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Tag -1 - 13.03.2015
Gegen 12 Uhr brechen wir auf in Brüssel. Der Verkehr wird dichter, je näher wir der Stadt der Babylonischen Sprachverwirrung kommen. Genau in dem Moment, in dem wir unausweichlich in ein schier endloses Netz von Einbahnstraßen eingebogen sind verabschiedet sich die Navigations-App mit den Worten "Das ist mir jetzt aber wirklich zu blöd." in die Schockstarre.
Nach einem Neustart finden wir nach einigen weiteren Minuten um 17:30h tatsächlich das Wohnhaus von S. Bruder.
S. wartet vorsichtshalber im Auto während ich den Parklplatz in der Tiefgarage klarmache, da wir die Parklpatz-Regularien vorm Haus nicht ganz verstehen. (Man braucht eine Parkscheibe, aber wir haben keine und wissen auch nicht, wie lange man dann stehen bleiben dürfte, wenn man ein hätte und so...) Außerdem lungert die Ordnungspolizei schon eine Weile in der Straße herum.
Nach einem erheiternden Ritt im winzigen Aufzug und einem kurzen Plausch trennen sich unsere Wege schon: wir erhalten den Wohnungsschlüssel, während der Bruder für das Wochenende zurück nach Köln fährt.
S. und ich machen uns auf Erkundungstour und Nahrungssuche in Richtung Place du Châtelain.
Wir trinken einen Kaffee und betrachten durch das Fenster das Chaos auf einer Kreuzung mit zwei Tram-Gleisen, zwei Straßen für Autos, zwei Straßen für Radfahrer und etwas lebensmüden Fußgängern. Regelmäßig stehen und fahren die verschiedensten Verkehrsteilnehme nicht dort wo sie hingehören. Auto fahren wollte ich hier ja nicht.

Nach dem Kaffee drehen wir eine weitere Runde, nur um uns im Irish Pub an der selben Kreuzung wieder ein Plätzchen am Fenster zu suchen.
Bei Guinness, französischem Wasser, einem Americano-Burger und Thai Green Curry in Irish Pub in Brüssel erfreuen wir uns des Geschnatters in allen möglichen Sprachen. Zusätzliche Unterhaltung liefert das Fernsehprogramm "Coach Trip" (oder so): Ein Haufen Briten oder Iren setzen sich zusammen mit einem Reiseleiter in einen Bus und holen sich gemeinsam einen fetten Sonnenbrand. Wir überdenken unsere Reisplanung. Warum nicht so?
Gegen acht Uhr beobachten wir noch kurz, wie eine Tram wieder rückwärts auf die Kreuzung fährt - *huuuphuuuuuphuuuuuup* -, weil irgendjemand auf den Gleisen parkt. Dann huschen wir mit tief über das Gesicht gezogenen Kapuzen zurück, denn es ist ziemlich kalt geworden.
Auf der Dachterasse schießen wir noch ein paar Fotos vom unter uns liegenden Kreisverkehr und schlüpfen bald ins Bett.
Tag 0 -14.03.2015
Im Reisetagebuch steht "OHNE WORTE".
Wir sind so gegen vier aufgebrochen. Das Navi soll uns zum Discount Parking bringen. Die Adresse stimmt, aber wir stehen im Wohngebiet in einer Sackgasse.
Google Maps und der EU plus-Tarif sorgen dafür, dass wir den Parkplatz irgendwie doch noch finden. Erleichterung.
Wir sind pünktlich eine Stunde vor Abflug am Flughafen.
Aber am falschen.
Wie uns erst jetzt bewusst wird liegt Brüssel Charleroi nicht in Brüssel sondern eine gute Stunde davon entfernt.
Wir holen uns eine Bestätigung unserer Dummheit am Ryanair-Schalter und hören, dass wir es auf keinen Fall mehr rechtzeitig dorthin schaffen.
Alle weiteren Details erspare ich mir an dieser Stelle.
Ja, ich habe immer über die Leute gelacht, die in Frankfurt/Main ihren Flug von Frankfurt Hahn aus suchen. F**K!
