[IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

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  • blackteah
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    • 22.05.2010
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    • Meine Reisen

    #21
    AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

    Ich merke grad, dass ich zwar das Thema abboniert, aber noch gar nichts dazu geschrieben habe . Ein toller Bericht und supergute Fotos! Bin schon auf die Fortsetzung gespannt...

    Ich finde es wirklich sehr beeindruckend, wenn man so eine Tour (eigentlich jede Tour, aber hier besonders ) allein schafft.

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    • Hundewanderer
      Gerne im Forum
      • 17.09.2016
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      • Meine Reisen

      #22
      AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

      Toller Bericht, sehr schöne Bilder, danke und weiter so!

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      • 5-oclock-charlie

        Dauerbesucher
        • 23.11.2008
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        • Meine Reisen

        #23
        AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

        Super geschriebener und interessanter Bericht
        Das Leben ist kein Ponyhof!

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        • Dogmann
          Fuchs
          • 27.09.2015
          • 1022
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          #24
          AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

          Schöne Tour, zeitweise wirds aber ganz schön finster.
          Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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          • Styg
            Gerne im Forum
            • 01.05.2014
            • 86
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            • Meine Reisen

            #25
            AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

            Jetzt geht es weiter, ich hab's nicht vergessen - vielen Dank für die netten Kommentare!

            21.7. Álftadalur - Upptyppingar

            Gegen 9 Uhr wache ich einigermaßen ausgeschlafen auf. Ich stecke den Kopf aus dem Zelt. Draußen ist es neblig, mein Camp steckt in einer Wolke. Ein gutes Frühstück bringt mich in die Gänge, dazu gesellt sich die Aussicht, in etwa 8 Kilometern die Brücke über die Kreppa zu erreichen. Das Zelt wird leicht klamm im Rucksack verpackt, um 10 nach 10 bin ich dann wieder auf der Piste. In zwei Stunden sollte ich in nördlicher Richtung auf die F905 treffen.


            Los geht's über Stock und Stein, ich gewinne noch einige Höhenmeter.

            Die Nebellandschaften sind erhaben schön, ich laufe und fotografiere in Gedanken versunken. Die Ruhe in der Natur verstärkt die eindrückliche Stimmung noch zusätzlich. Die Feuchtigkeit auf Stein und Sand verstärkt die dunklen Erdfarben. Nebel verhüllt alles um mich herum. Stille Dramatik.


            Zwischenzeitlich wird es wieder einmal relativ duster.

            Über die Stimmung kann ich wenig schreiben, denn das erlebt jeder Wanderer für sich. Für mich waren der gestrige Abend und dieser Vormittag so eindrucksvoll, dass ich den Erinnerungen auch ein gutes Jahr danach immer wieder gerne nachgehe. Es ist absolut friedlich hier.


            Es geht bergab, gleichzeitig wird es heller.


            Wasser hätte es auch hier gegeben, ich bin aber noch versorgt.

            Meine Route führt mich weiter in nordwestliche Richtung immer näher an die Ufer von Kreppa und Jökulsá á Fjöllum. Beide Wasserläufe sind zu Fuß nicht furtbar, ohne Diskussion. Der Weg zur Askja führt daher über zwei Brücken. Die Route schlägt dann einen ziemlichen Haken, denn die Brücke über die Jökulsá liegt etwa einen halben Tagesmarsch südlich der Kreppa-Brücke, Luftlinie sind das 10km. Für mich geht es nun aber erst einmal bergab.


            Blick Richtung Süden vor dem Abstieg in's Tal.


            Kreppa und Jökulsá á Fjöllum fließen hier nebeneinander, ich muss dazwischen.

            Wasser sollte heute kein Problem sein. Aus meiner erhöhten Sicht erkenne ich viele kleine und große Pfützen auf den hier üblichen Gesteinsplatten. Eine weite Ebene öffnet sich vor mir, der Nebel geht mit sinkenden Höhenmetern zurück, sanfte Konturen zeichnen sich in den Wolken ab. Der Abstieg ist unproblematisch und nicht besonders steil.





            Die Vegetation kehrt zurück. Bald schon sehe ich die Brücke in der Ferne. Klein, unspektakulär und dennoch eine wichtige Koordinate. Unten angekommen, fülle ich ich einen guten Liter Wasser aus einer großen Frischwasserpfütze nach. Überall schwimmt Bims.




            Brücke über die Kreppa.


            Das silberne Band aus der Entfernung ist vor Ort ein unfurtbarer Fluß.

            Ich quere die Kreppa, schließe das Gatter der Brücke hinter mir und betrete die Krepputunga. Einige wenige Autos sind unterwegs. Hinter der Brücke gibt‘s ein geradezu dekadentes Klohäuschen.


            Klo hinter der Brücke, mit Papier!

