• Schmetterling

    Erfahren
    • 18.10.2009
    • 189
    • Privat


    [D] Tour in den Mai

    Prolog
    Der erste Mai naht, das Wetter scheint passabel zu werden, also nehmen wir spontan frei. Wir kaufen Karten und legen eine grobe Reiserichtung fest – von Berlin aus gen Osten, nach Polen rein, abbiegen in den Süden und irgendwann zurück nach Deutschland, um einen Zug zurück nach Berlin zu finden. Ein Blick auf die Karte zeigt mir, dass die märkische Schweiz fast auf dem Weg liegt und da ich einiges gutes darüber gehört habe, integrieren wir sie kurzerhand. Ein weiterer Blick zeigt uns, dass hier der europäische Radwanderweg R1 entlang führt, so können wir bequem seiner Markierung folgen. Küstrin müssen wir auch unbedingt mitnehmen – wegen des Polenmarktes mit Räucherfisch, Schinken und gaaanz viel Spargel.
    Das Packen findet wie üblich in der Nacht vor Abreise statt und wie üblich zieht es sich länger als gedacht. Es scheint eine Illusion zu sein, dass nach jahrelanger Outdoor-Ausrüstung das Packen von alleine geht und innerhalb kurzer Zeit erledigt ist. Wir wollen aus dieser Tour eine Genusstour machen, also gibt’s statt Müsli Brot mit Marmelade und mittags Brot mit Polenwurst und anderen Leckereien. Ich packe den großen Omnifuel statt des kleinen Gaskochers ein, um gutes und bequemes Kochen zu garantieren. Irgendwo tauchen noch zwei passable Gaskartuschen auf, also bleibt das Benzin zu Hause – ein Fehler. Dazu ein beschichtetes Pfännle, ein zweiter Topf und ein Gemüseschäler für den Spargel. Ach ja, eine Flasche Wein darf nicht fehlen und die neuen Outdoor-Weingläser müssen auch eingeweiht werden. Das restliche Gemüse aus dem Kühlschrank findet seinen Platz ebenso wie meine Espressokanne mit Kaffee. Eine Premiere, da ich viel Milch für den Kaffee brauche. Ich probiers diesmal mit Kondensmilch. Irgendwann spät am Abend haben wir angesichts der Regenaussichten für die nächsten beiden Tage noch die spontane Idee Regenhandschuhe einzupacken. Leider dachte nur ich daran, auch lange Fingerhandschuhe dazu zu legen. Die Zeltfrage entschieden wir leider für das kleine Hubba Hubba, das große Salewa wäre netter gewesen. Bei der Kamera wage ich ein Experiment und nehme nur eine alte manuelle Festbrennweite mit. Das Fokussieren klappt noch nicht immer und ich will ein wenig üben.


    1. Mai 2014
    Nach der anstrengenden Woche und der gestrigen Packaktion ist die Bettanziehungskraft so groß, dass wir einfach nicht aus den Federn kommen. Ein ordentliches Frühstück muss auch sein. Sven brät ein kleines Rührei und ich frage, ob ich nicht auch eins bekommen könne. Er: Dies sind alle weg. Ich: Wir haben doch erst am Sonntag 10 Stück mitgebracht, wo sind die denn alle? Er: Hab ich eingepackt für unser Frühstück. Ich ALLE?. Er: Ja. Na, wenn dat mal gut geht…
    Bis wir dann fertig gepackt haben, war es schon 2 Stunden später als geplant, aber egal. Es ist Urlaub. Die S-Bahn-Fahrt nach Erkner versüßen wir uns mit Bier und einer Mate – man gönnt sich ja sonst nichts. In Erkner ist der Einstieg zum Radweg schnell gefunden und wir schwingen uns motiviert auf die Räder.



    Doch STOP – ein Dönerladen kreuzt unseren Weg und hindert uns am Weiterfahren. Sven legt eine Vollbremsung hin und muss jetzt gleich unbedingt Mittagessen, nicht, dass wir hungrig vom Rad kippen. Na gut. Ein Döner, ein kurzes Gespräch mit dem einsamen Herrn am Nebentisch, der hier bei seinem ersten und sicher nicht letzten Bier sitzt.


