AW: [NZ] Südalpenwildnis
Southern Traverse Fortsetzung
(Nördliches Fiordland)
Am 11.Tag plackerte ich mir am Sphinx Lake vorbei, dann das enge Regenwaldtal des Hay River runter zum Lake Hauroko. Nun brauchte ich nur noch anderthalb Kilometer das Ufer entlangwandern bis zum nördlichen Seeende, wo ich auf den Dusky Track stoßen werde,......endlich!!!
Als ich das Seeufer erreichte traf mich fast der Schlag: Steile Fels- und Waldhänge fallen bis zum Wasser ab, das war auf meiner Karte natürlich nicht zu sehen. Das Seeufer bis zum Dusky Track Startpunkt unpassierbar! Ich kletterte nach oben und traversierte ein ganzes Stück oberhalb des Sees den steilen Hang. Dies war bis jetzt das mörderischte Stück Abeit auf der gesamten Tour, durch dichte Vegetation am steilen Hang und über tiefe bemooste Felsspalten. An ein oder zwei Stellen versuchte ich runterzusteigen, endete aber oberhalb senkrechter Wände und musste wieder nach oben. Ich kam nur zentimeterweise vorwärts, war zerkratzt,.....Haar, Nacken, Pullover, Rucksack,.....alles voller Blätter und staubiger Planzenteile. Dieser Trek macht mich fertig!!!
Irgendwann konnte ich dann doch absteigen und erreichte den flachen Talboden. Hier erreichte ich die Hauroko Burn Hut, nach über 12 Stunden und nur 8 Kilometer vom letzten Camp. Nun bin ich endlich auf dem Dusky Track! Meine erste Nacht in einer Hütte und kein Mensch war hier.
Nach den ganzen Strapazen lies ich mir am nächsten Morgen Zeit. Am Vormittag kam hier das Boot vorbei und setzte 6 Dusky Track Wanderer ab,......die ersten Menschen seit 11 Tagen!! Eigentlich könnte ich jetzt ja mit dem Boot wieder zurück in die Zivilisation fahren. Nein,......den Dusky Track bis zum West Arm wollte ich noch wandern, aber dann ist Schluss!
Im Lonely Planet Tramping in New Zealand und in der DOC-Broschüre wird der Schwierigkeitsgrad des Dusky Track als „very demanding“ angegeben. Vielleicht zählt er ja deshalb von allen bekannten neuseeländischen Tracks mit zu den weniger frequentierten,.....und die kostspielige Bootsanreise schreckt sicher auch noch einige Leute ab. Nur etwa eine handvoll Wanderer trifft man auf dem Dusky Track durchschnittlich pro Tag,.......verglichen mit anderen bekannten Tracks ist das recht wenig.
Diese viertägige Wanderung auf einen markierten Pfad habe ich sehr genossen. Von wegen anstrengend! Was ist dieser permanente knietiefe Matsch schon gegen die Strapazen die ich in den letzten 10 Tagen erleben durfte? Der Wald ist märchenhaft und die Aussicht von den beiden Pässen grandios! Diese Landschaft ist ein Gedicht, sie motiviert und baut psychisch wieder auf,........besonders wenn man sich da nicht durchplackern muss! Und so kam es dann daß ich, noch bevor ich den West Arm erreichte, meinen eigentlichen Plan, von dort aus nicht mehr weiterwandern zu wollen, schon wieder vergessen hatte!

