[FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

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  • Sylvie
    Erfahren
    • 20.08.2015
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    • Meine Reisen

    [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

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    Uuuups - wir haben es wieder getan. Nun schon zum dritten Mal waren wir im Urho-Kekkonen-Nationalpark unterwegs. Wieder eine tolle Tour. Wieder ganz anders. Nur die Reisegruppe hatte sich nicht geändert: Mein Mann, meine Tochter und ich. Freilich waren wir nicht mehr dieselben, denn ein Jahr tut mitunter viel mit den Menschen. Aber von dieser Reifung haben wir alle extrem profitiert, besonders auf dieser Reise.
    Bald kommt der Bericht.
    Zuletzt geändert von Sylvie; 24.09.2017, 15:56.

  • Sylvie
    Erfahren
    • 20.08.2015
    • 361
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

    1.9.2017 – Anreise
    Die Anreise verläuft reibungslos. Keine Rucksäcke verschwinden, wie im letzten Jahr. Alles ist sehr harmonisch und selbst das Mordor-Feeling bei der Landung in Ivalo hält sich in Grenzen. Denn es regnet nicht. Aber der Himmel ist schwer beladen und das Weiß der Wolken spiegelt sich tausendfach in jeder kleinen Pfütze wider. Von oben sehen wir es und für mich hat es den Anschein von Schnee. Viele kleine weiße Schneefelder – ich bin erschrocken, zunächst. Aber dann erscheint es mir unlogisch, dass der Schnee nur in den Niederungen glänzen soll und also verliert der Anschein seinen Schrecken. Die Temperaturen allerdings passen zum Schnee-Erschrecken. Es ist sehr frisch, etwa 5 Grad und der Wind bläst uns ein eisiges Willkommen entgegen.

    Der Bus kommt pünktlich; den Busfahrer kennen wir noch vom letzten Jahr. Dieser Fakt erzeugt mir gleich ein Gefühl von netter Vertrautheit. Es ist schön, dass manche Dinge noch Bestand haben und nicht postnatal sofort von Hektik zerfressen werden. Wir erreichen das Riekonlinna-Hotel in Sariselkä ohne Zwischenfälle und dieses Jahr früh genug, um noch das Tagesmenü abzugreifen. Das allerdings hat es in sich: das warme Apfelkompott mit gerösteten Haferflocken erweist sich als lockender Gaumenschmeichler. Vollgestopft bis an den Rand taumeln wir aus dem Hotel, um uns in der Kälte das Magendrücken wieder abzulaufen. Auf dem Weg nach draußen hören wir Musik. Wir glauben zunächst, eine Combo spielt auf – aber nein, es ist nur ein einzelner Herr, der lieblich ins Akkordeon greift. Einige Gäste singen dazu, die Textbücher kriegerisch von sich gestreckt. Die Gruppe singt finnisch, aber die Melodien erinnern uns mehr ans Russische. An einem sehr bekannten russischen Volkslied erkennen wir es zweifelsfrei. Russische Volkslieder auf Finnisch – wir sind schon wieder angekommen in dieser seltsamen Welt. Der Akkordeon-Opi lächelt selig. „Guck ihn Dir an!“, sagen Hanni und ich zu Stefan. „Genau das wirst Du auch einmal machen. Akkordeon spielen im Altersheim“. Stef guckt ihn sich an und nickt dann versonnen. Es scheint ihm nicht das schlechteste Ziel zu sein für den Lebensabend.

    Sariselkä ist wie immer verschlafen und kalt. Einzelne Wandergruppen rennen verhuscht durch den Ort. Ihr Ziel ist das Feuer am heimeligen Herd, die Sonne wird bald untergehen. Santas Office ist noch immer nicht besetzt. Wann, nur wann nimmt der Weihnachtsmann hier seine Arbeit auf?


    Gebt uns schnell ein paar Wichtel und Bärte - und wir regeln das hier.


    In einer düsteren Ecke hinter dem Supermarkt lungert ein bärtiger Mann mit Bierflasche rum. Er trägt eine rote Zipfelmütze. Wir wagen es nicht, ihn zu fotografieren. Eine Rute zum heiligen Feste wollen wir nicht riskieren. Nach lustloser Runde in kalter Trübsamkeit kehren wir heim ins Hotel. Der Rentner-Singeclub hat sich inzwischen aufgelöst.

    Erst später entdecke ich ein rotes Fähnchen an meinem Rucksack. Die Finn-Air-Security hat hier drinne rumgewühlt. Das ist seltsam. Der Rucksack ist prall gefüllt bis zum Rand. Wie sollen die da irgendwas nachgeguckt haben? Das hätten sie doch nie wieder in den Rucksack gekriegt. Ich selbst habe dreimal gepackt, bis es passte. Auf den ersten Blick sieht alles auch fein aus; im Innern des Rucksack scheint nichts verändert und ich vermisse auch nichts. Nun gut. Bestimmt war es nur ne Routinekontrolle.
    Zuletzt geändert von Sylvie; 24.09.2017, 21:58.

