[FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

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  • dingsbums
    Fuchs
    • 17.08.2008
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    • Meine Reisen

    #41
    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

    Erst mal danke für einen wieder tollen Bericht.
    Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
    Die meisten Hütten sind öffentlich. Hier gibt es keine Matratzen und es gilt das Prinzip: wer zuerst kommt mahlt zuerst.
    Bist du dir da sicher? Ich weiß, dass ich sehr verwundert war, als ich (auf dem Nordkalottleden) in einer Autiotupa las, dass den letzten als erstes "ein Bett" zusteht. Die Regelung hat meiner Meinung nach auch einen gewissen Sinn, da derjenige vielleicht sehr erschöpft und müde ist. Ob natürlich wirklich jemand darauf pocht, dass ihm auf der Liegefläche Platz gemacht wird, das ist eine ganz andere Frage.

    Nachtrag: Das hat mich ja jetzt interessiert, ich habe ein oder zwei Hinweise auf diese Regel gefunden. Ich möchte euch Google Translate der finnischen Wikipedia-Seite zu Autiotupa nicht vorenthalten. "Die Vorliebe für die Unterkunft ist immer müde und später als Reisende, der bereits an einem verlassenen Ort ist."
    Zuletzt geändert von dingsbums; 05.10.2017, 11:09.

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    • Sylvie
      Erfahren
      • 20.08.2015
      • 361
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      • Meine Reisen

      #42
      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

      Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
      Toller Bericht, da reist man gerne mit.

      Uns ziehts ja meist in einsamere weglosere Gegenden, aber den finnischen Norden haben wir auch noch auf unserer Agenda. Ich kann mich auch fürs liebliche Erwärmen. Wir sparen gerade auf Packrafts, um dann damit durch die finnischen Millionen Seen zu laufen und zu paddeln.

      Das mit den Powerbanks ist wirklich blöd, die werden vermutlich als "größere Lithium-Akkus" aus dem Frachtraumgepäck genommen worden sein, weil sie da wegen Brandgefahr nicht mehr mitreisen dürfen. Ich packe seit ein paar Jahren alles, was Lithiumakku ist, ins Handgepäck und das kam immer durch, das nur als Tipp.
      Hallo Antracis,
      die Regel, dass die Powerbanks wegen der Entzündungsgefahr aus dem Frachtgepäck genommen werden, gibt es etwa seit einem Jahr, hat uns die Tante von Finn Air in Ivalo erzählt. Weder in Berlin noch in Helsinki sind uns Hinweisschilder dazu aufgefallen; nur in Ivalo, dem winzigsten Flughafen der Welt - dort stand es groß und breit am Check in. Meine Tochter hatte übrigens Glück; der haben sie ihre Powerbank nicht aus dem Gepäck geholt. Nun ja, im Nachhinein ist man immer schlauer. Man hätte sich das Zeug wieder abholen können, in einem Fundbüro 4 km außerhalb vom Flughafen Helsinki - leider hatten wir ein enges Zeitkorsett, sodass die Option für uns nicht in Frage kam. Ansonsten kann man sich das nachschicken lassen, aber das soll teuer sein - ich habe es aber noch immer nicht veranlasst oder mich danach erkundigt. Wir trafen unterwegs Finnen, denen das Gleiche passiert war. So richtig angekommen ist es also noch nicht, dass man diese Sachen im Handgepäck mitführt.... Aber jetzt wissen wir das ja.

      Habt Ihr schon ein bestimmtes Packraft im Auge? Würde mich interessieren.

      Lg Sylvie

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      • Antracis
        Fuchs
        • 29.05.2010
        • 1280
        • Privat

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        #43
        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

        Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen

        Habt Ihr schon ein bestimmtes Packraft im Auge? Würde mich interessieren.

        Lg Sylvie
        Nach vielen vielen Recherche-Stunden haben wir uns letztlich für ein Alpacka-Raft entschieden, schwanken noch zwischen Cruiser oder Whitewater-Deck. Ist halt der Hersteller mit der meisten Erfahrung. Ist aber auch der teuerste, wobei die anderen auch nicht so viel günstiger sind. Mit Paddel, Schwimmweste und trockenanzug kommt da schon einiges zusammen und wir brauchen ja eigentlich auch noch ein neues Zelt.

        Aber falls ihr Euch für das Thema Packrafting und Finnland interessiert, kann ich Euch den Youtubekanal des finnischen Packrafters Caj Koskinen ans Herz legen.

        https://www.youtube.com/user/caide78

        Caj ist ein echt netter uriger Outdoortyp, der mit seiner Frau viele tolle Touren unternimmt und davon unterhaltsame Videos macht.

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        • Sylvie
          Erfahren
          • 20.08.2015
          • 361
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          • Meine Reisen

          #44
          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

          Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
          Nach vielen vielen Recherche-Stunden haben wir uns letztlich für ein Alpacka-Raft entschieden, schwanken noch zwischen Cruiser oder Whitewater-Deck. Ist halt der Hersteller mit der meisten Erfahrung. Ist aber auch der teuerste, wobei die anderen auch nicht so viel günstiger sind. Mit Paddel, Schwimmweste und trockenanzug kommt da schon einiges zusammen und wir brauchen ja eigentlich auch noch ein neues Zelt.

          Aber falls ihr Euch für das Thema Packrafting und Finnland interessiert, kann ich Euch den Youtubekanal des finnischen Packrafters Caj Koskinen ans Herz legen.

          https://www.youtube.com/user/caide78

          Caj ist ein echt netter uriger Outdoortyp, der mit seiner Frau viele tolle Touren unternimmt und davon unterhaltsame Videos macht.
          Danke Dir!!!! Ich guck da gleich mal rein.

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          • Fjellsurfer
            Anfänger im Forum
            • 20.11.2013
            • 14
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            • Meine Reisen

            #45
            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

            Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
            Erst mal danke für einen wieder tollen Bericht.

            Bist du dir da sicher? Ich weiß, dass ich sehr verwundert war, als ich (auf dem Nordkalottleden) in einer Autiotupa las, dass den letzten als erstes "ein Bett" zusteht. Die Regelung hat meiner Meinung nach auch einen gewissen Sinn, da derjenige vielleicht sehr erschöpft und müde ist. Ob natürlich wirklich jemand darauf pocht, dass ihm auf der Liegefläche Platz gemacht wird, das ist eine ganz andere Frage.