Dusky Track

auf dem Dusky Track

meine Schuhe nach der Matschwanderung auf dem Dusky Track
Ich wollte nun doch noch weiterwandern, mal schauen was da noch alles kommt. Dabei ignorierte ich gedanklich daß es nördlich vom West Arm ja wieder weglos weitergeht.
Vom West Arm ging´s aber erstmal mit dem Boot wieder zurück in die Zivilisation nach Te Anau,......für Provianteinkäufe und um die zweite Etappe hoch zur Milford Sound Road zu planen. Dazu musste ich auch noch die Schmerzen in meinen Oberarm auskurieren. Die hatte ich mir während der ersten zehn Trekkingtage beim bushbashing zugezogen, als ich paarmal durch Moospolster in tiefere Wurzel- oder Felslöcher gekracht bin.
Vier Tage später war ich wieder am West Arrm. Ab nun wird’s ernst und ich wusste jetzt schon, dies wird die längste und abenteuerlichste Trekkingtour meines Lebens! Ich hatte Proviant für knapp einen Monat! Essen für zweieinhalb Wochen hatte ich jetzt dabei und den restlichen zweiwöchigen Proviant hatte ich mir als „food drop“ per Boot zur Hankinson Hut am George Sound Track einfahren lassen.
Dazu hatte ich auch noch meine Steigeisen und Eispickel mit. Auf der vorigen Etappe hatte ich sie in Te Anau gelassen, aber jetzt für den nördlichen Teil hatte ich sie mit. Man kann ja nie wissen!
Dies wird eine lange Etappe und ich hatte mir bei der Planung auch die kürzeste und vermeintlich leichteste Route ausgesucht. Wenn man vom West Arm loswandert gibt’s kein Zurück mehr. Klar, man könnte sich die ersten Tage noch Richtung Osten zum Kepler Track durchschlagen, aber danach geht nichts mehr! Nur durchwandern oder umkehren,......keine Abkürzungsmöglichkeiten und keine vorzeitige Ausstiegsmöglichkeiten, es sei denn man lässt sich per Helikopter, Wasserflugzeug oder Boot abholen. Das setzt aber eine Kommunikationsmöglichkeit per Funk vorraus.
Ich hatte keine Kommunikationsmittel dabei! Weder Emergency Locator Beacon noch Mountainradio! Jeder, der weglos durch das Fiordland wandert, hat normalerweise mindestens eines von beiden mit und DOC riet mir dringend für die Tour ein Mountainradio mitzunehmen.
Ich lehnte ab: „Nein, das Ding ist mir zu schwer. Das will ich nicht die ganze Zeit mit mir rumschleppen, es geht auch ohne“.
Mal ehrlich, ob ich nun 45 kg oder 46 kg mit mir rumschleppe, was macht das für einen Unterschied? Im Endeffekt war also der wahre Grund meiner Ablehnung nicht etwa weil mir das Ding zu schwer war, sondern weil ich aufgrund meines Low Budget Reisestils zu geizig war die Mietkosten dafür zu zahlen.
Nördlich vom West Arm wird die Landschaft deutlich steiler und schroffer wie im südlichen Teil Fiordlands. Das habe ich schon gleich auf dem ersten Pass gemerkt: Man schaute runter in das grandiose Canyontal des Oonah Burn, das links und rechts von steile Granit- und Waldhänge beflankt wird. Die Landschaft war atemberaubend im Anblick! Es sah aber verdammt schwer aus da eine Route durchzufinden!
Dies war ja nicht der einzigste Pass! Es ging weglos jeden Tag so weiter, 26 Tage lang, insgesamt 15 Pass- oder Gebirgskammquerungen, nicht alles nur Querungen, drei oder viermal auch für längere Zeit im auf und ab am Kamm entlang, permanent die Main Divide der Southern Alps Richtung Norden folgend. Dies war jetzt nicht mehr mit das Beste,......sondern es war DAS Beste was ich bisher an Treks in meinem Leben gemacht habe, und zwar bei Weitem!

