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... Wenig los auf Berlins Straßen.
Wer nicht anders muss oder will, gönnt sich am Sonnabendmorgen gern noch eine Mütze Schlaf, auch wenn die Sonne schon seit einiger Zeit einen schönen Tag eingeläutet hat. Immer wieder ein Blick durch die Windschutzscheibe nach oben. Es leuchtet gelb, ja das Boot ist noch da.
Halt in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofs. Nun verlässt das Boot für lange Zeit seinen Platz auf dem Autodach und findet seine eigentliche Bestimmung als mein Gefährt (fast schon Gefährte) für eine lange Wasserwanderung.
Start am Kanzleramt, Spree-km 14,1. Weiter ins Berliner Zentrum darf man nur mit Motorunterstützung und einer zugelassenen UKW-Sprechfunkanlage nebst entsprechender Ausbildung. Aber Ziel ist ja auch nicht die Erkundung der innerstädtischen Gewässer, Ziel ist die Ostsee.
Noch habe ich Hilfe, noch ist das Boot nicht beladen. Wasserung und Zustieg über eine der vielen Leitern der Ufermauer und dann der erste Paddelschlag, es ist wohl eher ein Abdrücken von der Ufermauer. Noch eine paar Fotos, noch ein symbolisches Anschlagen am Spreeufer auf Seiten des Kanzleramts und dann geht es endlich los.
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. . . . . . .
Tourverlauf - siehe Klick auf das Kartenbild
(die "Kullerchen" beschreiben die Übernachtungsplätze, die Zahlen daran kennzeichnen den Tag seit Tourstart)

. . . . . . .
Ein seltsames Gespann bewegt sich über das nächtliche Travemünder Hafengelände, vornweg mit gelber Rundumleuchte ein Transporter, hinterher rumpelt mein Boot mit zu hoher Geschwindigkeit auf seinem kleinen Bootswagen. Ich sitze in der geöffneten Heckklappe des Transporter und halte krampfhaft die Bootsspitze, hoffend, dass das Gefährt nicht an einer Bodenwelle umgeworfen wird oder der Transporter plötzlich bremst.
800m später ist einer der gefährlichen Tourabschnitte schadlos überstanden. Meine Familie begrüßt mich. Und jetzt kommt das Boot wieder dorthin, wo es zu Reisebeginn schon einmal war, auf's Autodach. ...
... Wenig los auf den Straßen meines Heimatortes.
Nicht verwunderlich, es ist Sonntag morgen, so zwischen 2 und 3 Uhr. Und nun endet meine Paddelreise endgültig wo sie begonnen hat - nach 8 Wochen, 1 Tag und 21 Stunden.
Um einen Überblick zu erhalten, zunächst einige Tourparameter.
Auf Basis meiner WhatsApp-Berichte für die Familie folgt später eine kleine Sammlung kommentierter Bilder.
einige Tourparameter:
(Wer nur am Reisebericht interessiert ist, sollte das Folgende überspringen.)
- Tourlänge aus eigener Kraft: 2115km; Tourdauer: 55 Tage, davon 8 Ruhetage
(macht je Tag 38,5km, ohne Ruhetage 45km je Tag)
- längste Tagesstrecke 78km mit Strömungsunterstützung der Elbe bzw. 63km auf der Ostsee
- das Boot ist ein Prijon Seayak HV, leicht modifiziert durch Einbau einer Fußlenzpumpe und Versetzen der Schottwände (liefert ca. 40l mehr Stauraum gegenüber dem Werkszustand)
- das Paddel (Werner Ikelos) ist mittels Paddelsicherungsleine verlaufend durch die Spritzdeckenschlaufe mit dem Boot verbunden
- Schwimmweste und Feststoffpaddelfloat, 3 Seenotfackeln rot
- Satellitennotrufsender inReach mini und Tastenhandy, jeweils in wasserdichter Verpackung in der Schwimmweste
- Navigation mittels eTrex 30x und OSM-Karte Europa (als BackUp ca. 1,5kg selbstausgedruckter Karten, zum Glück nicht gebraucht)
- Kommunikation mit der Familie per Smartfone (fast immer gutes Netz inklusive Datenfunk)
- Stromversorgung über Solarpanel (siehe Ergänzung)
- Rückfahrt mit der Fähre Helsinki-Travemünde (siehe Ergänzung)
- paddelspezifische Kleidung: Neoprenpulli (0,5mm), Neoprenhose, eine ordentliche Paddeljacke, Paddelpfötchen und ein einfacher Trocki
- wegen des Extremsommers bin ich bis Västervik mit Hut, kurzer Hose und T-Shirt gefahren
- erstaunlich: ich habe nie gehungert und trotzdem 8kg abgenommen
Bei meinen bisherigen kurzen Ostseetouren betrug die Tagesleistung etwa 40km. Vorsichtig geplant macht das 200km Wochenleistung, damit sind Ruhetage und wetterbedingte Pausen gut berücksichtigt. Bei ca. 2100km erwarteter Tourlänge habe ich 11 Wochen Reisedauer angesetzt.
