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Hier der Reisebericht einer Trekkingtour, die von der größten Stadt in der Finnmark, in 10 Tagen bis zum Nordkap führte.
Ich bin zusammen mit einem Freund, Daniel, gewandert.
Zunächst die Eckdaten.
Start der Tour am 12. August 2013 (Hinflug Berlin-Alta), Ende am 26. August (Ankunft in Berlin).
Distanz ca. 250km (Aufgrund fehlender Wege allerdings teilweise schwer zu schätzen)
Ausgerüstet u.A. mit Rucksack, 2-Mann-Zelt- Schlafsäcken und Isomatten, Messer, Karten, Kompass, Schnur, Gaskocher, Feuerstarter, Kochgeschirr, 3l Wasser p.P. Nahrung für 3-5 Tage, Kameras+Taschenlampe (Das man die nicht braucht, hab ich dann halt feststellen müssen...), Wörterbuch, Reclambuch (Schillers 'die Räuber'), 750Norw. Kronen p.P., feste Bekleidung, Stiefel+Wechselschuhe, Waschzeug und Erste-Hilfe-Ausrüstung
Vorwort
Die Idee zu der Reise entstand, wie so vieles anderes (...) irgendwann Nachts in einer Kneipe in Stralsund, wo wir beide herkommen. Ich wollte sowieso eine Treckingtour organisieren, da ich jeden Sommer für ein paar Wochen wandern gehe, u.A. bereits in West-Irland, den Alpen und Slowenien, aber bisher nur Mitreisender war.
Auf der Suche nach einem markanten Punkt auf der Karte sticht das Nordkap natürlich schnell ins Auge. Aber keiner scheint so recht eine Vorstellung zu haben, wie der nördlichste Ort Europas eigentlich aussieht, wie er sich anfühlt, was für Bedingungen man dort vorfindet. Es schien uns ein rechtes Abenteuer, das viel Vorbereitung benötigt, Strapazen mit sich bringt, aber auf jeden Fall einzigartig im Leben bleibt.
Bei der Recherche stellten wir schnell fest, dass gute Informationen über das Wandern in diesen Regionen rar gesät sind.
Auf diversen Foren haben Leute sich schon öfters gefragt, ob dies eine gangbare Tour ist, oder ob man davon eher abraten sollte. Auch gute Wanderkarten der Region waren schwer zu beschaffen. Schließlich bin ich durch einen Tip von einem Globetrotter Mitarbeiter auf die Geobuchhandlung gestoßen, die Kartenmaterial dieser Gegend zur Verfügung stellen.
Schon der erste Blick auf die Karten ist recht entmutigend: Es gibt so gut wie keine Wanderwege dort oben (Der E1, der nun wohl bis zum Nordkap führt, war auf diesen Karten noch nicht eingezeichnet). Nur die relativ neue E69 führt an der Küste entlang dort hoch.
Ein Wanderer hat nun also nur 2 Optionen: entweder stures Straßenlatschen, oder Querfeldeingehen.
Nach einigem gemeinsamen Planen haben wir einen guten Mittelweg gefunden, eine Strecke, die uns von Alta aus erst zwei Tage die Straße entlang führt, dann entlang eines 'Weges' 3 Tage durch den Stabbursdalen Nationalpark zum Porsanger-Fjord, und dann teils an der Küstenstraße, teils Querfeldein, die Küste hinauf bis zum Ziel.
Um die Frage gleich vorwegzunehmen:
Ich möchte niemandem empfehlen, diese Tour zu machen. Natürlich war sie ein großartiges Abendteuer, aber folgende Parameter machen die Wanderung teilweise zum Höllentrip:
Wetter (Regen, kalt, Sturm), Wege (entweder ständig auf engen Straßen Autos ausweichen, oder Querfeldein-navigieren, im Schlamm steckenbleiben, von Rentieren gefressen werden...), Einsamkeit (abseits der Wege gibts keine Menschen, die Kommunikation mit den Einwohnern fand leider nur sehr selten statt, sonst trifft man oben nur auf hochnäsige Touris, die mit dem Wohnmobil zum Kapp fahren...) und Tristesse. Irgendwann ist das Letzte was man sieht, ein einsamer Strauch am Horizont und eine Gruppe Rentiere, die Vorüberzieht.
Genug gelabert, nun zum Bericht.


(Aus meinem Reisetagebuch)
13.8.2013, 0:30, leichter Nieselregen
Im ersten Camp angekommen, auf einer Wiese neben Alta, ca. 5km vom Flughafen. Tag ist nach Plan verlaufen, haben uns in Berlin getroffen und bei Bekannten Couchgesurft. Flug 11:40 ab Schönefeld nach Oslo, dort 6h Aufenthalt, zum Supermarkt getramt und Lebensmittelvorrat für 6 Tage aufgestockt. Rückweg zum Flughafen mit Zielgewicht über 20kg zu Fuß, anstrengend aber machbar. Flug von Oslo nach Alta ab 19:20 ohne Komplikationen. Norwegen von oben war weiß, da von einer dicken, watteartigen Wolkenschicht überzogen. In Alta (21:30) 12°C und bewölkt. Sehr feucht. Zu Fuß auf E6 aus Stadt herraus bis Camp1. 23:30 erreicht. Dämmrig, aber nicht wirklich dunkel, Abwaschwette verloren, da Daniel noch Zeitung lesen kann.

13.8. 15:10, bewölkt, vereinzelt Regen
Mittagspause. Zwischen Aufstehen und losmarschieren vergeht etwa 1h. Schöner Strandspaziergang, durch Watt, Geröll und Felspisten. Müssen heute und morgen auf der Straße E6 wandern, sehr anstrengend. Spruch des Tages von Daniel: "dieses Efeu ist sehr schön" während er ein Büschel Moos inspiziert (sind das die ersten Anzeichen von Erschöpfung?
)
Erste sonnige Momente.




22:20
Nachtlager an einem ruhigen, malerischen See. Wetter stabil, am offenen Feuer gekocht. 25km vom Wanderweg entfernt, werden morgen evtl etwas früher aufstehen, um die Straße endlich hinter uns zu lassen. Haben angefangen, aus Schillers 'die Räuber' vorzulesen. Schwerer Stoff... Temperaturen fallen deutlich unter 10°. Freue mich schon auf die Wildnis.



