[UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

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  • gearfreak
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    • 30.01.2010
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    [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

    Tourentyp
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    Prolog:

    Irgendwann im Frühjahr, die schöne Zeit wo bei mir die Planung für den Sommer beginnt, lese ich in meinem netten britischen Wandermagazin TRAIL zum ersten Mal den Namen Bob Graham.

    Dieser verrückte Engländer ist ein besessener "Peak bagger", ein Gipfelsammler. Zwischen dem späten 19ten und dem frühen 20sten Jahrhundert übertrafen sich damals eine Gruppe von Spinnern gegenseitig im Peak Bagging; und den finalen Rekord erstellte ebendieser Bob Graham, mit 42 Gipfeln in unter 24 Stunden.

    Laufen ist ja nicht so mein Ding, aber gehen könnte man die Runde doch mal?

    Insgesamt sind es ungefähr 100km Entfernung und 8500m Höhenmeter (wenn man die direkteste Route nimmt), also so eine Art englischer GR20; das sollte doch in fünf plus vielleicht einen halben Tag zu schaffen sein?
    Denn wenn Leute das rennen (oder sagt man trailrunnen?) kann doch das Terrain nicht so schwer sein..

    Naja, so hab ich mir das gedacht. Und da die anderen Touren diesen Sommer eher locker werden hab ich halt gerne zumindest einmal im Jahr eine Herausforderung. Muß zwar nicht die erste Tour der Saison sein, aber das ging halt terminlich nicht anders.

    Ich buche also Fähre, Flug und Zug und bestelle mir bei OS eine Karte, die genau dieses Gebiet umfasst.

    Die Packliste war sehr sehr minimalistisch (ich mache in dem Sinne keine Packlisten mehr, aber falls Interesse besteht kann ich zumindest auflisten was ich mithatte), und ich nahm mir wie immer vor, vor der Tour fit zu werden. Was wie immer nicht klappte.

  • gearfreak
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    • 30.01.2010
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    #2
    AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

    2. Juni 2012, Tag 0 (Ankunftstag) Keswick Bus Stop - Stausee im Little Dale [rauf 470m, runter 260m]


    Nach einer viel zu kurzen Nacht (wegen eines sehr netten Packabends mit Familie, Freunden und ein paar Flaschen Wein in Hamburg ) stehe ich um 5 Uhr morgens auf. Ich gehe im Kopf noch einmal meinen Rucksackinhalt durch und denke, daß ich alles eingepackt habe.
    Der Flug nach Manchester verläuft ohne Probleme. Die Gepäckeinwickelmaschinenstation hat leider noch zu, aber ein netter Flughafenmitarbeiter bringt mich auf die Idee, einfach im Supermarkt eine Rolle Plastikfolie zu kaufen und den Rucksack selbst einzuwickeln. Danke nochmal an dieser Stelle!
    Der Zug von Manchester Airport (vorher gebucht für ca. 20 Pfund pro Strecke) ist völlig überfüllt und kommt daher mit einiger Verspätung in Penrith an, aber es wollen scheinbar alle in den X5 umsteigen, und der wartet ganz entspannt (6 Pfund für einen Weg).

    Um etwa 12h30 komme ich in Keswick an, einem netten Touristenort in schöner Umgebung mit wahnsinnig vielen Outdoorläden. Ich besorge Gas und eine Wasserflasche (dazu später mehr..) und noch ein paar Socken, denn meine sind mir doch zu durchgescheuert; und nach einem Kaffee mit Kuchen in einem Café gehe ich zu dem B&B, das ich für die letzte Nacht gebucht habe und gebe dort einen kleinen Beutel mit sauberen Klamotten ab.
    Danach wird noch die Wasserflasche gefüllt, und auf geht's!

    Der Weg aus der Stadt ist voll von Tagesspaziergängern, und ich komme mir wie so oft etwas komisch vor mit meinem vollgepackten Rucksack (incl. Essen und Wasser ca. 11,5kg). Zudem habe ich mit meiner 1:50.000er Karte in Stadtnähe Schwierigkeiten, den Cumbrian Way zu finden.

    Aber das Wetter ist sehr schön, und auf einmal hört der Stadtwald auf und ich sehe Cat Bells mit seinem sich nach oben windenden Pfad.



    Da muß ich hoch! Ist zwar ein kleiner Umweg, aber mit seinen 451m sicher schön zum Einlaufen, denn heute möchte ich ja eigentlich nur zu meinem Zeltplatz gelangen. Außerdem wird mir der Blick von oben auch bei der Orientierung helfen.

    Von oben (und auch schon auf dem Weg dorthin) hat man einen wunderschönen Blick auf Keswick mit Derwent Water und auf die umliegenden Berge. Skiddaw ist wolkenverhangen.



    Die Landschaft ist sehr grün und sehr schön. Immer wieder nehme ich die Karte heraus und versuche, das Tal zu lokalisieren, das ich mir zum Schlafen ausgesucht habe.





    In dem Tal, das ich erfolgreich lokalisiert habe (erster Navigier-Erfolg ) blühen unzählige Ginsterbüsche und es grasen Schafe, Kühe und ein paar Hühner (naja, die grasten wohl nicht..)





    Ich folge dem Fluss nach oben, bis er nur nur ein kleiner Bach ist, und an einem winzigen Stausee baue ich mein Zelt auf, nachdem ich eine Weile überlegt habe, welcher Platz wohl am günstigsten ist.



    Hmm, irgendwie nehme ich jedes Mal zuwenig Heringe mit für mein Zelt. Irgendwann lerne ich es hoffentlich..

    Ich sehe einige Fellrunner, die offensichtlich für die Bob Graham Round trainieren. Mann, müssen die fit sein!

    Zum Abendessen gibt es Knorr Asia Huhn scharf, und nach einer "Alles-ist-gut"-SMS nach Hause schlafe ich trotz eines plärrenden Lamms glücklich gegen 20h ein.
    Zuletzt geändert von gearfreak; 04.02.2013, 09:53.

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    • Kris
      Alter Hase
      • 07.02.2007
      • 2812
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      #3
      AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

      Oh, sehr fein - da bin ich gespannt!
      „Barfuß am Leben ist auch was wert.“ - Kasperl

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      • Gast13217
        GELÖSCHT
        Gerne im Forum
        • 03.11.2009
        • 71
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        #4
        AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

        ...woah! =) Geniale Bilder bislang, und gut beschrieben =)

        weiter!!

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        • lina
          Freak

          Vorstand
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          • 12.07.2008
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          #5
          AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

          Ah, toll, Keswick & Derwent Water!! – Nur schöne Erinnerungen hab ich daran
          Danke für die tollen Bilder und den Bericht, bin schon ganz neugierig, wie's weitergeht!

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          • gearfreak
            Erfahren
            • 30.01.2010
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            #6
            AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

            3. Juni, Tag 1: Little Dale - Black Sail Pass [rauf 1540m, runter 1210m]


            Ich habe, wie so oft in der ersten Nacht, nicht besonders gut geschlafen. Liegt wahrscheinlich daran, daß mein Nachtlager leicht abschüssig war. Dafür aber schön windgeschützt, und in meinem "Sommerschlafsack" WM Antelope ist mir so kuschelig warm, daß ich noch ewig liegenbleibe und döse.
            Ich stehe erst um halb neun auf (normalerweise finde ich das ja nicht früh, aber wenn es schon um fünf Uhr hell ist, schon..) und esse mein leckeres Müsli (Kölln Knusper Schoko Krokant, mjamm).

