasse“ kostet weit über 100 Euro. Wir sollen die Räder zusammenklappen und einwickeln.

                                                                                                                                                                                                          So. Der Zug ist uns schon mal sicher. Er wird am Abend fahren und am Morgen am Ziel ankommen. Klappräder haben wir nicht. Wir beschließen, Vorderrad und Sattel abzunehmen und den Lenker längs zu drehen. Jetzt brauchen wir noch Geschenkpapier zum Einwickeln. Wir bummeln über den Basar, um geeignetes Material zu finden. Dort treffen wir auch die anderen in gleicher Mission. Kartons, Plastikfolie, Plane – all das ist dort nicht zu kaufen. Das, was vorhanden ist, wird dringend gebraucht. Die Ladeninhaberinnen sind offensichtlich durchgängig nicht erfreut, wenn wir ihre Läden betreten. Wir werden böse angeguckt. Und auf jede Frage gibt es ein entschiedenes „njet“. Ob das eine postkommunistische Ablehnung freien Handels ist oder wie unser Reiseführer meint, eine kulturelle Eigenheit der Russen – keine Ahnung. Jedenfalls nervt es.
                                                                                                                                                                                                          Letztendlich erwerben wir vier Türkenkoffer im xxl-Format. Zwei für jedes Rad. Dazu Klebestreifen und Schnur. Als wir den Österreichern wieder begegnen, sind sie genauso ausgestattet. Wir kaufen noch ein bißchen Proviant. Bummeln über den Basar und auch noch einmal durch die Stadt.

                                                                                                                                                                                                          Sehr, sehr rechtzeitig befreien wir Räder und Gepäck aus dem Hotel und machen uns in Richtung Bahnhof auf. So richtig sicher, dass wir mitkommen, sind wir immer noch nicht. Auf dem Bahnhof stehen jetzt viele Züge bereit. Offensichtlich fahren die fast ausschließlich über Nacht. Und sind alles Liegewagen. Es ist blitzsauber. Kein Hälmchen liegt am Boden. Viele Leute warten. Es gibt eine Anzeigetafel, auf der Abfahrten angekündigt werden. Platforma heißt wohl Bahnsteig. Daneben ist noch etwas anderes anders durchnummeriert. Wir tippen drauf, dass das die Gleise sind, kennen das Wort aber nicht. Laut Fahrplan fahren wir von Bahnsteig drei. Tatsächlich natürlich von einem anderen, der erst eine Viertelstunde vor Abfahrt angegeben wird.

                                                                                                                                                                                                          Viele bewundern unsere Räder. Und viele haben auch sehr viel Gepäck dabei. Wir können unsere Räder erst vor der Waggontür "zusammenklappen", da wir sonst unseren Kram nicht mehr transportieren können. Zu den Tickets gehören Platzreservierungen. Man kann also auch nicht beliebig einsteigen. Darf das auch nicht. Erst einmal treffen wir ein kanadisch-ukrainisches Paar. Sie ist in Stalingrad geboren. Als Tochter eines sowjetischen Offiziers. Aufgewachsen in Baikonur, mitten im Weltraumprogramm. Dann zum Studium nach Kiew. Dort hängen geblieben und dadurch Ukrainerin geworden. Und irgendwann nach Kanada ausgewandert.

                                                                                                                                                                                                          Irgendwann wird der Bahnsteig bekannt gegeben. Und wir setzen zum Sprint an. Der Zug ist unglaublich lang. Und sieht aus als stamme er aus dem Film „Dr. Schiwago“. Laute russische Marschmusik ertönt. Vor der Tür zu unserem Waggon steht die Waggon-Dame (übersetze ich mal vorsichtig). „Velocipeda njet“, sagt sie gleich mal entschieden. Wir zücken unser Baggage Ticket. Das erfreut sie. Aber zusammenklappen und einwickeln. Wir machen uns an die Arbeit. Ich schleppe schon mal die Taschen in unser Abteil und verstaue sie unten den Betten. Die Räder werden niemals in dieses Abteil passen. Es ist sowieso eng und enthält noch einen großen fest eingebauten Tisch. Dazu Teppichboden. Spitzendeckchen. Künstliche Blumen. Bettzeug liegt bereit.