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    • maahinen
      Erfahren
      • 01.02.2014
      • 303
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

      Hei, ich freue mich schon auf deinen Bericht!
      Lg, maahinen

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      • SvenskaDude
        Neu im Forum
        • 23.09.2017
        • 6
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        #4
        AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

        Wirklich wunderschön...ich möchte im Frühling 2018 den Sarek Nationalpark durchwandern. Den Traum hege ich schon lange und vllt. hat hier ja jemand schon Erfahrungen mit der Anreise und dem Aufenthalt dort gemacht
        Sverige <3

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        • Sylvie
          Erfahren
          • 20.08.2015
          • 361
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          #5
          AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

          Zitat von maahinen Beitrag anzeigen
          Hei, ich freue mich schon auf deinen Bericht!
          Lg, maahinen
          Hallo Maahinen! Das ist toll, dass Du wieder vorbeischaust. Ich freu mich auch schon ganz dolle, mich mal wieder im Forum auszutauschen mit meinen Wanderfreudens - und -leidensgenossen. Warst Du inzwischen auch im Park unterwegs? LG Sylvie

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          • Dogmann
            Fuchs
            • 27.09.2015
            • 1022
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            #6
            AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

            Ja aber Hallo, spann uns nicht auf die Folter.
            Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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            • Sylvie
              Erfahren
              • 20.08.2015
              • 361
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              #7
              AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

              [QUOTE=Dogmann;1610854]Ja aber Hallo, spann uns nicht auf die Folter.[/QUO

              Hallo Dogmann! Schön, Dich wiederzulesen.

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              • Sylvie
                Erfahren
                • 20.08.2015
                • 361
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                2.9.2017: Von Sariselkä nach Kivipää
                Heute haben wir viel vor, aber bevor es losgeht müssen wir erst mal in die Touristeninformation und den Schlüssel für die Varaustupas abholen. Dieses Jahr gibt es auf meinen Wunsch etwas mehr Komfort. Drei Nächte wollen wir in den Bezahlhütten (Varaustupa) schlafen. Ein reservierter Platz mit guter Matratze und einem Kissen dazu. Was für ein Luxus. Der Nachteil der Reservierung ist: Man muss die Hütten auch am Tage der Buchung erreichen, sonst hat man das Kissen umsonst bezahlt. Die Schlüsselaushändigung klappt reibungslos. Nebenan, im sehr gut sortierten Outdoorshop kaufen wir Gas und ein fettes Paar Strümpfe für mich. Ein Typi quatscht uns an. Er kommt gerade aus zwei Wochen Einsamkeit und hat sehr viel Redebedarf. Er empfiehlt mir die fettesten Strümpfe, die es gibt. Ich nehme sie, aber auch die lösen mein Problem nicht. Ich komme später darauf zurück.

                Unser heutiges Ziel ist Kivipää, eine kleine Hütte im Tal, am Fuße des Kivipää. Auf der Karte sind es geschätzt 15 km bis dorthin. Stef meint, das ist sportlich für den ersten Tag, aber Hanni und ich haben die Tour geplant und also dürfen wir auch nicht jammern. Und schließlich wollen wir schnell hinaus aus der Komfortzone. Denn das Leben beginnt schließlich außerhalb der Komfortzone, witzeln wir albern herum und machen uns endlich auf den Weg.

                Der Weg, obgleich noch im Skigebiet, ist seltsamerweise sofort schön. Vor zwei Jahren liefen wir anders von hier aus. Nach Rumakuru – was übersetzt hässliches Tal heißt, und genau das war es auch gewesen. Nicht aber jetzt. Wir betreten sofort Finnisch-Lieblich, das allerfeinste finnische Märchenwald-Reich, und ziemlich bald geht es hoch auf die Fjälls.


                Zu Beginn jeder Tour frag ich mich jedesmal und unter meinem Rucksack stöhnend, warum ich mir das eigentlich immer wieder antue. Dann aber kommt der erste Blick über die Fjälls und ich weiß wieder, warum.

                Hier müssen wir einen Abzweig vom Hauptweg finden, der uns hinein in die Fjäll-Ebenen und mitten durch sie hindurch führen soll. Wir finden nur ein 15 Zentimeter breites Weglein – es könnte auch eine optische Täuschung sein, aber Stefans Fitness-Uhr, der er die finnischen Koordinaten beibrachte, zeigt uns auch an, dass es hier irgendwo reingehen muss. Dann entdecken wir auf der nächsten Lampe (wir sind noch im Skigebiet hier) ein Wegweiser-Steinmännchen. Also ist es der Weg. Mutig schlagen wir uns durch das Heidekraut. Während anfangs noch die Sonne scheint, frischt es bald auf und nieselt finnisch auf uns herab.



                Bald wird der Regen mehr als finnisch und wir ziehen unsere Regencapes über die Rucksäcke. Es geht stetig bergauf jetzt, aber nie bis ganz oben, sondern immer auf halber Höhe zwischen den Kuppen entlang.



                Heut ist der Tag der Rentiere. Wir sehen mehrere Gruppen. Sie ziehen friedlich an uns vorüber, schauen kurz auf, grüßen uns still und trotten dann weiter.



                So viele Rentiere wie heute hab ich auf allen Touren zusammen noch nicht gesehen. Ob es am Wetter liegt? Vielleicht scheucht sie der Regen auf und sie suchen nach sonnigeren Plätzen? Das zumindest scheint erst mal kein sinnloses Unterfangen zu sein. Der Regen ist immer auf relativ kleine Areale begrenzt; man kann weit gucken hier und deshalb sieht man es auch: Irgendwo scheint immer die Sonne, während es anderswo regnet. Das Ergebnis ist ein Regenbogen, der sich immer wieder mutig mal über das eine, mal über das andere Tal spannt.


                Regenbögen allerorten.

                Auch Regenbögen sah ich noch nie so viele an einem Tag. Bis auf die Regenbögen wirkt das Wetter wenig erheiternd auf uns. Aber zwischendurch gibt es ja Sonnenpausen und eine davon nutzen wir, um selbst zu pausieren. „Besser wird es heut nicht“, sage ich und kippe meinen Rucksack erleichtert ins Heidekraut. Unsere Rucksäcke sind schwer wie immer. Proviant für neun Tage wiegt eben was; Stefs Rucksack 22, meiner 20 und Hannis etwa 17 Kilo.