            Ich hatte ja so eine super Idee bezüglich der Wasseraufbereitung:

            Mein neues Waterstraw (40g) wollte ich mit einer Platypus-Faltflasche benutzen. Das Waterstraw muß fast zur Hälfte im Wasser sein, und mit der Faltflasche hätte ich das Wasser nach oben quetschen können. Soweit der brilliante Plan.
            Beim ersten Test, glücklicherweise am Vorabend der Tour, bemerkte ich, daß das Waterstraw da nicht reinpaßt.

            Ich kaufte dann eine Flasche (dabei hab ich zuhause so viele!!), und hatte somit immer 300ml am Boden der Flasche, die ich zwar mit mir rumtrage, aber nicht trinken kann. Wie kann man nur so blöd sein!

            Meine normale Ausrüstung ist Steripen plus Flasche plus Wasserblase. Das war mir halt zu schwer, und ich wollte mal etwas Neues ausprobieren. Nur nachgedacht hatte ich darüber nicht besonders viel..

            Da ich ja kein Porrigde mehr zum Frühstück esse, bedeutete das, daß ich beim ersten Frühstück Wasser durch den Filter saugen mußte und dann, naja, in meinen Topf spucken mußte. Hmm. Hat trotzdem geschmeckt.
            Danach füllte ich mir die Platypus an Wasserhähnen auf und sparte das Wasser bis zum jeweils nächsten Morgen.

            Alles in Allem keine besonders gewichtssparende Idee.


            So, jetzt ging aber die große Tour los:

            Der erste Berg auf der Liste heißt Robinson (737m). Es gibt keinen richtigen Pfad, aber die Fellrunner haben im Laufe der Zeit eine Schneise ins Gras getrampelt; dort gehe ich auf die Schulter.
            Auf dem Weg nach oben treffe ich einen älteren Mann und einen in meinem Alter. Der jüngere ist total außer Atem und scheint das Ganze nicht besonders zu genießen; ich überhole ihn nach kurzer Zeit.
            Als wir uns unterhalten, erfahre ich, daß der offensichtlich erfahrenere Ältere sein Schwiegervater ist.

            Irgendwie muß ich an "Meet the Parents" mit Ben Stiller und Robert De Niro denken und frage, ob das eine Strafaktion für irgendein Vergehen des Schwiegersohns ist

            Oben angelangt freue ich mich über die schöne Aussicht; ich kann sehen, von wo ich gestern gekommen bin



            und sogar bis nach Schottland rübersehen!




            Es ist ein wolkenverhangener Tag, aber die Sicht ist trotzdem klar. Es ist so kalt und vor allem stürmisch, daß ich schon auf dem ersten Gipfel Handschuhe über- und Daunenjacke drunterziehe und sie auch bis zum Schlafengehen nicht mehr ablege.

            Mit mir genießt eines der wahnsinnig süßen Herdwick-Schafe die schöne Aussicht:




            Von Robinson geht es über Hindscarth (727m) und Dale Head (753m) hinunter zur stillgelegten Schiefermine von Honister (übrigens kommt auch der Coast to Coast Way hier vorbei).



            Dort werden Klettertouren, Minenbesichtigungen und Schieferschilder angeboten. Außerdem gibt es ein Café, in dem ich mir für 5,10 Pfund eine mittelmäßige Tomatensuppe und eine mittelwarme Cola gönne, damit ich guten Gewissens die Toilette und den Wasserhahn benutzen kann.
            Dort fülle ich auch sowohl meine Platypus als auch meine neue Flasche, denn mein Super-Wassersystem ist einfach Mist und nervt mich immens.

            Ich schaue den ganzen Tag über immer wieder brav auf meine Karte und habe bisher auch noch keine Orientierungsprobleme.

            Als Nächstes geht es Grey Knotts hoch (697m), und von dort über Brandreth (715m) nach Green Gable (801m).



            Blöd, daß man immer wieder runter muß bevor es wieder rauf geht. Und auf der Karte sehen die Berge auch irgendwie kleiner aus..

            Great Gable sieht aus der Ferne recht furchteinflößend und irgendwie unbezwingbar aus, aber von Green Gable sieht es dann nicht mehr so schlimm aus. Wobei der Abstieg über rotes Geröll nicht gerade angenehm war. Da wußte ich aber auch nicht, was alles noch kommen sollte..



            Zwischen Green Gable und Great Gable liegt der Windy Gap Pass (ja, dort ist es wirklich windig!), und dort würde ich am liebsten links abbiegen und zum wunderschönen Styhead Tarn oder weiter oben zum Sprinkling Tarn gehen; was für tolle Zeltplätze!



            Der Weg nach Great Gable ist dann typisches einfaches Scrambling, wie man in Großbritannien einfache Kraxeleien nennt.



            Aber auf Great Gable selbst (899m) habe ich dann so einen Pen-Y-Fan-Moment (siehe mein anderer Reisebericht ): Ich weiß nicht mehr, wo es runtergeht, und als ich mich deswegen einmal umdrehe, habe ich völlig die Orientierung verloren und weiß nicht einmal mehr, wo ich gerade hergekommen bin.
            Ich bekomme ein klein wenig Panik, denn auf dem Berg wollte ich eigentlich nicht bleiben.

            Ich beruhige mich aber, denn die Sicht ist ja im Vergleich zu Wales hervorragend, und mithilfe von Karte, Kompass und Verstand finde ich dann doch recht schnell heraus, wo ich bin und, wichtiger, wohin ich möchte. (Da auf das Flache muß ich)
            Ich lasse es mir zu Sicherheit trotzdem noch von einer Gruppe junger Männer bestätigen. Wobei die auch nicht viel mehr Ahnung zu haben scheinen.





            Ich folge den kleinen Steinmännchen steil nach unten, und irgendwann wird es steiler und steiler. Und dann sind plötzlich die Steinmännchen weg. Sch**ße!

            Statt, was vernünftig wäre, wieder hochzugehen, denke ich "das klappt schon irgendwie", denn das sieht doch irgendwie auch wie ein Pfad aus.

            Irgendwie fühle ich mich hier unangenehm an den Cirque de la Solitude erinnert..
            Nicht schön. Meine Stimmung sinkt. Oder vielleicht ist es die Zuversicht.

            Na gut, irgendwie komme ich runter, und im Nachhinein verstehe ich auch, warum mir das nicht so geheuer war. Die Schulter runter wäre der richtige Weg gewesen; ich bin das rote Zickzack runter. Auf dem Pass treffe ich BGR-Trainierer, und der eine erzählt mir, daß ihm das in der Richtung auch jedes Mal passiert. Na, dann bin ich wenigstens nicht allein!



            Auf Kirk Fell (802m) sehe ich zwei Zelter am See, und denke, daß es ja schon recht spät ist. Aber ich wollte doch noch zwei Gipfel "einsammeln"!



            Der Abstieg von Kirk Fell ist auch wieder mehr Scrambling als Walking, und da ich vom Abstieg von Great Gable noch recht mitgenommen bin, beschließe ich um ca. 19 Uhr, daß es nun genug ist.

            Weitergehen könnte ich zwar noch, aber für noch einen heiklen Abstieg habe ich echt keine Energie, und ich weiß ja nicht, wie der Weg zwischen Pillar und Steeple aussieht.

            Auf dem Pass hat an einem kleinen See eine Gruppe von Husky-Haltern ihre Zelte aufgebaut. Die Stelle wirkt recht windgeschützt, aber die besten Plätze sind natürlich schon weg; und von Kirk Fell aus habe ich weiter oben noch einen weiteren Tümpel gesehen; also gehe ich nach einem kurzen Gespräch mit der Husky-Gruppe dorthin und befinde den Platz für akzeptabel. Außerdem ist die Aussicht der Wahnsinn!!



