| Tourentyp | Trekkingtour |
| Breitengrad | 51.2222643 |
| Längengrad | 4.3894653 |
Land: Belgien, Niederlande, Deutschland
Reisezeit: August 2009
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Wir wollten schon immer mal zu Fuß von zu Hause bis an die Nordsee wandern. Wir würden die Rucksäcke schultern, die Haustür würde mit einem Plopp hinter uns ins Schloss fallen, mein letzter Blick würde zweifelnd dem Rasen gelten - ob die Nachbarn das überleben, wenn der drei Wochen nicht gemäht wird? - und dann wären wir weg.
Eine kurze, dafür sehr steile Anhöhe müssten wir hinauf, danach hinunter an den Rhein, weiter ins Ahrtal und dann quer über die Eifel bis nach Aachen. Von der Printenstadt entweder nach Holland oder nach Belgien. So wichtig wäre das nicht, Hauptsache nicht alles durch Deutschland.
Zugegeben, das mit dem »Wir« stimmt so nicht ganz, denn meine Frau hatte überhaupt keine Schwierigkeiten sich eine Autofahrt vorzustellen, die gegebenenfalls an einem sommerlichen Nordseestrand enden könnte. Zugeben muss ich auch, dass es einer an Hirnwäsche grenzende Überzeugungsarbeit meinerseits bedurfte, bis meine Frau die Idee ebenfalls toll fand. Gut, dass ich dafür auf einem anderen Gebiet würde bluten müssen, war sonnenklar, aber man(n) schiebt diese Art der Wiedergutmachung schließlich gewohnheitsmäßig ganz nach hinten.
Im Frühjahr 2009 war es dann soweit, Wanderkarten mussten her, denn im kommenden Hochsommer wollten wir uns auf den Weg machen. Die Karten von der Haustür bis zum Thron Karls des Großen liegen schon immer bei uns im Regal. Fehlte noch das kleine Stück durch Belgien bis an die Küste irgendwo nahe bei Holland, Belgien sollte es auf alle Fälle werden. Schnell hin, bevor es verschwunden ist, so in etwa. In Deutschland belgische Wanderkarten zu bekommen ist überhaupt kein Problem, solange man ins Hohe Venn oder in die Ardennen möchte. Das ist Grenznah. Für deutsche Kartenhändler sozusagen der Beifang zu den Eifelkarten.
Und weil das Bestellformular auf der wirklich informativen Seite der De Vlaamse ‘Grote Routepaden’, da gibt es wirklich alles fürs Wandern in Belgien, sich jedes Mal beim Lesen der deutschen Postleitzahl aufgehängt hatte (macht die Seite heute immer noch, glaube ich), alle einschlägig aus dem Internet bekannten Kartenhändler ebenfalls gepasst hatten, mussten wir nach Köln. Meine Frau fand das ganz toll, denn dort könnte Wiedergutmachung Teil I einsetzen. Kölner, Anrainer, Holländer und Aachener werden wissen was ich meine.
Seit dem Frühjahr ‘97 ist eine kleiner, wohlsortierter und auf Karten aller Art spezialisierter Laden meine Lieblingsadresse in Köln. Der Laden liegt schön weit weg von der Innenstadt, und dann haben die Leute auch noch Ahnung von der Sache und die haben alles, wenn nicht, wird’s besorgt. So war das immer - bis zum Frühjahr 2009.
Belgien - Achtung!, das ist jetzt der Teil für Heimatkundeschwänzer - liegt mitten in Europa, von dort wird über das Wohl und Wehe von drei viertel des Kontinents bestimmt, dort spricht man mehrere Sprachen und die östlichen Landesteile liegen so nahe bei Köln, dass nicht wenige Ostbelgier für den Wochenendeinkauf in die Stadt am Rhein fahren. Oder von der anderen Seite aus betrachtet, ist Belgien nichts anderes als die Verlängerung des Kölner Grüngürtels nach Westen.
Wanderkarten für Belgien, das sei überhaupt kein Problem, hatte die freundliche Verkäuferin uns beschieden und dabei aufs Regal gezeigt. Sicher, die hatte ich schon durchgesehen. Die Ardennen, das Hohe Venn. Wie schon erwähnt, das hat jeder anständige Kartenhändler vorrätig. Unser Sinn stand nach Wanderkarten für den GR5, einer der ganz großen Wege durch Europa. Der fängt als Deltapad in Holland an, mutiert beim Grenzübertritt nach Belgien zum GR5 und behält diese Nummer durch Luxemburg und durch Frankreich, bis hinunter nach Nizza. Der GR5 ist einer der ganz großen Europäischen Fernwanderwege, der E2 eben. Das könnte schwierig werden, meinte die freundliche Dame, sei jedoch sicherlich machbar. Listen wurden gewälzt, ein Ordner rausgekramt, eine ebenso freundliche Kollegin um unterstützenden Rat gefragt. Ja, man müsse beim Lieferanten nachfragen. Es könne aber dauern, 8 Wochen mindestens, sogar noch länger. Eigentlich wollten wir dann schon unterwegs sein. Mir war das entschieden zu lang und zu ungewiss. Gut, versuchen wir’s bei Globetrotter, die haben auch ‘ne brauchbare Karten- und Buchabteilung.
Sicher bin ich nicht, aber genau das war der Zeitpunkt, auf den meine Frau gewartet hatte. Für Männer wie mich, hat Globetrotter in Köln mit der Platzwahl einen gigantischen Fehler gemacht: mitten rein in Kölns Innenstadt, umzingelt von Schuh- und Klamottenläden haben die ihren Schuppen gestellt. Das macht man nicht! Wusste das Globetrotter-Management in Hamburg nicht, dass Köln sehr reizvolle Industriegebiete an allen Stadträndern hat? Oder warum haben die sich nicht solche Nachbarn gesucht wie bei ihrem Outlet Center in Bonn? ‘ne Eierlikörfarbrik und zwei Autohäuser. Mehr Nachbarschaft braucht’s nicht!
Das könnte eventuell schwierig werden, meinte der freundliche junge Mann, der in Globetrotters Karten- und Buchabteilung sein Geld verdient. Wenn er ehrlich sein soll, sei sein Wissen um belgische Wanderkarten eher bescheiden, aber wenn ich Titel und ISBN hätte, würde sich jemand mit Ahnung um meine Wünsche kümmern. Der mit der Ahnung war an dem Tag leider nicht da. Wofür gibt es den E-Mail. Er würde sich melden, der mit der Ahnung von Belgien.
Beim Regalstöbern ist mir tatsächlich ein belgischer Topogids in die Hände gefallen: GR 5A Wandelronde van Vlaanderen Deel Noord. 250 Kilometer von De Panne bis nach Antwerpen, davon die ersten 65 direkt an der Nordseeküste entlang. Sicher, für den Hochsommer genau die passende Strecke für Idioten, hatte ich gedacht und das dünne Buch ins Regal zurückgestellt.
Am nächsten Tag war die E-Mail aus Köln da. Tenor: Das gewünschte Buch sollte in spätestens 2 Wochen da sein. Das hatte gestimmt, denn um diese Zeit war die nächste Mail da. Abholen oder per Post? Abholen, wegen Wiedergutmachung, nun Teil II, und dann hatten wir noch so’ne Idee.