                Aber es wird besser! Irgendwann unten im Tal setzt die Sonne sich endgültig durch. Auf einer Brücke rasten wir kurz – es gibt hier noch Brücken, wir haben die Komfortzone noch nicht verlassen.



                Aber das Leben beginnt ja anderswo. Außerhalb der Komfortzone. Und also schultern wir unser Gepäck und stapfen entschlossen voran. Nach einem traumhaften Weg durch Finnisch-Lieblich...


                Die Wege sind breit in Finnisch-Lieblich. Und man sieht Spuren von Fatbikes - das scheint gerade in zu sein, mit solchen Gefährten durch die Kante zu heizen.

                ... müssen wir wieder den Hauptweg verlassen und uns erneut über die Fjälls schlagen. Der Weg ist eine Abkürzung; die normalen Wanderwege umrunden die Fjälls. Auf ihnen könnten wir Kivipää niemals an einem Tag erreichen. Wieder suchen wir rum, ehe wir fündig werden: eine kleine Steinmauer auf einem Hügelchen weist uns schließlich den Weg. Sie ist etwa kniehoch und sieht irgendwie unnatürlich aus. Hinter ihr geht es leicht bergab in eine Mulde und dort entdecke ich einen Holzpfahl, mit einem orangefarbenen Stofffetzen dran. Ich nehme das als Zeichen. Tatsächlich beginnt kurz hinter dem Hügel der Weg. Eine alte Skipiste mit verrottenden Andreaskreuzen. Vom Hauptweg aus war das alles nicht zu sehen gewesen. Unser Weg gleicht heute einer Schnitzeljagd.

                Die Natur hat sich die Piste zurückgeholt. Nur Wanderer und ganz bestimmt Tiere nutzen sie noch als schmalen Pfad zwischen Tal A und Tal B. Wir laufen lange, lange stets bergauf durch endlose Obstbaumwiesenhöhen, und immer zwischen den Hügelkuppen entlang.




                Andreaskreuze weisen uns den Weg.

                Doch auch die halbe Höhe gewährt uns grandiose Aussichten auf ferne, blau schimmernde Berge.



                Die Sonne macht sich allmählich bettfertig. Sie taucht alles in ein mildes, pfirsichfarbenes Licht. Wir müssen uns sputen langsam, wenn wir die Hütte noch im Hellen erreichen wollen. Endlich verlassen wir die Obstbaumwiesen und tauchen wieder ein in den finnisch-lieblichen Märchenwald. Wir sind ziemlich erschöpft mittlerweile. Aber wenigstens kennen wir den Weg und haben also keinen Grund, uns zu beklagen. Kein haltloses Rumgeirre durch weglose Einöden wie im letzten Jahr.

                Kivipää ist eine Hütte, die etwas abseits liegt. Nicht mehr in der Komfort Zone und ganz am Rande der Wilderness Zone. Wir hoffen deshalb, dass sie menschenleer ist, aber so ist es nicht. Schon von Weitem sehen wir Menschen am Feuer.



                Vier Finnen angeln und kochen hier. Sie laden uns fröhlich ans Feuer ein. Wir aber müssen erst mal ankommen. 23 Kilometer sind wir heute schon wieder gelatscht. Es ist jetzt neun Uhr und immer noch hell. Wir werfen die Rucksäcke ab und holen kurz Luft, dann gehen wir runter ans Feuer.



                Der Abend wird schön. Drei junge Herren kommen aus Helsinki. Einer von ihnen ist Tischler, er schnitzt den ganzen Abend an einem Stück Holz herum. Sein Freund, der Pilot werden will, wie er uns wortreich erzählt, tut es ihm gleich. Zwei schnitzende Finnen am Lagerfeuer – die Klischees sind wieder mal reichlich bedient. Nach ein paar Stunden sind sie fertig und präsentieren uns stolz zwei zauberhafte Buttermesser. Eins ist perfekt, das andere etwas dicker und ungelenker. Für Butter im Winter eignet es sich vermutlich ausgezeichnet, konstatieren wir lachend. Der vierte Finne ist nicht mehr jung. Er kommt aus Oulu, ist aber in Ivalo groß geworden. Der Typ ist ein Waldfuchs, kennt alles, weiß alles und gibt uns tausendfach gute Tipps, was wir in der Wildnis zu beachten haben. Zudem erzählt er Geschichten. Tolle Geschichten. Verrückte Geschichten. Manchmal wissen wir nicht, ob wir die noch glauben können. Alle vier sprechen sehr gut englisch. Schnaps dreht die Runde. Zuckerzeug auch. Und selbst unsere getrockneten Lachs-Streifen überzeugen die Finnen nachhaltig, denn sie kennen das Produkt noch nicht.



                Es wird lustig und laut. Die Dämmerung zieht sich lange hin, aber plötzlich, gegen halb elf, blitzen die ersten Nordlichter auf. Milchig-grünlich-weiß wabern sie über den Himmel. Manche verwirbeln sich, dann verschwinden sie. Neue tauchen auf. Und gehen wieder. Wieder neue kommen.



                Wir sitzen staunend am Feuer, mit den Blicken nach oben und können das alles schwer fassen. Der verrückte Waldfuchs-Finne hat kurz Sendepause. Er schweigt in der Tat und lässt uns die Lichter genießen. Später erklärt er uns freilich, dass das überhaupt keine besonderen Lichter gewesen seien. Natürlich nicht. Für ihn, der hier lebte, natürlich nicht. Aber wir sind vor Staunen ganz ergriffen und stumm.