14.8. 8:40, bewölkt
Kühles Bad am Morgen erfrischt! Temperatur über 10°, stabiles Wetter.
14:30 15°
Mittagslager. Haben Würstchen gegrillt und Kekse gegessen. Grade haben uns zwei Bundeswehr-Transportflugzeuge im Tiefflug überflogen. Sind also nicht die einzigen Deutschen hier oben. Haben obere Baumgrenze das erste Mal überschritten. Interessanterweise sind die letzten Bäume hier oben verkrüppelte Birken. Haben Straße für ein paar Stunden verlassen, um einen verlassenen Feldweg über die Berge zu nehmen. Erster Ausblick von einem Gipfel->phänomenal! Ein bisschen von der Einsamkeit Lapplands gekostet.
Noch 2h bis zum Weg. Dann mehrere Tage komplett ohne Zivilisation. hoffe, das die Vorräte gut reichen. Daniel kämpft mit ersten Blasen. Bin auf die Rentiere gespannt. Haben in einiger Entfernung schon eine Herde gesehen.


18:10, leicht bewölkt
Hoffe auf gutes Wetter. Wir verlassen nun die Straße und schlagen uns durch den Stabbursdalen Nationalpark evtl zu einer Hütte durch, wo wir hoffentlich gut campieren können. Rentiere sehen wir jetzt en masse, auch von sehr Nahem. Freue mich auf die Stille und das fehlen der Autos...
21:40 9°C
Nachtlager an einem kleinen Fluss, eine halbe Stunde den Wanderweg hinauf. Gibt keine Brücken hier, entsprechend nass sind die Stiefel. Ab und zu hört man aus der Ferne noch die Autos, ansonsten idyllische Stille. Die Wege sind teilweise schwer erkennbar, morgen werden wir sicherlich viel navigieren müssen.



15.8. 9:45 11°C
Kurz vor Aufbruch, Finger frieren. Versuchen durch Blaubeerbeimischung Essen vitaminreicher zu machen. Los gehts!
13:00, bedeckt, hin und wieder Regen
Sehr anstrengender Tag bis jetzt. Rasten kurz, damit Daniel eine verlorene Wasserflasche suchen kann. Sind kurz vor einer Kreuzung, von der wir die nördliche Richtung einschlagen. Rentiere sind bisher unsere einzigen Wegbegleiter. Bis auf ein bisschen Vogelgezwitscher herrscht absolute Ruhe. Der Weg ist dürftig markiert und sehr morastig. Oft müssen wir Umwege machen, da kein Durchkommen mehr ist. Füße sind sehr nass. Gelegentlicher Regen senkt die Stimmung weiter. Die Moore gehen mir echt auf die Nerven. Hosen sind schlammbespritzt.



15:20 bedeckt
Sind vom Weg abgekommen und müssen nun durch die Sümpfe... unglaublich anstrengend. Nach ca 1h Weg am Bergkamm wiedergefunden. Eher eine sporadisch markierte Querfeldein-Route. Nächste Abschwaschwette verloren, ging um die Zeit die wir brauchen, um den Weg wiederzufinden. Müssen bald Wasser finden.
17:10 bewölkt, etwas aufgelockert
Der Weg besteht aus einigermaßen regelmäßigen Markierungen, ansonsten geht es stur Querfeldein. Wenigstens ist der Boden unter den Füßen wieder fest. Sonne kommt ab und zu raus, wunderbarer Panoramablick. Noch 1 1/2 Stunden bis zum Tagesziel, eine hoffentlich ebene und trockene Fläche an einem Berg nahe am See.




20:00 leicht bewölkt
Absolute Leere. Wir sind wohl in der Arktis angekommen. Ein kalter Nordwind zieht über uns hinweg, sind am Ende der Kräfte. Man Blickt über weite Landschaften und sieht nichts, kein Baum, kein Strauch, nur dunkle Berge am Horizont. Ein Bach plätschert unweit von uns seinen Weg entlang. 2 Tage zur Küste, wenns gut geht. Am Ende der Welt angekommen...
--Anm.: hört sich im Nachhinein etwas pathetisch an, aber genauso haben wir uns in dem Augenblick anscheinend gefühlt.--




16.8. 8:35, 12°C, sonnig
1.x Blauer Himmel und Sonne!! Eine Herde Rentiere hat uns zum Frühstück besucht und aufmerksam beobachtet. Waren auf 20m ran. Heute keine große Distanz, 20km bis zu einem Fluss bei km 90 der Tour.
14:00 leicht bewölkt
Relativ warmer Tag, Vorankommen ist nach wie vor anstrengend, dafür wird man mit einer herrlichen kargen Landschaft belohnt. Haben Menschen gesehen. Kamen mit einem Quad langefahren. Zungenbrecher: No way in the middle of no-where in norway
Geheime Chronik: haben uns einen Schluck Wodka gegönnt und sind nun wieder sehr viel motivierter und hatten eine lustige Mittagspause... Machen uns auf zum 2. Teil des Tages.
21:30, klarer Sonnenuntergang
Sehr kalt und windig. Haben eine aus physikalischer Sicht sehr ausgereifte Feuerstelle entwickelt, um trotz Wind und eingeschränktem Brennmaterial Wasser abzukochen. Habe ca 1h lang totes Heidekraut dafür gesammelt-es gibt auf der Hochebene keine Bäume. Morgen Gewaltmarsch zur Küste, dort Vorräte aufstocken. Finger zu kalt zum schreiben... (Anm.: sieht man im Original sehr gut, kann meine Schrift kaum mehr entziffern...)