            (Der blaue Punkt in der Mitte ist mein Teich)





            Ich baue mein Zelt auf (nachdem ich ewig überlege, welcher Platz wohl am geschütztesten ist) und koche mir mein leckeres Kokosmilch-Curry. Danach lege ich mich kurz hin, denn ich bin völlig erschöpft.
            Mir ist furchtbar kalt, denn ich bin müde und es ist doch sehr windig. Trotzdem schlafe ich immer wieder kurz ein.
            Ich versuche mich gefühlte zwei Stunden lang davon zu überzeugen, daß mir Bewegung in Form von Abwaschen und Zähneputzen gut tun würde, aber die Vorstellung von eiskaltem Wasser schreckt mich wirklich ab.
            Schließlich raffe ich mich dann doch auf, und ja, ich hatte recht; mir wird wirklich wieder warm. Außerdem kann ich noch den schönen Abendhimmel genießen.

            Bei einem Schluck Triple Wood schreibe ich noch kurz Tagebuch und schlafe dann, zufrieden mit meinem ersten Tag, erschöpft ein.

            Zuletzt geändert von gearfreak; 04.02.2013, 09:56.

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            • ryo
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              #7
              AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

              Tolle Bilder, schöner Text. ich freue mich auf mehr.

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              • gearfreak
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                #8
                AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                Danke schonmal für das (Vorschuss-)Lob!

                Bin gerade aus Dänemark nach Hause gekommen (800km), darum gibt es wohl heute nix mehr. Aber morgen kommt Tag 2, versprochen! Photos sind schon hochgeladen :-)

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                • gearfreak
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                  #9
                  AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                  4. Juni, Tag 2: Black Sail Pass - Upper Eskdale [rauf 1490m, runter 1690m]

                  Nach einer ziemlich windigen Nacht, der mein Zelt aber ohne Probleme standhält, beginnt der Tag mit Sonnenschein

                  Ich hatte mir für 7 Uhr den Wecker gestellt, denn ich habe heute viel vor und bin schon etwas hinter meinem ambitionierten Zeitplan.

                  Auf halben Wege nach Pillar bekomme ich Handy-Empfang und telefoniere mit meinem Freund, der sich schon Sorgen gemacht hatte. Ach, wie gerne hätte ich ein Satelliten-Telefon!

                  Ich kann zurück auf "meinen" Pass sehen; und auch die heutige Route ist wunderbar zu sehen (rechts im Bild ein Stückchen Red Pike, mittig Yewbarrow, und links, auf der anderen Seite vom Wasdale mit Wast Water sieht man ein Stückchen von Scafell):





                  Hach, was für ein schöner Tag; ich bin voller Energie, und freue mich, daß ich alles so gut erkennen kann. So macht das Navigieren Spaß! Und obwohl ich so viele Berge auf meiner Liste habe, gibt es noch unzählige weitere Berge, die wohl das nächste Mal dran sind:



                  (Mitte links übrigens nochmal mein Zeltplatz)

                  Ich treffe immer wieder die Huskygruppe von gestern. Wir überholen uns ständig gegenseitig, aber wegen der Hunde machen sie häufig Pausen. Ich hole sie nach Pillar (892m) auf Scoat Fell ein, mache dann aber einen kleinen Abstecher nach Steeple (841m). Als ich zurückkomme, lehnen sie immer noch an der Mauer (als die gebaut wurde muß es echt Nachbarschaftsprobleme gegeben haben.. ), also setze ich mich zu einem von ihnen und frage ihn über alles Mögliche aus.
                  Für meine Hundedamen geht es nämlich diesen Monat zum ersten Mal auf Wanderschaft, und da kann ich jeden Tipp gut gebrauchen.
                  Die Huskies machen so eine Art Husky-Pfadfinder-Schein, und dafür müssen sie eine Tour mit 30% ihres Körpergewichts als Gepäck beginnen und über zwei Tage mit Übernachtung im Zelt 20 Meilen gehen.





                  Ich bleibe oft stehen und schaue zurück auf das, was ich gestern schon geschafft habe. Der unverwechselbare Gipfel von Great Gable ist immer gut zu erkennen.



                  An Steeple wäre ich übrigens fast vorbeigelaufen, denn es liegen überall Steinhaufen rum, und Steeple liegt niedriger als Scoat Fell und wirkt so gar nicht wie ein eigenständiger Gipfel. Aber der kurze Umweg macht großen Spaß, und die Sicht von dort ist auch super!





                  Auf dem Weg nach Red Pike (821m) komme ich auch an meinem ursprünglich für gestern nacht vorgesehem Zeltplatz vorbei, Scoat Tarn. Da hätte ich bestimmt gut geschlafen
                  Aber heute genieße ich den Weg viel mehr, als ich das gestern in meinem Zustand getan hätte; ich bereue also nix



                  Schon wieder ist Karte flacher als das eigentliche Gelände , und ich bin erstaunt als ich sehe, daß es zwischen Red Pike und Yewbarrow auf immerhin 530m runter geht, bevor es dann über Stirrup Crag hinauf geht.



                  Stirrup Crag sieht nach einer ziemlichen Kraxelei aus, und ich erwäge kurz, den Pfad an der Bergflanke entlang zu nehmen, aber der sieht mir dann auch zu nervig aus mit dem ganzen Geröll..
                  Und rauf ist ja auch leichter als runter, finde ich (wie wahrscheinlich die meisten von uns).



                  (im Hintergrund sieht man Scafell Pike, den mit 977m höchsten Berg Englands)

                  Aus der Nähe sieht Stirrup Crag noch furchteinflößender aus, aber letztendlich macht es eigentlich Spaß, da hoch zu klettern. Runter würde ich da aber nicht wollen, auch wenn das für eine Familie mit zwei Kindern überhaupt kein Problem zu sein scheint



                  Der Weg nach Yewbarrow (627m) ist dann aber zum Ausgleich nur noch ein netter Spaziergang.
                  Von dort soll man laut Bob-Graham-Round-Karte einfach gerade den Berg hinunter, um Zeit zu sparen. Irgendwie habe ich das Gefühl, daß es trotz der längeren Strecke schneller wäre, einem richtigen Pfad zu folgen, aber was weiß denn ich schon..
                  Der richtige Weg geht aber nochmal kurz hoch, und es siegt meine kurzfristig denkende Faulheit. Der Weg nach unten ist zum Anfang auch recht einfach; es geht einfach relativ steil durch Gras hinunter.
                  Irgendwann wird es nerviger, und ich bereue meine Entscheidung, aber als ich unten ankomme, empfängt mich einer der gerade für seine Runde recherchiert, und fragt mich über meine Route aus. Seiner Meinung nach habe ich alles richtig gemacht. Naja, ich werde mir nie die Mühe machen, beide Routen zu vergleichen.

                  Man sieht auf dem Bild gut, wie ausgetreten die Route von den BGRern ist. Der normale Weg geht die am wenigsten steile Route runter, aber dann hat man zwei Kilometer Strasse.





                  Es ist drei Uhr, und ich habe noch viel vor, aber ich brauche unbedingt eine längere Pause. Mit dem Mann und seiner Freundin gehe ich zum Campingplatz und kaufe mir eine Cola und eine Limonade. Dazu esse ich mein üblichen Mittagessen aus Oatcakes und Wurst.
                  Er gibt mir eine Menge Hinweise zur Route und zu Stellen, wo ich zur Not zelten kann. Er hat offensichtlich schon sehr viel recherchiert und will die Route in zwei Jahren laufen.
                  Man könnte ja meinen, daß es Quatsch ist, so schnell durch die Berge zu laufen, aber der Reiz dieser Herausforderung liegt in der Vorbereitung. Am Tag des Rennens selber bekommen die Läufer natürlich nicht viel mit, aber davor lernen sie die Berge so gut kennen wie sonst niemand!

