Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rentiere

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  • Sausemann
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    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
    Ihr habt bestimmt mit den Stöckern rumgefuchtelt, die armen Rentierbullen

    Nee haben wir lieber nicht. Wir dachten das macht sie bestimmt noch aggressiver
    Und wenn so ein ausgewachsener Rentierbulle auf einen zugedonnert kommt weiß man instinktiv ganz schnell das 2 kleine Stöckchen den nicht aufhalten werden

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  • Pfiffie
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Ihr habt bestimmt mit den Stöckern rumgefuchtelt, die armen Rentierbullen


    Die Etappe habe ich zwecks Höhenmeter in nicht so guter Erinnerung, nicht wegen der Höhenmeter, aber ich hatte das Gefühl wenn man 5m hochgelaufen ist wieder 2 runter zu laufen .

    An dem Wasserfall hab ich letztes Jahr Pause gemacht, ein tolles Fleckchen, auch alles rund um die Hütten dann, kann ich nur bestätigen.

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Montag 09.09.2019 Tag 7 „The thrill of racing reindeer“


    Ein paar Tage später wurde mir dieses Bier im Vandrahem in Jokkmokk kredenzt. Wie passend

    Ich wache um 6:40 Uhr auf. Um mich herum schläft noch jeder. Ich verziehe mich aufs Örtchen und draußen herrscht eine wunderbare Morgenstimmung.


    Morgens 7:00 Uhr in Staloluokta

    Es ist noch leicht bewölkt, aber man kann erkennen das es ein wunderschöner Tag werden wird. 19Km stehen heute an. Die bislang längste Etappe.
    Ich bin voller Vorfreude und kann meine Füße nach dem Ruhetag kaum still halten. Zurück beginne ich mich leise in die Wandermontur zu streifen, da werden Pierre und Claudia wach. Wir kochen Kaffee und Milch fürs Frühstück. Sind heute morgen alle ein bisschen albern und blödeln rum. In unserer Gegend nennt man das Dummgeschwätz.
    Die zwei wollen heute ihren faulen Tag machen, also haben sie es nicht so eilig. Ich drücke etwas aufs Tempo und um 8:40 Uhr geht’s los. Heute wird es den ganzen Tag leicht bergan gehen, aber das Höhenprofil zeigt keinen gemeineren Anstieg.
    Wir müssen an der Haupthütte vorbei, wieder zurück auf die Zeltwiese und gelangen wieder auf den Padjelantaleden.
    Sind wir die letzten Tage immer Richtung Süden, Südwesten gelaufen, immer die großen Seen im Blick, kehren wir nun dem Virihaure den Rücken und ziehen Richtung Osten, einer Hochebene entgegen.
    Nach ca 1,5 km kommen wir aus der Senke weiter hoch und ziehen weiter Richtung Gieddavrre.


    Bye Bye Virihaure




    Trolle haben diesen Kreis gelegt





    Die Landschaft besteht aus niedrigen Birkengebüschen und vielen Gräsern und Moosen. Heidelbeeren überall.
    Es ist ein traumhafter Tag. Die Sonne scheint mittlerweile mit voller Kraft und die Wolken werden immer weniger. Bei mir purzelt Schicht um Schicht und ich laufe im Hemd.
    Kurz hinter dem Gieddavrre kommen wir an eine kleine Flussbiegung und können in der Ferne die nächste Hängebrücke sehen, die uns endgültig auf das Hochplateau führen wird.
    Wir machen kurz Pause und sehen ein Rentierjunges. Ca 300m entfernt. Es rennt von links nach rechts durch den seichten Fluss, hüpft und springt, spritzt mit dem Wasser rum. Lebensfreude pur. Einfach toll.
    Wir kommen der Hängebrücke immer näher.
    Von Ferne haben wir es schon gehört. Bei der Brücke ergießt sich ein gar nicht so kleiner Wasserfall mit tollen Stromschnellen.


    Hier sollte das Junge zu sehen sein




    Von dem Wasserfall und der Brücke hab ich wohl kein Foto gemacht

    Nach der Hängebrücke kommen wir dann endgültig auf das Hochplateau. Die Landschaft ändert sich und wird karger. Waren am Anfang noch Birkenwäldchen und kleine Krüppelbirken zu sehen, wird es jetzt steiniger und voller Flechten, Moose und Gräser.
    Dann das nächste Highlight. Am Horizont kommen die beeindruckenden Schneebedeckten Gipfel des Sarek näher. Die werden uns heute den ganzen Tag begleiten.
    Rentiere sind hier oben vereinzelt zu sehen. Aber nie in Gruppen sondern immer alleine.
    Wir ziehen den Weg weiter und Pierre macht mich auf einen besonders fotogenen Rentierbullen aufmerksam, der in 150-200m Entfernung direkt vor uns auf einer kleinen Kuppe thront. Ich mache natürlich ein Foto. Er guckt. Wir gucken. Fehler!!!! Im saarländischen gibt es nur ein Wort, das beschreibt was jetzt passiert: Oh leck!
    Er senkt sein Geweih und stürmt mit voller Geschwindigkeit den Weg runter auf uns zu.
    Ähm was passiert hier?
    Pierre und mir wird es mehr als mulmig. Der attackiert uns! Wir laufen ein paar Meter neben den Weg und sind wie paralysiert. Ca 10m vor uns wird er etwas langsamer und weicht uns in 2-3m Entfernung aus. Er macht einen aggressiven Eindruck. Wir gucken nicht zurück und laufen schnell weiter, haben aber den Eindruck, das er uns verfolgt. Das tut er auch mit etwas Abstand, wie ich aus dem Augenwinkel erkennen kann. Irgendwann lässt er ab. Uff. Kent hatte im Gespräch schon erwähnt, das die Bullen zu dieser Jahreszeit etwas „funny“ seien. Aber so „funny“ war das gar nicht.


    Da oben steht das Biest

    Wir ziehen weiter und die Landschaft wir immer alpiner und karger. Etwa 10min nach unserer Begegnung mit dem übel gelaunten Bullen sehen wir den nächsten. Das darf nicht wahr sein. Der greift auch an.
    Schnell treten wir neben den Weg und machen uns ganz klein. Er rennt wieder auf uns zu, macht eine kleine Schleife, bleibt 10m neben uns stehen und starrt uns an. Wir versuchen einerseits Blickkontakt zu vermeiden, auf der anderen Seite müssen wir ja gucken was er macht. Wir starten einen zaghaften Versuch nochmal aufzubrechen, aber da kommt er in unsere Richtung, bleibt stehen, als wir uns wieder hinkauern, starrt und pinkelt dann demonstrativ vor unsere Füße.
    Mann Mann Mann. Die Machos sind los. Natürlich. Brunftzeit. Und diese herrliche Ebene an einem so schönen Tag ist der ideale Platz um sich zu präsentieren und zu kämpfen.
    Nachdem wir uns 5min nicht bewegen lässt er von uns ab. Wir ziehen vorsichtig weiter, nur um hinter der nächsten Kurve dem nächsten Testosteronbolzen zu begegnen. Das gleiche Spiel. Das kann doch nicht wahr sein. Wenn das so weitergeht kommen wir heute vielleicht noch 5km weit und dürfen dann zwischen diesen netten Burschen das Zelt aufschlagen.


    Der nächste

    Blickkontakt ist übel, das haben wir schon rausgefunden. Jetzt hat Pierre aber eine gute Idee. Er meint wir sollten mal mit größerem Abstand zueinander laufen, damit sie nicht denken wir wären ein großes Tier.
    Gesagt, getan. Es ist schonmal ein Anfang und sie sind nicht ganz so aggressiv, machen jedoch jedesmal unmissverständlich klar, wer hier der Chef ist. Verfolgen und umrunden uns.
    Deeskalation Stufe 2: Ich laufe voran und beginne, sobald ich einen Bullen im Augenwinkel entdecke, einfach durch die Pampa in genau die entgegengesetzte Richtung zu laufen, bzw einen sehr großen Bogen um ihn zu schlagen. Mit dieser Taktik haben wir Erfolg. Kein Blickkontakt, große Abstände und immer ausweichen. Das wird noch bis ca 5km vor Duottar so gehen.


    Wir haben Angst

    Nach Pause machen ist uns nicht hier oben, wir können aber wieder die Landschaft und das Wetter genießen. Die Sarekgipfel kommen immer näher und sind einfach nur majestätisch. Wir kommen uns vor, wie eine Expedition im Anmarsch auf den Himalaya.
    Gegen Nachmittag haben wir das Plateau so langsam überquert und die Rens werden weniger, bzw sind auch Kühe und Jungtiere zu sehen. Die Lage entspannt sich. Je weiter wir kommen, desto herbstlicher wird die Flora. Immer mehr Moose und Sträucher färben sich leuchtend rot oder gelb.









    In einer kleinen Senke machen wir dann eine längere Pause, essen eine Kleinigkeit und senken den Adrenalinpegel. Hören Hubschrauber aus Richtung Staloluokta kommen. Da sitzt bestimmt die Familie Kent drin. Der hätte sich über uns wahrscheinlich halb tot gelacht.
    Die Sonne strahlt immernoch am Himmel, aber so langsam kommt ein ziemlich kräftiger, kühler Wind auf. Also Fleece und Hardshell wieder an. Es ist jetzt ca 15:00 Uhr. Das Licht ist einzigartig. Schon an den letzten 2 Tagen ist mir aufgefallen, das hier teilweise schon gegen 14:00 Uhr Nachmittag, Abendstimmung herrscht.
    Wie in unseren Gefilden gegen 18:00 Uhr Abends, das aber den ganzen restlichen Tag lang. Eine ganz besondere Nachmittagsstimmung.









    Kurz vor Duottar entdecken wir einen wunderschönen Zeltplatz, mit Blick auf die Sarekgipfel. Der ist jedoch so exponiert und Wind und Wetter ausgesetzt, das wir beschließen bis zu den Hütten zu laufen. Wenn es dort einen guten Platz gibt wird gezeltet, wenn nicht bleibt die Winterhütte.
    Kurz vor Duottar dann die erste „richtige“ Furt der Tour, auch wenn das Wasser recht seicht scheint.
    Ich gehe als erster und versuche mein Glück mit Stiefeln und Gamaschen. Na bitte. Das Wasser ist nie höher als Mitte Schienbein und ich komme mit trockenen Füßen rüber. Pierres Schuhe, die mittlerweile alles andere als dicht sind, werden in den Rucksack gepackt und die Vibram Zehenschuhe angepasst.
    Direkt nach der ersten Furt die zweite, ganz ohne Schwierigkeiten und schon sind wir da.