17.8. 10:45 stark bewölkt, sturmartige Böen
Wind ist sehr stark, dunkle Wolken ziehen auf. Luftdruck fällt. Erwarte nichts Gutes. Haben nach zwei Tagen Querfeldeinnavigieren die Wegmarkierungen wiedergefunden. Noch 25km zur Küste+Zivilisation. Hoffentlich kommen wir vor Ladenschluss an. Morgen ist Sonntag...
12:05, bewölkt
Das Sturmtief scheint vorrüberzuziehen. Die Tundra ist ein sehr Menschen- und Wandererfeindliche Region. Ständig watet man durch Sümpfe, hat selten festen Boden unter den Füßen, die sich schnell wie Blei anfühlen. Es gibt kaum Bäume, nur endlose Weiten. Wir haben noch ca. 25km zur Küste und müssen uns beeilen. Die Ausblicke sind phänomenal, aber auch sehr trostlos, es gibt keine Hinweise auf Menschen, nur den Rentierzaun, dem wir folgen und eine Überlandleitung.
22:15, Regen
Nach 25km durch die Tundra und 5km Straße nun an der Küste angekommen. Herzlicher Empfang mit schweren Regenwolken. Läden haben alle zu. Haben uns in einem Cafe ein belegtes Brötchen und Kaffee gegönnt. Sündhaft teuer. Morgen nehmen wir einen Tag frei, hoffentlich hörts auf zu regnen... Sind nun etwa bei der Hälfte der Gesamtstrecke angekommen. Noch 129km zum Nordkap, also ca. 6 Wandertage. Montag früh werden neue Vorräte gekauft und der Weg fortgesetzt. Schön, dem Nirgendwo der Tundra entkommen zu sein. Abendlager i.d. Nähe der Ortschaft, deren Name zum merken zu kompliziert ist.
(Anm. : Leaibevoutna, oder einfach: Olderfjord)

18.8. 11:30
Ruhetag beginnt mit konstantem, leichten Regenfall, wenigstens ist keine Verschlechterung zu erwarten. Lassen Zelt und Teile der Ausrüstung versteckt zurück und gehen zum Strand.
14:55 stark bewölkt
Nach einem schönen Strandspaziergang versuche ich gleich, mit dem feuchten Holz ein Feuer zu entfachen. Es ist aufgeklart, und mit den richtigen Outdoor-Kenntnissen sollte man das schaffen, hoffe ich. Es gibt warme Suppe mit Kneckebrot. Die Idylle des Meeres gefällt mir richtig gut.




21:20 klarer Sonnenuntergang
Kalt, aber kaum Wind und klarer Himmel. Haben heute hoffentlich genug Kräfte gesammelt, um den Rest der Tour gut zu überstehen. Bin gespannt, ob wir Wale sehen werden. Am Strand findet man viele Überreste riesiger Königskrabben. Wenn sich das Wetter hält, werden das ein paar schöne Tage an der Küste.

19.8. 11:20 bedeckt, Nieselregen
Auf der Straße kommt man endlich wieder gut vorran. Einkaufen war extremst teuer, haben nur das Nötigste. sitzen noch auf 300Kronen, also etwa 40Euro. Der Blick übers Wasser ist sehr entspannend...


20:00 Regen
Regen und Wind, eine schöne Mischung aus Beidem, echtes norwegisches Wetter. Sind heute durch einen Tunnel getrampt und wurden von einem netten Italiener mitgenommen, der, im Laderaum seines Transporters schlafend, durch die Länder reist. Sind heute etwa 25km gewandert und befinden uns außerhalb des durch unsere Karten erfassten Gebiets. Wollen möglichst schnell vorrankommen, um genügend Zeit zum zurücktrampen zu haben, auf dieser Straße kommen nur alle paar Minuten mal Autos vorbei... Nachtlager an einer Felsklippe, die hoffentlich ein wenig vor dem Wind schützt. Haben Zelt extra gut befestigt.


20.8. 9:30 bewölkt
Wind hat nachgelassen. Über Nacht flog das Überzelt davon... Nachts losrennen, neu befestigen. Nun herrlicher Ausblick von unserer Klippe übern Fjord. Heute knapp 30km vorgenommen, könnten schon Freitags ankommen.
13:30
Bei schönsten Sonnenschein sehen wir eine Schule Schweinzwale etwa 100m von uns entfernt jagen.
Um einen Tunnel auszuweichen mussten wir heute wieder Querfeldein, wurden aber mit einer herrlichen Bucht belohnt. Jetzt noch 1h, dann Mittagspause. Hoffentlich können wir mal wieder unsere Sachen waschen...



21:45
Wurden von starkem Sturm überrascht, der inzwischen zum Glück abgeflaut ist. Wetter konst., aber sehr kalt. Habe halbe Rauchvergiftung wegen des störrischen Feuers. Zur Mittagspause haben wir die Schweinzwale noch einmal von sehr Nahem gesehen. Morgen könnten wir auf der Nordkapinsel ankommen.
21.8. 9:15
Wie zur Entschuldigung für das Unwetter gestern scheint heute strahlend die Sonne. Lager abgebrochen, gleich gehts los.
Zelt hat die Nacht gut überstanden->Abwaschwette gewonnen
11:55
nach wie vor strahlender Sonnenschein und der arktische Ozean liegt nun vor uns. Machen noch eine kurze Pause, bevor es zum Überlandmarsch geht. An der nächsten Küste gibt es dann die Mittagspause.
Kommende Autofahrer hupen uns ermunternd zu und winken fröhlich, der Anblick von Wanderern scheint doch recht selten zu sein. Die meisten von ihnen haben uns wohl schon auf ihrer Hinfahrt zum Nordkap gesehen...


21:05
Mal wieder starker Wind und Regen zum Abend. Sehr kalt und Essen machen war auch sehr schwer. Haben uns unter eine Brücke gesetzt um einigermaßen geschützt zu sein. Zelt macht wieder Schwierigkeiten, oberes Gestänge ist gebrochen. Nachtlager auf der Nordkap Insel. Ein altes norwegisches Ehepaar hat uns durch den Nordkaptunnel mitgenommen. Morgen Anstieg aus Hochland und ein Stück quer über die Insel, um die Honninsvag-Route auszusparen. Dann die Straße hoch und am nächsten Tag- Seightseeing am Nordkap!!

22.8. 13:15 bewölkt
Haben das Ziel aus der Ferne schon gesichtet. Ausgesprochen kalt hier, Schreiben fällt schwer. Sind in Dreharbeiten für einen Film, in dem es um ein Autorennen von Oslo zum Nordkap geht, geraten. Ein Polizist hat uns durchs Drehgebiet gefahren. Schicke Karren mit starken Motoren... Mal wieder am Ende der Welt. Freue mich auf ein warmes Heim...



