[FR] Sonnenbrand auf dem E2 in fremden Land - 4 Tage Jakobsweg im Elsaß

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    • 29.09.2007
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    [FR] Sonnenbrand auf dem E2 in fremden Land - 4 Tage Jakobsweg im Elsaß

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    Himmelfahrtswochenende 2011 - Vier Tage wandern auf dem Elsässischen Jakobsweg

    Donnerstag: Straßburg – Rosheim

    Man sollte viel früher aufstehen, es ist ruhig und frisch, nur die Vögel singen. Zu dieser Erkenntnis führte der Weg zum Zug; am Tagesanfang auch noch ohne Verzögerungen brachte mich die Bahn nach Straßburg. Selbst um 10 Uhr ist die Stadt am Feiertag noch morgendlich verschlafen, erst unmittelbar am Münster - an dem natürlich der Pilgerweg in den ich einsteige vorbeiführt - sind Touristen in merklicher Zahl unterwegs. Fußwege in der Großstadt können sehr nervig sein, hier ist es anders, nur wenige Meter durch die romantische Fußgängerzone und schon ist man an einem Wasseruferweg weg vom Trubel. Immer am Wasser eines alten Kanals entlang geht es auf dem alten Treidelpfad - und daher auch meist unter willkommenen Baumschatten - auch die Hauptstrecke des Tages. Hier wird es dann etwas lebhafter als mit dem Tag auch die Jogger, Skater und Radler aufbrechen und mich alle überholen – nur um mir danach wieder entgegenzukommen. Der Radius ist klar: Zunächst lassen die Joggerzahlen nach, dann die Skater, die Radler begleiten mich am längsten. Störche und Fischreiher auf den Wiesen neben dem Weg lassen sich wenig stören. Die Schleusenwärterhäuschen zeigen - obwohl alle gleich gebaut - sehr unterschiedliche Gesichter: Vom riesigen Garten über eine einsame Ziege oder in reiner Wochenendnutzung.
    Am Dompeter - einer alten Kirche – ist ein riesiger Holzstapel kunstvoll für das Johannisfeuer vorbereitet. Hier wetteifern die Orte wohl miteinander, denn ich werde noch einigen weiteren spitzen und hohen Pyramiden begegnen. Der Weg wird teilweise zu Pfad und führt an einem Bächlein entlang. Ich entwickle in erster Hypothese die Hundehäufchennavigation: Wenn auf wenigen Metern einige Hundehäufchen verschiedenen Alters auftauchen, dann ist es nicht weit (unter 100 m) bis zum Ortsanfang.
    Zum ersten Mal fällt mir ein Wegschild auf, das mich über die Entfernung bis Santiago di Compostella informiert. Lässige zweitausenddreihundert und ein paar km. Erste Weinberge werden freudig begrüßt, diese werden in den Folgetagen ein meditatives Element bilden.

