[NO] Juli 2015: Schneereiche Solotour im Saltfjellet-Svartisen-Nationalpark

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    • 11.05.2013
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    #21
    AW: [NO] Juli 2015: Schneereiche Solotour im Saltfjellet-Svartisen-Nationalpark

    3. Etappe, 24.7.15: Glomdalen-Kvitsteindalsgammen-Gratadalstua


    Um fünf Uhr war ich bereits hell wach und um sechs bereit loszugehen. In der Nacht war ich zu dem Entschluss gekommen die Tour abzubrechen. Die Entscheidung sorgte dafür, dass meine Unruhe sich legte. Der sonnige Himmel tat sein Übriges. Ich beschloss zwar noch etwas ins Glomdalen hinein zu gehen, machte mir aber keine Hoffnung was die Schneeverhältnisse anbelangte. Und in der Tat: Es dauerte nicht lange und es öffnete sich eine unglaubliche Aussicht ins schneebedeckte Tal. Mein Kopf sagt sofort „Nein“ und dieses Mal höre ich auf ihn. Hier war definitiv Schluss. Ich kehrte um und begann den Weg zurück zur Kvitsteindalsgammen. Ausgeruht ging das erstaunlich zügig.

    Kurz bevor ich den Storglomvatnet erreichte sah ich, wie sich vielleicht 10m vor mir etwas auf dem Weg bewegte. Ich blieb stehen. Plötzlich erhob sich ein Geweih hinter einem Hügel und zwei Augen blickten mich an. Dem Rentier folgten vier weitere, alle mit Geweih. Die Tiere standen auf, blieben noch einen Moment stehen und liefen dann, nicht weit von mir entfernt, ins Glomdalen hinein. Wow! Ich ging zunächst weiter. Als ich zurück schaute, sah ich, dass die Herde ebenfalls stehen geblieben war und mich beobachtete. Mit deutlichem Abstand folgten sie mir und schlossen sogar auf, sodass sie eine ganze Weile parallel zu mir herliefen. Erst als ich den Storglomvatnet erreichte drehten sie mir den Rücken zu und rannten weg. In der Ferne sah ich eine größere Herde stehen, zu der sie hinliefen. Leider war meine Kamera im Rucksack gewesen. Ich hatte es nicht gewagt anzuhalten, um sie herauszuholen.

    Gegen 10 erreiche ich die Kvitsteindalsgammen und war so erleichtert, dass ich mich dort erstmal ein Stündchen schlafen legte. Anschließend plante ich mein weiteres Vorgehen: Zurück zum Fykanvatnet gehen, dort den Bus nach Bodo nehmen, auf die Lofoten übersetzen und mir dort einen Campingplatz mit Meernähe suchen. Fertig! Ich war gerade beim Mittagessen, da öffnete sich jedoch die Tür und ein nettes, deutsches Pärchen trat herein. Sie waren einen Tag nach mir an der Fykantrappa gestartet und wollten ebenfalls durchs Glomdalen zur Gratadalstua. Sie beschlossen trotz der Schneelage erst einmal weiter zu gehen.

    Als ich einige Zeit später am Weg in Richtung Skavldalen stand sah ich die beiden in der Ferne. Anscheinend hatten sie sich nun doch für den nördlicheren Weg zur Gratadalstua entschieden. Ein Motivationsschub ergriff mich. Ich hatte ja nun Zeit genug, also beschloss ich ebenfalls den Weg durchs Skavlsdalen einzuschlagen und den beiden zu folgen. Wenn die Schneeverhältnisse es nicht zuließen würde ich eben ein weiteres Mal umkehren. Eigentlich machte ich mir auch hier keine allzu großen Hoffnungen.

    Als nach ca. einer Stunde die Schneefelder immer zahlreicher wurden, war ich gerade im Begriff umzudrehen, da erblickte ich eine größere Wandergruppe, die mir entgegen kam. Ich sprach kurz mit deren Führer über die Bedingungen: „Yes, there’s lots of snow. But you should be okay. Just follow our tracks.“ Und ich erhielt noch die wichtige Auskunft: „No snow after Gratadalstua.“ Wäre ja ungünstig gewesen, wenn ich mich in eine Situation manövriert hätte, aus der ich nicht mehr herausgekommen wäre.