Tag 1 - 15.03.2015
Unter Aufbringung eines viertel Vermögens haben wir einen Flug für heute buchen können. Sogar von dem Flughafen aus, für den wir einen Parklplatz reserviert haben.
Wir haben großen Spaß dabei, die Rucksäcke in Frischhalte-Folie zu wickeln, checken problemlos ein und laufen schon bald in der Priority-Herde (ups.) durch die Brüsseler Schafgatter zu unserer 737.
Etwas entgeistert, stelle ich fest, dass Ryanair tatsächlich (ich hörte Gerüchte...) die Brechbeutel wegrationalisiert hat. Also räume ich unauffälig den größten Ziplock-Beutel in meinem Handgepäck-Turnbeutel leer.
Ich bin das letzte Mal mit 5 Jahren geflogen und habe dabei sehr gelitten, sodass ich mir eine schöne Menge Flugangst zusammen gespart habe. Zum Glück ist S. eine Zeit lang beruflich viel geflogen und hält äußerst professionell Händchen.


Zur Ablenkung spielen wir "Ich sehe was, was du nicht siehst...". Man darf ruhig erwachsen werden, man sollte es nur nicht zeigen.
Der Flug ist ruhig.
Dennoch tropft kurz vor der Landung ein fetter Tropfen Blut auf mein strahlend blaues, duftendes Merino-Shirt. Die lebensbedrohliche Nasenblutung war schnell gestillt, sodass bei der Landung nur noch eben genannter Blutfleck an diesen Zwischenfall erinnern. Trockene Luft mochte ich noch nie so sehr...
Mit nur etwas verkrampften Kiefern meinerseits und ohne den geleerten Ziplock-Beutel genutzt zu haben holen wir uns gegen 13:00 Uhr unsere verpuppten Rucksäcke vom Gepäckband und fahren mit dem Bus zur Plaza de Espana.
Schon während der Busfahrt sehen wir dass der Intersport am Sonntag nicht geöffnet hat und auch das andere Sportgeschäft ist dunkel und vergittert. Die nächste Unplanmäßigkeit. Mist.
Wir laufen etwas durch die Gegend und suchen einen geöffneten Supermarkt oder ein Kiosk. Nach einiger Zeit werden wir fündig und kehren zum Bahnhof für den historischen Zug zurück.
S. stärkt sich an einem halben Beutel Beef Jerky und Schokolade, während ich mich in der Estacio Intermodal umsehe.
Da unten wäre ein geöffneter Supermarkt gewesen. Ups.
Wir fahren mit dem 15:10Uhr Zug für einen total unverschämten Preis (im vergleich zum Bus) nach Sollér und genießen die Aussicht, die Tunnel und Hügel.
In Sollér angekommen machen wir uns auf den Weg entlang der Trockenstein-Mauern und unzähligen Orangenbäumen zum Refugi Muleta, welches wir schon vorher gebucht hatten.
Nachdem ich mich in Palma auf dem nassen Straßenpflaster schon ein paar mal fast auf die Nase glegt hatte, kämpfen wir nun beide mit den nassen Steinen, denn es hat begonnen ausdauernd zu regnen.
Vollkommen durchgeweicht kommen wir im Refugi an. Meine Regenjacke ist alles andere als dicht (der Blutfleck auf dem T-Shirt ist verlaufen...), S. hat seine Regenhülle irgendwo tief im Rucksack verstaut, sodass alles klamm geworden ist, und wasserdicht sind weder seine noch meine Schuhe.
Wir breiten alles Nasse aus und speisen heimatliche Wurst und Käse an Cashews und Schokolade zu Abend.
Als für die Reisenden, die ein Abendessen gebucht haben, Orangen als Nachtisch serviert werden, beginne ich S. vorzuschwärmen, wie toll doch so eine Orange wäre und wie sehr ich mich freuen würde undundund *dackelblick*.
S. fragt den "Herbergsvater", ob er eine Orange bekommen könnte, errötet und kehrt siegreich zurück.
Das war die beste Orange der Welt. Ohne Mist.