                  Ich finde auch eine Telefon welches man zurückrufen kann. Das nutze ich, um (etwas zu lang) mit meinem Freund zu reden. Er sagt, ich solle mich melden, wenn ich auf Great End bin. Da hätte er vor zwei Wochen auch Empfang gehabt (er hatte mir meine Idee geklaut und war auch ins Lake District gefahren , naja, immerhin meist in anderen Teilen..)

                  Der Läufer hat mir geraten, nach Scafell nicht die BGR-Route (der rote Streifen neben dem schwarzen Fels) zu nehmen, sondern einem breiten Weg folgend in die "falsche" Richtung bis kurz vorm Wald, und dann querfeldein bis zur Schulter, und von dort nach oben zu gehen:





                  Um Viertel nach vier breche ich dann endlich wieder auf; der Sonne brennt inzwischen richtig heiß. Sonnencreme war natürlich dem Gewichtssparzwang zum Opfer gefallen; es war doch Regen vorhergesagt..

                  Die Route ist die Hölle: Steil genug, um richtig anstrengend zu sein; langweilig genug, um das "miserable trail face" zu bekommen, und überhaupt viel zu warm. Das Gras ist sehr hoch; das macht es sehr sehr anstrengend. Oder vielleicht bin ich auch einfach nur erschöpft?
                  Außerdem habe ich ein bißchen Angst vor der Route zwischen Scafell und Scafell Pike; auf meiner Karte steht, daß man ein Seil braucht, aber mein Freund, der ja sehr genau weiß, was ich kann und was nicht, hatte gesagt, es sei überhaupt kein Problem.
                  Jedenfalls ist dies meine "Wand", die Wand, die auf jeder Tour irgendwann kommt.
                  Naja, denke ich, dann hab ich das wenigstens erledigt, dann ist die Wand weg. Wenn ich nur wüßte..


                  Die einzige Freude bei meinen überaus regelmäßigen Verschnaufpausen (gefühlt alle dreieinhalb Minuten) sind der Blick zurück auf das schon Erreichte und ein süßes Schaf, dem wahrscheinlich auch warm ist in dem dicken braunen Pulli.





                  Etwas besser geht es mir, als ich immerhin den Gipfel sehen kann; ich finde es nämlich furchtbar, durch Gras bergauf zu gehen ohne ein Ziel vor Augen zu haben.



                  Um Viertel vor Sieben erreiche ich endlich den Gipfel (964m) und halte mich dort gar nicht lange auf, denn ich will ja noch über vier andere Gipfel.
                  Sobald ich den erreicht habe, ist auch die schlechte Laune wie weggeblasen, und ich fühle mich wieder ganz einfach glücklich



                  Der Gipfel von Scafell Pike scheint so nah, und ich laufe geradewegs drauf zu.
                  Im Nachhinein betrachtet sowohl glücklicher- als auch unglücklicherweise sprechen mich zwei sympathische Männer an, die oben zelten und sich Wein und Käse mitgebracht haben.
                  (Es sind die Feiern zum Thronjubiläum der Queen, und auf Scafell Pike soll heute abend ein Feuer gemacht werden; das wollen sich die beiden ansehen)
                  Sie fragen mich, wohin ich gehe, und raten mir von der Route ab; auch sie sagen, daß man definitiv ein Seil braucht. Ich frage, wie es im Vergleich zu Stirrup Crag ist (das hätte ich mir vielleicht jetzt gerade noch zugetraut), und er sagt, daß es schwieriger ist; ein Grade 3 Scramble. Was auch immer das ist.

                  Ich bin ehrlich gesagt erleichtert, daß ich eine "Entschuldigung" habe, und mache mich auf den Weg Richtung Foxes Tarn, wo laut BGR-Karte die Alternativroute ist. Die ist auf der Karte aber nicht zu erkennen, und auf meiner OS-Karte geht der einzige Pfad ganz runter ins Tal.
                  Hier rächt sich, daß ich nur eine 1:50.000er-Karte mithabe; das ist im Nachhinein wirklich der größte Fehler meiner Tour.

                  Nun ja, ich denke mir, den ursprünglichen Plan kann ich wohl vergessen, aber das ist ja eigentlich völlig egal, denn ich möchte ja einfach nur etwas erleben, und das tue ich ja.
                  Auf dem Weg nach unten photographiere ich interessanterweise einen Pfad, der ziemlich direkt wieder nach oben führt:





                  Ich denke mir: interessant; aber weiter geht mein Gedankengang leider nicht, beziehungsweise ich denke, daß der wohl nur wieder auf den selben Gipfel führt.
                  Wie gesagt, eine 1:25.000er-Karte hätte mir vieles erspart, denn das war der einfache Weg, von dem auch mein Freund gesprochen hatte.

                  Sehr schade, denn das Wetter war wirklich schön, und es sollte der letzte Tag mit gutem Wetter sein.


                  Aber auch wer dumm ist wird manchmal belohnt; und ich werde durch ein spannende und schöne Route in ein wunderschönes stilles und warmes Tal belohnt. Die einzige Sorge ist, daß ich meinen Freund noch nicht kontaktiert habe, aber kurz vorm unteren Ende gelingt es mir endlich, eine SMS nach Dänemark durchzubekommen.





                  Das Abendlicht ist toll; und der kleine Bach, dem ich nach unten folge, verwandelt sich nach und nach in einen größeren Bach mit kleinen Wasserfällen. Kurz vor der Mündung in den River Esk kommt eine kleine Biegung mit einem waschechten Pool und einem Stückchen flachen Gras.

                  Ich bin bestimmt nicht die erste, die hier ihr Zelt aufbaut. Die Schafe jedenfalls scheinen daran gewöhnt zu sein.







                  Bis auf zwei sehr weit entfernte Zelter, die mich unter Garantie nicht bemerkt haben, bin ich völlig allein in dem Tal. Es ist so warm, daß ich mein Abendessen (Spaghetteria Bolognese) draußen koche und verzehre, während ich Tagebuch schreibe.

                  Während ich esse kommen noch zwei Wanderer vorbei, die Scafell Pike besteigen wollen, um das Feuer zu sehen. Hä? Da lang? Ist das nicht gefährlich? Ja, sagt er und zeigt mir seine Schuhe: In solchen Schuhen sollte man das wirklich nicht machen. Ich verstehe gar nix mehr, aber die beiden sehen sehr erfahren aus, und haben es wegen der beginnenden Dämmerung recht eilig, also bleibt es für mich ein Rätsel.

                  Gute Nacht!

                  Zuletzt geändert von gearfreak; 27.01.2014, 00:38.

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                  • bjoernsson
                    Fuchs
                    • 06.06.2011
                    • 1863
                    • Privat

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                    #10
                    AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                    Schöner Bericht!

                    Letztes Jahr hatte ich ja kurz über eine Trekkingtour im Lake District über Pfingsten nachgedacht. Aber letztendlich hat es mich dann ja doch wieder nach Schweden gezogen... Hmm, vielleicht sollte ich das Gebiet aber doch noch mal auf meine "Wunschliste" für 2013 setzen - deine Fotos machen Lust darauf, die Gegend zu erkunden (besonders gut gefallen mir das Ginster- und das Schaf mit Aussicht-Bild)!

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                    • gearfreak
                      Erfahren
                      • 30.01.2010
                      • 285
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                      Danke, bjoernsson!