Wollen wir uns tatsächlich im Hochsommer durchs glühendheiße Ahrtal quälen, unsere Rucksäcke über die bewaldeten Hügel der Nordeifel schleppen; uns Landschaften, die vom mittäglichen Sommerdunst erschlagen werden, anschauen und die wir zudem schon kennen? Diese Fragen hatten wir alle mit ein klaren Nein beantwortet. Neue Idee: Wir fangen an der Nordsee an, genauer in Hoek van Holland, und folgen dem E2 nach Süden, vielleicht bis Luxemburg. Dafür mussten mal wieder neue Karten, beziehungsweise Topogids her. Kein Problem, hatte ich mir gedacht, wenn die in Köln das Buch aus Belgien so schnell besorgen können, sollte die neue Bestellung locker, flockig über die Bühne gehen.
Der mit der Ahnung von Belgien war an dem Tag da, unser bestelltes Buch auch. Oh, das könnte Probleme aufwerfen, hatte der mit der Ahnung von Belgien gesagt, als er sich unsere neuen Buchwünsche angehört hatte. Neben dem Lieferanten für den belgischen Topogids, sei nun zusätzlich einer fürs holländische Buch mit im Spiel. Um der Sache vorzugreifen: Der Mann mit der Ahnung von Belgien, sollte recht behalten mit seinen Ahnungen, denn die Bücher waren nicht lieferbar. Und als ob ich es geahnt hätte, hatte ich das oben genannte Buch für die Idiotensommertour auf dem GR 5A aus dem Regal genommen, die Rückversicherung sozusagen. Wenn nichts geht, geht die Wandelronde van Vlaanderen.
An diesem Tag hatten wir unseren Enkel mit. Seitdem weiß ich, dass all die virtuellen Frösche, Fische, sogar Ameisen in Röhren 3-Jährige nicht so lange bei Laune halten, wie Opa das gerne hätte. Zusatz: Die Oma auch nicht. Wenn er in die Regenkammer gedurft hätte, hätte Opa noch etwas Zeit schinden können. Die Oma war dagegen. Keine Chance!
Am Kartentisch ist mir “Mr.Sunrise” über den Weg gelaufen. Der war ebenfalls auf der Suche nach Karten, hatte es dabei jedoch bedeutend einfacher als wir. Bücken, Schublade aufziehen, kurze Sucherei. Stirnrunzeln ob’s passt. Passt! Eine Sache von wenigen Minuten, er wollte schließlich nur nach Norwegen, nicht in so ein Exotenland wie wir.
Zur seiner Solotour durch Jotunheim geht es hier.
Unsere Planung für eine Ersatzroute, sollten die Bücher nicht kommen, sah nun so aus: Mit dem Zug nach De Panne und über den GR 5A nach Antwerpen. Von dort auf einer selbstgestrickten Strecke bis zum GR 5/E2, dem wir bis Maastricht folgen wollten. Weiter durch den südlichsten Zipfel Hollands bis nach Aachen, wiederum auf einer DIY-Route, und den letzten Rest quer durch die nördliche Eifel bis an den Rhein, das vorzugweise auf den Hauptwanderwegen des Eifelvereins. Wie oben schon erwähnt: die Bücher sind nicht gekommen.
Angereist sind wir am 8.8. fürn Appel und 'en Ei mit dem Zug. Erstaunlicherweise war das trotz einer saftigen Verspätung, die sich der ICE in Belgien geholt hatte, eine ziemlich flotte Anreise. Im Morgengrauen weg, am frühen Nachmittag da.
Im Internet hatte ich uns einen Campingplatz dicht beim Bahnhof rausgesucht. Nein, der Platz ist voll, meinte die Frau, die nach mehrmaligen Läuten doch noch den Weg zur Haustür gefunden hatte. Tür zu, wir beide waren eben am Beginn der Kehrtwendung, Tür auf. Ah, Wanderer! Sicher, für die findet sich immer ein Plätzchen. Macht 25 Euro. Wenige Schritte später wussten wir, dass der Platz mal eben zu einem Drittel voll war. Woher die unverhoffte Gnade? Wanderfreundlich oder weil sie uns den Campingplatz neben dem lauten Vergnügungspark nicht zumuten wollte? Wir werden es nie erfahren.
De Panne besteht aus einem kleinen Bahnhof, einer großen Haltestelle für die Küstenstraßenbahn und ein paar Klinkerhäusern - das dachten wir nur solange, bis wir die 2 Kilometer, die den idyllischen und ruhig gelegen Bahnhof und den noch viel ruhiger gelegenen Campingplatz vom Strand trennen, runtergespult hatten.
De Panne ist das genaue Gegenteil von Idylle, von Ruhe, von Beschaulichkeit, von ursprünglicher Architektur. Ich bezweifle sogar, dass De Panne überhaupt Belgien ist. De Panne besteht aus einem langen, breiten, sauberen, überwachten, quitschlebendigen Strand. Aus 15-stöckigen, fantasielosen Hochhäusern direkt an der Strandpromenade. Wenn man die Promenade entlang schaut, wollen beide nicht enden. Die Promenade nicht, die Hochhäuser nicht. Und Menschen waren an diesem Nachmittag dort unterwegs. Menschen, Menschen, Menschen.
Und hier sollen wir morgen früh mit Rucksäcken auf dem Rücken und Wanderschuhen an den Füßen unsere Wanderung nach Hause beginnen?, zweifelten wir. Der Gedanke, der mir spontan vor dem Bücherregal in Köln in den Sinn gekommen war nicht so verkehrt: Zur Sommerferienzeit die passende Wanderstrecke für Idioten. Allerdings, mit solchen Strecken sind wir oft gut gefahren.
Quellenangabe für die Karte: Wikipedia (nl), basierend auf dem CIA Factbook.
Reisezeit: August 2009
Region/Kontinent: Mitteleuropa
Zu Fuß von der Nordsee in die Eifel
Wir wollten schon immer mal zu Fuß von zu Hause bis an die Nordsee wandern. Wir würden die Rucksäcke schultern, die Haustür würde mit einem Plopp hinter uns ins Schloss fallen, mein letzter Blick würde zweifelnd dem Rasen gelten - ob die Nachbarn das überleben, wenn der drei Wochen nicht gemäht wird? - und dann wären wir weg.Eine kurze, dafür sehr steile Anhöhe müssten wir hinauf, danach hinunter an den Rhein, weiter ins Ahrtal und dann quer über die Eifel bis nach Aachen. Von der Printenstadt entweder nach Holland oder nach Belgien. So wichtig wäre das nicht, Hauptsache nicht alles durch Deutschland.
Zugegeben, das mit dem »Wir« stimmt so nicht ganz, denn meine Frau hatte überhaupt keine Schwierigkeiten sich eine Autofahrt vorzustellen, die gegebenenfalls an einem sommerlichen Nordseestrand enden könnte. Zugeben muss ich auch, dass es einer an Hirnwäsche grenzende Überzeugungsarbeit meinerseits bedurfte, bis meine Frau die Idee ebenfalls toll fand. Gut, dass ich dafür auf einem anderen Gebiet würde bluten müssen, war sonnenklar, aber man(n) schiebt diese Art der Wiedergutmachung schließlich gewohnheitsmäßig ganz nach hinten.
Im Frühjahr 2009 war es dann soweit, Wanderkarten mussten her, denn im kommenden Hochsommer wollten wir uns auf den Weg machen. Die Karten von der Haustür bis zum Thron Karls des Großen liegen schon immer bei uns im Regal. Fehlte noch das kleine Stück durch Belgien bis an die Küste irgendwo nahe bei Holland, Belgien sollte es auf alle Fälle werden. Schnell hin, bevor es verschwunden ist, so in etwa. In Deutschland belgische Wanderkarten zu bekommen ist überhaupt kein Problem, solange man ins Hohe Venn oder in die Ardennen möchte. Das ist Grenznah. Für deutsche Kartenhändler sozusagen der Beifang zu den Eifelkarten.