                Dann irgendwann geht das Showprogramm weiter. Die Geschichten des verrückten Finnen werden immer verrückter. Manche drehen sich auch um die naiven Südländer (zu denen für ihn bereits die Leute aus Helsinki zählen) und welche Fehler sie hier oben machen, im rauen, kalten Norden. Freilich machen wir Fehler, wir hatten ja auch kein Leben lang Zeit, diese Fehler schon früher zu machen. Wir lachen viel an diesem Abend und die Stimmung schaukelt sich höher und höher. Als wir erzählen, wie wir vor zwei Jahren im Sommer die Mücken besiegten, schnellt der Frohsinn ins Uferlose. Freilich haben wir gut geschlafen, bei 40 Grad in der Hütte. Uns ging es ja sehr viel besser als all den Mücken ringsrum. Irgendwann haben wir wirklich genug vom Sitzen am Feuer. Es ist bitterkalt, wir sind hundemüde und müssen dringend ins Bett. Also beschließen wir alle, schlafen zu gehen. Die Nacht allerdings wird gruselig. Trotz unserer übergroßen Müdigkeit, machen wir kein Auge zu. Aber davon im nächsten Kapitel.
                Zuletzt geändert von Sylvie; 08.10.2017, 22:32.

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                • Dogmann
                  Fuchs
                  • 27.09.2015
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                  #9
                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                  Das sind doch nicht etwa Nordlichter?
                  Ein Grund euch zu beneiden!
                  Aber weiter, gruselig, hört sich spannend an.
                  Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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                  • Sylvie
                    Erfahren
                    • 20.08.2015
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                    #10
                    AW: Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                    Zitat von SvenskaDude Beitrag anzeigen
                    Wirklich wunderschön...ich möchte im Frühling 2018 den Sarek Nationalpark durchwandern. Den Traum hege ich schon lange und vllt. hat hier ja jemand schon Erfahrungen mit der Anreise und dem Aufenthalt dort gemacht
                    Sverige <3

                    Wir selbst waren noch nicht im Sarek, aber sieh Dich mal um im Forum. Es gibt hier jede Menge Reiseberichte zum Sarek. Viel Spaß!

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                    • Sylvie
                      Erfahren
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                      #11
                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                      Zitat von Dogmann Beitrag anzeigen
                      Das sind doch nicht etwa Nordlichter?
                      Ein Grund euch zu beneiden!
                      Aber weiter, gruselig, hört sich spannend an.
                      Hehe... den Neid nehme ich gerne entgegen. Die waren wirklich toll, auch wenn das Foto nicht das wahrhaft himmlische Abenteuer des Bestaunens wiedergibt.

                      Die Nacht war nicht gruselig im Sinne von grauslich, sondern eher .... gruselig eben. Ich berichte alsbald.

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                      • Sylvie
                        Erfahren
                        • 20.08.2015
                        • 361
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                        #12
                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                        Die gruselige Nacht in Kivipää
                        Die Sache mit dem Hochheizen der Hütte muss den Waldfuchs-Finnen nachhaltig beeindruckt haben. „Mädels, Ihr mögt es doch warm?“, fragt er uns irgendwann zwischen zwei Nordlichtern. Wir bejahen das schnell und gucken alsbald wieder stur in den Himmel. Das muss die Zeit gewesen sein, wo er verschwunden ist, um die Hütte hochzuheizen. Und zwar richtig hochzuheizen. Das Dumme ist nur, im Gegensatz zu damals im Sommer, schlafen wir jetzt in der zweiten Etage und dort oben unter dem Dach läuft uns der Schweiß. An Schlafen ist nicht zu denken. Schlafsäcke und alles, was wir ohne Scham an Kleidung entbehren können, ziehen wir nach und nach aus. Alles ohne Erfolg. Ruhelos stöhnen wir uns durch heiße Gedanken. Wollte ich nicht irgendwann mal in die Tropen fahren? Ich glaube, nach dieser Nacht nicht mehr. Stefan, der besonders empfindlich ist gegen die Hitze, steht mindestens drei Mal auf, um sich draußen in eisklarer Sternenkälte die brennende Stirn abzukühlen. Das heißt, er steht ja nicht einfach auf, sondern er klettert über mich drüber. Um an die Leiter zu kommen. Mit dem Effekt, dass mein dämmriger Fieberzustand kurzzeitig einer reichlich genervten Wachheit weicht. Irgendwann bleibt Stef einfach ganz weg. Er hat sich draußen sein Zelt aufgebaut. Morgens um zwei im Nieselregen.


                        Still ruht der See in Kivipää.... Nebenan in der Hütte geht inzwischen die Brandseuche um. Auch Hitzekoller genannt.

                        Die Finnen hingegen schlafen. Die drei Jungfinnen unten schnarchen vernehmlich. Der Waldfuchs-Finne liegt oben bei uns. IN SEINEM SCHLAFSACK! Und schläft wie ein Baby. Ich bin wirklich beeindruckt. Diese Nordmänner, denke ich mir, sind irgendwie krass drauf. Sie ertragen nicht nur Mücken, weite Strecken, nachtlose Sommer, taglose Winter und klirrende Kälte – nein, auch sengende Hitze ertragen sie. Was sind wir Südländer nur für Weicheier dagegen? Andererseits – grübele ich (ich kann ja nicht schlafen) – war der Waldfuchsfinne bereits unten am Feuer sehr feueraffin, die größten Scheite packte er drauf, die höchste Flamme war ihm nicht hoch genug. Anscheinend mag er es selbst auch mauschelig warm? Aber so warm?