Später, beim Abräumen wird mir mit gigantischem Grinsen ein weiteres, saftiges Prachtexemplar übrerreicht.
Tag 2 - 16.03.2015
Nach wenig erholsamer Nacht (Schnarchen, Gequassel, Aufbruch um 5Uhr, ...) im Schlafsaal entschließe ich mich um 6:30h dem Bette zu entsteigen und packe zusammen. S. kommt wenige Minuten später nach.
Wir trinken einen richtig guten Kaffee und brechen erneut in Richtung Sollér auf, denn wir hatten ja am Vortag kein Gas erwerben können.
Das Wetter ist sehr freundlich und als wir am Meer entlang in Richtung Port de Sollér laufen, wird mir das erste mal richtig bewusst, dass wir auf Mallorca sind und wie das hier wohl im Sommer aussieht.
In Sollér erwerben wir zunächst mehr Wurst und Käse, Wasser, Orangen und Baguette im Eroski. Trotz dieses Namens darf man da übrigens nicht "oben ohne" einkaufen, lese ich, während ich unsere Rucksäcke hüte.

Wir nehmen unser Frühstück direkt vor der Kirche ein, zur Unterhaltung fährt die Straßenbahn einmal hupend durch das Café gegenüber und wir beobachten die Jack-Wolfskin-Canon-Herden beim Ausströmen.
Nach dem Frühstück erwerben wir in der Seitenstraße beim Eisenwaren-Gartenbau-und-Jagd-Geschäft eine Gaskartusche ("The blue one with Click") und einen Kompass.
Entspannt und glücklich schlendern wir an unendlichen Zitronen- und Orangenplantagen vorbei nach Binibassi und dann Binia-dingsdakannjaehkeineraussprechen, wo wir uns mangels Markierungen oder Umschauen kurz verlaufen.
Pünktlich zu Einstieg in den Barranc fängt es an zu schiffen.
Das ist sehr schade, denn nachdem wir uns verhüllt haben, laufen wir "über zahllose Stufen und Kehren durch einen grünen pittoresken Canyon" (O-Ton aus der Wegbeschreibung). Das ist sehr anstrengend, aber nach jeder dritten Kehre oder so bietet sich ein schicker Ausblick, der zum Verschnaufen und zum Fotografieren einlädt. Da es aber die ganze Zeit über regnet eben nur zum Verschnaufen.

An der Finca l'Ofre angekommen queren wir abenteuerlichst den reichlich Wasser führenden Bach und folgen den blauen Markierungen in Richtung "Mirador d'en Quesada" über unterschiedlich steile Kehren mit unterschiedlich glitschigen Steinen.
Zwischenzeitlich sinkt die Sicht auf wenige Meter und nicht nur ein mal denke ich, dass es wohl besser wäre umzudrehen und auf den beschilderten GR zurückzukehren.
Doch dann steigt aus der Suppe plötzlich die Schutzhütte hervor. Ich rufe S. zu "Da ist sie, aber sie sieht so aus, als würde sie gerade abgerissen!"
Nachdem die letzten Meter zurückgelegt sind und ich die Inschrift auf der Tür kreativ als "Wenn du hier Zuflucht findest, räum danach wieder auf!" übersetzt habe, sehen wir, dass gerade renoviert wird, aber eine komfortable Nacht möglich sein sollte.
Wir hägen schnell mit Leinenspannern (als "Klemmkeile" in den Mauerritzen) eine Wäscheleine auf und legen unsere vollkommen nassen Klamotten ab.
Als es schließlich irgendwann aufhört zu regnen beschließen wir, kurz im gegnübergelegen Wäldchen etwas Holz für die Feuerstelle zu sammeln und noch etwas Gipfelblick zu genießen. Wir können sogar den Leuchtturm beim Refugi Muleta, an dem wie heute losliefen sehen. Wir sind ein bisschen versöhnt.