Fels- und Tussokgraslandschaft oberhalb der Waldgrenze

Blick von der Main Divide ins Freeman Burn Valley

steile weglose Wildnis

schroffe Landschaft an der Main Divide

Fiordland
An das harte Buschgeplackere und steile weglose Gelände gewöhnt man sich mit der Zeit. Es bleibt zwar hart, aber es kommt einem irgendwann nicht mehr so schwer wie in den ersten Tagen vor. Es wird zur Normalität! Hier schafft man eben nur paar Kilometer pro Tag!
Die enormen Strapazen, die es kostet ein Gebiet zu durchqueren, sind nach zwei Tagen sowieso wieder vergessen. Was bleibt sind die Erinnerungen eine wirklich grandiose Tour gemacht zu haben mit diesen unglaublichen Landschaftseindrücken. Dieses schroffe Gebirge, dichte urzeitliche Wälder, Felswände, Wasserfälle, Seen usw......,alles vom Menschen komplett unberührt. Dieses Land war schon immer unbewohnt. Selbst die Maoris siedelten hier nie.
8 Tage vom West Arm, bzw. 23 Tage von der Südküste erreichte ich die kleine Robin Saddle Hut. Diese Hütte ist sogar auf den Karten mit eingezeichnet, direkt auf der Main Divide unterhalb des Robin Saddles in der Mitte Fiordlands. Ich war auch ganz froh, denn das Wetter schlug um, endlich mal zur Abwechslung eine Hütte. Aber wer kommt denn überhaupt hierher, in diese gottverlassene weglose Wildnis, so weit entfernt von der nächsten Straße??
Ich schlug das vergilbte Hüttenbuch auf, mal sehen wann die letzten Leute hierwaren. Oh,...vor über einem Jahr!!! Das Hüttenbuch war von 1969 und vielleicht gerade mal ein viertel voll. Es enthielt im Schnitt ein Eintrag pro Jahr, nur 1994 war das ganze Jahr über niemand hier. Etwa ein drittel aller Hüttenbucheinträge stammten von DOC, die alle zwei bis drei Jahre mal mit dem Helikopter vorbeikamen für eine Hütteninspektion. Die restlichen Einträge teilten sich auf zwischen Jägern, die sich hier ein- und wieder ausfliegen ließen und Trampern, die eine längere Fiordlanddurchquerung machten. Jeder Tramper schrieb hier seine abenteuerliche Geschichte rein und nicht nur langweilige Einzeiler wie in den Hüttenbüchern der bekannten Tracks.
Ich fand hier eine Packung Reis. Das Mindeshaltbarkeitsdatum schon seit 8 Jahren abgelaufen, das heisst also die muss hier schon seit mindestens 10 Jahren rumliegen. Aber egal, ich kochte die ganze Packung, zusammen mit etwas Zucker den ich hier auch noch fand, und verschlang alles auf einmal.
Sechs Tage später erreichte ich die Hankinson Hut, eine Standard DOC Hütte am George Sound Track. Hier fand ich mein Proviantpaket, alles noch heil und unversehrt nachdem es zwei Wochen hier in der Hütte gelegen hat. Nun müsste mein Essen bis zur Milford Sound Road reichen.
Der George Sound Track verbindet den Middle Fiord vom Lake Te Anau mit dem George Sound an der Westküste und ist von beiden Seiten nur per Boot oder Wasserflugzeug erreichbar. Er ist wie der Dusky Track ein recht abenteuerlicher Track, wird aber deutlich weniger begangen. Während der Dusky Track recht bekannt ist mit fast jeden Tag Wanderer, fanden sich in den Hüttenbüchern am George Sound Track im Schnitt nur einen Eintrag pro Woche im Sommer. Das mag vielleicht auch mit an den deutlich teureren An- und Abreisekosten liegen. Das Boot fährt nur auf Bestellung und kostete 180 Dollar one way bis zur Hankinson Hut (1997). Wenn man sich die Preisentwicklung der letzten 15 Jahre anschaut müsste es heute etwa das doppelte kosten.
Von der Hankinson Hut folgte ich zunächst den George Sound Track, aber nur für zwei Stunden, dann verlies ich ihn und wanderte weglos Richtung Norden ins Wapiti River Valley Richtung Lake Sutherland. Für die nächsten 9 Tage durchquerte ich die Glaisnock Wilderness mit 6 oder 7 Pass- bzw Bergkammquerungen.

Camp auf einen Pass in der Glaisnock Wilderness

hier geht´s die vergletscherten Hänge entlang
Am 39. Tag traversierte ich die steilen Kämme oberhalb des Lake Quill und die vergletscherten Hänge des Mt Hart und Aiguille Rouge, dann runter zum Mackinnon Pass wo ich auf den Milford Track stieß.
Von der weglosen Wildnis kam ich somit auf den bekanntesten Great Walk Neuseelands,......meine Fiordlandtraverse ist so gut wie geschafft!! Schon nach wenigen Minuten traf ich die ersten Wanderer und somit die ersten Menschen seit dem West Arm vor 24 Tagen!!! Verbotenerweise campte ich auf der Passhöhe.