                      Hab Dir noch ein Schaf-mit-Aussicht-Bild reingestellt

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                      • gearfreak
                        Erfahren
                        • 30.01.2010
                        • 285
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                        #12
                        AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                        5. Juni, Tag 3: Upper Eskdale - Great Langdale [rauf 660m, runter 920m]

                        Ich habe super geschlafen; wie ein Stein in einem Stück durch
                        Der Tag sieht bewölkt aber auch noch ein bißchen sonnig aus. Gestern hatte ich von verschieden Leuten gehört, daß es heute nachmittag regnen soll, also mache ich mich um Viertel nach acht gutgelaunt auf den Weg, denn ich möchte doch wenigstens eine Aussicht haben von Scafell Pike, wenn ich gestern schon das Feuer verpasst habe..



                        Der Weg dorthin ist nicht ganz leicht zu finden, aber ich werde wirklich immer besser im "Übersetzen" von Kompass-Sprache in Landschaft-Sprache und bin darauf sehr stolz.
                        Es ist vielleicht nichts Besonderes für Leute, die mit dem Wandern aufwachsen, aber für mich Stadtkind, die sich vor gerade einmal drei Jahren nichts Aufregenderes als den West Highland Way vorstellen konnte, ist das eine große Entwicklung, über die ich mich sehr freue.
                        Denn einige von den Sachen, die ich jetzt alleine bewältige, hätte ich vor gut einem Jahr nicht einmal in Begleitung gewagt.

                        Und bevor jetzt alle protestieren: Ja, der WHW ist aufregend, wunderschön und macht großen Spaß!


                        Einen richtigen Pfad gibt es mal wieder nicht. Ich denke, daß ich hier zwischen den beiden Brocken durchmuß:



                        Ist das ein Steinmännchen? Oder nur ein Haufen Steine?



                        Ich entscheide, daß Steine gleich Pfad bedeuten, und da ich nicht weiß, wo ich sonst hätte langgehen sollen, muß ich wohl richtig sein.





                        Jaaa, ich bin richtig!!
                        Das muß der Pass zwischen Scafell Pike und Broad Crag sein!



                        So richtig glaube ich das aber erst, als in der Ferne einen Menschen sehe. Ist auch ein besseres Gefühl, auf Pfaden zu sein, wo ab und zu mal jemand vorbei kommt. Falls mal was passiert meine ich.

                        Auf dem Pass treffe ich zufällig die beiden von gestern abend wieder und unterhalte mich eine ganze Weile lang sehr nett mit ihnen. Die beiden haben weniger gut geschlafen als ich, weil sie auf der anderen Seite in der Nähe des Hauptwegs von Wasdale nach Scafell Pike gezeltet haben und schon sehr früh morgens von singenden Pfadfindergruppen gestört wurden und von Leuten, die sich gegenseitig lautstark aufforderten, das Vintage-Zelt der beiden zu photographieren.
                        Ich habe es leider nicht gesehen, aber der Rucksack der Frau war auch super; ein buntes 80er-Jahre-Design.

                        OT: Das wäre doch überhaupt mal eine Thread-Idee: Galerie der Retro-Ausrüstung

                        Den beiden wird kalt, und wir trennen uns. Ich gehe das kurze Stück bis fast kurz vorm Gipfel. In einem der vielen Schutzwälle sitzen zwei Männer und fragen mich nach meiner Route. Ich setze mich ziemlich lange zu ihnen (trödelig bin ich heute!); und wir unterhalten uns über vergangene und hoffentlich zukünftige Touren, und die beiden teilen ihre Yorkie-Schokolade mit mir

                        Sie machen die Three-Peaks-Challenge, das bedeutet die höchsten Gipfel der drei Länder im Vereinigten Königreich: Ben Nevis, Scafell Pike und Snowdon. Die eigentliche Challenge macht man mithilfe eines Chauffeurs aus dem Freundeskreis an einem Tag, aber die beiden machen es mithilfe von Pubs in einer Woche.

                        Die Begegnung muntert mich auf, denn zu dem Zeitpunkt glaube ich noch, daß ich meinen ursprünglichen Plan einhalten kann und fühle mich ein bißchen wie ein Versager, weil ich so hinterherhinke.
                        Aber als ich den beiden meine Gipfel aufzähle, sind sie ganz beeindruckt. Dann setze ich fort: "Und am nächsten Tag.." Da unterbrechen sie mich "Wie? Das war alles ein Tag??"
                        Der eine schüttelt mir ganz ehrerbietig die Hand, und ich denke mir, ja, ich hab ja eigentlich Einiges erreicht, und ob ich meine Route nun schaffe oder sie mich "nur" zu einer tollen anderen Route inspiriert hat, ist doch vielleicht nicht so wichtig.

                        Ich muß auch zugeben, daß ich die technischen Anforderungen der Tour unterschätzt habe. Das Auf und Ab oder die Distanz machen mir nicht viel aus; aber ich hätte bessere (oder zumindeste existente) Wege erwartet.
                        Ich kann halt nur so schnell wie ich kann.

                        Nun gut, nach der netten Begegnung laufen wir noch zusammen zum Gipfel, wo sie netterweise ein Gipfelphoto von mir machen. Die Sicht ist gleich null, und auf dem kurzen Weg zurück zum Pass verlaufe ich mich dann auch direkt.

                        Die Lektion, die ich gelernt habe: Direkt auf dem Gipfel den Kompass rausholen und die Richtung bestimmen! Wenn man erst zwei-drei Steinmännchen gefolgt ist, weiß man ja nicht mehr, wo man ist.
                        Ja, ich weiß, das ist keine Weisheit, aber für mich anscheinend schon..

                        Also nochmal zurück zum Gipfel, und diesmal passe ich besser auf.

                        Ich folge so gut ich kann den sporadischen Steinmännchen, und entscheide, mir Broad Crag und Ill Crag zu sparen.
                        Die Wege dorthin sind nämlich nicht einmal mit Steinmännchen markiert, und für null Sicht und irgendeine Liste riskiere ich nicht mein Leben!
                        Ich muß meinen Plan also endgültig aufgeben.

                        Auf einmal kann ich das nächste Steinmännchen nicht sehen, so schlecht ist die Sicht! Das ist kein schönes Gefühl, und ich möchte eigentlich nur noch ins nächste Pub.
                        Zum Glück kommt eine Fellrunner-Gruppe vorbei, denen ich bis zur Abzweigung nach Great End folge.

                        Ich überlege, ob ich nicht da wenigstens rauf soll, entscheide mich aber dagegen. Der Weg scheint zwar ganz ok zu sein, aber wer weiss, was mich oben erwartet; und ich sollte hier mit meinen doch beschränkten Fähigkeiten kein Risiko eingehen.

                        An der Abzweigung geselle ich mich zu einer netten Familie aus Keswick; und zusammen mit seinem GPS-Gerät und seiner 1:25.000er-Karte (ja doch, nächstes Mal nehme ich so eine mit! ) finden wir den Weg nach Esk Hause beziehungsweise einer Kreuzung nördlich davon.

                        Die nächsten Gipfel auf der Liste sind auch teilweise unmarkiert, und damit ist die Sache für mich erledigt. Ich werde ins Tag hinabsteigen und von dort sehen, wie ich wieder in die Berge und auf meine ungefähre Route gelange.

                        Der Weg ist sehr angenehm, und bis auf einen kurzen Abstecher wegen einer Fehlinformation seitens anderer Wanderer auch kein Problem. Es regnet immer noch, und so langsam werde ich richtig nass.