Die Transportkapazität des Bootes deckt 5 Tourtage ohne Auffrischung der Vorräte ab. Limitierend ist dabei die Frischwassermitnahme. Voll beladen kamen 11l Wasser, 3l Trinkjoghurt und 2l Bier an Bord. (Allerdings kann man in vielen Häfen Frischwasser nachfüllen, ich habe das Boot nie "leergesoffen".)
Die Streckenplanung erfolgte zunächst in GoogleEarth am heimatlichen Rechner, erfasst sind alle Campingplätze an der voraussichtlichen Strecke, einige Häfen (siehe Ergänzung), Biwakplätze in Dänemark, militärisch genutzte Gebiete und ein Musterstreckenverlauf. Die Daten wurden mittels Basecamp vorab auf das eTrex übertragen. Das spart unterwegs viel Zeit, insbesondere in den inneren Schären wäre die Streckenplanung mit dem kleinen Bildschirm des eTrex und der geringen Zoomgeschwindigkeit ein nervendes Geduldsspiel. (Wer die Daten oder Teile davon nachnutzen möchte, kann die Datei Plan_5_7.kmz laden. Dies gestattet nebenbei einen Blick auf den Unterschied zwischen Plan und tatsächlich gefahrener Tour.)
Wegen der extremen Trockenheit und des daraus resultierenden Feuerverbots kam mein Hobo-Kocher nur in Deutschland und in Finnland zum Einsatz. Gekocht wurde nur in den Küchen der Campingplätze, ansonsten kam ich auch gut mit Kaltverpflegung zurecht. (Zur Sicherheit hatte ich noch eine Gaskartusche mit Kocheraufsatz mitgeführt, der nur zweimal zum Einsatz kam. Unter den Bedingungen dieser Tour war der Zweitkocher unnötig.) Hauptnahrungsmittel waren Reis (dazu später mehr), Brot und Knuspermüsli.
Das Zelt sollte unbedingt ein Geodät sein, bei mir ein Forum 42 ZG, ich schätze das Platzangebot eines 2-Personen-Zeltes. Ein 3-Jahreszeiten-Schlafsack und eine herkömmliche Luftmatratze (schwer aber gemütlich) komplettieren die Übernachtungsausrüstung.
Ein kleiner Stachel bleibt im Fleische, für die Überfahrt von Schweden zu den Ålands habe ich die Fähre Grisslehamn - Eckerö in Anspruch genommen (siehe Ergänzung). Ich kann also mit Pickhammer https://www.outdoorseiten.net/forum/...3%85landinseln eine Selbsthilfegruppe zur Bewältigung des Überfahrttraumas gründen.
[Edit - Pickhammer hat erfolgreich an der Traumabewältigung gearbeitet: https://www.outdoorseiten.net/forum/...3%85landinseln]
Ergänzungen
Solarpanel auf Prijon-Booten:
Die mit der Schutzklasse IP 67 beworbene Solarcard von SISTech war auf dem Achterdeck des Bootes montiert.

Um den Strom zum Aufladen einer passenden Powerbank zu nutzen, habe ich den Süllrand der Gepäckluke mit Heißluft vorsichtig erwärmt und mit einem ebenfalls heißen Nagel etwas eingedellt. Über diese Delle ist das Kabel zwischen Solarpanel und Powerbank geführt und an dieser Stelle mit Klebeband fixiert.

