Wenn dies dein erster Besuch hier ist, lies bitte zuerst die Nutzungsbedingungen
durch. Du musst dich registrieren,
bevor du Beiträge verfassen kannst. Klicke dazu oben auf 'Registrieren', um den Registrierungsprozess zu
starten. Du kannst auch jetzt schon Beiträge lesen.
Es begab sich, dass ich am Sonnabend den 19.12.2009 eine kleine Plastikschachtel von den Landungsbrücken abzuholen hatte, damit diese auch mal einen Blick auf die Reize der schönen Stadt Hamburg werfen kann.
Also ging traf ich verabredungsgemäß um 13.00 Uhr mit dem Rad an den Landungsbrücken ein, um das WAI in Empfang zu nehmen. Nach dem üblichen Übergabeprotokoll (Foto, Klönschnack, usw.) ging es dann bei frischen -8°C los. Zu Fuß schleppte ich meinen Rad die doch ziemlich rutschige Landungsbrücke hoch und packte mich auf diesen ersten 50 m fast dreimal auf die Nase. Toller Start dachte ich, aber gleich geht’s ja besser, wenn du erstmal fahren kannst… Aber nein, zu früh gefreut. Mein Rad stand die letzten Wochen erst im Regen, dann im Schnee und dank der warmen S-Bahn, mit der ich zum Hafen gereist war, war alles einmal angetaut, tief in jede Ritze eingesickert und dort dann friedlich wieder eingefroren. Also die Bremsen gingen nicht, aber das is ja auch egal, denn wer bremst hat Angst, die Schaltung ging auch nicht, aber im nich ganz so bergigen Hamburch is auch die eher überflüssig. Naja, und das Tretlager war auch eingefroren und ließ mich häufiger mal durchtreten, aber fahren insgesamt ist ja auch völlig überbewertet....
Es ging also mal fahrend, mal rollend und häufig lauthals fluchend zunächst zum Baumwall, wo die Alster in die Elbe mündet.
Dort ging es auf den Alsterwanderweg und über die Admiralitätsstraße, Stadthausbrücke und dem Neuen Wall in Richtung Jungfernstieg, auf dem sich Heerscharen von Weihnachtseinkäufern tummelten und meine Mission sabotierten (Im Weg stehen, rumstehen, blind die Straße überqueren und dabei stehenbleiben, waren die beliebtesten Manöver). Den Rathausmarkt habe ich an dieser Stelle bewusst gemieden, da sich hier der Weihnachtsmarkt aufgebaut hatte und mit dem Rad kein durchkommen zu erwarten war.
Aber es gelang mir diesem Wirrwarr zu entkommen und ich fuhr am Westufer der Binnenalster in Richtung Außenalster, die schon fast gänzlich zugefroren war. Einzig eine Fahrrinne für die Alsterdampfer war noch mehr oder weniger frei.
An der Außenalster angekommen konnte ich zum ersten Mal den Schnee und das herrliche Winterwetter genießen, da ich nun nicht mehr jeden Meter einen Passanten vorm Vorderrad hatte.
IMPRESSIONEN
An der Krugkoppelbrücke wechselte ich auf das östliche Alsterufer und fuhr den Leinpfad entlang.
Diesem folgte ich bis zum Winterhuder Fährhaus, bevor ich immer noch auf der Ostseite auf den Winterhuder Kai und ein kurzes Stück auf der Bebelallee weiterfuhr und schließlich durch ein Kleingartengebiet die Fuhlsbüttler Schleuse erreichte. Fix den Ratsmühlen Damm überquert und ich war im Alstertal.
Dieser Streckenabschnitt wird von Ohlsdorf bis Poppenbüttel (9 km) von keiner Straße unterbrochen und führt durch wunderschöne Flußauen. Häufig hört man trotz des manchmal starken Verkehrs der näheren Straßen wirklich keinerlei Verkehrslärm. Durch den Schnee und die teilweise zugefrorenen Tümpel ein wunderschönes Fleckchen mitten in einer Millionenstadt.
Alsterdorf:
Im Alstertal (Klein Borstel)
Wellingsbütteler Torhaus:
Mittlerweile waren durch mein langsames vorankommen alle Pläne heute noch wieder an die Landungsbrücken zurückzukommen und so den Rundkurs zu komplettieren zunichte gemacht worden. Davon ließ ich mich aber nicht beeindrucken und folgte dem Alsterwanderweg bis zur Poppenbütteler Schleuse.
Kurz vor Poppenbüttel:
Von dort ging es entlang der Harksheider Straße zur ersten Winterbesteigung eines 6000ers. Die Hummelsbüttler Müllberge (6110 cm ü. NN) sind eine ehemalige Müll- und Bauschuttdeponie, die begrünt wurden und nun ein beliebtes Ausflugsziel sind. Die Aussicht reicht von dort an klaren Tagen bis zum Hafen. Und gerade bei Schnne sind die doch ziemlich steilen Hänge ein beliebtes Rodelrevier.
Rodelbahn:
Aussicht vom Gipfel:
Nach einer ausführlichen Rundumsicht stieg ich im restlichen Tageslicht wieder ab und fuhr zurück Richtung Wellingsbüttel. Von hier wird das WAI dann in den nächsten Tagen per Rad oder zu Fuß zurück an die Landungsbrücken gebracht werden, wo Torres es dann für die weitere Route wieder in die Arme schließen kann. Die genaue Route steht noch nicht fest, aber wahrscheinlich geht’s wieder an der Alster lang bis zum Rathausmarkt (fehlt ja noch), dann durch die Speicherstadt und an der Elbe lang zu den Landungsbrücken.
Momentan denke ich, daß es am Di soweit sein wird. Mal sehen was die nähere Planung nach dem Weihnachtsfeiertagen bringt.
Edit: Warum so viele Bilder nen Blaustich haben, kann ich euch nicht erklären, abe es könnte daran gelegen haben, daß ich noch Restalk vom Vorabend hatte
Zuletzt geändert von Mika Hautamaeki; 23.12.2009, 21:52.