                        Irgendwann erreiche ich endlich das Tal, und die Sicht ist auch ein bißchen besser.
                        Nun folge ich dem Cumbrian Way. Da könnte man auf der Teilstrecke theoretisch auch mit einem Auto langfahren.
                        Das soll keine Kritik sein; ich freue mich, daß ich nur meine Füße bewegen muß und mein Gehirn abschalten kann.







                        Um ungefähr 16 Uhr komme ich endlich im Pub an, wo ich mir erstmal Schuhe, Socken und Regensachen ausziehe und ein Pint bestelle.
                        Das tut gut, also bestelle ich dummerweise noch eins (hat ja nur 3,5%, denke ich) und esse dazu eine Suppe. Meine Appetitlosigkeit und die Tatsache, daß mir auch in den 90 Minuten die ich dort sitze nicht warm wird, sollten mir eine Warnung sein, aber darüber denke ich in dem Moment nicht nach.

                        Ich unterhalte mich stattdessen mit einem wahnsinnig verliebten Ehepaar (die halten wirklich die ganze Zeit über Händchen ), die mich total interessiert ausfragen.
                        Eigentlich wollte ich auf dem Campingplatz hier zelten und den Abend in dem Pub verbringen, aber ich finde es zu kalt und ungemütlich; und eigentlich möchte ich auch für morgen näher an den Bergen sein, also breche ich gegen halb sechs auf mit dem Plan, noch kurz über den einen Hügel zu laufen und dann einen Zeltplatz zu suchen.

                        Ich bin immer noch total verfroren, aber der Spaziergang entlang der Straße wärmt mich schnell auf.
                        Das Bier hat mich sehr müde gemacht, und jeder Schritt fällt schwer. Links sehe ich ein B&B und überlege kurz, nach freien Zimmern zu fragen; aber wenn sie nichts frei haben wäre das ja ein Umweg von ungefähr hundert Metern, und das möchte ich nicht.
                        Ihr merkt schon, der Verstand war nicht mehr so ganz da..

                        Die Straße scheint endlos, aber irgendwann sehe ich dann doch links den Pfad. Wobei das auch wieder kein richtiger Pfad ist, sondern mehrere Schaftrampelpfade ohne offensichtliche Richtung. Einen Weg nach oben kann ich jedenfalls nicht erkennen.
                        Ich ärgere mich immer mehr, daß ich nicht in dem kleinen Ort geblieben bin; aber zurück möchte ich jetzt auch nicht mehr.

                        Unter einem Riesenbaum haben ein paar Schafe und Lämmer Zuflucht vor dem Regen gesucht. Ich setze mich dort kurz hin (und verscheuche sie dadurch, sorry ). Neben dem Baum haben die Schafe ein kleines Stückchen Gras gemäht. Nach kurzem Überlegen baue ich dort mein Zelt auf; ich kann einfach nicht mehr.
                        Der Baum ist zwar sehr nah an der Straße, und das Land gehört wahrscheinlich einem Bauern. Außerdem ist das Gras voll mit Schafhinterlassenschaften, aber ich will nur noch ins Bett, also ist mir das alles herzlich egal!

                        Im Zelt wird mir endlich wieder warm. Für solche Momente habe ich meinen eigentlich zu dicken Schlafsack mit.
                        Plötzlich fangen die Tränen an zu kullern; mann, muß ich fertig sein!
                        Ich habe zum Glück Empfang und telefoniere zwanzig Minuten lang mit meinem Freund, und danach geht es mir etwas besser.
                        Das Abendessen spare ich mir (habe ja auch nur das Wasser aus dem Pub), und um 19h30 schlafe ich ein.



                        (Das Bild ist vom nächsten Morgen)
                        Zuletzt geändert von gearfreak; 27.01.2014, 00:43.

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                        • Williboyd
                          Erfahren
                          • 05.02.2008
                          • 341
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                          #13
                          AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                          Super Bericht und wunderschöne Gegend. Ich muss tatsächlich auch mal nach UK.

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                          • gearfreak
                            Erfahren
                            • 30.01.2010
                            • 285
                            • Privat

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                            #14
                            AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                            6. Juni, Tag 4: Great Langdale - Matterdale Common [rauf 1450m, runter 1160m]

                            Als ich an diesem Morgen nach kurzer Dös-Phase auf meine Uhr schaue, zeigt sie 9 Uhr 30 an.
                            Nicht schlecht, vierzehn Stunden Schlaf beziehungsweise Ruhe! Das war wohl bitter nötig..

                            Ich verspüre keinerlei Lust, aufzustehen. Es regnet noch immer, und alles ist nass: Meine Regensachen in der Apsis sind nass, die Socken und Stiefel sind nass; und mein Schlafsack hat auch Kondens abbekommen.
                            Mein Zelt ist von Nacktschnecken bevölkert, und ein Schaf hat mir aus Protest genau vor den Eingang geschissen.

                            Irgendwann nutze ich dann doch eine Regenpause (in der es "nur" nieselt), um in meine nassen Sachen zu schlüpfen und zusammenzupacken. Aufs Frühstück verzichte ich aus Wassermangel. Außerdem möchte ich schnell los, damit mir in den nassen Sachen gar nicht erst kalt wird.

                            Naja, so schlecht wie ich gestern dachte war der Zeltplatz eigentlich gar nicht:



                            Ich schaue auf die Karte und versuche dann in der dreidimensionalen Welt den Pfad zu finden, der über Grasmere Common nach Grasmere führt. Dort möchte frühstücken und dann mit dem Bus weiter.
                            Ich bin versucht, einfach an der Straße entlangzulaufen, denn der Hügel sieht echt matschig aus (ich weiß schon, warum ich lieber oben auf den Bergen bin ), aber das wäre viel weiter und außerdem doof.

                            Also stapfe ich durch matschige Schafweiden ziemlich plan- und weglos den Hügel hinauf.
                            Das Wetter ist nicht besonders schön; es regnet zwar nur noch sporadisch, aber gerade genug, um meine Sachen am Trocknen zu hindern. Es ist sehr feucht-warm, und ich schwitze und habe außerdem Hunger und Durst.

                            Das ist echt so ein "Wieso-tue-ich-mir-das-eigentlich-an"-Moment..

                            Oben angelangt entdecke ich dann endlich einen Pfad und sehe in der Ferne auch andere Wanderer. Hier ist eigentlich recht hübsch! Ich weiß zwar nicht genau, wo ich bin, aber irgendwo wird der Pfad schon hinführen; mir ist das im Moment völlig egal.



                            Das Wetter, die Aussicht und das Gelände werde immer besser, und ich beginne fast, den Tag zu genießen. Als ich in der nahen Ferne Grasmere sehe, weiß ich, daß ich in die richtige Richtung laufe.







                            Gegen Mittag erreiche ich Grasmere, einen richtig netten Ort mit einer freundlichen Touristeninformation, zwei Outdoorläden und einigen Pubs.
                            Ich finde zuerst heraus, wo (und wohin überhaupt) der Bus fährt, und kaufe mir dann ein Paar wasserdichte Handschuhe (wasserdichte Socken gibt es leider nicht, und ich hatte meine zuhause gelassen..) und ein Kendal Mint Cake, denn damit ist ja Hillary damals den Everest rauf, dann hilft mir das bestimmt auch für Helvellyn!
                            Außerdem gönne ich mir endlich eine 1:25000er Karte von der Gegend um Helvellyn.

                            Danach geht es ins Tweedie's, ein sehr gemütliches Pub. Dort gibt es zuerst Kaffee, dann einen Riesensalat mit Huhn, Cola, ein halbes Pint IPA (ich lerne ja aus meinen Fehlern ) und danach noch einen Kaffee. Völlerei!