Passend dazu habe ich in der Kunststoffabdeckung mit einer Rundfeile eine kleine Vertiefung ausgearbeitet, so dass das Kabel durch die Abdeckung nicht gequetscht wird. Diese Konstruktion hat sich über 2100km in 8 Wochen mit täglich mehrfachem Öffnen und Schließen der Gepäckluke bewährt. Weder ist das Kabel beeinträchtigt, noch ist Wasser in die Gepäckluke eingedrungen.
Das Solarpanel hat auf den ersten 440km über Binnengewässer und 510km auf der Ostsee tadellos funktioniert. Das Stromangebot war mehr als reichlich für meine Zwecke. Am 21.Tag hatte ich etwas rauere Bedingungen auf der Ostsee mit Seegang, bei dem auch das Achterdeck regelmäßig überspült wurde. Leider zeigte das Solarpanel nicht die erhoffte Wasserdichtigkeit. Von der Seite, von der die Wellen das Deck überspülten, ist Wasser eingedrungen. Die Schutzklasse IP 67 bedeutet eben nur Schutz gegen Untertauchen, nicht gegen Druckwasser. Seit Neuem wird die Solarcard mit IP X8 beworben, vielleicht ist die Konstruktion jetzt etwas robuster. Für Touren auf Binnengewässern scheint die Solarcard mit der von mir verwendeten Montage hervorragend geeignet.
(Da ich alle 2 bis 4 Tage Zeltplätze anlief, musste ich dort die Powerbank laden und habe mir in Stockholm eine weitere Powerbank mit größerer Kapazität zugelegt, so dass ich ab Stockholm die Tage zwischen den Zeltplatzaufenthalten stromtechnisch problemlos überwinden konnte.)
Rückfahrt mit der Fähre Helsinki-Travemünde:
Die Vorgeschichte dazu findet Ihr hier: https://www.outdoorseiten.net/forum/...ravem%C3%BCnde
Der Kajaktransport über das Hafengelände in Helsinki sah dann doch anders aus als erwartet. Noch bevor sich die Autoschlange hinter dem Führungsfahrzeug in Bewegung setzte, wurde ich von einer netten Fahrerin mit eben diesem Führungsfahrzeug persönlich geleitet. Muss ein kurioses Bild gewesen sein. Vornweg ein VW-Transporter mit Warnbeleuchtung, nebenher trabt der Muli mit der Kajak-Karre. Die junge Frau erzählte auf Anfrage, dass sie einen solchen Einsatz noch nicht erlebt habe. Jedenfalls war ich als einer der ersten an Bord.
In Travemünde leider ein anderes Bild: Der Fahrer des Führungsfahrzeuges wurde nicht müde, immer wieder die Bedeutung seines Jobs hervorzuheben, die Gefahren auszumalen und wahlweise seine Kollegen aus dem Verkauf der Überfahrten oder mich als verrückt zu bezeichnen. Ich glaube kaum, dass es die 5 Minuten Mehrarbeit waren, die ihn zu diesem anstrengenden Gelaber veranlassten, es kann ihm wohl auch nicht um die Sicherheit gegangen sein, der Kajaktransport aus der geöffneten Heckklappe war mehr als abenteuerlich. Vielmehr vermute ich, dass er sich in seiner Rolle als zweitwichtigste Person im Fährgeschäft (gleich nach dem Kapitän) zu wenig gewürdigt sah. Eine Vorabinformation "Da kommt ein Kajakfahrer mit Bootswagen, Du bist doch erfahren, lass Dir mal 'was einfallen." hätte wahrscheinlich zu einer angemessenen Reaktion geführt. Jedenfalls habe ich mich am Folgetag per Mail nochmals bei der Mitarbeiterin der Fährlinie bedankt, die die etwas ungewöhnliche Fuhre ermöglicht hat und habe vorgewarnt, dass der Fahrer des Führungsfahrzeuges sich bei einer übergeordneten Leitung beschweren wollte. Die Antwortmail war recht entspannt und verheißungsvoll für alle, die Ähnliches vorhaben:
Ernährung mit Reis
Der scheinbare Widerspruch - kein Kochereinsatz in Schweden aber gekochter Reis lässt sich wie folgt lösen. Reis wurde von mir auf den Zeltplatzküchen vorgekocht, mit Pastasauce o.ä. vermengt und noch warm in 2 Boxen je 1l eingefüllt. Beim Öffnen gibt es dann ein zartes "plopp". In Finnland habe ich dann häufiger Beutelreis auf dem Hobo gekocht. Das Ostseewasser ist dort schon salzärmer als an der deutschen Küste, so dass man zum Kochen nicht das wertvolle Süßwasser benötigt.