    Sause macht rüber


    Pierre macht rüber

    Duottar. Claudia hatte ja schon geschwärmt und ich muss ihr Recht geben. Von allen BLT Hütten auf dieser Tour sind das die am schönsten gelegenen. Leider ohne Blick auf den Sarek
    Wir suchen etwas und finden zwischen den Hütten einen guten, relativ windgeschützten Platz für das Vango. Es wird diese Nacht zwar wieder verdammt kalt werden, aber wir wollen jetzt unbedingt wieder im Zelt schlafen. Pierre wird sich dick anziehen und eine Flasche warmes Wasser als „Wärmflasche“ mit in den Sack nehmen.
    Während ich das Zelt aufbaue holt Pierre Wasser und richtet die Freiluftküche ein. Wir essen Süppchen mit einer tollen Aussicht auf Kierkevare. Die Sonne senkt sich langsam und es wird deutlich kühler. Zum Abendessen ziehen wir uns dann doch in die Winterhütte zurück. Im schwindenden Tageslicht herrscht eine besondere Stimmung in der Hütte. Ich fühle mich wie 100 Jahre zurück versetzt.











    Der Sonnenuntergang ist wiedereinmal spektakulär und nachdem die Sonne untergegangen ist, wird es empfindlich kalt. Schnell ziehen wir uns ins Zelt zurück. Pierre dick eingepackt mit Wärmflasche und ich nehme alle überflüssigen Klamotten auch mit in den Schlafsack. Mir wird gleich warm und ich lobe mich dafür den Carinthia Kufasack gegen die Daunentüte getauscht zu haben. Mit dem Pfeifen des Windes im Ohr schlafen wir gegen 21:30 Uhr todmüde ein.



    Bilanz: 18,6km in 4:39h Laufzeit, 599m hoch und 309m wieder runter

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
    Ich habe in letzter Zeit selten bei einem Reisebericht soviel geschmunzelt wie bei diesem. Absolut genial geschrieben, Danke dafür.
    Dankeschön, freut mich wenn es Dir gefällt.

    Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
    und den Teil zwischen Duottar und Tarrekaise kenne ich immer noch nicht...
    Da solltest Du unbedingt hin. Das Tarradalen in Herbst war einfach der Hammer

    Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
    Und Claudia und Holger sollte ich auch mal wieder treffen...
    Auf jedenfall. Wir hatten unbekannterweise viel Spaß

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  • Fjaellraev
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Ich habe in letzter Zeit selten bei einem Reisebericht soviel geschmunzelt wie bei diesem. Absolut genial geschrieben, Danke dafür.

    Mal schauen wann ich es mal wieder auf einen längeren Abschnitt des Padjelantaleden schaffe, sind diesen Sommer schliesslich auch schon 19 Jahre und den Teil zwischen Duottar und Tarrekaise kenne ich immer noch nicht...
    Abschnitte in Tagestourlänge gab es ja danach noch ab und zu, wobei der letzte Besuch auch schon 9 Jahre her ist.
    Und Claudia und Holger sollte ich auch mal wieder treffen...

    Mal schauen was sich so ergibt: Wenn man wieder los kann werde ich mich diesen Sommer wohl zumindest am nördlichen Ende rumtreiben - "müsste" in Kutjaure vorbei und in einem der nächsten Jahre bin ich dann vielleicht auch endlich mal wieder im September unterwegs.

    Zu diesem Felix sage ich jetzt mal lieber nichts, es wäre vermutlich alles andere als nett.

    Bin gespannt was noch so alles kommt.

    Gruss
    Henning

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Sonntag 08.09.2019 Tag 6 „easy goin'“

    Der heutige Tag ist kurz erzählt. Es ist kurz nach 7:00 Uhr. Ich habe Super geschlafen. Pierre und Laurent sind schon wach. Wir frühstücken im schönen großen Aufenthaltsraum mit einem bezaubernden Blick auf den Virihaure. Das Wetter ist sonnig und leicht bewölkt und wenn man dem Elchjäger Glauben schenken darf wird das auch die nächsten Tage so bleiben. Yihaa!


    Der allmorgendliche Regenbogen

    Dem folgenden habe ich ja bereits am letzten Tag vorgegriffen. Wir informieren Annelie, sie informiert FyskeFlyg und wir bringen Felix zum Heli.
    Der kommt auch 20min. später. Immerhin komme ich jetzt mal in den Genuss einen Helikopter An- und Abflug aus nächster Nähe zu beobachten. Zufälligerweise sehen wir hier auch Mads den Stugvard aus Gisuris nochmal, der sich heute ausfliegen lässt. Heute ist sowieso der große Abreisetag erklärt uns Annelie.
    Andauernd hören wir Hubschrauber, die die Stugvards wieder in die Zivilisation bringen.





    Während wir unsere Zimmer räumen sind Annelie und ihr Mann damit beschäftigt die Bude zu schließen und winterfest zu machen. Wir dürfen sogar mit Schuhen ins Innere. Sie ist sehr kurz angebunden, aber auch sehr nett. Wir dürfen sogar unsere Powerbanks und Handys laden.
    Da sie heute das Haupthaus dicht machen werden wir in die Winterhütte umquartiert. Kent und Familie wollen noch einen Tag in der Gegend wandern und werden dann morgen fliegen.
    Als wir die Hütte entern sehe ich die zurückgelassenen Bücher und muss erstmal lachen


    Wenn ichs richtig verstanden habe eine tragische Liebesgeschichte über Vietnampilot und Krankenschwester

    Im neuen Domizil wird erstmal Wasser heiß gekocht und Wäsche gewaschen. Leider gibt es keinen Trockenraum, so das wir die Sachen in die Sonne hängen. Es geht kaum Wind und so richtig wollen sie nicht trocknen.
    Pierre möchte sich die Kotenkirche angucken und ich verziehe mich zur Saunahütte, setze mich davor in die Sonne und mache: nüscht. Sitze einfach nur in der Sonne guck mir die Landschaft, den See und die ganzen kleinen Insekten an und relaxe. Seltsam. Nichts tun. Ich habe den Eindruck mein Körper ist nach den letzten 5 Tagen voll auf laufen gepolt. Ausruhen ist zwar schön, aber ich würde mir am liebsten die Stiefel schnüren und weiterziehen.







    Heute ist übrigens Premiere. Ich war noch nie länger als 5 Tage am Stück auf Tour.
    Ca 2h sitze ich da rum und gehe dann zur Hütte zurück, wo Pierre schon rumlungert und seinen Kram durchtüdelt.
    Die Tür geht auf und ein junger Schwede kommt herein, der hier Mittagspause machen will und dann weiter in die Wälder. Wohin sagt er nicht. Er fängt an unter seinen Achseln rumzupulen und zum Vorschein kommt seine sehr spezielle Sockenstrategie. Er schwört auf reine Wollsocken, die er alle 2h!! wechselt. Die getragenen klemmt er sich unter die Achseln und schwört darauf sie so bis zum nächsten Wechseln trocken zu bekommen. Er erwähnt noch 2 Deutsche, von denen er meint sie würden gegen 16:00 Uhr hier aufschlagen. Eine halbe Stunde später ist er wieder weg.
    Pierre macht sich ein Süppchen und ich zaubere aus dem Kartoffelbrei, den wir in Laddejahka bekommen haben und einer Knoblauchzehe, die ich in einem left over Schrank gefunden habe, eine widerlich scharfe Kartoffelpampe. Diese ist wirklich nicht lecker und liegt im Magen wie ein Stein. Egal, der Hunger treibts rein.
    Wir schauen nach den Klamotten und beschließen sie in der Hütte zu trocknen, draußen sind sie noch immer klatschnass.
    Nachdem wir die Hütte schön mit Socken, Unterhosen und T-Shirts drapiert haben machen wir ein Mittagsschläfchen. Pierre pooft richtig ein, während ich nach 30min aufwache und vollkommen relaxt Fotos gucke, mache, Tagebuch schreibe, Wanderführer lese.




    Suchbild mit Pierre

    Pierre wacht auf und es entspinnt sich wiedereinmal ein furchtbar intimes gutes Gespräch über unsere Liebsten, Beziehungen, die ganze Sch..., die teilweise so auf einen zukommt. Dieser persönliche Moment wird jäh unterbrochen, denn die Tür fliegt auf und herein kommen:
    Holger und Claudia. Ein lustiges, positives Pärchen zwischen 40 und 50 Jahren und wie sich herausstellen wird auch Foristen hier.
    Claudia ich weiß Du liest mit. Ihr seid genau im richtigen Moment gekommen
    Sie sind wirklich sehr munter und wir haben gleich viel zu erzählen. Gespenstisch die Ausrüstung der beiden. Als hätten wir alles zu dritt besorgt. Wir haben den gleichen Rucksack, die gleichen Schuhe, die gleichen Stöcke, sogar Holgers Hose ist die gleiche wie meine.
    Sie kommen aus der Pfalz, ich aus dem Saarland, da scheint es wohl gleiche Vorlieben zu geben im Südwesten der Republik.
    Als sie mitbekommen, das Pierres Knie lädiert ist, packen sie netterweise eine Packung Voltaren auf den Tisch, mit der er sich gut einreibt.
    Der Tag ist jetzt auch schon fortgeschritten. Wir kochen und hauen uns in die Kiste. Morgen geht es weiter nach Duottar (Claudia hat schon in den höchsten Tönen geschwärmt).

    Bilanz: 2xums Haus in 15min Laufzeit, 15 Stufen runter und 15 Stufen wieder hoch.

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Zitat von Blahake Beitrag anzeigen

    Ich glaube, ich habe mich gerade in Pierre verliebt!
    Hab ich, spätestens in diesem Moment

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  • Blahake
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
    ... da höre ich hinter mir aus Leibeskräften Gesang. „Weine nicht wenn der Regen fällt dam dam DAM DAM!“ Pierre! Ich muss hysterisch anfangen zu lachen. Er singt einfach gutgelaunt weiter. Ich lache und lache und 5min später ziehen wir Arm in Arm über die Ebene und brüllen aus voller Kehle sämtlichen schlechten deutschen Hits und Schlager der Geschichte.
    Von Drafi Deutscher über Münchner Freiheit bis zu Helene Fischer.