    Ich beschloss also erst einmal weiter zu gehen. Tatsächlich war es vergleichsweise entspannend den gut sichtbaren Fußspuren zu folgen. Hier muss ich aber ganz klar festhalten: Wäre ich an genau dieser Stelle nicht der geführten Gruppe begegnet, hätte ich die Tour definitiv nicht fortgesetzt. Das Skavldalen war ebenfalls weiß und es begann etwas Nebel aufzuziehen:





    Wirklich schön wurde es als sich der Blick ins Tal öffnete. War fast ein bisschen wie Skifahren und das Gleiten den Hang hinunter schon beinahe meditativ.
    Die Anspannung wich allerdings nicht völlig



    Als man die Gratadalstua schon sehen konnte, wurde es noch einmal ganz schön steil. Die ein oder andere Schneebrücke, die es im Hang zu queren galt, sah nicht mehr ganz vertrauenerweckend aus. Ich hielt mich einfach strikt an die Fußspuren der Gruppe und kam auf diese Weise sicher im Tal an. Hier lag kein Schnee mehr. Dafür wurde es zur Abwechslung aber mal sumpfig. Knöcheltief stand das Wasser in meinen Schuhen.

    Zwar noch winzig, aber das Ziel in Sicht:



    Als ich schließlich mit nassen Füßen vor der Gratadalstua stand konnte ich es kaum fassen. Wow, was für intensive zwei Tage.
    Ich hatte schon auf halbem Weg beschlossen die Nacht in der Hütte zu verbringen. Als ich eintrat loderte bereits ein Feuer im Ofen. Die beiden Deutschen, die ich zuvor an der Kvitsteindalsgammen getroffen hatte waren kurz vor mir eingetroffen. Die Hütte war groß und urgemütlich.



    Es dauerte nicht lange, da begann es draußen ordentlich zu schütten, sodass die zwei sich dazu entschieden nicht mehr weiter zu gehen. Sie hatten vor der Tour ihr eigenes Essen gedörrt und luden mich netterweise zu einem sehr guten Abendessen ein. Eine leckere Alternative zum sonst üblichen Fertigessen.
    Nach dem Abwasch spürte ich die (mentale) Anstrengung des Tages und so dauerte es nicht lange, bis das ich wie ein Stein ins Bett fiel.
    Zuletzt geändert von EMG; 28.05.2017, 21:47.

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      • 28.05.2015
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      #22
      AW: [NO] Juli 2015: Schneereiche Solotour im Saltfjellet-Svartisen-Nationalpark

      Zitat von EMG Beitrag anzeigen
      Der Trip hat mir aber eben auch klar meine Grenzen und natürlich meine Planungsfehler aufgezeigt;) Also heute würde es mir nicht noch einmal passieren, dass ich so von den Wetterverhältnissen überrascht werde. Ist mir auch ehrlich gesagt ein bisschen peinlich zuzugeben. ;)
      Weiß nicht, ob dir das peinlich sein muss. Ich denke, das passiert selbst den erfahrensten Hasen, dass sie manchmal doch was übersehen, vergessen, nicht ausreichend bedenken oder Ähnliches - und auf einmal findet man sich in einer... sagen wir, suboptimalen Situation wieder.

      Solange man das rechtzeitig erkennt, cool bleibt und ab da wieder die richtigen rationalen Schlüsse zieht bzw. Entscheidungen trifft, ist alles gut. Du kannst übrigens ruhig weiterschreiben - irgendwann wird ja vermutlich das Wetter mal gut werden - und dann wird dort sicher alles gleich nochmal so spektakulär aussehen bei der Schneelage. Wäre jedenfalls interessant zu sehen...