Grund: Alzheimer
So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
A. v. Humboldt.
Schön, daß es noch geklappt hat mit dem Reisebericht!
Ich habe den Streckenverlauf in die Übersichtsgrafik übertragen. Dabei fiel mir auf, daß es an der Alster ganz schön schön sein muß Der Forumsstaffellauf bildet!
was für schöne winterliche Bilder! Da macht auch der Blaustich nix. ;)
Das WAI bekommt echt eine Menge zu sehen.
Bin ja mal gespannt, wie es weiter geht.
Schön, daß es noch geklappt hat mit dem Reisebericht!
Ich habe den Streckenverlauf in die Übersichtsgrafik übertragen. Dabei fiel mir auf, daß es an der Alster ganz schön schön sein muß Der Forumsstaffellauf bildet!
Ohja, die Alster ist echt ne schöne Ecke, s. auch "Outdoorerlebnis Heute" Thread, da folgt jetzt auch das letzte Stück des Alsterwanderwegs, Poppenbüttel--Kayhude.
PS:
Hab mich gewundert, daß Google Maps bei dir den Weg durch Alstertal entlang des "Kuhteichwegs" kennt. Als Fußgänger schickt er mich immer anders, da er bei meinen Versuchen irgendwie den Weg nicht kennt. Warum ist das so?
So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
A. v. Humboldt.
Hab mich gewundert, daß Google Maps bei dir den Weg durch Alstertal entlang des "Kuhteichwegs" kennt. Als Fußgänger schickt er mich immer anders, da er bei meinen Versuchen irgendwie den Weg nicht kennt. Warum ist das so?
Weil ich das nicht mit Googlemaps gemacht habe Bei gpsies.com kann man Tracks erstellen und dafür verschiedene Karten als Grundlage nehmen, unter anderem OSM. Dort war der Weg zum Glück eingezeichnet.
So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
A. v. Humboldt.
So Kinners, morgen geht das WAI wieder auf Tour, ich werde es morgen wieder zurück an die Landungsbrücken bringen und dort an Torres übergeben. Die Route wird wieder an der Alster entlang laufen, bis zum Jungfernstieg, ort gibts dann einen Abstecher zum Rathaus, Michel und Speicherstadt. Der Bericht folgt dann die Tage.
So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
A. v. Humboldt.
So, das WAI ist wieder sicher zurück in den Händen von Torres. Meine Tour heute war eher unspektakulär, da ich die selbe Route wie auf dem Hin weg genommen habe. Einzig im Innenstadtbereich habe ich noch ein bischen die Touri-Punkte abgelaufen. Ich bin also bei frostigen -1 Grad von Wellingsbüttel entlang der Alster bis zur Binnenalster gelaufen. Die Strecke bis dahin war nun ja hinreichend bekannt, zeigte sich aber mit den reifüberzogenen Pflanzen mal wieder von einer ganz anderen Seite. (Leider war es in Hamburg derartig nebelig, daß ich keine wirklich hübschen Panoramabilder machen konnte)
Von der Binnenalster aus, hab ich dann zuerst das Rathaus und den Michel angelaufen. Der Michel selbst war gerade für Besucher geschlossen, da der tägliche Mittagsgottesdienst gerade abgehalten wurde. Aber aus einem vorherigen Besuch kann ich sagen, daß der Innenraum nach Abschluß der Restaurierung unglaublich hübsch geworden ist.
Michel (St. Michaelis) im Nebel, die Turmspitze war kaum zu erkennen
Krameramststuben beim Michel
Ich rang mich schweren Herzens dazu durch nicht ne Portion Labskaus im Old Commercial Room zu essen, da meine Tour ja noch nicht vorbei war. Auch an der Merimieskirkko ging ich ohne einen Blick hinein vorbei und erreichte schließlich die Speicherstadt.
Von dort folgte ich der Elbe, kam an der Rickmer Rickmers vorbei
und erreichte endlich...den ALTEN ELBTUNNEL. Hier war ja noch eine senkrechte 25 m Rechnung offen. Also die Treppe runter, unten einmal in die Röhre gekuckt und die Treppe wieder rauf, so daß wir mit Fug und Recht behaupten können, daß das WAI keinen Meter mit Motor zurückgelegt hat. (Mit dem Fahrrad wäre diese Treppe übrigens nichtmal ansatzuweise zuschaffen gewesen).
Dann endlich ging es zu Torres und die Übergabe erfolgte gegen 12.55 Uhr Hamburger Ortszeit. Bald gehts dann weiter die Elbe runter, aber diese Geschichte wird euch Torres dann ja erzählen.
So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
A. v. Humboldt.
vielen Dank für die Fotos von unserer wunderschönen Stadt - und ein ganz dicker Dank für die fehlende Elbtunneltreppe, das ist wirklich ein feiner Zug von Dir gewesen Als ich heute morgen aus dem Fenster sah, dachte ich schon, Du siehst gar nichts - das war ja fast Seenebel. Die Fotos sind wirklich gut geworden.....
Schöne Grüße von meinen Racer @ all, will wissen, wann es endlich los geht. Navihalterung vom Motorrad ist jetzt dran, Lenkertasche auch, die Winterreifen sehen richtig fett aus - die Tour kann starten.
So, ich habe trotz Urlaub, trotz Mini-Netbook und trotz lahmer gprs-Verbindung die letzte Etappe in die Gesamtübersicht übertragen können. Wenn ich das richtig nachvollzogen habe, dann war die nunmehr 8. Etappe 21,4 km lang. Die nächste wird dann wieder mit GPS-Gerät aufgezeichnet. Da freu ich mich schon drauf
Vielen Dank Hotdog für die Mühe, die du dir mit dem Streckenverlauf gemacht hast. War nach meinen Angaben bestimmt nicht leicht.
PS: Ich verspreche, daß ich für die nächste Staffel ein GPS Gerät leihe...