                        Endlich, endlich, als der Morgen schon graut, wird es kühler in der Hütte. Das Feuer ist runtergebrannt und grade dämmer ich selig weg, als der Waldfuchs mit lautem Tamtam aus dem Bette springt. Es ist morgens halb sieben. Seine erste Amtshandlung ist – das ratet Ihr nie: den Ofen anschmeißen. In kürzester Zeit steigt die Hitze nach oben, da gebe ich endlich auf. Also gut, denke ich, dann eben das Hardcore-Finnen-Programm. Ohne Schlaf einfach weiter laufen heute. Damit ich überhaupt irgendwie mobil werde springe ich schnell in den eiskalten See. Das hilft kurzzeitig. Hanni und Stef stehen auf und wir frühstücken schweigsam am Hüttentisch. Heute haben wir wieder 20 km geplant. Wie sollen wir das nur schaffen?

                        Die drei Jungfinnen schälen sich inzwischen aus ihren Schlafsäcken. Sie haben wunderbar geschlafen, erzählen sie uns, und es war ihnen nicht zu heiß. Immerhin haben sie bis auf den Schlüpfer gar nichts mehr an. Das tröstet mich etwas. Der Waldfuchs-Finne war inzwischen schon telefonieren auf dem nächsten Berg. Jetzt kommt er zurück und gesellt sich zu uns. Der Ofen ballert. Seine Frage, ob wir gut geschlafen hätten, müssen wir leider verneinen. „Ahhh“, sagt er, „das tut mir so leid. Ich dachte, Ihr armen Menschen aus dem Süden, Ihr friert doch immer so schnell, Ihr Frauen zumal… ich habe es wirklich nur gut gemeint.“ Herrjeh… das Ganze ist so grotesk, dass wir lauthals losprusten.

                        Stefan geht raus, das Zelt abbauen. Hanni und ich klettern hoch ins Bettenlager, um unsere Luftmatratzen einzupacken. Da kippen wir ziemlich synchron einfach um. Und pennen noch mal ne Runde. Nur ein bisschen schlafen, nur ein kleines bisschen noch... Wir brauchen die Erholung einfach, sonst können wir heute gleich hierbleiben. Es gibt lautes Palaver während wir schlafen – ich baue es nett in meine Träume ein. Die drei Jungfinnen verabschieden sich offenbar. Wie schade. Ich hätte zu gerne auch Tschüß gesagt. Aber meine mentale Verfassung lässt das grade nicht zu. Als wir wieder erwachen, ist Stef mit dem Zelt fertig. Er sitzt mit dem Waldfuchs vor der Hütte und bespricht unsere Pläne. Der Finne rät uns, nicht ganz so weit nach Süden zu marschieren. Zu viele Sümpfe, zu viele langweilige Wege – lieber sollen wir da und dorthin noch gehen. Wir bedanken uns herzlich zum Abschied bei ihm. So viele gute Tipps bekamen wir selten in so kurzer Zeit. Schnell packen wir alles zusammen und starten. Es ist Mittag inzwischen. Wir aber wollen heute noch weit.


                        Abschied vom Kivipää. Diese Hütte werden wir ganz garantiert niemals vergessen.
                        Zuletzt geändert von Sylvie; 26.09.2017, 21:05.

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                        • andrea2
                          Dauerbesucher
                          • 23.09.2010
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                          #13
                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                          Ein Sylviebericht, wie schön. Ich bin auch wieder dabei.
                          Eigentlich bin ich ja kein Fan von "finnisch-lieblich" wie du immer so schön schreibst. Ich mag das Kahlfjäll und das Hochgebirge. Aber deine Berichte lese ich immer gerne.

                          Habt ihr wieder den Klappstuhl dabei?

                          Gruß Andrea

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                          • Sylvie
                            Erfahren
                            • 20.08.2015
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                            #14
                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                            Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                            Ein Sylviebericht, wie schön. Ich bin auch wieder dabei.
                            Eigentlich bin ich ja kein Fan von "finnisch-lieblich" wie du immer so schön schreibst. Ich mag das Kahlfjäll und das Hochgebirge. Aber deine Berichte lese ich immer gerne.

                            Habt ihr wieder den Klappstuhl dabei?

                            Gruß Andrea
                            Hallo Andrea,
                            ich grüße Dich! Ich muss ehrlich gestehen, ich lese ja hier zwischendurch auch den einen oder anderen Bericht mit, und was soll ich sagen: diese Kahlfjälls würden mich auch sehr reizen. Diese krasse leere Landschaft, der weite Blick - das hat schon was Atemberaubendes. Aber dann verschlägt es uns jedes Jahr wieder nach finnisch-lieblich... Dort gibt es ja auch Fjälls, aber die sind noch bewachsen und somit viel lieblicher. :-)
                            Eines Tages, wenn wir genug davon haben, werden wir anderswohin marschieren.

                            Wo seid Ihr dieses Jahr gewesen? Wie geht es Deinem Hund?

                            Und ja: wir hatten den Stuhl wieder mit. Bzw. seinen Nachfolger, der noch ein bisschen leichter ist.

                            Liebe Grüße Sylvie

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                            • Sylvie
                              Erfahren
                              • 20.08.2015
                              • 361
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                              #15
                              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                              3.9.2017: Von Kivipää zu einer extrem romantischen Feuerstelle
                              Bevor wir losgehen, der große Schock. Die Finn-Air-Security hat meine Powerbanks geklaut. Aus dem Oberfach des großen Rucksacks - einfach entwendet! Ich bin empört. Das rote Fähnchen an meinem Gepäck hatte also doch ne Bedeutung. Erst hier, mitten im Wald, krieg ich es mit. Mein Gejammer ist groß. Seit ein paar Wochen rauche ich nicht mehr. Ich dampfe nur noch. Aber E-Zigaretten brauchen Strom. Und den gibt es im Park nicht. Meine Ersatz-E-Zigarette ist auch fort. Warum denn nur?, fluche ich ratlos vor mich hin. Nur meine Liquids sind noch da. Soll ich die etwa trinken?