                                                                                                                                                                                                          Draußen schrauben wir in Windeseile die Räder auseinander und schaffen alles in die großen Taschen. Ein Rad in jeweils zwei davon, deren eine Seite wir aufschneiden. Mit dem gleichen Messer pieksen wir Löcher, ziehen Schnur durch und binden alles zusammen. Dann ist es höchste Zeit. Alle anderen sind schon eingestiegen. Unsere Fahrkarten werden eingesammelt. Wir schleppen die Räder rein. „Kupe“, also Abteil wird noch befohlen. Was nun? Auf einmal ein Wink und schon stehen die Räder senkrecht am Ende des Waggons neben der Clo-Tür. Und stören da auch niemanden.

                                                                                                                                                                                                          Erleichtert lassen wir uns in unserem Abteil nieder und genießen die Aussicht aus dem Fenster bei letztem Tageslicht. Der Zug erreicht flott seine geschätzte Reisegeschwindigkeit von 45 km/h und ruckelt unter Marschmusik und reichlich Getöse aus dem Bahnhof. Er ruckelt sowohl in Längs- als auch in Querrichtung wie auf hoher See. Die Betten sind leider etwas kurz.

                                                                                                                                                                                                          http://de.wikivoyage.org/wiki/Reisen...in_der_Ukraine
                                                                                                                                                                                                          Zuletzt geändert von Enja; 16.02.2015, 16:47.

                                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                                            Lebt im Forum
                                                                                                                                                                                                            • 26.04.2010
                                                                                                                                                                                                            • 5726
                                                                                                                                                                                                            • Unternehmen


                                                                                                                                                                                                            AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                            Danke Enja habe wieder herzlich gelacht.
                                                                                                                                                                                                            Zuletzt geändert von Abt; 16.12.2013, 12:10.

                                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                                              Alter Hase
                                                                                                                                                                                                              • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                                              • 4869
                                                                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                                                                              AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                              1.10.2013

                                                                                                                                                                                                              Trotz Überdosis Immodium habe ich in dieser Nacht reichlich Bekanntschaft mit der Zugtoilette geschlossen. Ich kenne diese Modelle aus meiner Kindheit. Drückt man auf den Spülknopf, klappt der Boden nach unten weg und entleert den Inhalt auf die Gleise, die man unten vorbeihuschen sieht. Faszinierend. Und natürlich auf Bahnhöfen nicht zu benutzen. Ordentlich, wie man hier ist, beim Durchfahren von Orten auch nicht. Bevorzugt wurde also abgeschlossen, wenn ich mich endlich bis an das vordere Ende der Warteschlange durchgestanden hatte. Aber gut. Die Installation wurde bis zum Zielbahnhof saubergehalten. Mehr kann man nicht verlangen.

                                                                                                                                                                                                              Rechtzeitig vor Ankunft werden wir geweckt und man bietet uns Kaffee an. So plumpsen wir vor Sonnenaufgang um etwa 6 Uhr auf den Bahnsteig, der hier Perron heißt. Wir bauen unsere Räder wieder zusammen und verpacken das Verpackungsmaterial. Vermutlich werden wir es noch brauchen. Hier gibt es nun auch eine Unterführung. Aber bald stehen wir vor dem Bahnhof. Es ist zappenduster und ätzend kalt. Der Bahnhof liegt weiter draußen als in Odessa. Wir fragen uns zum Zentrum durch…..