            Nachtrag: Das hat mich ja jetzt interessiert, ich habe ein oder zwei Hinweise auf diese Regel gefunden. Ich möchte euch Google Translate der finnischen Wikipedia-Seite zu Autiotupa nicht vorenthalten. "Die Vorliebe für die Unterkunft ist immer müde und später als Reisende, der bereits an einem verlassenen Ort ist."
            So ist es, ich wollte es auch korrigieren. In den Regeln zur Nutzung der Autiotupas bzw. der offenen Hütten gilt folgendes: wer als letztes kommt, hat ein Vorrecht auf ein Schlafplatz und die früher angekommenen sollen Platz machen (bei Notfällen selbstverständlich nicht).
            Es ist leider so, dass viele einheimische und die meisten ausländischen Gäste entweder diese Regelung schlichtweg ignorieren oder haben keine Kenntnis hierüber. Auch die meisten pochen nicht auf ihr Vorrecht, entweder aus Höflichkeit, Zurückhaltung oder weil sie die Hütte nicht mit einer anderen Gruppe teilen wollen.
            Wie auch immer, es gehen leider immer mehr Bräuche des Zusammenlebens im Wildnis verloren.

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            • Antracis
              Fuchs
              • 29.05.2010
              • 1280
              • Privat

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              #46
              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

              Zitat von Fjellsurfer Beitrag anzeigen
              Es ist leider so, dass viele einheimische und die meisten ausländischen Gäste entweder diese Regelung schlichtweg ignorieren oder haben keine Kenntnis hierüber. Auch die meisten pochen nicht auf ihr Vorrecht, entweder aus Höflichkeit, Zurückhaltung oder weil sie die Hütte nicht mit einer anderen Gruppe teilen wollen.
              Wie auch immer, es gehen leider immer mehr Bräuche des Zusammenlebens im Wildnis verloren.

              Naja, man muss ja auch immer den Sinn dieser Regeln hinterfragen und dementsprechend umsetzen. Wenn ich in gutem Gesundheitszustand, aber halt normal erschöpft in einer Hütte ankomme und mich dann häuslich einrichte und schlafen lege in ein Bett oder Lager und dann kommt 30 Minuten später jemand, der sich im gleichen Zustand befindet und auf sein Recht pocht, sich jetzt ins Bett kuscheln zu dürfen, während ich mich dann auf den Boden oder gar draußen ins Zelt packen muss, würde ich mir gelinde gesagt verarscht vorkommen. Am besten kann er ja dann noch vorher ne Fluppe rauchen, um sich nicht zu beeilen.

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              • Fjellsurfer
                Anfänger im Forum
                • 20.11.2013
                • 14
                • Privat

                • Meine Reisen

                #47
                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
                Naja, man muss ja auch immer den Sinn dieser Regeln hinterfragen und dementsprechend umsetzen. Wenn ich in gutem Gesundheitszustand, aber halt normal erschöpft in einer Hütte ankomme und mich dann häuslich einrichte und schlafen lege in ein Bett oder Lager und dann kommt 30 Minuten später jemand, der sich im gleichen Zustand befindet und auf sein Recht pocht, sich jetzt ins Bett kuscheln zu dürfen, während ich mich dann auf den Boden oder gar draußen ins Zelt packen muss, würde ich mir gelinde gesagt verarscht vorkommen. Am besten kann er ja dann noch vorher ne Fluppe rauchen, um sich nicht zu beeilen.


                Klar, meistens kannst du auch gleich erkennen, wer einen Schlafplatz eher braucht - unabhängig davon wer früher oder später angekommen ist - und den bekommen soll. Die meisten Regeln und Bräuche haben eine jahrhundertelange Tradition, entstanden aus der Solidaritätsgedanke im Wildnis, und da gilt auch Verstand nutzen.

                Bitte beachte auch, wir reden jetzt über Finnland. Die wenigsten Finnen werden auf ihren Vorrecht pochen. Die meisten würden es auch nicht mal annehmen wenn es angeboten wird (gut die Ausnahme gibt es auch). Das gleiche gilt wohl auch für die meisten ausländischen Gäste. Ich spreche jetzt aber vom Sommer bzw. angenehmen Wetterverhältnissen.

                Im Winter oder bei ganz schlechtem Wetter ist die Lage ganz anders - dann reicht es aber auch meistens, wenn man seine Sachen aufsammelt und etwas Platz macht, dann passen auch die meisten Gäste rein. Aber nicht immer - zweimal habe ich im Winter mit Dankbarkeit ein angebotenes Platz angenommen. Ein Paar mal habe ich angeboten, mein Platz freizumachen, war aber dann nicht nötig.

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                • Inarijoen Peter
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                  • 22.07.2008
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                  • Meine Reisen

                  #48
                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                  Zitat von Fjellsurfer Beitrag anzeigen
                  Die meisten Regeln und Bräuche haben eine jahrhundertelange Tradition.
                  Ab 1750 wurde mit dem Bau von öffentlichen Wildnis Hütten und sonstigen Unterständen für die Reisenden an den Reisewegen begonnen. Unterkünfte wurden auch von Rentierzüchtern und Jägern gebaut.
                  Ab 1800 begann die Behörde mit dem Bau von Hütten.
                  Für touristische Zwecke wurden Hütten ab 1900 gebaut.
                  Offizielle Hütten werden hauptsächlich von der Forstverwaltung ( Metsähallitus) unterhalten.
                  Die Regeln für die Hütten waren ein ungeschriebenes Gesetz und wurden erst ab 1950 festgeschrieben.
                  Wenn man die Regeln auf den finnischen Seiten liest, sind sie zum Teil sehr umfangreich und ich meine in der heutigen Zeit auch nicht mehr so aktuell.
                  Persönlich habe ich noch nie erlebt, dass jemand die Hütte verlassen musste wegen später Ankommenden.

                  Mit wenigen Ausnahmen (Schweden, Norwegen und Großbritannien) ist Finnland das einzige Land, wo solche Hütten in grosser Anzahl und gratis zur Verfügung gestellt werden. Alleine in Lappland sind es über 450.