15:30 Sturm und Regen
Mussten uns trennen, Daniel hat starke Knieprobleme und trampt mir hinterher. Es ist unglaublich, wie rau das Wetter hier oben ist. Habe mich 2h non-stop durch Sturmböen und Regen gekämpft. Sitze auf einem Parkplatz am Wanderweg zum Knivskjelodden, der nördlichsten Spitze Europas. Keine Ahnung, wie wir die Nacht hier oben verbringen sollen... Warte auf Daniels Ankunft.
Nachtrag: trotz schwerer Kniebeschwerden hat Er sich doch hinterhergekämpft. Gehen zusammen weiter.


23:10 Regen/Sturm
Sind am Nordkap!! Hier steht ein großes Touristengebäude, mit Shop, Hotel, Kinos, Bar, Kneipen etc!
Haben auf dem Weg noch ein paar nette deutsche Touris getroffen, die uns den Tipp gegeben haben, hier einen geschützten Ort zu suchen. Zelten nun hinter einem Haus auf dem Parkplatz. Der Sturm ist selbst für uns Norddeutsche extrem heftig. Haben aufgrund des harten Bodens eine Notkonstruktion fürs Zelt gebaut. Davor eine Wohlverdiente heiße Schokolade in einer Bar im Gebäude. Morgen noch zum Knivskjelodden, dann waren wir wirklich am Ende Europas.
Gesamtstrecke noch 25km, dann Heimreise.


23.8. 11:50 Regnerisch
Sehr neblig, man sieht quasi nichts. Sind am Parkplatz zum Knivskjelodden. Noch 18km. Werde evtl alleine gehen und die Tour hoffentlich in 4 1/2 h schaffen. Zeltgestänge ist in der Nacht wieder gesplitter und hat ein Loch ins Überzelt gerissen. Absolute Trostlosigkeit... Sind wieder mit dem Drehteam zusammengetroffen und haben uns mit den Leuten unterhalten. Ernten viel Respekt für die Tour.

20:00 heiter
Wieder in Olderfjorden angekommen. Halber Weg nach Alta. Tour nach Knivskjelodden aufgrund extremer Witterung abgebrochen. Sichweite dort etwa 30m. Eine Person wurde bereits vermisst. Rettungswagen gab ständig Martinshornsignale.
Dann 1 1/2h warten, bis uns jemand nach Honningsvag mitnahm. Halb erfrohren durch Wind, Regen und Wolken (in den wir uns befinden) und ca. 7°C Außentemperatur. Frischen in Honningsvag unsere Vorrate zum letzten Mal auf. Dann stehen wir 4 1/2 Stunden im eisigen Regen u. Sturm, ich wollte bereits den Bus nehmen, da kam doch noch ein verrückter Finne, beräumte das Chaos in seinem Wagen und nimmt uns mit nach Olderfjorden. Sitzen nun also auf halber Strecke nach Alta. Kaum Wind, geschützte Campingstelle, einigermaßen trocken. Habe inzw. endlich aufgehört zu zittern. Machen jetzt Abendbrot und hoffen auf eine angenehme Nacht. Morgen nach Alta...
24.8. 10:30, 10°C, Regen
Kein Tag hier, an dem man nicht nass wird. Immerhin, die Nacht war gemütlich und geschützt durch ein Birkenwäldchen auf weichem Moos. Hier hatten wir auch unseren Ruhetag verbracht. Jetzt brechen wir auf nach Alta, noch eine Nacht im Zelt und dann Abflug nach Berlin.
16:45
Sind heute relativ fix mitgenommen worden. Ein älteres norwegisches Ehepaar hat uns nach einer halben Stunde warten gleich nach Alta gebracht. Der Mann ist Busfahrer und hat uns schon öfters auf dem Weg gesehen. Ich vermute, er war derjenige, der mir so fröhlich zugewunken hat, als ich alleine auf dem schweren Weg zum Nordkap war. Er nimmt gerne Backpacker mit zu sich nach Hause in Honningsvag, erzählt er, und gibt ihnen eine warme Mahlzeit, weil es ihm für das schlechte Wetter leidtut...
Erzählte uns eine Menge über die politische Lage in Norwegen. Nun schlagen wir unser Zelt in Alta auf. Haben einen schönen Platz zum ausruhen gefunden, das Wetter ist gut und Feuermachen war bei dem trockenen Kiefernholz noch nie so einfach. War auf dem Panoramablick über Alta, auf einem hohen Felsen m. Funkmast. Daniel ist jetzt auch dorthin unterwegs. Später suchen wir einen Schlafplatz, die Nacht auf Montag wird durchgemacht, der Flug geht um 7:00. Geschlafen wird im Osloer Flughafen (Lufthaven sagt man hier)

25.8. 17:30
Warten auf Abflug. Haben eine schöne Stelle auf einer Landzunge, wo wir bis nach Mitternacht bleiben und schlagen die Zeit tot. Pure, ereignislose Entspannung. Ab und zu rauscht ein Boot vorbei. Genug Treibholz fürs Feuer ist da, brauchen uns um nichts zu kümmern. Verbrauchen letzte Vorräte und lesen Schiller.


Nachwort
Dann war alles ganz einfach, wir sind nach Oslo geflogen, am Flughafen gab es zwar keinen guten Schlafplatz aber viel zu entdecken. War am Stück etwa 32 Stunden wach. In Berlin holte uns meine Mutter ab, die zufällig grad in Berlin war, ihre Eltern besuchen, und nahm uns mit nach Stralsund.
Résumé : nochmal zum Norkap nur auf 4 Rädern. Aber wir sind stolz auf unsere Leistung und werden diesen Sommer wieder wandern gehen. Vorraussichtliches Ziel: Karpaten, Kaukasus oder Pyrenäen. Also an Orte, die etwas wärmer sind. Aber mich wird es auf jeden Fall bald wieder in den Norden ziehen...