Überfahrt Schweden - Åland
Wenn der geneigte Leser eine (online-) Karte zu rate ziehen möchte, wird er die Ausführungen besser verstehen. Für die Querung zu den Ålands habe ich 3 Varianten in Betracht gezogen.
1) Südvariante:
Kappelskär (Start vom Zeltplatz, 600m vom Wasser entfernt)
=> Söderarm/Torskär (20km durch ein Schärengebiet, also immer Landabdeckung, aber keine Versorgungsmöglichkeit, dort das Zelt für eine Nacht aufschlagen)
=> Lågskär (30km über offenes Wasser, nach 20km zwar das Eiland Flötjan, bei Seegang dürfte dort aber keine Landung möglich sein, Übernachtung auf Lågskär wäre möglich, aber nicht angestrebt)
=> Bredgadden (9km, immer noch über offenes Wasser)
=> Lemland (12km, wie der Name verrät (-land) eine der Hauptinsel, dieses Stück der Querung kann man sich von Schäre zu Schäre hangeln)
Insgesamt also 70km, davon 45 ausgesetzt mit Zwischenübernachtung.
2) Nordvariante:
Singöcamping (auf der Insel Singö)
=> Utersten (16km, auf den ersten 9km einige Inseln) =>
Märket (12km, diese klitzekleine Leuchtturminsel ist zwischen Schweden und Finnland geteilt, die Grenze ist mit weißer Farbe aufgepinselt und zwar so, dass das mittige Leuchtturmgebäude zu Finnland gehört, ansonsten aber Flächenparität gewährleistet ist - also ein wilder Grenzverlauf)
=> Yttre Borgen (8km)
=> Hammarland (12km, auf dieser Strecke gibt es wieder mehrere mögliche Zwischenstationen)
Insgesamt also 55km, dies ist ohne Zwischenübernachtung schlecht möglich (soll z.B. beim Märket-Leuchtturmwärter möglich sein, der freut sich über Besuch). Ca. 50km über offenes Wasser.
3) mittlere Variante:
Ostseehafen Grisslehamn => Gisslan (29km, ist zwar nur ein kleines Inselchen, sollte aber für eine Landung reichen)
=> Hammarland (13km, Zwischenstopps nach 3km und 7km möglich)
Insgesamt 41km, fast komplett über offenes Wasser, eine Zwischenübernachtung ist unnötig.
Vorteil der Südroute: Sie ist insgesamt gesehen etwa 100km kürzer als die mittlere Variante und 150km kürzer als die Nordvariante.
Vorteil der Nordvariante: Viele Zwischenstopps ermöglichem dem arg strapazierten Sitzefleisch Erholung. Bei unvorhergesehenen Ereignissen ist es einfacher zu reagieren.
Vorteil der mittleren Route: Ich benötige keine Zwischenübernachtung, diese Variante hat die kürzeste Strecke über offenes Wasser. Sollte das Wetter nicht mitspielen, verkehrt 3mal täglich eine Fähre von Grisslehamn nach Eckerö auf den Ålands, das entspricht in etwa der gewählten Route.
Wie gesagt, kommentierte Fotos zum Reiseverlauf in Bälde.
Wer nicht anders muss oder will, gönnt sich am Sonnabendmorgen gern noch eine Mütze Schlaf, auch wenn die Sonne schon seit einiger Zeit einen schönen Tag eingeläutet hat. Immer wieder ein Blick durch die Windschutzscheibe nach oben. Es leuchtet gelb, ja das Boot ist noch da.
