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Fjallkirkja und Kerlingarfjöll: Zwei Islandwanderungen auf einem Trip
Diesmal bestand der Plan darin, rund eine Woche in Island zu wandern, Hütten zu nutzen und niemanden zu treffen. Ich kenne Island eigentlich nicht, daher war ich äußerst dankbar, dass ein Freund als Experte die Planung übernahm. Er fand ein Angebot für einen erschwinglichen Mietgeländewagen, buchte die erste Nacht in Grindavík (wenn man die teure Hauptstadt vermeiden möchte) und zeigte mir am nächsten Morgen den Gullfoss-Wasserfall (wenn man mal richtig viel Wasser sehen möchte).


Danach ging es auf die zentrale Hochlandpiste nach Norden. Es gibt Menschen, die nur wegen des Fahrens auf diesen Pisten nach Island reisen, sei es mit dem eigenen Auto (also auf der Fähre von Dänemark) oder einem Mietwagen. Mein Tipp: Lasst es bleiben. Das Fahren auf der Piste ist die Hölle. Es ist laut, das Armaturenbrett fällt beinahe herunter, die Zähne schmerzen, der Staub kriecht in alle Ritzen des Autos, man kann sich nicht unterhalten und muss sich immer festhalten. Grauenhaft. Ich hatte nach hundert Metern genug und wusste wieder, weshalb die Planierraupe und Asphalt erfunden worden waren.
Aber wir mussten etwa 50 Kilometer schaffen. Wir bogen irgendwann von der Piste ab auf eine nochmals kleinere Piste, die zu einer kaum erkennbaren Fahrspur zwischen Steinen wurde. Wir parkten das Auto im Nirgendwo zwischen F35 und dem Fluss Svartá (direkt neben der Fahrspur, also nicht irgendwie illegal querfeldein. Falls das jemanden interessiert. Der Track führt zu der Fuhrt durch den Fúlakvísl, kurz vor der Hütte Þverbrekknamúli.), steckten einen Zettel mit der Handynummer hinter die Scheibe und setzten uns einen Marker auf dem Handy, dass wir den Spot wiederfinden würden.

Im leichten Niesel ging es südwärts. Die Ebene ist leicht zu queren, auch ohne Pfad, einzige Hürde ist der Fluss Svartá, der in dem Jahr aber nicht sehr viel Wasser führte, kaum bis Hälfte der Oberschenkel. Am späten Nachmittag erreichten wir die Hütte Hvítárnes, die zum Verein Ferdafélag gehört und bei diesem gebucht werden kann.

Die Hütte liegt zudem auf dem Kjalvegur, einem Wanderweg mit guter Infrastruktur. Daher gab es einen Hüttenwirt und es gab andere Gäste. Insgesamt ist die Hütte recht klein, hat aber Gaskocher und Geschirr und eine erste Etage mit einer schmalen Stiege, die ich auf Socken beinahe hinunter polterte. Am ersten Tag auf einer Treppe beinahe alle Gräten gebrochen, ein guter Einstieg in das Outdoorabenteuer. Die Isolierung der Hütte ist schlecht (wie in nahezu allen isländischen Hütten), daher reicht nicht ein einfacher Hüttenschlafsack. Wir verzogen uns in das Spitzdach, das wir ganz für uns allein hatten.

Am nächsten Morgen sagte uns der Hüttenwirt, dass unsere geplante Route nicht möglich sei. Zumindest sei sie noch von niemanden gelaufen und er kann sich nicht vorstellen, dass es dort ein Durchkommen gab. Mein Freund hantierte mit seinen Karten und kam leider nur kurz ins Grübeln. „Ach, das geht sicher“, meinte er. Ich stand mit zunehmender Skepsis daneben.
Der Hüttenwirt versuchte es nochmals und ergänzte, dass er mit seinem Boot auf dem See Hvítárvatn, der hinter einem sumpfigen Gelände zu sehen war, bis zu einem Gletscherfluss gefahren sei. Aber da sei kein Durchkommen zu Fuß. Auf der Karte ist das wirklich alles als endloser Sumpf eingezeichnet, das Flussdelta des Fúlakvísl ist riesig und nimmt beinahe die gesamte Osthälfte des Sees ein. Weites, eiskaltes Wasser, ständig ergänzt aus dem Gletscher.
Ich fand ebenfalls, dass sich die Schilderungen des Hüttenwartes äußerst realistisch anhörten. Wir gingen dennoch los, nicht ohne Aufmerksamkeit der anderen Wanderer, die sich schlau an den Kjalvegur hielten, der gut erkennbar und trocken nach Nordosten führt.

Ich war nach hundert Metern komplett nass. Wir latschten mit unseren Schuhen einfach durch die Bäche und Flussarme. Jedes Mal noch Schuhe zu wechseln oder groß zu testen machte keinen Sinn. Es waren einfach zu viele Flussarme, mal breit, mal schmal, mal sandig und klar, mal brackig und schwarz.
Meine Sternstunde kam, als ich einen recht schmalen Flussarm, kaum vier Meter breit, ganz glatt, brackig, durchqueren wollte. Die ersten drei Schritte waren knietief (was mich schon überraschte bei der geringen Breite des Arms, aber leider keine Warnung war), dann trat ich irgendwie in ein Loch. Ich versank so tief, dass mir das Wasser von oben in die Regenhose lief. Das war schlecht, denn dieses tiefe Wasser hielt sich bis zum anderen Ufer, das ich hektisch erreichte und dann Mühe hatte, mich und den Rucksack aus dem eiskalten Wasser auf das hohe Ufer zu wälzen.