                  Lappland kenne ich jetzt seit 45 Jahren und währen 10 Jahren verbrachte ich jedes Jahr jeweils mehrere Monate dort in meiner Hütte am Inarijoki.
                  In dieser Zeit erlebte ich natürlich auch die Entwicklung des Tourismus und die Modernisierung der Hütten.
                  Kochen musste man mit seinem eigenen Kocher oder auf dem Holzofen. Heute stehen Gaskocher zur Verfügung und neben den Hütten stehen die Ersatzflaschen. Währen heute zum Teil riesige Container für den Abfall neben den Hütten stehen, nahm man damals den Abfall und leere Batterien wieder mit. Auch die Toiletten neben den Hütten haben sich Metsähallitus sei Dank verändert. Ich habe mir früher vor dem Betreten dieser Häuschen jeweils ein wenig Deo an die Nase gestrichen, denn es stank bestialisch.

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                  • Blahake

                    Fuchs
                    • 18.06.2014
                    • 1438
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                    • Meine Reisen

                    #49
                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                    Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                    Offizielle Hütten werden hauptsächlich von der Forstverwaltung (Metsähallitus) unterhalten.
                    Jetzt weiß ich endlich, wer hinter "Metsähallitus" steckt. An deren Schutzhütten habe ich beim Skilanglaufen schon so oft und gerne Würstchen am Stock gegrillt, statt fleißig weiter in der Loipe rumzuschieben.

                    Sylvie, hab' Dank für diesen wundervollen, amüsanten, spannenden Bericht!!

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                    • Sylvie
                      Erfahren
                      • 20.08.2015
                      • 361
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                      #50
                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                      Hallo in die Runde,
                      Herrgott... jetzt habe ich durch einen unbedachten Satz hier eine Lawine ins Rollen gebracht. Danke erst mal an alle für die die vielen guten Kommentare. Lasst mich meine vorherige Aussage präzisieren:

                      Dass es hierzu in der Tat festgeschriebene Regeln gibt, war mir nicht geläufig. Ich denke aber, dass man Menschen, die in Not sind, auch ohne Regeln, selbstverständlich hilft. Wenn man in Finnland in den Hütten unterwegs ist, guckt man sich natürlich an, wie die Gepflogenheiten sind und versucht sich in diesem Rahmen zu bewegen. Unser Eindruck war eben genau dieser: Wer kommt, bezieht irgendwann die Hütte; das macht man nicht mal sofort, sondern nach einer geraumen Weile, ich schrieb darüber im letzten Jahr schon. Wenn die Hütte voll ist, ist sie voll. Nie habe ich es erlebt, dass Jemand sein Lager wieder geräumt hat, weil Jemand nach ihm kam. Das ist in praxi auch schwierig zu handhaben, man müsste dann mitunter bis nach Mitternacht warten, ehe man sich selbst hinlegen kann - und oftmals kippt man schon viel früher aus den Latschen. Die meisten kommen gegen Abend an, sehr späte Nachtwanderer sind selten; also bezieht man die Hütte und legt sich schlafen.

                      In wirklichen Notfällen gehe ich davon aus, dass den Leuten ganz selbstverständlich geholfen und ein Platz angeboten wird. Im Winter allemal kann die Situation vermutlich öfter auftreten, als im Sommer oder im Herbst. Letztendlich, denke ich, sollte man nach gesundem Menschenverstand den Einzelfall entscheiden. Eine zu starre Handhabung dieser Regel (the last is the first) ist in der Praxis schwer durchführbar und sie sollte eben auch nicht dazu führen, dass man nachts ohne Not die Leute weckt. Hier wäre für mich eine persönliche Grenze, die ich selbst nicht überschreiten würde.

                      Aber nun mal wieder weiter im Bericht.

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                      • Sylvie
                        Erfahren
                        • 20.08.2015
                        • 361
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                        #51
                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                        Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
                        Jetzt weiß ich endlich, wer hinter "Metsähallitus" steckt. An deren Schutzhütten habe ich beim Skilanglaufen schon so oft und gerne Würstchen am Stock gegrillt, statt fleißig weiter in der Loipe rumzuschieben.

                        Sylvie, hab' Dank für diesen wundervollen, amüsanten, spannenden Bericht!!
                        Danke sehr! Ich mache jetzt auch mal weiter. Paar Tage haben wir ja noch.

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                        • Sylvie
                          Erfahren
                          • 20.08.2015
                          • 361
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                          #52
                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                          8.9.2017: Von Karapulju nach ...
                          Wir stehen früh auf und beeilen uns wirklich, aber mit Hanni ist an ein schnelles Loskommen nicht zu denken. Zu langsam und zu verträumt puzzelt sie hier und da rum, kramt, sucht, packt Dinge wieder aus, die sie doch noch braucht und so und so. Immerhin halb elf sind wir startklar. Es ist neblig und kühl heute. Die Sonne hat sich hinter dicken Wolken versteckt. Die Birken leuchten jetzt nicht mehr fröhlich gelb, sondern traurig gelb vor grauer Kulisse. Ich selbst habe den Eindruck, der Herbst wird hier übersprungen. Gestern war noch Sommer – heute fängt sofort der Winter an. Wenn es jetzt schneite, es wunderte mich nicht.

                          Unser Tatenwanderdrang wird ziemlich schnell nach hundert Metern ausgebremst. Wir müssen erst mal durch die schlammigen Moorwiesen und dann durch den Fluss.


                          Huch nee... falsches Bild. So schön sah der Fluss gestern noch aus.


                          Heute ist eher diese Stimmung angesagt.


                          ... oder diese.

                          Vorsorglich haben wir gleich unsere Flusssandalen angezogen, während unsere Wanderschuhe an unseren Hälsen baumeln. Gottseidank ist das so, denn ich trete gleich erst mal in ein tiefes Schlammloch, in das ich bis zum Knie versinke. Meine Hose ist hin, aber wen juckt das hier schon? Nach einigem Suchen finden wir eine geeignete Stelle zum Furten, die weniger tief und mitreißend ist.



                          Drüben angekommen, beginnt das allgemeine Füßetrocknen und für Hanni das Tapen. In diesem feuchtkalten Nebelgrusel ist das alles kein Vergnügen. Hanni hat offenbar immer Probleme mit jedweden Wanderschuhen. Kinderschuhe würden ihr von der Länge her passen, sind aber zu eng. Erwachsenenschuhe sind weit genug, aber auch bisschen zu lang. Deshalb klebt sie sich die Füße prophylaktisch an den Sollbruchstellen ab – in ihrem Fall sind das die Hacken. Das Pflaster muss nach jeder Furt erneuert werden – und das dauert.