Danach bereiten wir einen köstlichen Kartoffel-Salami-Pilz-Topf zu und verzehren ihn bei einem spektakulären Sonnenuntergang. Da es schon jetzt empfindlich kalt wird, werden die in letzter Sekunde erworbenen Wärme-Backups von Decathlon angelegt.
Nach dem Essen machen wir ein Feuerchen, welches leider entsetzlich qualmt und deshalb schon bald wieder auseinandergescharrt wird. Dann haben wir Angst vor einer CO-Vergiftung, also lüften wir. Hervorragender Zeitvertreib.

Wir berichten uns gegenseitig, dass es trotz Daunenjäckchen und Mütze doch ziemlich kalt ist und schlafen dennoch irgendwie ein.
Und wachen wieder auf. Und schlafen wieder ein. Und wachen wieder auf. Und...
Gegen vier Uhr weckt mich S. mit seiner Kopflampe. Er hat leichter geschlafen als ich und deshalb mitbekommen, dass wir Besuch hatten. Irgendetwas mit einem buschigen Schwanz hat das Baguette aus der Tüte, welche an der Tür hin entwendet.
S. hängt die Tüte also an den Nagel im Dachbalken, der auch schon unsere Wäsche hält.
Tag 3 - 17.03.2015
Gegen 7 Uhr werde ich von einem Sonnenstrahl an der Nase gekitzelt (Wo auch sonst?

Draußen bricht gerade die Sonne durch und lässt den Reif glitzern. Ich schnappe mir die Kamera und schieße ein paar Fotos. Dann wecke ich S. und bestehe darauf, dass wir jetzt sofort den Kocher in den Expeditionsturnbeutel packen und Kaffee auf dem Gipfel schlürfen.
Auf dem Weg zum gemauerten Aussichtspunkt machen wir uns beide fast nochmal lang. Dennoch freuen wir uns unbändig, die ganzen umliegenden Gipfel, das Meer und die gestern erkämpften Pfade gut erkennen zu können.
Wir packen dann unsere Sachen zusammen, schlüpfen in die etwas klammen Kleider von gestern (Blutfleck kaum noch zu erkennen...) und machen uns auf den glitschigen Abstieg zur Finca l'Ofre.
Es geht noch ein Mal kurz bergauf, doch dann sind wir am Pass Coll de L'Ofre, wo sich schon viele Tagestouristen tummeln.
Nach einigen einfach zu gehenden Metern "Jack Wolfskin-Highway" sind wir am Cubér-Stausee angekommen. Wir erkundigen uns bei den Spaniern, die die abschließbare Hütte bewohnen, äh, befeiern, ob es bei ihnen Wasser gebe. Sie verweisen uns auf die Font des Noguer.
An der Staumauer trennen wir uns: S. wirft seinen Rucksack ab und geht mit dem Expeditions-Turnbeutel Wasser holen, während ich spüle und einen Kaffe vorbereite.
Während des Kaffees werden wir nur leicht von neugierigen Rindviechern bedrängt. Glücklicherweise werden wir aber recht schnell uninteressant, sodass sie zum Ufer abziehen.
Nach dieser kleinen Rast gehen wir hinter der Staumauer zum Tunnelweg, der zwar einige zusätzliche Höhenmeter mit sich bringt (etwa 300hm Abstieg...), aber wirklich ein nettes Tageshighlight ist. Leider habe ich nicht allzuviel Geduld und Glück beim Tunnelfotos machen, für einen kleinen Einblick reichen die Bilder aber schon:
Am Ende des Tunnelweges geht es nun wieder etliche Meter berghoch zum noch immer geschlossenen, aber sehr hübschen, Refugi Tossals Verds.
Dort angekommen, machen wir erstmal wieder eine Pause. Uff.
Wir gehen schließlich doch noch weiter. Im offenen Shelter vor dem Refugi wollten wir nämlich nicht übernachten.
Zunächst gehen wir durch ein Gatter, dann durch eine Menge Eselshaufen und deren Weideflächen.