Und weil das Bestellformular auf der wirklich informativen Seite der De Vlaamse ‘Grote Routepaden’, da gibt es wirklich alles fürs Wandern in Belgien, sich jedes Mal beim Lesen der deutschen Postleitzahl aufgehängt hatte (macht die Seite heute immer noch, glaube ich), alle einschlägig aus dem Internet bekannten Kartenhändler ebenfalls gepasst hatten, mussten wir nach Köln. Meine Frau fand das ganz toll, denn dort könnte Wiedergutmachung Teil I einsetzen. Kölner, Anrainer, Holländer und Aachener werden wissen was ich meine.
Seit dem Frühjahr ‘97 ist eine kleiner, wohlsortierter und auf Karten aller Art spezialisierter Laden meine Lieblingsadresse in Köln. Der Laden liegt schön weit weg von der Innenstadt, und dann haben die Leute auch noch Ahnung von der Sache und die haben alles, wenn nicht, wird’s besorgt. So war das immer - bis zum Frühjahr 2009.
Belgien - Achtung!, das ist jetzt der Teil für Heimatkundeschwänzer - liegt mitten in Europa, von dort wird über das Wohl und Wehe von drei viertel des Kontinents bestimmt, dort spricht man mehrere Sprachen und die östlichen Landesteile liegen so nahe bei Köln, dass nicht wenige Ostbelgier für den Wochenendeinkauf in die Stadt am Rhein fahren. Oder von der anderen Seite aus betrachtet, ist Belgien nichts anderes als die Verlängerung des Kölner Grüngürtels nach Westen.
Wanderkarten für Belgien, das sei überhaupt kein Problem, hatte die freundliche Verkäuferin uns beschieden und dabei aufs Regal gezeigt. Sicher, die hatte ich schon durchgesehen. Die Ardennen, das Hohe Venn. Wie schon erwähnt, das hat jeder anständige Kartenhändler vorrätig. Unser Sinn stand nach Wanderkarten für den GR5, einer der ganz großen Wege durch Europa. Der fängt als Deltapad in Holland an, mutiert beim Grenzübertritt nach Belgien zum GR5 und behält diese Nummer durch Luxemburg und durch Frankreich, bis hinunter nach Nizza. Der GR5 ist einer der ganz großen Europäischen Fernwanderwege, der E2 eben. Das könnte schwierig werden, meinte die freundliche Dame, sei jedoch sicherlich machbar. Listen wurden gewälzt, ein Ordner rausgekramt, eine ebenso freundliche Kollegin um unterstützenden Rat gefragt. Ja, man müsse beim Lieferanten nachfragen. Es könne aber dauern, 8 Wochen mindestens, sogar noch länger. Eigentlich wollten wir dann schon unterwegs sein. Mir war das entschieden zu lang und zu ungewiss. Gut, versuchen wir’s bei Globetrotter, die haben auch ‘ne brauchbare Karten- und Buchabteilung.Sicher bin ich nicht, aber genau das war der Zeitpunkt, auf den meine Frau gewartet hatte. Für Männer wie mich, hat Globetrotter in Köln mit der Platzwahl einen gigantischen Fehler gemacht: mitten rein in Kölns Innenstadt, umzingelt von Schuh- und Klamottenläden haben die ihren Schuppen gestellt. Das macht man nicht! Wusste das Globetrotter-Management in Hamburg nicht, dass Köln sehr reizvolle Industriegebiete an allen Stadträndern hat? Oder warum haben die sich nicht solche Nachbarn gesucht wie bei ihrem Outlet Center in Bonn? ‘ne Eierlikörfarbrik und zwei Autohäuser. Mehr Nachbarschaft braucht’s nicht!
Das könnte eventuell schwierig werden, meinte der freundliche junge Mann, der in Globetrotters Karten- und Buchabteilung sein Geld verdient. Wenn er ehrlich sein soll, sei sein Wissen um belgische Wanderkarten eher bescheiden, aber wenn ich Titel und ISBN hätte, würde sich jemand mit Ahnung um meine Wünsche kümmern. Der mit der Ahnung war an dem Tag leider nicht da. Wofür gibt es den E-Mail. Er würde sich melden, der mit der Ahnung von Belgien.
Beim Regalstöbern ist mir tatsächlich ein belgischer Topogids in die Hände gefallen: GR 5A Wandelronde van Vlaanderen Deel Noord. 250 Kilometer von De Panne bis nach Antwerpen, davon die ersten 65 direkt an der Nordseeküste entlang. Sicher, für den Hochsommer genau die passende Strecke für Idioten, hatte ich gedacht und das dünne Buch ins Regal zurückgestellt.
Am nächsten Tag war die E-Mail aus Köln da. Tenor: Das gewünschte Buch sollte in spätestens 2 Wochen da sein. Das hatte gestimmt, denn um diese Zeit war die nächste Mail da. Abholen oder per Post? Abholen, wegen Wiedergutmachung, nun Teil II, und dann hatten wir noch so’ne Idee.
Wollen wir uns tatsächlich im Hochsommer durchs glühendheiße Ahrtal quälen, unsere Rucksäcke über die bewaldeten Hügel der Nordeifel schleppen; uns Landschaften, die vom mittäglichen Sommerdunst erschlagen werden, anschauen und die wir zudem schon kennen? Diese Fragen hatten wir alle mit ein klaren Nein beantwortet. Neue Idee: Wir fangen an der Nordsee an, genauer in Hoek van Holland, und folgen dem E2 nach Süden, vielleicht bis Luxemburg. Dafür mussten mal wieder neue Karten, beziehungsweise Topogids her. Kein Problem, hatte ich mir gedacht, wenn die in Köln das Buch aus Belgien so schnell besorgen können, sollte die neue Bestellung locker, flockig über die Bühne gehen.
Der mit der Ahnung von Belgien war an dem Tag da, unser bestelltes Buch auch. Oh, das könnte Probleme aufwerfen, hatte der mit der Ahnung von Belgien gesagt, als er sich unsere neuen Buchwünsche angehört hatte. Neben dem Lieferanten für den belgischen Topogids, sei nun zusätzlich einer fürs holländische Buch mit im Spiel. Um der Sache vorzugreifen: Der Mann mit der Ahnung von Belgien, sollte recht behalten mit seinen Ahnungen, denn die Bücher waren nicht lieferbar. Und als ob ich es geahnt hätte, hatte ich das oben genannte Buch für die Idiotensommertour auf dem GR 5A aus dem Regal genommen, die Rückversicherung sozusagen. Wenn nichts geht, geht die Wandelronde van Vlaanderen.
An diesem Tag hatten wir unseren Enkel mit. Seitdem weiß ich, dass all die virtuellen Frösche, Fische, sogar Ameisen in Röhren 3-Jährige nicht so lange bei Laune halten, wie Opa das gerne hätte. Zusatz: Die Oma auch nicht. Wenn er in die Regenkammer gedurft hätte, hätte Opa noch etwas Zeit schinden können. Die Oma war dagegen. Keine Chance!