                            Ich gehe alle 10 Minuten zur Toilette und trockne nach und nach meine Stiefel und Socken unter dem Handtrockner. Ausserdem putze ich mir zur Abwechslung mal wieder meine Zähne, fülle meine Wasserbehälter auf und benutze selbstverständlich auch das Klo.


                            Gegen 14h30 nehme ich den Bus Richtung Keswick und bitte den sehr netten Fahrer, mich an einem Parkplatz in Trailnähe rauszulassen.
                            Die sechs Kilometer kosten mich 2.85 Pfund (!), und die kurze Fahrt über unterhalte ich mich mit dem Fahrer. Er findet mich sehr mutig; versteht aber nicht ganz, was mich an Bergen fasziniert. Seiner Meinung nach sind die Berge ihm im Weg, wenn er zu den Läden möchte.. :


                            Der Weg auf Helvellyn ist eine regelrechte Wanderautobahn, aber im Moment ist mir das eigentlich ganz lieb. Es regnet nicht, aber es ist sehr schwül, was mir leichte Kopfschmerzen bereitet.
                            Aber das Nicht-Vorhandensein von Regen, fast trockene Füße und gelegentliche schöne Ausblicke machen das Ganze zu einem Vergnügen; zum ersten Mal seit gestern Mittag fühle ich mich wieder wohl auf meiner Tour

                            Weitere Aufmunterung verschafft mir ein Paar Wanderschuhe, die auf dem Weg nach unten (denke ich mal) verlassen worden sind. Dem Eigentümer ging es zu dem Zeitpunkt sicher schlechter als mir!

                            Ich genieße den Blick zurück auf den See Thirlmere und entdecke auch einen tollen Zeltplatz, den ich mir für eine zukünftige Tour im Geiste notiere.
                            Die Sonne schafft es immer wieder, aus den Wolken herauszukommen.





                            Auf dem Pass zwischen Nethermost Pike und Helvellyn sieht es zuerst nicht nach guter Sicht aus, aber als ich auf der anderen Seite ins Tal schaue, klart auf einmal alles auf; was für eine schöne Überraschung!





                            Ich hüpfe schnell rüber zum Nethermost Pike (891m);der war nämlich auf meiner Liste.
                            Obwohl, so schnell war es gar nicht, denn wegen der schlechten Sicht lande ich erst auf dem Pfad nach Dollywagon Pike, bemerke meinen Fehler aber recht bald.
                            Auf dem Gipfel von Helvellyn (949m) ist ein X aus Steinen errichtet; sehr praktisch, um sich vor Wind aus jeder Richtung zu schützen.



                            Hätte es zu diesem Zeitpunkt stark geregnet, so mein Plan, wäre ich jetzt über einen anderen Pfad wieder ins Tal zu Pub und Campingplatz.
                            Ich sehe zwar nix, aber regnen tut es auch nicht; und ich freue mich, endlich wieder "oben" zu sein. Ausserdem liebe ich es, über Bergkämme zu spazieren, also geht es weiter.
                            Zeitlich wird das zwar ein bißchen stressig, denn es ist schon recht spät; aber die Orientierung fällt hier trotz der schlechten Sicht nicht schwer, und ab und zu sehe ich sogar kurz etwas und kann mich vergewissern, daß ich richtig gehe.

                            Ich gehe also über Helvellyn Lower Man (925m), Raise (883m), Stybarrow Dodd (843m), Watson's Dodd (789m) und Great Dodd (856m) und habe somit doch noch ein paar Gipfel von meiner Liste "abgehakt"

                            In der Erbsensuppe da oben denke ich zwar, daß ich blöd sein muß, das zu tun, aber der Himmel lichtet sich immer wieder für kürzere oder längere Zeit und gewährt mir wunderschöne Aussichten, und der Weg wird zu einem einfachen Mountainbike-Trail.

                            Ich finde an solchen Tagen, wo man wegen des Wetters oft ganz allein in den Bergen ist, die Stimmung einfach magisch. Ich bin in diesem Moment ganz einfach glücklich!
                            Meine Kompaktknipse fängt sowas natürlich nicht ein.
















                            Nach Calfhow Pike, wo ich noch einen schönen Blick auf was ich für Keswick halte habe, geht es ins Tal.
                            Ich hatte mir ursprünglich eine Kreuzung zu einer Art Forststrasse als Zeltplatz ausgeguckt, aber es sieht auf der Karte bei genauerem Hinsehen aus, als gebe es dort Gebäude; und auf halben Wege dorthin steht ein Schaf-Windschutz (ich weiß nicht, wie ich es sonst nennen sollte), auf dem offensichtlich schon gezeltet wurde; es gibt nämlich eine Feuerstelle.
                            Weit und breit ist das der einzige Platz mit kurzem Gras und ebenem Untergrund, und fließend Wasser gibt es auch, also lasse ich mich hier nieder.

                            Es ist ca. 21 Uhr, aber das Wetter ist richtig gut geworden, also lüfte ich meinen Schlafsack und koche mir mir im Schutz der Mauer Knorr Hüttenschmaus Schinken Hörnli (mittellecker, und wirkt, als könnte es leicht anbrennen) und einen Topf Tee. Zum Nachtisch gibt es einen Schluck Triple Wood aus meiner 60ml-Notfall-Nalgene, denn es ist ja die letzte Nacht im Freien.

                            Wider Erwarten hatte ich heute einen wunderbaren Tag!



                            Zuletzt geändert von gearfreak; 04.02.2013, 10:12.

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                            • gearfreak
                              Erfahren
                              • 30.01.2010
                              • 285
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                              #15
                              AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                              Der letzte Tag muß leider warten; morgen geht es nämlich in die Schweiz

                              Alles ein bißchen eng geplant diesen Sommer..

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                              • dooley242

                                Fuchs
                                • 08.02.2008
                                • 2096
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                                #16
                                AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                                Bis jetzt ein klasse Bericht und traumhafte Bilder.
                                Gruß

                                Thomas

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                                • gearfreak
                                  Erfahren
                                  • 30.01.2010
                                  • 285
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                                  #17
                                  AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                                  7. Juni, Tag 5: Matterdale Common - Keswick [rauf 650m, runter 950m]


                                  Ich wache um ca. 6 Uhr auf, als sich zwei Schafe lautstark unterhalten; wahrscheinlich ein Protest gegen meine feindliche Stall-Übernahme
                                  Trotzdem schlafe ich noch eine ganze Weile weiter und stehe dann irgendwann gemütlich auf. Draußen scheint fast die Sonne, und ich kann im T-Shirt draussen frühstücken statt eingemummt im Zelt!

                                  Der Weg hinaus aus dem Tal ist recht matschig, bis ich an meinen ursprünglich geplanten Zeltplatz an dem breiten Fahrweg komme.
                                  Der Platz wäre auch schön gewesen; und nette Gesellschaft hätte ich auch gehabt:





                                  Eigentlich wollte ich heute als Abschluß meiner Tour den letzten Berg auf meiner Liste, Skiddaw (siehe drittletztes Bild gestern), erklimmen; aber Blencathra, auch Saddleback genannt, schaut mich unter einem Schleier von Wolken so verführerisch an, daß ich kurzerhand meinen Plan ändere. Das tue ich ja sowieso ständig..



                                  Das Wetter wird immer besser, zeitweise sehe ich sogar den Gipfel (oder zumindest einen False Summit). Meine Kamera zeigt mir eine Warnung an wegen fast leerer Batterie, also spare ich mir den letzten Rest für das obligatorische Gipfelphoto auf.
                                  Nur ein schlafendes Schaf wird noch aufgenommen.