                          Wir frieren uns zwischendurch Blasen an die Seele. Hanni hingegen, immer entspannt, lässt sich Zeit, schwatzt munter drauflos, vom Grusel des Waldes und seinen Fallen. Nu sei stille und tape Deine Füße Meine, sonst tapen wir gleich Deinen Mund!

                          Endlich ist sie fertig und unerfreulich geht es weiter. Wir müssen durch ein größeres Moor. (Eigentlich ist es ein Sumpf, ich habe extra noch mal nachgeguckt. Im deutschen Sprachgebrauch werden Sumpf und Moor aber oft synonym verwendet. Ich bleibe also beim Moor – das klingt für mich gruseliger und gibt daher die Stimmung besser wieder.) Moore gehören nicht zu meinen präferierten Wandergebieten. Zu präsent sind mir die Gruselgeschichten aus Kindertagen, in denen am Ende meistens Leichen eine Rolle spielen. Mein Adrenalinspiegel steigt dann meist ungesund an, wenn wir diese morastige Hürde nehmen müssen. Ich will dann immer schnell durch, aber genau das ist falsch. Das heißt: an manchen Stellen sollte man wirklich nicht lange verweilen, weil man tiefer und tiefer sinkt, aber dann gibt es wieder die Inseln, die sicher sind. Hier muss man ruhig werden und tief durchatmen und ganz besonnen die nächsten Schritte planen. Bei kleinen Mooren geht das alles noch, aber wenn das Moor weit ist, dann gleicht das Durchkommen ohne in Panik zu verfallen, einem mentalen Kraftakt.

                          Dieses Moor hier ist groß. Hundert Meter schätze ich. Stefan meint, es sind mindestens zweihundert. (Ich weiß auch nicht, woher immer diese Diskrepanz in unserer Weitenwahrnehmung kommt. Normale Wege kommen mir immer weiter vor als meinem Mann, während diese fiesen Dinge mir offenbar weniger weit vorkommen, als ihm.) Wir stochern uns mühsam und langsam hindurch; der gruslige Nebel macht die Stimmung perfekt. Er nimmt uns nicht nur die Sicht und die Hoffnung, er sorgt auch für Halluzinationen. Kurz vor dem Ende des Moores sehe ich aus dem Augenwinkel Bewegung am Waldrand. „Da“, rufe ich aufgeregt. „Eine Wandergruppe! Die haben anscheinend einen besseren Weg durch das Moor gefunden.“ Aber es ist keine Wandergruppe. Zumindest keine im herkömmlichen Sinne - es ist wieder die Rentierherde von gestern. Das weiße Jungtier ist mitten unter ihnen. Jetzt haben wir Glück für zwei Jahre. Die Herde trabt friedlich an uns vorbei. Sie haben ihren eigenen Weg durchs Moor gefunden und der wirkte irgendwie mühelos. Fast scheint es mir, als zwinkerten sie uns von Weitem zu. So bisschen weise-freundlich-überlegen.

                          Wir erreichen endlich den rettenden Wald und kommen ein bisschen schneller voran. Bis zum nächsten Moor, das größer noch ist als das erste. Auch das durchqueren wir mühevoll.



                          Der Waldfuchs-Finne hatte uns ja gewarnt vor den Mooren im Süden. Gottseidank haben wir auf ihn gehört und sind nur ein bisschen nach Süden gegangen. Was wir hier an Mooren geboten kriegen, reicht für meine, offenbar nur mäßig ausgeprägte Abenteuerlust vollkommen aus. Eigentlich bräuchte man Gummistiefel, um hier ein bisschen fröhlicher durchzuwaten. Am Ende des Moors wieder ein Fluss.



                          Wir suchen lange nach einer Stelle, die wir überqueren können, ohne dafür die Schuhe ausziehen zu müssen. Aber wir finden keine. Also wieder die Schuhe aus? Und Hanni müsste sich wieder die Füße tapen. Das kostet Zeit. Und Zeit haben wir heute nicht. Wir haben noch so viel vor uns und erst so wenig hinter uns. Wie sollen wir nur diesen riesigen Weg schaffen?

                          Stef besieht sich den Fluss. Er ist tief, aber nicht breit. Also beschließt er, Hanni zu tragen. So kommt sie trockenen Fußes hinüber und das lästige Tapen fällt aus. Geplant – getan. So schnell kann ich mein Handy gar nicht zücken, um diesen epischen Moment gebührend festzuhalten.



                          Wir sollten das Tragen jetzt für alle weiblichen Wandergruppenmitglieder einführen, witzele ich. Stef muss schließlich im Training bleiben und das gelingt nur mit Steigerungen. Dann geht es ein Stück noch durch Finnisch-Lieblich...




                          Der Herbst ist inzwischen angekommen.


                          bis zu einem Rentierzaun. Macht’s gut, liebe Rentiere. Wie schade, dass Ihr nicht überall hier herumspringen dürft. Hinter dem Zaun sehe ich plötzlich wieder Pilze am Wegesrand blinken. Das erweckt in mir die Vorstellung, dass auch die Rentiere die gelben Gesellen offenbar gerne fressen. (Dass das tatsächlich so ist erfahren wir später. Und auch, dass Rentiere mehrmals im Jahr ihre gesamte Darmflora austauschen, damit sie die Nahrung je nach Jahreszeit optimal verwerten können. Im Winter Flechten. Im Frühjahr und Sommer alles, was grünt. Und im Herbst Pilze und Beeren. Was für erstaunliche Tiere!)

                          Nach dem Zaun endet mal wieder der Weg. Ein drittes Moor. Nu ist aber langsam genug mit dem Schlamm! Hinter dem Moor, irgendwo dahinten im fernen Wald, beginnt angeblich der Anschlussweg. Wir sehen Reifenspuren im Schlamm und beschließen, diese als Weg zu definieren. Bestimmt führen sie direkt auf den richtigen Weg im Wald. Dumm ist nur, dass die Spuren tief sind und voller Wasser. Sie dienen also maximal als Anhaltspunkt, um irgendwie durch den Sumpf zu kommen. Der Weg neben dieser Quasi-Straße ist extrem beschwerlich. Keine gefährlichen Moorlöcher mehr, aber dafür durchgehend tiefer, gieriger Schlamm. Der saugt sich an unseren Schuhen fest und gibt sie nicht wieder frei. Jeder Schritt klebt an der Erde. Und die Erde kichert. Ziemlich höhnisch gluckst sie vor sich hin bei jedem verdammten Schritt, den sie aus ihren klebrigen Klauen entlässt. Der Schlammweg ist lang, lang und lang. Als wir endlich wieder lieblichen Waldboden unter den Füßen haben, sind wir fix und fertig.