    Dönertier

    Um halb zwölf geht’s dann aber wirklich echt richtig los. Den Plan, heute noch die 90 km bis Küstrin zu kommen, haben wir eh schon aufgegeben.
    Es geht vorbei an Plattenbauten und dann kommt schon der erste See in Sicht – mit frischen Fischbrötchen. Wir verfluchen den Döner und radeln weiter. Halt, stopp! Aus dem Augenwinkel sehe ich auf der anderen Straßenseite was großes Braunes. Ein Bär! Nee, gibt’s hier doch gar nicht. Es ist eine Bache mit Frischlingen. Fasziniert bleiben wir stehen und beobachten, wie die Sau sich in aller Seelenruhe an den jungen Eichenblättern labt. Neben uns halten weitere Radler an. Läge nicht eine große Straße zwischen uns, würde ich doch leicht nervös werden – und Mama Sau sicherlich auch. Schließlich hat sie sich genug präsentiert und trollt sich. Nun müssen wir aber mal endlich ein paar Kilometer machen. Ach nee, da vorne liegt ein Geocache…
    Wir kommen durch ein nettes Dörfchen. Vor uns eine Truppe junger Leute, ein Bus überholt uns und hält neben den Jugendlichen. Die Tür geht auf: Hi Robert, wie geht’s? Kommste heute abend auch zum Grillen? Wir grinsen, Landleben.
    Ein paar Meter weiter dann die nächste Attraktion, die begutachtet werden muss – eine Straußenfarm.



    Nach ein paar Fotos rollen wir gemütlich weiter auf dem wirklich hervorragend markierten und ausgebauten Radweg. Der angekündigte Regen bleibt aus, die Sonne scheint und es wird warm. Die Dörfer sind idyllisch und immer wieder gibt es Kleinigkeiten zu entdecken – etwa der Liederwanderweg.



    Immer wieder ziehen Biker mir ihren fetten Maschinen vorbei und wir überholen andere Feiertagsradler.





    Den nächsten Stopp (mir ging schon fast die Puste aus) kommt schon bald in Form einer alten Ziegelbrennerei. Während Sven seinen Geocache sucht, vergnüge ich mich mit Äffchen und Paul und der Kamera. Ich muss üben, dann der manuelle Fokus sitzt noch nicht immer da, wo ich ihn haben will.





    Immer wieder weisen Schilder auf die Finanzierung des Radwegs durch die EU hin. Wir lieben sie. Nicht nur ist die Ausschilderung bestens, der Weg führt häufig über toll geteerte Feldwege und auch die Pflasterstraßen haben eine extra für die Radler geteerte Spur.



    Aber für unsere Kilometerleistung ist auch der gute Ausbau keine Hilfe, da wir schon bald wieder einem kleinen Schild folgen müssen. In Garzin weißt es auf eine Pyramide hin, die wir uns anschauen müssen. Und den Klängen des Dorffestes auf dem Sportplatz holpern wir zu einer wunderbaren kleinen Pyramide mit Weinberg davor. Sie war einst der Mittelpunkt eines Landschaftsparkes, steht nun aber mitten im Wald. Es wimmelt vor gut gelaunten und beschwipsten Feiertags-Radlern. Wir mischen uns unter sie und holen unsere Flasche Wein hervor. Kleine Marscherleichterung. Sven sucht Schätze, ich knippse.







    Beim Weiterfahren habe ich ein breites Grinsen im Gesicht. Hach, was ein schöner Radeltag! Mit etwas Wein im Blut merkt man auch die kleinen Anstiege kaum, die jetzt zunehmen (jaja, die Schweiz). Schweren Herzens lassen wir das DDR-Museum und den Abzweig nach Hohenstein links liegen.





    Ich widerstehe dem Angebot bei einem kleinen Verkaufsstand (Brennnessel-Bowle, Löwenzahnsirup und selbst gestrickte Handschuhe und Socken – hätten wir letzteres bloß mal gekauft).





    In Bergschäferei verlassen wir die Straße und saußen durch einen fantastisches kleines Naturschutzgebiet mit alten Bäumen und jeder Menge Totholz. Ich jauchze innerlich.