Halt in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofs. Nun verlässt das Boot für lange Zeit seinen Platz auf dem Autodach und findet seine eigentliche Bestimmung als mein Gefährt (fast schon Gefährte) für eine lange Wasserwanderung.
Start am Kanzleramt, Spree-km 14,1. Weiter ins Berliner Zentrum darf man nur mit Motorunterstützung und einer zugelassenen UKW-Sprechfunkanlage nebst entsprechender Ausbildung. Aber Ziel ist ja auch nicht die Erkundung der innerstädtischen Gewässer, Ziel ist die Ostsee.
Noch habe ich Hilfe, noch ist das Boot nicht beladen. Wasserung und Zustieg über eine der vielen Leitern der Ufermauer und dann der erste Paddelschlag, es ist wohl eher ein Abdrücken von der Ufermauer. Noch eine paar Fotos, noch ein symbolisches Anschlagen am Spreeufer auf Seiten des Kanzleramts und dann geht es endlich los.

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Tourverlauf - siehe Klick auf das Kartenbild
(die "Kullerchen" beschreiben die Übernachtungsplätze, die Zahlen daran kennzeichnen den Tag seit Tourstart)

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Ein seltsames Gespann bewegt sich über das nächtliche Travemünder Hafengelände, vornweg mit gelber Rundumleuchte ein Transporter, hinterher rumpelt mein Boot mit zu hoher Geschwindigkeit auf seinem kleinen Bootswagen. Ich sitze in der geöffneten Heckklappe des Transporter und halte krampfhaft die Bootsspitze, hoffend, dass das Gefährt nicht an einer Bodenwelle umgeworfen wird oder der Transporter plötzlich bremst.
800m später ist einer der gefährlichen Tourabschnitte schadlos überstanden. Meine Familie begrüßt mich. Und jetzt kommt das Boot wieder dorthin, wo es zu Reisebeginn schon einmal war, auf's Autodach. ...

Nicht verwunderlich, es ist Sonntag morgen, so zwischen 2 und 3 Uhr. Und nun endet meine Paddelreise endgültig wo sie begonnen hat - nach 8 Wochen, 1 Tag und 21 Stunden.
Um einen Überblick zu erhalten, zunächst einige Tourparameter.
Auf Basis meiner WhatsApp-Berichte für die Familie folgt später eine kleine Sammlung kommentierter Bilder.
einige Tourparameter:
(Wer nur am Reisebericht interessiert ist, sollte das Folgende überspringen.)
- Tourlänge aus eigener Kraft: 2115km; Tourdauer: 55 Tage, davon 8 Ruhetage
(macht je Tag 38,5km, ohne Ruhetage 45km je Tag)
- längste Tagesstrecke 78km mit Strömungsunterstützung der Elbe bzw. 63km auf der Ostsee
- das Boot ist ein Prijon Seayak HV, leicht modifiziert durch Einbau einer Fußlenzpumpe und Versetzen der Schottwände (liefert ca. 40l mehr Stauraum gegenüber dem Werkszustand)
- das Paddel (Werner Ikelos) ist mittels Paddelsicherungsleine verlaufend durch die Spritzdeckenschlaufe mit dem Boot verbunden
- Schwimmweste und Feststoffpaddelfloat, 3 Seenotfackeln rot
- Satellitennotrufsender inReach mini und Tastenhandy, jeweils in wasserdichter Verpackung in der Schwimmweste
- Navigation mittels eTrex 30x und OSM-Karte Europa (als BackUp ca. 1,5kg selbstausgedruckter Karten, zum Glück nicht gebraucht)
- Kommunikation mit der Familie per Smartfone (fast immer gutes Netz inklusive Datenfunk)
- Stromversorgung über Solarpanel (siehe Ergänzung)
- Rückfahrt mit der Fähre Helsinki-Travemünde (siehe Ergänzung)
- paddelspezifische Kleidung: Neoprenpulli (0,5mm), Neoprenhose, eine ordentliche Paddeljacke, Paddelpfötchen und ein einfacher Trocki
- wegen des Extremsommers bin ich bis Västervik mit Hut, kurzer Hose und T-Shirt gefahren
- erstaunlich: ich habe nie gehungert und trotzdem 8kg abgenommen
Bei meinen bisherigen kurzen Ostseetouren betrug die Tagesleistung etwa 40km. Vorsichtig geplant macht das 200km Wochenleistung, damit sind Ruhetage und wetterbedingte Pausen gut berücksichtigt. Bei ca. 2100km erwarteter Tourlänge habe ich 11 Wochen Reisedauer angesetzt.