                          Wir werfen uns erst mal ins Gras und ziehen Bilanz. Die Bilanz macht uns nicht wirklich froh. Drei Moore fressen Zeit. Es ist jetzt um vier und wir haben gerade mal zehn Kilometer geschafft. 15 liegen noch vor uns und wir brauchen dringend Wasser. Das Schlammwasser schien uns zum Trinken suboptimal. Also gut! Weiter jetzt! Wenn wir den Weg nicht schaffen, müssen wir halt zelten irgendwo.

                          Fortsetzung folgt alsbald.
                          Zuletzt geändert von Sylvie; 07.10.2017, 23:52.

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                          • Sylvie
                            Erfahren
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                            #53
                            AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                            Immer noch 8.9.2017: von hinter den Sümpfen bis ans Ende der Welt
                            Der Weg wird besser jetzt. Mit finnisch-lieblich versöhnt er uns wieder. Wir finden sogar einen kleinen Bach, in dem wir die Flaschen wieder füllen. Unterwegs reden wir über die Tücken des Waldes – der wohlige Grusel scheint heute Thema zu sein. Vielerorts sieht man im Wald Bewegungen aus den Augenwinkeln. Man glaubt dann, dort läuft jemand… oder etwas… aber dann war es nur der Wind. Oft sieht man seltsame Tiere reglos im Wald stehen – aber dann sind es nur verkohlte Baumstämme. Oder man sieht Feuerstellen und ganze Häuser – die sich später als Totholz entpuppen.



                            Manchmal hat man den Eindruck, ein Feuer brennt irgendwo, man sieht Rauch – aber da ist kein Rauch. Aus welcher Ursache sich diese optische Täuschung speist, ist uns bis zum Schluss nicht ganz klar. Möglicherweise aus vielen dürren, blattlosen Zweigen, die im Gewirr und von weitem wie Rauchschwaden aussehen?

                            Von diesen seltsamen Sinnestäuschungen kommen wir bald wieder auf Gruselgeschichten. Hanni ist voll von ihnen und ergötzt uns damit. Wir sollen gut acht geben, meint sie, wenn wir an eine Stelle kommen, wo wir schon mal waren, dann ist der Wald verflucht. Dann will er uns nicht wieder raus lassen. Und Hexen, erklärt sie uns, stehen immer zwischen zwei Birken. Wer sie sieht, ist des Todes.

                            Wir sind inzwischen wieder in den Obstbaumwiesen angekommen.




                            Das ist die Alpenbärentraube (Arctostaphylus alpina). Letztes Jahr hatten wir ne Riesendiskussion deswegen. Irgendjemand vermutete das gleich (ich glaube, Andrea war es) - aber ich war mir nicht sicher.

                            Hier stehen nur noch Birken, die Hexen haben gute Chancen. Die Birken leuchten uns alle so wunderbar gelb. Die winzige Kiilopää-Birke wächst in Gemeinschaft mit den gemeinen Moorbirken hier. Ihre Blätter sind kleiner und mehr orange gefärbt. Der Weg ist einfach jetzt. Wir laufen ihn zügig und durchschreiten die Fjälls mit freudigem Staunen.



                            Es ist, als liefen wir in einen Farbtopf hinein.



                            Der Wind bläst immer noch kühl und die Sonne lässt sich nur manchmal herab, uns von oben zu wärmen. Mittlerweile steht sie auch wieder recht tief und wärmt gar nicht mehr. Ich wage es nicht, auf die Uhr zu gucken. Und ich will auch nicht wissen, wie weit es noch ist. Der Weg ist schön und wir genießen ihn. Solange wir können.



                            Der Abstieg hinab in den Wald wird dann wieder recht ungenießbar. Um nicht zu sagen: ätzend. Steile Stufen. Steine, Steine, Felsblöcke und Steine. Ich bin sehr erschöpft und fluche schon wieder. Anstatt überall Brücken zu bauen, sollte man lieber die Wege entsteinen. Stöhnend torkel ich weiter hinab, auf einem Gebilde, das den Namen Weg nicht verdient. Aber wir müssen nun mal hinab. Die Hütte steht unten am Fluss (am Suomujoki mal wieder) und Flüsse fließen nicht auf den Fjälls.

                            An der sechseckigen Feuerstelle machen wir die letzte Rast. Es ist kurz nach acht und wir haben noch zwei Kilometer vor uns. Mir tut alles weh. Meine rechter Fuß vor allem, dicht gefolgt vom rechten Knie und der rechten Nackenpartie. Eine einseitige Schmerzachse – na das kann nicht gesund sein. Stefan, immer mein Held, massiert mir das Brennen aus der Schulter. Wir könnten hier zelten, aber wir wollen nicht. Es ist eisig kalt inzwischen. Ich ziehe erst mal meine Handschuhe an. Dann raff ich mich einmal noch hoch aus dem Schmerz und weiter geht’s. Das nahe Ziel kitzelt die letzten Kräfte aus mir. Die Wilderness Zone endet hier. Es gibt eine Brücke und mehrere Planken – und schon sind wir wieder drin in der Komfortzone. Das Leben beginnt… Nun ja, ich bin passenderweise ziemlich tot. Im Eilmarsch geht es hier voran. Wir durchhasten den Wald in der Dämmerung. Das geht hier auch gut, denn die Wege sind breit und eben. Stef nennt diesen Weg die Waldautobahn.