Freue mich über Feedback. Falls jemand vorhat, auch in die Richtung zu fahren, ich hab noch viel Material und einige vermutlich nützliche Hinweise für die Gegend, also gerne bei mir melden.
Ich bin zusammen mit einem Freund, Daniel, gewandert.
Zunächst die Eckdaten.
Start der Tour am 12. August 2013 (Hinflug Berlin-Alta), Ende am 26. August (Ankunft in Berlin).
Distanz ca. 250km (Aufgrund fehlender Wege allerdings teilweise schwer zu schätzen)
Ausgerüstet u.A. mit Rucksack, 2-Mann-Zelt- Schlafsäcken und Isomatten, Messer, Karten, Kompass, Schnur, Gaskocher, Feuerstarter, Kochgeschirr, 3l Wasser p.P. Nahrung für 3-5 Tage, Kameras+Taschenlampe (Das man die nicht braucht, hab ich dann halt feststellen müssen...), Wörterbuch, Reclambuch (Schillers 'die Räuber'), 750Norw. Kronen p.P., feste Bekleidung, Stiefel+Wechselschuhe, Waschzeug und Erste-Hilfe-Ausrüstung
Vorwort
Die Idee zu der Reise entstand, wie so vieles anderes (...) irgendwann Nachts in einer Kneipe in Stralsund, wo wir beide herkommen. Ich wollte sowieso eine Treckingtour organisieren, da ich jeden Sommer für ein paar Wochen wandern gehe, u.A. bereits in West-Irland, den Alpen und Slowenien, aber bisher nur Mitreisender war.
Auf der Suche nach einem markanten Punkt auf der Karte sticht das Nordkap natürlich schnell ins Auge. Aber keiner scheint so recht eine Vorstellung zu haben, wie der nördlichste Ort Europas eigentlich aussieht, wie er sich anfühlt, was für Bedingungen man dort vorfindet. Es schien uns ein rechtes Abenteuer, das viel Vorbereitung benötigt, Strapazen mit sich bringt, aber auf jeden Fall einzigartig im Leben bleibt.
Bei der Recherche stellten wir schnell fest, dass gute Informationen über das Wandern in diesen Regionen rar gesät sind.
Auf diversen Foren haben Leute sich schon öfters gefragt, ob dies eine gangbare Tour ist, oder ob man davon eher abraten sollte. Auch gute Wanderkarten der Region waren schwer zu beschaffen. Schließlich bin ich durch einen Tip von einem Globetrotter Mitarbeiter auf die Geobuchhandlung gestoßen, die Kartenmaterial dieser Gegend zur Verfügung stellen.
Schon der erste Blick auf die Karten ist recht entmutigend: Es gibt so gut wie keine Wanderwege dort oben (Der E1, der nun wohl bis zum Nordkap führt, war auf diesen Karten noch nicht eingezeichnet). Nur die relativ neue E69 führt an der Küste entlang dort hoch.
Ein Wanderer hat nun also nur 2 Optionen: entweder stures Straßenlatschen, oder Querfeldeingehen.
Nach einigem gemeinsamen Planen haben wir einen guten Mittelweg gefunden, eine Strecke, die uns von Alta aus erst zwei Tage die Straße entlang führt, dann entlang eines 'Weges' 3 Tage durch den Stabbursdalen Nationalpark zum Porsanger-Fjord, und dann teils an der Küstenstraße, teils Querfeldein, die Küste hinauf bis zum Ziel.
Um die Frage gleich vorwegzunehmen:
Ich möchte niemandem empfehlen, diese Tour zu machen. Natürlich war sie ein großartiges Abendteuer, aber folgende Parameter machen die Wanderung teilweise zum Höllentrip:
Wetter (Regen, kalt, Sturm), Wege (entweder ständig auf engen Straßen Autos ausweichen, oder Querfeldein-navigieren, im Schlamm steckenbleiben, von Rentieren gefressen werden...), Einsamkeit (abseits der Wege gibts keine Menschen, die Kommunikation mit den Einwohnern fand leider nur sehr selten statt, sonst trifft man oben nur auf hochnäsige Touris, die mit dem Wohnmobil zum Kapp fahren...) und Tristesse. Irgendwann ist das Letzte was man sieht, ein einsamer Strauch am Horizont und eine Gruppe Rentiere, die Vorüberzieht.
Genug gelabert, nun zum Bericht.


(Aus meinem Reisetagebuch)
13.8.2013, 0:30, leichter Nieselregen
Im ersten Camp angekommen, auf einer Wiese neben Alta, ca. 5km vom Flughafen. Tag ist nach Plan verlaufen, haben uns in Berlin getroffen und bei Bekannten Couchgesurft. Flug 11:40 ab Schönefeld nach Oslo, dort 6h Aufenthalt, zum Supermarkt getramt und Lebensmittelvorrat für 6 Tage aufgestockt. Rückweg zum Flughafen mit Zielgewicht über 20kg zu Fuß, anstrengend aber machbar. Flug von Oslo nach Alta ab 19:20 ohne Komplikationen. Norwegen von oben war weiß, da von einer dicken, watteartigen Wolkenschicht überzogen. In Alta (21:30) 12°C und bewölkt. Sehr feucht. Zu Fuß auf E6 aus Stadt herraus bis Camp1. 23:30 erreicht. Dämmrig, aber nicht wirklich dunkel, Abwaschwette verloren, da Daniel noch Zeitung lesen kann.

13.8. 15:10, bewölkt, vereinzelt Regen
Mittagspause. Zwischen Aufstehen und losmarschieren vergeht etwa 1h. Schöner Strandspaziergang, durch Watt, Geröll und Felspisten. Müssen heute und morgen auf der Straße E6 wandern, sehr anstrengend. Spruch des Tages von Daniel: "dieses Efeu ist sehr schön" während er ein Büschel Moos inspiziert (sind das die ersten Anzeichen von Erschöpfung?

Erste sonnige Momente.




22:20
Nachtlager an einem ruhigen, malerischen See. Wetter stabil, am offenen Feuer gekocht. 25km vom Wanderweg entfernt, werden morgen evtl etwas früher aufstehen, um die Straße endlich hinter uns zu lassen. Haben angefangen, aus Schillers 'die Räuber' vorzulesen. Schwerer Stoff... Temperaturen fallen deutlich unter 10°. Freue mich schon auf die Wildnis.