Blick vom Mackinnon Pass, Milford Track

Blick den Clinton Canyon abwärts, auf dem Weg zum Glade House, Milford Track
Nun sinds nur noch zwei Tage bis zur Milford Sound Road! Den ersten Tag wanderte ich den Milford Track runter Richtung Glade House!! Das sind 25 km, also den halben Milford Track in einem Tag! Aber das ist kein Problem, auf diesen fast schon Stadtparkmäßig ausgebauten Weg kann man Kilometer abreissen. In den letzten 24 Tagen lag mein Durchschnitt ja gerade mal bei mickrigen 6 Kilometern pro Tag.
Um legal auf Great Walks wildcampen zu können muss man sich 500 m vom Pfad entfernen. Das ist hier in diesem engen und von steilen Granithängen beflankten Tal aber kaum möglich. Allein deshalb musste ich heute noch zum Glade House kommen. Ich genoss das leichte wandern.
Auf Great Walks ist alles reguliert. Es wird nur eine bestimmte Anzahl Wanderer zugelassen und die Unterkünfte müssen im Vorraus gebucht werden, auf dem Milford Track schon Monate im Vorraus. Es ist genau festegelegt wer wann wo übernachtet. Eine flexible Zeitgestaltung ist nicht möglich,....also mal zu sagen „heute ist das Wetter schlecht, ich bleib mal einen Tag länger“ ist nicht drin. Gebucht ist gebucht!
Auf dem Milford Track ist sogar die Gehrichtung reguliert. Er darf nur in eine Richtung begangen werden, vom Glade House zum Milford Sound, und nicht andersrum. Auf meiner Route vom Mackinnon Pass zum Glade House wanderte ich aber genau in die entgegengesetzte Richtung. Das bekam ich auch ständig von entgegenkommenden Trampern zu hören: „You are on the wrong direction“, war mein meistgehörter Satz an diesem Tag!
Es ist hier ja nicht so, jetzt bin ich mal für 24 Tage durch die weglose Wildnis gewandert und habe 24 Tage am Stück keine Menschen gesehen und dann kommt zur Abwechslung mal ein Tag wo ich zwei oder drei Leute treffe,......nein ich bin hier auf dem Milford Track: 80 Individual Trekker pro Tag plus 80 guided walker, die nicht mit in den normalen Great Walk Huts sondern in separate Lodgen übernachten, das ganze dann mal zweikommafünf, weil ich an diesem Tag vom Mackinnon Pass zum Glade House zweieinhalb Tagesetappen des Milford Track wanderte, plus vielleicht fünf Trail Runner, die nur mit Daypack den ganzen Track in einem Tag rennen,.....macht zusammmen geschätzte 400 Wanderer die ich an diesem Tag traf! Alle kamen mir von vorne entgegen, kein einziger ist in meine Richtung gewandert und von fast jeden Zweiten kam der gleiche Kommentar: „You are on the wrong direction“, ich habe nicht mehr mitgezählt wieviele Dutztend Male ich diesen Satz heute gehört hatte.
Dann hieß es erstmal anhalten und den Leuten erklären warum ich in der falschen Richtung gehe. Nach kurzer Zeit nervte es schon. Ich musste ja heute noch was schaffen, bis zum Glade House kommen. Aber so wird das nix wenn ich alle zehn Minuten anhalten muss um irgendwelche wildfremden Leute über meine Tour zu erzählen. Und überhaupt,........“Fiordlandtraverse?“, nur die wenigsten konnten sich überhaupt irgendwas darunter vorstellen. Ich habe dann nur noch geantwortet, „I forgot my toothbrush“.
Das Glade House, am Nordende des Lake Te Anau, ist der Startpunkt des Milford Track. Von hier wanderte ich auf einer kaum erkennbaren aber markierten Route über den Dore Pass zur Milford Sound Road. So gut wie jeder Milford Track Wanderer nimmt das Boot zum Glade House, die Route über den Dore Pass ist kaum bekannt.