                                  Ich verpasse leider eine Abzweigung zu einem Pfad, wobei ich mir denke, wenn der so unscheinbar war, war er bestimmt auch wahnsinnig matschig. Außerdem habe ich ja Zeit.
                                  Blöderweise bin ich dadurch aber weiter westlich als ich möchte, und ich kürze durch einen stillgelegten Steinbruch ab. Hier treffe ich den einzigen unfreundlichen Menschen auf meiner Reise.
                                  Der Steinbruch ist nämlich zum Museum umgewandelt worden, und der Mann sagt mir, ich müsse mich verlaufen habe, denn wenn ich Karte lesen könnte, müßte ich wissen, daß ich hier nicht sein darf. Aha.

                                  Es ist schwül und außerdem nieselt es - richtiges Schietwedder.. Aber an meinem letzten Tag möchte ich unbedingt noch auf einen Berg, ob mit oder ohne Aussicht. Ich bin einfach lieber oben auf dem Berg als unten bei der Zivilisation.

                                  Als ich endlich am Fuße von Blencathra angekommen bin regnet es in Strömen. Der einzige Gruß des Bauern, durch dessen Land ich gehe: "You're gonna get wet!" Immerhin lächelt er..

                                  Ich esse darum lieber schon jetzt unter einem Baum mein Mittagessen und stecke mir eine Packung Ahoj-Brausebonbons in die Jackentasche - Slogan: "Mach was Prickelndes". Passt doch!

                                  Der Weg nach oben ist zu Beginn normal, wird dann aber immer rutschiger. Es ist dieses schwarze Gestein das viele Zacken hat, aber in nassem Zustand richtig fies glatt ist.
                                  Hier die Route (der linke Pfad, Hall's Fell Ridge):



                                  Auf dem Grat angekommen wird die Tour immer mehr zur Kraxelei. Anfangs macht mir das sehr viel Spaß, aber als ich links und rechts nur noch Abgrund sehe und keine Idealroute über den nächsten Felsabschnitt zu erkennen ist (die Sicht beträgt ungefähr zwei Meter), finde ich das Ganze nicht mehr so lustig.
                                  Ich überlege hin und her, denn ich vermute mich nur wenige Meter unterhalb des Gipfels (damit habe ich wie ich im Nachhinein herausfinde Recht..), und dort oben erwartet mich laut Karte ein Plateau und ein gemächlicher Abstieg auf einem breiten Pfad.

                                  Ohne Höhenmesser kann ich das aber nur vermuten, und ich möchte allein nicht irgendwo hoch wo ich im Fall der Fälle nicht wieder runter kann; darum entscheide ich mich schweren Herzens für den Abstieg auf dem gleichen Weg, den ich gekommen bin. Teilweise geschieht das aus Sicherheitsgründen auf dem Hosenboden.
                                  Wenigstens ist unten eine Bushaltestelle, denke ich mir.

                                  Der ist leider gerade weg und fährt nur einmal in der Stunde. Es gibt ein Pub in dem Ort, in dem ich warten könnte. Dort erfahre ich allerdings, daß ein Busticket 3 Pfund 20 kostet; und ich habe nur 5 Pfund (also kein Geld für Konsum während der Wartezeit). Taxen nehmen auch keine Karte.
                                  Glücklicherweise bietet mir eine Gruppe wanderlustiger Ehepaare eine Mitfahrgelegenheit an; und davor bleibt sogar noch Zeit für ein Bier

                                  Diese freundlichen Menschen fahren mich doch tatsächlich direkt in mein Bed & Breakfast, wo ich sehr herzlich empfangen werde. Ach, was sind die Leute hier alle nett!

                                  Nach einem langen Bad und Föntrocknen meiner Stiefel schaue ich mir Keswick an. Der Ort ist mir, wie schon am ersten Tag, viel zu voll, und die vielen Outdoorläden finde ich auch nicht so spannend. Das könnte aber auch an dem Zeitdruck liegen; die machen nämlich schon um 17h30 oder 18h zu.

                                  Also gehe ich in das erstbeste Pub, wie die meisten ist es rappelvoll, auch mit Hunden; die sind hier nämlich fast überall willkommen. Ich esse eine Cumberland Sausage (eigentlich wie Thüringer; angeblich von deutschen Gastarbeitern eingeführt), trinke ein Pint und lasse mich von meinen wechselnden Sitznachbarn ausfragen.

                                  Alleinreisen in Großbritannien finde ich auch aus dem Grund schön, daß man immer freundliche und kommunikative Menschen trifft.

                                  Ich werde recht bald müde und gehe zurück ins B&B, wo ich in meinem richtigen Bett sofort einschlafe.
                                  Zuletzt geändert von gearfreak; 04.02.2013, 12:33.

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                                  • gearfreak
                                    Erfahren
                                    • 30.01.2010
                                    • 285
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                                    #18
                                    AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                                    8. Juni, Abreisetag plus FAZIT

                                    Am nächsten Morgen gibt es ein Full English Breakfast (mmmh), das ich erstaunlicherweise auch komplett vernichte.
                                    Dazu gibt es nette Unterhaltung mit den Leuten an den Nebentischen.
                                    Freundlicherweise fahren mich zwei deutsche Touristinnen mit ihrem Mietwagen in die Stadt (und bis auf einmal beim Einbiegen fahren sie auch auf der richtigen Straßenseite ).

                                    Heute macht das Shoppen mehr Spaß, und nach kurzer Zeit ist mein Rucksack schwerer als zu Tourbeginn und mein Portemonnaie um Einiges leichter.
                                    Dafür habe ich jetzt wahnsinnig bequeme Unterwäsche von Falke, eine Kaffeetasse für die Kaffeeküche auf der Arbeit und einen schönen und informativen Bildband über die Geologie britischer Berge (damit ich im nächsten Reisebericht nicht wieder "das glatte schwarze Gestein" schreiben muß..

                                    Bus und Zug sind diesmal nicht so überfüllt wie bei der Hinreise, und auch der Flug klappt dank der neuentdeckten Einwickeltechnik ohne Probleme.




                                    MEIN FAZIT:

                                    Wie ja schon aus dem Reisebericht ersichtlich ist, habe ich mich bei dieser Tour ziemlich überschätzt. Oder besser gesagt habe ich die Route unterschätzt.
                                    Die Höhenmeter und die Distanzen wären bei Idealwetter schon zu schaffen gewesen, aber über technisch schwierige Strecken bin ich einfach zu langsam.
                                    Die hätte ich bei einer Tour, die normalerweise gerannt wird, nicht erwartet.
                                    Gesamthöhenmeter waren übrigens 5860m im Aufstieg und 6190m im Abstieg.

                                    Das Kartenlesen klappt auch immer besser, aber bei schlechter Sicht schaltet sich noch manchmal mein Gehirn aus; daran muß ich auch noch arbeiten.

                                    Andererseits habe ich durch meine Routenänderungen meiner Meinung nach sogar eine abwechslungsreichere Tour gehabt; und was eigentlich zählt, ist ja, daß ich wunderschöne fünf Tage verbracht habe, viel gelernt habe und doch nie in einer für mich unangenehmen Situation war.


                                    Vielen Dank also an Bob Graham für die Inspiration; ich komme bestimmt wieder zurück!

                                    Zuletzt geändert von gearfreak; 19.02.2016, 14:58.

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                                    • codenascher

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                                      • 30.06.2009
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                                      AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                                      Wieder einmal eine tolle Tour und ein klasse Reisebericht den du uns hier geschrieben hast. Dankeschön!


                                      Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                                      meine Weltkarte

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                                        • 20.03.2012
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                                        AW: [UK] Lake District - Wer viel wagt, der viel gewinnt!

                                        Das Schaf lächelt, wie geil ist das denn!

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