Am Kartentisch ist mir “Mr.Sunrise” über den Weg gelaufen. Der war ebenfalls auf der Suche nach Karten, hatte es dabei jedoch bedeutend einfacher als wir. Bücken, Schublade aufziehen, kurze Sucherei. Stirnrunzeln ob’s passt. Passt! Eine Sache von wenigen Minuten, er wollte schließlich nur nach Norwegen, nicht in so ein Exotenland wie wir.Zur seiner Solotour durch Jotunheim geht es hier.
Unsere Planung für eine Ersatzroute, sollten die Bücher nicht kommen, sah nun so aus: Mit dem Zug nach De Panne und über den GR 5A nach Antwerpen. Von dort auf einer selbstgestrickten Strecke bis zum GR 5/E2, dem wir bis Maastricht folgen wollten. Weiter durch den südlichsten Zipfel Hollands bis nach Aachen, wiederum auf einer DIY-Route, und den letzten Rest quer durch die nördliche Eifel bis an den Rhein, das vorzugweise auf den Hauptwanderwegen des Eifelvereins. Wie oben schon erwähnt: die Bücher sind nicht gekommen.
Angereist sind wir am 8.8. fürn Appel und 'en Ei mit dem Zug. Erstaunlicherweise war das trotz einer saftigen Verspätung, die sich der ICE in Belgien geholt hatte, eine ziemlich flotte Anreise. Im Morgengrauen weg, am frühen Nachmittag da.
Im Internet hatte ich uns einen Campingplatz dicht beim Bahnhof rausgesucht. Nein, der Platz ist voll, meinte die Frau, die nach mehrmaligen Läuten doch noch den Weg zur Haustür gefunden hatte. Tür zu, wir beide waren eben am Beginn der Kehrtwendung, Tür auf. Ah, Wanderer! Sicher, für die findet sich immer ein Plätzchen. Macht 25 Euro. Wenige Schritte später wussten wir, dass der Platz mal eben zu einem Drittel voll war. Woher die unverhoffte Gnade? Wanderfreundlich oder weil sie uns den Campingplatz neben dem lauten Vergnügungspark nicht zumuten wollte? Wir werden es nie erfahren.
De Panne besteht aus einem kleinen Bahnhof, einer großen Haltestelle für die Küstenstraßenbahn und ein paar Klinkerhäusern - das dachten wir nur solange, bis wir die 2 Kilometer, die den idyllischen und ruhig gelegen Bahnhof und den noch viel ruhiger gelegenen Campingplatz vom Strand trennen, runtergespult hatten.
De Panne ist das genaue Gegenteil von Idylle, von Ruhe, von Beschaulichkeit, von ursprünglicher Architektur. Ich bezweifle sogar, dass De Panne überhaupt Belgien ist. De Panne besteht aus einem langen, breiten, sauberen, überwachten, quitschlebendigen Strand. Aus 15-stöckigen, fantasielosen Hochhäusern direkt an der Strandpromenade. Wenn man die Promenade entlang schaut, wollen beide nicht enden. Die Promenade nicht, die Hochhäuser nicht. Und Menschen waren an diesem Nachmittag dort unterwegs. Menschen, Menschen, Menschen.
Und hier sollen wir morgen früh mit Rucksäcken auf dem Rücken und Wanderschuhen an den Füßen unsere Wanderung nach Hause beginnen?, zweifelten wir. Der Gedanke, der mir spontan vor dem Bücherregal in Köln in den Sinn gekommen war nicht so verkehrt: Zur Sommerferienzeit die passende Wanderstrecke für Idioten. Allerdings, mit solchen Strecken sind wir oft gut gefahren.
Quellenangabe für die Karte: Wikipedia (nl), basierend auf dem CIA Factbook.




Oft im Grün untergehend, viel zu selten schon von weitem zu sehen, waren die Markierungspfähle für unseren Wanderweg, aber sie waren da. Nur in den Dünen war die weiß-rote Markierung des GR 5A Noord nicht immer erkennbar, oft fehlte sie ganz. Lokale Wanderwege, ausgetretene Schleichpfade gaben dann den Weg bis zum nächsten weiß-roten Farbklecks vor. Das alles nur einige Schritte hinter den nicht enden wollenden Siedlungen, die die Nähe des Küstensaums suchen.
Dort, wo der Urlaub preiswerter wird, in den Straßen zwischen den niedrigen mehrstöckigen Apartmenthäusern, füllten die Renaults, Fiats, die kleinen, wendigen Japaner und die noch kleineren Südkoreaner, dazu viele ältere, vormals hochpreisige Fahrzeuge die Straßenränder. War ein Supermarkt in der Nähe, wurden die Lücken zwischen den Autos seltener.
Am schönsten war das Dünengebiet von Ter IJde. Richtige Dünen. Hoch hinauf, dort wo der Wind wehen konnte, dann wieder über einen verwitterten Zaun hinab in eine windstille Senke, aus der die sommerliche Hitze keinen Ausweg fand. Vermutlich haben uns die Dünen von Ter IJde so gut gefallen, weil es danach auf absehbare Zeit ins Touristengetümmel gehen würde.
Die Hektik, der Menschenauflauf, der Lärm der Uferpromenaden waren in den Nachmittagstunden wieder da. In Groenendijk-Bad hatten uns die bunten Werbefahnen, die Hochhäuser, die Infrastruktur zum Wohl der Sommerurlauber wieder eingefangen. Das sollte uns bis Nieuwpoort-Bad nicht wieder los lassen.
Von einem der vielen Campingplätze rund um Westende ist es nicht mehr weit bis Oostende. Wer es drauf anlegt, schafft das in 3 Stunden. Das sind so um die, na ja, großzügig geschätzt, 15 Kilometer. Alles flach. Höhenmeter rauf null, Höhenmeter runter null. Nach einer gemütlich vertrödelten Stunde über den frühmorgendlich noch leeren Strand waren wir bei Miami-Wijk (es gibt Namen, die ziehen sich durch alle Strandburgen dieser Welt) wieder auf den GR 5 gestoßen. Von Nieuwpoort kommend führt der zunächst etwas landeinwärts durch die Polder. Wegen der Fahrt mit dem Nachen gestern, hatten wir die Poldertour verpasst, was bei Licht betrachtet kein Beinbruch sein sollte, jedoch für ein klein wenig Abwechslung gesorgt hätte.
Gibt es Gründe fürs langsame Angehen dieser Strecke? Sicherlich. Man muss nicht verhungern, denn vielsprachige Speisekarten locken. Man muss nicht verdursten, denn man kann alle paar Meter zwischen belgischem Bier und italienischem Kaffee wählen. Man kann seine Ausrüstung den lokalen Gepflogenheiten anpassen. Die Badehose, das buntes T-Shirt, die Schwimmärmchen, Sonnencreme, Strandmuscheln, Badelatschen, Postkarten, der Silberschmuck, Tand, Kitsch, die Fähnchen und unendlich viel mehr, alles vergessen beim Rucksackpacken? Hier wäre das keine Problem gewesen.
Einer der Motoren hatte in nervenden Abständen gewimmert. Kurz, leise, Pause, neu. Das in einer Tonlage die Kapitalverbrechen erklärbar machen. 
Vor dem Strand haben die belgischen Wegmacher eine Stadtrundgang durch halb Oostende ausgeschildert. Entgegen meiner Erwartung gab es keine Fähre, und wäre sie noch so klein gewesen, die uns den wenig reizvollen Weg durch den Hafen erspart hätte.