    Freitag: Rosheim – Mont Sainte Odile – Chatenois

    Das Rätsel der toten Maulwürfe
    Fast im ersten Weinberg des Tages liegen auf wenigen Metern und mitten auf dem Fahrweg zwei tote Maulwürfe ohne äußerlich erkennbaren Schaden. Ich streiche Weinbergquellen von meiner Wasserversorgungsliste. Es werden sowieso nur wenige sein und nur eine, die sich „grand cru“ nennt.
    Der Weg verläuft meist auf Wirtschaftswegen, die Dörfer sind alle sehr schön mit Torhäusern, Fachwerk, Kopfsteinpflaster. Der hohe touristische Reiz der Weinstrasse, das schöne Wetter und das lange Wochenende, das verhilft zu vielen Begegnungen in den Orten. Sprich: Alles voller anderer Touristen. Es teilt sich klar in Gewinnerorte und Verliererorte: Die einen voll, in den anderen alles tot, kein Mensch beim durchlaufen zu treffen. Ich verrate nicht, wen ich für den Gewinner halte.
    Der Anstieg zum Odilienberg - schön durch den Wald, nur ein Reh äst am Wegesrand – reinigt die Lunge vom Teer der (nie gerauchten) Zigaretten. Nur noch Visionen von eisgekühlten zuckerhaltigen Getränken und sonstigen Kalorien helfen mir die letzten Höhenmeter zu bewältigen. Und fast wie in meiner Vision findet sich auch gleich ein Kiosk noch vor dem Klosterkomplex. Es verwundert daß ich zwar nur ein Essen (Wurstsalat – mmh.) aber zwei große Getränke bestelle.
    Entsprechend wiederhergestellt fällt mir ein Wandererpaar auf, das aus einem Auto ausstieg. Ich hatte so im Augenwinkel schon gesehen das sie – sehr schicke Wanderkleidung tragend – wie zu erwarten die Schuhe wechselten. Doch dann ging es nach dem Aufsetzen der Rucksäcke und Längeneinstellung der Stöcke nicht wie erwartet los. Erst müssen in vielen kleinen Extrataschen an den Trägern und am Hüftgurt diverse Geräte eingeschaltet und eingestellt werden (Handy, GPS, ?). Dann wird die Trinkschlauchleitung verlegt und fixiert, eine Kartentasche kann schließlich nur durch die zweite Person angebracht werden. Am Ende habe ich den Eindruck zwei Raumfahrern zugesehen zu haben die sich auf den ersten Planetenspaziergang vorbereiteten. Der übrigens nicht zu lange dauern sollte, sie hatten nämlich vor einer Baustelleneinfahrt geparkt. Die Besucherströme sind noch gemäßigt, ich bin wohl mit 11 Uhr noch ausreichend früh da.
    Warum schon die Kelten an diesem Berg Ringwälle errichteten ist augenscheinlich wenn man den steilen Abbruch und den weiten Blick bewundert. Leider ist es wie in den Folgetagen etwas trüb, sodaß die Sicht nie über das Rheintal hinweg reicht. Trotzdem fallen selbst die kunstvollen Kapellenmosaike gegen den Natureindruck zurück. Der alte Begräbnisplatz an der Hangkante gibt zum Nachdenken.
    Nachdem es zunächst im Wald bergab geht, es dabei sogar zu einer Begegnung mit einem Fuchsjungen kommt, wird das Tagesende von Weinbergquerungen – oder -längsungen geprägt. Dabei verfranse ich mich auch noch, sodaß ich aufgrund der Etappenlänge unwillkommene Extrakm laufen darf um schließlich in das Wandergite zu kommen.

    Samstag: Chatenois – Kaysersberg – Turckheim

    Ort – Weinberg – Ort – Weinberg. Natürlich stimmt die Erinnerung nicht ganz, aber den Hauptcharakter dieses Tages beschreibt dieser Rhythmus. Da die Weinberge sehr gut ausgebaute Wirtschaftswege und null Beschattung aufweisen zusammen mit dem schwülen Wetter und der drohenden Wolke (die mir immer folgte) ein Tag an dem ich mir auch gut andere Reisearten vorstellen konnte. Und angesichts der Wolkengröße nachdenken über die Dimension des menschlichen Maßes . Da mit Weinberg schon Hügel gemeint sind die die Erwähnung erlauben auch von den Höhen her nicht grade ein entspannter Tag. Tröstlich das der Weg nicht über die Hochkönigsburg führt die sorgfältig umrundet wird.
    Die Orte sind wieder voll, allerdings zugegebenen berechtigt voll, da wirklich sehenswert. Falls ich mich nicht mal wieder verlaufen hatte am regulären Weg – vor Kaysersberg ein Abstieg in direkter Falllinie.
    Raffinierte Wochenende im Grünen Verbringer unterwegs bieten mir jeweils großmütig aus den Kühltaschen ein Bier oder Wein an, wohlwissend das dies ein Wanderer nicht annehmen kann – wenn er nicht hinter dem nächsten Baum nächtigen will. Am Abend darf sich das Tarp bewähren. Der lange anstehende Gewitterregen kommt runter. Geht ganz gut, da ich keinen Bivi über dem Schlafsack habe wird er aber durch den (heisst das Overspray ?) Rückschlag der Tropfen etwas angefeuchtet. Stört meine Nachtruhe nicht und ist ja die letzte Tournacht.