    In Nullkommanichts sind wir in Waldsieversdorf, wo uns zur besten Kaffeezeit das Radlercafe Tilia mit selbst gebackenem Kuchen am Wegesrand erwartet. Wir brauchen dringend eine Pause und eine Stärkung.



    Anschließend kommen wir in die Kernzone der Schweiz und wir keuchen einige kleine Hügel hinauf. Macht nichts, mein Grinsen im Gesicht wird trotzdem immer breiter. Diese kleinen schnuckeligen Dörfer! Buckow hat es mir besonders angetan. Die Nachmittagssonne bringt das frische Grün der Bäume und die zahlreichen Blumen in den Vorgärten zum Leuchten. Ich will wieder hierher kommen, vielleicht zum Wandern?
    Ein nächster kleiner Schatz- und Knippshalt an ein paar Binnendünen, die Umrundung eines kleinen idyllischen Sees und um sechs Uhr eröffnen wir die Jagd auf einen Zeltplatz.



    Wir füllen bei einer netten Familie unsere Ortlieb-Wassersäcke auf und sind somit für den Abend gerüstet. Aber erst durchqueren wir noch Wulkow, wo uns neben Plattenbauten auch ein protziges Schloss mit Hotel und Tagungsräumen begegnet. Wahnsinn, wie nah hier die Gegensätze nebeneinander liegen.






    Es geht durch den inzwischen kühlen Abendwald und kurz vor Neuhardenberg erwartet uns der perfekte Zeltplatz – eine Trockenwiese mit weitem Blick und einer windschützenden Hecke. Rasch ist das Zelt aufgebaut und ich mache mich ans Kochen. Geübt möchte ich meinen Primus anwerfen, doch sobald ich das Feuerzeug ausmache, erlischt auch die Gasflamme. Ups! Ich prüfe alle Ventile, drehe den Regler hoch und runter, wechsle die Gaskartusche, doch immer dasselbe – Feuerzeug aus, Flamme aus. Dabei hab ich den Kocher doch mit Gas benutzt – vor langer Zeit. Svens Laune sinkt, meine auch. 4 Tage ohne warmen Tee geht ja gar nicht – ganz zu schweigen von den 10 rohen Eiern im Gepäck (die übrigens alle heile sind). Wir schmeißen unsere Handies an und recherchieren ohne Ergebnis. Ich baue den Kocher auseinander und reinige alle Ventile, hilft alles nix. Es wird dunkler und kühler und ich bin richtig sauer auf das scheiß Teil. Hätt ich doch nur meine Benzinflasche, hätten wir lieber mal den Gaskocher eingepackt… Frustriert starre ich auf den Kocher und dann fällt es mir auf – da fehlt doch ein Teil! Das kleine Mittelkreuz. Rasch in der Tasche gesucht, gefunden, angebracht, Kocher läuft, es gibt Abendessen. Wir müssen beide laut vor Erleichterung lachen! Hab ich doch nur der guten Story wegen gemacht
    Die Kälte und die kurze gestrige Nacht treibt uns bald in die Schlafsäcke. Mit wohligem Seufzen sinke ich auf mein Kopfkissen (ich liebe Radtouren, da kann man sich so einen Luxus erlauben).

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    • 18.10.2009
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    #2
    AW: [D] Tour in den Mai

    2. Mai 2014

    Ich liege gefühlt die halbe Nacht wach und überlege, ob das Geräusch auf dem Zelt Regen ist oder nicht. Der Morgen bringt die Gewissheit – es ist Regen. Wir drehen uns noch fünfmal im Schlafsack, können uns dann schließlich doch noch aufraffen. Es regnet immer noch, also genehmigen wir uns Frühstück im Bett. Sven kümmert sich um die Rühreier, ich bereite mein Kaffeekännchen zu. Es passt leider nicht auf den Kocher und muss mitten auf der Flamme stehen. Aber es funktioniert und Espresso mit schwarzem Tee verdünnt und einem Schuss Milch – hmmmm.