Aufstieg zum Dore Pass, Blick zurück ins Clinton River Valley
Ich erreichte die Milford Sound Road nach 26 Tagen vom West Arm und 41 Tage von der Südküste. Und dies sollte jetzt das Ende meiner Tour sein???
Ich war zwar froh erstmal wieder zurück in die Zivilisation zu kommen, aber schon seit Wochen wurde mir immer klarer daß die Milford Sound Road nicht mein Trekkingendpunkt sein sollte. Trotz der Stapazen war diese Tour doch absout genial! Diese Landschaft macht süchtig und ich wollte mehr davon! Wollte wissen wie die Southern Alps weiter nördlich aussehen! Wollte weiterwandern, noch ohne bestimmtes Endziel, einfach nur immer an der Main Divide entlang, mal schauen wie weit ich komme! Ich war aufgedreht, wollte möglichst viel und möglichst spektakulär, bis zum Arthurs Pass sollte es schon sein! Und als ob die Tour alleine nicht schon schwer genug wird, wäre es natürlich noch besser wenn ich nebenbei auf dem Weg noch den Mount Cook besteigen würde!
Aber erstmal gings per Anhalter zurück nach Te Anau Die nächsten vier Nächte verbrachte ich dort auf dem Campingplatz. Nach knapp einen Monat in der Wildnis mit meiner spärlichen Trekkingproviant-Diät hatte ich einen Heisshunger und ich wollte nur noch essen: Habe über ein halbes Kilo Schokolade am Tag verdrückt, paarmal pro Tag fett gekocht und zwischendurch noch diese tiefgefrorenen Käsetorten aus dem Supermarkt, wobei ich natürlich die ganze Torte mit einem Mal weggegessen habe und nichtmal warten konnte bis sie ganz aufgetaut war. Wer das gesehen hat dachte bestimmt ich hab die Fresssucht
Bis zum Beginn der nächsten Etappe wollte ich mir die Kilos, die ich verloren hatte, wieder anfuttern.
Den Rest der Zeit habe ich mit Routenplanung verbracht. Als ich Einheimischen von meiner Tour berichtete, wurde mir erzählt daß so eine Route als Southern Traverse bezeichnet wird und schon was richtig großes ist.
Schön,......dann bin ich nun also schon seit anderthalb Monaten dabei die Southern Traverse zu machen ohne es zu wissen
Southern Traverse Fortsetzung
(Nördliches Fiordland)
Am 11.Tag plackerte ich mir am Sphinx Lake vorbei, dann das enge Regenwaldtal des Hay River runter zum Lake Hauroko. Nun brauchte ich nur noch anderthalb Kilometer das Ufer entlangwandern bis zum nördlichen Seeende, wo ich auf den Dusky Track stoßen werde,......endlich!!!
Als ich das Seeufer erreichte traf mich fast der Schlag: Steile Fels- und Waldhänge fallen bis zum Wasser ab, das war auf meiner Karte natürlich nicht zu sehen. Das Seeufer bis zum Dusky Track Startpunkt unpassierbar! Ich kletterte nach oben und traversierte ein ganzes Stück oberhalb des Sees den steilen Hang. Dies war bis jetzt das mörderischte Stück Abeit auf der gesamten Tour, durch dichte Vegetation am steilen Hang und über tiefe bemooste Felsspalten. An ein oder zwei Stellen versuchte ich runterzusteigen, endete aber oberhalb senkrechter Wände und musste wieder nach oben. Ich kam nur zentimeterweise vorwärts, war zerkratzt,.....Haar, Nacken, Pullover, Rucksack,.....alles voller Blätter und staubiger Planzenteile. Dieser Trek macht mich fertig!!!
Irgendwann konnte ich dann doch absteigen und erreichte den flachen Talboden. Hier erreichte ich die Hauroko Burn Hut, nach über 12 Stunden und nur 8 Kilometer vom letzten Camp. Nun bin ich endlich auf dem Dusky Track! Meine erste Nacht in einer Hütte und kein Mensch war hier.
Nach den ganzen Strapazen lies ich mir am nächsten Morgen Zeit. Am Vormittag kam hier das Boot vorbei und setzte 6 Dusky Track Wanderer ab,......die ersten Menschen seit 11 Tagen!! Eigentlich könnte ich jetzt ja mit dem Boot wieder zurück in die Zivilisation fahren. Nein,......den Dusky Track bis zum West Arm wollte ich noch wandern, aber dann ist Schluss!
Im Lonely Planet Tramping in New Zealand und in der DOC-Broschüre wird der Schwierigkeitsgrad des Dusky Track als „very demanding“ angegeben. Vielleicht zählt er ja deshalb von allen bekannten neuseeländischen Tracks mit zu den weniger frequentierten,.....und die kostspielige Bootsanreise schreckt sicher auch noch einige Leute ab. Nur etwa eine handvoll Wanderer trifft man auf dem Dusky Track durchschnittlich pro Tag,.......verglichen mit anderen bekannten Tracks ist das recht wenig.
Diese viertägige Wanderung auf einen markierten Pfad habe ich sehr genossen. Von wegen anstrengend! Was ist dieser permanente knietiefe Matsch schon gegen die Strapazen die ich in den letzten 10 Tagen erleben durfte? Der Wald ist märchenhaft und die Aussicht von den beiden Pässen grandios! Diese Landschaft ist ein Gedicht, sie motiviert und baut psychisch wieder auf,........besonders wenn man sich da nicht durchplackern muss! Und so kam es dann daß ich, noch bevor ich den West Arm erreichte, meinen eigentlichen Plan, von dort aus nicht mehr weiterwandern zu wollen, schon wieder vergessen hatte!