Nicht schön. Ich war in einen alten Flussarm geraten, der früher offenbar eine reißende Strömung gehabt hatte und dadurch ein schön tiefes Loch in jede Kurve fräsen konnte. Nun war der Arm ruhig und unscheinbar, aber immer noch extrem tief. Danach testete ich alle Flussarme, auch die kleinsten, erstmal mit den Stöcken ab.
Nasse Unterwäsche behielt ich dennoch für den Rest des Tages. Und die Herausforderungen nahmen nicht ab. Irgendwann hangelten wir uns an einer Böschung entlang (die Westflanke des Hrefnubudir) und kamen auf eine lange Geröllhalde, die wir im Prinzip einfach geradeaus erklimmen mussten, nicht steil, nicht schwierig. Die Flussarme hatten wir geschafft, auf der Karte war das allerdings vielleicht ein Viertel des Weges.

Wir hielten uns östlich des Raudafell, marschierten eine Steinwüste hinauf und sahen vor uns eine tiefe Schlucht, die sich komplett von links nach rechts durchs Bild zog. Beim Näherkommen sahen wir, dass die Querung etwas weiter im Osten zu schaffen sein müsste. Erfreulich, dass auf dem Boden der Schlucht kein reißender Fluss war. Wir mussten im Prinzip nur die sehr steile Böschung auf allen Vieren in weichem, nachgebendem Schutt hinauf.

Danach links halten, ein weites schwarzes Lavafeld, einfach zu queren, gehen wie auf frischem Asphalt, in den jemand große Steine geworfen hat. Mir war nur inzwischen kalt. Ich hatte zu wenig gegessen und vor uns erhob sich zwischen zwei Gletschern die Nase des Fjallkirkja (1248 Meter), die Spitze oben in den dichten Wolken. Und dort oben musste irgendwo die Hütte sein. Ich dachte an Herr der Ringe.
Keine Ahnung, wem die Hütte dort oben gehört, auf jeden Fall sollte sie offen stehen, kein Schlüssel, kein Code, kein Schloss. Mein Freund hat sich das mehrfach bestätigen lassen. Dumm, wenn man völlig erschöpft dort oben ankommt und die Hütte ist zu. Die Strapaze des Rückwegs hätte ich keinesfalls geschafft. Und dort oben ist sonst nichts, außer Gletscher.
Wir rätselten, wie wir dort hinauf kommen sollten. Links über den Gletscher lehnte ich ab, ohne Seil, Helm, ohne Sicherung. Also auf die mühsame Tour mit Trial and Error. Eine Anhöhe erklimmen, schauen, was sich dahinter auftut, umkehren, weiter gehen. Es wurde später am Tag, so langsam merkte ich die Strapazen. Sich im weichen schwarzen Sand einen Schritt hochstemmen und einen halben Schritt wieder abrutschen war kein Spaß.
Irgendwann war klar, dass die Hütte dort oben sein musste, genau über uns in den Wolken, eigentlich nicht weit, aber eben noch nicht zu sehen. Auch nach der nächsten steilen Anhöhe nichts zu sehen. Nur weitere Anhöhen. Diesen letzten Schuttkegel zu besteigen war wirklich hart, der härteste Trip, den ich je gemacht hatte.

Die Hütte tauchte im Dunst der Wolken auf, kaum 100 Meter vor uns. Aber es war nicht wirklich eine Hütte. Andere Leute stellen in so etwas ihren Rasenmäher ab. Aber immerhin, die Riegel ließen sich lösen, die Tür schwang auf. Wir waren erleichtert. Drinnen fanden sich drei Überstockbetten, etwas zweifelhafte Matratzen (aufrecht stehend gegen die allgegenwärtige Feuchtigkeit), ein winziger Klapptisch, ein winziges Fenster. Alles nicht sehr sauber, kein Wasser, kein Klo, kein Gas oder Kocher. Wir waren völlig erledigt.
Später erfuhr ich, dass die Hütte von Schibobfahrern genutzt wird. Im Schnee hinter der Hütte konnten wir die Stecken sehen, die den Weg vom Gletscher kommend markierten. Das macht auch Sinn, denn von dort ist der Weg sanft und glatt. Von unserer Seite ist er steil, nass und nicht vorhanden.
Wir machten uns eine Suppe auf unserem Kocher, krochen in die Schlafsäcke. Am nächsten Morgen hatte es dichten Nebel. Wir konnten nichts sehen. Bei klarer Sicht muss es dort oben umwerfend sein. Auf drei Seiten der Gletscher, unten der See. Es ist leicht erkennbar, weshalb dort Schibobfahrer eine Hütte aufstellten.
Wir schoben die Riegel wieder vor und machten uns an den Abstieg. Das war leichter. Mein Freund rutschte ein gigantisches Schneefeld hinunter, ich machte es lieber zu Fuß. Wir hielten uns links. Wir stießen wieder auf einen Fluss, kaum knöcheltief. Es gab schöne giftgrüne Wiesenabschnitte.