Hafengefühl, genau weiß ich auch nicht, was das ist, jedenfalls hat es etwas mit Sehnsucht und Abhauen zu tun. Für mich ist der Oosteneder Hafen dafür viel zu klein, und die wenigen Schiffe, die an dem Morgen an den Kais der sonst leeren Hafenbecken festgemacht hatten, waren meist nicht in der weiten Welt zu Hause, die erst weit hinter den Grenzen Europas beginnt. Kanal- und Küstenfahrer, teils Flussschiffe mit Ladung ins Binnenland.
Mittags hatten sich die grauen Wolken verzogen, und in null Komma nichts ging es auf der Promenade zu wie beim Schlussverkauf. Sehr viele alte und dem Anschein nach situierte Menschen saßen auf den Bänken, bevölkerten die Crêperien oder flanierten mal kurz über die Betonplatten der Promenade. Dazwischen Kinder ohne Ende. So viele Kinder wie an der belgischen Küste zur Hauptferienzeit hatten wir schon lange nicht mehr gesehen. 


Landschaftswechsel, Szenenwechsel kann ganz schön spannend sein. Fragt sich nur wie lange, denn Maisfeld bleibt Maisfeld und Ackerstraße bleibt Ackerstraße. Die Küste hatte uns in der Hinsicht ganz schön verwöhnt. Nicht immer war diese schön, aber Neues gab es alle paar Meter zu sehen – und wenn es nur die neueste Bademode war. Wandern durchs platte Land kann ganz besonders langweilig werden, sobald einem die Maispflanzen über den Kopf wachsen. Der morgendliche Höhepunkt war zweifellos das Kaffee in winzigen Weiler Meetkerke. Ein Pott Kaffee, noch einer und die Welt war wieder in Ordnung. In Meetkerke fiel dann endgültig der Entschluss, auf direktem Weg nach Brügge zu gehen.
Die belgischen Wegemacher meinen es sicherlich gut mit den Wanderern. Sie führen den GR 5A Noord in einer weiten kilometerfressenden Schleife westlich um die Stadt herum. Durch höchstwahrscheinlich schöne parkähnliche Landschaften, mit sicherlich noch schöneren Herrenhäusern, wird der Weg dann doch ins Stadtzentrum geführt. Dann aber genau von Süden her. Wenn man wir wir von der Küste kommt, die nicht ohne Grund Nordseeküste heißt, kann man über diese Wegführung schon etwas ans Grübeln kommen.
So sehr hatten wir uns noch selten geirrt. Der Zufall hatte uns durch touristisch unbedeutende Gassen bis zum zentralen Marktplatz geführt. Am Grote Markt bliebt uns die Luft weg. Menschenmassen wohin das Auge auch fiel. Rundfahrtbusse mit laufenden Motoren, vor deren Türen ungeduldige Urlauber Schlange standen. Pferdekutschen zuckelten und ruckelten mit Familien, meist jedoch mit Paaren, übers holperige Kopfsteinpflaster. Mit schäumender Bugwelle rauschten die Boote zu den hölzernen Anlegern. Kaum dass genügend Zeit fürs Austeigen blieb, denn an den Anlegern für die Kanalrundfahrten waren die Schlagen am längsten. Teilweise so lang, dass deren Ende hinter der nächsten mittelalterlichen Häuserecke verschwand. Durch die Straßen und über die Plätze sausten Fahrräder durchs Gewimmel, scheinbar ohne Rücksicht zu nehmen. Einheimische, die sich routiniert und schnell einen Weg zwischen bummelnden Touristen suchen mussten. Sommerlicher Müßiggang trifft auf belgisches Alltagsleben. Nicht immer passen da die Geschwindigkeiten.
Dieser Nachmittag hatte uns erschlagen. Wohlweislich hatten wir uns mitten in der Stadt ein Hotel gesucht. Eines dass zu Brügge passt. Etwas teuer, dafür gediegen und im Familienbesitz. Schon beim Einchecken war uns klar, dass wir am nächsten Morgen mit unseren Wanderklamotten im barocken Speiseraum auffallen würden. Aber es gibt Orte, da gehört ein gediegenes Hotel einfach dazu. 
Für einen Augenblick rückte der Wunsch einen Ruhetag dazwischen zu schieben, damit wir mehr Zeit für Brügge haben, in den Vordergrund. Bei unserem frühen Aufbruch war die Stadt dermaßen verschlafen, dass das Gewimmel vom Vortag uns unwirklich erschien. Nein, spätestens mit dem Auftauchen der ersten Busse mit Tagesausflüglern würde wir uns erneut ärgern. Wie zur Bestätigung tauchte auf der Damse Vaart, jenem Kanal der Brügge mit Damme verbindet, der Raddampfer mit die ersten Tagesgästen auf, die ein paar Stunden in Damme verbringen würden. Das alles nur, weil der Schriftsteller Charles De Coster in seinem Buch „Die Geschichte von Tyll Ulenspiegel und Lamme Goedzak“, eine der vielen Versionen des Till Eulenspiegel, in Damme spielen lässt.
Hinter Damme war Schluss. Schluss mit Urlaubern, Schluss mit Autos, Schluss mit Geschichte und Schluss mit Sehenswürdigkeiten. Wenn man hier in mit dem Auto unterwegs wäre, könnte man mal eben nach Gent rüber flitzen, oder wenn einem der Sinn nach Badeurlaub stände, einen Abstecher ins niederländische Seebad Vlissingen machen. Ja, wenn. Uns blieb der Damse Vaart, der ohne ersichtlichen Grund kurz vor Holland seinen Namen in Kanaal Brugge-Slius ändern muss. Und uns blieben Oostkerke, ein kleiner Ort, Hoeke, drei Häuser am Kanal; und der erste Wegweiser für einen holländischen Wanderweg. Das war an der Selbstbedienerfähre „Kobus“, die, darauf weist ein neues Schild hin, pfleglich behandelt werden will. Sollte es hier etwa Vandalismus geben? Unvorstellbar. Kurz vor dem niederländischen Sluis leitet der Wegweiser die Wanderer von der so nahen Grenze weg. So, als wäre der direkte Grenzübertritt, die Weiterführung des Weges auf der anderen Seite der Grenze, nur nach einer wohldosierten Gewöhnungsphase zumutbar. Über Polder, vorbei an Wiesen und abgeernteten Feldern, wurden wir im Zickzack zwischen Nationalstraße und Grenze auf Irrgang geschickt. Wer von außerhalb kennt schon den Spermaliepolder oder den Maldegemse Polder? Ganz zu schwiegen die Namen all der vielen einsam gelegen, niedrigen Gehöfte der Großbauern?
Heille. Wer kennt schon Heille an der belgisch-niederländischen Grenze? Niemand, bis auf die wenigen Menschen, die ihren Urlaub auf einem der beiden Campingplätze verbringen. Wir hatten den im Ort gewählt. Ort ist eine sehr wohlwollende Umschreibung. Bei Licht betrachtet stehen in Heile nur ein paar wenige Bauernhäuser dichter beieinander als in der Region üblich. Nein, Laden und Gasthaus gibt es hier schon lange nicht mehr, erklärte uns die alte Bäuerin, die zu Nebenerwerbszwecken eine Wiese zum Campingplatz umgewidmet hat, und uns ungerührt einen Übernachtungspreis abknöpfte, bei dem Betreiber südländischer Superplätze rot anlaufen würden.
Unser Aufbruch im Halbdunkel des Morgengrauens war nicht nur der langen Strecke geschuldet. Hinzu kam, dass das Wetter ausgehend vom windigen, frischen Nordseesommer, langsam aber stetig eine Wandlung zum stickig-heißen Hochsommer in Angriff genommen hatte. Besser schlaftrunken durchs Grenzland schlappen, als in der Nachmittagssonne schweißtriefende Rekorde im Kilometerfressen aufstellen zu müssen. Vierzig Kilometer sind vierzig Kilometer, sogar in der Ebene.