Dusky Track

auf dem Dusky Track

meine Schuhe nach der Matschwanderung auf dem Dusky Track
Ich wollte nun doch noch weiterwandern, mal schauen was da noch alles kommt. Dabei ignorierte ich gedanklich daß es nördlich vom West Arm ja wieder weglos weitergeht.
Vom West Arm ging´s aber erstmal mit dem Boot wieder zurück in die Zivilisation nach Te Anau,......für Provianteinkäufe und um die zweite Etappe hoch zur Milford Sound Road zu planen. Dazu musste ich auch noch die Schmerzen in meinen Oberarm auskurieren. Die hatte ich mir während der ersten zehn Trekkingtage beim bushbashing zugezogen, als ich paarmal durch Moospolster in tiefere Wurzel- oder Felslöcher gekracht bin.
Vier Tage später war ich wieder am West Arrm. Ab nun wird’s ernst und ich wusste jetzt schon, dies wird die längste und abenteuerlichste Trekkingtour meines Lebens! Ich hatte Proviant für knapp einen Monat! Essen für zweieinhalb Wochen hatte ich jetzt dabei und den restlichen zweiwöchigen Proviant hatte ich mir als „food drop“ per Boot zur Hankinson Hut am George Sound Track einfahren lassen.
Dazu hatte ich auch noch meine Steigeisen und Eispickel mit. Auf der vorigen Etappe hatte ich sie in Te Anau gelassen, aber jetzt für den nördlichen Teil hatte ich sie mit. Man kann ja nie wissen!
Dies wird eine lange Etappe und ich hatte mir bei der Planung auch die kürzeste und vermeintlich leichteste Route ausgesucht. Wenn man vom West Arm loswandert gibt’s kein Zurück mehr. Klar, man könnte sich die ersten Tage noch Richtung Osten zum Kepler Track durchschlagen, aber danach geht nichts mehr! Nur durchwandern oder umkehren,......keine Abkürzungsmöglichkeiten und keine vorzeitige Ausstiegsmöglichkeiten, es sei denn man lässt sich per Helikopter, Wasserflugzeug oder Boot abholen. Das setzt aber eine Kommunikationsmöglichkeit per Funk vorraus.
Ich hatte keine Kommunikationsmittel dabei! Weder Emergency Locator Beacon noch Mountainradio! Jeder, der weglos durch das Fiordland wandert, hat normalerweise mindestens eines von beiden mit und DOC riet mir dringend für die Tour ein Mountainradio mitzunehmen.
Ich lehnte ab: „Nein, das Ding ist mir zu schwer. Das will ich nicht die ganze Zeit mit mir rumschleppen, es geht auch ohne“.
Mal ehrlich, ob ich nun 45 kg oder 46 kg mit mir rumschleppe, was macht das für einen Unterschied? Im Endeffekt war also der wahre Grund meiner Ablehnung nicht etwa weil mir das Ding zu schwer war, sondern weil ich aufgrund meines Low Budget Reisestils zu geizig war die Mietkosten dafür zu zahlen.
Nördlich vom West Arm wird die Landschaft deutlich steiler und schroffer wie im südlichen Teil Fiordlands. Das habe ich schon gleich auf dem ersten Pass gemerkt: Man schaute runter in das grandiose Canyontal des Oonah Burn, das links und rechts von steile Granit- und Waldhänge beflankt wird. Die Landschaft war atemberaubend im Anblick! Es sah aber verdammt schwer aus da eine Route durchzufinden!
Dies war ja nicht der einzigste Pass! Es ging weglos jeden Tag so weiter, 26 Tage lang, insgesamt 15 Pass- oder Gebirgskammquerungen, nicht alles nur Querungen, drei oder viermal auch für längere Zeit im auf und ab am Kamm entlang, permanent die Main Divide der Southern Alps Richtung Norden folgend. Dies war jetzt nicht mehr mit das Beste,......sondern es war DAS Beste was ich bisher an Treks in meinem Leben gemacht habe, und zwar bei Weitem!