Und die Sonne kam heraus. Wir konnten hinter uns die Hütte plötzlich oben auf dem Berg sehen, ein winziger Punkt, jetzt musste die Sicht dort oben umwerfend sein. Okay, zu spät. Wir stiegen ein langes Tal hinab (in der Ferne sahen wir vier Personen mit einem Kajak durch die Steine kraxeln. Was machten die Leute dort mit einem Kajak? Sie waren wohl auf dem Weg zu einem kleinen See nördlich des Baldheiði), und am Nachmittag sahen wir rechts wieder den Kjalvegur in der Ebene. Wir erreichten die Hütte Þverbrekknamúli.

Das Wunder dieser Hütte ist, dass es eine richtige Toilette gibt, dass die Hütte einen großzügigen Tisch hat und viel Platz. Sie ist auch isoliert, eine Superhütte. Und es gibt sogar einen Akku, der von der Sonne gespeist wird, und an dem man sein Handy etc. laden kann. Das Unschöne war, dass die Wanderer des Kjalvegur um die Hütte herum ihre Zelte aufschlugen, schnell merkten, dass kein Hüttenwart vorhanden ist und die Hütte „nur mal kurz“ nutzten. Sie zuckten regelrecht zusammen, als wir eintraten. Es ist natürlich okay, eine Hütte zu nutzen, aber dann bitte auch die Hüttengebühr bezahlen, auch als armer deutscher Student. Erst recht, wenn man „nur mal schnell“ sein Handy am Strom lädt. Die Isländer beschweren sich zu Recht, dass man früher keine Hütte absperren musste, heute aber alles mit Zahlenkombinationen gesichert werden muss.

Am nächsten Tag querten wir den Fúlakvísl auf der Fußgängerbrücke, und bogen dann wieder nach Süden ab, Richtung Autoabstellplatz. Mal querfeldein, mal auf Spuren fanden wir das Auto wieder, eine einfache Strecke. Wir holperten zurück auf die zentrale Hochlandpiste F35 und setzten den Blinker nach links, weiter ins Hochland hinein.

Nach kurzer Zeit erreichten wir die Abzweigung, rechts nach Kerlingarfjöll. Das ist eine schöne und recht frequentierte Stelle. Ein Hostel mit nettem Café, viele Hütten, die man mieten kann, schöne Kulisse mit grüner Wiese (auf der auch ein Zeltplatz ist). Hier trifft man die jungen, dynamischen Leute aus der ganze Welt, auch Personen mit erheblichen Investitionen in Expeditionsmobile. Das ist Landmannalaugar für Fortgeschrittene.

Wir parkten, machten einen schnellen Resupply aus dem Koffer, warfen die Rucksäcke wieder auf und marschierten auf der Fahrstraße den Hügel hinauf. Die nächsten Tage sollten im Prinzip eine Umrunden des Massivs Kerlingarfjöll werden. Der Weg ist inzwischen gut vermarktet, die Kennungen für die Hütten (dazu gleich mehr) bekommt man auch im Café am Parkplatz Kerlingarfjöll.

Nach kurzem Anstieg verlässt man die Fahrstraße (F347) links und folgt den Stäben ins Gelände. Wir hatten an dem Tag schon einige Kilometer gelaufen und waren dankbar, dass es nicht mehr richtig auf und ab ging. Links taucht der Gletscher am Horizont auf, weite Blicke, sehr weite Blicke. Beeindruckend.


Irgendwann kommt man doch wieder auf die Fahrstraße (die macht mehr Bögen, da die Geländewagen nun doch nicht durch alle steilen Bachbetten kommen), verlässt diese wieder nach rechts. Auf dem Boden finden sich viele Hufspuren, aber wir trafen auf der gesamten Runde in den nächsten Tagen weder einen anderen Wanderer, ein Auto noch ein Pferd an. Die Landschaft ist extrem. Staubige Ebenen, dann grüne Wiesen an den Flüssen, alle Farben. Es raucht, stinkt.
Unten im Tal, leider hinter einer letzten Flussdurchquerung, konnten wir die Hütte Kisuobotnar sehen. Hütte ist dabei ein etwas unscharfer Begriff. Es handelt sich mehr um eine Art Bauwagen, der auf Betonsockel gezurrt ist, damit er nicht wegfliegt. Drinnen sind einige Überstockbetten und ein normaler Campingkocher, aber keine Küche oder Stühle. Eher karg und wenig sauber oder einladend, aber okay an dem Tag. Im Logbuch sahen wir, dass auch mal volle Belegung vorhanden ist, wenn Reitergruppen dort ankommen. Mit voller Belegung stelle ich mir den Bauwagen recht speziell vor. Toilette oder Wasser gibt es nicht, der nahe Fluss hilft aber (hoffentlich haben sich alle immer vage flussabwärts orientiert).


Die Hütten sind übrigens mit Zahlenkombinationen gesichert. Die Kombinationen bekommt man bei Buchung und Bezahlung. Ein etwas komisches Zahlenschloss an den Türen, aber wenn man einmal raus hat, wie es funktioniert, ist es okay.
Der nächste Tag wird nochmals dramatischer. Kleine Flusstäler, anstiege auf Berge in allen Farben, Schluchten. Der Weg ist auch besser erkennbar. Eigentlich haben wir an diesem zweiten Tag keine Orientierungsprobleme. Die Etappe ist auch überschaubar, wenig Anstiege, gut zu schaffen.