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        #23
        AW: [NO] Juli 2015: Schneereiche Solotour im Saltfjellet-Svartisen-Nationalpark

        4. Etappe: Gråtådalen – Tverrådalen am 25.7.15

        Die letzten zwei Tage waren, zumindest für mich, wahnsinnig nervenaufreibend gewesen. Das quittierte mir mein Kopf am nächsten Morgen mit einer saftigen Migräne. Entsprechend langsam startete ich auch in den Tag. Erst einmal inspizierte ich eingehend meine geschundenen Füße. Die Wanderstiefel hatten vom ersten Tag an so gut gepasst, dass ich mir noch nie Blasen darin gelaufen hatte. Und das inkludierte drei mehrtägige Trekkingtouren und viele Tagesausflüge. Die zweitägige Dauernässe hatte die Gore-Tex-Membran nun aber mehr als eindeutig zu Fall gebracht. Mit Compeed und Tape war es jedoch einigermaßen auszuhalten, zumindest nach den ersten paar Metern.

        Ich überlegte einen weiteren Tag in der Gråtådalstua zu verbringen, doch die Kopfschmerztabletten taten ihren Dienst und als sich auch noch die Sonne blicken ließ hielt es mich doch nicht mehr in der Hütte. Nachdem ich nochmal mein Handy geladen hatte, ging es gegen halb eins los. Das deutsche Pärchen hatte sich bereits etwas früher verabschiedet, sodass ich einmal mehr in der Verfolgerrolle war .

        Diesmal allerdings war die Lage nicht ganz so dramatisch. Tatsächlich lag auf dieser Talseite kaum noch Schnee. Bei Sonnenschein und eisigem Wind ging es trockenen Fußes mehrere Stunden lang bergauf. An höchster Stelle hatte man eine eindrucksvolle Aussicht aufs verschneite Gråtådalen.







        Und Handynetz hatte man auch: Diesmal klang der Anruf nach Hause schon deutlich befreiter . Als ich zum Wählen kurz die Handschuhe auszog froren mir allerdings fast die Finger ab. Sowieso hatte ich die Handschuhe bisher noch jeden Tag benutzt.

        Nun verlief der Weg zunächst auf etwa einer Höhe, bevor es (vorerst zumindest) langsam bergab ging und sich tolle Ausblicke ins Beiardalen boten. Hier aber erst nochmal der Blick aufs Gråtådalen.









        Gegen sechs Uhr begann der ziemlich steile, dafür aber vergleichsweise kurze Abstieg ins Beiardalen. Dabei stießen die Zehen ständig vorne im Schuh an. Die Folgen davon würde ich noch in der folgenden Woche spüren (und die Erzählung davon wird einen Ekelspoiler brauchen ) Nach den letzten Tagen im Schnee war es fast irritierend die ersten Bäume zu sehen. Auch die Häuser im Tal wirkten etwas surreal.



        An der Hauptstraße verlief ich mich dann gleich mal prompt. Erst bog ich rechts ab, fand auch die Wegmarkierung; Die allerdings führte mich auf eine private Hauseinfahrt. Ich ging also zurück, landete erst im Wald und dann am Fluss, den ich würde überqueren müssen. Aber von einer Brücke war auch hier weit und breit nichts zu sehen. Ich drehte also wieder um, passierte das falsche Schild, et voilà, entlang der Straße fand ich die richtige Beschilderung und kurze Zeit später dann auch die Beiarstua.



        Endlich! Also noch einmal für alle Leser, die selbst vorhaben sollten den Weg zu gehen: Nach dem Abstieg ins Beiardalen muss man an der Hauptstraße rechts abbiegen.

        Nun war es schon recht spät, doch der Tag noch lange nicht zu Ende. Ich vermutete bereits beim Blick auf die Karte, dass sich erst einmal kein geeigneter Zeltplatz finden lassen würde und ich sollte Recht behalten. Wieder mal ging es entlang der Tverråga stetig bergauf.