Fels- und Tussokgraslandschaft oberhalb der Waldgrenze

Blick von der Main Divide ins Freeman Burn Valley

steile weglose Wildnis

schroffe Landschaft an der Main Divide

Fiordland
An das harte Buschgeplackere und steile weglose Gelände gewöhnt man sich mit der Zeit. Es bleibt zwar hart, aber es kommt einem irgendwann nicht mehr so schwer wie in den ersten Tagen vor. Es wird zur Normalität! Hier schafft man eben nur paar Kilometer pro Tag!
Die enormen Strapazen, die es kostet ein Gebiet zu durchqueren, sind nach zwei Tagen sowieso wieder vergessen. Was bleibt sind die Erinnerungen eine wirklich grandiose Tour gemacht zu haben mit diesen unglaublichen Landschaftseindrücken. Dieses schroffe Gebirge, dichte urzeitliche Wälder, Felswände, Wasserfälle, Seen usw......,alles vom Menschen komplett unberührt. Dieses Land war schon immer unbewohnt. Selbst die Maoris siedelten hier nie.
8 Tage vom West Arm, bzw. 23 Tage von der Südküste erreichte ich die kleine Robin Saddle Hut. Diese Hütte ist sogar auf den Karten mit eingezeichnet, direkt auf der Main Divide unterhalb des Robin Saddles in der Mitte Fiordlands. Ich war auch ganz froh, denn das Wetter schlug um, endlich mal zur Abwechslung eine Hütte. Aber wer kommt denn überhaupt hierher, in diese gottverlassene weglose Wildnis, so weit entfernt von der nächsten Straße??
Ich schlug das vergilbte Hüttenbuch auf, mal sehen wann die letzten Leute hierwaren. Oh,...vor über einem Jahr!!! Das Hüttenbuch war von 1969 und vielleicht gerade mal ein viertel voll. Es enthielt im Schnitt ein Eintrag pro Jahr, nur 1994 war das ganze Jahr über niemand hier. Etwa ein drittel aller Hüttenbucheinträge stammten von DOC, die alle zwei bis drei Jahre mal mit dem Helikopter vorbeikamen für eine Hütteninspektion. Die restlichen Einträge teilten sich auf zwischen Jägern, die sich hier ein- und wieder ausfliegen ließen und Trampern, die eine längere Fiordlanddurchquerung machten. Jeder Tramper schrieb hier seine abenteuerliche Geschichte rein und nicht nur langweilige Einzeiler wie in den Hüttenbüchern der bekannten Tracks.
Ich fand hier eine Packung Reis. Das Mindeshaltbarkeitsdatum schon seit 8 Jahren abgelaufen, das heisst also die muss hier schon seit mindestens 10 Jahren rumliegen. Aber egal, ich kochte die ganze Packung, zusammen mit etwas Zucker den ich hier auch noch fand, und verschlang alles auf einmal.
Sechs Tage später erreichte ich die Hankinson Hut, eine Standard DOC Hütte am George Sound Track. Hier fand ich mein Proviantpaket, alles noch heil und unversehrt nachdem es zwei Wochen hier in der Hütte gelegen hat. Nun müsste mein Essen bis zur Milford Sound Road reichen.
Der George Sound Track verbindet den Middle Fiord vom Lake Te Anau mit dem George Sound an der Westküste und ist von beiden Seiten nur per Boot oder Wasserflugzeug erreichbar. Er ist wie der Dusky Track ein recht abenteuerlicher Track, wird aber deutlich weniger begangen. Während der Dusky Track recht bekannt ist mit fast jeden Tag Wanderer, fanden sich in den Hüttenbüchern am George Sound Track im Schnitt nur einen Eintrag pro Woche im Sommer. Das mag vielleicht auch mit an den deutlich teureren An- und Abreisekosten liegen. Das Boot fährt nur auf Bestellung und kostete 180 Dollar one way bis zur Hankinson Hut (1997). Wenn man sich die Preisentwicklung der letzten 15 Jahre anschaut müsste es heute etwa das doppelte kosten.
Von der Hankinson Hut folgte ich zunächst den George Sound Track, aber nur für zwei Stunden, dann verlies ich ihn und wanderte weglos Richtung Norden ins Wapiti River Valley Richtung Lake Sutherland. Für die nächsten 9 Tage durchquerte ich die Glaisnock Wilderness mit 6 oder 7 Pass- bzw Bergkammquerungen.

Camp auf einen Pass in der Glaisnock Wilderness

hier geht´s die vergletscherten Hänge entlang
Am 39. Tag traversierte ich die steilen Kämme oberhalb des Lake Quill und die vergletscherten Hänge des Mt Hart und Aiguille Rouge, dann runter zum Mackinnon Pass wo ich auf den Milford Track stieß.
Von der weglosen Wildnis kam ich somit auf den bekanntesten Great Walk Neuseelands,......meine Fiordlandtraverse ist so gut wie geschafft!! Schon nach wenigen Minuten traf ich die ersten Wanderer und somit die ersten Menschen seit dem West Arm vor 24 Tagen!!! Verbotenerweise campte ich auf der Passhöhe.