So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
A. v. Humboldt.
Etappen waren: Falkenstein (HH), Krempe, Meldorf, Tönning, Bredstedt, Sylt. Heute kam als Abschluss der nördlichste Punkt Sylts dran und damit sind nicht nur der tiefste begehbare Punkt Deutschlands (Neuendorf-Sachsenbande), sondern auch der nördliche Punkt Deutschlands (Ellenbogen Sylt) vom WAI besucht worden. Mein derzeitiger Standort ist übrigens auch schon auf der Höhe Dänemarks.
Das Wetter war den Umständen entsprechend, aber nicht so kalt und nicht so schneereich wie in anderen Teilen des Landes - die Küste ist durch die Nordsee immer etwas wärmer.
Trotzdem eine anstrengende Tour:
Die Radwege zu den schönsten Stellen des Landes waren unpassierbar, daher war viel Landstraße dabei, weil an den Landstraßen des Nordens die Radwege von Tiefschnee geräumt worden waren, so dass höchstens eine dünne Schneedecke zu absolvieren war.
Außerdem saß mir die Zeit im Nacken, da ich durch Wetterberichte wusste, dass am Wochenende der Wind auffrischt. Wer vom Süden in den Norden an die Küste fährt, sollte Nordostwind aus dem Weg gehen, daher habe ich mich immer wieder angetrieben, weiter zu fahren, auf Kosten der einen oder anderen Sehenswürdigkeit natürlich. Wäre ich alle Punkte abgefahren, die ich geplant hatte, wäre ich jetzt auf der Höhe von Husum und hätte die Tour wegen des Starkwindes abbrechen müssen. Wäre ich die ursprünglich gedachte Strecke gefahren (Fern-Radwege), wäre ich vielleicht gerade am Nord-Ostsee-Kanal.....
Ein ausführlicher Reisebericht folgt, die Bilder auch.
Juhuu, Torres, super gemacht!!! Respekt, bei den Bedingungen!
Und ein paar Highlights sind damit ja schon erreicht: nördlichster Punkt, tiefster Punkt, Insel.
1. Tag Sonntag, 4.1.2010
Ich wache morgens auf und denke über Marsch und Geest nach. Da: ein Gedanke - wir haben als Summits die höchsten Punkte Deutschlands festgelegt. Aber wo ist der niedrigste? Ich kukkel und siehe da: Neuendorf-Sachsenbande bei Wilster. Das liegt zwar nicht auf der geplanten Strecke, dann muss ich die eben entsprechend abändern. Ich packe die letzten Sachen ein, das Gewicht beträgt 30 kg. UL ist was anderes, aber es ist ja Winter.
Gegen 12.00 Uhr komme ich los, ich fahre mit der U-Bahn zur Station Landungsbrücken und habe große Schwierigkeiten, das Fahrrad die Treppe runter zu bringen. Ich fahre an der Elbe lang - nur Spaziergänger, ich muss langsam fahren.
Almauftrieb - so nenne ich Massenspaziergänge an Sonntagen. Hier am Strand von Neumühlen, wo man sich im Sommer sonnt und abends die Zäune und Bänke der Anwohner beim Grillen verheizt...
Der verschneite Boden ist festgetreten, so dass ich Grip habe, aber der Belag kostet Kraft.
Blick auf die ehemaligen Lotsenhäuser in Neumühlen, die heute begehrtes Wohneigentum sind.
Die Schiebestrecke an Neumühlen zieht sich ellenlang hin, der Boden ist uneben, naja.
Der Alte Schwede hat ein Schneemützchen auf, ich mache ein Bild und denke an den ersten Hamburger ODS Stammtisch mit Meer Berge, Lina und Sandmanfive. Erst ein Jahr her, es kommt mir vor, als würden wir uns ewig kennen.
Der alte Schwede - ein Findling aus der Elbe.
An einer Rodelstrecke lege ich mich längs hin, dann geht es im Strom der Spaziergänger weiter. Es ist kalt, die Spaziergänger rechnen nicht mit Fahrradfahrern, motzen, wenn ich vorbei will, dabei bin ich auf einem Fernradweg. Ich komme nur langsam voran.
Blankenese, ein ehemaliges Fischerdörfchen und heute eines der teuersten Wohnviertel Hamburgs.
Gegen 15.00 Uhr erreiche ich Falkenstein, der Campingplatz ist geschlossen, aber die Türen sind auf, damit Spaziergänger ans Wasser können. Ich entschließe mich hier zu bleiben und stelle mein Zelt unter einer Weide auf.
Blick aus dem Zelt.
Ein paar Spaziergänger drücken sich in der Nähe herum, sie suchen einen ungestörten Pinkelplatz. Mountainbiker heizen durch den Wald, Hunde werden spaziergeführt, Sonntag in Hamburg eben. Gegen 16.30 Uhr wird es leer, Containerschiffe schieben sich vorbei und Hamburg färbt den Himmel orange-rot. Der Raddampfer "Lousiana Star" ködert die letzten Gäste für die Hafenrundfahrt, man hört das charakteristische Tuten meilenweit. Es ist schneestill, richtig idyllisch. Wie erwartet sind die Innenschuhe nass und die Daunenjacke ebenfalls. Ich stopfe Zeitung in die Jacke, dennoch fällt sie total zusammen, Mist. Es ist windstill, das Zelt wird nass vor Kondens, ich schlafe dennoch gegen 19.00 Uhr tief ein und werde nur ab und zu von den Schiffsmotoren wach.