            Direkt dahinter mache ich im Windschatten und Sichtschatten eines großen Felsens Mittagspause, denn da steht doch tatsächlich ein Wohnmobil aus Biberach unten auf der Piste. Vertrauter Dialekt weht in Fetzen zu mir. Jetzt gerade nicht, bitte.


            Mittagspause mit Wind- und Sichtschutz.

            Frisch gestärkt geht es dann weiter, der restliche Verlauf der Etappe ist topfeben und geht immer der Piste hinterher. Im Lauf des Tages kommen mir daher einige PKW entgegen, die meisten Fahrer oder Beifahrer winken.




            Die Natur findet immer einen Weg, auch hier, in vermeintlich trostloser Umgebung.

            Ich bin durchaus etwas erleichtert, „meine“ Mondlandschaft hinter mir gelassen zu haben und gehe während dem Laufen meinen Gedanken nach. So stört mich auch das Laufen auf der Sandpiste nicht, es ist hin und wieder ganz angenehm, einfach einem vorgegebenen Weg hinterher trotten zu können. Links und rechts des Weges gibt es jedoch auch hier mehr als genug zu sehen. Große Felsbrocken liegen wie Trutzburgen in schwarzem Sand, bizarre Gebilde, einsame Monolithen - langweilig wird es hier nicht.


            Die Weite ist toll anzusehen, auch das Wetter spielt mit.

            Gegen Nachmittag habe ich die Hälfte der Strecke bis zur nächsten Brücke hinter mich gebracht und mache in aller Ruhe eine Kaffeepause. Nach der Pause verlasse ich die Piste und gehe querfeldein, da ich einen großen v-förmigen Bogen der Piste nicht mitnehmen möchte. Was im Auto ein paar Minuten sind, füllt zu Fuß schnell eine Stunde. Die Sonne scheint nun hin und wieder durch größere Löcher in den Wolken. Meine Güte, ist das landschaftlich hübsch hier!





            Grünes Gras steht farblich im harten Kontrast zum dunklen Untergrund. Ich komme mit Schauen kaum hinterher und bleibe immer wieder stehen. Das wiederum ist keine gute Idee: Es geht kaum Wind, so habe ich das Moskitonetz stets griffbereit auf dem Kopf und ziehe es immer dann herunter, wenn ich wieder einmal durch eine Wolke der lästigen Plagegeister laufe.

            Dann habe ich die Brücke fast erreicht, ich bin noch einige hundert Meter südöstlich. Die Jökulsá gräbt hier einen scharfen Knick in den Fels, in der Kehre an einer hohen Steinwand ist das 1987 entstandene Kunstwerk „Upptyppingar“ zu sehen, ein Wandbild des Nibelungen-Stammbaums (mehr dazu unter https://www.reinoutvandenbergh.nl/mo...nvironment.htm).
            Hier mache ich Feierabend! Einen geeigneten Zeltplatz finde ich etwas erhöht in Flußnähe. Hinter einem schwarzen Sandhaufen habe ich eine tolle Sicht, gleichzeitig ist das Lager von der Straße aus nicht zu sehen.


            Traumhafte Lage mit bester Aussicht.

            Dann telefoniere ich mit der Heimat und versuche einigermaßen verzweifelt, die epische Aussicht zu erklären. Es ist erst kurz nach 19 Uhr. Ich bin mehr als zufrieden mit dem heutigen Tag, aber auch erschöpft. Ich ziehe mich ins Zelt zurück und lese noch etwas. Dann genieße ich bei offenem Zelt die langsam einsetzende Dämmerung, blauen Himmel inklusive.



            Wenn alles glatt läuft, erreiche ich morgen die Askja!
            Zuletzt geändert von Styg; 04.11.2017, 18:57.

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            • evernorth
              Fuchs
              • 22.08.2010
              • 1824
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              #26
              AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

              Prima - es geht weiter!
              My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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              • blackteah
                Dauerbesucher
                • 22.05.2010
                • 777
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                #27
                AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                Wunderbar! (bis auf die Moskitos *grusel*)

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                • evernorth
                  Fuchs
                  • 22.08.2010
                  • 1824
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                  Kommt noch das Finale?
                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                  • Styg
                    Gerne im Forum
                    • 01.05.2014
                    • 86
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                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                    Was lange währt geht endlich weiter. Danke für eure Geduld angesichts der ziemlich langen Unterbrechung!