Die Transportkapazität des Bootes deckt 5 Tourtage ohne Auffrischung der Vorräte ab. Limitierend ist dabei die Frischwassermitnahme. Voll beladen kamen 11l Wasser, 3l Trinkjoghurt und 2l Bier an Bord. (Allerdings kann man in vielen Häfen Frischwasser nachfüllen, ich habe das Boot nie "leergesoffen".)
Die Streckenplanung erfolgte zunächst in GoogleEarth am heimatlichen Rechner, erfasst sind alle Campingplätze an der voraussichtlichen Strecke, einige Häfen (siehe Ergänzung), Biwakplätze in Dänemark, militärisch genutzte Gebiete und ein Musterstreckenverlauf. Die Daten wurden mittels Basecamp vorab auf das eTrex übertragen. Das spart unterwegs viel Zeit, insbesondere in den inneren Schären wäre die Streckenplanung mit dem kleinen Bildschirm des eTrex und der geringen Zoomgeschwindigkeit ein nervendes Geduldsspiel. (Wer die Daten oder Teile davon nachnutzen möchte, kann die Datei Plan_5_7.kmz laden. Dies gestattet nebenbei einen Blick auf den Unterschied zwischen Plan und tatsächlich gefahrener Tour.)
Wegen der extremen Trockenheit und des daraus resultierenden Feuerverbots kam mein Hobo-Kocher nur in Deutschland und in Finnland zum Einsatz. Gekocht wurde nur in den Küchen der Campingplätze, ansonsten kam ich auch gut mit Kaltverpflegung zurecht. (Zur Sicherheit hatte ich noch eine Gaskartusche mit Kocheraufsatz mitgeführt, der nur zweimal zum Einsatz kam. Unter den Bedingungen dieser Tour war der Zweitkocher unnötig.) Hauptnahrungsmittel waren Reis (dazu später mehr), Brot und Knuspermüsli.
Das Zelt sollte unbedingt ein Geodät sein, bei mir ein Forum 42 ZG, ich schätze das Platzangebot eines 2-Personen-Zeltes. Ein 3-Jahreszeiten-Schlafsack und eine herkömmliche Luftmatratze (schwer aber gemütlich) komplettieren die Übernachtungsausrüstung.
Ein kleiner Stachel bleibt im Fleische, für die Überfahrt von Schweden zu den Ålands habe ich die Fähre Grisslehamn - Eckerö in Anspruch genommen (siehe Ergänzung). Ich kann also mit Pickhammer https://www.outdoorseiten.net/forum/...3%85landinseln eine Selbsthilfegruppe zur Bewältigung des Überfahrttraumas gründen.
[Edit - Pickhammer hat erfolgreich an der Traumabewältigung gearbeitet: https://www.outdoorseiten.net/forum/...3%85landinseln]
Ergänzungen
Solarpanel auf Prijon-Booten:
Die mit der Schutzklasse IP 67 beworbene Solarcard von SISTech war auf dem Achterdeck des Bootes montiert.
Um den Strom zum Aufladen einer passenden Powerbank zu nutzen, habe ich den Süllrand der Gepäckluke mit Heißluft vorsichtig erwärmt und mit einem ebenfalls heißen Nagel etwas eingedellt. Über diese Delle ist das Kabel zwischen Solarpanel und Powerbank geführt und an dieser Stelle mit Klebeband fixiert.
Passend dazu habe ich in der Kunststoffabdeckung mit einer Rundfeile eine kleine Vertiefung ausgearbeitet, so dass das Kabel durch die Abdeckung nicht gequetscht wird. Diese Konstruktion hat sich über 2100km in 8 Wochen mit täglich mehrfachem Öffnen und Schließen der Gepäckluke bewährt. Weder ist das Kabel beeinträchtigt, noch ist Wasser in die Gepäckluke eingedrungen.
