[SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

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  • vobo

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    • 01.04.2014
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    #61
    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

    Das Gestrüpp im südlichen Álggavágge ist aber schon auf der Karte zu erkennen. Warum war dann Deine Entscheidung falsch? Aus meiner Sicht ist es wirklich empfehlenswert, relativ früh den Fluß zu furten und den immer wieder vorhandenen Pfad auf der anderen Seite zu nutzen.

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    • Freedom33333
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      • 09.09.2017
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      #62
      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

      Zitat von vobo Beitrag anzeigen
      Das Gestrüpp im südlichen Álggavágge ist aber schon auf der Karte zu erkennen. Warum war dann Deine Entscheidung falsch? Aus meiner Sicht ist es wirklich empfehlenswert, relativ früh den Fluß zu furten und den immer wieder vorhandenen Pfad auf der anderen Seite zu nutzen.
      Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich würde in der Tat empfehlen, den Fluss so früh wie möglich zu furten. Nur eben nicht da, wo ich es gemacht habe, nämlich an der breitestmöglichen Stelle durch den Sumpf Das war aus der Not und dem Frust heraus eine Hauruckaktion. Richtig wäre es gewesen, sich aus erhöhter Stelle eine gute Stelle herauszusuchen.

      edit: Zwingend ist das Queren aber übrigens nicht. Es gibt, wie sich noch herausstellen wird, auch auf der südlichen Flussseite einen Pfad, der war gar nicht mal schlecht. Schien ungefähr 100m hinter der Stelle, wo ich gequert habe, anzufangen
      Zuletzt geändert von Freedom33333; 26.11.2019, 16:58.

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      • dominiksavj
        Fuchs
        • 10.04.2011
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        #63
        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

        Zitat von Gonorth Beitrag anzeigen
        Nice spot you choose!

        This is the same spot a few days later at september 8th 2019. I also had to search for a while to find a nice spot to pitch my tent. The surrounding mountains look a bit more white.





        Da oben waren wir letztes Jahr Baden
        freedom's just another word for nothing left to lose

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        • Blahake

          Fuchs
          • 18.06.2014
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          #64
          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

          Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen

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          • Mortias
            Fuchs
            • 10.06.2004
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            • Meine Reisen

            #65
            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

            Zitat von vobo Beitrag anzeigen
            Das Gestrüpp im südlichen Álggavágge ist aber schon auf der Karte zu erkennen. Warum war dann Deine Entscheidung falsch? Aus meiner Sicht ist es wirklich empfehlenswert, relativ früh den Fluß zu furten und den immer wieder vorhandenen Pfad auf der anderen Seite zu nutzen.
            Hier will ich mal meinen Senf beisteuern, da ich bei meiner Tour dieses Jahr auch den Abschnitt gelaufen bin (vom Niejdariehpvagge ins Alggavagge). Nur dass ich dann auf der orografisch linken Seite vom Fluß geblieben bin. Dort gabs zwar schon einiges an Gestrüpp, aber besonders ein mehrere km lang erscheinender Dickicht-Abschnitt (wo ich erst dachte "och nö, muss das sein") war dann deutlich angemehmer als gedacht, da es neben dem Flußufer viel trockenen und kaum bewachsenen Untergrund gab wo man gut voran kam (Trampfelpfade inklusive). Von daher bin ich sehr froh, dass ich erst später die Seite gewechselt habe. Übrigens habe ich dann Abends an fast derselben Stelle mein Zelt aufgeschlagen (und zwar auf der kleinen Anhöhe die man im vorletzem Bild im Hintergrund sehen kann).



            Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
            edit: Zwingend ist das Queren aber übrigens nicht. Es gibt, wie sich noch herausstellen wird, auch auf der südlichen Flussseite einen Pfad, der war gar nicht mal schlecht. Schien ungefähr 100m hinter der Stelle, wo ich gequert habe, anzufangen
            edit: Da hab ich Deinen Kommentar dazu wohl ganz übersehen. Genau den Pfad bin ich dann (mehr oder weniger) gelaufen.

            Davon abgesehen gefällt mir Dein Bericht echt gut. Er ist unheimlich ehrlich und authentisch geschrieben. Natürlich ist echt bitter, dass Du gleich bei der ersten Tour in Lappland die volle Dröhnung an Unannehmlichkeiten abbekommen hast. Aber wenn es Dir dann trotzdem insgesamt gefallen hat, weißt Du defnitiv, dass Du auch auf späteren Touren Deinen Spaß haben wirst.

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            • Freedom33333
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              • 09.09.2017
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              #66
              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

              Tag 10: Sonntag, 8.9.2019. Die Rettungsmission. Wunderschönes Alggavagge – Blick ins Guohpervagge – und ein Traum von Zeltplatz

              Die Nacht war kalt. Der Fußteil des Schlafsacks ist ordentlich nass und leicht eingedrückt.


              An den Stiefeln hat sich eine Eisschicht gebildet. Waren wohl nicht ganz trocken. Auch einiges an Reif am Zelt. Mein Thermometer zeigt morgens -3 Grad.



              Der Reif stellt mich vor die nächste Frage: Konnte man den vom Zeltmaterial einfach mit einem Lappen abschaben wie von einer Autofensterscheibe? Das kratzte bedenklich. Wieder sowas worüber man vorher nie nachgedacht hat. Ich entscheide mich dafür. Der Lappen ist nach kürzester Zeit vereist und die Hände frieren einem ab. Na klasse.


              Erstmal nen Tee. Immerhin: Ich war nicht allein!


              Suchbild. Welches süße Tier suchen wir hier?



              So, heute muss ich auch wieder ordentlich Strecke machen! Moment, war da nicht was? Ach ja. Mist. Die Neoprenschuhe.
              Nun musste ich abwägen: Sollte ich die Strecke nochmal zurücklaufen oder nicht?

              Dafür:
              (1) Ich brauche die Neoprenschuhe zum Flüsse durchqueren. Sie sind nicht ersetzbar. Wer weiß, wie viele anspruchsvolle Flüsse noch kommen.
              (2) So weit war es nicht weg. Vielleicht eine Stunde Fußweg hin, eine Stunde zurück.
              (3) Das eigene Ego. Die Schuhe nicht abholen würde bedeuten, den Fehler nicht wiedergutzumachen, mithin die eigene Dummheit zu perpetuieren.
              (4) Der Umweltschutz. Das waren 200g Stoff. Einerseits Klopapier verbrennen, andererseits 200g Stoff zurücklassen? Widersprüchlich.

              Kontra:
              (1) Der Weg war beschwerlich. Wer weiß wie lange ich brauchen würde.
              (2) ich müsste das Zelt zurücklassen. Davor war mir nicht wohl.
              (3) War ich mir sicher, dass die Schuhe dort lagen? Oder hatte ich sie eingesteckt und im Sumpf verloren? Aber hätte ich mich dann nicht an das Einstecken erinnern müssen? Und doch – im Hinterkopf ließen sich die Zweifel nicht ganz vertreiben. So viele neue Erfahrungen, so viel neues, jeden Tag. War ich mir 100% sicher?
              (4) Was, wenn jemand vorbeigekommen war, der sie mitgenommen hatte? Dann würde ich ganz umsonst laufen. Ach komm…wie wahrscheinlich war das denn. Und wenn ein Tier sie mitgenommen hatte? Quatsch!
              (5) Es mag komisch klingen. Aber: mental befand ich mich jetzt „in der Mitte“ vom Sarek. Bis heute war ich sozusagen „tiefer in den Sarek hineingelaufen“, ab heute wollte ich „wieder aus dem Sarek heraus, zurück in die Zivilisation“. Darauf hatte ich mich psychisch irgendwie den ganzen gestrigen Tag eingestellt und gefreut. Stattdessen würde ich nun wieder zurück in die Wildnis laufen.


              Blick in morgendlicher Atmosphäre nach Osten


              Blick zurück nach Westen.

              Hmmmmmm.
              Das Wetter war gut.
              Ich war schon gegen 6 Uhr wach, gegen 7 Uhr abmarschbereit.
              Ich musste sie zurückholen!

              Das Zelt blieb stehen und es ging, nur mit dem Nötigsten, wieder zurück nach Westen.