2. Tag Montag, 05.10.2010
Ich wache gegen 5 Uhr auf und öffne um 5.30 Uhr mein Zelt. Es ist menschenleer und ich vermisse Sandmanfive, der jetzt schon wortkarg seine Pfannkuchen braten würde und Lina, die um diese Uhrzeit noch fest und tief schlafen würde und erst später die fantastischsten Köstlichkeiten aus ihren Taschen zaubern würde. Das Packen ist schnell gemacht, das Kondens ist vereist, aber die Daunenjacke ist nur noch ein nasses Brett. Auch von außen hat sie Wasser gezogen. Das kann ja heiter werden - vielleicht sollte ich Zelten hinten an stellen. Die Motorradtasche fürs Zelt ist steif gefroren - sie ist nicht kältetauglich. Die Ortlieb-Taschen und der Vaude - Fahrradkurierrucksack sind dagegen einwandfrei.
Auf dem vereisten Weg schlittere ich bei Dunkelheit an der Elbe entlang, dann kreuzt eine Treppe meinen Weg - Mist. Obwohl (vereiste) Fahrradschienen angebracht sind, muss ich abladen und brauche bestimmt 20 Minuten bis ich oben bin.
Die Treppe.
Immerhin mache ich zwei Fotos, während die Enten mich auslachen.
Quakquakquakquakquakquakquak.......
Ob angekommen herrscht ein rauer Wind, mir ist lausig kalt, die Jacke ist immer noch nass. Ich schlittere über den Parkplatz auf eine Straße und fahre nach Wedel rein. Man Navi lenkt mich nach Schulau zur Schiffsbegrüßungsanlage, die ein- und ausfahrende Schiffe mit ihren Nationalhymnen begrüßt und heute noch den gleichen Sound hat, wie in meiner Kindheit - Technikfredis würden sich schütteln, aber ich liebe das. Leider kommt kein Schiff, aber die Sonne geht auf und ich mache ein Foto.
Links das Schulauer Fährhaus, recht die Schiffsbegrüßungsanlage.
Es ist lausig kalt und schon 8.00 Uhr und ich bin gerade mal in Schulau. Oh Gott. Schulau ist zwar schon Schleswig-Holstein, aber Hamburg ist immer noch in greifbarer Nähe. Ich entscheide mich, über Holm nach Elmshorn zu fahren und nicht die Strecke durch die Haseldorfer Marsch zu fahren - sie wird nicht geräumt sein, die Marsch wird tot und kahl aussehen, Vögel sind auch keine zu erwarten und da die Pinnau- und Krückau-Sperrwerke im Winter zu sind, muss ich eh über Elmshorn fahren. Ich suche den Radweg, biege daher in eine vereiste Straße ein, die Straße ist falsch, ich wende und lege mich auf blankem Eis voll auf die Schnauze. Es tut weh, aber es hilft nix, ich muss weiter. Ich denke an die alte BMW Motorradfahrerweisheit: Fahre immer mit Koffern, auch wenn sie leer sind - legst Du Dich hin, sind die Koffer kaputt, aber die Knie bleiben heil. So ist es!
Ich fahre Landstraße in den Ort und finde tatsächlich den nicht ausgeschilderten Ochsenweg und gebe Gas. Der verschneite Weg ist relativ festgetrampelt, ich komme leidlich gut voran, aber die Strecke kostet Kraft. Ein zugefrorener See lockt mich, Fotos zu machen, aber ich will weiter und erreiche gegen 10 Uhr Holm. Ich schätze, ich bin vielleicht 10-12 km in 4 Stunden gefahren und bin deprimiert. Ich kaufe Wasser, Orangina und zwei Brötchen, die so knackig sind, dass die Hälfte auf dem Boden landet. Meine Hände sind eiskalt, so komme ich nie nach Sylt!
Ich fahre ein Stück Landstraße, hier ist geräumt und biege vor Heist wieder in den Ochsenweg ein. Ein Mann fällt Bäume, der Weg ist unpassierbar, ich hebe mein Fahrrad über die Baumstümpfe und er grinst, wer rechnet denn mit Radfahrern um die Zeit. Ich kontere: "Das ist doch hier der Ochsenweg - Ochse zu Ochse". Er grinst noch mehr: "Ja, sogar zwei Ochsen, das passt".
Das Bild ist heute vom Zug aus gemacht worden, aber es zeigt, was es zu sehen gab: Felder, Zäune und Bäume....
Zwischen Heist und Moorege halte ich an einer Bushaltestelle und lege mich fies auf die Schnauze, als ich versuche, vom Fahrrad zu steigen. Es hat schon seinen Grund, warum ältere Herren Damenfahrräder kaufen! Ich bin noch deprimierter, noch bin ich gerade einmal 45 Autominuten von meinem Wohnort entfernt und es geht schon auf Mittag zu.
In Uetersen verlasse ich mich weiterhin auf mein Navi, ich will über Heidgraben nach Elmshorn, es fängt wieder an zu schneien. Ich irre herum, um die Strecke zu finden. Eine Frau zeigt mir den Weg an der Landstraße und ich verstehe, dass mein Navi die kleinen Fahrradwege nicht kennt und einfach imaginäre Wege ausspuckt.
In Heidgraben verliere ich die Orientierung und entschließe mich, den Autoschildern zu folgen. Es ist ein Umweg, aber ich lerne, dass die Radwege an den Landstraßen geräumt sind, eine wichtige Erkenntnis für die ganze Tour. Ich kämpfe mich an der vielbefahren Landstraße Richtung Elmshorn, es schneit weiter. An einer Bushaltestelle entwickelt ich eine neue Technik, vom Fahrrad zu kommen: Fahrrad anlehnen und dann vorsichtig Bein zusammenziehen und entfernen. Normalerweise schwinge ich das Bein über den Sattel, aber das geht wegen der Zelttasche nicht. Auf der rechten Seite taucht eine Skulptur eines Holsteiner Pferdes und der Gedenkstein von "Meteor", dem legendären Springpferd von Fritz Thiedemann auf, ich weiß wieder wo ich bin und fahre bei Schneetreiben nach Elmshorn rein. Ich überlege ein Foto von Weihnachtsmarkt und Kirche zu machen, aber ich bin so durchgefroren, dass ich Abstand nehme.