Wir gelangen früh an die nächsten Hütte Klakkur, und man kann sie schon recht früh in der Ferne sehen, auf einem großen Hochplateau gelegen. „Ist ja nicht mehr weit“, denkt man, aber das ist relativ. Auf jeden Fall eine meiner Lieblingshütten, wieder von Schibobfahrern, aber mitten im Nirgendwo gelegen. Es ist nichts drumherum, ganz weite Sicht. Ein kleines Klo (mit viel Wind, dummerweise fliegt das Papier durch die Gegend). Wasser muss man vom Hang unten holen (etwa 30 Minuten). Dafür hat die Hütte schöne Orientteppiche auf dem Boden, einen Kaminofen und einen Berg Kantholz plus Axt im Vorraum. Wir hatten bald ein lustiges Feuer, Wärme und konnten unser Glück kaum fassen.


Das Glück währte bis zur Mitte der Nacht, als ein Sturm über die Ebene zu fegen begann, dass ich dachte, gleich hat die Hütte mitsamt uns abgehoben. Das war heftig. Der Wind ließ auch am Morgen nicht nach. Der erste Teil der Etappe führt über exponiertes Gelände auch mal durch ein Flusstal, auf jeden Fall dröhnte der Wind den gesamten Tag.
Irgendwann biegt man rechts ab in die Berge, es geht stetig bergauf, auch mal steiler, und dummerweise in die Wolken hinein. Dann Schwefel, es blubbert. Da will man nun auch nicht komplett falsch laufen. Eine Papierkarte wäre wahrscheinlich sofort zerfetzt, aber das Handy machte auch immer wieder Faxen im strömenden Regen. Das waren keine schönen Minuten, Sturm, Regen und Kälte in einer völlig unwirklichen Gegend.


Witzig ist, dass dann in völliger Öde ein Wegweiser steht, schief und vage in alle Richtung zeigend. Es muss also einen Weg geben, das war die gute Nachricht. Mein Freund hat erfreulich starke Nerven, hielt immer die Richtung – bis wir irgendwann im dichten Nebel so steil bergab stiegen, in eine Art Schlucht hinein, dass klar war, dass wir irgendeine Abzweigung verpasst haben mussten. Also wieder hinauf, bei null Sicht nach Stäben oder Wegen Aussicht halten, neu peilen. „Da oben, 200 Meter, da müsste was sein.“ Okay, wir stiegen die 200 Meter hinauf und da war nicht wirklich etwas, aber es sah besser aus.
Irgendwann trafen wir wirklich auf einen Pfad (mein Freund hat nie daran gezweifelt) und surreal wurde es, als die Wolken sich beim Abstieg öffneten und wir auf Tagesgäste in dünner Jacke und mit Fotoapparat trafen, die sich über das Wetter beschwerten.
Wir kamen gut zurück nach Kerlingarfjöll und marschierten sofort ins Café zum Aufwärmen. Nach meiner Erinnerung ist der Kaffee eher schlecht gewesen, aber das mag daran liegen, dass er schon länger auf der Heizplatte stand.
Der große Vorteil des Mietwagens als Ort für häufigen Resupply ist, dass man sich nach jeder Wanderung wieder frisch anziehen kann, trockene Socken zumindest. Wir ratterten zurück auf die Hochlandroute, dann nochmals rechts nach Norden, bis Hveravellir.
Das ist als Abschluss nochmals absolut zu empfehlen. Wir kamen in dem kleinen Nachbargebäude unter (es gibt Heizkörper, die warm sind!), hinter dem direkt der Naturpool liegt. Da passen vielleicht zehn Personen rein, das heiße Wasser wird über einen dicken Schlauch gesteuert und nach der Wanderung war das traumhaft.


Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang bin ich sofort wieder hinein in den Pool. Unfassbar gut, auch wenn ich das verliebte Paar eventuell etwas gestört habe. Sorry dafür. Denn wir mussten an dem Tag noch zum Flughafen, mein Freund wollte mit dem Geländewagen zudem auch mal irgendwie Flüsse queren (wenn man so ein Ding schon mal mietet) und das war es dann auch.
Der junge Mann an der Mietstation schaute sich den Wagen übrigens sehr genau an, jeder Kratzer wurde geprüft, ob der vorher schon vorhanden war oder neu hinzugekommen war. Meine Güte, wie sollte man bei Ankunft nachts um 1 Uhr eigentlich auf dem dunklen Parkplatz prüfen, welche Kratzer das Auto nun hat?
Wie auch immer, die nächtlichen Flüge sind etwas anstrengend, aber die Reise war sehr gut. Meine anstrengendste Tour (insbesondere auch mental), aber die Eindrücke waren schon einmalig.
Fazit
Diesmal bestand der Plan darin, rund eine Woche in Island zu wandern, Hütten zu nutzen und niemanden zu treffen. Ich kenne Island eigentlich nicht, daher war ich äußerst dankbar, dass ein Freund als Experte die Planung übernahm. Er fand ein Angebot für einen erschwinglichen Mietgeländewagen, buchte die erste Nacht in Grindavík (wenn man die teure Hauptstadt vermeiden möchte) und zeigte mir am nächsten Morgen den Gullfoss-Wasserfall (wenn man mal richtig viel Wasser sehen möchte).
Danach ging es auf die zentrale Hochlandpiste nach Norden. Es gibt Menschen, die nur wegen des Fahrens auf diesen Pisten nach Island reisen, sei es mit dem eigenen Auto (also auf der Fähre von Dänemark) oder einem Mietwagen. Mein Tipp: Lasst es bleiben. Das Fahren auf der Piste ist die Hölle. Es ist laut, das Armaturenbrett fällt beinahe herunter, die Zähne schmerzen, der Staub kriecht in alle Ritzen des Autos, man kann sich nicht unterhalten und muss sich immer festhalten. Grauenhaft. Ich hatte nach hundert Metern genug und wusste wieder, weshalb die Planierraupe und Asphalt erfunden worden waren.
Aber wir mussten etwa 50 Kilometer schaffen. Wir bogen irgendwann von der Piste ab auf eine nochmals kleinere Piste, die zu einer kaum erkennbaren Fahrspur zwischen Steinen wurde. Wir parkten das Auto im Nirgendwo zwischen F35 und dem Fluss Svartá (direkt neben der Fahrspur, also nicht irgendwie illegal querfeldein. Falls das jemanden interessiert. Der Track führt zu der Fuhrt durch den Fúlakvísl, kurz vor der Hütte Þverbrekknamúli.), steckten einen Zettel mit der Handynummer hinter die Scheibe und setzten uns einen Marker auf dem Handy, dass wir den Spot wiederfinden würden.
Im leichten Niesel ging es südwärts. Die Ebene ist leicht zu queren, auch ohne Pfad, einzige Hürde ist der Fluss Svartá, der in dem Jahr aber nicht sehr viel Wasser führte, kaum bis Hälfte der Oberschenkel. Am späten Nachmittag erreichten wir die Hütte Hvítárnes, die zum Verein Ferdafélag gehört und bei diesem gebucht werden kann.
Die Hütte liegt zudem auf dem Kjalvegur, einem Wanderweg mit guter Infrastruktur. Daher gab es einen Hüttenwirt und es gab andere Gäste. Insgesamt ist die Hütte recht klein, hat aber Gaskocher und Geschirr und eine erste Etage mit einer schmalen Stiege, die ich auf Socken beinahe hinunter polterte. Am ersten Tag auf einer Treppe beinahe alle Gräten gebrochen, ein guter Einstieg in das Outdoorabenteuer. Die Isolierung der Hütte ist schlecht (wie in nahezu allen isländischen Hütten), daher reicht nicht ein einfacher Hüttenschlafsack. Wir verzogen uns in das Spitzdach, das wir ganz für uns allein hatten.
Am nächsten Morgen sagte uns der Hüttenwirt, dass unsere geplante Route nicht möglich sei. Zumindest sei sie noch von niemanden gelaufen und er kann sich nicht vorstellen, dass es dort ein Durchkommen gab. Mein Freund hantierte mit seinen Karten und kam leider nur kurz ins Grübeln. „Ach, das geht sicher“, meinte er. Ich stand mit zunehmender Skepsis daneben.
Der Hüttenwirt versuchte es nochmals und ergänzte, dass er mit seinem Boot auf dem See Hvítárvatn, der hinter einem sumpfigen Gelände zu sehen war, bis zu einem Gletscherfluss gefahren sei. Aber da sei kein Durchkommen zu Fuß. Auf der Karte ist das wirklich alles als endloser Sumpf eingezeichnet, das Flussdelta des Fúlakvísl ist riesig und nimmt beinahe die gesamte Osthälfte des Sees ein. Weites, eiskaltes Wasser, ständig ergänzt aus dem Gletscher.
Ich fand ebenfalls, dass sich die Schilderungen des Hüttenwartes äußerst realistisch anhörten. Wir gingen dennoch los, nicht ohne Aufmerksamkeit der anderen Wanderer, die sich schlau an den Kjalvegur hielten, der gut erkennbar und trocken nach Nordosten führt.
Ich war nach hundert Metern komplett nass. Wir latschten mit unseren Schuhen einfach durch die Bäche und Flussarme. Jedes Mal noch Schuhe zu wechseln oder groß zu testen machte keinen Sinn. Es waren einfach zu viele Flussarme, mal breit, mal schmal, mal sandig und klar, mal brackig und schwarz.