    Ich glaube, ich habe mich gerade in Pierre verliebt!

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
    .... Ich selbst hab mir zwar auch schon etliche Fehler und Dummheiten auf Touren geleistet. Wichtig ist dann aber immer daraus zu lernen. Nur wenn diese Lernfähigkeit nicht vorhanden ist, dann stehen die Chancen gut dieselben Fehler zu wiederholen. Nur was macht man, wenn dann nicht zufällig eine Hütte mit anderen hilfsbereiten Wanderern in der Nähe ist?
    Ich hoffe in seinem Fall hat er aus der Geschichte gelernt und die Selbstinszenierung war ein Teil des Versuches sein Gesicht als harter Survivaltüp zu wahren

    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
    Sorry für dieses Off-Topic Statement, aber mich regt so ein Verhalten einfach extrem auf. Davon abgesehen finde ich aber hast Du die ganze Thematik sehr neutral und ausgewogen beschrieben.
    Kein Problem, ich habe mich bemüht im Rahmen meiner Eindrücke neutral zu bleiben

    Zitat von oesine63 Beitrag anzeigen
    Hallo Sausemann,
    ich war schon gespannt wie ein Flitzebogen auf den Bericht dieser Etappe. In der 2. Augusthälfte 2019 bin ich einen Teil des Padjelantaleden gelaufen und diese Etappe war mit Abstand die eindrucksvollste und schönste für mich (hatte aber auch Kasierwetter). Ganz erstaunt bin ich über das Foto des Sauna-Ofens. Ich war zwar auch in der Sauna, aber ohne Brille ist mir die schöne Inschrift im Ofen gar nicht aufgefallen Freue mich auf den Rest des Berichtes! Gruß von der oesine
    Hallo Oesine,
    schön das Du mitliest. Du warst dann ja wohl knapp vor uns unterwegs. Ob es die schönste Etappe der Tour war kann ich garnicht sagen, später folgten noch so vollkommen unterschiedliche, aber auch auf ihre Art wunderschöne Etappen...
    Sie war auf jedenfall ein Highlight.
    Das Foto des Ofens ist von Pierre, die Inschrift ist mir damals auch nicht aufgefallen.
    Bald geht es weiter.

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  • oesine63
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Hallo Sausemann,
    ich war schon gespannt wie ein Flitzebogen auf den Bericht dieser Etappe. In der 2. Augusthälfte 2019 bin ich einen Teil des Padjelantaleden gelaufen und diese Etappe war mit Abstand die eindrucksvollste und schönste für mich (hatte aber auch Kasierwetter). Ganz erstaunt bin ich über das Foto des Sauna-Ofens. Ich war zwar auch in der Sauna, aber ohne Brille ist mir die schöne Inschrift im Ofen gar nicht aufgefallen Freue mich auf den Rest des Berichtes! Gruß von der oesine

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  • Mortias
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Macht wirklich Spaß Deinem Bericht zu folgen und die Fotos gefallen mir auch. Krass aber was Du über die Begegnung mit diesen Felix schreibst.

    Hab jetzt auch mal einen Blick auf seinen Youtube Channel genommen und er scheint schon ein großer Freund der Selbstinzenierung zu sein. Mir persönlich ist so ein Verhalten auch ziemlich unsympatisch. Einerseits stellt er seinen Trip als ein riesges Survivalabenteuer dar (in meinen Augen weit über Maß) und gleichzeitig beachtet er die notwendig damit verbundenen Tugenden wie kritische Selbsteinschätzung und Demut nicht. Ich selbst hab mir zwar auch schon etliche Fehler und Dummheiten auf Touren geleistet. Wichtig ist dann aber immer daraus zu lernen. Nur wenn diese Lernfähigkeit nicht vorhanden ist, dann stehen die Chancen gut dieselben Fehler zu wiederholen. Nur was macht man, wenn dann nicht zufällig eine Hütte mit anderen hilfsbereiten Wanderern in der Nähe ist?

    Sorry für dieses Off-Topic Statement, aber mich regt so ein Verhalten einfach extrem auf. Davon abgesehen finde ich aber hast Du die ganze Thematik sehr neutral und ausgewogen beschrieben.

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Samstag 07.09.2019 Tag 5



    6:45 Uhr Ich werde wach. Fühle mich, wie mit dem Holzhammer erschlagen. Es war viel zu warm diese Nacht in meiner Daunentüte.
    Pierre und der Deutsche sind auch schon wach, Laurent berappelt sich so langsam. Ich koche Kaffee und gehe vor die Tür die morgendliche Zigarette rauchen.
    Mich erschlägt der Wahnsinn. Direkt vor der Hütte spannt sich ein riesengroßer Regenbogen. Es ist teilweise noch bewölkt, aber die Sonne flutet durch den Himmel. Ich trete raus und gucke nach Osten. Es nieselt noch leicht, aber die Sonne bricht durch. Die Luft ist voller Wasser und man sieht die einzelnen Wassertropfen im Gegenlicht funkeln. Magisch.


    Elfen, wieder einmal

    Gut gelaunt gehe ich in die Hütte zurück, wo wir frühstücken und mit Laurent abmachen heute mehr oder weniger gemeinsam zu laufen.
    Wir wollen alle drei nach Staloluokta. Dort soll heute noch offen sein. Wir erhoffen uns die Vorräte an Parfas Kiosk ein bisschen aufzustocken und schielen schon heimlich auf die Sauna. Kent und Familie wollen auch dort hin, werden aber das Boot eines befreundeten Jägers nehmen.
    Nachdem wir unser Getüdel beisammen haben starte ich das Garmin. Schock. Alles wech. Keine Karten mehr, keine Tracks. Hat die gestrige Dusche doch nicht so gut getan? Naja nicht schlimm, wir haben ja die Karte und der Weg ist so gut markiert, das sich nur Menschen mit extremer Orientierungslosigkeit verlaufen können. Ich zetere trotzdem ein bisschen. Schließlich wollte ich die gesamte Tour tracken. Das Höhenprofil und die Strecke zum Ziel Anzeige waren in den letzten Tagen auch gut für die Moral. Der Deutsche meint ich solle mal nach der Speicherkarte gucken. Natürlich. Ich Depp. Das isses. Sie ist aus ihrer Halterung gerutscht. Richtig wieder eingelegt ist nochmal alles da.
    Wir verabschieden uns von dem netten Deutschen und machen gegen 9:00 Uhr los. Das Wetter scheint toll zu werden. Keine Regenhose heute. Nur das Raincover wird prophylaktisch über den Rucksack gezogen.
    Es ist sogar so warm, das ich zum erstenmal auf dieser Tour auf die Hardshell verzichte und nur mit Hemd und Fleece laufe.
    Am Anfang erwartet uns direkt ein Anstieg. Laurent in seinem betagteren Alter rennt uns davon.
    Ein ganz netter, sehr sehr schüchterner Kerl, der glaube ich am besten mit sich alleine klar kommt. Es dauert jedenfalls, bis er etwas mehr auftaut.





    Wir folgen ihm in gemächlichem Tempo. Der Weg wird zum erstenmal ein klein wenig anspruchsvoller. Die Felsplatten, über die wir müssen, sind glatt, steil und glitschig, der Weg teilweise sehr schlammig. Pierres Knie, das ihm gestern Abend schon sehr weh tat, meldet sich direkt zu Beginn. Ob er das bis Kvikkjokk durchhält? In Staloluokta hätten wir noch die Möglichkeit abzubrechen. Wir beschließen abzuwarten, was der Tag bringt.
    Erstmal bringt er wahnsinnig tolle Aussichten auf den Virihaure. Im Westen weiße Gipfel in Norwegen. Hinter uns in nördlicher Richtung Arasluokta, auf das wir jetzt hinab schauen und das immer kleiner wird. Wir bleiben andauernd stehen um zu fotografieren. Gegen 11:00 Uhr machen wir die erste Pause auf einem kleinen Felsplateau mit wundervoller Aussicht. Laurent gerät jetzt außer Sicht.








    Ein Herz für Rentiere






    Ich präsentiere...



    Nachdem wir eine halbe Stunde die Aussicht genossen und eine Kleinigkeit gegessen haben ziehen wir weiter. Immer an der Bergflanke des Stuor Dijdder entlang. Nach ca 5km haben wir den höchsten Punkt erreicht. Der Weg entfernt sich jetzt vom Ufer und wir steigen auf eine sonnige, von kleinen Gewässern durchsetzte, Ebene hinunter. Die Sonne scheint jetzt mit aller Kraft. Wir ziehen über die Ebene und sehen in einiger Entfernung Laurent auf einem großen Felsen rasten. Wir gesellen uns zu ihm. Es ist einfach nur herrlich. Wir legen uns der Länge nach auf den warmen Fels und genießen die Sonne. Mir ist so wohlig, das ich kurz wegdämmere. Sogar das Fleece wird ausgezogen. Es wird gegessen, erzählt und Fotos gemacht. Laurent trocknet sein winziges Zelt. 11°C wird das Garmin anzeigen.













    Nach ca 1,5h Pause brechen wir zu dritt wieder auf. Eine Aussicht ist schöner als die andere. Diesen herrlichen Tag haben wir uns gestern hart erkauft.
    Mittlerweile hat sich bei Pierre und mir auch ein gewisser Flow beim Laufen eingestellt. Mal laufen wir alleine, mit großem Abstand und jeder hängt seinen Gedanken nach, mal laufen wir wieder zusammen und erzählen oder teilen Still die grandiose Natur. Das alles ohne Absprachen, es passiert einfach und hat genau das richtige Tempo und Maß.
    Ich bin glücklich. Vollkommen im Reinen mit mir und der Welt. Das Leben ist schön!
    Mit Laurent macht es richtig Spaß. Immer wieder halten wir, oder schließen zueinander auf, um durch sein Fernglas Rentiere, Adler und andere Greifvögel zu beobachten. Man merkt wie er sich freut und auftaut, wenn wir ihm Fragen zu den Tieren stellen. Da kennt er sich aus.
    So langsam kommt die Bucht von Staloluokta in Sicht. Wir steigen durch Birkenwald ab zu den Sami Hütten, die wir von oben schon erkennen können. Der Wald ist ziemlich dicht. Ich denke sofort, dass sich hier Bär und Elch gute Nacht sagen. Leider werden wir beide nicht sehen. (Bis auf zwei Elche, aber in gänzlich felllosem Zustand)
    Gegen 14:00 Uhr kommen wir in Staloluokta an und laufen erstmal zu den Hütten. Bis auf ein fernes Motorgeräusch haben wir niemanden gesehen oder gehört.