Dann gehen wir die "Nebenstrecke" über die Font de sa Coma an unzähligen Steinmauern und einigen halbwegs ebenen Flächen vorbei bis wir wieder auf den GR treffen.
Wir überlegen, ob wir hier unser Haus bauen wollen, oder noch ein paar Meter weiter gehen. Ich biete an, die nächsten ein bis zwei Kilometer noch ohne Rucksack anzusehen. Zunächst ist es sehr steinig und Zelten nicht möglich. Dann kommt ein Premium-Platz direkt an einem Wasserfall und kurz darauf der allerbeste. Ich laufe zurück und wir beschließen das Stückchen zum Alllerbesten noch zu laufen.
Tag 4 -18.03.2015
Der Tag beginnt mit einem Kaffee in der etwas zugigen Stein-Eck-Küche am allerbesten Zeltplatz.
Nach dem Zusammenpacken versuchen wir kurz den Weg zum in der Karte eingezeichneten und gestern schon gesichteten Aquädukt zu finden, haben dabei aber leider kein Glück. Also müssen wir uns wohl ein anderes Highlight des Tages suchen: den Massanella. Fatal.
Wir laufen an unzähligen schönen Köhlerplätzen vorbei zunächst durch den dunstigen Wald, später dann durch das felsige, zum Teil noch mit Schnee bedeckte, Tal hoch zum Coll des Prat. Die Sicht wechselt dabei immer wieder zwischen "geht so" und "ziemlich schlecht".
Auf der Passhöhe pfeift es wie verrückt und es kommen erst Zweifel am Vorhaben "Gipfel" auf. Dennoch packen wir erneut den Expeditionsturnbeutel und schieben unsere Rucksäcke unter einem Busch, denn die Karte sagt, dass der Aufstieg lediglich etwas Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordert...
Wir steigen entlang der Mauer zur Steilwand auf und folgen dann peinlichst genau den Anweisungen der Wegbeschreibung in unserer Karte (linker Kamin, Felsterasse, Felsnase, Felsblock, Gipfelplateu...). Die Kletterpartien hier haben uns mental ziemlich an unsere Grenzen gebracht, denn rutschte man ab, so fiele man hier verdammt tief. Es gibt einen bequemen, leichten Weg einmal quer über das Gipfelplateu. DEN sollte man nehmen. Oder etwas mehr von oben genannter Trittsicherheit und Schwindelfreiheit in den Expeditionsturnbeutel packen.


Irgendwannn macht auch die "große Kamera" schlapp, ich vermute, dass ihr der Nebel mit 160 gefühlten km/h zu viel wurde, denn nach gründlichem Trocknen ging es ihr wieder gut.
Der Abstieg beginnt damit, dass wir ausgiebig verschiedene Steinmännchen und Farbmarkierungen verfolgen bis wir irgendwann ein mal NICHT vor einer Steilwand stehen, sondern wie beschrieben an der Flanke des Berges wieder auf den ursprünglichen Weg zurück finden. Irgendwer hat hier die Farbpunkte abgemeißelt. Hurra.
Zurück bei unseren Rucksäcken freuen wir uns zunächst ausgiebig darüber, dass wir - frei von jeder alpinen Erfahrung! - noch leben und belohnen uns hinter die Mauer gekauert mit Kaffee und Schokolade.
Der Weg zum Kloster Lluc danach erschien verhältnismäßig unspektakulär, was vermutlich 1) an unserem Adrenalin-Überschuss, 2) am Nebel und 3) am Wind, der uns höchste Konzentration beim von-Stein-zu-Stein-Fliegen abverlangt, gelegen hat.
Im Kopf geblieben sind dazu vor allem die 2015 (nachgezählt!) Kehren bergab. Zum Glück habe ich keine Knieprobleme.

Auf den letzten Metern finden sich erneut unzählige Köhlerplätze, aber auch richtig viele Sturmschäden. Wir wollen gerne duschen und fragen deshalb zunächst im Kloster nach einem Zimmer (49€ mit ohne alles), gehen dann aber doch noch zum Refugi Son Amer, wo zum Glück noch Platz für uns ist.