Meine Sternstunde kam, als ich einen recht schmalen Flussarm, kaum vier Meter breit, ganz glatt, brackig, durchqueren wollte. Die ersten drei Schritte waren knietief (was mich schon überraschte bei der geringen Breite des Arms, aber leider keine Warnung war), dann trat ich irgendwie in ein Loch. Ich versank so tief, dass mir das Wasser von oben in die Regenhose lief. Das war schlecht, denn dieses tiefe Wasser hielt sich bis zum anderen Ufer, das ich hektisch erreichte und dann Mühe hatte, mich und den Rucksack aus dem eiskalten Wasser auf das hohe Ufer zu wälzen.
Nicht schön. Ich war in einen alten Flussarm geraten, der früher offenbar eine reißende Strömung gehabt hatte und dadurch ein schön tiefes Loch in jede Kurve fräsen konnte. Nun war der Arm ruhig und unscheinbar, aber immer noch extrem tief. Danach testete ich alle Flussarme, auch die kleinsten, erstmal mit den Stöcken ab.
Nasse Unterwäsche behielt ich dennoch für den Rest des Tages. Und die Herausforderungen nahmen nicht ab. Irgendwann hangelten wir uns an einer Böschung entlang (die Westflanke des Hrefnubudir) und kamen auf eine lange Geröllhalde, die wir im Prinzip einfach geradeaus erklimmen mussten, nicht steil, nicht schwierig. Die Flussarme hatten wir geschafft, auf der Karte war das allerdings vielleicht ein Viertel des Weges.
Wir hielten uns östlich des Raudafell, marschierten eine Steinwüste hinauf und sahen vor uns eine tiefe Schlucht, die sich komplett von links nach rechts durchs Bild zog. Beim Näherkommen sahen wir, dass die Querung etwas weiter im Osten zu schaffen sein müsste. Erfreulich, dass auf dem Boden der Schlucht kein reißender Fluss war. Wir mussten im Prinzip nur die sehr steile Böschung auf allen Vieren in weichem, nachgebendem Schutt hinauf.
Danach links halten, ein weites schwarzes Lavafeld, einfach zu queren, gehen wie auf frischem Asphalt, in den jemand große Steine geworfen hat. Mir war nur inzwischen kalt. Ich hatte zu wenig gegessen und vor uns erhob sich zwischen zwei Gletschern die Nase des Fjallkirkja (1248 Meter), die Spitze oben in den dichten Wolken. Und dort oben musste irgendwo die Hütte sein. Ich dachte an Herr der Ringe.
Keine Ahnung, wem die Hütte dort oben gehört, auf jeden Fall sollte sie offen stehen, kein Schlüssel, kein Code, kein Schloss. Mein Freund hat sich das mehrfach bestätigen lassen. Dumm, wenn man völlig erschöpft dort oben ankommt und die Hütte ist zu. Die Strapaze des Rückwegs hätte ich keinesfalls geschafft. Und dort oben ist sonst nichts, außer Gletscher.
Wir rätselten, wie wir dort hinauf kommen sollten. Links über den Gletscher lehnte ich ab, ohne Seil, Helm, ohne Sicherung. Also auf die mühsame Tour mit Trial and Error. Eine Anhöhe erklimmen, schauen, was sich dahinter auftut, umkehren, weiter gehen. Es wurde später am Tag, so langsam merkte ich die Strapazen. Sich im weichen schwarzen Sand einen Schritt hochstemmen und einen halben Schritt wieder abrutschen war kein Spaß.
Irgendwann war klar, dass die Hütte dort oben sein musste, genau über uns in den Wolken, eigentlich nicht weit, aber eben noch nicht zu sehen. Auch nach der nächsten steilen Anhöhe nichts zu sehen. Nur weitere Anhöhen. Diesen letzten Schuttkegel zu besteigen war wirklich hart, der härteste Trip, den ich je gemacht hatte.
Die Hütte tauchte im Dunst der Wolken auf, kaum 100 Meter vor uns. Aber es war nicht wirklich eine Hütte. Andere Leute stellen in so etwas ihren Rasenmäher ab. Aber immerhin, die Riegel ließen sich lösen, die Tür schwang auf. Wir waren erleichtert. Drinnen fanden sich drei Überstockbetten, etwas zweifelhafte Matratzen (aufrecht stehend gegen die allgegenwärtige Feuchtigkeit), ein winziger Klapptisch, ein winziges Fenster. Alles nicht sehr sauber, kein Wasser, kein Klo, kein Gas oder Kocher. Wir waren völlig erledigt.
Später erfuhr ich, dass die Hütte von Schibobfahrern genutzt wird. Im Schnee hinter der Hütte konnten wir die Stecken sehen, die den Weg vom Gletscher kommend markierten. Das macht auch Sinn, denn von dort ist der Weg sanft und glatt. Von unserer Seite ist er steil, nass und nicht vorhanden.
Wir machten uns eine Suppe auf unserem Kocher, krochen in die Schlafsäcke. Am nächsten Morgen hatte es dichten Nebel. Wir konnten nichts sehen. Bei klarer Sicht muss es dort oben umwerfend sein. Auf drei Seiten der Gletscher, unten der See. Es ist leicht erkennbar, weshalb dort Schibobfahrer eine Hütte aufstellten.
Wir schoben die Riegel wieder vor und machten uns an den Abstieg. Das war leichter. Mein Freund rutschte ein gigantisches Schneefeld hinunter, ich machte es lieber zu Fuß. Wir hielten uns links. Wir stießen wieder auf einen Fluss, kaum knöcheltief. Es gab schöne giftgrüne Wiesenabschnitte.