14.8. 8:40, bewölkt
Kühles Bad am Morgen erfrischt! Temperatur über 10°, stabiles Wetter.
14:30 15°
Mittagslager. Haben Würstchen gegrillt und Kekse gegessen. Grade haben uns zwei Bundeswehr-Transportflugzeuge im Tiefflug überflogen. Sind also nicht die einzigen Deutschen hier oben. Haben obere Baumgrenze das erste Mal überschritten. Interessanterweise sind die letzten Bäume hier oben verkrüppelte Birken. Haben Straße für ein paar Stunden verlassen, um einen verlassenen Feldweg über die Berge zu nehmen. Erster Ausblick von einem Gipfel->phänomenal! Ein bisschen von der Einsamkeit Lapplands gekostet.
Noch 2h bis zum Weg. Dann mehrere Tage komplett ohne Zivilisation. hoffe, das die Vorräte gut reichen. Daniel kämpft mit ersten Blasen. Bin auf die Rentiere gespannt. Haben in einiger Entfernung schon eine Herde gesehen.


18:10, leicht bewölkt
Hoffe auf gutes Wetter. Wir verlassen nun die Straße und schlagen uns durch den Stabbursdalen Nationalpark evtl zu einer Hütte durch, wo wir hoffentlich gut campieren können. Rentiere sehen wir jetzt en masse, auch von sehr Nahem. Freue mich auf die Stille und das fehlen der Autos...
21:40 9°C
Nachtlager an einem kleinen Fluss, eine halbe Stunde den Wanderweg hinauf. Gibt keine Brücken hier, entsprechend nass sind die Stiefel. Ab und zu hört man aus der Ferne noch die Autos, ansonsten idyllische Stille. Die Wege sind teilweise schwer erkennbar, morgen werden wir sicherlich viel navigieren müssen.



15.8. 9:45 11°C
Kurz vor Aufbruch, Finger frieren. Versuchen durch Blaubeerbeimischung Essen vitaminreicher zu machen. Los gehts!
13:00, bedeckt, hin und wieder Regen
Sehr anstrengender Tag bis jetzt. Rasten kurz, damit Daniel eine verlorene Wasserflasche suchen kann. Sind kurz vor einer Kreuzung, von der wir die nördliche Richtung einschlagen. Rentiere sind bisher unsere einzigen Wegbegleiter. Bis auf ein bisschen Vogelgezwitscher herrscht absolute Ruhe. Der Weg ist dürftig markiert und sehr morastig. Oft müssen wir Umwege machen, da kein Durchkommen mehr ist. Füße sind sehr nass. Gelegentlicher Regen senkt die Stimmung weiter. Die Moore gehen mir echt auf die Nerven. Hosen sind schlammbespritzt.



15:20 bedeckt
Sind vom Weg abgekommen und müssen nun durch die Sümpfe... unglaublich anstrengend. Nach ca 1h Weg am Bergkamm wiedergefunden. Eher eine sporadisch markierte Querfeldein-Route. Nächste Abschwaschwette verloren, ging um die Zeit die wir brauchen, um den Weg wiederzufinden. Müssen bald Wasser finden.
17:10 bewölkt, etwas aufgelockert
Der Weg besteht aus einigermaßen regelmäßigen Markierungen, ansonsten geht es stur Querfeldein. Wenigstens ist der Boden unter den Füßen wieder fest. Sonne kommt ab und zu raus, wunderbarer Panoramablick. Noch 1 1/2 Stunden bis zum Tagesziel, eine hoffentlich ebene und trockene Fläche an einem Berg nahe am See.




20:00 leicht bewölkt
Absolute Leere. Wir sind wohl in der Arktis angekommen. Ein kalter Nordwind zieht über uns hinweg, sind am Ende der Kräfte. Man Blickt über weite Landschaften und sieht nichts, kein Baum, kein Strauch, nur dunkle Berge am Horizont. Ein Bach plätschert unweit von uns seinen Weg entlang. 2 Tage zur Küste, wenns gut geht. Am Ende der Welt angekommen...
--Anm.: hört sich im Nachhinein etwas pathetisch an, aber genauso haben wir uns in dem Augenblick anscheinend gefühlt.--




16.8. 8:35, 12°C, sonnig
1.x Blauer Himmel und Sonne!! Eine Herde Rentiere hat uns zum Frühstück besucht und aufmerksam beobachtet. Waren auf 20m ran. Heute keine große Distanz, 20km bis zu einem Fluss bei km 90 der Tour.
14:00 leicht bewölkt
Relativ warmer Tag, Vorankommen ist nach wie vor anstrengend, dafür wird man mit einer herrlichen kargen Landschaft belohnt. Haben Menschen gesehen. Kamen mit einem Quad langefahren. Zungenbrecher: No way in the middle of no-where in norway

Geheime Chronik: haben uns einen Schluck Wodka gegönnt und sind nun wieder sehr viel motivierter und hatten eine lustige Mittagspause... Machen uns auf zum 2. Teil des Tages.
21:30, klarer Sonnenuntergang
Sehr kalt und windig. Haben eine aus physikalischer Sicht sehr ausgereifte Feuerstelle entwickelt, um trotz Wind und eingeschränktem Brennmaterial Wasser abzukochen. Habe ca 1h lang totes Heidekraut dafür gesammelt-es gibt auf der Hochebene keine Bäume. Morgen Gewaltmarsch zur Küste, dort Vorräte aufstocken. Finger zu kalt zum schreiben... (Anm.: sieht man im Original sehr gut, kann meine Schrift kaum mehr entziffern...)