              Auch die Routenführung war eigentlich klar: An der Stelle, an der ich den Fluss überquert hatte, befand sich dieser nahe an der südlichen Talseite und den Sumpf wollte ich keinesfalls nochmal dort durchqueren. Also entschied ich mich, den Fluss gleich hier zu überqueren und dieses mal das andere Ufer zu verwenden. Dann müsste ich zwar den Fluss insgesamt viermal überqueren, aber alles war besser als der Sumpf. Ein Glück dass ich gestern das Navi den ganzen Tag anhatte, so musste ich mir nur die Stelle raussuchen, wo die Route von gestern den Fluss kreuzte und konnte diesen Punkt anpeilen.
              Also über den Fluss.

              Ok, also Stiefel aus, Neoprenschuhe an und dann…
              Moment.
              Ach Mist.


              Nach einigen 100m finde ich eine Stelle wo ich mit ein paar schnellen Schritten durchs eigentlich etwas zu Wasser, die Regenhose eng an den Schuhen dran, den Fluss quere. Ohne mir nasse Socken zu holen. Wieder. Erstaunlich .


              Dann geht es erstmal recht gut über Gras und Hügel, später dann wieder durchs Gestrüpp. Unglaublich wie flott man ohne Gepäck unterwegs ist. Und tatsächlich: es gibt einen Pfad. Mal zugewachsen, aber insgesamt ziemlich gut. Die Stimmung so früh am morgen ist irgendwie anders, fand ich klasse. Eigentlich alle Pfützen am Boden hatten über Nacht eine Eisschicht bekommen. Mega!

              Wieder und wieder schaute ich aufs Navi. 2km. 1km. 500m. Auf den letzten 200m wurde es extrem sumpfig und sehr schwer, Stellen zu finden, die nicht schienbeintief waren. Das war die Gegend an der ich gestern frustriert den Fluss gequert hatte. Da! Das ist die Flussbiegung!


              Die Berge spiegelten sich hier wunderschön im Wasser.

              Stiefel aus und Barfuß rüber. Ging ja nicht anders, aber der Fluss war nicht steinig sondern sandig.
              Und tatsächlich…


              Beweisfoto.
              Mission Accomplished. The hostage has been rescued.


              Blick nach dem Queren der Flussbiegung nach Westen

              Ok, wieder zurück über den Fluss auf die südliche Seite und den ganzen Weg zurück nach Osten.


              Die Lichtverhältnisse so früh am morgen waren völlig anders und ich hatte das Gefühl, ich würde eine völlig andere Strecke laufen als gestern (Ok, bin ich ja auch)


              Auch die Wolken trugen ihren Teil zur Atmosphäre bei

              Das geht wieder recht flott.


              Ich quere den Fluss schon etwas früher zurück.




              Ziemlich genau nach 2,5 Stunden bin ich wieder am Zelt.

              Beim Abspülen des frisch vor der Tour gekauften Titantopfes Toak 700m passiert das undenkbare: Auf einmal war nur noch ein Griff da. WAS? Erst jetzt realisiere ich, dass die beiden Titan-Drähte die als Griff fungierten jeweils mit beiden Enden nur in eine Lücke durch die aufgeschweißte Metallplatte gesteckt waren, innen aber nicht verbunden. Und so reichte schon ein leichter falscher Druck und ein Griff war weg. Frust. Ärger. Das Ding war teuer, und dann sowas? Unfassbar!
              Hmm….ich wage an einer ruhigeren Stelle den Test mit dem zweiten Griff. Trotz des kaum spürbaren Gewichts fällt dieser direkt zu Boden ohne sich fortspülen zu lassen. Hoffnung kommt auf. Nochmal an der Spülstelle…30 Sekunden den Boden absuchen – und tatsächlich finde ich den zweiten Griff, im Wasser liegend, 30cm tief. Kalt wars!
              Trotzdem für mich ein Konstruktionsfehler – mindestens aber ein Instruktionsfehler.

              Und so bin ich erst gegen 10.30 bereit zum Aufbruch.
              Jetzt. Raus aus dem Sarek. Auf geht’s!


              Die ganze Zeit am Horizont: Verschneite Gipfel. Ich tippe auf das Sarektjahkka, es könnte aber auch der östliche Zipfel des Ruohtes sein.


              Erst geht es ein bisschen bergauf, dann weitet sich das Algavagge. Unfassbar schön! Hier kam ein Highlight nach dem anderen! Das Algavagge in diesem Teil ist der absolute Hammer und einfach nur empfehlenswert!





              Zunächst komme ich an mehreren Stellen vorbei, wo sich andere einen „Schutzwall“ gebaut haben. Aus meiner Erfahrung in Schottland nahe einem Gipfel weiß ich, wie lange so etwas dauert. Es bleibt die Frage, ob das eigentlich wirklich etwas bringt – oder nur der Beruhigung der eigenen Psyche dient. Als Schutz gegen die Wildnis.


              Blick zurück nach Westen, „Schutzwall“


              Eine tolle Weite!

              Dann komme ich an den Ahkajahka der durch das Ahkavagge vom Ahkajiegja Gletscher herabkam.


              Hätte ich mehr Zeit gehabt und wäre Tom noch dabei gewesen – das wäre meines Erachtens eine super Stelle gewesen, mal einen Gletscher zu betreten. Aber alleine, unter Zeitdruck – ne.



              Aber was machte das schon. Der Fluss spaltete sich hier auf zahlreiche Arme auf – ich hatte so etwas noch nie gesehen – und ich setzte erstmal den Rucksack ab, zog mir die Daunenjacke über und verbrachte 30min, lesend im Kindle, vor dieser Aussicht. Und wenn ich Lust auf Heidelbeeren hatte musste ich nichts weiter machen als die Hand ausstrecken und sie von den Büschen pflücken, auf denen ich saß. Hätte ich hier einen Bratwurstbaum und einen Bach in dem Kakao fließt gefunden, es hätte mich nicht weiter gewundert.

              Wenn ich diesen Ort in einem Wort beschreiben müsste dann wäre das:

              Friedlich.
              Einfach nur: Friedlich.

              Wer solche Flussarme gewohnt ist wird das kaum nachvollziehen können, aber für mich war diese Stelle – neben dem Skierffe und natürlich den Nordlichtern – das Highlight der Tour.

              Auch auf der anderen Seite des Hügels spaltete sich der Fluss auf mehrere Arme auf. Gerne hätte ich dieselbe Szene mal im August bei Hochwasserstand gesehen, so musste ich mich mit niedrigen Wasserständen begnügen.


              In paar 100m weiter wurde es gar noch spektakulärer: Der Fluss spaltete sich hier auf unzählige Arme auf, ich konnte sie kaum noch zählen.





              Und am Ende kam etwas, das sah aus wie ein Zaun. Ups. Erstmal im Reiseführer und auf der Karte nachschauen. Ah, tatsächlich, ein Zaun. Das Finden eines Gatters gestaltet sich dann aber nicht schwer, ich verzichte darauf, die Flussarme zu queren und halte mich links (Nördlich) vom Delta.


              Auch eine Hütte gibt es hier, auch wenn ich darauf verzichte, zu schauen, ob man sie betreten könnte.


              Gut getarnt in rot.

              Dann tat sich irgendwann der Blick nach Westen ins Guohpervagge auf.



              Die ganzen Hügel – einfach wunderschön. Trotzdem konnte ich keine Hobbits entdecken.
              Als nächstes würde ich den Guojperjahka furten müssen.




              Wer außer mir sieht die Sphinx im Bild?

              Reiseführer und Karte waren eindeutig: unbedingt rüber auf die nördliche Flussseite und dort weiter zur Skarja-Hütte. Ich entscheide mich direkt hier runter zum Fluss zu laufen, da er sich dort auf mehrere Arme aufteilt.
              Unten angekommen fasziniert mich diese Stelle ungemein – zig Sandbänke und große Steine.




              Guohpervagge

              Als Jugendlicher hatte ich mal ein Computerspiel gespielt, in dem das Ziel darin bestand, von Stein zu Stein zu hüpfen ohne runterzufallen. Einzig und allein – dort konnte man mit /quicksave und /quickload jederzeit neu beginnen. Das ging hier leider nicht…trotzdem verspürte ich wenig Lust, die Stiefel auszuziehen. Ich witterte die Herausforderung!