                    22.7. Upptyppingar - Askja

                    Gegen 8 Uhr morgens wache ich auf. Die Nacht war mild und weitgehend windstill, den Schlafsack konnte ich als offene Decke nutzen. Die übliche Morgentoilette als auch das Frühstück gehen heute zügig von der Hand. Ich will auf die Piste, ich will zur Askja, meinem persönlichen Finale. Alles was danach kommt, wird Prolog sein. Kurz nach 9 ist es dann soweit. Meine Heringsbeschwerungssteine trage ich dorthin, wo ich sie geholt habe, dann verlasse ich mein Lager. Noch ist das Wetter trübe, aber das wird sich im Lauf des Tages ändern. Etwas Schatten schadet auf dieser doch sehr wüstigen Etappe sicher nicht, denke ich mir. Windstille macht das Moskitonetz obligat, ich klappe es ständig wie ein Visier nach oben und unten. Kaum lasse ich meinen etwas versteckten Zeltplatz hinter mir, stoße ich auch schon auf die F910 und quere die Jökulsá á Fjöllum über die unausweichlich zu benutzende Brücke.


                    Blick auf die Brücke über die Jökulsá á Fjöllum.


                    Hier wird definitiv nicht gefurtet.

                    Schon begegnen mir die ersten PKWs, viele sind nur durch Staubwolken in weiter Ferne zu erahnen. Die meisten Fahrer grüßen, ich winke zurück, auch wenn ich mit Moskitonetz wahrscheinlich einen sonderbaren Eindruck gemacht haben muss. Einige Gehminuten folge ich der Pisten, da ich erst hinter einem auf der Karte eingezeichneten Wasserlauf per Luftlinie abkürzen möchte, um eben gerade nicht auf der Piste laufen zu müssen. Durch die Staubfahnen der motorisierten Gefährte frisst man doch mehr Staub, als einem lieb ist.


                    Die ersten Kilometer folge ich der einfach zu laufenden Piste.


                    Immer wieder spielt die durchkommende Sonne mit der Landschaft.

                    Der eingezeichnete Wasserlauf ist nicht da, dafür läuft es sicher querfeldein ganz wunderbar: Topfeben, stabiler Untergrund, Steine, Sand, Bims; so kommt man gut voran! Ich habe einen guten Liter Wasser dabei und möchte bis zur Askja durchlaufen. Heute keine längere Pause! Immer wieder aber bleibe ich für Fotos stehe oder schwelge einfach nur in der Weite der Landschaft.


                    Bizarres Gestein überall abseits des Weges.

                    Die Etappe bietet an und für sich wenig Abwechslung, im Endeffekt durchquert man eine weite Ebene, aber die Szenerie ist trotzdem grandios. Wichtiger ist, wie so oft, die Zeit, die man an einem Ort oder in einem Ort verbringt. So komme ich auch heute in diesen Wander-Flow, den ich so liebe: Man läuft und folgt seinen Gedanken, bleibt an einzelnen länger hängen und betrachtet sie ausführlich aus allen Perspektiven - einfach, weil die Zeit dafür da ist. Über andere, scheinbar große und wichtige Themen springt man nur kurz hinweg, da sie bei Lichte betrachtet eben doch nicht so elementar sind, wie man vermutet hatte. Scheinprobleme. Egal, einfach weiterlaufen.



                    Die Sonne gewinnt zur Mittagszeit die Oberhand gegen die Wolken und ab diesem Moment wird mein sandiger, steiniger Untergrund mehr und mehr zur Bratpfanne. Das spornt zusätzlich an, mein zügiges Gehtempo zu halten Gut zwei Kilometer vor meinem Ziel ist dann trotzdem mein Wasser leer. Das war absehbar. Nicht tragisch, aber natürlich ist es unbequem, in den Durst zu laufen. Bald jedoch stoße ich wieder auf die Piste, zusammen mit Hütten und diversen parkenden Fahrzeugen in der Ferne kommt direkt vor mir auch ein Bach in Sicht. Das Wasser fließt direkt über die Straße. Ich fülle einen halben Liter in mich selbst und einen ganzen in die Wasserflasche.


                    Zurück auf der Piste kurz vor dem Hochlandlager, Herðubreið links und Snæfell rechts im Bild.




                    Hinter mir schmückt sich die Herðubreið mit einer großen Wolke und animiert Touristen in PKWs zu Fotostops. Dann laufe ich mit einem wirklichen Hochgefühl im spektakulär beleuchteten Hochlandlager Dreki respektive der Askja ein. Vor zehn Tagen habe ich noch in Höfn zum Tourstart aus eigener Alltagsverkrampftheit den Bus verpasst, mich dann wieder einmal mit den nassem Schuhwerk herumgeschlagen, kurz vor dem Snæfell wegen Knieproblemen dann fast aufgegeben. Jetzt aber bin ich hier und komme an. Im Nachgang betrachtet alles eher übliche Tourprobleme. Nicht wirklich akut oder gefährlich, aber im Moment des Ankommens fühlt man sich erleichtert, ist froh und auch ein bisschen stolz zugleich, es geschafft zu habe. Meine Güte, und schön ist es hier! Während ich das hier schreibe, erinnere mich mich sehr eindrücklich an diesen Moment. Island in all seinen Facetten rührt immer wieder eine Saite in mir an. Obwohl ich gute vier Flugstunden südlich dieser Vulkaninsel geboren bin und lebe, fühle ich mich hier seltsam aufgehoben und manchmal fast daheim.