    Obwohl wir so lange wie möglich trödeln, will der Regen einfach nicht aufhören. Wir vermummen uns also von Kopf bis Fuß in Plastik, packen zusammen und besteigen die Räder. Vom Abbau sind die Hände eiskalt und werden natürlich auf dem Rad auch nicht warm. Ich habe wenigstens noch dünne Wollhandschuhe unter den Tuffbags, Sven hingegen nur seine Radhandschuhe. Mit schmerzverzerrtem Gesicht steigt er aufs Rad und auch ich merke, dass ich nicht warm genug angezogen bin. Brrrr, ist das kalt geworden. Schon nach wenigen Metern sind wir völlig durchgefroren demotiviert. In Neuhardenberg, das nur 1 km entfernt liegt, machen wir uns auf die Suche nach einem warmen Ort und werden bald fündig – die Tür des Schloss-Restaurants ist auf. Die Bedienung schaut uns tropfende Gestalten verwundert an. Sie öffnen erst später, aber was Warmes zu trinken könne sie uns anbieten. Sie stellt jedem von uns eine Kanne Tee vor die Nase. Wir sammeln uns, trocknen uns, Sven kramt Wollsocken als Handschuhe hervor und wir betrachten lustlos die Karte, um den heutigen Tag zu planen. Bis Polen würden wir es wohl erstmal schaffen und es regnet sicher nicht den ganzen Tag.



    Wir müssen wohl einen so mitleidserregenden Eindruck hinterlassen haben, dass der gute Engel hinter der Theke uns nur ein Kännchen berechnet. Mit deutlich besserer Laune besteigen wir unsere Räder und radeln in der Hoffnung auf besseres Wetter gen Polen. Die Hoffnung erfüllt sich nicht. Es regnet den ganzen Tag über in Strömen, teilweise kommt der Regen von vorne. Ich träume mich weg, während meine Beine mechanisch weiter treten. Zwischendurch stecken wir uns einen Riegel in den Mund, der allerdings nur kurz vorhält. Mein Magen knurrt und wir steuern eine Bushaltestelle an, um richtig zu vespern. Hinterher ist zwar das Magenknurren weg, allerdings ist mir nun kalt, und zwar so richtig. Meine eiskalten und fürchterlich schmerzenden Finger werden erst nach langer Zeit wieder einigermaßen warm. Ich hoffe auf ein Cafe oder Restaurant, aber auf den Dörfern herrscht absolut tote Hose. Alles ist ausgestorben und auch die flache Landschaft mir ihren riesigen Feldern bietet kaum Abwechslung.
    Am frühen Nachmittag erreichen wir den Oderdamm und ich versuche den Anblick der weitläufigen Oderwiesen mit den großen Bäumen zu genießen. Wir fliegen den Damm entlang gen Süden und erreichen schließlich Küstrin. Doch bevor wir den Polenmarkt entern, wartet eine alte Festung mit einem Cache, der unbedingt noch gehoben werden will. Als Sven erfolgreich zurück kehrt habe ich einen neuen Lebenstraum (der R1 ist sehr ausführlich beschrieben) und mir ist so richtig kalt. Bis ins Innerste. Mit letzter Kraft erreiche ich den Polenmarkt und steure den ersten Imbiss an. Der ist zwar auch nicht sonderlich warm, aber wenigstens trocken. Ich verschlinge einen Kakao und eine heiße Suppe und starre missmutig nach draußen. Strömender Regen und erst 40 km auf dem Tacho. Meine Laune sinkt. Nicht weit entfernt pfeifen die Züge, die uns in kurzer Zeit nach Hause bringen könnten. Auf die Couch und ins Warme. Die Versuchung ist sehr groß und verlockend. Wir widerstehen ihr jedoch, wohl wissend, dass wir es morgen bei besserem Wetter bitter bereuen würden. Als Kompromiss beschließen wir, uns ein Zimmer zu nehmen und heute Abend schön essen zu gehen. Widerwillig besteige ich mein Rad. Obwohl ich alles anhabe, ist mir immer noch schrecklich kalt. Wir fahren gen Zentrum das aus herunter gekommenen Plattenbauten und mehreren Einkaufszentren besteht. Bei zwei Häusern mit Zimmerhinweisen klingelten wir vergeblich und auch ein ausgeschildertes Hotel findet sich nicht. Wir folgen einem Schild zum Campingplatz (der hat wenigstens warme Duschen), merken aber, dass der zu weit außerhalb und in der falschen Richtung liegt. Also zurück ins Zentrum und erstmal in die warmen Einkaufszentren. Sven stellt mir einen weiteren Kakao hin und geht auf die Suche nach Handschuhen. Im Baumarkt wird er fündig und bringt ein Paar nach Chemie stinkende Arbeitshandschuhe mit. Hauptsache warm… Während er auf der Suche nach Abendessen in den Supermarkt verschwindet, kämpfe ich mit dem Schlaf. Die Wärme und meine vielen Klamottenschichten schlagen voll zu und ich kippe fast vom Stuhl. Ich habe keine Lust mehr auf nichts, denn mir wird bewusst, dass wir unseren ursprünglichen Plan, nach Polen reinzufahren, knicken können. Das lohnt nicht mehr.
    Sven kommt bepackt mit Nudeln und Tomatensauce im Glas zurück und wir quälen uns wieder auf die Räder. Ich will keine Kälte mehr! Immerhin regnet es nicht mehr. Wir klingeln noch einmal erfolglos bei den Zimmerangeboten und steuern auf das Hotel am Grenzübergang zu. Ein hässliches Teil direkt an der Straße, umgeben von Billigshops. Ich will da nicht rein, aber weiter fahren will ich auch nicht. Zum Glück ist es ausgebucht und wir entscheiden, nach Deutschland ein Stück zurück zu fahren. Da gibt es Campingplätze. Also kein Schaschlik heute.
    Wir fahren zurück zum Oderradweg und einer Eingebung folgend, folgen wir dem Schild „Unterkunft direkt am Damm“. Kuhbrück entpuppt sich als kleiner idyllischer Weiler und die Unterkunft entpuppt sich als ein Fischimbiss mit einem Bungalow voller Gästezimmer und einer Zeltwiese. Die Zimmer sind ausgebucht, was aber gar nicht schlimm ist. Wir haben eine wunderbare Wiese für uns, eine heiße Dusche und das Beste – wir dürfen Aufenthaltsraum und die Küche benutzen!
    Abends plündern wir zu unserer Pasta den Gästekühlschrank und laben uns an Bier, Wein und ein paar Schnäpsen. Im obligatorischen Fernseher läuft ein schnulziger Liebesfilm, perfekt um diesen Tag zu Vergessen. Auf dem Weg zum Zelt leuchtet uns das bunte Feuerwerk einer Raffinerie oder ähnliches auf der polnischen Seite herüber. Der beleuchtete Dampf und das Dröhnen lassen es sehr gespenstisch wirken. Leider vergessen wir am nächsten Tag danach zu fragen.