                              Stef beruhigt mich. Er hat noch ne Powerbank in petto und vor allem hat er eine tragbare Solarbatterie. Die hängt er sich fein an den Rucksack und lädt unterwegs seine Powerbank auf. Und mit der kann ich dann meinen Smokerstengel aufladen. Yeah! Es lebe die Sucht! Und es lebe das Wetter! Denn das spielt heute mit. Die Sonne scheint fein und speist Stefs Batterie mit vielen leckeren Photonen.

                              Heute wollen wir zum Lankojärvi. Endlich wieder die Hütte am Lankojärvi sehen – meine Lieblingshütte von 2015. Ein Teil von mir jubelt deswegen. Ein anderer Teil ist eher realistisch. Das schaffen wir heute nie, raunt der mir dauernd ins Ohr. Nicht diese Strecke. Nicht nach dieser Nacht. Nicht schon wieder 20 Kilometer. Der Realist sollte Recht behalten. Wir sind alle so angeschlagen und kaputt, dass wir beschließen, an einer der zahlreichen Feuerstellen unterwegs zu übernachten. Durch diese Teilung der Tour erreichen wir alle geplanten Hütten einen Tag später. Dann treffen wir vielleicht Janne nicht mehr, wirft Hanni ein. Das könnte leider passieren, ja... Janne lernten wir letztes Jahr in Muorravaarraka kennen. Der Kontakt blieb über Facebook erhalten. Dieses Jahr wollten wir uns am Luirojärvi wiedertreffen. Aber, eine kleine Hoffnung besteht noch, denn wir wollten ursprünglich zwei Tage am Luiro verbringen. Vielleicht, wenn wir Glück haben, kommt Janne eh erst am 2. Tag dort an (er schieb nämlich nicht genau, wann er den Luiro passiert), dann sehen wir uns womöglich doch noch. Hätten wir Netz hier, könnten wir das klären. So aber bleibt uns nur die Hoffnung.

                              Wir stapfen also los. Es geht zunächst wunderbar leicht durch Finnisch-Lieblich.





                              Dann erreichen wir eine breite Piste. Vermutlich wurde die Straße für jene Leute in den Wald gewalzt, die den riesigen Rentierzaun warten, der hier die Landschaft in rentierliebende und rentierfreie Zonen teilt. Gefühlt ewig laufen wir an diesem Zaun entlang. Auf dieser endlosen Schneise zwischen den Rentierwelten. Der Weg ist glatt, keine Steine, wir kommen schnell voran.


                              Am Rande des Parks gibt es immer mal Pisten dieser Art.

                              Aber hey, wo kommen wir denn da hin, wenn wir schnell vorankommen? Ich will meinen finnischen Wald wieder, mit all seinen Wurzeln und Steinen und umgekippten Baumstämmen. Endlich erreichen wir das Rentiertor, das wir glücklich passieren.



                              Es geht wieder weiter durch Finnisch-Lieblich, an einem seichten Fluss entlang. Hier finden wir bald die erste Feuerstelle; sie liegt direkt neben einer verlassenen Bauarbeiterhütte. Zum Zelten ist der Platz perfekt in meinen Augen. Plätschernder Fluss, breites Ufer, finnischer Märchenwald – was willst Du mehr?


                              Ganz wunderbar hätte man hier zelten können....

                              Stef hingegen findet den Platz nicht romantisch genug. Er will lieber noch ein bisschen weitergehen zur nächsten Feuerstelle. Ich weiß nicht genau, was er so für Vorstellungen von romantischen Feuerstellen hat, aber gut, so viel sind wir heute noch nicht gelaufen, also können wir auch noch ein bisschen latschen. Also rüber über den Fluss und erst mal die Füße in der lieblichen Sonne getrocknet.

                              Erwähnte ich die Mücken schon? Oh ja – es gibt sie! Und wir sind darauf überhaupt nicht vorbereitet. Kein Mückenmittel erschwert unsere Rucksäcke zusätzlich. Das ist wirklich kurios dieses Jahr: nachts haben wir Nordlichter, tags kämpfen wir mit Mücken. Zwar sind es nicht so viele wie vor zwei Jahren im Sommer, aber es gibt sie und sie nerven. Zumal sie sich offenbar gegenseitig informieren über den Standort von lohnenden Opfern. Während sie anfangs nur vereinzelt nerven, werden es irgendwann immer mehr, so als sagten sie sich Bescheid. Hanni entwickelt daraufhin die Strategie, die Pioniermücken sofort zu eliminieren, damit sie ihre Artgenossen nicht mehr warnen können. Der Sommer scheint ungewöhnlich lang zu sein dieses Jahr. Heute waren es konstant 20 Grad. Auch die Herbstfärbung hat in manchen Regionen gerade erst angefangen. Entsprechend leer ist der Park. Die Finnen kommen erst hierher, wenn es kalt ist und bunt und wenn die Mücken nur noch als Leichen oder Larven existieren. Gestern trafen wir keine Menschenseele unterwegs. Heute auch nicht.