    Ein Aushang an der Tür besagt, dass um 18:00 Uhr die Stugvardin da sein wird und das Kiosk ab 16:00 Uhr öffnet. Pierre und ich halten Kriegsrat. Wie geht es seinem Knie? Schmerzhaft, aber auszuhalten. Wir palavern etwas und kommen dann zu dem Entschluss morgen einen Ruhetag einzulegen und zu hoffen das die Schonung dem Knie soweit gut tut, das wir es bis Kvikkjokk schaffen. Das bringt mich in Proviantprobleme. Ich habe dann genau eine Tagesrationn zu wenig. 2 Riegel und ein paar Nüsse sind von den letzten Tagen noch übrig. Wir müssen also am Kiosk noch zuschlagen. (Und haben heimliche Hoffnung auf ein kaltes Bier) Jetzt stellt sich die Frage wo übernachten? Laurent will nochmal in der Hütte schlafen, wir sind jedoch noch unschlüssig. Wir laufen runter zu der Zeltwiese und entdecken massenhaft gute Zeltplätze mit traumhafter Aussicht auf den Virihaure.
    Der Himmel ist strahlend blau und genau das ist das Problem. Es wird diese Nacht garantiert verdammt kalt werden. Pierre, dessen Schlafsack nicht wirklich für Temperaturen um den Gefrierpunkt ausgelegt ist, hat, trotz Thermoinlett, die 2. Nacht sehr gefroren.
    Wir beschließen also die warme Hütte zu nehmen und laufen zurück. Die Türen sind offen und wir beziehen mit Laurent ein 4 Bett Zimmer. Jetzt erstmal ein Süppchen und einen Tee. Herrlich. Es geht auch auf 16:00 Uhr zu und wir beschließen zu Parfas Kiosk zu laufen. Dort angekommen verrammelte Türen. Aber es gibt eine Klingel. Wir klingeln also und warten. Nichts. Wir klingeln nochmal. Jetzt hören wir ein Motorgeräusch das näher kommt. Hoffnung....Nichts. Das Geräusch kommt von einem kleinen Boot, das in ca 200m Entfernung an einem Haus am Wasser anlegt. 16:30 Uhr. Da wird heute wohl niemand mehr kommen. Mist. Ich brauche was zu essen. Wir beschließen in Richtung des Bootes zu laufen, um zu fragen ob das Kiosk heute nochmal aufmacht oder schon für die Saison geschlossen ist. Ich bekomme ein Into the wild Feeling. Essen wird nicht langen, Zigaretten werden nicht langen, Pierres Knie. Ohje. Aber diese trüben Gedanken sind schnell verflogen, als wir an dem Haus ankommen.
    Davor Kent mit seiner Familie. Gerade angekommen. Das Hallo ist groß. Dabei sind noch ein Elchjäger und seine Frau, die hier alles in Personalunion ist. Annelie. Sie ist Stugvardin, kümmert sich um die FyskeFlyg Buchungen und hat eigentlich auch einen Schlüssel für Parfas Kiosk. Da die Betreiber jedoch einen Trauerfall in der Familie hatten und überstürzt schließen und abreisen mussten, haben sie vergessen ihr den Schlüssel zu geben. Och nö.
    Der Elchjäger hat übrigens Beute gemacht. Neben dem Haus hängen an Haken zwei frisch abgezogene Elche. Das Fell daneben. Auf den blutigen Köpfen kauen zwei schwarze Hunde herum, die sich, entgegen des ersten Eindrucks, als völlig verschmust und verspielt erweisen.





    Wir unterhalten uns kurz und laufen dann mit Annelie zurück zu den Hütten. Wir fragen nach der Sauna. Yes! Wenn wir sie selbst befeuern dürfen wir heute Abend rein. Super. War noch nie in einer Holz befeuerten Sauna. Bin gespannt. Zurück im großen Aufenthaltsraum mit Blick auf den Virihaure fange ich an Tagebuch zu schreiben und Tee zu trinken. Pierre und Laurent verschwinden um die Schwitzhütte anzuschmeißen.
    Kent, der mit seiner Familie eine Extra Hütte bezogen hat erklärt, das es eine Stunde braucht, bis die Sauna auf Temperatur ist. Wir sollen zuerst, dann kommt er mit seinen Töchtern.
    Bis das Feuer auf Temperatur ist essen wir zu Abend.
    Danach: Sonnenuntergang! Drama Baby!





    Er ist so klischeehaft schön, das nur noch the big fish jumping fehlt, wie Kent meint.
    Danach:
    Sauna!
    Wahnsinn! So muss dat. Im Vorraum ein Ofen. Dort wird sich umgezogen. Danach die „Dusche“ ein Holzofen auf dem ein großer Wasserkessel thront, in dem das Wasser schon kocht. Draußen ist es jetzt dunkel.
    Im Duschraum steht der Wasserdampf wie in einem Hamam. Ich lege die Stirnfunzel auf die Fensterbank und es entsteht eine surreale Stimmung aus Lichtstrahlen im Dunkeln, die durch die Wasserdampfwaden scheinen.
    Wir mischen uns aus heißem und kaltem Wasser eine angenehme „Dusche“ zusammen, die wir mit Schöpfkellen über uns verteilen. Laurent will nicht mit in die Sauna, bei der „Dusche“ ist er jedoch liebend gern dabei. Mein lieber Scholli. Wenn ich mit Mitte 60 so einen Körper habe bin ich stolz.
    Im Anschluss gehen Pierre und ich in die Sauna. Na sowas. Es ist fast kühl. Eine Kelle Wasser jedoch über die heißen Steine und die Hitze explodiert. Welche Wohltat für die geplagten Knochen. Ich genieße es in vollen Zügen. Pierre ist nicht nur staatlich geprüfter Schauspieler, sondern auch ein staatlich geprüfter Saunameister. Er schüttelt und wedelt was das Zeug hält und so komme ich in den Genuss eines ganz besonderen Aufgusses. Der Rauch des Birkenfeuers ist so intensiv, das es keines Wasserzusatzes bedarf. Zum Abkühlen laufe ich auf den Steg vor der Saunahütte und von dort geht es direkt in einen kleinen See, der durch den ablaufenden Giedavrre geschaffen wurde. Ich liege im kalten Wasser, blicke auf den klaren Sternenhimmel und kann mein Glück kaum fassen.
    Die beste Sauna meines Lebens.
    Noch zwei weitere Durchgänge, dann steht Kent mit seinen Mädels vor der Tür.


    Die "Dusche" am Tag danach


    Die Duschköpfe am Tag danach


    Drinnen


    Der Saunaofen


    Das Kühlbecken

    Zurück im Aufenthaltsraum bin ich angenehm müde und wohlig. Nur Laurent guckt komisch. Er war ja schon früher zurück und erzählt, das wir nicht die einzigen Übernachtungsgäste sind. Er meint da wäre ein junger Deutscher, der irgendwie seltsam wäre. Richtig verstanden hat er ihn nicht.
    Da geht die Tür auf und er kommt herein. Felix ein Sachse Mitte 20. Er ist vollkommen fertig. Er sagt wir wären die ersten Menschen, die er seit 16 Tagen sieht. Kommt aus dem Sarek, wo er wohl sowas wie eine Survivaltour machen wollte.
    Entschuldigung, aber jetzt muss ich etwas ausholen.
    Anscheinend hat es ihm Nachts im Sturm die Heringe aus den Tarpleinen gerissen. Er sei dann in einer Wasserlache aufgewacht und konnte bei 0°C nichts mehr trocknen. Er hat dann abgebrochen und ist nach Staloluokta, wo er seit gestern Nachmittag im Zimmer gelegen und geschlafen hat. Beim Abstieg sind seine Karbonstöcke gebrochen und er hat sich beide Fußsohlen in den nassen Schuhen wundgelaufen. Hat keine Ahnung von Hüttenöffnungszeiten (Verdammtes Glück, das hier noch offen war) Und beschwert sich das die Übernachtung Geld kostet, er wäre ja schließlich nicht im Hotel. Eigentlich erzählt er die ganze Zeit, was er falsch gemacht hat und ist dabei vollkommen überheblich und verkauft seine Fehler als unvermeidbaren harten Überlebenskampf. Freunde nimmt er nicht mit, die haben Frau und Kinder und er will den Familien nicht sagen müssen der Vater sei im Sarek geblieben. Ohne Worte. Wir sollen ihm Geld leihen, damit er sich einen Heli ordern kann.
    Ich greife jetzt vor, aber der Kerl hat mich furchtbar aufgeregt.
    Am nächsten Morgen informieren wir Annelie über den Gast. Wir erklären die Situation und das er keinen Kilometer mehr gehen kann. Sie schaut nach ihm und besorgt ihm einen Helikopter. Wir helfen ihm seine Ausrüstung zu packen. Dabei lässt er sich furchtbar Zeit und verbreitet einfach nur Arroganz. Wenn hier jemand erfahren ist, schon alles gesehen hat etc ist er das. Wortwörtlich hat er Erfahrung genug für uns alle.
    Wir setzen ihn in den Heli und statt Danke kommt nur: „Schreibt in meinen Youtube Channel“ Dort wird er sich ein paar Wochen später als ganz großer Held inszenieren, der wie geplant ausgeflogen wurde.
    Da zeigt sich wieder, was man von ach so tollen Youtube Videos und Erzählungen so halten kann.
    Ich hatte ihn in einem Post hier erwähnt und wurde daraufhin von einem Forumsmitglied angeschrieben:
    (Den Namen des Foristen möchte ich ohne Erlaubnis nicht weitergeben)
    „Hallo Sausemann,
    ich habe in einem deiner Beiträge Folgendes gesehen:
    „Wir waren vom 03.09. bis 13.09. auf dem Padjelantaleden unterwegs und mussten in Staloluokta einen jungen Deutschen in den Heli setzen, der im Sarek vom Wetter dermaßen gefrostet und geduscht worden war, das er mit nass wundgelaufenen Füßen keinen Meter mehr gehen konnte. „

    Ich bin dieses Jahr am X.9. in Duottar auf dem Padjelantaleden nach Norden gestartet und habe am X.9. die Fähre nach Ritsem genommen. (Wir müssten uns also eigentlich begegnet sein, wenn ihr auf dem Weg geblieben seid. Wer wart denn "ihr"? Ich war allein unterwegs.) Vorher war ich im südwestlichen Sarek unterwegs und habe einen jungen, alleinreisenden Deutschen getroffen, der mir etwas schlecht vorbereitet und überfordert schien. Ich habe mich noch ein paarmal gefragt, was aus ihm geworden ist. Er war ein kräftiger, großer Leipziger mit leichtem Dialekt. Ich meine, er hätte gesagt sein Name wäre Felix. Deckt sich das mit demjenigen, den ihr getroffen habt? Hast du eventuell noch ein paar mehr Infos gekriegt, wie es ihm ergangen ist?