                            Wir erreichen die Hütte (Suomunruoktu) im letzten Licht. Die Varaustupa ist knackevoll. Nebenan in der Autiotupa sitzen vier junge Männer am Abendbrottisch. Wir werden sofort herzlich begrüßt. Kommt rein und schlaft hier bei uns – die obere Etage ist noch frei. Wir sind so glücklich und dankbar. Schnell packen wir unser Zack und Pack für die Nacht und beziehen das obere Bettenlager. Hanni und Stef wollen draußen am Feuer was essen, mir aber ist es zu kalt und Hunger habe ich auch nicht wirklich. Ich schiebe mir schnell ein Knäckebrot zwischen die Kiemen, dann kletter ich hoch in die Kiste. Schlafen aber kann ich erst mal nicht, weil meine Füße so weh tun. Auch Stef wälzt sich später ruhelos rum. Es ist ihm mal wieder zu warm. Unsere Luftmatratzen quietschen fröhlich und laut im Duett. Die Finnen unten schnarchen. Das ist gut so, sie hören unseren Lärm nicht. Was für eine verrückte Reise. Am Anfang brauchen wir zwei Tage für eine Tour – am Ende einen Tag für zweie. Und das alles nur, weil wir mal plötzlich Netz hatten und spontan auf das Wetter in zwei Tagen reagierten. Es lebe die neue Zeit.
                            Zuletzt geändert von Sylvie; 09.10.2017, 22:34.

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                            • Ditschi
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                              #54
                              AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                              Tolles Licht, klare Farben, gelungene Bilder. Alleine schon dafür lohnt der schöne Reisebericht.
                              Ditschi

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                              • Inarijoen Peter
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                                #55
                                AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                Auf die Beschreibung von diesem Tag habe ich gewartet . Der Bach und Sumpf bei der Hütte waren ja unvermeidlich, aber dann wäre ich grob in Richtung Tuiskukuru gegangen, um dann auf den Weg zur Suomunruoktu tupa zu stossen. Auf dieser Route wären dann keine Bäche und Sümpfe mehr zu durchqueren gewesen und die Gesamtdistanz wäre wohl bis zur Suomunruoktu tupa auch nicht länger aber etwas einfacher gewesen.
                                Betrachte dies nicht als Kritik sondern als Anregung zur Routenplanung für Eure weiteren Touren in weglosem Gebiet.
                                Dafür hast Du ja schöne Bilder gemacht und neue Erfahrungen im Erämaa gesammelt.
                                Persönlich laufe ich in Lappland seit 40 Jahren mit Gummistiefeln.

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                                • Sylvie
                                  Erfahren
                                  • 20.08.2015
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                                  #56
                                  AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                  Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                                  Auf die Beschreibung von diesem Tag habe ich gewartet . Der Bach und Sumpf bei der Hütte waren ja unvermeidlich, aber dann wäre ich grob in Richtung Tuiskukuru gegangen, um dann auf den Weg zur Suomunruoktu tupa zu stossen. Auf dieser Route wären dann keine Bäche und Sümpfe mehr zu durchqueren gewesen und die Gesamtdistanz wäre wohl bis zur Suomunruoktu tupa auch nicht länger aber etwas einfacher gewesen.
                                  Betrachte dies nicht als Kritik sondern als Anregung zur Routenplanung für Eure weiteren Touren in weglosem Gebiet.
                                  Dafür hast Du ja schöne Bilder gemacht und neue Erfahrungen im Erämaa gesammelt.
                                  Persönlich laufe ich in Lappland seit 40 Jahren mit Gummistiefeln.
                                  Grüß Dich Peter,
                                  hm... wir wollten ja ursprünglich über die Berge nach Tuiskukuru, aber als wir uns dann umentschieden, wollten wir Tuiskukuru lieber rechts liegen lassen und direkt nach Suomunruoktu laufen. Deshalb haben wir den Weg durch das Tal gewählt. Vom Weg her war es in unseren Augen fast das Gleiche, von Karapulju nach Tuiskukuru sind es etwa 10 Kilometer und von dort nach Suomunruoktu 15, ganz gleich, ob man über die Fjälls oder über Salonlampi geht. Das macht also insgesamt auch mindestens 25 km - und die sind wir ja auch untenrum gegangen. In unseren Augen wäre es über Tuisku sogar etwas länger gewesen, aber vielleicht haben wir das auch nicht richtig eingeschätzt - das war bisschen schwierig mit unserer Karte, weil Karapulju auf der Vorderseite und Tuiskukuru auf der Rückseite (zudem nach oben verschoben) lag - ich weiß nicht, wie oft wir die Karte um und um gedreht haben, um einigermaßen eine Übersicht über das Gelände zu bekommen.

                                  Unsere Entscheidung wurde sicherlich auch davon beeinflusst, dass wir noch nicht so oft über die weglosen Fjälls gegangen sind und uns da unsicher fühlten. Der direkte Weg nach Suomunruoktu war hingegen auf der Karte eingezeichnet, wir fühlten uns mit ihm auf der sicheren Seite, wir wollten ja an dem Tag schnell vorankommen und uns nirgendwo verlaufen. Im Sommer läuft sich der Weg durch den Wald sicherlich prima. Aber bevor wir unsere Tour dieses Jahr begannen, hatte es in Lappland wochenlang geregnet - wir haben tatsächlich die 8 Tage Sonne dazwischen abgefasst - und die Moore waren sehr voll mit Wasser. Das hat das Ganze natürlich enorm erschwert.

                                  Nun gut. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Falls ich noch mal durch den Park gehe, ist aber der Fjällweg Tuiskukuru-Karapulju auf jeden Fall in unserem Programm. Generell mehr Fjälls, das ist mein Wunsch, der dieses Jahr aus unserer Tour resultiert (mehr Mut zur Weglosigkeit ). Der zweite Teil des Weges über die Fjälls (wo auch der Abzweig nach Tuiskukuru dann kommt) hat mir aber ausnehmend gut gefallen. Der war wirklich zauberhaft. Wir sind bisher von Tuisku immer über Salonlampi nach Suomunruoktu gelaufen. Der Weg ist auch märchenhaft - aber man kann einfach nicht so weit gucken, als wenn man obenrum langläuft.

                                  Viele Finnen laufen mit Gummistiefeln. Ich kann immer gar nicht vorstellen, wie das ist. Schwitzt man da nicht drinne?