                                                                                                                                                                                                              Es ist immer noch dunkel. Viele Menschen sind unterwegs. Die meisten Bars noch geschlossen. Neben der Oper finden wir ein geöffnetes Cafe und lassen uns an einem Tisch nieder (gekommen, um zu bleiben). Wir bestellen Tee, kabeln unser Netbook an und loggen uns im Internet ein. Wir brauchen eine Unterkunft. Daran ist hier kein Mangel. In allen Preislagen. Wir buchen ein DZ in einem Hostel direkt im Zentrum mit eigenem Bad für 15 €. Da kann man nicht meckern. Die Benutzung der Toilette ist schwierig. Ständig kommen Leute von draußen rein und besetzen die einzig vorhandene.

                                                                                                                                                                                                              Die freundliche Bedienung klärt uns auf. Hier kann anscheinend jeder Englisch. Die Zeiten der schwierigen Verständigung sind beendet. In L’wiw gibt es „Toilet-only-Guests“, also Gäste, die ausschließlich die Toilette benutzen. Kostenlos natürlich. Ich finde das gut. Es gibt keine öffentlichen Toiletten. Die Gastwirte fanden das erst nicht gut. Machten widerwillig mit. Und fingen dann an, ihre Toiletten herauszuputzen. Heute sind das eigenständige Sehenswürdigekeiten.

                                                                                                                                                                                                              Sobald es ordentlich hell ist, suchen wir unser Hostel auf. Normalerweise darf man die Zimmer um 15 Uhr beziehen, aber die Rezeptionistin meint, das werde wohl eher klappen. Wir sehen anscheinend ziemlich müde aus. Die Räder kommen in „die Garage“. Eine Art Sammelschuppen für Baumaterialien. Im Innenhof gibt es einen Getränkeautomaten und ein Sofa. Wir fallen auf das Sofa und halten erst einmal ein Nickerchen.

                                                                                                                                                                                                              Irgendwann werden wir geweckt und dürfen unser Zimmer beziehen. Dort schlafen wir noch ein Stünchen und brechen dann zur Stadtbesichtigung auf. Das lohnt sich. Lemberg ist völlig anders als Odessa. Eher eine polnische Stadt. Eine mittelalterliche polnische Stadt, die mich an Erfurt, etwa drei Jahre nach der Wende erinnert. Vieles ist schon herausgeputzt, vieles noch nicht. In der Mitte ist der Rynek. Mit Rathaus und Kathedrale. Im Rathaus die Touri-Info. Sowas hatten wir lange nicht mehr. Wir bekommen einen Stadtplan und man zeichnet uns das Bus-Ticket-Büro und den Busbahnhof ein.
                                                                                                                                                                                                              Wir haben am Morgen eine Mail bekommen, die mitteilte, dass meine Mutter einen Unfall hatte und im Krankenhaus liegt. Insofern überlegen wir jetzt, wie wir schnellstens nach Hause kommen. Eine kurze Internet-Recherche hatte ergeben, dass es Billigflüge gibt. Aber erst in etwa vier Wochen. Also Bahn oder Bus. Es ist Zeit, nach Hause zu kommen. Deshalb die Nachfragen. Abstecher in die Karpaten oder entspanntes Radeln durch Polen fallen aus. Es ist sowieso zu kalt. Und unser Gesundheitszustand lässt schwer zu wünschen übrig.

                                                                                                                                                                                                              Aber heute wollen wir erst einmal die Stadt kennenlernen. Wir besuchen die Kathedrale. Man wirbt mit Original-Reliquien von Johannes-Paul II. Uns schaudert etwas. Der ist doch vor nicht allzulanger Zeit gestorben. Da gibt es schon Reliquien? Hm. Wir umrunden lieber den Rynek. Es gibt noch eine weltberühmte Kapelle, die Eintritt kostet. Der wird von einer Ukrainerin mit bitterbösem Gesichtsausdruck kassiert. Na gut, wir verzichten.

                                                                                                                                                                                                              Um den Rynek liegen diverse interessante und schon sehr aufwändig restaurierte Gebäude. Nicht uninteressant, aber hier galoppiert ein bißchen zu sehr der Touri-Nepp. Wir besuchen das weltberühmte Schokoladen-Cafe. Eine Schokolade wollen wir gerne trinken, um uns aufzuwärmen. Daneben gibt es hier alles und jedes zu bewundern, was man aus Schokoladen gießen und kleben kann.