Ein Mann erklärt mir den Weg nach Bullendorf, ich will die Landstraße Richtung Wilster hoch. Die Straße ist menschenleer, es sind kaum Autos unterwegs und ich kämpfe gegen den eisigen Wind an, der trotz Sturmhaube, Mütze und Helm meine Ohren auskühlen lässt.
Auch das Bild wurde heute nachträglich aus dem Zug gemacht und zeigt, wie weitläufig die Landschaft ist
Ein Segeberger Mercedes mit SE-XY schießt an mir vorbei und überholt riskant einen langsam fahrenden Kleinwagen. In letzter Sekunde kapiert er, dass der Kleinwagen langsam fuhr, weil der Bahnübergang rot zeigt, er bremst stark ab, kommt zum Stehen und eine Sekunde später donnert der Zug vorbei. Ich denke mir meinen Teil.... Ich fahre durch Siehtwende und Sommerland und vergesse völlig, ein Foto vom Ort "Grönland" zu machen, der in der Nähe liegt. An der Straße langweilen sich zwei Kinder, sonst ist alles ausgestorben, der Radweg ist pudrig mit Schnee bedeckt, der Wind ist laut.
Foto aus dem Zug. Aber so sehen die Gehöfte in der Gegend aus.
Ich erreiche Süderau, langsam wird es dunkel und ich entscheide mich, nur noch bis Krempe zu fahren. In Krempe huschen nur wenige Menschen noch schnell in den Supermarkt, ein Campingplatz ist weit entfernt und an Wildcampen ist bei dem Wetter nicht zu denken. Eine patent aussehende Frau kommt mir auf dem Fahrrad entgegen, ich spreche sie nach Zimmern an, sie wendet sofort und sagt "Folgen Sie mir". Sie bringt mich zu einer Zimmervermietung, das Zimmer ist sauber und groß, es gibt eine Kochküche und ein luxuriöses Bad mit Ganzkörperdusche. Ich zahle 23 Euro, davon 5 Euro Eine-Nacht-Zuschlag. Klasse. Als ich Lina meine Position durchgebe, bin ich völlig deprimiert, wenn das so weiter geht, schaffe ich die ganze Strecke keinesfalls. Die problematischen Strecken an der Küste kommen ja erst. Ich kann froh sein, wenn ich Husum erreiche. Ich trockne den nassen Klumpen Daunenjacke, das eingefrorene Zelt und den Daunenschlafsack, koche Kartoffelpü mit Soße und schlafe 12 Stunden durch.
3. Tag, Dienstag, 06.01.2010
Morgens ist alles getrocknet. Ich ziehe eine Windbreakerjacke unter die Daunenjacke - vielleicht wirkt das ja wie VBL (Antwort: Nein, das macht alles nur noch schlimmer, man wird innen und außen feucht und fängt an zu stinken!). Es ist wärmer geworden, das heißt, der Tag wird kalt und feucht, eine böse Mischung. Ich ziehe die Regenjacke drüber. Bei feuchtem Schneetreiben fahre ich Richtung Bahrenfleth und mache die ersten Fotos der verschneiten Landschaft.
Trist, trüb und feucht und trotzdem schön.
Es sind wieder kaum Autos unterwegs, der Wind kommt von vorne, ist aber schwach. In Beidenfleth will ich mit der Fähre über die Stör setzen, aber die Fähre ist vermutlich wegen des Eises gesperrt. Ich finde einen Bauern im Stall, der mir das bestätigt, wir schnacken über dit un dat und ich lenke mein Fahrrad Richtung Heilgenstedten bei Itzehoe. Die Straße ist idyllisch, ich klettere an einer Stelle den Deich hoch und mache ein Foto von der Stör, hier bin ich als Kind oft gewesen, es ist Heimat.
Ein harmloser Fluss - aber wehe, wenn er über die Ufer tritt.
Leider verstelle ich die Kamereinstellung, die Bilder werden blau, das merke ich aber erst später.
In Heiligenstedten geht es über die Brücke.
Die Stör von der Brücke aus gesehen
An der Brücke steht ein lustiges Gebührenschild, ich fotografiere es auf der anderen Seite, bin mir aber nicht sicher, ob es das gleiche Schild ist.
Die Gebührentabelle in DM - ein Mauthäuschen gab es nicht...
Ich überlege, zurück zu fahren, da schneit es plötzlich in dicken Flocken, ich muss weiter. Über Bekdorf und Moorhusen fahre ich Richtung Sachsenbande, der Schnee ist feucht und mein Schutzblech sprüht ihn auf die Hose. Innerhalb von Sekunden sehen mein Fahrrad und ich aus wie ein Schneemann. Die Hose wird nass, ich überlege, wo ich die Gamaschen hingepackt habe, aber ich habe keine Lust ab zu steigen. Die Straßenschilder sind kaum zu erkennen, nur selten taucht ein Auto auf und ich denke an meinen Lieblingsspot: "Man ist das heute wieder ein Betrrrieb hier".
Die Straße ist weiß und rutschig, als ich Neuendorf erreiche und auf den Parkplatz einbiege, der die niedrigste begehbare Stelle in Deutschland mit -3,54 m unter N.N. begleitet.
Die Markierung - die kleine weiße Plakette stellt Normalnull dar.
Die erklärende Grafik im Schaukasten
Neben dem Wegpunkt steht ein Pegel, auf dem Normal Null und die Sturmfluthöhen markiert sind. Die höchste Markierung vom 8m ist die Elbdeichhöhe, die höchste Flut betrug 6,78m, unvorstellbar, ich fühle mich furchtbar klein.
Die zweithöchste Markierung markiert die Januarflut vom 03.01.1976. Das Wetter hätte also schlimmer kommen können....
Die Grafik dazu....
In der Hütte trage ich mich ins Gästebuch ein und trinke Tee, danach ist mir lausig kalt und ich radel weiter.