    Sonntag: Turckheim - Couvent St Marc – Notre-Dame de Schauenberg - Soultzmatt

    Getreu dem alten Motto „Das beste an Bonn ist der Zug nach…“ würde auch Turckheim mit der Zugverbindung nach Colmar einen guten Ausstiegspunkt bilden.
    Glücklicherweise widerstehe ich dieser Versuchung, denn die nun folgende Strecke ist nach den fast zwei Tagen Weinberg sehr erfreulich: An der Hangkante hangparallel d.h. fast eben im Wald auf Wegen und Pfaden. Gelegentliche weite Ausblicke ins Rheintal – der Regen hat es aber nicht geschafft die Trübe aus der Luft zu waschen. Kurz hinter Turckheim ein Wanderheim des Vogesenclubs mit schützendem Vordach – wäre für das Gewitter gut gewesen.
    Weniger gewittergeeignet wohl die Burg Hagueneck deren Bergfried über eine Metallaussentreppe erschlossen ist.
    Glücklicherweise noch auf der erfreulichen Seite (hätte auch nervig werden können) ist, das ich einem Volkswandertag entgegenlaufe. So kommt es zu vielen freundlichen Begegnungen, ich höre erstmals den regionalen Dialekt und sehe daß ich doch noch einige Wanderjahre vor mir haben kann, denn anders als oft senke ich den Altersdurchschnitt am Weg. Während das Couvent St Marc sehr verschlossen wirkt und nicht einmal Wasser spendet (geläutet habe ich nicht), ist in Schauenberg gerade ein Outdoor Gottesdienst.
    Vor dem Abstieg nach Soultzmatt interessante Trockenrasen dann nochmal steil und sonnig durch den Weinberg. Schließlich ist es Zeit zur Heimkehr.

    Fazit: Nach einem freundlichen Start hatte das Mittelteil Höhepunkte wie Durststrecken um dann in einem erfreulichen letzten Tag auszulaufen. Und der Titel dieses Berichtes der „Sonnenbrand auf dem E2 in fremden Land“ hat seine Berechtigung: Nicht weit und doch eine zu entdeckende Region – Teilstücke sind auch Teile des E2 – und trotz Schutz holte ich mir in den schattenlosen Weinbergen einen leichten Sonnenbrand an den Armen.

    Es sind von Soultzbach noch 2202 km Jakobsweg … und der E2 klingt auch spannend …
    Zuletzt geändert von November; 07.11.2011, 19:32.

  • walkingalone
    Dauerbesucher
    • 05.01.2010
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    #2
    AW: [FR] Sonnenbrand auf dem E2 in fremden Land - 4 Tage Jakobsweg im Elsaß

    Hallo Nummersicher,

    Dein Bericht gefällt mir gut, besonders Deine Sprache. Schön, dass Du aus einen "fremden Land" berichtest, das fast "vor der Haustür" liegt!

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    • Prachttaucher
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      • 21.01.2008
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      #3
      AW: [FR] Sonnenbrand auf dem E2 in fremden Land - 4 Tage Jakobsweg im Elsaß

      Witzig, daß Du dort gelaufen bist. Habe bei mir ein kleines Büchlein über den Weg dort liegen. Da in Kürze Elsaß-Urlaub ansteht, war dies zunächst auch ein Gedanke - schnell aber auch die Antwort "lieber mal im Herbst und jetzt in die ggf. kühleren Vogesen"...

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      • Nummersicher
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        #4
        AW: [FR] Sonnenbrand auf dem E2 in fremden Land - 4 Tage Jakobsweg im Elsaß

        [QUOTE=Prachttaucher;867449]...Habe bei mir ein kleines Büchlein über den Weg dort liegen....QUOTE]

        Gut das Du es erwähnst, wie man aus meinen Wegunsicherheiten entnehmen kann ist die Beschilderung nämlich nicht überall klar und von daher habe ich mehr in den Wanderführer geschaut als auf vielen anderen Touren. Dann gibt es wieder Stücke die "schweizerisch" (das ist hier mein höchstes Qualitätssiegel) ausgeschildert sind.

        Vogesen sind sicher wilder und kühler - schönen Urlaub!

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