Kurz nach dem Start waren wir schon wieder in Belgien. Pennen, schlafen und Geld ausgeben in Holland, ackern in Belgien. Für die nächsten Stunden sollte der Leopoldkanaal unser ständiger Begleiter werden. Mal das rechte Ufer, mal das linke Ufer. Stundenlang. Der Kanal ist nach dem ersten belgischen König benannt, und ist, wenn man ehrlich ist, etwas langweilig. Schiffe fahren dort schon lange nicht mehr. Im Zweiten Weltkrieg musste der Leopoldkanaal als Verteidigungslinie erhalten, mittels der die Deutschen die Scheldemündung kontrollieren konnten. Im September '44 haben kanadische Soldaten der „4th Canadian Armoured Division“ dem ein Ende bereitet. In die belgische Geschichte ist diese Aktion als "Switchback Operation" eingegangen. Ein paar Panzer am Wegrand, zum Beispiel der an der zentralen Kreuzung in Eede, und ein Haufen Infotafeln am Kanal lassen keinen Zweifel, dass diese Zeit so schnell nicht vergessen werden soll. Panzer am Straßenrand und martialische Denkmäler zur Erinnerung an angestaubte Heldentaten schlagen mir immer auf den Magen, nicht nur, weil das Leid der Mensch bei solchen Erinnerungsstützen immer zu kurz kommt.
In Sas van Gent war alles dicht. Warum? Weil der Ort in Holland liegt? Weil ein paar schöne Häuser am Kanal stehen? Wir konnten es kaum glauben. Auf den Straßen war an diesem Nachmittag kein Mensch zu sehen. Nur am Kanal, diesmal schiffbar und darum von Freizeitskippern ausgiebig genutzt, war eine Ahnung von Urlaubsatmosphäre zu spüren. Der im Wanderbuch avisierte Campingplatz ist schon vor Jahren zum WoMo-Stellplatz degeneriert, also mal wieder ins Hotel. Alles dicht, beschied uns der Besitzer der beiden einzigen Hotels. Herren über zwei Hotels haben meist noch ein drittes Hotel. Unserer machte da keine Ausnahme. In Zelzate, 3 Kilometer den Kanal rauf, könne er uns ein Doppelzimmer anbieten. 
Das ist eine Landschaft, wo sich auch der wohlmeinende Verfasser unseres belgischen Wanderbuchs mit den landschaftlichen Höhepunkten etwas schwer tut. Der Achtzigjährige Krieg reißt das wieder raus. Während wir, wir sind die, die aus dem ehemaligen Zentrum des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nationen stammen, uns im Schulunterricht mit dem 30-Jährigen herumschlagen müssen, haben Belgier, Luxemburger und Holländer keine andere Wahl als nochmals 50 Jahre dranzuhängen. Dranhängen ist so gesehen nicht richtig, denn sowohl der Dreißigjährige wie auch der Achtzigjährige Krieg wurden 1648 am selben Tag und Ort beendet. In so'nem Kaff im westfälischen Münsterland.
Salopp gesagt, sind die Niederländer 1568 auf die Idee gekommen, dass ihnen die Spanier ganz schön auf die Eier gehen, was nicht weiter verwundern muss, denn diese hatten sich wie die Axt im Walde benommen. So was passiert, wenn calvinistische Lebenseinstellung auf inquisitorischen Verfolgungswahn trifft. Und als Niederländer und Spanier nach 80 Jahren miteinander fertig waren, waren die Niederländer in einem Aufwasch auch Quitt dem dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen. Zum Ausgleich für die Haue bevölkern die Holländern seitdem die Campingplätze Andalusiens.
Bei 16.000 Euro könnte die Frage nach der Gdynia Bridge auf dem Bildschirm auftauchen. Ja, natürlich auch wieder eine Infotafel, und klar, auch wieder eine Begebenheit aus einem Krieg. Warum aber eine holländische Brücke einen polnisch-englischen Namen hat, wird nicht verraten. Wie gesagt: Ich warte auf Jauchs Anruf.
Dass der Turm der St. Willibrordus Basilika von so einer komischen Spitze gekrönt wird, hat ebenfalls mit einem Krieg zu tun. Material und Aussehen sollten genügen um den passenden Krieg zu finden.
Der Morgen war in etwa so, wie das Hotelzimmer der vergangenen Nacht. Ändern kann man nichts, also nimmt man es hin. Wir hatten das letzte freie Zimmer in Hulst bekommen. Leider nichts mehr frei, hatten uns alle Hoteliers und die Touristeninfo beschieden. Bis auf ein Hotel, da war noch ein Zimmer frei. Das letzte, jenes, das niemand sonst mehr nehmen will, weil man sich kurzentschlossen ins Auto setzten kann, weil es so weit bis zur nächsten Stadt nun auch nicht mehr ist. Wir hätten zum nahegelegenen Minicamping gehen können. Mitten im Wald, wäre das gewesen. Wir wollten nicht.
Von Westen nach Antwerpen hinein zu kommen, ist ganz einfach - sofern das Auto das bevorzugte Transportmittel ist. Bis zum Ufer der Schelde immer der Autobahn A11 folgen, da kann sich niemand verfahren. Den belgischen Wanderwegmachern ist es gelungen, dieser Autobahn für weite Strecken aus dem Weg zu gehen. Zumindest was den Blick auf den Verkehr anbelangt. Hören kann man diesen so gut wie immer. Zum ersten Mal gehört hatten wir die Schnellstraße schon, als wir über den langen Deich der den Konings Kieldrechtpolder zum Hinterland abschließt, vom Acker- und Wiesenland ins Obstanbaugebiet vor der Stadt wechselten. Große alte Bauernhöfe, mit noch größeren neuen Hallen, eingekreist von umzäunten Plantagen verlieren sich da im Einerlei der Obstkulturen Die hohe Zäune um Obstbaumkulturen müssen eine mitteleuropäische Spezialität sein. Obst mit Zäunen drumherum gibt es auch in der Grafschaft zwischen Bonn und der Ahr. So'n geklauter Apfel treibt bestimmt jeden Obstbauern in den Ruin.
Um die Autobahn waren wir dann doch nicht ganz drumherum gekommen, aber eine Stunde vor der Stadtgrenze wurde es noch einmal wild. Hohe Bäume, in dessen dichtem Laubdach die Sonnenstrahlen ihr Kraft ließen. Drunter dichtes Unterholz, in dessen Gestrüpp wir oft den Weg verloren. Ein Haufen wilder Feuerstellen, die Reste einer Behausung aus Plastikplanen, die ersten Pappverpackungen bekannter Fleischbratereien, und da war sie wieder, die Straße. Diesmal nicht die Autobahn, nur ein Ausfallstraße im sonntäglichen Müßiggang, und an derem Ende, der alte vergammelte Wegweiser für den GR 5A. Das war's, der GR 5A Deel Noord lag hinter uns. Von den offiziellen 243 und einem halben Kilometer hatten wir uns um die 20 geschenkt, weil wir manchmal abgekürzt hatten. 