Blick vom Mackinnon Pass, Milford Track

Blick den Clinton Canyon abwärts, auf dem Weg zum Glade House, Milford Track
Nun sinds nur noch zwei Tage bis zur Milford Sound Road! Den ersten Tag wanderte ich den Milford Track runter Richtung Glade House!! Das sind 25 km, also den halben Milford Track in einem Tag! Aber das ist kein Problem, auf diesen fast schon Stadtparkmäßig ausgebauten Weg kann man Kilometer abreissen. In den letzten 24 Tagen lag mein Durchschnitt ja gerade mal bei mickrigen 6 Kilometern pro Tag.
Um legal auf Great Walks wildcampen zu können muss man sich 500 m vom Pfad entfernen. Das ist hier in diesem engen und von steilen Granithängen beflankten Tal aber kaum möglich. Allein deshalb musste ich heute noch zum Glade House kommen. Ich genoss das leichte wandern.
Auf Great Walks ist alles reguliert. Es wird nur eine bestimmte Anzahl Wanderer zugelassen und die Unterkünfte müssen im Vorraus gebucht werden, auf dem Milford Track schon Monate im Vorraus. Es ist genau festegelegt wer wann wo übernachtet. Eine flexible Zeitgestaltung ist nicht möglich,....also mal zu sagen „heute ist das Wetter schlecht, ich bleib mal einen Tag länger“ ist nicht drin. Gebucht ist gebucht!
Auf dem Milford Track ist sogar die Gehrichtung reguliert. Er darf nur in eine Richtung begangen werden, vom Glade House zum Milford Sound, und nicht andersrum. Auf meiner Route vom Mackinnon Pass zum Glade House wanderte ich aber genau in die entgegengesetzte Richtung. Das bekam ich auch ständig von entgegenkommenden Trampern zu hören: „You are on the wrong direction“, war mein meistgehörter Satz an diesem Tag!
Es ist hier ja nicht so, jetzt bin ich mal für 24 Tage durch die weglose Wildnis gewandert und habe 24 Tage am Stück keine Menschen gesehen und dann kommt zur Abwechslung mal ein Tag wo ich zwei oder drei Leute treffe,......nein ich bin hier auf dem Milford Track: 80 Individual Trekker pro Tag plus 80 guided walker, die nicht mit in den normalen Great Walk Huts sondern in separate Lodgen übernachten, das ganze dann mal zweikommafünf, weil ich an diesem Tag vom Mackinnon Pass zum Glade House zweieinhalb Tagesetappen des Milford Track wanderte, plus vielleicht fünf Trail Runner, die nur mit Daypack den ganzen Track in einem Tag rennen,.....macht zusammmen geschätzte 400 Wanderer die ich an diesem Tag traf! Alle kamen mir von vorne entgegen, kein einziger ist in meine Richtung gewandert und von fast jeden Zweiten kam der gleiche Kommentar: „You are on the wrong direction“, ich habe nicht mehr mitgezählt wieviele Dutztend Male ich diesen Satz heute gehört hatte.
Dann hieß es erstmal anhalten und den Leuten erklären warum ich in der falschen Richtung gehe. Nach kurzer Zeit nervte es schon. Ich musste ja heute noch was schaffen, bis zum Glade House kommen. Aber so wird das nix wenn ich alle zehn Minuten anhalten muss um irgendwelche wildfremden Leute über meine Tour zu erzählen. Und überhaupt,........“Fiordlandtraverse?“, nur die wenigsten konnten sich überhaupt irgendwas darunter vorstellen. Ich habe dann nur noch geantwortet, „I forgot my toothbrush“.
Das Glade House, am Nordende des Lake Te Anau, ist der Startpunkt des Milford Track. Von hier wanderte ich auf einer kaum erkennbaren aber markierten Route über den Dore Pass zur Milford Sound Road. So gut wie jeder Milford Track Wanderer nimmt das Boot zum Glade House, die Route über den Dore Pass ist kaum bekannt.

Aufstieg zum Dore Pass, Blick zurück ins Clinton River Valley
Ich erreichte die Milford Sound Road nach 26 Tagen vom West Arm und 41 Tage von der Südküste. Und dies sollte jetzt das Ende meiner Tour sein???
Ich war zwar froh erstmal wieder zurück in die Zivilisation zu kommen, aber schon seit Wochen wurde mir immer klarer daß die Milford Sound Road nicht mein Trekkingendpunkt sein sollte. Trotz der Stapazen war diese Tour doch absout genial! Diese Landschaft macht süchtig und ich wollte mehr davon! Wollte wissen wie die Southern Alps weiter nördlich aussehen! Wollte weiterwandern, noch ohne bestimmtes Endziel, einfach nur immer an der Main Divide entlang, mal schauen wie weit ich komme! Ich war aufgedreht, wollte möglichst viel und möglichst spektakulär, bis zum Arthurs Pass sollte es schon sein! Und als ob die Tour alleine nicht schon schwer genug wird, wäre es natürlich noch besser wenn ich nebenbei auf dem Weg noch den Mount Cook besteigen würde!
Aber erstmal gings per Anhalter zurück nach Te Anau Die nächsten vier Nächte verbrachte ich dort auf dem Campingplatz. Nach knapp einen Monat in der Wildnis mit meiner spärlichen Trekkingproviant-Diät hatte ich einen Heisshunger und ich wollte nur noch essen: Habe über ein halbes Kilo Schokolade am Tag verdrückt, paarmal pro Tag fett gekocht und zwischendurch noch diese tiefgefrorenen Käsetorten aus dem Supermarkt, wobei ich natürlich die ganze Torte mit einem Mal weggegessen habe und nichtmal warten konnte bis sie ganz aufgetaut war. Wer das gesehen hat dachte bestimmt ich hab die Fresssucht

Den Rest der Zeit habe ich mit Routenplanung verbracht. Als ich Einheimischen von meiner Tour berichtete, wurde mir erzählt daß so eine Route als Southern Traverse bezeichnet wird und schon was richtig großes ist.
Schön,......dann bin ich nun also schon seit anderthalb Monaten dabei die Southern Traverse zu machen ohne es zu wissen

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