              Und auch hier war ich nicht allein.



              Dann, von Stein zu Stein. Das geht zunächst sehr gut.
              Uhm.
              Der Stein ist aber spitz.
              Aber ich habe ja meine Stöcke.
              Langsam…vorsichtig…
              Platsch.

              Ich rutsche ab, falle aufs Gesäß und rutsche den Stein runter ins hüfttiefe Wasser. Immerhin kann ich mich auf den Beinen halten und den Rucksack trocken halten.
              Mist!
              Ich rette mich auf den nächsten Stein.
              Das Wasser steht in beiden Schuhen!

              Warum habe ich das gemacht??? Ich bin noch ca. 5 Tagesmärsche entfernt von der nächsten Straße und habe, völlig überflüssigerweise, klatschnasse Stiefel. Man habe ich mich geärgert! High Risk High Reward. Sagt man. Aber was war das hier? Das war High Risk No Reward. Dämlich! Einfach nur dämlich!



              Auf der Wiese danach ziehe ich in den nächsten 30min gleich dreimal die Stiefel aus um die Socken auszuwringen. Den Versuch, die Sohle aus meinem Guffert GTX zu holen breche ich ab – wie schon im letzten Urlaub ist wieder an der Ferse der Kork um das Geldpad gebrochen. Ich friemel die Sohle wieder in Position. Das letzte was ich jetzt brauche, sind defekte Stiefel. Das hat mich schon gewundert, dass die Sohle von einem 280€ Stiefel sofort zerbricht, wenn sie mal nass wird.


              Blick zurück nach Süden, von da oben bin ich gekommen (Habs korrigiert ;) )


              Blick nach Osten, es gibt einen guten Pfad, man kommt schnell voran.



              Über all das Stiefel trocknen ist es doch schon recht spät geworden. Ich hatte mir als Ziel gesetzt, heute bis Skarja zu laufen. Der Pfad geht am nördlichen Hang entlang – einen eindeutigen Pfad gab es hier nicht. Vielmehr zig Pfade auf unterschiedlichen Höhen.


              Aber die Aussicht – der Blick auf die Seen südlich der Skarja-Hütte (die man freilich noch nicht sehen konnte) war wunderschön.



              Und der Guohperjahka stürzte sich das Tal hinab, immer wieder über Wasserfälle. Als ich hier zwei halbwegs ebene Stellen in unmittelbarer Nähe des Flusses erspähe war für mich sofort klar: Ich bleibe hier. Was soll ich jetzt unbedingt versuchen, bis zu der Hütte zu laufen, nur weil das eigentlich mein Tagesziel war. Nur das Rauschen der Wasserfälle hier war unglaublich laut. Der Liegetest brachte aber das Ergebnis, dass das Rauschen deutlich leiser war, wenn man keinen Sichtkontakt mehr hatte.

              Also schlage ich das Zelt auf. Windgeschützt ist hier nichts – aber die Wettervorhersage im Garmin sagt eine nahezu windstille Nacht voraus


              Blick zurück nach Westen, von dort komme ich: Ein Wasserfall


              Blick nach Osten ins Tal.


              Sieht zwar aus als hätte ich mit der Farbkorrektur rumgespielt, habe ich aber nicht. Die abendliche Atmosphäre ließ die Farben nur so strahlen.

              Ich klettere noch eine Weile am Fluss herum, mache Fotos, spiele mit dem Verdunkelungsfilter herum.




              Als es dunkel wird wage ich es – ich schichte diverse Steine zu einem Kreis auf, sammle trockene kleine Äste und versuche diese mit etwas Papier zu entzünden. Und zu meiner großen Überraschung kriege ich es hin. Ich will der Umwelt zu Liebe kein großes Feuer machen und begnüge mich damit, ein kleines Feuerchen für 15min am Leben zu erhalten.

              Laut Grundsten ist das nicht verboten, man solle es aber nur in Maßen machen.
              Trotzdem schaue ich mich die ganze Zeit versohlen wie ein kleiner Junge um, als würde gleich jemand hinter mir stehen, der mir die Hand auf die Schulter legt und sagt: "Mach das Feuer aus". Dabei habe ich seit 3 Tagen keinen Menschen mehr gesehen.

              Witzigerweise ist danach die Bodenplatte so unfassbar heiß geworden, dass ich sie neben mein Zelt stelle und meine Füße für 10min darauf wärmen kann. Das eine völlig andere Wärme als die Wärme vom Laufen.
              Dann geht’s zufrieden und glücklich ins Bett.
              Die nassen Stiefel sind längst vergessen.
              Zuletzt geändert von Freedom33333; 10.12.2019, 14:19.

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              • Ljungdalen
                Alter Hase
                • 28.08.2017
                • 2735
                • Privat

                • Meine Reisen

                #67
                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                Suchbild. Welches süße Tier suchen wir hier?
                Spinne (sieht man nicht vollständig... Kreuzspinne?)

                Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                (2) ich müsste das Zelt zurücklassen. Davor war mir nicht wohl.
                Würde ich mir nie Sorgen drum machen. Nicht in der Gegend. Habe auch schon Rucksack (ohne aufgebautes Zelt) irgendwo für einen gepäcklose Abstecher ein paar Stunden stehen lassen. Sollte allerdings gut wiederfindbar sein, isbd. bei miesem Wetter/schlechter Sicht

                Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                Auch eine Hütte gibt es hier, auch wenn ich darauf verzichte, zu schauen, ob man sie betreten könnte.
                Die Rentierwächterhütten sind eigentlich immer verschlossen.

                Apropos. Im Grundsten steht, die Hütte unweit der Brücke über den Gådokjåhkå sei unverschlossen. Ist das (heute noch) so? War da schon mal bzw. in letzter Zeit jemand?

                Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen

                Blick zurück nach Norden, von da oben bin ich gekommen
                Hm, fast direkt nach *Süden*, oder?

                Hoffentlich komme ich im nächsten Jahr auch bis an die Stelle und habe dann so ein Wetter! Für den Áhkátjåhkkå als höchsten Gipfel des Massivs, genau in Bildmitte, habe ich einen ganzen Tag eingeplant. Von hier sieht man (bei voller Auflösung) gut den Aufstiegsweg: den Grat hoch und oben eher so am rechten (westlichen) Rand des Schneefelds zum Gipfel. Runter vielleicht direkt ins Tal links bzw. dahinter (Südwesten) - soll laut Grundsten gehen. Werde ich von oben besser einschätzen können

                Und nochmal: sehr schöner Bericht. Diese kleineren/größeren Missgeschicke (Schuhe, Topfgriff, unfreiwilliges Bad): ich kann das *so gut* nachvollziehen... Gar nicht weit von da habe ich es übrigens auch schon mal geschafft, mich mit Sachen ins Wasser zu setzen, allerdings war das Zelt schon aufgebaut und ich hatte nur noch Sandalen an. Wollte ausprobieren, ob die schlammbedeckten Steine am Grund eines Sees tatsächlich glitschig sind (warum nur?!). Nun ja, waren sie.

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                • Pfiffie
                  Fuchs
                  • 10.10.2017
                  • 2024
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #68
                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                  Sehr schön das ganze ohne den vielen Schnee Klasse.

                  Aber bei den Richtungsangaben bin ich verwirrt. Ich glaube der Blick auf den Berg am Anfang des Alggavagge ist nicht südlich sondern westlich und du gehst nicht aus dem Sarek sondern richtung Zentrum wenn du zur Mikkastuga läufst, deswegen war ich etwas verwirrt im Kopf, da du geschrieben hast es geht wieder raus aus dem Sarek (war ja im Prinziep nur bis kurz nach dem Pass so

                  Dieses Kiesdelta habe ich auch gut in Erinnerung und auch im Schnee ist das ein ganz toller Platz, da kann ich deine Ansichten absolut teilen. Mega!
                  "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

                  Kommentar


                  • Freedom33333
                    Dauerbesucher
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                    #69
                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                    Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                    Hm, fast direkt nach *Süden*, oder?
                    Haste Recht, habs korrigiert. Manchmal kommt man da durcheinander bei den ganzen Angaben, danke für die Korrektur. Und danke für das Feedback .