Antwerpen ist nicht ganz so toll wie Brügge, aber dass wir auf so wenig Besucher treffen würden hatten wir nicht zu hoffen gewagt. Dies sowohl am Sonntagabend, wie auch am Montag. Nur selten ruckelten am Montag vollbesetzte Kutschen über den Grote Markt. Den Großteil des Tages standen sich die Pferde die Beine in den Bauch und die Kutscher hatten Zeit für ein ausgiebiges Schwätzen, und wir Muße für einen ruhigen stundenlangen Bummel durch die Stadt.
sehr fein von dir,Werner

Für Radfahrer gibt es große Lastenaufzüge, aus deren großen Türen, wenn es in der Stadt brummt, sie einen Schnellstart hinlegen - allen Unkenrufen oder Lobpreisungen zum Spott, der Belgier sei gemütlich. Jedoch der in feste Arbeitszeiten eingebundene Belgier hat es hin und wieder eilig, wenn für die Föhnfrisur mehr Zeit draufgegangen ist als geplant zum Beispiel; und so wird schon mal, eigentlich immer, jenes gutgemeinte und von Fußgängern mit Wohlwollen bedachte Fahrverbot für Radfahrer im Tunnel von Letzteren großzügig missachtet.
Nur, an jedem Abzweig standen diese komischen Wegweiser, diese Pilze aus weißem Kunststoff. Für Radfahrer sind die. Für Menschen, die sich Geräte an den Lenker montieren, die Kilometer zählen und diese anzeigen können, die Geschwindigkeit messen und diese anzeigen können, die den Puls zählen, den Kalorienverbrauch, die Zeit und selbstverständlich die Durchschnittsgeschwindigkeit errechnen und anzeigen können. Menschen, die diese Geräte haben, lieben vermutlich diese weißen Kunststoffpilze, für die sind diese schließlich auch gemacht. Das sind die Knotenpunktwegweiser für die belgischen Radwege. Am Kanal sieht jeder aus wie sein Nachbar, wenn da die Nummer nicht wäre. Oben drauf steht die Nummer, die Adresse, die Hausnummer sozusagen. Es ist zu befürchten, dass es eine dicke Liste gibt, in der fein säuberlich Nummer, Standort, und Aufschrift festgehalten wird. Die Nummer interessiert kein Mensch. Nur das Wohin, das Woher und das Wie-Weit ist von Belang. Als Radfahrer fliegt man höchstwahrscheinlich vorbei, registriert, dass man auf dem richtigen Weg ist, überschlägt kurz die Zeit bis Ziel und ist weg. Bis zum nächsten Abzweig ist es nicht weit. Dort wird wieder ein Knotenpunktwegweiser stehen.
Nachmittags waren wir da. Hinterm Haus des A.T.B. - De Natuurvrienden, der Belgischen Naturfreunde in Lindekens, fanden wir einen von Bäumen und Büschen umschlossenen Campingplatz vor *. Zwei Reihen Wohnwagen, deren Besitzer alle ohne Sichtschutz auskamen, die ihre Tische zur Mitte, zur Gemeinschaft hin aufgestellt hatten und etwas versteckt, hinter einer Hecke der Kinderspielplatz, einer der in die Jahre gekommen war. Kinder spielen auf dem Platz nicht mehr die allergrößte Rolle, stellten wir mit Bedauern fest. Der Campingplatz der Naturfreunde dort ist klein und gehört zu der Sorte, wo man seinen Geldbeutel verlieren darf, denn diesen wird man sicherlich zurückbekommen. Vermutlich sogar mit nach Nennwert sortierten Banknoten und die Flusen, die sich so gerne in selten genutzten Fächern ansammeln, würden bestimmt verschwunden sein. Vielleicht hatten wir uns das auch nur eingebildet. Dieser kleine Platz hinter dem weißen Haus, welches wie ein Schutzwall vor der Zeltwiese stand, war heile Welt aus dem Baukasten für Heile Welten. 
Kilometerschrubben stand an diesem Mittwoch auf unserem Beschäftigungsplan. Mal wieder, wie meine Frau unbedingt anmerken musste, als wir im Morgengrauen auf dem Bürgersteig vor dem Naturfreundehaus standen und beim Blick ins Wanderbuch die Überlegung anstellten, der offiziellen Streckenführung treu zu bleiben oder doch die ein oder andere Gerade einzubauen. Viel Zickzack versprach uns die erste Karte im Wanderbuch, die zweite kam uns auch nicht viel besser vor, auf der dritten Seite würde unser Tag enden, zum Glück in einem langgezogenen Bogen, dem wir die Ehre einer Geraden zustanden. Sozusagen die Vorfreude auf den Schlussakkord. Motivationsmäßig war das unbedingt nötig. Nicht wegen der Landschaft, das Wetter würde uns jegliche Motivation rauben. Der Wetterbericht hatte für die nächsten Tage stabiles Sommerwetter versprochen. 30 Grad Celsius und mehr. An der immer noch nahen Nordseeküste würden die Urlauber endlich ihre Tage im Genuss mediterraner Urlaubsfreuden verbraten können.
Wir nicht, wir würden schwitzen, stöhnen und klagen. Wir würden schattige Wege suchen, neidisch auf die Kühe starren, die ihren Tag im schmalen Schatten dünner Windschutzhecken und junger Alleen verbringen würden. Dunklen Wäldern - in dieser Region eigentlich eine schamlose Übertreibung -, denen wir auf unseren Wanderungen meist keine große Sympathie schenken, würden wir an diesem Tag hinterherlaufen müssen und keine finden.
Der Parkplatz vor der Klosteranlage vor der Abdij Tongerlo war leer. Der große Innenhof war ausgestorben. Kein Mensch weit und breit. Bis auf das leise Plätschern eines Brunnens war kein Laut zu hören. Vor den Ziegelsteinmauern staute sich die Hitze. Die schwarzen Schieferdächer schienen unter der gleißenden Mittagssonne zu leiden. Die Tür zur Kirche war verschlossen. Rechnete man an diesem heißen Tag nicht mit Besuchern, oder sieht man diese als potenzielle Kirchenschänder?
Später am Nachmittag war ein schwacher Wind aufgekommen. Warme Luft waberte durch den Klosterhof der Abdij van Averbode. Müde bewegte sich leichter Fahnenstoff bunter Flaggen vor dem Portal im Innenhof. Im Gegensatz zur Abtei Tongerlo, war der Innenhof hier gärtnerisch gestaltet. Schatten und Kühle spendende Hecken und Bäume nahmen dem Platz jedoch die Größe. Von irgendwoher ließen sich Stimmen vernehmen. Irgendwo da oben waren offene Fenster, irgendwo im Innern der Abtei waren Menschen. Draußen, dort wo es heiß war, waren wir alleine, da standen nur die Autos des Klosters. Natürlich war auch diese Klosterkirche verschlossen.
Zur späten Frühstückzeit plumpsten wir zum ersten Mal in die Stühle der Straßencafés auf dem Grote Markt von Diest. An diesem Tag sollte es noch oft „Plumpsen“. Mittags durften wir endlich ins Hotelzimmer. Der freundliche Besitzer hatte uns ein Eckzimmer zugestanden. Vier Fenster ohne Rollläden. Zwei nach Süden, zwei nach Westen, dem Sonnenlauf folgend. Wir würden den Tag woanders verbringen müssen. Auf den schattigen Terrassen der Kneipen, in den gekühlten Supermärkten, unter dem dichten Laubdach der Bäume im Stadtpark, am Ufer der Demer.
Uns hatte Diest gefallen, weniger wegen des Grote Markt, solche Plätze haben viele flämische Städte; und toll in Schuss sind die eh überall. Der Beginenhof war's. Nicht, dass wir deshalb unbedingt erneut dorthin müssen, aber gut, dass es noch Plätze gibt, die von Urlaubern nicht überlaufen werden.