                                  Viele Grüße
                                  Sylvie

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                                  • Sylvie
                                    Erfahren
                                    • 20.08.2015
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                                    #57
                                    AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                    Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                                    Auf die Beschreibung von diesem Tag habe ich gewartet . Der Bach und Sumpf bei der Hütte waren ja unvermeidlich, aber dann wäre ich grob in Richtung Tuiskukuru gegangen, um dann auf den Weg zur Suomunruoktu tupa zu stossen. Auf dieser Route wären dann keine Bäche und Sümpfe mehr zu durchqueren gewesen und die Gesamtdistanz wäre wohl bis zur Suomunruoktu tupa auch nicht länger aber etwas einfacher gewesen.
                                    Betrachte dies nicht als Kritik sondern als Anregung zur Routenplanung für Eure weiteren Touren in weglosem Gebiet.
                                    Dafür hast Du ja schöne Bilder gemacht und neue Erfahrungen im Erämaa gesammelt.
                                    Persönlich laufe ich in Lappland seit 40 Jahren mit Gummistiefeln.
                                    Ah... ich lese grade, Du schlugst vor, nur in RICHTUNG Tuiskukuru zu gehen und dann den Weg nach Suomunruoktu zu finden. Ja. Wahrscheinlich wäre das die beste Lösung gewesen. Falls wir den Weg gefunden hätten.

                                    Na, nu is zu spät. Aber danke für den Tipp.
                                    Zuletzt geändert von Sylvie; 07.10.2017, 22:06.

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                                    • Sylvie
                                      Erfahren
                                      • 20.08.2015
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                                      #58
                                      AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                      Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
                                      Tolles Licht, klare Farben, gelungene Bilder. Alleine schon dafür lohnt der schöne Reisebericht.
                                      Ditschi
                                      Vielen Dank Ditschi. Dieser Tag war in der Tat ein sehr bunter gewesen. Der Herbst war endlich da.

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                                      • Sylvie
                                        Erfahren
                                        • 20.08.2015
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                                        AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                        9.9.2017: Von Suomunruoktu nach Kiilopää
                                        Unsere netten Hüttenmitbewohner stehen sehr früh auf. Das bietet uns die besten Chancen gleichsam wach zu werden und aus den Schlafsäcken zu hüpfen. Unser Weg wird etwa 17 Kilometer lang sein. Wir haben in Kiilopää nichts gebucht, es ist Freitag, und die Anzahl der Ferienwohnungen ist begrenzt. Also runter von den Matten und frisch zusammengepackt. Das aber geht erst mal schlecht, weil sieben Mann in der Hütte sich beim Synchron-Packen-Wollen ziemlich behindern. Wir verschwinden zum Frühstück erst mal raus ans Feuer. So haben die Herren freie Bahn. Aber lange kann ich hier nicht bleiben; der Wind bläst so eisig, dass ich bald schon wieder nach drinnen flüchte. Ich verzieh mich aufs obere Bettenlager und bestaune die Finnen bei ihren vielfachen Pack-Aktionen.

                                        Sie sind alle riesengroß und durchtrainiert, haben gute Laune und gut geschlafen, wie sie mir strahlend versichern. Zweien von ihnen ist der Gabel-Löffel kaputt gegangen, die werden nebenbei wieder zusammengeschweißt und mit Panzertape fixiert. Zwischendurch quatsche ich mit jedem ein bisschen. Sie sind gestern aus Helsinki angereist und wollen in den Süden, oha. Einem von ihnen wurden genau wie mir zwei Powerbanks aus dem Rucksack geklaut. Er hat es aber noch in der Zivilisation gemerkt und sich gleich ein paar neue gekauft. Die viere packen und lärmen, packen und lärmen. Ich bin erstaunt, was sie alles mitschleppen. Dann ziehen sie los und wir rücken vor in die Pole Position. Gegen neun – Rekord!!!! – brechen wir auf.


                                        Abschied vom Suomujoki

                                        Heute gibt es nicht allzu viele Fotos, denn wir werden ganztags begleitet von einem garstigen Wind. Ich laufe doppelhosig und doppeljackig die ganze Tour. Auch Stef und Johanna rüsten in der ersten Pause ihren Außenpanzer auf.


                                        Hier geht's noch rüber und dann geht's hoch.

                                        Unser Weg führt nach Norden / Nordwesten. Der eiskalte Wind bläst aus Südosten. So schiebt er uns bisschen die Fjälls hinan.





                                        Die Sonne scheint fleißig mitunter, aber gegen des Windes Grimmigkeit kann sie nichts ausrichten. Heute wäre laut Stefans Wetter-App der erste Regentag gewesen. Bis jetzt ist es trocken, hehe. Oben auf den Fjälls wütet der Wind zum Sturm sich aus. Manche Böen erwischen uns so hart von der Seite, dass es uns fast von den Beinen haut.





                                        Wir sind schutzlos hier oben, aber das nahende Ziel erhält uns den Mut. Zum Pausieren legen wir uns in kleine Mulden, flach auf den Boden. So zieht das Stürmlein über uns hinweg und kann uns nicht rütteln. Wir aber sehen den Wolken beim Rennen zu.




                                        Blick aus unserer Mulde

                                        Es wird voll auf den Fjälls. Wir treffen die ersten Wanderer; die in der Gegenrichtung unterwegs sind. Ich beneide sie nicht. Stundenlang gegen den Wind zu laufen, ist sehr ermüdend. Kurz vor dem Ziel, etwa ein Kilometer, gibt es ne Feuerstelle. Hanni und ich sind schon wieder zu Scherzen aufgelegt. Wir schlagen vor, dort zu zelten und unser letztes Travel-Lunch zu verspeisen. Nasi Goreng – das hat schon im letzten Jahr keiner gewollt. Unsere nächste Idee ist noch besser: nur Stefan soll zelten hier. Da er das Zelten doch so sehr liebt und die Hütten verabscheut. Wir aber gehen inzwischen ins Hotel und essen leckeren Rentiergulasch. Die Zeit verfliegt während wir scherzen.




                                        Bald sind wir da.

                                        Kurz vor dem heiligen Torbogen, den Eingang zum Park, müssen wir tatsächlich noch einmal pausieren. Mein Fuß tut so höllisch weh, wieder der rechte, es ist schwer zu ertragen. Ich fürchte, ich hab ihn mir angeknackst irgendwie. Es ist wirklich ein Kreuz mit dem Älterwerden.