Die Fähre bei Burg ist in Betrieb und ich setze über den Nordostseekanal. In der Ferne ahne ich die Brücke bei Hochdonn im Nebel, schade, sie hätte ich gerne fotografiert. In Burg schneit es wieder, der Ort liegt auf einem Hügel, ich spreche einen Ortsansässigen mit bayrischem Akzent an, der mich den Hügel ein Stück hochbegleitet und über meine Wegwahl den Kopf schüttelt. "Fahren Sie Landstraße über Hochdonn und Süderhastedt, da ist geräumt", rät er mir. Er hat Recht, schlagartig erinnere ich mich an die Strecke über Burg, die ist gefährlich und riskant. Also doch nach Hochdonn, jetzt auch ein Foto von der Hochbrücke:
Die Eisenbahnbrücke bei Hochdonn.
und ich erinnere mich vergnügt daran, dass ein Anwohner unter der Brücke jahrelang gegen die DB geklagt hat, weil er immer die Scheiße aus den Zügen auf sein Grundstück bekam. Früher gab es ja keine Chemieklos, sondern Klappe auf und weg ist (weswegen man in Bahnhöfen nicht aufs Klo gehen sollte....) Ich male mir zum hundertsten Mal aus, wie die Familie auf der Terrasse sitzt und Platsch die Häufchen herunter regnen - und mir wird wieder warm.
Auf dem Bürgersteig räumen die Anwohner pflichtbewusst den Schnee weg, ich bedanke mich herzlich und biege auf die Landstraße nach Süderhastedt ein. Der Weg ist nicht schlecht, es wieder kälter geworden, der Schnee ist gefroren, aber die Baumwurzeln haben den Weg aufgebrochen und jeder Huckel tut weh, die Hose drückt. Das wundert mich, ich fahre seit Jahren mit der Kombi, hinter her stellt sich raus, dass ich anders sitze als sonst, die Hose ist daher vorne aufgerissen. Die Straße zieht sich endlos hin, immer wieder kleine Hügel und Talstrecken, die man dennoch langsam fahren muss, damit man nicht fällt. Am liebsten würde ich im Waldstück mein Zelt aufbauen, aber dort sind Holzarbeiten, das wird nichts.
Die Süderhastedter Mühle - sie ist noch in Betrieb
Nein, das ist kein Badeschaum - das sind die gefrorenen Reste des Schneetreibens vom Vormittag
In Krumstedt mobilisiere ich die letzten Reserven, freue mich auf das Schild Meldorf, aber ich bin erst in Nindorf. Dann kommt endlich Meldorf, mir kommt nur Landprekariat entgegen, wo bin ich hier hingeraten? Ich schiebe mein Fahrrad durch die Unterführung, halte bei der Apotheke quer zum Fahrradständer, ein Rentner will da parken, also wieder alles zur Seite schieben. Grrrr. Eine freundliche Frau in der Apotheke verweist mich auf die Tourist Info am Dom, ich schiebe mit letzter Kraft mein Fahrrad da hin - sie hat zu. Ich spreche eine Frau nach einem Hotel an, sie grinst und zeigt aufs Nebenhaus, tatsächlich - Hotel zur Linde.
Hotel zur Linde am Marktplatz von Meldorf
Ein Bett & Bike Symbol, bestens. Der Typ an der Rezeption ist total nett und lacht die ganze Zeit, das Fahrrad kommt in eine Garage. Das Zimmer ist nicht ganz billig, 52 €, das Doppelzimmer kostet 4 Euro mehr, ich nehme das Doppelzimmer, ich kann nicht mehr. Das Zimmer ist ein Traum, Blick auf Marktplatz und Dom, ich trocke meine Sachen und esse im dazugehörigen Restaurant Rinderbrust mit Bratkartoffeln und Meerrettichsoße. Ich schlafe bestens, am liebsten würde ich hier gar nicht mehr weg.
Der Marktplatz von Meldorf - rechts ist der Dom. Ich hoffe, das Bild wird durch die Verkleinerung nicht zu dunkel....
Zuletzt geändert von Torres; 27.02.2012, 17:17.
Grund: Die Originalbilder in die ODS Galerie geladen, da einige bereits verschwunden waren..
4. Tag Mittwoch, den 06.01.2010
Der Wetterbericht warnt vor Sturm am Wochenende, ich muss mich sputen. Das Frühstück ist sensationell, ich esse eine Packung Geflügelsalat und mache mich über Mozarella, Eier, Obst und Joghurt her. Auf meine Frage, warum der Dom ein Dom ist (meiner Kenntnis nach haben nur Katholiken einen Dom - dieser Dom ist aber als Dom konzipiert worden und im 12./13 Jh. gebaut worden) , werde ich umgehend umfassend informiert. Hier werde ich wieder herkommen, garantiert. Ein phantastisch geführter Familienbetrieb mit drei Sternen, empfehlenswert. Hier ist der Gast wirklich König.
Vor der Tür hält mich eine Dame an, sie ist von der Presse, aber für ein Interview reicht die Zeit nicht. Ich informiere dennoch über unseren Staffellauf.
Ich fahre Richtung Meldorf Hafen, um an der Küste nach Büsum zu radeln. Der Wind frischt auf und ich sehe den Radweg. Nein. Diese Strecke würde viel zu viel Zeit und Kraft kosten, ich muss die Landstraße nehmen. Also fahre ich an dem Radweg der Landstraße Richtung Wöhrden, es ist ungemütlich kalt und diesig, aber die im Sommer vielbefahrene Straße ist recht leer. In Wöhrden halte ich an einer Kreuzung und nehme einen Schluck Wasser zu mir, da hält ein Auto hinter mir: "Wo wollen Sie denn hin". Ich sage: "Nach Sylt, aber erst mal nur nach Wesselburen". Er sagt: "Geradeaus bis zum Kreisel und dann weiter geradeaus", guckt auf mein Fahrrad, guckt mich an und sagt:" In Wesselburen gibt es einen Bahnhof!". "Jou", sag ich," in Hamburch auch". Er lacht und gibt Gas.