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    • ranunkelruebe

      Fuchs
      • 16.09.2008
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      #3
      AW: [D] Tour in den Mai

      Oh, schön!

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      • Schmetterling

        Erfahren
        • 18.10.2009
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        #4
        AW: [D] Tour in den Mai

        3. Mai 2014

        Wir wachen auf – und werden von blauem Himmel und Sonnenschein begrüßt. Juhu, wir haben die richtige Entscheidung gefällt! Beschwingt gehen wir ins Bungalow und bereiten ein fulminantes Frühstück zu. Für 5 Euro hätten wir auch eines bekommen können, wir haben da aber noch ein paar Eier zu versorgen…



        Frisch gestärkt besteigen wir die Räder und brechen erstmal zum Polenmarkt auf. Das muss jetzt noch sein! In Rekordzeit (wir wollen heute endlich mal ein paar Kilometer machen) erstehen wir Räucherfisch, Monstertomaten, Schinken, Wurst, 3 Kilo Spargel und 2 Rumpsteaks. Letztere wollen wir uns heute abend mitsamt grünem Spargel gönnen. Das wird ein Fest! Nachdem wir alles verstaut haben, biegen wir ein auf den Oderradweg. Wir haben beschlossen, ihm ein ganzes Stück nach Süden zu folgen, um dann wieder in den Berliner Raum abzubiegen. Morgen würden wir dann Berlin südlich umfahren und irgendwann in den Zug steigen.
        Bei bestem Wetter, reingewaschenem Himmel und leuchtenden Farben fliegen wir förmlich auf dem Oderdamm dahin. Ich kann mich kaum satt sehen und habe endlich wieder ein fettes Grinsen auf dem Gesicht. Es läuft gut und wir müssen uns zu den Fotopausen fast zwingen.









