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der schwarzatal wanderweg, april 2020
corona. man weiss nicht mehr was geht und was nicht, und ob die welt noch steht wenn man nach 3 tagen zurück ist. ob man noch mundschutz braucht, oder schon gasmaske, noch tracking app, oder schon fussfessel. egal, ich muss raus! und zwar raaaauuus!.
so packe ich jolly jumpers satteltasche und bei handschuhtemperaturen geht es los. über kleine strassen und feldwege wurschtel ich mich nach schwarza durch. von wegen oben am kamm isses flach. rauf und runter, schlimmer noch wie auf der bundesstrasse. aber kein verkehr. es geht 400 höhenmeter bergab zur schwarzamündung. ich fahre mindestens die gleiche anzahl bei den gegensteigungen hoch.
nach 800m was ausziehen
da wo der käfer borkt
saalfelder höhe
kein auto weit und breit
zügig bergab
murmelfalle, schlecht getarnt
vor bad blankenburg
die letzten paar kilometer radle ich mehr oder weniger an der schwarza entlang, umleitungen drängen mich ab. ein freundlicher radfahrer erklärt mir wies weitergeht. ungefragt. find ich nett. ich treffe ihn ein paar hundert meter weiter in einem kaum mehr genutzten industriegebiet wieder und wir fahren zügig nebeneinander auf den leeren strassen. von hinten kommt ein lkw in hohem tempo angerast und hupt uns vorsichtshalber mal von der extra breiten strasse. aber er hat die rechnung ohne meinen begleiter gemacht, der erhebt den linken kleinen effenberg, und mit gebleckten zähnen schwenkt er entschlossen todesmutig zur strassenmitte. ostländische flüche ausstossend bremst der lkw-fahrer ab, aus dem fenster der fahrertür kommt, zusammen mit dem wortschwall, eine dichte weisse rauchwolke. wohl mit dem schlimmsten rechnend traut er sich tatsächlich nicht mehr vorbei und kann auf einmal langsam fahren. kein mensch ist auf der strasse, ausser 2 radlern, und einem lkw-fahrer. das ganze gebiet sieht ausgestorben aus. vereinzelt steht mal ein auto auf den grossen parkplätzen. sieht ganz schön abgelebt aus hier.
direkt an der mündung ist ein parkplatz, ein grosser kreisverkehr und eine infotafel. ich mach fotos, ess nen apfel. als ich losfahre vergesse ich meine sonnenbrille aufzusetzen, weil es zugezogen hat. so liegt sie dann hinten aufm rad, bis sie sich irgendwo verabschiedet. ich hab den verlust erst viele km später entdeckt und akzeptiert. die hätt ich wohl nie mehr gefunden wenn ich zurückgefahren wäre.
nach der ersten kreuzung bin ich aus der stadt, von anfang an auf einem autofreien schotterweg. mit vielen kleinen fotopausen gehts nun endlich mal sanft bergauf, immer an der schwarza entlang. man merkt, dass ich deutlich tiefer bin als heute morgen. ich fahre ohne handschuhe, es ist angenehm warm geworden, trotz leichter bewölkung. wildromantisch würde der werbeprospekt das tal wohl nennen. ja, wäre es, ohne die strasse auf der anderen seite der schwarza. es ist wenig verkehr, aber der lärm, der stört schon.
schwarza und saale
hier blühts schon
immer gegen den strom!
grad gelesen: wildromantisch heisst es im prospekt
immer wieder hoppelt die schwarza als weisswasser über felsige passagen. das wasser ist klar, keine spur von schwarz. in den strudeltöpfen färbt das wasser den untergund zartgrün.
oberhalb eines wehres wird die schwarza breiter. am begradigten fluss führt ein schnürlgrader weg entlang, sehr schön zu fahren und auch bestens zum laufen geeignet. er wird immer dünner, letztendlich zum fusspfad. ich muss schieben, nicht ganz einfach, es ist kaum platz nebeneinander. jolly jumper bockt ein paar mal und tritt mit dem pedal nach mir.
in sitzendorf erklärt mir eine frau, dass ich oben nicht weiter komme. so weit ich sehen kann ist rechts zaun und der weg führt in einen kleinen wald. ich versuche es trotzdem. einzige alternative ist die teerstrasse und auf die hab ich keine lust. ich müsste ein ganzes stück zurück und hinunter. letztendlich geht es eine steile steilstufe hinauf, ich muss das rad mehr tragen wie schieben. oben mach ich erstmal pause. so nassgeschwitzt will ich nicht gleich losfahren. als ich nach 5 minuten aufstehe quietschen die knie, anfühlen tut es sich wie schleifpapier. ich wurschtel mich durch den wald und komme am ende doch auf die teerstrasse.