Das Solarpanel hat auf den ersten 440km über Binnengewässer und 510km auf der Ostsee tadellos funktioniert. Das Stromangebot war mehr als reichlich für meine Zwecke. Am 21.Tag hatte ich etwas rauere Bedingungen auf der Ostsee mit Seegang, bei dem auch das Achterdeck regelmäßig überspült wurde. Leider zeigte das Solarpanel nicht die erhoffte Wasserdichtigkeit. Von der Seite, von der die Wellen das Deck überspülten, ist Wasser eingedrungen. Die Schutzklasse IP 67 bedeutet eben nur Schutz gegen Untertauchen, nicht gegen Druckwasser. Seit Neuem wird die Solarcard mit IP X8 beworben, vielleicht ist die Konstruktion jetzt etwas robuster. Für Touren auf Binnengewässern scheint die Solarcard mit der von mir verwendeten Montage hervorragend geeignet.
(Da ich alle 2 bis 4 Tage Zeltplätze anlief, musste ich dort die Powerbank laden und habe mir in Stockholm eine weitere Powerbank mit größerer Kapazität zugelegt, so dass ich ab Stockholm die Tage zwischen den Zeltplatzaufenthalten stromtechnisch problemlos überwinden konnte.)
Rückfahrt mit der Fähre Helsinki-Travemünde:
Die Vorgeschichte dazu findet Ihr hier: https://www.outdoorseiten.net/forum/...ravem%C3%BCnde
Der Kajaktransport über das Hafengelände in Helsinki sah dann doch anders aus als erwartet. Noch bevor sich die Autoschlange hinter dem Führungsfahrzeug in Bewegung setzte, wurde ich von einer netten Fahrerin mit eben diesem Führungsfahrzeug persönlich geleitet. Muss ein kurioses Bild gewesen sein. Vornweg ein VW-Transporter mit Warnbeleuchtung, nebenher trabt der Muli mit der Kajak-Karre. Die junge Frau erzählte auf Anfrage, dass sie einen solchen Einsatz noch nicht erlebt habe. Jedenfalls war ich als einer der ersten an Bord.
In Travemünde leider ein anderes Bild: Der Fahrer des Führungsfahrzeuges wurde nicht müde, immer wieder die Bedeutung seines Jobs hervorzuheben, die Gefahren auszumalen und wahlweise seine Kollegen aus dem Verkauf der Überfahrten oder mich als verrückt zu bezeichnen. Ich glaube kaum, dass es die 5 Minuten Mehrarbeit waren, die ihn zu diesem anstrengenden Gelaber veranlassten, es kann ihm wohl auch nicht um die Sicherheit gegangen sein, der Kajaktransport aus der geöffneten Heckklappe war mehr als abenteuerlich. Vielmehr vermute ich, dass er sich in seiner Rolle als zweitwichtigste Person im Fährgeschäft (gleich nach dem Kapitän) zu wenig gewürdigt sah. Eine Vorabinformation "Da kommt ein Kajakfahrer mit Bootswagen, Du bist doch erfahren, lass Dir mal 'was einfallen." hätte wahrscheinlich zu einer angemessenen Reaktion geführt. Jedenfalls habe ich mich am Folgetag per Mail nochmals bei der Mitarbeiterin der Fährlinie bedankt, die die etwas ungewöhnliche Fuhre ermöglicht hat und habe vorgewarnt, dass der Fahrer des Führungsfahrzeuges sich bei einer übergeordneten Leitung beschweren wollte. Die Antwortmail war recht entspannt und verheißungsvoll für alle, die Ähnliches vorhaben:
Sehr geehrter Herr ...,
es freut mich zu hören, dass Sie wohlbehalten zurück sind und alles glatt gelaufen ist!
Vielen Dank für Ihre positive Rückmeldung, wir hatten mittlerweile schon einen weiteren Kunden, welcher mit seinem Kajak fahren möchte.
Ich arbeiten daran, dass es in Zukunft auch weiterhin so funktioniert!
Mit freundlichen Grüßen / Best regards, ...
es freut mich zu hören, dass Sie wohlbehalten zurück sind und alles glatt gelaufen ist!