                                        Kiilopää ist für mich immer der Inbegriff des Paradieses. Kein Wunsch bleibt hier unerfüllt. Und unsere Wünsche sind einfach nach so einer Tour: Gutes Essen, Bier, warmes Wasser und ein weiches Bett. Das alles kann Kiilopää mühelos bieten. Der Einzug in dieses Touristennest gleicht daher immer dem Einmarsch der glorreichen Krieger in die donnernde Arena des Triumpfes. Freilich johlen wir nicht und niemand klatscht uns Beifall – der Triumpf ist nur innerlich, doch ergießt er sich gülden in unsere Herzen. Von dort zieht er in alle Zellen und kleidet uns innerlich vollständig aus mit Goldpapier. Strahlend, von den Zehen bis zum Scheitel, taumeln wir glücklich in Kiilopää ein. Wir haben das alles überlebt. Mal wieder. Eine sehr schöne Tour. Es gab keine Stürze und keinen Streit und das Wetter war fabelhaft.



                                        Vielleicht gerade deshalb erscheint mir die Stimmung in Kiilopää immer seltsam gedrückt. Und in Sariselkä stell ich mir diese Diskrepanz zwischen innen und außen noch viel schlimmer vor. Viele planen ja ihre Tour so, dass sie am Ende in Sariselkä ankommen. Das kann ich mir gleich gar nicht vorstellen. Der Ort ist so tot und trist um diese Zeit. Nur leere Häuser und leere Läden. Und der Wind pfeift trostlos und kalt um die Ecken. In Kiilopää gibt es wenigstens keine Häuser und keine Läden; nur einen kleinen Touristenshop, wo man für teures Geld Nippes und das Notwendigste erstehen kann. Sehr konsequent besteht dieser „Ort“ nur aus Blockhäusern mit Ferienwohnungen darin und einer riesigen Torfsauna. Fertig.

                                        Wir müssen ein bisschen warten in Kiilopää, man weiß noch nicht, ob es noch ein freies Blockhaus für uns gibt. Während wir also im Foyer abhängen und schon mal das erste Bier trinken, seh ich mir all die Touristen an und denke die ganze Zeit drüber nach: Warum empfinde ich die Stimmung hier so seltsam unlebendig? Liegt's vielleicht wirklich daran, dass wir jetzt wieder weg sind von der Natur, von diesem prallen Leben mit all seinen Unwägbarkeiten, mit seinen intensiven Erlebnissen zwischen Freude, Hoffnung und Furcht? Denn das Leben beginnt… na Ihr wisst ja schon wo. Oder liegt’s an den Menschen hier? Der Ort ist geflutet mit alten Menschen, sehr alten Menschen, die kaum noch laufen können. Sie humpeln durch die Gegend so wie ich mit meinem kranken Fuß. Manche von ihnen werden von Bussen ausgekippt. Zwei Tage Lappland steht auf ihrem Programm. Sie kriegen dann eine geführte Wanderung auf den Kiilopää. Man sieht sie schon Stunden vorher aufgeregt mit ihren prall gefüllten Proviantbeuteln durch die Gegend rennen. Ein freundlicher Führer prügelt sie dann sachte nach oben.

                                        Sie alle wirken auf mich irgendwie traurig. Vermutlich liegt es tatsächlich am Unterschied zwischen meiner innerlichen Hochstimmung und ihrer augenscheinlich normalen Stimmung. Auch in den letzten Jahren ist mir dieser krasse Stimmungswechsel beim Übertritt von der Wildnis in die Zivilisation aufgefallen. Kurzzeitig ergeb ich mich dieser Endzeitstimmung. So wird es enden, denke ich: In einem trostlosen Ort am Ende der Welt, mit einem dicken Proviantbeutel für die letzte Reise und einem Führer, der Dich milde nach oben treibt… Irgendwann reißt mich die Rezeptionistin aus meinen Gedanken: Jawoll, es gibt noch ein Hüttchen für uns. Wir können einziehen. Der Jubel übernimmt wieder mein Stimmungsbarometer.


                                        Auf dem Weg in die Hütte sehen wir diese Schulklasse geschlossen in den Park einsteigen. Sie drücken den Altersdurchschnitt enorm.

                                        Wir tun in Kiilopää das, was wir immer tun: Als erstes duschen wir mit ungekannten Wonnen. Dann essen wir. Besser gesagt, wir fressen. Das Menü hier ist reichlich und ausnehmend gut gekocht. Und dann wanken wir allseits gestählt in unsere Hütte und fallen ins weicheste Bett auf Erden. Bis zum Rande gefüllt mit Glückseligkeit.
                                        Zuletzt geändert von Sylvie; 10.10.2017, 21:23.

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                                        • andrea2
                                          Dauerbesucher
                                          • 23.09.2010
                                          • 944
                                          • Privat

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                                          #60
                                          AW: [FI] Mücken, Farben, Nordlichter: Der Herbst gibt wieder alles in Lappland

                                          Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen

                                          Drüben angekommen, beginnt das allgemeine Füßetrocknen und für Hanni das Tapen. In diesem feuchtkalten Nebelgrusel ist das alles kein Vergnügen. Hanni hat offenbar immer Probleme mit jedweden Wanderschuhen. Kinderschuhe würden ihr von der Länge her passen, sind aber zu eng. Erwachsenenschuhe sind weit genug, aber auch bisschen zu lang. Deshalb klebt sie sich die Füße prophylaktisch an den Sollbruchstellen ab – in ihrem Fall sind das die Hacken. Das Pflaster muss nach jeder Furt erneuert werden – und das dauert.



                                          Wir frieren uns zwischendurch Blasen an die Seele. Hanni hingegen, immer entspannt, lässt sich Zeit, schwatzt munter drauflos, vom Grusel des Waldes und seinen Fallen. Nu sei stille und tape Deine Füße Meine, sonst tapen wir gleich Deinen Mund!
                                          Da ist er ja der Klappstuhl.

                                          Ich tape auch immer die Hacken und kann Leukoplast sehr empfehlen. Und zwar nur das echte Leukoplast, kein Hansaplast und auch kein sonstiger Ersatz. Ich nehme das 2,5 cm breite, klebe je drei Streifen überlappend auf jeden Hacken. Das hält locker eine Woche und löst sich auch beim Furten oder Duschen nicht gleich ab. Allerdings muss man ein bisschen aufpassen wenn man die Socken über die nassen Füße zieht. Da können sich sonst die Ecken etwas aufrollen.

                                          Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen


                                          Das ist die Alpenbärentraube (Arctostaphylus alpina). Letztes Jahr hatten wir ne Riesendiskussion deswegen. Irgendjemand vermutete das gleich (ich glaube, Andrea war es) - aber ich war mir nicht sicher.
                                          Stimmt

                                          Den letzten Tag muss ich noch in Ruhe lesen.

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