                    Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
                    Sehr schön das ganze ohne den vielen Schnee Klasse.

                    Aber bei den Richtungsangaben bin ich verwirrt. Ich glaube der Blick auf den Berg am Anfang des Alggavagge ist nicht südlich sondern westlich und du gehst nicht aus dem Sarek sondern richtung Zentrum wenn du zur Mikkastuga läufst, deswegen war ich etwas verwirrt im Kopf, da du geschrieben hast es geht wieder raus aus dem Sarek (war ja im Prinziep nur bis kurz nach dem Pass so

                    Dieses Kiesdelta habe ich auch gut in Erinnerung und auch im Schnee ist das ein ganz toller Platz, da kann ich deine Ansichten absolut teilen. Mega!
                    Das mit "Zentrum" und in den Sarek oder aus dem Sarek raus war rein im Sinne meiner subjektiven Einschätzung gemeint. In der Tat dürfte man wohl im Regelfall Skarja? als Zentrum des Sarek ansehen. Da mir keine Wege auf der westlichen Seite aus dem Sarek heraus bekannt waren (Kungsleden läuft da irgendwo lang? Haste nur nichts von wenn du deinen Flug kriegen musst) war für mich die Mitte quasi die Mitte meiner Tour, also der Punkt, an dem ich in beide Richtungen genausolang zurück zu einer Straße brauchen würde wo ein Bus fährt. 4 bis 5 Tage. Der wildeste Ort, an dem ich mich in meinem Leben jemals befunden habe. Hier war es völllig egal ob man Spaß hat oder Frust, gutes Wetter oder Schnee - man braucht 4-5 Tage um seinen Weg zurück in die Zivilsation zu finden. Der kürzeste Weg wäre wahrscheinlich nach Suorva nach Osten gewesen.

                    Meinst du das Foto auf das sich Ljungdalen bezogen hat? Man könnte es auch als Südwesten beschreiben. Das dürfte die Stelle sein nachdem ich den Rentierzaun passiert hatte, runter zum Guohperjahka gelaufen bin und diesen überquert habe. Der Berg rechts im Bild müsste dann der Guohperskajdde sein (1644m), der Berg in der Mitte etwas weiter hinten der Ahkatjahkka, links der Skarvatjahkka.
                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 10.12.2019, 15:32.

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                    • Pfiffie
                      Fuchs
                      • 10.10.2017
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                      #70
                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                      Du hast recht, immer noch verwirrt, das was du rechts beschreibst (richtig) war für mich in der Mitte . Da hatte ich irgendwo einen Hänger im Kopf. Aber wirklich schon dort und ein paar gute Zeltplätze gibt es da auch, da fühlt man sich richtig gut!
                      "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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                      • Ljungdalen
                        Alter Hase
                        • 28.08.2017
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                        #71
                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                        Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                        Da mir keine Wege auf der westlichen Seite aus dem Sarek heraus bekannt waren (Kungsleden läuft da irgendwo lang? ...
                        Padjelantaleden. (Z.B.) Durchs Álggavágge zum Álggajávrre, von da entweder nach Darreluoppal am Padjelantaleden, dann auf selbigem nach Kvikkjokk, oder den Miellädno/Låddejåhkå abwärts bis zum Weg und dann nach Norden (aber um die Jahreszeit zu spät, weil Boot nach Ritsem nicht mehr fährt, 2020 sowieso noch unklar). Beides in 4 Tagen machbar, wenn es sein muss. Skarja-Suorva notfalls in zwei.

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                        • Freedom33333
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                          • 09.09.2017
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                          #72
                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                          Tag 11: Montag, 9.9.2019. Guohpervagge – Skarja – oberes Rapadalen – Snavvavagge – und ein fantastisch sonniger Tag

                          Morgens nach dem Aufstehen fällt es mir sehr schwer, von diesem Ort aufzubrechen. Egal in welche Richtung ich schaue, die Aussicht haut mich einfach nur um.


                          Daunenjacke an – und einfach nur genießen. Ein weiterer Ort, an dem ich am liebsten einen ganzen Tag verbracht hätte.

                          Und als jemand, der das Rauschen von Wasser liebt, ist dieser Zeltplatz für mich das bisherige Highlight. Hinzu kommt die Einsamkeit – habe ich mich doch nun vor immerhin 4 vollen Tagen von Tom verabschiedet.


                          Blick zurück nach Westen


                          Und so trödele ich denn auch am Morgen ziemlich lange rum, mache zig Fotos und Videos, insbesondere vom rauschenden Bach.

                          Der Plan für heute ist klar: Das Guohpervagge am nördlichen Hang nach Osten, den Smajlajjahka an der Brücke überqueren die eingezeichnet ist, die Skarja-Hütten passieren und dann nach Südost ins Rapadalen und zum Laddabakte, an dessen nordöstlichen Ende ich im Tal dahinter campen will. In Anbetracht der bisherigen Distanzen laut Karte ist das gar nicht mal so wenig. Es ist sogar ca. 50% mehr als die bisher größte Tagesdistanz.

                          Immerhin: Hier kommt man richtig gut voran. Immer noch gibt es klar sichtbare Pfade. Immer näher rücken die Seen / das Delta unterhalb von Skarja – wahnsinnig beeindruckend.










                          Blick nach vorne, hier habe ich mal den ungefähren Weg eingezeichnet (ich hoffe das letzte Stück stimmt, bin mir da aber nicht sicher, vgl. hier)


                          Screenshot von meinem Garmin, links oben sieht man die Stelle wo ich Höhe gewinnen musste um zur Brücke bei Skarja zu kommen, auch den Schlenker zum Wasser sieht man, unten dann den Pfad entlang an den Felsen


                          Ich halte mich ein gutes Stück oberhalb der Seen – zwar könnte man auch weiter unten laufen – aber die Brücke ist an einer Stelle weiter oben eingezeichnet, sodass ich sogar noch ein Stück Höhe gewinnen muss. Läuft man dagegen zu weit oben, verpasst man womöglich eine schöne Strecke an der Schlucht entlang.

                          Irgendwann ist es dann endlich soweit – ich komme an eine Art Damm, laufe diesen Hoch und sehe endlich den Smajlajjahka. Bzw. die Schlucht, durch die er sich schlängelt. Der hat sich nämlich ganz schön tief in den Boden gefressen. Da bin ich doch froh, dass es eine Brücke gibt

                          Ich laufe näher zum Wasser – und erblicke diese Aussicht:



                          Blick ins obere Rapadalen nach Südost

                          Hm.
                          Hmm.
                          Hmmm?!

                          Da müsste man doch eigentlich fast kurz absteigen und da unten ein Bad nehmen?!

                          Schade dass ich so wenig Zeit habe und dringend weiter muss! Warum habe ich auch so lange getrödelt?
                          Es hilft also nichts, ich muss unbedingt weiter! Also Rucksack wieder aufgeschwungen und weiter.



                          Ach komm. Man lebt nur einmal.


                          5min später bin ich abgestiegen, stelle den Rucksack ab und mache wieder zig Fotos.


                          Die Kiesbank auf beiden Seiten, das Wasser, dass hier in einem Wasserfall aus der Wand kommt, ein kaum sichtbarer Regenbogen darüber – hören die Highlights heute denn gar nicht mehr auf?


                          Ich wage es und nehme ich Bad. Vorher überprüfe ich noch die Ränder der Schlucht, kann aber keinen ODSler mit Teleobjektiv erblicken.

                          Das Wasser ist kalt aber wahnsinnig erfrischend. Und die Sonne wärmt! Aber so richtig! Ich komme mir vor wie am Strand. Ein Handtuch braucht es nicht, ich trockne in wenigen Minuten in der Sonne, lehne mich gegen einen angewärmten Stein. Und das im September.

                          Die Stelle erinnert mich an einen Urlaub aus Kindertagen, als wir als Familie einen Gebirgsbach bergauf geklettert waren und wieder und wieder Stellen wie diese entdeckt hatten.