                              Drüben am anderen Ufer finden wir erst mal den Weg nicht wieder. Wir suchen lange nach ihm, aber vergebens. Die Koordinaten auf Stefans Uhr sagen uns aber, hier muss er sein. Nun gut, irgendwann stapfen wir einfach los. Querfeldein. Durch einen Wald mit zahllosen Sümpfen und kissendickem Bewuchs. Es ist sehr anstrengend. Stefans Uhr zeigt uns die Richtung. Aber die Richtung ändert sich. Erst haben wir die Sonne hinter uns, dann rechts neben uns, dann wieder vor uns. Wir irren im Zickzack durchs Gestrüpp. Stef ist inzwischen etwas kopflos geworden – ein Zustand, der für ihn eher ungewöhnlich ist. Er rennt vorneweg, rauft sich die Haare, bleibt stehen, guckt auf die Uhr, schüttelt den Kopf, rennt wieder weiter. Am Ende ist er ganz verzweifelt. Die Uhr spinnt, meint er. Und der Kompass auch. Der dreht sich beständig im Kreis. Da wir mitten im Wald sind, kann er auch keine Marschrichtungszahl festlegen; wir sehen keine hervorstechenden Landschaftsmerkmale, an der wir sie festzurren könnten. Zumal der Kompass ja eh grade spinnt.

                              Inzwischen sind wir alle genervt. Wir haben uns haltlos im Wald verfranzt, stieren ratlos auf die Karte und versuchen die Landschaft ringsum zu deuten. Aber weil wir nicht genau wissen, wo wir sind, können wir auch nur verschwommen deuten. Das hier könnte dieser Sumpf hier sein. Aber halt, hier sind auf der Karte Felsen eingezeichnet. Wo sind die jetzt gleich in echt? Nicht hier? Also sind wir woanders. Und so, und so… Schließlich zückt Stefan sein Handy und dieses GPS macht dann das Rennen. Es zeigt uns zumindest ne Richtung an, die sich nicht dauernd ändert. Kurz vor der Feuerstelle finden wir dann tatsächlich den Weg. Uff! Unsere Pfad-Finder-Qualitäten sind heute deutlich noch ausbaufähig.

                              Die Feuerstelle liegt nett an einem See, mitten im Wald.



                              Gute Lagerplätze fürs Zelt gibt es nirgendwo. Überall Steine, Wurzeln und Bodenlöcher.



                              Für diesen romantischen Zeltplatz sind wir nun fünf Kilometer sinnlos durch den Wald geirrt. Wir haben unser Vertrauen in die Technik verloren und uns fast schon wieder gestritten – na das sei ferne!


                              Nu ja... immerhin kann man ordentlich sitzen hier...

                              So richtig romantisch ausruhen können wir uns auch nicht, denn die Mücken fressen uns tot. Ein riesiges Feuer hält sie uns schließlich vom Leib. Stef baut das Zelt auf, Hanni sucht Holz, ich koche. Wir essen hungrig, was immer im Topf ist. Dann fallen wir müde ins Zelt. Zehn Stunden Schlaf – das brauchen wir jetzt.
                              Zuletzt geändert von Sylvie; 26.09.2017, 21:05.

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                              • andrea2
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                                • 23.09.2010
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                                #16
                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                Die späten Mücken dieses Jahr kommen mir doch sehr bekannt vor.

                                Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                Hallo Andrea,
                                ... Wo seid Ihr dieses Jahr gewesen? Wie geht es Deinem Hund?...
                                Wir waren knapp drei Wochen im Narvik- und Kebnekaisefjäll unterwegs. Benny geht es prima. Wir hatte ja große Bedenken, aber für den war die ganze Tour ein Klacks. Bericht kommt noch.

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                                • Mika Hautamaeki
                                  Alter Hase
                                  • 30.05.2007
                                  • 3979
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                                  #17
                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                  ach herrlich ein Bericht, der mich Zwabgs-Wander-Abstinenzler wirklich mal wieder aufmuntert
                                  So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                  A. v. Humboldt.

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                                  • Sylvie
                                    Erfahren
                                    • 20.08.2015
                                    • 361
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                                    #18
                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                    Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                    Wir waren knapp drei Wochen im Narvik- und Kebnekaisefjäll unterwegs. Benny geht es prima. Wir hatte ja große Bedenken, aber für den war die ganze Tour ein Klacks. Bericht kommt noch.
                                    Das ist schön zu hören, dass es Benny gut geht. Auf Deinen Bericht freue ich mich schon!

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                                    • Sylvie
                                      Erfahren
                                      • 20.08.2015
                                      • 361
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                                      #19
                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                      Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                      ach herrlich ein Bericht, der mich Zwabgs-Wander-Abstinenzler wirklich mal wieder aufmuntert
                                      Zwangs-Wander-Abstinenzler.... Was heißt das genau? Du bist gezwungen zu pausieren? Oder: Du lässt Dich nicht zum Wandern zwingen und bist deshalb abstinent??? Fragen über Fragen...

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                                        Erfahren
                                        • 20.08.2015
                                        • 361
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                                        #20
                                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                        4.9.2017: Von der romantischen Feuerstelle zum Lankojärvi
                                        Frühstück am Feuer im Sonnenschein. Da lacht das Herz und versöhnt uns wieder mit uns und der Welt. Wir sind erfrischt und gut gelaunt. Stef hängt seine Batterie in die Sonne. Plötzlich, im Vorbeigehen hat er das totale Heureka-Erlebnis. Das gibt’s doch nicht, sagt er entgeistert. Sein Kompass spinnt wieder. Die Nadel dreht sich im Kreis. Direkt neben der Batterie. Aha! Beim Laden der Powerbank fließt ein Strom und um das Ladekabel herum entsteht offenbar ein Magnetfeld. Das war es gewesen, was gestern den Kompass zum Durchdrehen brachte. Die Solarbatterie hing auf seinem Rucksack, die Powerbank war darinnen – und den Kompass hielt er in der Hand. Vermutlich war der Abstand zwischen Kabel und Kompass nicht groß genug – das verstörende Magnetfeld konnte vom Kompass nicht ignoriert werden. Eine andere Erklärung fällt uns zumindest nicht ein. Herrgott! Und alles nur wegen meiner Smoker-Sucht! Na immerhin sind wir jetzt schlauer.