                                                                                                                                                                                                              Am Ende gehen wir noch gemütlich essen und landen dabei dummerweise wieder in einer postsozialistischen Einrichtung. Das Essen ist teuer und schlecht. Das Personal extremst unfreundlich. So unfreundlich, dass uns das schon wieder herrlich amüsiert.

                                                                                                                                                                                                              Spät kommen wir „nach Hause“. Das gibt uns Gelegenheit, den Türcode auszuprobieren. Das kriegen wir hin. Auch den Absacker aus dem Automaten zu ziehen – kein Problem. Aber an unsere Räder kommen wir nicht mehr. Und somit nicht an unsere Schlafsäcke. Das hauseigene Bettzeug ist eher Hochsommer-geeignet. Uns steht die erfrischendste Nacht unserer Reise bevor.

                                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                                                                                • 18.08.2006
                                                                                                                                                                                                                • 4869
                                                                                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                                                                                AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                                2.10.2013

                                                                                                                                                                                                                Ziemlich durchgefroren wachen wir auf. Wir wärmen uns unter der Dusche auf, holen unseren Proviant aus den Radtaschen und suchen die Hostel-Küche auf. Dort wird gerade geputzt. Die reichlich herumstehenden Toaster, Kaffeemaschinen etc. sind alle kaputt. Aber man kann einen Topf mit Wasser auf den Herd stellen.

                                                                                                                                                                                                                Gestärkt machen wir uns in die Stadt auf. Nach einer weiteren Runde durch die Altstadt suchen wir das Busbüro auf. Wir fragen nach einem Bus nach Deutschland. Ja, gibt es. Können wir auch die Räder mitnehmen? Sie telefoniert. Ja, kein Problem. Es gibt in zwei Stunden einen Bus nach Frankfurt. Dann erst in einer Woche wieder. Hektik bricht aus. Wir kaufen zwei Tickets. Pro Person 80 €.

                                                                                                                                                                                                                Wir gehen zurück ins Hostel und verabschieden uns dort. Eigentlich hatten wir uns nun für ein paar Tage angemeldet. Macht aber nichts. Wir packen, verladen und verlassen den Hof. Der Busbahnhof liegt an der Autobahn. Das ist so weit draußen, dass es nicht mehr im Stadtplan verzeichnet ist. Nur auf einem Übersichtsplan. Wir versuchen, herauszufinden, welche Ausfallstraße wir nehmen müssen, um dort anzukommen. Es gibt aber keine durchgehende.

                                                                                                                                                                                                                Die Orientierung ist extrem schwierig. Wegweiser gibt es nicht. Die Straßen verlaufen im Zentrum mittelalterlich verschlungen. Wo geht es raus? L’wiw ist zudem noch unangenehm bergig. Das macht es nicht einfacher. Im Zentrum kann man praktisch nicht Radfahren. Die Straßen sind stark befahren, der Belag ein unglaublich holpriges Kopfsteinpflaster und auf dem Bürgersteig ist auch kein Durchkommen durch das Gewimmel.

                                                                                                                                                                                                                Eine Weile fahren wir hinter einer Straßenbahn her. Das klappt ganz gut. Sobald wir den Bereich des Stadtplans verlassen, wird es schwierig. Wir wissen, auf welcher Straße wir die Stadt verlassen müssen, finden aber den Einstieg nicht. Im Nieselregen sind die Leute grantig. Sie gucken uns nur brummig an, drehen sich um und marschieren weg, wenn wir sie ansprechen. Oder zeigen so wahllos in irgendeine Richtung, dass wir kein Vertrauen haben. Endlich finden wir einen freundlichen älteren Herrn mit Schirm, der begeistert auf uns einredet und mit uns zur Einmündung der betreffenden Straße läuft. Wir bedanken uns. Jetzt sind wir auf dem richtigen Weg.