Vielen Dank für Ihre positive Rückmeldung, wir hatten mittlerweile schon einen weiteren Kunden, welcher mit seinem Kajak fahren möchte.
Ich arbeiten daran, dass es in Zukunft auch weiterhin so funktioniert!
Mit freundlichen Grüßen / Best regards, ...
Ernährung mit Reis
Der scheinbare Widerspruch - kein Kochereinsatz in Schweden aber gekochter Reis lässt sich wie folgt lösen. Reis wurde von mir auf den Zeltplatzküchen vorgekocht, mit Pastasauce o.ä. vermengt und noch warm in 2 Boxen je 1l eingefüllt. Beim Öffnen gibt es dann ein zartes "plopp". In Finnland habe ich dann häufiger Beutelreis auf dem Hobo gekocht. Das Ostseewasser ist dort schon salzärmer als an der deutschen Küste, so dass man zum Kochen nicht das wertvolle Süßwasser benötigt.
Überfahrt Schweden - Åland
Wenn der geneigte Leser eine (online-) Karte zu rate ziehen möchte, wird er die Ausführungen besser verstehen. Für die Querung zu den Ålands habe ich 3 Varianten in Betracht gezogen.
1) Südvariante:
Kappelskär (Start vom Zeltplatz, 600m vom Wasser entfernt)
=> Söderarm/Torskär (20km durch ein Schärengebiet, also immer Landabdeckung, aber keine Versorgungsmöglichkeit, dort das Zelt für eine Nacht aufschlagen)
=> Lågskär (30km über offenes Wasser, nach 20km zwar das Eiland Flötjan, bei Seegang dürfte dort aber keine Landung möglich sein, Übernachtung auf Lågskär wäre möglich, aber nicht angestrebt)
=> Bredgadden (9km, immer noch über offenes Wasser)
=> Lemland (12km, wie der Name verrät (-land) eine der Hauptinsel, dieses Stück der Querung kann man sich von Schäre zu Schäre hangeln)
Insgesamt also 70km, davon 45 ausgesetzt mit Zwischenübernachtung.
2) Nordvariante:
Singöcamping (auf der Insel Singö)
=> Utersten (16km, auf den ersten 9km einige Inseln) =>
Märket (12km, diese klitzekleine Leuchtturminsel ist zwischen Schweden und Finnland geteilt, die Grenze ist mit weißer Farbe aufgepinselt und zwar so, dass das mittige Leuchtturmgebäude zu Finnland gehört, ansonsten aber Flächenparität gewährleistet ist - also ein wilder Grenzverlauf)
=> Yttre Borgen (8km)
=> Hammarland (12km, auf dieser Strecke gibt es wieder mehrere mögliche Zwischenstationen)
Insgesamt also 55km, dies ist ohne Zwischenübernachtung schlecht möglich (soll z.B. beim Märket-Leuchtturmwärter möglich sein, der freut sich über Besuch). Ca. 50km über offenes Wasser.
3) mittlere Variante:
Ostseehafen Grisslehamn => Gisslan (29km, ist zwar nur ein kleines Inselchen, sollte aber für eine Landung reichen)
=> Hammarland (13km, Zwischenstopps nach 3km und 7km möglich)
Insgesamt 41km, fast komplett über offenes Wasser, eine Zwischenübernachtung ist unnötig.
Vorteil der Südroute: Sie ist insgesamt gesehen etwa 100km kürzer als die mittlere Variante und 150km kürzer als die Nordvariante.
Vorteil der Nordvariante: Viele Zwischenstopps ermöglichem dem arg strapazierten Sitzefleisch Erholung. Bei unvorhergesehenen Ereignissen ist es einfacher zu reagieren.
Vorteil der mittleren Route: Ich benötige keine Zwischenübernachtung, diese Variante hat die kürzeste Strecke über offenes Wasser. Sollte das Wetter nicht mitspielen, verkehrt 3mal täglich eine Fähre von Grisslehamn nach Eckerö auf den Ålands, das entspricht in etwa der gewählten Route.
Wie gesagt, kommentierte Fotos zum Reiseverlauf in Bälde.
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