In Wesselburen sind die Bürgersteige nicht geräumt, es dauert, bis ich durch den Ort bin, denn fahre ich Richtung Eidersperrwerk. Die Autos nerven, es sind viele und da die Straße frei ist, geben sie richtig Gas. Ich kämpfe mich dennoch durch, der Wind wird stärker und eisiger. Ich überlege, am Deich entlang zu fahren, aber es ist nicht geräumt, da komme ich nicht durch. Ich schiebe mein Fahrrad das Eidersperrwerk hoch und bin entsetzt. Vor dem geistigen Auge hatte ich den traumhaften, sonnendurchfluteten Blick auf die Halbinsel Eiderstedt mit den auf Stelzen stehenden Strandkiosken von St.Peter Böhl, den Blick auf Büsum zur Linken und auf meinen sonnenbegrünten, kleebunten Lieblingsbadestrand Vollerwiek (ein Ort, der leider keinen Campingplatz für Zelte hat, deshalb fahre ich da nicht mehr hin) zur Rechten. Statt dessen sehe ich eine tote, graue Landschaft, schmutzige Schneereste und schmutziges Eis übersät das Watt, Büsum und Vollerwiek sind nur durch einen faden schmutzigen Schleier von Dunst zu erahnen, St. Peter ist von einer dunklen tiefhängenden Wolkenschicht verschluckt.
Vor Schreck halte ich die Kamera schief.....
Schmutzige Eisschollen.
Auf der anderen Seite ist der Ausblick nicht besser, statt der Seehundsbänke sieht man ein mit schmutzig grauem Schnee überzogenes Flussbett, die Eider scheint kaum noch befahrbar zu sein.
Blick auf die Seehundsbänke vor Tönning, wo sich im Sommer die Seehunde in der Sonne räkeln...
Aber einige Austerfischer picken auf der Eisfläche herum, es scheint doch noch Nahrung zu geben.
Die Vögel stört das Eis scheinbar nicht.
Auf dem Eidersperrwerk weht ein brutal eisiger Wind, ich mache, dass ich weg komme.
Ich biege in die Landstraße nach Tönning ein, das Katinger Watt, ein Vogelschutzgebiet, ist totenstill, kein Vogel zu sehen und zu hören. Es schneit wieder und ich mache links des Weges ein Bild von einem wunderschön zugefrorenen Bach. Meine Kamera funktioniert nicht, ich fluche, denn ich kann die Fehlermeldung nicht interpretieren. Ich wechsele das Objektiv, jetzt geht es, das Objektiv war nicht richtig eingerastet.
Ich lenke mein Fahrrad Richtung Tönning, hier gibt es einen Campingplatz. Der Wind fegt über die Straße, meine Jacke ist wieder klitschnass, ich bin völlig ausgepowert, will aber noch nach Husum. In der Nähe des Marktes entschließe ich mich, doch ein Bild vom Tönninger Hafen zu machen. Die Fischereigenossenschaft, wo ich immer meinen Fisch kaufe, ist geschlossen, die Krabbenkutter an Land gezogen, damit sie bei Eis nicht zerquetscht werden. Der Hafen ist vereist und verlandet, dennoch hat er wie immer sein eigenes Flair.
Der Tönninger Hafen. Hier kann man im Sommer frischgefangene Krabben vom Kutter kaufen
Es schneit stärker, ich gehe ich Kopf die Strecke nach Husum durch und denke: "No". Ich überlege, ob ich campen soll, Lust hätte ich, aber die Vorstellung, mir bei der körperlichen Anstrengung in nassen Klamotten womöglich eine Lungenentzündung zu holen, ist nicht verlockend. So siegt die Vernunft. Die Tourist Info hat geöffnet, ich finde für 30 Euro ein Zimmer mit Frühstück, dann gehe ich auf dem Marktplatz Pizza essen
Der Marktplatz von Tönning
und wasche meine klitschnasse Icebreaker aus, während draußen Schneegestöber tobt.
5. Tag, Donnerstag, 07.01.2010
Laut Wetterbericht weiß ich, dass Tief Daisy im Anmarsch ist. Heute wird der letzte windstille Tag sein, also muss ich wieder Gas geben.
Die Wirtin hat mir geraten, Landstraße zu nehmen, aber auf den Anblick auf Gewerbegebiet Ost habe ich keine Lust, ich fahre Richtung St. Peter. Zwischendrin werde ich unsicher, drehe und denke an hotdog. Hotdog wird bei der Trackbereinigung fluchen. Sorry, hotdog. Ich drehe dennoch wieder, ich bin schon richtig und biege bei Kotzenbüll auf die Landstraße zur B 202 ein. Die Straße ist verschneit, aber einige Autos sind durchgefahren, ich komme gerade noch durch. Auf der Höhe von Oldenswort kommt plötzlich eine fahle Sonne durch die Wolken, sie kämpft und ich mache ein Foto von der futuristischen Landschaft, in der man an den gebogenen Bäumen die Hauptwindrichtung bestimmten kann.
Die Sonne kämpft und zwei Stunden später hat sie es geschafft. Leider ist auf den Fotos jetzt ein Fussel drauf, den ich nicht mehr wegbekomme.
Die Bäume - vom Wind geformt
Ich sehe den Radweg nach Oldenswort - unbefahrbar.
Oldenswort aus der Ferne. Der Radweg ist nicht abgebildet.
Ich trenne mich von dem Gedanken, den Roten Haubarg zu besuchen, dessen Baumeistersage mich als Kind schwer beeindruckt hat. (Wette des Teufels mit dem Bauern: Wenn der Teufel fertig ist, bevor der Hahn kräht, gehört ihm die Seele des Bauern. Der Bauer schafft es, dass der Hahn früher krät, daher wird der Teufel mit dem Bau nicht fertig und noch heute fehlt ein Stein). Der Rote Haubarg beherbergt heute ein sehenswertes landwirtschaftliches Museum und ein Cafe, dessen Kuchen legendär ist.