    „Der junge Deutsche, den Du getroffen hast, war tatsächlich derjenige, den wir in den Heli gesetzt haben. Sein Name war Felix, er hatte einen ostdeutschen Akzent und war.....
    Ich möchte ihm nicht zu nahe treten, aber sagen wir mal so, mein bester Freund wird er nicht.
    Guck mal nach Platzhirsch Survival auf YouTube, da muss ich eigentlich nicht mehr viel zu sagen.

    Deine Vermutung er sei schlecht vorbereitet und überfordert gewesen, haben alle, die ihn gesehen und gehört haben geteilt, nur er nicht.
    Ihm hat es Nachts bei Regen und Temperaturen um 0°C die Heringe aus den Tarpleinen gezogen und er ist in einer Wasserlache aufgewacht. Danach hat er wohl nichts mehr trocken bekommen und ist in, ich glaube 4 Tagen, nach Staloluokta gelaufen.
    Durch die nassen Schuhe hat er sich die Füße an den Innenseiten wundgelaufen und konnte kaum noch gehen. Seine Karbonstöcke sind unterwegs auch noch gebrochen.
    Er hatte das Glück seines Lebens, das überhaupt noch jemand in Stalo war. Bis auf uns, einen Elchjäger und die Stugvardin war niemand mehr da und an dem Tag wurde geschlossen.
    Wir haben der Vardin Bescheid gesagt, sie hat einen Heli organisiert und wir haben dann seine Sachen gepackt und ihn zum Heliplatz gebracht.

    Tja ich hoffe er hat aus der Geschichte gelernt.

    Viele Grüße
    Sause “

    „Nun gut, dann ist ja zumindest geklärt, dass er ohne Schaden davongekommen ist. Den Eindruck, dass er etwas komisch war (das interpretiere ich jetzt mal frei in deinen Text rein ) habe ich auch gehabt. Unter vielen wirklich netten Begegnungen, die ich bisher beim Wandern hatte, war das eine der unangenehmeren.

    Den Youtubekanal habe ich mir eben angesehen, er erklärt Einiges. Ohne Chaos - keine Survival. Man erlebt halt das, was man sucht. Ich habe ihn im Tjuoldavagge getroffen nachdem wir gerade separat den Buojdesjahka gefurtet hatten. Er ist an einer hüfttiefen Stelle durch und hat bei der Furt seinen Schlafsack, der unten am Rucksack hing, in den Fluss getunkt (und das erst gemerkt als ich ihn gefragt habe, ob das für ihn garnicht problematisch sei). Ich bin 300 m weiter unten knapp knietief durch...

    Er scheint ja sogar seine Sarekreise als Videos zu veröffentlichen. Der Heliflug wird als Absetzen in der Wildnis inszeniert...

    Danke für deine Infos. Ich habe fast vermutet, dass es bei ihm nicht ganz wie geplant ablaufen wird. Andererseits... bei wem tut es das schon. “

    So nochmals Entschuldigung, aber das musste raus.
    Als der Typ verschwunden ist trinken wir noch einen Tee und gehen dann ins Bett. Laurent sucht seine Stirnlampe. Mist hat er in Arasluokta vergessen. Er möchte morgen weiter und in 2-3 Tagen in Kvikkjokk sein. Ganz alleine. Im Zelt. Ohne Stirnlampe. Ich mache mir Sorgen. Wenn da Nachts was passiert?
    Wir haben zwei Stück, also gebe ich ihm meine und wir vereinbaren das er sie in Kvikkjokk abgeben wird, wo ich sie mir dann holen kann. Genauso ist es auch gekommen. Zum Dank schenkt er mir eine Tüte Trekkingfutter die er über hat.
    Na bitte. Karma funktioniert. Mach was gutes und es kommt zurück. Wegen Essen muss ich mir jetzt nicht mehr so große Sorgen machen.
    Müde gehen wir gegen 22:30 Uhr ins Bett und ich schlafe direkt ein.



    Bilanz: 10,7km in 2:51h Laufzeit, 357m hoch und 491m wieder runter

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Freitag 06.09.2019 Tag 4. „Weine nicht wenn der Regen fällt“



    Abends in der Hütte. Jetzt ist endlich gut. Sause trocken und zufrieden. (Fast) den ganzen Tag über sah das ganz anders aus.

    8:00 Uhr In der Bude erwacht Leben. Ich habe nicht gut geschlafen. Es war viel zu warm und das Reißverschlussmuster, das die Regenhose auf meine Hüftknochen gezaubert hat, hat die ganze Nacht geschmerzt und ist jetzt schön rot und blau. Pierre ist mal wieder seit 2 Stunden wach. Draußen sieht es so aus, als könnte es ein ganz passabler Tag werden. Die Gipfel um uns rum sind weiß, es weht ein starker Wind und am Horizont lassen sich helle Flecken und der ein oder andere Sonnenstrahl erkennen. Ich gehe die örtlichen Lokalitäten aufsuchen und entdecke einen Adler, der in der Thermik (welche Thermik bei diesem Wetter?) des nördlichen Steilhangs seine Runden dreht. Wahnsinn. Erstaunlich nahe. Ganz deutlich erkenne ich die abgespreizten Flügelenden. Den charakteristischen Schrei bekomme ich auch noch zu hören.
    Wieder in der Hütte zurück spielt sich das allmorgendliche Ritual aus Frühstücken und Packen ab. Da wir in der Hütte genächtigt haben etwas entspannter als gestern, da wir weder dem Wetter ausgesetzt sind, noch das Zelt verpacken müssen. Trotzdem ist die Stimmung etwas verhalten. Wir sind beide maulfaul und so langsam merken wir beide die letzten Tage in den Knochen. Pierres Knie hat die Pause zwar gutgetan, aber gut ist anders. Der Trockenraum hat wahre Wunder vollbracht. Alles trocken. Sogar meine Handschuhe.
    Heute soll es nach Arasluokta gehen. Keine Ahnung warum, aber diese Wort verkörpert für mich die Gegend, die Landschaft, die Tiere und Menschen hier. Lappland. Schon zuhause habe ich mich auf Arasluokta gefreut, einfach des Namens wegen. Außerdem sollen wir heute an einer furchtbar fotogenen Steinformation vorbeikommen, die in so gut wie jedem Reiseführer über den Padjelantaleden erwähnt wird.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit brechen wir endlich gegen 10:00 Uhr in vollem Regenschutz auf. Kurz vor uns ist Kent mit seiner Familie losgezogen, auch dick in Regensachen eingehüllt.
    Direkt nach den Hütten geht es über eine kleine Hängebrücke, die über tolle Stromschnellen führt. Das Wasser hat kleine Löcher in die Felsen gewaschen und donnert in Strömen abwärts. Wir bleiben etwas und bewundern die Stromschnellen. Irgendwie hat keiner Lust den Anstieg, der direkt vor uns liegt, anzugehen.
    Aber es hilft alles nichts, wir müssen da jetzt 4km hoch.




    Shiet Wetter

    Der Wind wird immer stärker, bis es richtiggehend stürmt. Die Temperaturen bewegen sich um die 3°C und es beginnt zu nieseln und zu regnen. Obwohl der Weg recht einfach ist, beginnt meine Laune stetig in den Keller zu gehen. Ich friere, bin nass, die Handschuhe sind durchnässt und das Gefühl in den Fingern schwindet. Kein Fels, Kein Baum nichts um etwas Schutz vor dem Wetter zu bekommen. Normalerweise krieche ich mit Gepäck die Anstiege hoch. Diesmal renne ich fast. Ich will nur noch weg hier. Ich fluche wie ein Rohrspatz. Ziel meiner Beschimpfungen mein Nachbar Peter (nicht Pierre, sondern Peter aus Saarbrücken) Der findet total klasse, was ich gerade mache. Meint man müsste auch mal raus aus der Komfortzone. Jaja raus aus der Sch.... Komfortzone. Wo ist meine Komfortzone? Ich will sofort meine Komfortzone zurück. A....loch (Peter versteht das richtig, falls er mitliest lacht er sich gerade kaputt)
    Ich weiß nur, dass die Steinformation den fast höchsten Punkt des Anstiegs darstellt. Wann kommt dieses Mistding endlich? Irgendwann nach viel Gefluche und Gezeter komme ich dort endlich an. Pierre ist noch ein gutes Stück hinter mir. Ganz toll die Formation. Interessiert mich gerade einen ….. Das einzige was ich ihr abgewinnen kann, ist das sie mir wenigstens ein bisschen Schutz vor Regen und Wind bietet. Ich habe die Faxen dicke. Setze mich hinter die Felsen und rauche dem Regen zum Trotz eine Zigarette. Diese eine ist in diesem Moment überlebensnotwendig. Da gibt es Menschen, die werden mich verstehen.
    Pierre kommt auch an. Der hat erstaunlich gute Laune. Vom Regen des Vortags quasi schon auf heute vorbereitet hüpft er gutgelaunt durch die Gegend und macht fröhlich Fotos.


    Besser nicht ansprechen


    Unfassbar gutgelaunter Pierre

    Nach einer halben Stunde geht es weiter. Die Finger tun jetzt richtig weh. Weiter, weiter, weiter. Wenn wir stehenbleiben kalt, kalt, kalt. Die Regenhose drückt unter dem Hüftgurt und das Ding rutscht nass wie es ist immer wieder bis zum Allerwertesten und schnürt mir diesen ab. Wir erreichen den höchsten Punkt des Tages und gelangen auf eine Hochebene. Dort geht das ganze Spiel weiter, allerdings mit noch mehr Wind. Ich denke schon schlechter kann meine Laune nicht werden, da höre ich hinter mir aus Leibeskräften Gesang. „Weine nicht wenn der Regen fällt dam dam DAM DAM!“ Pierre! Ich muss hysterisch anfangen zu lachen. Er singt einfach gutgelaunt weiter. Ich lache und lache und 5min später ziehen wir Arm in Arm über die Ebene und brüllen aus voller Kehle sämtlichen schlechten deutschen Hits und Schlager der Geschichte.
    Von Drafi Deutscher über Münchner Freiheit bis zu Helene Fischer.