17.8. 10:45 stark bewölkt, sturmartige Böen
Wind ist sehr stark, dunkle Wolken ziehen auf. Luftdruck fällt. Erwarte nichts Gutes. Haben nach zwei Tagen Querfeldeinnavigieren die Wegmarkierungen wiedergefunden. Noch 25km zur Küste+Zivilisation. Hoffentlich kommen wir vor Ladenschluss an. Morgen ist Sonntag...
12:05, bewölkt
Das Sturmtief scheint vorrüberzuziehen. Die Tundra ist ein sehr Menschen- und Wandererfeindliche Region. Ständig watet man durch Sümpfe, hat selten festen Boden unter den Füßen, die sich schnell wie Blei anfühlen. Es gibt kaum Bäume, nur endlose Weiten. Wir haben noch ca. 25km zur Küste und müssen uns beeilen. Die Ausblicke sind phänomenal, aber auch sehr trostlos, es gibt keine Hinweise auf Menschen, nur den Rentierzaun, dem wir folgen und eine Überlandleitung.
22:15, Regen
Nach 25km durch die Tundra und 5km Straße nun an der Küste angekommen. Herzlicher Empfang mit schweren Regenwolken. Läden haben alle zu. Haben uns in einem Cafe ein belegtes Brötchen und Kaffee gegönnt. Sündhaft teuer. Morgen nehmen wir einen Tag frei, hoffentlich hörts auf zu regnen... Sind nun etwa bei der Hälfte der Gesamtstrecke angekommen. Noch 129km zum Nordkap, also ca. 6 Wandertage. Montag früh werden neue Vorräte gekauft und der Weg fortgesetzt. Schön, dem Nirgendwo der Tundra entkommen zu sein. Abendlager i.d. Nähe der Ortschaft, deren Name zum merken zu kompliziert ist.
(Anm. : Leaibevoutna, oder einfach: Olderfjord)

18.8. 11:30
Ruhetag beginnt mit konstantem, leichten Regenfall, wenigstens ist keine Verschlechterung zu erwarten. Lassen Zelt und Teile der Ausrüstung versteckt zurück und gehen zum Strand.
14:55 stark bewölkt
Nach einem schönen Strandspaziergang versuche ich gleich, mit dem feuchten Holz ein Feuer zu entfachen. Es ist aufgeklart, und mit den richtigen Outdoor-Kenntnissen sollte man das schaffen, hoffe ich. Es gibt warme Suppe mit Kneckebrot. Die Idylle des Meeres gefällt mir richtig gut.




21:20 klarer Sonnenuntergang
Kalt, aber kaum Wind und klarer Himmel. Haben heute hoffentlich genug Kräfte gesammelt, um den Rest der Tour gut zu überstehen. Bin gespannt, ob wir Wale sehen werden. Am Strand findet man viele Überreste riesiger Königskrabben. Wenn sich das Wetter hält, werden das ein paar schöne Tage an der Küste.

19.8. 11:20 bedeckt, Nieselregen
Auf der Straße kommt man endlich wieder gut vorran. Einkaufen war extremst teuer, haben nur das Nötigste. sitzen noch auf 300Kronen, also etwa 40Euro. Der Blick übers Wasser ist sehr entspannend...


20:00 Regen
Regen und Wind, eine schöne Mischung aus Beidem, echtes norwegisches Wetter. Sind heute durch einen Tunnel getrampt und wurden von einem netten Italiener mitgenommen, der, im Laderaum seines Transporters schlafend, durch die Länder reist. Sind heute etwa 25km gewandert und befinden uns außerhalb des durch unsere Karten erfassten Gebiets. Wollen möglichst schnell vorrankommen, um genügend Zeit zum zurücktrampen zu haben, auf dieser Straße kommen nur alle paar Minuten mal Autos vorbei... Nachtlager an einer Felsklippe, die hoffentlich ein wenig vor dem Wind schützt. Haben Zelt extra gut befestigt.


20.8. 9:30 bewölkt
Wind hat nachgelassen. Über Nacht flog das Überzelt davon... Nachts losrennen, neu befestigen. Nun herrlicher Ausblick von unserer Klippe übern Fjord. Heute knapp 30km vorgenommen, könnten schon Freitags ankommen.
13:30
Bei schönsten Sonnenschein sehen wir eine Schule Schweinzwale etwa 100m von uns entfernt jagen.
Um einen Tunnel auszuweichen mussten wir heute wieder Querfeldein, wurden aber mit einer herrlichen Bucht belohnt. Jetzt noch 1h, dann Mittagspause. Hoffentlich können wir mal wieder unsere Sachen waschen...



21:45
Wurden von starkem Sturm überrascht, der inzwischen zum Glück abgeflaut ist. Wetter konst., aber sehr kalt. Habe halbe Rauchvergiftung wegen des störrischen Feuers. Zur Mittagspause haben wir die Schweinzwale noch einmal von sehr Nahem gesehen. Morgen könnten wir auf der Nordkapinsel ankommen.
21.8. 9:15
Wie zur Entschuldigung für das Unwetter gestern scheint heute strahlend die Sonne. Lager abgebrochen, gleich gehts los.
Zelt hat die Nacht gut überstanden->Abwaschwette gewonnen

11:55
nach wie vor strahlender Sonnenschein und der arktische Ozean liegt nun vor uns. Machen noch eine kurze Pause, bevor es zum Überlandmarsch geht. An der nächsten Küste gibt es dann die Mittagspause.
Kommende Autofahrer hupen uns ermunternd zu und winken fröhlich, der Anblick von Wanderern scheint doch recht selten zu sein. Die meisten von ihnen haben uns wohl schon auf ihrer Hinfahrt zum Nordkap gesehen...


21:05
Mal wieder starker Wind und Regen zum Abend. Sehr kalt und Essen machen war auch sehr schwer. Haben uns unter eine Brücke gesetzt um einigermaßen geschützt zu sein. Zelt macht wieder Schwierigkeiten, oberes Gestänge ist gebrochen. Nachtlager auf der Nordkap Insel. Ein altes norwegisches Ehepaar hat uns durch den Nordkaptunnel mitgenommen. Morgen Anstieg aus Hochland und ein Stück quer über die Insel, um die Honninsvag-Route auszusparen. Dann die Straße hoch und am nächsten Tag- Seightseeing am Nordkap!!

22.8. 13:15 bewölkt
Haben das Ziel aus der Ferne schon gesichtet. Ausgesprochen kalt hier, Schreiben fällt schwer. Sind in Dreharbeiten für einen Film, in dem es um ein Autorennen von Oslo zum Nordkap geht, geraten. Ein Polizist hat uns durchs Drehgebiet gefahren. Schicke Karren mit starken Motoren... Mal wieder am Ende der Welt. Freue mich auf ein warmes Heim...