                          Dann wieder den Hang nach oben und weiter am westlichen Ufer der Schlucht entlang-




                          Dann sehe ich endlich die Skarja-Hütten. Das Hellblau des Wassers in der Sonne ist toll. Aber wo ist die Brücke?



                          Dann, endlich, sehe ich sie. Uff. Hier würde ich nicht den Fluss queren wollen.


                          Dann die Ankunft an den Hütten.




                          Blick ins Ruohtesvagge

                          Es ist komisch, nach 9 Nächten im Zelt. Hatte ich mich doch – viel unproblematischer als gedacht – an das Leben im Zelt gewöhnt. Wobei ich abends eigentlich eh immer so kaputt war, dass ich direkt schlafen gegangen bin. Aber nun, hier: Hütten. Hier gibt es ein Toilettenhäuschen und eine etwas größere Hütte mit Tisch und einem Wandregal mit ein paar Gaskartuschen.





                          Toll! Sollte man meinen. Aber:
                          Ich empfinde nichts.
                          Da ist kein: „Eine Hütte, endlich“.
                          Kein: „Ich sollte hier drinnen übernachten“.
                          Keine Wehmut, kein Vermissen.
                          Die Hütte ist klein, dunkel und stickig.
                          Lange halte ich es darin nicht aus.
                          Ich muss hier raus!
                          Nach draußen! Die klare Luft einatmen, die Weite spüren, die Freiheit!

                          Hier treffe ich dann auch den ersten Menschen seit vier einhalb Tagen – einen Mann in meinem Alter, aus Kanada.


                          Hat schon viele solche Treks gemacht, war auch schon in Schottland. Die Welt ist klein. Wir unterhalten uns eine Weile, auch über die weitere Routenführung. Er meint zu mir, ich würde es in 2 Stunden bis zum Laddebakte schaffen, der Pfad wäre sehr gut, ich könne sogar heute noch raufklettern. Das bezweifle ich – zu Recht. Er verabschiedet sich und läuft ins Ruohtesvagge. Kaum habe ich meinen Kram eingepackt und ein bisschen die Aussicht genossen, ist er auch schon fast am Horizont verschwunden. Meine Güte. Was für ein Tempo!

                          Dann überquere ich schließlich die Brücke.





                          LKWs sind hier nicht erlaubt.


                          Blick vom anderen Ufer flussaufwärts


                          Es geht weiter. Blick zurück

                          Aber mit einem hatte er Recht – hier kommt man extrem schnell voran. Gras, ein gut – fast schon zu gut – eingetretener Pfad der sich durch die Heide schlengelt.


                          Blick zurück zum Flussdelta


                          Rechts vom Fluss ein bisschen höher war meine Campstelle von Gestern auf heute

                          Ich halte mich zunächst auf dem Pfad, tue mich dann aber mit der Orientierung erstaunlich schwer. Das Tal breitet sich aus nach Osten und ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich noch auf dem richtigen Pfad bin oder auf dem in Richtung Basstavagge.

                          Wiederholt komme ich an kleine Seen / Moore / Tümpel

                          Blick an einem kleinen See vorbei in Richtung Osten ins Basstavagge (Zwischen den beiden Schneebedeckten Gipfeln)


                          Blick ins obere Rapadalen, rechts die Wand vom Gipfel auf 1354m auf der anderen Flussseite, links daneben in der Mitte der Laddebakte, ganz links langgezogen der Bielatjahkka

                          Zweimal strande ich an Stellen, an denen es partout nicht weitergeht und ich umkehren muss. Ich entscheide mich, Höhe zu gewinnen und weiter oben entlangzulaufen. So lande ich denn aber schließlich wohl doch auf dem falschen Pfad in Richtung Osten. Und es ist schon reichlich spät geworden. Ich will aber unbedingt das Tagesziel erreichen – und mache mir an diesem Tag eine Menge Stress.

                          Auch die zwei Rentiere, die mir an einem kleinen See begegnen, können mir leider nicht weiterhelfen und sind stumm wie Fische.





                          Irgendwann entscheide ich mich den Pfad zu verlassen und querfeldein nach Süden zu laufen. Mein Fixpunkt ist ein kleiner Hügel, der aber auf der Karte einfach nicht eingezeichnet ist - was mich wahnsinnig verunsichert. Der ist doch so hoch, der MUSS doch auf der Karte sein. Ist er aber nicht. Oder meinen die den mit „Spökstenen“? Ne, das ist viel tiefer. Komisch.

                          Auch einen Seeablauf muss ich hier überqueren und eine Weile suchen, bis ich eine passende Stelle finde. Wieso komme ich nur so langsam voran? Ich habe, jetzt gemütlich am PC sitzend, keine Ahnung warum, aber an diesem späten nachmittag war ich die ganze Zeit ein wenig gestresst, verunsichert und vor allem sauer auf mich selbst weil es schon so spät war.

                          Statt ständig aufzublicken und festzustellen, dass ich nicht vorankam, zählte ich bis 1000, bis ich wieder in Richtung kleiner Hügel blickte. Na also, der war schon deutlich näher. Nochmal 1000. Dann, endlich, Ankunft dort. Ich passierte den Hügel links, schmiss den Rucksack auf den Boden und spurtete nochmal kurz zum „Gipfel“. Die Aussicht war super. Dann schnell weiter.


                          Blick von dem kleinen Hügel zurück nach Norden


                          Blick nach Süden, die restliche Strecke für heute. Links zwischen den beiden Bergen das Snavvavagge, wo ich heute campen will, rechts das Tal des Rapadalen


                          Blick nach Osten zum Biekajavratja


                          Blick nach Westen zur Wand auf der anderen Seite, Gipfel auf 1354m

                          Zunächst ging dann doch alles glatt – der Pfad schlengelte sich über Stock und Stein mit links und rechts Heidekraut zunächst ein ganzes Stück bergab. Uff. Hieß das doch immerhin, dass es nicht quer über den von hier sichtbaren Steilhang ging.


                          Ich fragte mich: Wo soll da der Weg sein? Es stellte sich heraus, dass es erst ein Stück bergab ging


                          Ein letzter Blick zurück, mittig rechts sieht man den kleinen Hügel auf dem ich davor war und der, von der anderen Seite kommend, mein Fixpunkt zur Orientierung gewesen ist.

                          Nach einer Weile kam nochmal ein Plateu – hier hätte man sogar zelten können. Aber ich wollte unbedingt oben ankommen.


                          Blick ins Rapadalen, ich fragte mich, ob man auch da unten entlanglaufen könnte, also westlich vom Laddebakte entlang. Etwa wenn man die Strecke in strömendem Regen passieren müsste und einem der Pfad zu rutschig wäre.


                          Zunächst ging alles glatt, ein guter Pfad, kein Ding

                          Der nun folgende Abschnitt war für mich – ich will hier nicht lügen – mit Abstand der schwierigste und herausfordernste der Tour. Hätte es noch geregnet und wäre rutschig gewesen hätte ich womöglich ein ernstes Problem gehabt. Vielleicht lag es am Stress, vielleicht an der Erschöpfung, vielleicht an der mangelnden Erfahrung, vielleicht an 20kg Gepäck auf dem Rücken. Zahlreiche Male musste ich die Hände zuhilfe nehmen. Der Pfad schlängelte sich teils eng am Hang entlang, hin und wieder waren Teile des Weges aufgrund der Steilheit weggebrochen, einige Geröllfelder waren zu queren. Der Fels links oben türmte sich mit all seinen Rissen bedrohlich auf und so blickte ich immer wieder nervös nach oben. Insgesamt ging dieser Abschnitt nach meiner Erinnerung ca. 20-30min, kam mir aber ewig vor. Ständig der Blick auf die Uhr, hier könnte man nirgendwo übernachten.


                          Man schaut nach vorne und denkt sich: Wo soll hier der Pfad sein?


                          Blick ins Rapadalen, das dürfte von dem angesprochenen Plateu aus gewesen sein.


                          Irgendwo da durch, rechts von den Felsen am Hang


                          Blick zurück zum Plateau


                          Links die Felswand. Hoffentlich kommt da nichts runter


                          Ausgesetzter Pfad


                          Hier eine der unproblematischen Stellen


                          Blick zurück. Da bin ich lang?