    Sangesbühne


    Wieder gut gelaunt trotz Rotz im Bart

    Es ist zwar immer noch furchtbar nass, kalt und windig, aber meine Laune hat sich zu hundertprozent gewandelt. In diesem Moment bin ich noch froher Pierre dabei zu haben. Er hat mir gerade den Tag gerettet.
    Die Laune ist also besser. Jetzt kann ich auch endlich nochmal die Natur um mich rum wahrnehmen.
    Der Regen und Wind werden weniger als wir den Abstieg von der Ebene angehen. Wir fühlen uns wie vom Sturm ausgespuckt und kommen zum Miellädno. Wieder eine große Hängebrücke. In dem kleinen gelben Reiseführer den wir als Basis für die Tour nutzen wird die Brückenquerung als ein Tageshighlight angepriesen, aber tatsächlich fand ich unsere zweite Übernachtungsstelle wesentlich beeindruckender.


    Ein kleiner orangener Punkt, vom Sturm ausgespuckt.

    Jetzt ist es sogar so trocken, das ich sowohl Kamera, als auch Garmin nochmal auspacke. Wir essen eine Kleinigkeit und ziehen dann weiter. Das negative an unserer Gesangsaktion ist, das ich diese furchtbaren Lieder bis zum Schluss der Reise nicht mehr aus meinem Kopf bekomme. Westlich von uns liegt der Virihaure. Ein Riesensee. Auf einer Infotafel lese ich das es der größte im Padjelanta Nationalpark, zudem der sechsttiefste in ganz Schweden ist. Er ist jedenfalls beeindruckend. Sogar durch den Nebel und die Wolken.




    Arasluokta in Sicht, von Osten wirds heller

    Wieder stehen wir vor einem Abstieg, der Pierres Knie ordentlich zusetzen wird, aber unten im Tal können wir schon die Arasluoktastugorna mit der dazugehörigen Samensiedlung sehen. Während des Abstiegs reißen die Wolken auf und die Sonne beginnt zu scheinen. Es wird sogar so sonnig, das wir überlegen im Zelt zu schlafen. Da wir aber beide einfach nur noch unsere Sachen trocknen und entspannen wollen beschließen wir wieder die Hütte zu nehmen.
    Unten angekommen müssen wir uns kurz orientieren und finden dann die Winter Hütte. Einen Bewohner gibt es schon. Laurent ein Franzose, Anfang 60. Er kann nur etwas Deutsch und kaum Englisch. Da Pierre und ich fast fließend französisch sprechen ist das aber kein Problem. Er kommt aus der Nähe von Munster. Wahnsinn, da reise ich hoch in den Norden, nur um jemand aus meinem bevorzugten Vogesen Revier zu treffen. Dort treibe ich mich mehrmals im Jahr rum und kann die Hochvogesen wärmstens empfehlen.
    Er läuft den Padjelantaleden zum zweiten Mal. Letztes Jahr ging es von Kvikkjokk nach Ritsem und dieses Jahr läuft er die Gegenrichtung. Letzte Nacht schlief er irgendwo kurz nach Laddejakha und ist wie wir voll in den Regen reingekommen. Zuerst sortieren wir die Nassen Sachen und belegen dann den Trockenraum. Das Wetter ist mittlerweile so gut, das ich sogar das Zelt aufbaue, um es im Wind trocknen zu lassen.
    Zurück in der Hütte kommt noch ein nasser Gast. Ein deutscher, ca Mitte 30. Den Vornamen habe ich vergessen aufzuschreiben. Ein sehr netter kommunikativer Kerl. Er kommt aus dem Sarek und wird querfeldein nach Kvikkjokk laufen, wo wir uns dann wiedersehen werden.
    Zwischenzeitlich kommt Kent vorbei. Er hat sich mit seiner Familie in der Stugvard Hütte einquartiert und kassiert den Obulus. Dabei kommen wir ins Gespräch. Er erzählt wundervolle Geschichten von den Sami, Bären, Riesenfischen und lauscht ganz fasziniert den Geschichten von uns anderen. Ich merke das in dieser Gegend Kommunikation, Geschichten usw ganz wichtig sind. Man kann sich Abends nicht einfach mal vor das Internet hocken oder sich von der Glotze mit banalem Zeug berieseln lassen. Zwischenmenschliche Interaktion, Geschichten und die Fantasie sich diese auch vorstellen zu können. Ich habe den Eindruck, das beherrscht hier das soziale Leben in dieser verlassenen Gegend.
    Über der Erzählerei beginnt sich der Himmel draußen rötlich zu färben. Pierre und ich gehen raus zu der Samensiedlung. (In der aber keine Sami mehr sind, da sie laut Kent vor einer Woche alle die Siedlung verlassen haben).




    Kitschig aber schön





    Dieser Abend entschädigt für den vorangegangenen Tag. Die untergehende Sonne über dem Virihaure ist einfach unbeschreiblich schön. Es sind immer noch Wolken am Himmel. Die Sonne und die Wolken zaubern Postkartengerechte Panoramen auf die Speicherkarte. Mich erfüllt wieder ein Gefühl der kompletten Entspannung. Wir reden nicht viel. Jeder genießt still und vollkommen entspannt diesen einzigartig schönen Moment. Ich muss an meinen vor 4 Jahren verstorbenen Vater denken. Er hat mir immer ermöglicht die Welt zu bereisen und raus in die Natur zu kommen. Wenn er jetzt hier sein könnte. Mir kommen die Tränen. Eine Mischung aus Glück, Dankbarkeit und Trauer. Happy sad Moment.
    Mir wird jetzt klarer, warum mich der Name Arasluokta schon vor der Tour fasziniert hat.
    Vielleicht ist es auch gar nicht so spektakulär, wie in meiner Erinnerung, aber nach dem heutigen Tag kommt mir dieser Abschluss wie ein Geschenk vor.
    In der Dämmerung packe ich das inzwischen trockene Zelt wieder ein und wir verziehen uns in die Hütte. Es wird noch ein bisschen erzählt, Tagebuch geschrieben und nach einer Tütenmahlzeit geht es dann auch schon ab in die Kiste.
    Bilanz: 13,8km in 3:34h Laufzeit, 504m hoch und 521m wieder runter

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
    Werden wir sicher noch lesen, aber das war dann vermutlich so?
    .
    Dem war tatsächlich so. Entgegen kam uns erst am vorletzten Tag ein Schwede, der ganz zerknirscht war. als wir ihm gesagt haben das Boot führe nicht mehr. Ansonsten haben wir eigentlich nur noch in Arasluokta, Staloluokta und Njunjes Abends 2-3 Leute gesehen. (Bis auf Staloluokta da gabs ein Massenaufkommen von 8 Menschen )

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  • Ljungdalen
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Besten Dank für den Bericht bis hierher schon mal... da werden Erinnerungen wach...

    Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
    Wir trafen vielleicht maximal 4 Leute pro Tag. Ich denke ab jetzt werden wir tatsächlich noch weniger Leute sehen. Zumindest aus der Gegenrichtung. Die MS Storlurle wird in 3 Tagen das letzte mal fahren.
    Werden wir sicher noch lesen, aber das war dann vermutlich so?

    Wir sind 2011 mit dem vorletzten Boot rüber, haben in der letzten offenen Nacht in der Akkastuga übernachtet, und ab dort überhaupt keine entgegen kommenden Leute mehr getroffen. Insgesamt auf der gesamten Strecke ab dort nur 6, die in unserer Richtung oder eine ganz andere Route liefen (3 Deutsche, 2 Finnen, 1 Schwedin).

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Donnerstag 05.09.2019 Tag 3 diesmal weniger Fotos due to weather conditions


    Wassertropfen auf dem Schlafsack

    6:30 Uhr. Ich höre leichten Regen auf das Zeltdach klopfen. Pierre ist schon wieder nicht im Zelt. Ein morgendlicher Bettflüchter. Ich dachte das kommt erst im senilen Alter. Ich schaue auf meinen Schlafsack: Feucht. So ein Mist. Wir haben jede Menge Kondenswasser im Zelt. Ich habe mir zwar von Cumulus hydrophobe Daune und ein etwas wasserabweisenderes Fußteil in den Sack einbauen lassen, mir kommen jedoch Zweifel ob das alles auch wirklich hält was es verspricht.
    Ich habe die Nacht wieder super geschlafen, fühle mich jedoch nicht wirklich erholt.
    Drehe mich noch eine halbe Stunde von links nach rechts, dann hört der Regen auf. Wie gerufen erscheint auch Pete, der schon seinen Morgenspaziergang erledigt hat. Etwas missmutig kochen wir uns auf der Bank Kaffee und Wasser fürs Müsli.



    Ich bin unentspannt. Jeden Moment könnte es wieder anfangen zu regnen. Daher drücke ich etwas aufs Tempo. Wir verdrücken das Müsli und fangen an zusammenzupacken. Im Regen wäre das doof mit seinem ganzen Tüdelkram ausgebreitet. Ich trage das Zelt und hab mir bei den letzten Touren angewöhnt das ganze als komplette Rolle im Packsack in der Mitte des Rucksacks Richtung Rücken zu platzieren. Der Rest wird dann drumrum gepackt. Leider macht der relaxte Pierre nicht hinne und ich sehe mich schon im strömenden Regen meine Sachen in den Rucksack stopfen. Als ich das Ding endlich einpacke ist es immernoch klatschnass. Der Himmel ist eine einzige Suppe und wir werfen uns in volle Regenmontur. Bis jetzt hatte ich auf Tour immer unverschämtes Glück mit dem Wetter. Jetzt können sich die Regensachen bewähren.