15:30 Sturm und Regen
Mussten uns trennen, Daniel hat starke Knieprobleme und trampt mir hinterher. Es ist unglaublich, wie rau das Wetter hier oben ist. Habe mich 2h non-stop durch Sturmböen und Regen gekämpft. Sitze auf einem Parkplatz am Wanderweg zum Knivskjelodden, der nördlichsten Spitze Europas. Keine Ahnung, wie wir die Nacht hier oben verbringen sollen... Warte auf Daniels Ankunft.
Nachtrag: trotz schwerer Kniebeschwerden hat Er sich doch hinterhergekämpft. Gehen zusammen weiter.


23:10 Regen/Sturm
Sind am Nordkap!! Hier steht ein großes Touristengebäude, mit Shop, Hotel, Kinos, Bar, Kneipen etc!
Haben auf dem Weg noch ein paar nette deutsche Touris getroffen, die uns den Tipp gegeben haben, hier einen geschützten Ort zu suchen. Zelten nun hinter einem Haus auf dem Parkplatz. Der Sturm ist selbst für uns Norddeutsche extrem heftig. Haben aufgrund des harten Bodens eine Notkonstruktion fürs Zelt gebaut. Davor eine Wohlverdiente heiße Schokolade in einer Bar im Gebäude. Morgen noch zum Knivskjelodden, dann waren wir wirklich am Ende Europas.
Gesamtstrecke noch 25km, dann Heimreise.


23.8. 11:50 Regnerisch
Sehr neblig, man sieht quasi nichts. Sind am Parkplatz zum Knivskjelodden. Noch 18km. Werde evtl alleine gehen und die Tour hoffentlich in 4 1/2 h schaffen. Zeltgestänge ist in der Nacht wieder gesplitter und hat ein Loch ins Überzelt gerissen. Absolute Trostlosigkeit... Sind wieder mit dem Drehteam zusammengetroffen und haben uns mit den Leuten unterhalten. Ernten viel Respekt für die Tour.

20:00 heiter
Wieder in Olderfjorden angekommen. Halber Weg nach Alta. Tour nach Knivskjelodden aufgrund extremer Witterung abgebrochen. Sichweite dort etwa 30m. Eine Person wurde bereits vermisst. Rettungswagen gab ständig Martinshornsignale.
Dann 1 1/2h warten, bis uns jemand nach Honningsvag mitnahm. Halb erfrohren durch Wind, Regen und Wolken (in den wir uns befinden) und ca. 7°C Außentemperatur. Frischen in Honningsvag unsere Vorrate zum letzten Mal auf. Dann stehen wir 4 1/2 Stunden im eisigen Regen u. Sturm, ich wollte bereits den Bus nehmen, da kam doch noch ein verrückter Finne, beräumte das Chaos in seinem Wagen und nimmt uns mit nach Olderfjorden. Sitzen nun also auf halber Strecke nach Alta. Kaum Wind, geschützte Campingstelle, einigermaßen trocken. Habe inzw. endlich aufgehört zu zittern. Machen jetzt Abendbrot und hoffen auf eine angenehme Nacht. Morgen nach Alta...
24.8. 10:30, 10°C, Regen
Kein Tag hier, an dem man nicht nass wird. Immerhin, die Nacht war gemütlich und geschützt durch ein Birkenwäldchen auf weichem Moos. Hier hatten wir auch unseren Ruhetag verbracht. Jetzt brechen wir auf nach Alta, noch eine Nacht im Zelt und dann Abflug nach Berlin.
16:45
Sind heute relativ fix mitgenommen worden. Ein älteres norwegisches Ehepaar hat uns nach einer halben Stunde warten gleich nach Alta gebracht. Der Mann ist Busfahrer und hat uns schon öfters auf dem Weg gesehen. Ich vermute, er war derjenige, der mir so fröhlich zugewunken hat, als ich alleine auf dem schweren Weg zum Nordkap war. Er nimmt gerne Backpacker mit zu sich nach Hause in Honningsvag, erzählt er, und gibt ihnen eine warme Mahlzeit, weil es ihm für das schlechte Wetter leidtut...
Erzählte uns eine Menge über die politische Lage in Norwegen. Nun schlagen wir unser Zelt in Alta auf. Haben einen schönen Platz zum ausruhen gefunden, das Wetter ist gut und Feuermachen war bei dem trockenen Kiefernholz noch nie so einfach. War auf dem Panoramablick über Alta, auf einem hohen Felsen m. Funkmast. Daniel ist jetzt auch dorthin unterwegs. Später suchen wir einen Schlafplatz, die Nacht auf Montag wird durchgemacht, der Flug geht um 7:00. Geschlafen wird im Osloer Flughafen (Lufthaven sagt man hier)

25.8. 17:30
Warten auf Abflug. Haben eine schöne Stelle auf einer Landzunge, wo wir bis nach Mitternacht bleiben und schlagen die Zeit tot. Pure, ereignislose Entspannung. Ab und zu rauscht ein Boot vorbei. Genug Treibholz fürs Feuer ist da, brauchen uns um nichts zu kümmern. Verbrauchen letzte Vorräte und lesen Schiller.


Nachwort
Dann war alles ganz einfach, wir sind nach Oslo geflogen, am Flughafen gab es zwar keinen guten Schlafplatz aber viel zu entdecken. War am Stück etwa 32 Stunden wach. In Berlin holte uns meine Mutter ab, die zufällig grad in Berlin war, ihre Eltern besuchen, und nahm uns mit nach Stralsund.
Résumé : nochmal zum Norkap nur auf 4 Rädern. Aber wir sind stolz auf unsere Leistung und werden diesen Sommer wieder wandern gehen. Vorraussichtliches Ziel: Karpaten, Kaukasus oder Pyrenäen. Also an Orte, die etwas wärmer sind. Aber mich wird es auf jeden Fall bald wieder in den Norden ziehen...

Freue mich über Feedback. Falls jemand vorhat, auch in die Richtung zu fahren, ich hab noch viel Material und einige vermutlich nützliche Hinweise für die Gegend, also gerne bei mir melden.
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