        Die 20 km bis Lebus sind viel zu schnell vorbei, wir biegen im rechten Winkel ab und fahren wieder gen Westen. Nach einer Steigung und einem kurzen Stück auf einer großen Straße kommen wir wieder auf Nebenstraßen. An einem Dorfweiher halten wir opulentes Mittagessen, während wir zwei Schwänen beim Liebesspiel zuschauen.



        Die Idylle pur! Dennoch sind die anschließenden Kilometer etwas zäh… Die kleinen Straßen führen abwechselnd durch Wald und an gelben Rapsfelder vorbei. Sven drückt es perfekt aus: es ist nicht wirklich langweilig, aber prickelnd ist es auch nicht. Also trampeln wir weiter in der Hoffnung auf ein nettes Cafe und etwas Motivation in Form von Kuchen. Aber alle Dörfer sind trostlos und wie ausgestorben. Ein absolutes Niemandsland. Ich stelle fest, dass es durchaus erquicklich sein kann, auf gut frequentierten Radwegen mit entsprechender Infrastruktur zu fahren. Svens Kette quietscht und er staubt etwas Öl bei einem mobilen Mechaniker ab.
        Zwecks Motivationssteigerung ändern wir die Tour so, um durch Fürstenwalde zu kommen. Da steht doch was von einem Dom und so ein Stück Kuchen auf einem netten Marktplatz wäre doch was Feines. Durch die Streckenänderung bekommen wir auch ordentlich Kilometer hinzu, die aber mit Aussicht auf Eis leicht von den Beinen gehen. Umso größer ist dann die Enttäuschung, als wir den Marktplatz erreichen: ein Sammelsurium hässlicher 60er Jahre Platten. Der Dom steht irgendwo neben draußen. Wir wählen das etwas besser aussehende Cafe, das jedoch leider im Schatten liegt. Ich witzle noch und meine, dass in ein paar Kilometern sicher das perfekte Radlercafe wartet. Naja, Kaffee und Crepe mit Eis tun gut und wir machen uns an den letzten Abschnitt bis zum anvisierten Campingplatz am Scharmützelsee (ich wollte unbedingt des Namens wegen her).
        Hinter Fürstenwalde kommt wieder eine Seenkette und damit ein kompletter Wandel der Infrastruktur – Luxusvillen (die meisten jedoch leer) reihen sich an Ressorts und schicken See-Restaurants mit Wakeboard-Anlage. Und da ist es – Cafe Josephine mit selbst geröstetem Kaffee, selbst gemachten Kuchen und einem sonnigen Garten. Grrrr, typisches Radlerpech. Wir wechseln auf einen kleinen Feldweg im Wald und kommen abwechselnd an Datschen aus DDR-Zeiten und prunkvollen Neubauten vorbei. Wir hier ein Grundstück hat, hat wohl ausgesorgt.
        Wir nähern uns den 90 km und so langsam möchte ich ankommen. Wir hatten uns noch offen gelassen, evtl. wieder wild zu zelten, aber inzwischen ist die Aussicht auf eine warme Dusche einfach zu verlockend. Kurz vor unserem Ziel gelangen wir in die Wohnsiedlung des Arosa-Resorts. Das muss einst als komplette Wohnanlage mit eigenem Strand und Golfplatz geplant gewesen sein. Zumindest die Häuser sind aber, den Autos nach zu urteilen, eher von der Normalbevölkerung bewohnt zu sein. Wir versuchen, auf den Parkwegen einen Weg nach draußen zu finden und gelangen schließlich ans eigentliche Hotel mit Swimming Pool und eigenem Jachthafen. Im Fitnessraum quälen sich doch tatsächlich einige Gäste auf Laufbändern und Crosstrainern. Und das bei wunderbarem Wetter und einem wunderschönen See vor der Haustür!
        Wir bugsieren die Räder eine Treppe hinunter und gelangen über die Ausfahrt endlich wieder auf eine reguläre Straße. Schon bald erreichen wir Wendisch-Rietz und den großen Campingplatz. Noch schnell ein Cache und schon checken wir ein. Die Zeltwiese liegt nicht schön – schattig unter Kiefern und der Platz ist insgesamt zu riesig, um idyllisch zu sein. Aber angesichts der Dusche und einem beheizten Bad ist das jetzt nebensächlich (ich habe immer noch Restkälte von gestern in mir). Immerhin haben wir Bank und Tisch neben dem Zelt und können mit der Kochorgie beginnen. Zuerst der Spargel und dann das Pfännle mit dem Steak. Das Fett spritzt, der Knoblauch duftet und das Steak wird das Beste, was wir je hatten! Ab jetzt nur noch auf dem Gaskocher