                                                                                                                                                                                                                Mal wieder geht es steil bergauf und die Zeit vergeht. Immerhin kann man hier sowohl auf der Straße als auch auf dem breiten Bürgersteig gut fahren. Ein Weilchen auch auf den hübschen Wegen in einem Park neben der Straße. Wir überqueren einen Schnellstraßenring und sehen schließlich die Autobahn liegen. An einer seitlichen Stichstraße liegt der Bus-Bahnhof. Der freundliche Herr am Schlagbaum möchte nicht, dass wir unsere Räder auf das Areal mitnehmen. Aber jetzt verstehen wir mal nicht.

                                                                                                                                                                                                                Wir finden die auf den Tickets ausgedruckte „Platforma“ und fragen die Leute dort sicherheitshalber noch mal. „Frankfurt nein“ ist die Antwort. Man spricht deutsch. Wir nähern uns der Heimat. In der üblichen Ladenstraße nebendran versorgen wir uns mit Reiseproviant. Im Gewimmel der Bushaltestelle nehmen wir unsere Räder auseinander und wickeln sie ein. Um uns herum fahren ständig Busse in Richtung Deutschland ab. Alle größeren Städte sind vertreten. Schließlich kommt auch unser Bus.

                                                                                                                                                                                                                „Velocipeda njet“ spricht der Busfahrer. Und wir haben diesmal kein Baggage-Ticket, weil keins erforderlich ist. Der Busfahrer erklärt sich schließlich bereit, die Räder zu verladen, als wir vorschlagen, für den Transport noch extra zu bezahlen.
                                                                                                                                                                                                                Die Sitze sind reserviert. Wir landen in der allerletzten Reihe neben zwei Dresdner Rucksacktouristen, die von der Krim kommen. Wo es ihnen mäßig gefallen hat. Das Wetter war schlecht und die Leute brummig. Die anderen Passagiere sind alle in Deutschland arbeitende Ukrainer mit perfekten Deutschkenntnissen. Nur die Busfahrer sprechen kein Deutsch. Was sie nicht hindert, uns 25 € pro Fahrrad abzuknöpfen. Wir vermuten, dass sich die Busfahrer so ihren Lohn aufbessern, da man uns im Ticket-Büro gesagt hatte, es gäbe keinen Aufschlag für die Räder. Aber während wir noch vermuten, bringt man uns ausgedruckte Baggage-Tickets.

                                                                                                                                                                                                                Der Bus ist übrigens neu und modern. Wir starten pünktlich und rollen gleich auf die Autobahn. Der Bus hat seine Stoßdämpfer noch und die Straße ist glatt asphaltiert. Kaum sind wir abgefahren, geht jemand mit einem Körbchen rum und sammelt Euros. Was ist das schon wieder? Weitere Busgebühren? Aber nein. Erklärt uns die Sammlerin. Das ist für die Grenze. Jeder gibt freiwillig, soviel er mag und wenn es reicht, wird der Bus nicht weiter kontrolliert, so dass wir gleich weiter können. Wenn nicht, kann es bis zu acht Stunden dauern. Aber dann bekommt jeder zurück, was er gegeben hat. Na gut. Wenn das Landessitte ist, müssen wir uns wohl anpassen.

                                                                                                                                                                                                                Es klappt. Die Pässe werden eingesammelt und abgestempelt wieder ausgeteilt. Dann geht es weiter. Der Stop ist fast zu kurz für all die Raucher, die sofort ins Freie gesprungen sind, als der Bus hielt. Aber nun geht es zur polnischen Grenzstation. Das dauert deutlich länger. Auch unsere Pässe werden energisch eingefordert. Den Personalausweis wollen sie nicht. Lange sind sie damit unterwegs. Das Gepäck wird nicht kontrolliert.