                                        Ein superleichtes, starkes Teil. Beeindruckt sogar Kompasse.

                                        Nach dem Frühstück packen wir zusammen. Wir wollen nur 16 Kilometer heute laufen und haben also keine Eile. So hat das Packen etwas sehr Beruhigendes. Immer zwischen den einzelnen Pack-Schritten sitzt man einfach nur da und besieht sich die Landschaft. Sieht das Licht auf den Gräsern tanzen, beobachtet kleines Getier beim Krabbeln und Fliegen, bestaunt das Tausendgeglitzer der Sonne auf dem See… Schon Astrid Lindgren wusste: Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach nichts zu tun und vor sich hinzuschauen. Wie Recht sie hatte. Das sind die Momente, wo man ganz bei sich ist und gleichzeitig ganz Eins mit dem Wesen und dem Treiben ringsumher.

                                        Nach dem Packen geht es los. Ganz dolle finnisch-lieblichst...



                                        durch lichte Wälder, bergauf, bergab, von See zu See.


                                        Frisches Wasser gibt es hier...


                                        ...und hier erst Recht.



                                        Die Sonne scheint, es ist warm, wir sind zufrieden. Unterwegs zeigt mir Hanni ein Wespennest. Erdwespen. Ich bin beeindruckt und gehe vorsichtshalber erst mal nen Schritt zurück. Ich bin allergisch gegen Wespen. Auch gegen Erdwespen. Ich habe hier oben noch niemals Wespen gesehen. Zu Hause beim Packen hab ich noch überlegt, ob ich das Notfallset überhaupt mitnehme. Ich habe es schließlich doch mitgenommen. Allerdings schlummert es ziemlich tief in meinem Rucksack. Ab morgen, nehm' ich mir vor, wird ich es ein bisschen greifbarer positionieren. Besser man hat, als man hätte.

                                        Ungestochen und also sehr glücklich laufen wir weiter – man sollte sich generell mehr angewöhnen, das Glück als die Abwesenheit von Unglück zu definieren. Doch ungeachtet unseres Glücks stehen wir bald vor einem Moor. Dieser Weg endet hier, sagt uns das Moor.


                                        Dazwischen kleine Flüsschen, bisschen schwierig ist das schon, da durch zu lavieren.

                                        Wir müssen teils durch und teils drumherum, um dann irgendwo dahinten in der Pampas einen anderen Weg zu finden. Der verläuft direkt neben dem Suomojoki und mit etwas Glück führt er uns zur Hütte am Lankojärvi. Wir laufen mit allen Sinnen jetzt: Karte, Kompass, Richtung, Bauchgefühl und Gehör. Der Suomujiko ist ein breiter Strom. Man müsste ihn hören irgendwann.



                                        Und tatsächlich rauscht er uns bald in den Ohren. Wir finden den Fluss und den Weg dazu. Heute sind wir wahre Pfad-Finder-Helden.



                                        Der Weg ist uns kein unbekannter. Vor zwei Jahren liefen wir ihn in umgekehrter Richtung; vom Lankojärvi bis in die Gruselhütte in Porttikoski.



                                        Der Weg ist zauberhaft; über große Felsblöcke führt er, durch Waldschatten und teilweise sumpfige Abschnitte, bergauf, bergab, immer am Fluss entlang.



                                        Wandern macht wahrscheinlich auch deshalb so müde, weil das Gehirn ständig am Rechnen ist. Es ist unmöglich hier, stupide vor sich hinzulaufen. Das Gehirn berechnet im Hintergrund jeden Schritt, den man tut, die Winkelstellung der Knie, wie man den Fuß aufsetzt und vor allem, wohin. Fallen wäre blöd in dieser Ödnis hier.

                                        Wir sind ziemlich erschöpft mittlerweile. Pausen werden nur noch kurze gemacht, weil die Mücken das merken. Gegen halb sieben erreichen wir die Hütte. Endlich sind wir da. Eine helle Freude macht sich breit. Die Hütte ist leer. Eine junge Frau mit Hund zeltet unten am See. Sie scheint eher für sich bleiben zu wollen, also lassen wir sie in Ruhe.



                                        Gleich nach der Ankunft springen wir in den See. Staub und Schweiß und alle Strapazen werfen wir einfach ins kalte Wasser.



                                        Dann kochen wir reichlich und essen fröhlich draußen am Feuer. Während Hanni und Stef noch sitzen und schwatzen, verschwinde ich bald in die Hütte. Ich bin müde; ich schreib lieber noch ein bisschen und döse vor mich hin. Die anderen kommen auch irgendwann. Stef, der die Hütten nicht mag, zieht es vor, draußen im Zelt zu schlafen. Irgendwann geht die Sonne unter...



                                        ...und ein dicker Vollmond zieht auf. Er spiegelt sich protzig im See. Wie zauberhaft!


                                        Vollmond überm Lankojärvi

                                        Nachts gibt es wieder Nordlichter. Hanni erzählt es am Morgen. Ich aber liege da längst allertiefst in Morpheus‘ Armen.

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