Einen kurzen Augenblick hatten wir gezögert als unter dem hölzernen Wegweiser am Rand der Diester Umgehungsstraße standen. Doch Richtung Süden? Vielleicht bis an die Riviera? Doch nicht in ein paar Tagen rüber zur Eifel abbiegen? Man könnte, müsste halt nur wollen. Kilometerlang haben wir gesponnen, gerechnet und mögliche Ausstiegspunkte von wo aus meine Frau die Heimreise hätte antreten können im Kopf durchgespielt. Ende September in den Westalpen? Nicht mehr zu schaffen? Kopfwandern, eine unserer Lieblingsbeschäftigungen wenn sonst nichts los ist auf dem Weg. Wegweiser dieser Art gibt es leider nicht mehr allzu viele. Denen, die vor Jahren mit Euphorie aufgestellt wurden, als die ersten Europäischen Fernwanderwege markiert wurden, sieht man ihr Alter an, und die früher oft zu sehenden kleinen Schilder, die auf einen E-Weg hinweisen verschwinden mehr und mehr. Schade.
In Hasselt war was los. Überall Polizei, Straßensperren für Autos, Absperrgitter für Fußgänger und jede Menge Volk auf den Straßen. Uns schwante, dass es heute mit einem Hotelzimmer eher schlecht ausgehen könnte. Hasselt war im Radsportfieber. Hinter dem mit Werbung gepflastertem Zieleinlauf drängten sich die Zuschauer schon in Fünferreihen. Das belgische Fernsehen hatte seine Kameras in Stellung gebracht, und ehe wir uns versahen, bog der Werbekonvoi um die Ecke. In weniger als einer Stunde wurde die Spitzengruppe erwartet. 
Punkt 76 ist im Buch die Schleuse Godsheide, in deren Nachbarschaft unser B&B zu finden ist in der wir die letzte Nacht verbracht hatten. Punkt 94 ist die Kanalbrücke Veldwezelt am Stadtrand der niederländischen Stadt Maastricht. Die Tabelle ist was Entfernungen angeht pingelig und gefühllos: 76: Sluis Godsheide 198,1 km; 94: Kanaalbrug Veldwezelt 250,1 km; Wir mussten „plus x“ dazu rechnen; x hatten wir geschätzt: im Selbstbetrug einigten wir uns auf 2 Kilometer. Auf der zweistelligen Endabrechnung stand 'ne 50 vorm Komma. Doch auf zwei Tage aufteilen? Damit wäre die heimische Haustür endgültig passé. Gewaltmarsch? Selbst jahrzehntealte Ehen haben Belastungsgrenzen, die aus gutem Grund noch nie getestet wurden. Dabei wollten wir es belassen. Die Strecke musste unbedingt kürzer werden.
Am Punkt 94 lag Flandern hinter uns, Nur noch ein paar Schritte über die Brücke, und wir wären in Holland. Vom Nordwesten bis in den Südosten hatten wir das flache Land durchwandert. Jacques Brel hat es besungen. Der flämische Text von Mijn vlakke land (fr. Le plat pays) fehlt in den Topogids. Besonders dem Buch für den GR 5A, der Wandelronde van Vlaanderen würden die Zeilen gut zu Gesicht stehen. Es ist alles da, was Brel besungen hat. Von den hooge duinen, dem Strand, der bei Ebbe woest is als en woestijn bis hin zu den torenspits van hemelhoge kerken, die in dit vlakke land de enige bergen zijn. Vermisst haben wir de noordewind. Wir hätten ihn gebrauchen können. Dass er onze adem steelt hätten wir an den drückend-heißen Tagen im August in Kauf genommen. Wir hatten zuidenwind unter dem das Land tagelang gestöhnt hatte. Es war ja auch schon August. Einen Monat zu spät. Wir werden wiederkommen, dann im Juli, nur um zu sehen, ob Jacques Brels Textzeilen vom Südwind der durch die Getreidefelder weht, immer noch zutreffen. Seine ausgedruckten Textzeilen werden dann erneut im Gepäck sein.
Die Provinz Limburg ist Hollands Süden und genau wie in der Schweiz und in Deutschland, sind dort die höchsten Berge des Landes zu finden. Der Süden Limburgs hat rein gar nichts mit dem klischeehaften Hollandbild der Urlauber zu tun. Keine Kanäle und Grachten, keine Deiche und Siele, keine Polderlandschaften, deren Grenzen sich im niedrigen Himmel verlieren. Im Süden Limburgs kann man Berge hinauf gehen. Wenn einem der Sinn danach steht, sogar auf den höchsten Berg der Niederlande steigen. Der Vaalserberg ist 322,7 m hoch. Klar, Berg ist eine schamlose Übertreibung, deshalb spricht die Wikipedia nur von einer "Erhebung". Wir waren nicht auf dem Vaalserberg, obwohl es von dort nicht weit bis zur Aachener Jugendherberge gewesen wäre. Unsere Radkarte gab das einfach nicht her. An dem Tag hatten wir das bedauert; sehr viel später erfuhren wir, dass der Vaalserberg seinen Titel verloren hat. Ein karibischer Vulkan auf Saba (für Google: Niederländische Antillen, Besondere Gemeinden) ist nun offiziell der höchste Berg der Niederlande. Wir haben also nichts verpasst.
Dann ein Schild …
Leider sind wir an einem Sonntag in Aachen angekommen, dann wenn alle Buchläden geschlossen sind. Wenn nichts hilft, hilft der Bahnhofsbuchladen. Der hatte geholfen, doch mit Abstrichen. Alle brauchbaren Karten für unsere Wanderrichtung waren vergriffen. Dem Eifelsteig sei es gedankt. Wir mussten uns mit einer 50.000er Karte vom Kompass Verlag begnügen. Damit hatte sich die Sache mit den Abkürzungen erledigt. Bis zum Montag warten, um anständige Karten zu kaufen, wollten wir nicht. Keine Zeit. Rund 160 Kilometer trennten uns noch von der Haustür. Mit den vier, vielleicht auch fünf Tagen, die uns noch verblieben, war das machbar, sofern wir aufs Tempo drücken würden. Also Tagesziel: Heimbach am Rursee.
Unser Lieblingsplatz wurde der Dorfplatz mit seinen Bänken. Die lagen im Schatten und von dort konnten wir Mulartshütte kontrollieren. Mittags hielt der Schulbus, dem 3 oder 4 Kinder entstiegen. Ein oder zwei Radfahrer surrten durch die ebene Hauptstraße, gelegentlich ein Auto. Mulartshütte ist von Wald umgeben und liegt in einem Loch. An diesem Nachmittag sah es danach aus, als wollte alle Welt das Loch meiden. Zwischendurch erwogen wir sogar den erneuten Aufbruch. Packen und weiterziehn, nur damit überhaupt was passiert. 
33 km im Eifeler Dauerregen und die komplett durch eintönigen Wald – das Grauen konnte nicht größer sein. Dann fehlte auch noch die Markierung des Krönungswegs (HWW 10 des Eifelvereins, Aachen-Bonn). Irgendwo nach dem Queren der Bundesstraße 399 vermissten wir die. Wir waren stinksauer. Monotoner Regen, langweiliger Fichtenwald, fehlende Markierungen und zu allem Überfluss eine 50.000er Wanderkarte aus dem Kompass Verlag.
. Frau Hohn macht ja ganz schön was mit !
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