                                                                                                                                                                                                                Polen ist hell erleuchtet. Die nagelneue Autobahn mit ihren schicken Brücken. Die prächtigen Raststätten und die Ortschaften. Krakau sieht imposant aus im Scheinwerferlicht. Da müssen wir mal hin. Alle 300 km fahren wir eine Raststätte an. Die Raucher rauchen. Alles rennt auf die Toilette. Und die Busfahrer bieten Kaffee und Tee an. Die beiden wechseln sich ab. Der Bus rollt gleichmäßig und beständig dahin. Alles döst vor sich hin.

                                                                                                                                                                                                                Irgendwann, als ich mal wieder aus dem Fenster blinzle, ist es völlig dunkel draußen. Was ist das? Dunkelpolen? Aber nein. Wir sind schon in Deutschland. Für die Ausreise aus der Ukraine sah der Fahrplan 6 Stunden vor. Die haben wir fast komplett eingespart und kommen nun entsprechend früher an. Erst einmal werden wir von der Polizei „aufgebracht“. Der Bus muss auf die Waage und wird auf Herz und Nieren überprüft. Ein ukrainischer Bus ist natürlich seeeeehr verdächtig. Alle bleiben gemütlich sitzen und hören zu, wie sich die beiden Polizisten an den Busfahrern abarbeiten, die keinerlei Wort in irgendeiner Fremdsprache beherrschen aber freundlich lächeln. Jeder im Bus spricht Deutsch und könnte helfen. Aber wir vermuten, dass es so schneller geht. Bald sind wir in Dresden, wo über die Hälfte der Fahrgäste aussteigen. Unsere Nachbarn auch. Nun können wir uns lang legen und schlafen bald tief und fest. Als wir wieder aufwachen, ist es fast schon hell. Wir sind auf einem Parkplatz irgendwo in Bayern. Die Sonne geht im Nebel auf. Der Bus ist fast leer.

                                                                                                                                                                                                                Nun noch die Haltestelle „Aschaffenburg“, worunter die Raststätte Weißkirchen zu verstehen ist. Eine Frau steigt aus. Und schon halten wir in Frankfurt am Hauptbahnhof. Wir „fallen“ sozusagen mit all unseren Taschen und den zerlegten eingewickelten Rädern auf den Bürgersteig neben dem Bus. Der nun noch mit einem letzten Passagier nach Bonn weiterfahren wird.

                                                                                                                                                                                                                Mir fällt ein, dass wir hier vielleicht mal auf unsere Habseligkeiten aufpassen sollten. Nachher bekommt noch eine der Taschen Beine. Das sind wir gar nicht mehr gewöhnt nach so langer Zeit in sehr sicheren Ländern, wo immer jemand ein Auge auf unser Gepäck hatte, wenn das mal irgendwo herumlag. Auf nach Hause. Fahrräder zusammenbauen, beladen und ab. Das Gartentor geht nicht mehr auf, da das Unkraut zu dicht steht dahinter. Und den Haustürschlüssel müssen wir aus dem Gepäck suchen. Er liegt ganz zuunterst. Aber schön ist es, wieder zu Hause zu sein.

                                                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                  Lebt im Forum
                                                                                                                                                                                                                  • 26.04.2010
                                                                                                                                                                                                                  • 5726
                                                                                                                                                                                                                  • Unternehmen


                                                                                                                                                                                                                  AW: Die Donau entlang

                                                                                                                                                                                                                  Erst einmal ein ganz dickes Danke für deinen Fleiß und dafür, uns als Mäuschen quasi überall mitzuschleppen und an den Erlebnissen teihaben zu lassen.

                                                                                                                                                                                                                  Diese Prozedere habe ich an der ukrainischen Grenze genauso erlebt, Stundenlanges Stehenlassen ohne dass sich irgendetwas regte. Zwei Stunden ist minimum ohne dass auch nur die Spur von Verkehrsaufkommen oder anderer dienstinternen Beschäftigung des Personals.
                                                                                                                                                                                                                  Zuletzt geändert von Abt; 19.12.2013, 11:18.

                                                                                                                                                                                                                  Kommentar