                          Scary.

                          Dann, nach einer schieren Unendlichkeit, war es endlich geschafft und der Boden wurde wieder flacher. Ich war körperlich am Ende, wollte nur noch einen Zeltplatz finden. Es dämmerte schon. Ich nahm mir vor, den erstbesten zu nehmen.


                          Endlich



                          Hier oben kamen mir sogar noch zwei Wanderer entgegen, ein Mann und eine Frau, die wohl einen Zeltplatz mit Aussicht suchten. Sie erzählten mir dass sie aus Aktse gekommen seien und gewissermaßen die kleine Runde laufen würden, also über das Basstavagge wieder zurück nach Saltalouokta. Dass sie hier am Hang nach einem Zeltplatz suchten wunderte mich, war es hier doch überall viel zu steil dafür. Ich habe keine Ahnung ob und wo sie dann noch fündig geworden sind.


                          Ein kleines Stück war noch zu überwinden und dann zeigte sich endlich der Blick auf den See auf 977m bzw. den kleinen See davor. Ein Stück oberhalb, am nördlichen Ende, quasi direkt am Weg, fand ich dann auch direkt eine ebene Fläche (ein bisschen viel Rentierkacke aber die konnte man ja mit Steinen bedecken oder mit den Stöcken wegschubsen) und schlug mein Zelt auf.


                          Schnell noch Wasser holen, was zum Abendbrot kochen und ab ins Bett.
                          Die Abendsonne verschaffte mir dann doch noch ein paar tolle Ausblicke nach Westen, das dürften die Alkatj-Berge sein





                          Was ich dagegen bewusst überhaupt nicht wahrnahm – zum ersten Mal hatte ich abends einen Himmel mit nur wenigen Wolken. Hatte ich mich doch inzwischen daran gewöhnt, dass dieser ständig bedeckt war. Wer weiß, was in der folgenden Nacht noch kommen sollte.
                          Zuletzt geändert von Freedom33333; 22.12.2019, 16:26.

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                          • evernorth
                            Fuchs
                            • 22.08.2010
                            • 1836
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                            #73
                            AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                            Dieser tolle Abendhimmel, mit dem typischen Abendrot und der sich ankündigenden Wetterverschlechterung, stellte auch für mich den wundervollen Abschluss eines außergewöhnlichen Tages dar.
                            Dem nur geringen Wolkenanteil schenkte ich nur wenig Beachtung ( sah für mich nicht vielversprechend genug aus ) und die Chancen auf ein nächtliches Polarlicht - Ereignis schätzte ich deshalb nur äußerst gering ein.
                            Eine glatte Fehleinschätzung. So verpasste ich ein außergewöhnliches Nacht-Erlebnis ( dem einzigen, in den 2 Wochen! ).
                            Nachdem ich später davon Fotos sah.......ich hätte in Grund und Boden versinken können.
                            Ich hatte es ( mal wieder ) glatt verschlafen. Riesige Enttäuschung, aber.....auf ein Neues!
                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                            • Freedom33333
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                              #74
                              AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                              Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                              Dieser tolle Abendhimmel, mit dem typischen Abendrot und der sich ankündigenden Wetterverschlechterung, stellte auch für mich den wundervollen Abschluss eines außergewöhnlichen Tages dar.
                              Wo warst du da denn? Soweit ich mich an deine Nachricht auf dem Garmin erinnere warst du mir da ja den einen Tag voraus, also müsstest du an diesem traumhaft sonnigen Tag die Gelegenheit gehabt haben den Laddebkate zu besteigen? Das Glück hatte nicht jeder ;). Wäre ich an dem Tag durchgerannt und noch am selben Tag auf den Laddebakte gestiegen hätte ich das auch geschaft, aber ganz ehrlich, die Strecke von diesem Tag war einfach zu schön dafür, ganz zu schweigen von der Frage ob ich das physisch überhaupt geschafft hätte.

                              Bzw. mich würde natürlich generell interessieren wie es dir dann noch ergangen ist, aber ich erinnere mich dunkel, dass du dieses Jahr auch noch ne andere Tour gemacht hattest.

                              Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                              Dem nur geringen Wolkenanteil schenkte ich nur wenig Beachtung ( sah für mich nicht vielversprechend genug aus ) und die Chancen auf ein nächtliches Polarlicht - Ereignis schätzte ich deshalb nur äußerst gering ein.
                              Eine glatte Fehleinschätzung. So verpasste ich ein außergewöhnliches Nacht-Erlebnis ( dem einzigen, in den 2 Wochen! ).
                              Nachdem ich später davon Fotos sah.......ich hätte in Grund und Boden versinken können.
                              Ich hatte es ( mal wieder ) glatt verschlafen. Riesige Enttäuschung, aber.....auf ein Neues!
                              Nun, so gerne ich jetzt davon berichten würde, dass ich heldenhaft das Wetter analysiert und mir einen Wecker gestellt habe so muss ich doch leider zugeben, dass ich schlicht Glück hatte.

                              Das fand ich in der Tat echt schade bei uns, dass man bis auf diesen Tag durch die ständige Wolkendecke nie die Gelegenheit hatte, den Sternenhimmel zu sehen. Darauf hatte ich mich eigentlich mit am meisten gefreut Hier https://www.lightpollutionmap.info/#...FFFFFTFFFFFFFF sieht man sehr schön, dass der Sarek zu den dunkelsten Orten Europas gehört. Was hatte ich mir vorher alles ausgemalt...Einschlafen unter freiem Himmel mit Blick auf die Sterne, jede nacht Sternenfotos machen, darin richtig gut werden...und dann bis auf diese Nacht nichts als Wolken. Da hatte ich die Hoffnung eigentlich schon längst aufgegeben.

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                              • drtech
                                Erfahren
                                • 14.03.2010
                                • 179
                                • Privat

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                                #75
                                AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                Einen toller Bericht über Deine erste Tour im Sarek! Wirklich spannend geschrieben, und es gab ja auch einige Herausforderungen . Ich war zu dem Zeitpunkt weiter südlich im Njoatsosvágge unterwegs (kam vom Rago aus Norwegen über Padjelanta). Ich erinnere mich an die tolle Verfärbung des Himmels an dem Abend. Da habe ich auch Fotos von gemacht (aber noch nicht gesichtet). Das Nordlicht habe ich leider wie Tom verschlafen .

                                Achja, Tom habe ich später im Flieger nach Hamburg getroffen .

                                Freue mich auf die Fortsetzung !

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                                • evernorth
                                  Fuchs
                                  • 22.08.2010
                                  • 1836
                                  • Privat

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                                  #76
                                  AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                  Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
                                  Wo warst du da denn? Soweit ich mich an deine Nachricht auf dem Garmin erinnere warst du mir da ja den einen Tag voraus, also müsstest du an diesem traumhaft sonnigen Tag die Gelegenheit gehabt haben den Laddebkate zu besteigen? Das Glück hatte nicht jeder ;). Wäre ich an dem Tag durchgerannt und noch am selben Tag auf den Laddebakte gestiegen hätte ich das auch geschaft, aber ganz ehrlich, die Strecke von diesem Tag war einfach zu schön dafür, ganz zu schweigen von der Frage ob ich das physisch überhaupt geschafft hätte.

                                  Bzw. mich würde natürlich generell interessieren wie es dir dann noch ergangen ist, aber ich erinnere mich dunkel, dass du dieses Jahr auch noch ne andere Tour gemacht hattest.
                                  Am Abend des 09.09. befand ich mich am Lulep Vássjájågåsj, nachdem ich die Nacht vorher noch am Fuße des Ladebakte ( am oberen, kleinen See, kurz vor dem Abstieg aus dem Snávvávágge hinunter ins Rapaselet ) verbracht hatte.
                                  Eine Besteigung des Ladebakte am Vortag habe ich leider schnell verworfen. Der Berg war bis weit hinunter tief verschneit; das wollte ich mir in meinen Trailrunner Schuhen nicht antun.