        Hier traf ich auch das erste Mal auf eine Fliege. Aber natürlich blieb es nicht bei einer. Sobald ich stehen blieb war ich von einer ganzen Wolke umgeben. Ich traute mich kaum anzuhalten, um mein Antimückenspray heraus zunehmen.



        Die Tverråga selbst empfand ich als wahnsinnig beeindruckend. Sie rauschte in mehreren Armen ziemlich laut und imposant den Berg herunter. Ich blieb einige Male stehen, um ihr zuzuschauen. Nachdem ich die Brücke über den Fluss passiert hatte, merkte ich mehr als deutlich den nun schon ziemlich langen Tag in den Knochen. Aber ein geeigneter Zeltplatz war immer noch nicht zu sehen. Wenn es gerade nicht zu steil war, war der Boden entweder zu sumpfig oder zu bewachsen. Das Pärchen aus der Gråtådalstua überholte mich und mit nicht wenig Neid beobachtete ich, wie beschwingt sie noch von Stein zu Stein hüpften (es mussten jede Menge Rinnsale überquert werden). Ich wiederum fühlte mich doppelt so alt wie ich tatsächlich war und benutzte meine Trekkingstöcke eher als Krücken.



        Auf der Karte waren entlang des Weges zwei „Holiday Cottages“ eingezeichnet. Im Wald gegenüber der zweiten Hütte entdeckte ich etwas versteckt einen geeigneten Stellplatz.



        Halleluja!! Ich konnte mein Glück ja kaum fassen. Am nächsten Morgen fand ich natürlich nur wenige Gehminuten von meinem Campspot entfernt eine Waldlichtung, die noch viel besser zum Zelten geeignet gewesen wäre. Egal, ich war glücklich. Als mein Zelt schließlich stand war es schon an die 11Uhr. Viel dunkler als auf dem letzten Foto wurde es glücklicherweise ja nicht.

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          #24
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          Zitat von JustMe79 Beitrag anzeigen
          Weiß nicht, ob dir das peinlich sein muss. Ich denke, das passiert selbst den erfahrensten Hasen, dass sie manchmal doch was übersehen, vergessen, nicht ausreichend bedenken oder Ähnliches - und auf einmal findet man sich in einer... sagen wir, suboptimalen Situation wieder.

          Solange man das rechtzeitig erkennt, cool bleibt und ab da wieder die richtigen rationalen Schlüsse zieht bzw. Entscheidungen trifft, ist alles gut. Du kannst übrigens ruhig weiterschreiben - irgendwann wird ja vermutlich das Wetter mal gut werden - und dann wird dort sicher alles gleich nochmal so spektakulär aussehen bei der Schneelage. Wäre jedenfalls interessant zu sehen...
          Vielen Dank für deine netten Worte. Ich hab's mittlerweile einfach mal unter Lernerfahrung verbucht. Mit dem krassen Sommer im Jahr davor hab ich ja jetzt schon mal zwei Wetterextreme durch
          Die folgenden zwei Tage hatte ich "schneefrei" und am letzten Tag wurde es dann nochmal richtig heftig. Durch den Schnee und Nebel sind die Fotos sehr überbelichtet worden musste ich feststellen.

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            #25
            AW: [NO] Juli 2015: Schneereiche Solotour im Saltfjellet-Svartisen-Nationalpark

            Zitat von JustMe79 Beitrag anzeigen
            Weiß nicht, ob dir das peinlich sein muss.
            Ich kann da jetzt auch nix entdecken, was Dir peinlich sein müsste. Du warst doch passend ausgerüstet und hast auch genug Erfahrung. Und bist auch nicht blindlings in eine gefährliche Situation gestolpert. Alles hundertprozentig vorausplanen kann man ja eh nicht.

            Zitat von EMG Beitrag anzeigen
            Also noch einmal für alle Leser, die selbst vorhaben sollten den Weg zu gehen: Nach dem Abstieg ins Beiardalen muss man an der Hauptstraße rechts abbiegen.
            Danke, das merk' ich mir

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