        Mit gut gefüllten Mägen und einem letzten Tee treibt uns die Kälte auch schon relativ bald in die kuscheligen Daunentüten.

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        • Schmetterling

          Erfahren
          • 18.10.2009
          • 189
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          #5
          AW: [D] Tour in den Mai

          4. Mai 2014

          Sowas Ärgerliches, meine Neoair hat ein Loch! Ich musste nachts zweimal aufpusten und liege morgens wieder auf der Erde. Mit größter Sorgfalt suche ich den Zeltboden ab, kann jedoch nichts finden. Seltsam, seltsam (das Loch wird sich später auf der Oberseite finden, noch seltsamer).
          Wir finden ein sonniges Plätzchen auf dem Hügel und bereiten die letzten Eier mit Klobasa zu.



          Sven schafft es tatsächlich, die fertigen Eier auf den Pfannendeckel zu platzieren, ohne etwas zu verschütten. Doch als er dann die Pfanne mit der Wurst vom Kocher holen will, rutscht ihm die Pfanne aus dem Griff, verteilt das Fett großzügig auf die gesamte Umgebung uns landet verkehrt herum auf der Bank. Erstaunlicherweise direkt auf den Eiern, die erstaunlicherweise nicht runterfallen. Wir genießen die mit Klobasafett getränkten Eier, als wir jedoch aufbrechen wollen, zieht sich der Himmel zu und ich meine, ein paar Regentropfen zu spüren. Plötzlich ist die Motivation weg und ich spüre wieder die gestrige Kälte. Menno.
          Wir satteln die Räder und rollen durch Wendisch-Ritz nach Saarow. Hier erwischen wir den falschen Weg und fahren entlang einer großen Straße anstatt am Seeufer. Der Radweg führt über gefühlt tausend kleine Dünen und Sven wird quengelig. Wir sind einfach zu nah an Berlin und so verkündet er in Saarow, nach einer meisterlichen Tagesleistung von 8 km, dass er in den Zug steigt und nach Hause fährt. Ich versuche ihn zu überreden, wenigsten die 20 km bis Königs-Wusterhausen zu fahren, um wenigstens die Chance auf ein nettes Abschluss-Cafe zu haben. Aber nein, es ist nichts zu machen. Die Stunde bis zur Abfahrt des Zuges verbringen wir auf dem öden und zugigen Bahnsteig und unterhalten uns mit einer Familie, die ebenfalls mit dem Rad unterwegs war. Nach anderthalb Stündchen erreichen wir dann endlich eine warme Wohnung mit Couch.
          Merke: Zielloses Radeln kann relativ demotivierend sein…

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          • codenascher

            Lebt im Forum
            • 30.06.2009
            • 5064
            • Privat


            #6
            AW: [D] Tour in den Mai

            Dafür hast du den Reisebericht aber sehr schön geschrieben und bebildert. Ich schau mal nächste Woche, ob ich noch ein paar Bilder von mir beisteuern kann


            hmmmmm, das Steak

            Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

            meine Weltkarte

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            • gearfreak
              Erfahren
              • 30.01.2010
              • 278
              • Privat


              #7
              AW: [D] Tour in den Mai

              Zitat von codenascher Beitrag anzeigen
              Dafür hast du den Reisebericht aber sehr schön geschrieben und bebildert.
              Ja, finde ich auch :-)

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              • lina
                Freak

                Vorstand
                Liebt das Forum
                • 12.07.2008
                • 43828
                • Privat


                #8
                AW: [D] Tour in den Mai

                dito :-)

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                • RoterMilan
                  Anfänger im Forum
                  • 02.08.2013
                  • 39
                  • Privat


                  #9
                  AW: [D] Tour in den Mai

                  Schöner Bericht, danke dafür. Außerdem finde ich es super, dass ich nicht die einzige "Verrückte" bin, die mit Kuschelfreunden auf Reisen geht.