                                  Ein Reisebericht folgt noch.
                                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                  • Freedom33333
                                    Dauerbesucher
                                    • 09.09.2017
                                    • 899
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #77
                                    AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                    Tag 12. Dienstag 10.9.2019. Snavvavagge – Rapadalen – Alep Vassjajagasj. Oder: Irrungen und Wirrungen im Nebel – und eine geradezu unheimliche Atmosphäre.

                                    Gegen 0.00 Uhr wache ich auf.
                                    Irgendwas ist komisch.
                                    Anders.
                                    Das spüre ich.
                                    Aber was?
                                    Hmmm.
                                    Irgendwie ist es heller als sonst.
                                    Müde und gähnend öffne ich den Reißverschluss vom Zelt.
                                    Und denke mir: „JEEESSSSS“.
                                    Streifen am Himmel. Grüne Streifen. Die sich bewegen.
                                    NORDLICHTER!

                                    Mit einem Schlag bin ich hellwach.

                                    Zum ersten mal in meinem Urlaub krieche ich nachts aus dem Zelt und der Himmel ist nicht komplett wolkenbedeckt! Zum ersten Mal kann ich die Sterne sehen! Und Nordlichter gibt’s gratis dazu! Der Sarek hat Mitleid mit mir, der Sarek will mich entschädigen. Das Glück des Tüchtigen! Hammer!

                                    Raus aus dem Schlafsack. Fleecepullover an, Daunenjacke an, Kamera, Stativ. Raus aus dem Zelt. Direkt mal rumprobieren. Es war ja leider das erste mal dass ich die Sterne fotografiert habe. Also, wie war das doch gleich? Blende möglichst weit auf. Belichtung…20 Sekunden. ISO rauf. Rumprobiert habe ich mit Werten zwischen 800 und 3200. Zuerst direkt neben dem Zelt. Foto kontrollieren.


                                    Mist. Grashalme im Weg. Es hilft nichts, ich muss eine ebene Fläche suchen. Ab zum nächsten Stein.

                                    Nächster Versuch. Trotzdem nicht so gut. Unscharf. War da nicht noch irgendwas? Richtig. Der Autofokus muss raus. Manuellfokus. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, glaube aber dass ich auf unendlich fokussiert habe.

                                    Tatsächlich kam mir diese Erkenntnis erst recht spät – und um ein Haar hätte ich kein einziges taugliches Foto geschossen. Die ersten 5 oder 6 Fotos waren alle total verschwommen. Da fiel mir dieses eine Youtube-Video von Stephan Wiesner ein, wo er in den Alpen, im Schnee, die Sterne fotografiert hat, mit einer beleuchteten Hütte im Vordergrund.

                                    Also: Die Stirnlampe im Zelt deponieren, mit der Lichtrichtung nach oben, um das Zelt von innen zu beleuchten. Tür zu. Noch ein wenig mit der Distanz herumprobieren. Und tatsächlich taugten die Fotos dann endlich etwas. Begrenzt wurden sie natürlich zum einen durch mich, der ich mir erst kurz vor dem Urlaub meine erste Nicht-Handykamera angeschafft hatte und zum anderen durch das Standart-Objektiv der Sony A 6000 dessen Lichtstärke nicht sonderlich hoch war. Aber das tat dem Naturerlebnis freilich keinen Abbruch.











                                    Nach ca. 20 Langzeitbelichtungen und sicherlich 30-45min reicht es mir. Zeit genug zum Bestaunen des Himmels hatte ich währenddessen auch. Langsam wird es kalt. Trotzdem fällt es mir schwer, wieder schlafen zu gehen. Hatte ich genug Fotos gemacht? Wären diese gut genug? Habe ich alle Einstellungen beachtet? Es dauert eine Weile, bis ich diese Gedanken verarbeitet habe und weiterschlafen kann. Eine Weile wälze ich mich noch im Schlafsack.

                                    Aber ich bin dankbar. Unendlich dankbar dafür, nach zig Nächten unter Wolken endlich die Sterne gesehen zu haben. Und dann auch noch Nordlichter als Bonus oben drauf.

                                    Dann noch ein paar Stunden schlafen bis zum Morgengrauen. Der Plan war klar: Rauf auf den Laddebakte.

                                    Fröhlich aufgewacht! Morgenstund hat Gold im Mund!
                                    Äh…hm…..

                                    Das Wetter ist bescheiden. Der Nebel steht tief. Der Regen ist stark. Rauf auf den Berg? Keine Chance. Was soll ich da oben? Eine weiße Wand anschauen? Macht ja doch keinen Sinn. Schade. Der zweite Berggipfel den ich mir vorgenommen und wetterbedingt verpasst habe. Erstmal nen Tee und Abwarten. Wie so oft in diesem Urlaub. Eigentlich hat es jede Nacht geregnet.

                                    Bloß runter von dieser Ebene, bloß runter ins Tal. Alles eingepackt und auf. Der Regen wird weniger, der Nebel mehr.


                                    Links vom See entlang. Zunächst läuft alles gut, es ist ein Pfad sichtbar. Weiter unten am See sehe ich ein Pärchen, das gerade ihr Zelt einpackt. Unklar ob es die beiden von gestern abend sind. Die Orientierung hier fällt leicht – rechts ist der See.




                                    Am südlichen Ende des Snavvajavrre kommt noch dieses schöne Motiv.



                                    Der Nebel wird dichter. Und dichter. Und dichter. Vor allem wär ich gerne Dichter. Um Heinz Erhardt zu zitieren. Die Sicht wird schlechter und beträgt schon nach kurzer Zeit noch vielleicht 15-20m. Ich sehe eine Steigung. Das entspricht der Karte, laut der ich zunächst ein Stück bergauf muss, bevor es dann endlich bergab geht. Freilich bestand die Gegend in Wirklichkeit wohl gerade nicht aus einer Hügellinie nach der es wieder bergab ging – meine Karte war hier leider zu grob (100.000) - sondern wohl aus zahlreichen kleinen Hügeln.

                                    Es ist noch nicht spät. Die vorgenommene Strecke für heute ist nicht so lang. Der Nebel ist eine Herausforderung. Ich will es zunächst mal ohne Navi versuchen. So rationalisiere ich es später. Oder war ich nur zu faul? Dachte ich mir „Es wird schon gut gehen“? Oder „Was soll schon schiefgehen?“ Oder dachte ich mir gar nichts und habe einfach nur versucht, dem Pfad zu folgen? Ich weiß es nicht.





                                    Zunächst geht alles gut. Ich sehe einen Hügel den ich besteige. Ich sehe einen Pfad. Das wird schon der richtige sein. Der geht nach rechts. Erst rauf. Dann wieder runter. Passt doch. Irgendwann kommen mir Zweifel. Waren das nicht doch schon über 90 Grad? Ich schaue mal auf den Kompass. Ich muss nach Süden. Und der Kompass sagt mir, ich würde nach Norden laufen. Da komme ich her. WAS?



                                    Bis zu diesem Moment ist alles einfach. Und auf einmal muss man sich entscheiden: Das Gefühl – und das Gefühl ist in so einer Situation stark - sagt, lauf weiter geradeaus. Und der Kompass sagt: Lauf in die Gegenrichtung. Absurd. Letzten Endes denke ich, dass ich so vom Wunsch danach getrieben war, einem Pfad zu folgen – und davon gab es reichlich – dass ich dem falschen gefolgt bin. So oder so – ich bin zunächst entspannt und lasse das Navi im Rucksack. Es muss so gehen. Vor 50 Jahren, vor meiner Zeit, ging es schließlich auch.

                                    Also folge ich einem Pfad in die Gegenrichtung – und lande am Ende auf einem Pfad nach Westen, wahrscheinlich in Richtung Gipfel.


                                    Die nächste 180 Grad Wendung. Irgendwann laufe ich sogar über ein Geröllfeld. Von einem Pfad – keine Spur mehr. Hier ein Zelt aufstellen – unmöglich.

                                    Wer jetzt zuhause sitzt und denkt, es könne doch nicht so schwer sein, geradeaus zu laufen – das ist ja kein Fussballfeld. Keine Straße. Da sind Steine im Weg, man hat einen steilen Abhang, man will ein Geröllfeld umgehen, einem Pfad folgen – und schon ist das Chaos perfekt.