die bergbahn ist geschlossen, der parkplatz verwaist. macht nix. die wegfindung ist schwierig, auf der brücke muss man schieben, dann begleitet ein feldweg am talgrund den waldrand. es ist bereits später nachmittag. in der nähe von meuselbach-schwarzbach beschliesse ich den feierabend.
die weisse schwarza
felsen
strudeltopf
huuuuiii!
glasklares wasser
schiebebrücke
begradigt mit weg
bergbahn oberweissbach
und ein kurzes stück strasse
ich strample einen kleinen weg hoch der sich in den hang schneidet. wieder klatschnass geschwitzt komme ich 10 minuten später an ein kleines plateau und finde auf dem zufahrtsweg zu einer hütte eine schöne flache stelle. ich bau das tarp auf, schnappe mir die wasserflasche und mache einen spaziergang. hinter der hütte ist eine quelle, ich traue ihr nicht so recht und steige nochmal 10 minuten den hang hoch um mein wasser oberhalb der kühe aus einer anderen quelle zu zapfen.
bergab, am rückweg, stelle ich fest, dass ich besser die stöcke für mich benutzt hätte, als fürs tarp. das schleifpapier in den knien bringt mein hirn zum singen. ayyyyy ayyyy aiiiaaaayyy. wie ein unglücklich verliebter mexicanischer gitarrenspieler stelze ich die steile wiese hinunter. den kühen gefällts, sie schauen mir sehr interessiert lange zeit nach. die haben gesprächsstoff beim abendlichen wiederkäuen heute. besuch aus mexico hat man nicht alle tage!
es wird erst für kurze zeit kühl, danach sofort eiskalt. ich ziehe daunenjacke und -hose an. und gleich darauf die dicken wollsocken. esse mein obst und ein stück käse, die finger werden kalt. koche tee. das neue setup würde prima funktieren wenn ich den richtigen topfständer eingepackt hätte. der hier ist zu niedrig, immerhin wird der tee heiss genug. nicht lange und bei temperaturen um die null grad verziehe ich mich unters tarp und den quilt.
eine weile höre ich noch musik und staune wieder einmal was der mp3-player alles kann. 1986 am denali hatte ich die ganze 10 liter fassende deckeltasche voll mit walkman (mit aufnahmefunktion!), kasetten, batterien und diafilmen. steckt heute alles in einem handy, kleiner wie ne zigarettenschachtel.
latschenkiefer
noch kann mans aushalten
was liegt kann keinen mehr erschlagen
kuhweide
stirnlampe und verschiedene stopfsäcke
die feuchtigkeit zieht in der nacht unters tarp. es wird kühl, ich schiebe quilt und schaummatte in den selbstgenähten, winddichten aber atmungsaktiven biwaksack auf dem ich gelegen bin. sofort wird es warm, der rest der nacht ist kuschelig. kurz vor sonnenaufgang stehe ich auf und packe zusammen. währenddessen kocht noch eine tasse tee. mit warmem bauch und ebensolchen fingern fahre ich auf teilweise eisglatter piste wieder hinunter auf den talgrund. trotz handschuhen und wollsocken ist es grenzwertig. eisklötze beginnen sich zu formen in den schuhen und beim ersten sonnenbeschienenen fleck stelze ich mich vom rad wie ein storch. muss mich an jolly jumper festhalten damit ich nicht umfalle. muss hernach noch genauso aufpassen dass ich nicht unkontrolliert umkippe.
steif in den knien, in den muskeln, den fingern, den füssen, den ohrläppchen. stehe regungslos für ein paar minuten. allerdings nicht storchengleich auf nur einem fuss. das ayyyayyyy ayyyyaiiii lässt nach im kopf und wandert zurück in fingerspitzen, knie und zehen. ich mache ein paar biegeübungen als ich aufgetaut bin und fahre dann langsam weiter. der weg ist nicht gefroren und mausert sich immer mehr zum befahrbaren fusspfad.
teekocher
auuhhauuhauuuh auau, erstmal auftauen
wunderbar! sonnig, warm, weich
in katzhütte komme ich an einem supermarkt vorbei und kaufe mir frühstück und brotzeit. die kassiererin hat wohl noch nie einen storch gesehen, sie schaut mir sehr nachdenklich hinterher. in der sonne esse ich erstmal was und taue, an eine beschienene betonwand auf dem parkplatz gelehnt, den rest von mir auf. jetzt geht es wieder, es wird auch angenehm warm wenn die sonne da ist.