Und die Sonne kam heraus. Wir konnten hinter uns die Hütte plötzlich oben auf dem Berg sehen, ein winziger Punkt, jetzt musste die Sicht dort oben umwerfend sein. Okay, zu spät. Wir stiegen ein langes Tal hinab (in der Ferne sahen wir vier Personen mit einem Kajak durch die Steine kraxeln. Was machten die Leute dort mit einem Kajak? Sie waren wohl auf dem Weg zu einem kleinen See nördlich des Baldheiði), und am Nachmittag sahen wir rechts wieder den Kjalvegur in der Ebene. Wir erreichten die Hütte Þverbrekknamúli.
Das Wunder dieser Hütte ist, dass es eine richtige Toilette gibt, dass die Hütte einen großzügigen Tisch hat und viel Platz. Sie ist auch isoliert, eine Superhütte. Und es gibt sogar einen Akku, der von der Sonne gespeist wird, und an dem man sein Handy etc. laden kann. Das Unschöne war, dass die Wanderer des Kjalvegur um die Hütte herum ihre Zelte aufschlugen, schnell merkten, dass kein Hüttenwart vorhanden ist und die Hütte „nur mal kurz“ nutzten. Sie zuckten regelrecht zusammen, als wir eintraten. Es ist natürlich okay, eine Hütte zu nutzen, aber dann bitte auch die Hüttengebühr bezahlen, auch als armer deutscher Student. Erst recht, wenn man „nur mal schnell“ sein Handy am Strom lädt. Die Isländer beschweren sich zu Recht, dass man früher keine Hütte absperren musste, heute aber alles mit Zahlenkombinationen gesichert werden muss.
Am nächsten Tag querten wir den Fúlakvísl auf der Fußgängerbrücke, und bogen dann wieder nach Süden ab, Richtung Autoabstellplatz. Mal querfeldein, mal auf Spuren fanden wir das Auto wieder, eine einfache Strecke. Wir holperten zurück auf die zentrale Hochlandpiste F35 und setzten den Blinker nach links, weiter ins Hochland hinein.
Nach kurzer Zeit erreichten wir die Abzweigung, rechts nach Kerlingarfjöll. Das ist eine schöne und recht frequentierte Stelle. Ein Hostel mit nettem Café, viele Hütten, die man mieten kann, schöne Kulisse mit grüner Wiese (auf der auch ein Zeltplatz ist). Hier trifft man die jungen, dynamischen Leute aus der ganze Welt, auch Personen mit erheblichen Investitionen in Expeditionsmobile. Das ist Landmannalaugar für Fortgeschrittene.
Wir parkten, machten einen schnellen Resupply aus dem Koffer, warfen die Rucksäcke wieder auf und marschierten auf der Fahrstraße den Hügel hinauf. Die nächsten Tage sollten im Prinzip eine Umrunden des Massivs Kerlingarfjöll werden. Der Weg ist inzwischen gut vermarktet, die Kennungen für die Hütten (dazu gleich mehr) bekommt man auch im Café am Parkplatz Kerlingarfjöll.
Nach kurzem Anstieg verlässt man die Fahrstraße (F347) links und folgt den Stäben ins Gelände. Wir hatten an dem Tag schon einige Kilometer gelaufen und waren dankbar, dass es nicht mehr richtig auf und ab ging. Links taucht der Gletscher am Horizont auf, weite Blicke, sehr weite Blicke. Beeindruckend.
Irgendwann kommt man doch wieder auf die Fahrstraße (die macht mehr Bögen, da die Geländewagen nun doch nicht durch alle steilen Bachbetten kommen), verlässt diese wieder nach rechts. Auf dem Boden finden sich viele Hufspuren, aber wir trafen auf der gesamten Runde in den nächsten Tagen weder einen anderen Wanderer, ein Auto noch ein Pferd an. Die Landschaft ist extrem. Staubige Ebenen, dann grüne Wiesen an den Flüssen, alle Farben. Es raucht, stinkt.
Unten im Tal, leider hinter einer letzten Flussdurchquerung, konnten wir die Hütte Kisuobotnar sehen. Hütte ist dabei ein etwas unscharfer Begriff. Es handelt sich mehr um eine Art Bauwagen, der auf Betonsockel gezurrt ist, damit er nicht wegfliegt. Drinnen sind einige Überstockbetten und ein normaler Campingkocher, aber keine Küche oder Stühle. Eher karg und wenig sauber oder einladend, aber okay an dem Tag. Im Logbuch sahen wir, dass auch mal volle Belegung vorhanden ist, wenn Reitergruppen dort ankommen. Mit voller Belegung stelle ich mir den Bauwagen recht speziell vor. Toilette oder Wasser gibt es nicht, der nahe Fluss hilft aber (hoffentlich haben sich alle immer vage flussabwärts orientiert).
Die Hütten sind übrigens mit Zahlenkombinationen gesichert. Die Kombinationen bekommt man bei Buchung und Bezahlung. Ein etwas komisches Zahlenschloss an den Türen, aber wenn man einmal raus hat, wie es funktioniert, ist es okay.
Der nächste Tag wird nochmals dramatischer. Kleine Flusstäler, anstiege auf Berge in allen Farben, Schluchten. Der Weg ist auch besser erkennbar. Eigentlich haben wir an diesem zweiten Tag keine Orientierungsprobleme. Die Etappe ist auch überschaubar, wenig Anstiege, gut zu schaffen.