                                    Man steht irgendwo in der Pampa. Bei einer Sicht von 10-15m. Es kommen Zweifel auf. Man dreht sich um. Nach links. Nach rechts. Nach hinten. Schaut auf den Kompass. Macht ein Foto. Links ist das Motiv schöner. Moment. Wo war jetzt vorne und wo war hinten? Keine Ahnung.







                                    Am Ende habe ich eine simple Erkenntnis mitgenommen. Bei so einer Sicht muss man stur nach Kompass laufen. Diesen nicht im Rucksack verstauen, sondern am besten in der Hand halten. Und alle 2min draufschauen.

                                    Ich bin mal so ehrlich und poste noch ein Bild von meinem Garmin GPS-Gerät, das den gelaufenen Track aufgezeichnet hat. So hat sich das auch angefühlt. Aber was solls. Ein Abenteuerurlaub braucht eben auch Abenteuer.


                                    Irgendwann bin ich endlich auf dem richtigen Kamm angekommen und es geht wieder bergab. Aber was ist das? Irgendetwas taucht aus dem Nebel auf. Was ist das? Könnte ein Baum sein…


                                    Und wenn das ein Baum ist - dann beginnt hier eine andere Welt!

                                    Endlich habe ich wieder einen klaren, eindeutigen Pfad gefunden – der auch in die richtige Richtung verläuft. Und steil bergab läuft. Richtig steil. Der nasse, ruschige Pfad schlängelt sich hinunter zu einem Flussbett.







                                    Die Atmosphäre hier ist – unheimlich. Einfach nur unheimlich. Ich habe ja wahrlich kein Problem damit, nachts über einen Friedhof zu laufen, aber die ganze Stimmung hier – wäre hier ein Geisterhund aus dem Nebel aufgetaucht – ich hätte meine Stöcke im Anschlag gehabt. Immer mal wieder innehalten.

                                    War da nicht was?
                                    Da ist nichts.



                                    Nach der Durchquerung geht es wieder ein Stück bergauf. Und dann – BAM – taucht der Fluss im Tal wie aus dem Nichts vor mir auf. Von einem Moment zum anderen, raus aus dem Nebel und dann so ein Wahnsinnspanorama. Trotzdem schade. Wie schön wäre die Aussicht von weiter oben wohl gewesen?







                                    Es geht weiter bergab und irgendwann mitten hinein in einen Laubwald.



                                    Das hier ist völlig anders als alles was ich bisher auf der Tour hatte. Es hat vorher geregnet, jedenfalls tropft das Wasser von den Bäumen. Ich tue mich schwer, die richtige Kleidung zu wählen. Die Regenjacke auf der Haut fühlt sich blöd an, aber die Skiunterwäsche oder der Fleecepullover sind viel zu warm. Ich komme mir vor wie im tropischen Regenwald.


                                    Es gibt mehrere Pfade, ich entscheide mich für den, der direkt am Fluss entlang führt.


                                    Auch an einer guten potentiellen Camp-Stelle komme ich vorbei.







                                    Keine Ahnung ob essbar oder nicht, ich probiere es lieber nicht. Wäre auch etwas weit oben.

                                    Hier gibt es natürlich auch völlig andere Pflanzenwelt






                                    Die Berge liegen weiterhin in dichtem Nebel. Es bleibt dabei: Bei solchem Wetter macht es mehr Sinn, in den Tälern zu bleiben.

                                    WICHTIG. Nach einer Weile kommt eine absolut entscheidende Stelle, an ein paar Seen (bzw. etwas davor). Es gibt 2 Pfade – einer führt zwischen den Seen und dem Fluss hindurch und einer nahe am nördlichen Ufer. Letzteren empfand ich als puren Graus. Der Boden bestand aus rutschigen Steinen ohne grobe Merkmale, sodass jeder Schritt vorsichtig gewählt werden musste. Mehrfach konnte ich mich nach dem Wegrutschen gerade noch halten. Frust. Der pure Frust. Das konnte hier nicht richtig sein.





                                    Also drehe ich um – und sehe einen in rot gekleideten Wanderer, gegenüber, hinter dem See, einen langgezogenen Streifen entlangmarmschieren – in einer Geschwindigkeit, als wäre es eine Betonstraße.

                                    Der "Rote Wanderer"

                                    Sofort war mir klar – da muss ich hin.


                                    Ich hatte die richtige Abfahrt verpasst. Ich nahm den direkten Weg – durch den Sumpf. An einigen Stellen war das Wasser schienbeintief aber das war mir egal. Meist war es nur knöcheltief. 5min durch den Morast, dann war ich endlich auf dem Grünstreifen.



                                    Hier kam man super schnell voran.Der Boden war abwechslungsreich, man fühlte sich wie am Meer, es gab Sandbänke, kleine Flüsse, immer wieder Abflüsse die zu überqueren waren. Bei schönem Wetter wäre dieser Abschnitt ein Traum gewesen, so war er immer noch schön.







                                    Blick zurück
                                    Blick nach vorne

                                    Irgendwann sah ich dann den roten Wanderer vor mir, der gerade eine Pause machte und schloss zu ihm auf. Und lernte Arjan aus Holland kennen. Wir kamen ins Gespräch, ich erzählte vom outdoorseiten.net Forum – und er kannte es. Es stellte sich heraus, dass er alle Sarek-Berichte die ich gelesen hatte auch gelesen hatte – und sogar meinen letzten Schottland-Reisebericht. Die Welt ist klein. Und das Outdoorseiten-Forum scheinbar nicht nur bei Deutschen bekannt. Nur einen Account hatte er noch nicht. Ich schlug ihm vor, sich einen zuzulegen, und so kam es dann am Ende auch. Sogar Tom hatte er vor einigen Jahren wohl schon mal getroffen.


                                    Blick zurück zu Arjan


                                    Wahnsinnig düstere Atmosphäre





                                    Am Auslauf des Alep Vassjajagasj schlug Arjan sein Zelt auf. Ich sah mich zu „höherem“ berufen und wollte unbedingt noch den Berg rauf. Keine Ahnung was mich da gebissen hat. Wahrscheinlich die Hoffnung auf einen Zeltplatz mit Aussicht weiter oben. Aber worauf? Auf den Nebel? Ich hatte noch ca. 90min Sonnenlicht / Tageslicht. Ich verabschiedete mich – nicht ohne Vorbehalt – und versuchte 10min mein Glück. Der Pfad ging direkt durch den Busch und war kaum sichtbar. Ich war kaputt. Und so drehte ich denn nach kurzer Zeit um und schlug mein Zelt neben dem vom Arjan auf.

                                    Er hatte definitiv das bessere Timing erwischt und so musste ich mein Zelt dann im Regen aufbauen. Selber schuld .

                                    Dann ging es – wieder in einer düsteren und nebeligen Atmosphäre – in den Schlafsack. Ein ereignisreicher Tag – aber um ehrlich zu sein: Ereignisarme Tage gibt es als Anfänger im Sarek auch nicht.
                                    Zuletzt geändert von Freedom33333; 01.01.2020, 12:59.

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                                    • Pfiffie
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                                      • 10.10.2017
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                                      AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                      Krass mit den Nordlichertern, so unverhoft. Wie glücklich muss man dann einschlafen können. Und selbst bei Nebel sieht das Rapadalen richtig Mytisch aus.
                                      "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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                                      • evernorth
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                                        AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                        Oh, ja, dieser Tag war auch bei mir ein Grauen.
                                        Einige werden sich noch an den Film „The Fog“ von John Carpenter erinnern. Es fehlten nur noch die Gestalten, die aus dem Nebel....... Wie wichtig und hilfreich doch eine freie Sicht bei der Wegfindung ist!
                                        Ohne „fremde Hilfe“ wäre ich da auch nicht zu meinem Ziel gekommen.
                                        My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                        • Mika Hautamaeki
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                                          • 30.05.2007
                                          • 3979
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                                          AW: [SE] 16 Tage Frust und Lust, Höhen und Tiefen: Anfänger im Sarek

                                          Geniale Atmosphäre, die Du sehr gut eingefangen hast. Und die Fotos von den Nordlichtern sind genial.
                                          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                          A. v. Humboldt.

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