    Wir laufen über die Hängebrücke zurück zum Padjelantaleden. Es regnet jetzt die ganze Zeit. Mal stärker, mal schwächer. Gefühlt geht es die ganze Zeit bergauf. Nicht steil, aber stetig.
    Die Landschaft wandelt sich etwas. Wo vorher noch viele Birkengebüsche zu sehen waren sieht man jetzt nur noch Steine, Gräser, Moose und Flechten. Die Moose sind sehr farbenfroh von saftigem Grün über sattes Orange zu leuchtendem Rot. Wirklich schön. Wir laufen den ganzen Tag mit Sicht auf den Vastenjaure. Sofern man ihn in der trüben Suppe sehen kann. Trotz des miesen Wetters packe ich andauernd die kleine Sony aus. Ob der das so gut tut? Dem Garmin tuts auf jedenfall irgendwann gar nicht mehr gut und es muss in der Tasche verschwinden.
    Ich empfinde die Stimmung surreal. Durch die hochgezogenen Kapuzen und den Nebel wirken alle Geräusche gedämpft. Als wenn Schnee gefallen wäre. Ich laufe die meiste Zeit voran und habe die ganze Zeit Lieder von Sigur Ros im Kopf. Passende Band zur passenden Landschaft. Musik im Ohr. Ein gutes Zeichen übrigens. Wenn sich beim Wandern permanent Musik in meinem Kopf einstellt, dann stellt der Körper auf Autopilot und der Kopf auf Tiefenentspannung. Pierre macht einen unglücklichen Eindruck wegen dem Wetter, aber da muss er jetzt durch.





    Es ist kalt. Die Gipfel der Umgebung pudern sich Weiß. 4°C wird das Garmin zuhause ausspucken. Pausen machen wir nur kurz im Stehen. Es geht die ganze Zeit weiter bergan. Sehr schön sind die mäandernden Zuflüsse des Vastenjaure. Leider sind auch diese nur ab und zu durch den Nebel zu erkennen. Jetzt beginnt Pierres Knie zu schmerzen. Ohweh. Am dritten Tag schon. Innerlich fange ich an uns Exit Strategien zurechtzulegen. Er kann leider auch nicht einfach geradeaus durch den Schlamm und die Pfützen, da seine Yakleder Schuhe bereits aufgegeben haben und das Wasser reinsuppt. So ist er gezwungen den Pfützen und Schlammstellen über die seitlichen Felsen und Steine auszuweichen. Jedesmal ein kleiner Auf- und Abstieg, der das Knie natürlich nicht besser macht.
    Ich bin trotz des Wetters weiter verzaubert von dieser Landschaft. Heute läuft jeder mehr oder weniger für sich alleine. Ich lasse meinen Gedanken freien Lauf. Am höchsten Punkt angekommen müssen wir einen kleinen Bach überqueren. Eigentlich kein Problem, aber der steile Ausstieg erweist sich nach dem Regen als extrem rutschig und wir haben ein bisschen Mühe rauszukommen.




    Sieht leicht aus, der Ausstieg hats aber in sich

    Wir befinden uns jetzt auf einer Art Hochplateau. Die Fernsicht wäre sicherlich gigantisch, wenn sie denn da wäre. Nachdem wir das Plateau überquert haben sehen wir einen steilen Abstieg vor uns liegen. Unten im Tal die Laddejakha Hütten. Ich sehe Menschen. Sehr gut. Wir beschließen diese Nacht in der Hütte zu verbringen. Pierre braucht einige Zeit für den Abstieg. Das Knie....Eigentlich bin ich der Experte für solche Zipperlein, aber das gesprengte Sprunggelenk lässt brav nichts von sich hören.



    Es schüttet mittlerweile wie in Strömen und wir kommen nass wie die Pudel an den Laddejahkahütten an.
    Wir laufen zum Haupthaus. Dort ein Aushang: Closed for the Season. Na toll. Habe doch gerade noch Menschen gesehen. Wir vermuten, daß das der Stugvard war, der das Schild angebracht und dann das Weite gesucht hat. Aber sollte nicht eine Hütte den ganzen Winter offen sein? Mit Nottelefon? Wir schauen uns um und entdecken das Schild zur Winter Hut. Diese entern wir sofort. Drinnen ist es lausig kalt und bis ich den gesamten Gasheizapparat verstanden habe, inklusive der Belüftungsdosen, die man abschrauben muss, vergeht eine Weile. Die Hütte hat einen entscheidenden Vorteil: Ein Trockenraum. Super.
    Meine Regenklamotten haben sich zwar bewährt, da ist nichts durchgekommen, die Schuhe sind auch noch erstaunlich trocken, aber im Rucksack scheint es trotz Regenhülle kein trockenes Plätzchen mehr zu geben. Das ist alles schön den Rücken runtergelaufen und von hinten eingesickert. Gelobt seien die wasserdichten Packsäcke. Ansonsten ist alles, was nicht dicht verpackt war feucht und klamm. Bei Pierre, der nicht ganz so wasserdicht gepackt hat, hat es einiges und dummerweise auch den Schlafsack angenässt. Lange Rede kurzer Sinn: Wir belegen den kompletten Trockenraum mit unserem Gerümpel. Nur das Zelt bekomme ich leider nicht mehr reingequetscht.
    Mittlerweile ist es auch in der Hütte mollig warm. Einmal werfe ich mich noch ins Ölzeug um Wasser holen zu gehen. Da war doch was? Da ist doch jemand? Tatsächlich sehe ich bei einer abgelegeneren Hütte eine Gestalt. Ich laufe hin. Es ist Kent der Stugvard. Ein ganz famoser Kerl, den wir mit seiner Familie die nächsten Tage noch öfter sehen werden. Tatsächlich hat er die Anlage vor ein paar Minuten geschlossen. Er war die Saison über mit seiner Frau hier und jetzt haben ihn seine Töchter besucht um zusammen nach Staloluokta zu wandern. Von dort werden sie ausgeflogen. Er macht das seit über 25 Jahren und für seine Töchter ist es eine Art Reise in die Kindheit. Glücklich, wer so aufwachsen kann.



    Er sagt es sei voll in Ordnung die Hütte zu benutzen. Er käme auch gleich noch zum Kassieren vorbei.
    Ich gehe Wasser holen und laufe zurück zur Hütte, da kommt er auch schon, einen Karton in der Hand.
    Das seien die Reste aus seinem Laden. Wir könnten nehmen was wir wollen. Große Augen bei Peter und mir. Wir bedanken uns mehrmals und nehmen dann eine Packung Knäckebrot und Kartoffelbrei. Wir zahlen jeder 360kr für die Nacht und er fragt uns, wie lange wir bleiben wollen. Die zweite Nacht wäre umsonst, weil heute der letzte Tag und er so gut gelaunt wäre. Wir verneinen, aber es ist unglaublich. Sowas hab ich an einem touristisch betriebenen Ort noch nie erlebt.
    Er ist ein Fuchs, der Kent. Hat mit seiner Freundlichkeit schon vorgebaut. Dadurch verzichten wir darauf seine Hütte zu stürmen oder uns als Wegelagerer zu verdingen, als plötzlich der unverkennbare Geruch von frisch gebackener Steinofenpizza durch die Hütten wogt.
    Der Rest des Tages besteht aus Tagebuch schreiben, Tee trinken, Körperpflege, essen und Quatsch machen. Es ist herrlich ruhig und wir haben die Hütte für uns alleine. Andere Wanderer waren die letzten Tage kaum zu sehen. Wir trafen vielleicht maximal 4 Leute pro Tag. Ich denke ab jetzt werden wir tatsächlich noch weniger Leute sehen. Zumindest aus der Gegenrichtung. Die MS Storlurle wird in 3 Tagen das letzte mal fahren.
    Gegen 21:00 Uhr gibt es für mich ein Menu aus Knäckebrot mit Käsecreme, Stew mit Perlgraupen und einem Stück Schokolade als Dessert. Dazu ein Schluck von Pierres Lagavulin, noch eine Verdauungszigarette und ab geht’s in die Federn.
    Bilanz:12,2km in 3:18h Laufzeit 340m hoch 361m runter
    Zuletzt geändert von Sausemann; 28.03.2020, 18:09.

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  • evernorth
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Kurzweilig und gut geschrieben - sehr schön.
    Da bin ich dabei......

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  • Blahake
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Oh fein, oh fein, ein Pajelantaledenbericht!!! Da werden bei mir Erinnerungen wach an 2012!
    An Eurer Übernachtungsinsel bin ich letzten Sommer vorbeigekommen und virtuell gerade erst vor ein paar Tagen in meinem eigenen Bericht.

    Zitat von Sausemann Beitrag anzeigen
    Elfen und Trolle. Wer hat behauptet die gäbe es nicht?
    Niemand, der lange genug da oben gewandert ist!

    Tolle Bilder, schöner Bericht und feine Beobachtungen, ich werde Euch weiterhin verfolgen!

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Und weiter gehts

    Mittwoch 04.09.2019 Tag 2

    7:30 Uhr Ich wache auf. Eine herrlich erholsame Nacht liegt hinter mir. Die neue Daunenschlaftüte hat sich bestens bewährt. Habe geschlafen wie ein Baby. Gegen 1:00 Uhr bin ich kurz aufgewacht, da zeigte das Thermometer an der Uhr 5°C. Im neuen Daunenparadies kuschelig warm. An den Wänden hat sich auch kaum Kondens gebildet, was bei meinem Vango sonst tatsächlich das größte Problem darstellt. Ich bin allein im Zelt, Pierre ist also schon aufgestanden.