Ich fahre auf dem Radweg der B 202 nach Husum, die Autos nerven entsetzlich, es ist die einzige westliche Verbindung zwischen der Autobahn HH-Heide und Husum, Sylt, Dänemark, Norwegen. Im Sommer fahren die Autos langsam, die Straße ist dann völlig überlastet, aber heute ist freie Strecke und die Autos fahren schnell und laut. Ich denke an die Grachten und Hollandhäuser von Friedrichstadt, hier wollte ich ursprünglich Rast machen, aber der Umweg ist einfach zu groß. Immerhin: Gegen 11.30 Uhr erreiche ich Husum
Wildgänse kurz hinter dem Ortsschild von Husum. Erst betrachten sie mich mißtrauisch,
dann entscheiden sie sich zur Flucht
und ziehen geräuschvoll von dannen
und um 12.00 Uhr mache ich ein Foto vom Markplatz.
Der Souvenirshop hat leider keinen Aufkleber fürs WAI, egal.
Ich nehme den Weg vom Hafen zum Campingplatz, die Sonne scheint und ich erklimme hoffnungsfroh den Deich. Und das erste Mal auf dieser Tour stellt sich ein echtes Glücksgefühl ein. Ich bin zu Hause. Friedlich schlafend liegt meine geliebte Insel Nordstrand im Dunst, das Silo von Süderhafen ist gut zu erkennen, dazwischen sind Schichten von Eis und Schnee auf dem Watt, die Fahrrinne scheint aber noch eisfrei zu sein.
Blick auf den Süderhafen von Nordstrand
Eisformationen vor Husum
Ich mache Fotos, obwohl es windig und bitterkalt ist und würde am liebsten hier bleiben. Ich denke an die 2. Marcellusflut, die Grote Mandränke, bei der Nordstrand bis auf einen kleinen Rest zerstört wurde und tausende Menschen in den Fluten ihr Leben verloren. Nur der Kern, die alte Insel Strand ist noch erhalten, der Rest der Insel besteht aus dem Meer abgetrotztem neu gewonnenen Land. Ich kann mich nicht satt sehen an dem Anblick, aber meine Hände gefrieren zu Eis, ich muss weiter. Eine Fußgängerin bewundert meine Rucksack, erstaunlich, wie viele Spaziergänger das Wetter zum Spaziergang nutzen.
Ich bin nicht allein....
Ich radele den Deichweg entlang, der Weg ist fürs Fahrrad lebensgefährlich, überall ist Eis und Pulverschnee, aber die Winterreifen haben genug Grip, so dass ich vorsichtig und langsam voran komme. Die Landschaft ist traumhaft, ich stelle fest, dass sich Deiche zu Rodelbahnen umfunktionieren lassen und genieße dieses Stück Nordseeradweg. Dann kommen Schneeverwehungen, ich muss wieder schieben und komme in Schobüll zurück auf die mir bestens bekannte Landstraße nach Nordstrand. Einen kurzen Moment habe ich eine Fata Morgana - ich sehe mein Gimle in der Sonne auf dem Campingplatz stehen, Sylvie und Carsten haben Lamm gegrillt, Arno und Anke-Petra locken mit kühlem Bier, die Schafe blöken und Günther fragt mich im Anblick meines Fahrrades, ob ich jetzt ganz bekloppt bin! Puff - der Traum zerplatzt, es ist Winter, der Platz ist längst geräumt und vermutlich völlig vereist. Am weiß schimmernden Ponshalligkoog nehme ich Abschied von Nordstrand, wie gerne würde ich den Umweg zum Campingplatz machen, aber das kostet mich bei dem zu erwartenden Wind mindestens 2-3 Stunden, das schaffe ich nicht. Einen kurzen Moment spiele ich mit dem Gedanken durch den Beltringharder Koog zu fahren, um in Lüttmoorsiel die Lorrenverbindung nach Nordstrandischmoor zu fotografieren, aber ich sehe, dass der Weg zu schwer zu befahren ist. Also fahre ich über Hattstedt auf die B5. Die Strecke ist geräumt, aber ätzend, ein Auto jagt das andere, meine Ohren schmerzen. Ich denke über das einsame Leben der Radrennfahrer nach, die jeden Tag ihre monotone Asphaltstreckenabsolvieren, kein Wunder, dass so viele von denen Drogen nehmen. Ich hatte gehofft, bis Niebüll zu kommen, weil den nächsten Tag der Wind aus Nordosten an Fahrt gewinnen soll, aber in Bredstedt ist Schluss, ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten.
Über nichtgeräumte Bürgersteige und leichte Steigungen kämpfe ich mich an den scheußlichen obligatorischen Supermärkten in die dekorative Innenstadt. Die Tourist Information hat zu, das Gastgeberverzeichnis soll beim Schlachter liegen, der hat keine mehr. Ich verwünsche Bredstedt und finde eine Buchhandlung. Die Dame ist sehr nett und empfiehlt mir eine Pension in Riddorf, aber das wären noch mal 2 km. Ich lande im Hotel nebenan, das Zimmer ist lieblos eingerichtet und kostet 48 €, aber das ist mir jetzt egal. Ich kaufe bei der Buchhändlerin Lektüre, man schnackt über dit und dat, dann esse ich im hoteleigenen Restaurant, das Essen ist nicht schlecht, aber für den Preis hätte ich mehr erwarten können. Ich wasche wieder, die Heizungen sind effektiv, die Dusche traumhaft. Bis 12.00 Uhr lese ich mein Buch, dann schlafe ich traumlos.
Zuletzt geändert von Torres; 27.02.2012, 17:16.
Grund: Die Originalbilder in die ODS Galerie geladen und ausgetauscht.
echt beeindruckend! Das ist wirklich ein guter Bericht, Torres. Da hast du ja wirklich eine verdammt harte Etappe gehabt. Gefällt mir ausnehmend gut, wie du darüber berichtest.
lg - Kathi
Kommentar