Dort angekommen springen wir beide unter die eiskalte Dusche.
[Anekdote am Rande, während ich meine Klamotten wusch: "Are you German?" -"Yes, why are you asking?" -"Yeaah, I just thought so. That's really German." - "What? Washing youre clothes when people can smell you a kilometer against the wind?" - "No taking this freezing shower! It has to be done? Then a German does it". Nun gut. It HAD to be done. *freeze*]
Nachdem alle Wäsche aufgehängt war fanden wir uns zum Abendessen ein. S. konnte noch das Abendessen des Hauses buchen, ich begnügte mich aus Unverträglichkeitsgründen zur Abwechslung mit Käse, einer Orange und der ersten Banane seit etwa 15 Jahren.
Neben uns saß ein äußerst kommunikatives französisches Pärchen und nach dem zweiten Glas Wein spielte es auch keine Rolle mehr, dass S. Französisch eingerostet war und meines sich auf "Je suis une Baguette." beschränkte. Einer spannenden Unterhaltung über europäische Geschichte inkl. Montan-Union und Ost-Abenteuer der älteren Herrschaften stand also nichts mehr im Wege!

Müde und erneut sprach-verwirrt fallen wir in unsere zwei Betten im Vier-Mann-Zimmer.
Tag 5 - 19.03.2015
Ein Tag mit viel Zeit.
Wir frühstücken sehr ausgiebig und gehen mit leichtem Gepäck zurück zum Kloster um noch etwas einzukaufen. Vor allem Postkarten. Ahhhh, und jetzt sofort ganz schnell eine Toilette!
Vom Refugi Son Amer aus geht es noch ein mal kurz bergauf auf einen Pass und dann stetig abwärts.
An der ehemaligen Mineralwasserabfüllanlage Binifaldo überlegen wir, ob wir den Puig Tomir erklimmen wollen. Da das Wetter gut ausschaut versuchen wir es.
Schon nach wenigen Kehren sagt S., dass er heute keinen Bock mehr auf viele Höhenmeter hat. Nachvollziehbar eigentlich.

Er sucht sich ein nettes Plätzchen in der Böschung, wo ich auch meinen großen Rucksack ablade. Erneuter Einsatz für den Turnbeutel!
Ich folge erneut sehr genau der Beschreibung in der Karte, wobei ich bald merke, dass man hier hervorragend den Steinmännchen und Markierungen trauen kann. Während des Aufstiegs ist es etwas dunstig, ich genieße aber dennoch die Aussicht. Kurz vor dem Gipfelplateu erreicht mich jedoch wieder das mallorquinische Gipfel-Pech: Ich stehe schon wieder in den Wolken. Zugegebenermaßen etwas lustlos stapfe ich nach "ganz oben", lasse mich von einer Böe fast umlegen und schliddere beschwingten Turnschuhs nach unten.
Die gesicherten Stellen hier sind deutlich harmloser als die ungesicherten, die wir am Massanella passierten, allerdings war recht viel los, sodass ich ziemlich auf das runter prasselnde Gestein meiner Mitmenschen, die sich zum Großteil noch weniger elegant als ich durch den Schotter bewegten, achten muss.
Nach diesem kurzen Abstecher traben wir gemütlich weiter zur Font de Muntanya, in deren Umfeld sich reichlich Zeltplätze finden lassen.
Wir kochen selbstgedörrtes Chili con Carne am gemauerten Tisch. Ich merke an dieser Stelle schon, dass sich ein größeres Sturmtief in meinem Gemüt ankündigt, doch S. gibt sein Bestes, mich darüber hinweg zu trösten.
Nach einem äußerst wärmenden Chil bauen wir uns Haus etwas unterhalb der Quelle auf und schlüpfen bald (ohne Fleece, ohne Daunenjacke!) in die Penntüten.
Ich bastel noch eine kleine Wäscheleine in den Zeltgiebel, auf welcher wir fortan zur Verbesserung des Raumklimas unsere Stinksocken lagern.
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