    Sonnenaufgang und der Sause schnarcht noch

    Ich liege kurz da und horche in mich hinein. Tut was weh? Nö. Alles gut. Ich bin erstaunt. Ich war es gewohnt meinen Rücken am Morgen des zweiten Tages zu verfluchen, aber hier...nüscht. Ich bin zufrieden. Die Nervosität, die sich gestern und die letzten Tage über mich gelegt hatte scheint zum großen Teil verflogen und macht einer freudigen, aber unsicheren, Erwartung Platz, was die nächsten Tage bringen werden.
    Ich finde Pierre in der Stuga. Wir frühstücken und tragen uns ins Hüttenbuch ein, mit Wohnort und Ziel. Das werde ich die gesamte Tour gewissenhaft machen. Die einzige Bedingung, die die Sausefrau mir auferlegt hat.
    Der Himmel kleidet sich heute morgen in ein trübes Grau. Es nieselt ab und zu. 9°C zeigt das Thermometer. Naja nach der Sonne gestern hatten wir eigentlich schönes Wetter erwartet, aber wie schnell sich das im Fjäll ändern kann, werden wir die nächsten Tage live erleben können. Ein bisschen lässt es sich auch jetzt schon erahnen. Tiefdunkle Wolken ziehen in rasender Geschwindigkeit heran und auch wieder vorüber.
    Ich laufe zum Zelt zurück um die Karte zu holen. Dabei schrecke ich 2 Rentiere auf, die 5m neben unserem Zelt gemütlich kauen. Eines hat ein Halsband an, das erste sichtbare Zeichen der Rentierwirtschaft denke ich.
    Zurück in der Stuga beschließen wir heute nicht die gesamten 23km bis Laddejahka zu laufen, sondern auf halber Strecke auf einer Insel zu nächtigen, von der uns die zwei Deutschen gestern Abend erzählt haben. Wenn ich die Karte richtig lese heißt sie Skajdde und dort trifft der Nordkalottleden auf den Padjelantaleden. Wir sind immer noch unsicher wegen der Anstrengung und der Wegverhältnisse, daher wollen wir es am Anfang nicht übertreiben. Damit wäre der eine Extra Tag, für den ich mir Verpflegung gebunkert habe schon aufgebraucht. Das hätte sich im Verlauf der weiteren Tour beinahe gerächt, aber dazu später mehr.
    Wir laufen durch den Niesel zum Zelt um unseren Kram zu schnappen. In der Stuga wird dann alles gepackt und im Rucksack verstaut. Wie immer am Anfang braucht es ein bisschen, bis sich die Packroutine einschleicht, aber nach ein paar Tagen klappt das wie am Schnürchen. Pierre ist noch am Packen, da nutze ich eine kurze Nieselpause und verstaue das Zelt erstaunlich trocken im Sack.
    Der Niesel wird langsam weniger. Daher verzichten wir auf das Ölzeug und stiefeln gut gelaunt gegen 10:30 Uhr los. Der Weg ist kinderleicht und wir ziehen durch eine famose Landschaft aus Birkenwäldern, einzelnen kleinen Birken, die tatsächlich je höher wir kommen immer kleiner werden, bis sie von Gebüsch kaum noch zu unterscheiden sind.


    Einsame Krüppelbirke

    Hügel hoch, Hügel runter. Die Sonne blitzt jetzt immer öfter durch die Wolken. Nach ca 3km kommen wir auf eine Ebene. Der Untergrund wird feuchter und wir lernen Bohlenwege zu schätzen. Erstaunlich, wie wenig rutschig die Dinger im feuchten Zustand sind. Die Landschaft, das Licht und das Wetter sind der Wahnsinn.
    Das All, unendliche Weiten.
    So fühlt sichs an.







    Der Himmel zeigt ein beeindruckendes Schauspiel aus Pechschwarzen Regenwolken, grauen Nebelbänken und sonnigen Flächen und Flecken, durch die das Licht in massiven Strahlen durch die Wolken strahlt. In der Ferne große Regenvorhänge. Dieses Zusammenspiel ist eine wahre Lichtorgie. Mir läuft es schaudernd den geschwitzten Rücken runter. Ich beginne so langsam richtig anzukommen und die Situation, den Weg, die Landschaft anzunehmen und in mich aufzusaugen. Elfen und Trolle. Wer hat behauptet die gäbe es nicht? Amateur. Hier muss es welche geben.


    Fjälltrollet lives here

    Hier sehen wir auch die erste Samensiedlung am Wasser. Laut Karte nehme ich an Vuojastugan. Eine kleine Ansammlung versprengt liegender kleiner Hütten und Gebäude direkt am Kutjaure. Menschen sind keine zu sehen, dafür massenhaft Rentiere. Bestimmt 5 oder 6 Gruppen mit ca 10 Tieren. Teilweise fast auf unserem Weg. Ausweichen ist nicht, da links und rechts der Bohlen ein stattlicher Sumpf liegt. Sie interessieren sich aber nicht sonderlich für uns und weichen uns aus.
    An einer Bohlenbank machen wir eine kleine Pause.
    Hier hat annodazumal wohl ein Riese gekämpft und den Kampf verloren. Sein versteinerter Schädel ist der Beweis.



    Nach einer halben Stunde ziehen wir weiter. Pierre wohnt in Hamburg, ich in Saarbrücken. Wir sehen uns also im Normalfall vielleicht zweimal im Jahr. Wie schön jetzt soviel Zeit miteinander verbringen zu können. Wir erzählen und erzählen. Es werden intime Momente, die man so nur mit einem Herzensmenschen erleben kann. Die einfachen Wegverhältnisse tun ihr übriges um die gemeinsame Zeit und die Natur genießen zu können. Man ist nicht gezwungen ständig auf seine Füße zu gucken um nicht umzuknicken oder im Sumpf zu versinken.
    Das Wetter kann sich immer noch nicht entscheiden wie es denn heute weitergehen soll. Immer mal wieder nieselt es, unterbrochen von längeren sonnigen Abschnitten.
    Dieser Wettermix hat den schönen Effekt, das sich plötzlich überall Regenbogen auftun. Wunderschön. Zum ersten mal in meinem Leben sehe ich sogar doppelte Regenbögen. Dazu der vorab beschriebene Licht und Stimmungswahnsinn. It`s magic!





    Es geht immer weiter. Gegen 15:00 Uhr können wir die große Hängebrücke sehen, die uns auf die Insel führen wird. Irritierend. So ein riesiges Bauwerk, mitten im Nichts. Von der Brücke aus können wir eine schöne ebene Fläche erkennen. Die diente wohl schon öfter zum Zelten. Jemand hat aus Steinen und einem Brett eine kleine Bank gebaut, eine kleine Feuerstelle gibt es auch. Um dorthin zu gelangen müssen wir jedoch über ein kleines Hügelchen und hier zeigt sich das diese Stelle wohl öfters frequentiert wird. Leider liegt überall Müll rum. Nicht viel, aber halt trotzdem was. Dazu muss man aufpassen, wo man hintritt. Der Hügel bietet sich als Blickgeschütztes Freiluft WC quasi an.



    Nachdem wir den Hügel des Schreckens überquert haben erweist sich die Campsite jedoch als schön und Müllfrei. Nur in der Feuerstelle hat jemand versucht Bierdosen und Teebeutel zu verbrennen.
    Wir schlagen in der Sonne unser Zelt auf und lungern erstmal ein bisschen rum.
    Komisch. Nichtstun. Ohne Handy, Internet, TV, Arbeit, Freunde, Alltag. Das will gelernt sein. Ich bin es kaum noch gewohnt. Das Wetter war heute zu ungewiss, um unterwegs den Kocher auszupacken. Daher gibt es jetzt erst das Süppchen. Es ist aber noch früh. Ca 17 Uhr.




    Camplife


    Pierre entspannt

    Im Anschluss erkunden wir die weitere Halbinsel. Sehr idyllisch, sehr schön. Jeder hängt seinen Gedanken nach und wir entfernen uns voneinander. Ein richtig meditativer Moment. Alleine mit sich über sich über das Eiland schlendernd, ohne Eile, ohne Gepäck. Die Himmlesdramen, Regenbögen dazu der donnernde Vuojatädno. Es erfasst mich ein Gefühl von tiefer innerer Ruhe, wie ich es nur in der Natur fernab der Zivilisation erreichen kann.
    Diese Ruhe wird nur von einem lauten fröhlichen Miep unterbrochen. Ein Miep Vogel! Ich muss grinsen. Ich meine mich zu erinnern in einem von Pfiffies Berichten von ihm gelesen zu haben. Nur weiß ich nicht mehr, ob er ihn gefreut oder genervt hat. Beides ist bei der Miep Frequenz möglich und aufdringlich ist er auch noch der Kerl. Ich jedenfalls freue mich. Er flattert in einer Tour vor mir rum, dreht kleine Pirouetten und macht Miep, Miep. Würde gerne wissen was das für ein lebensfrohes Exemplar ist.


    Guru Piet


    Headbanging Wollgras



    Zurück am Zelt, packe ich ein Handtuch, die letzten zwei Dosen Mariestads und laufe zum Ufer. Socken waschen. Schon am zweiten Tag, was ein Glück. Während das Bier in Lichtgeschwindigkeit runterkühlt stehe ich im Fluss und schrubbe. Ich werde auch später noch Socken waschen, teilweise mit warmem Wasser und mit Seife, aber so wohlriechend wie aus dem Vuojatädno werden sie nie wieder.


    Altbewährte Gerunchsfalle in diesem Fall ohne Geruch

    Danach beginnt es langsam zu dämmern. Wir kochen uns unser Tütenessen, schnappen uns die Fotoapparillos und ziehen los Richtung Hängebrücke. Der Himmel hat sich immer noch nicht beruhigt und wir erleben einen Spektakulären Sonnenuntergang.



    Danach wird es schlagartig kalt. In Schottland habe ich im Mai Abends ordentlich gebibbert, daher habe ich mir eine günstige „Hochgebirgs“ Daunenjacke zugelegt. Die sieht zwar kacke aus und hat Kältebrücken sobald man sich anlehnt, ist aber leicht und bringt Wärme.
    Wir kochen uns noch einen Tee, ich rauche noch eine Zigarette (die werden nie bis zum Schluss reichen) danach ziehen wir uns ins Zelt zurück. 2°C sagt das Thermometer. Pierre quält sich in das Thermoinlett für seinen nicht ganz so warmen Schlafsack. Wir lauschen dem Donnern des Flusses und werden so in den Schlaf gewiegt.
    Bilanz: 12,0 km in 2:59h Laufzeit 256m hoch und 296m wieder runter

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  • Sausemann
    antwortet
    AW: Padjelantaleden 2019: Von Licht, Schatten, ziemlich besten Freunden und Rent

    Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
    vor allem aber auch auf den Blick in einer anderen Jahreszeit dort
    Ja der Herbst war wunderschön. Am Anfang noch verhalten, später dann in voller Pracht

    Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
    Schön, dass du einen Bericht schreibst, Sause. Vielleicht sollte ich auch mal wieder
    Hallo Claudia. Schön das Du mitliest. Nach unserer Begegnung wurde es noch richtig spooky. Vielleicht solltest Du mal wieder...Liebe Grüße an Holger

    Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
    Klasse geschrieben, schöne Fotos, tolle Gegend,.... ich bin dabei!
    Vielen Dank für die Blumen, in Bälde gehts weiter

    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
    Letztendlich erlebt jeder die Natur dort anders mit unterschiedlichen Eindrücken und Empfindungen. Und auch das Wetter, das Licht und die Vegetation sind stets unterschiedlich.
    Ja die Landschaft, das Licht und die Weite, sowie die herbstlichen Birkenwälder im zweiten Teil der Tour waren einfach unfassbar

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