aus der schwarza ist inzwischen ein bächlein gworden. oder vielleicht ist das alles was oberirdisch zur zeit sichtbar ist. ich stehe bald unter der staumauer mit der option links steiler hoch, oder rechts steil hoch. ich entscheide mich für rechts und geteert und schiebe an den letzten häusern vorbei auf dem steilsten stück teerstrasse für diese tour.
das geteerte endet und ein feldweg zieht sich in den wald, immer ansteigend. letztendlich komme ich 50m über der staumauer heraus und kann am anderen ufer die forststrasse sehen, die sich oberhalb des ufers entlangwindet. ich gehöre nicht zu den leuten, die gewonnene höhenmeter leichtfertig verschenken und entschied mich für die fusspfadseite auf der ich mich schon befand. manches konnte ich fahren, mehr als die hälfte hab ich geschoben. kein mensch unterwegs ausser mir. gegen mittag kam ich an eine treppe, die hinunter auf eine schotterpiste führte. das nahm ich dankend an und konnte wieder für eine weile fahren.
nutze die infrastruktur
dingsdamündung
jolly jumper
mehr ist nicht zu sehen von der schwarza
steil
der ice-baustellen-aussichtspunkt ist sogar beschildert
verdammt! was soll ich so hoch?
schöner wanderweg
da gehts hin
die treppe
direkt hinter einer kurve standen 3 pick-ups einer elektrogesellschaft mit offenen türen, schräg auf dem weg geparkt und blockerten die strecke. mit dem rad konnte ich zwischendurch fahren. niemand zu sehen. die karte gab nicht wirklich aufschluss darüber ob es einen umweg zu fahren galt, oder ob ich auf einem kleinen wehr oberhalb des stausees nochmal queren konnte. man durfte, und nach steiler abfahrt machte ich pause auf der anderen seite in der sonne, holte mir aus einem kleinen bach einen schluck wasser und ass die restlichen bananen. eine altrosane frau mit pinker tochter lief schnatternd vorbei. pinguine! war mein erster gedanke. aber nein, natürlich flamingos!
nein, flamingos auch keine. viel zu dicke beine. alle vier. ich versuche mich zu erinnern, ob damals die flamingos in argentinien geschnattert haben. mir fällt nichts ein, zu lange her. aber sexy rosa beine hatten die.
der weg führt durch scheibe-alsbach und hernach wieder in den wald. dort geht es auf engstem, tief eingegrabenem fusspfad zwischen dichtstehenden fichten hindurch. ich treffe auf ein wanderndes päärchen das mir den weg zur quelle weist.
blick zurück
ja, da kann man drüber!
nachwuchs und die mama
die schwarzaquelle
dort habe ich die quelle für eine halbe stunde pause ganz für mich allein. das wasser ist kalt und klar. kein bischen schwarz. eine kathedrale aus 4 alten buchen säumt die in granit gefasste quelle ein. ich wette, das ist ein kühles, angenehmes plätzchen in der sommerhitze. nach ein paar orangen gehts weiter, erstmal steil durch den wald nach oben, danach auf einem ausgewiesenen radweg in sanfter steigung zum rennsteig und weiter auf schotter nach neuhaus. die bundesstrasse wollte ich vermeiden, zur strafe musste ich durch den restlichen ort und 3x nach dem weg fragen, den keiner der locals kennen wollte. vorm gleis links, nachm gleis links, da geht kein weg. stimmt. weder vor, noch nachm gleis geht ein weg. ich nehme die nächste strasse bergab, die häuser werden lichter und ich bin raus aus neuhaus. ganz unten im loch wartet lichte auf mich. sowohl der ort wie auch der bach. es folgt eine lange steigung, hoch nach schmiedefeld. ich finde einen weg neben der bundesstrasse, komme in schmiedefeld raus, auf der höhe des edeka.
ich kaufe ich noch schnell was zum abendessen. in schmiedefeld sitzen alle draussen in der sonne. einer ruft mir noch zu, dass ich gleich oben bin. ich weiss, und danach ist fast alles flach und bergab!
beschilderung bestens
gleich daheim
so komme ich gegen abend entspannt zuhause an und lasse mir als erstes eine heisse badewanne ein. schnell rein, bevor das ayyyyiiaaayyyy in den kochen wieder losgeht. lieber bissl musik ausm internet. wenn ich ganz ehrlich bin, da klingen selbst steifbeinige liebestolle dunkelsombrerote schwarzgestiefelte silberbesporte mariachi im stimmbruch besser.
ich bin sicher, die kühe von gestern sind meiner mayyyyiiihhhnung.
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