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                  • blitz-schlag-mann
                    Alter Hase
                    • 14.07.2008
                    • 4851
                    • Privat


                    #10
                    Geiler Trip.

                    Viele Grüße
                    Ingmar
                    Viele Grüße
                    Ingmar

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                    • Marek
                      Neu im Forum
                      • 28.05.2014
                      • 7
                      • Privat


                      #11
                      AW: [D] Tour in den Mai

                      Da kriegt man ja richtig Lust sich aufs Fahrrad zu setzen und ganz spontan los zu radeln!!

                      Aber das Steak ist ja mal völlig unpassend ^^
                      ... und das Bier irgendwie auch ... die paar Tage kann man doch mal auf das gute Gesöff verzichten oder etwa nicht ;D :P ..

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                      • Schmetterling

                        Erfahren
                        • 18.10.2009
                        • 189
                        • Privat


                        #12
                        AW: [D] Tour in den Mai

                        Danke für eure lieben Rückmeldungen!

                        Ja, Äffchen und Paul müssen immer mit - zumindest beim Radeln.

                        Und nee, verzichten geht gaaar nicht beim Radeln. Da muss ich doch alles kompensieren, was bei den Wandertouren nicht geht

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                        • rockhopper
                          Fuchs
                          • 22.04.2009
                          • 1239
                          • Privat


                          #13
                          AW: [D] Tour in den Mai

                          Da kriegt man ja richtig Lust sich aufs Fahrrad zu setzen und ganz spontan los zu radeln!!
                          Schöner Bericht!...ich muss noch gut zwei Wochen warten bis meine Tour losgeht.
                          VG rockhopper

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                          • neogrom
                            Anfänger im Forum
                            • 23.04.2014
                            • 13
                            • Privat


                            #14
                            AW: [D] Tour in den Mai

                            Tolle Fotos. Hast du sie mit einem Fotofilter gemacht? Ich bin neugierig, wie alt diese kleine Pyramide ist.

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                            • Schmetterling

                              Erfahren
                              • 18.10.2009
                              • 189
                              • Privat


                              #15
                              AW: [D] Tour in den Mai

                              @ neogrom
                              Einen Filter habe ich nicht benutzt. Es ist eine Sony Nex mit einem alten manuellen 35mm Objektiv. Ich hab in Raw fotografiert und die Fotos in Lightroom bearbeitet.

                              Die Pyramide von Garzau wurde 1784 errichtet und in 2001 neu aufgebaut.

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                              • en dråpe
                                Gerne im Forum
                                • 31.05.2009
                                • 61
                                • Privat


                                #16
                                AW: [D] Tour in den Mai

                                Schließe mich an-ganz toller Bericht
                                en dråpe

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                                • Pfad-Finder
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                                  Liebt das Forum
                                  • 18.04.2008
                                  • 12049
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [D] Tour in den Mai

                                  Sehr hübsch. Ich bin Teile der Strecke bis zur Oder im Juni an langen Feierabenden runtergeflitzt.

                                  Interessant die unterschiedliche Beladung der Fahrräder von man und frau. Kommt mir irgendwie bekannt vor.

                                  (O-Ton frau: "Ich will mich doch auf Reisen nicht einschränken")
                                  Alles unter Nutriscore "D" ist rausgeschmissenes Geld.

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                                  • Schmetterling

                                    Erfahren
                                    • 18.10.2009
                                    • 189
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [D] Tour in den Mai

                                    Unterschiedliche Beladung? Wir haben doch beide gleich viel Taschen.

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                                    • Rattus
                                      Lebt im Forum
                                      • 15.09.2011
                                      • 5177
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [D] Tour in den Mai

                                      Klasse geschrieben - Leid und Genuss kamen authentisch rüber Über den Liederweg Rehfelde (das war er doch?) habe ich neulich eine Sendung im DLF gehört - interessant.
                                      Das Leben ist schön. Von einfach war nie die Rede.

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