Wir gelangen früh an die nächsten Hütte Klakkur, und man kann sie schon recht früh in der Ferne sehen, auf einem großen Hochplateau gelegen. „Ist ja nicht mehr weit“, denkt man, aber das ist relativ. Auf jeden Fall eine meiner Lieblingshütten, wieder von Schibobfahrern, aber mitten im Nirgendwo gelegen. Es ist nichts drumherum, ganz weite Sicht. Ein kleines Klo (mit viel Wind, dummerweise fliegt das Papier durch die Gegend). Wasser muss man vom Hang unten holen (etwa 30 Minuten). Dafür hat die Hütte schöne Orientteppiche auf dem Boden, einen Kaminofen und einen Berg Kantholz plus Axt im Vorraum. Wir hatten bald ein lustiges Feuer, Wärme und konnten unser Glück kaum fassen.
Das Glück währte bis zur Mitte der Nacht, als ein Sturm über die Ebene zu fegen begann, dass ich dachte, gleich hat die Hütte mitsamt uns abgehoben. Das war heftig. Der Wind ließ auch am Morgen nicht nach. Der erste Teil der Etappe führt über exponiertes Gelände auch mal durch ein Flusstal, auf jeden Fall dröhnte der Wind den gesamten Tag.
Irgendwann biegt man rechts ab in die Berge, es geht stetig bergauf, auch mal steiler, und dummerweise in die Wolken hinein. Dann Schwefel, es blubbert. Da will man nun auch nicht komplett falsch laufen. Eine Papierkarte wäre wahrscheinlich sofort zerfetzt, aber das Handy machte auch immer wieder Faxen im strömenden Regen. Das waren keine schönen Minuten, Sturm, Regen und Kälte in einer völlig unwirklichen Gegend.
Witzig ist, dass dann in völliger Öde ein Wegweiser steht, schief und vage in alle Richtung zeigend. Es muss also einen Weg geben, das war die gute Nachricht. Mein Freund hat erfreulich starke Nerven, hielt immer die Richtung – bis wir irgendwann im dichten Nebel so steil bergab stiegen, in eine Art Schlucht hinein, dass klar war, dass wir irgendeine Abzweigung verpasst haben mussten. Also wieder hinauf, bei null Sicht nach Stäben oder Wegen Aussicht halten, neu peilen. „Da oben, 200 Meter, da müsste was sein.“ Okay, wir stiegen die 200 Meter hinauf und da war nicht wirklich etwas, aber es sah besser aus.
Irgendwann trafen wir wirklich auf einen Pfad (mein Freund hat nie daran gezweifelt) und surreal wurde es, als die Wolken sich beim Abstieg öffneten und wir auf Tagesgäste in dünner Jacke und mit Fotoapparat trafen, die sich über das Wetter beschwerten.
Wir kamen gut zurück nach Kerlingarfjöll und marschierten sofort ins Café zum Aufwärmen. Nach meiner Erinnerung ist der Kaffee eher schlecht gewesen, aber das mag daran liegen, dass er schon länger auf der Heizplatte stand.
Der große Vorteil des Mietwagens als Ort für häufigen Resupply ist, dass man sich nach jeder Wanderung wieder frisch anziehen kann, trockene Socken zumindest. Wir ratterten zurück auf die Hochlandroute, dann nochmals rechts nach Norden, bis Hveravellir.
Das ist als Abschluss nochmals absolut zu empfehlen. Wir kamen in dem kleinen Nachbargebäude unter (es gibt Heizkörper, die warm sind!), hinter dem direkt der Naturpool liegt. Da passen vielleicht zehn Personen rein, das heiße Wasser wird über einen dicken Schlauch gesteuert und nach der Wanderung war das traumhaft.
Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang bin ich sofort wieder hinein in den Pool. Unfassbar gut, auch wenn ich das verliebte Paar eventuell etwas gestört habe. Sorry dafür. Denn wir mussten an dem Tag noch zum Flughafen, mein Freund wollte mit dem Geländewagen zudem auch mal irgendwie Flüsse queren (wenn man so ein Ding schon mal mietet) und das war es dann auch.
Der junge Mann an der Mietstation schaute sich den Wagen übrigens sehr genau an, jeder Kratzer wurde geprüft, ob der vorher schon vorhanden war oder neu hinzugekommen war. Meine Güte, wie sollte man bei Ankunft nachts um 1 Uhr eigentlich auf dem dunklen Parkplatz prüfen, welche Kratzer das Auto nun hat?
Wie auch immer, die nächtlichen Flüge sind etwas anstrengend, aber die Reise war sehr gut. Meine anstrengendste Tour (insbesondere auch mental), aber die Eindrücke waren schon einmalig.
Fazit
- Alleine würde ich die beiden Routen nicht machen wollen. Wer mental stark ist, zudem erstklassige Fähigkeiten hat, kann das sicher schaffen. Mir wäre das zu viel. Überhaupt sollte etwas Erfahrung vorhanden sein für die Routen.
- Die Kombination aus Geländewagen und Wandern hat sich diesmal als gut erwiesen. Wir haben das kleinste Geländemodell genommen, damit wir die Erlaubnis vom Vermieter hatten, ins Hochland zu fahren (irgendein Suzuki Vitara?). Im Auto hatten wir vorab Päckchen sortiert und bereitgelegt, dass wir nach den Touren jeweils schnell neue Nahrung und trockene Wäsche tauschen konnten. Sehr angenehm. Man kann die Tour aber auch mit dem Hochlandbus machen, braucht nur ein paar Tage mehr, die wir diesmal nicht hatten.
- Die Orientierung erfolgte über Karten (insbesondere auch bei der Planung) und Handy (die App Soviet Military Maps in der 10-Euro Bezahlversion, damit Karten offline verfügbar sind), Kompass zur Sicherheit dabei, ebenso einen Notknopf.
- Warmer Schlafsack ist notwendig trotz Hütten, wir hatten auch einen Kocher dabei, was nice war.
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