                    Ankunft in der Askja.

                    Kurz darauf teilt mir ein junger Isländer in der Infohütte mit, dass die Hütten voll sind. Ich will sowieso zelten, entrichte meinen Obulus dann auch direkt für zwei Tage. Natürlich mit Dusche inklusive! Der Pausentag morgen ist sowieso gesetzt. Auf dem Zeltplatz stehen nur vereinzelte Zelte, ich entscheide mich für einen Platz mit Mäuerchen, windgeschützt. Herzlichen Dank meinen Vorgängern für den steinfreien Untergrund an dieser Stelle!
                    Nach dem Aufbau des Camps setze ich mich auf eine freie Bank mit bestem Ausblick auf den Snæfell, koche ein spätes Mittagessen und gebe mich dann ein bisschen der Erleichterung hin, dass doch alles gut gegangen ist. Die Tour bislang war wirklich großartig. Zwei Regentage auf zehn Wandertage.


                    Spätes Mittagessen mit großartiger Aussicht.

                    Dann kann ich es nicht lassen und rufe nach zwei Wochen wieder einmal E-Mails ab. Nichts, kein Vorfall in der eigenen Firma der irgendwelches Eingreifen erfordert hätte. Hervorragend! Das Telefonat mit der Heimat genieße ich dann sehr, kurz darauf überfliege ich online noch die Nachrichten der letzten Zeit. Türkei-Putschversuch, Russland-USA-Krise, Schießerei in München mit noch unbekanntem Ausgang. Das klingt alles gar nicht gut und in dem Moment bin ich - ohne dass mir diese Themen tatsächlich egal gewesen wären! - froh, weit weg zu sein. Nach einer gewissen Abstinenz kommen mit Nachrichten manchmal vor, wie eine Tüte Pommes nach einer Hochlandtour mit salzarmer Tütennahrung zu essen: Übertrieben, krass, überspitzt, zu "laut", man wird fast erschlagen vom Geschmack. Hier auf meiner Holzbank wird mir wieder einmal klar, wie absurd und hysterisch vieles von dem ist, was wir für normalen Alltag halten.

                    Der Zeltplatz füllt sich gegen Abend mit Autos und einigen Motorrädern. Es wird gegrillt und laut Musik gehört. Ich bemerke, wie sich in mir Widerstand gegen die gefühlt zu hohe Dosis Zivilisation regt. Man unterhält man sich über Reifengrößen, Getriebeprobleme und mitgenommene Treibstoffmengen. Offroad-Latein. Sehr gefreut habe ich mich aber über einen Bulli, der irgendwann in das Lager tuckerte. Heute bin ich der einzige Wanderer.


                    Windgeschützer Zeltplatz mit Privatmauer.


                    Duschhäuschen mit Müllproblem.


                    Bulli und Berg.



                    Das Wasser in der Dusche ist heiß, sehr heiß, tut aber unendlich gut. Trotz der muskulären Entspannung bemerke ich, dass ich doch etwas ausgelaugt bin. Der Pausentag morgen wird mir gut tun. Im Waschraum beschwert sich ein Deutscher lautstark über fehlendes Klopapier in einer Kabine, marschiert dann gen Infohäuschen um seine bestürzende Entdeckung wohl auch dort kund zu tun. Kann man so machen. Zur Dämmerung verliert sich das Licht erneut hinter aufkommenden Wolken, also verkrieche ich mich nach einem kurzen Rundgang durch das Lager ins Zelt, lese mich müde und kann dann trotzdem sehr lange nicht einschlafen.



                    Angekommen.
                    Zuletzt geändert von Styg; 19.04.2018, 17:12.

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                    • blackteah
                      Dauerbesucher
                      • 22.05.2010
                      • 777
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                      #30
                      AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                      Oh wie schön, endlich geht es weiter .

                      Bezüglich der Nachrichten geht es mir auch immer so. Manchmal hab ich dann ein bisschen das Gefühl, dass man für kurze Zeit gar nicht mehr Teil der Welt war, in der die andern derweil waren .

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                      • Styg
                        Gerne im Forum
                        • 01.05.2014
                        • 86
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #31
                        AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                        24.7. Askja - Dyngjufell

                        Auch in dieser Nacht schlafe ich lange nicht ein. Kurz vor 7 schäle ich darum eher lediglich erholt aus dem Schlafsack. Zuviel Gerede, Autos und Geklapper um mich herum. Die Küche bleibt zum Frühstück kalt, es gibt lediglich einen Oatsnack. Nach der Morgentoilettewechsle ich einige Worte mit dem nur brüchig englisch sprechenden Zeltnachbarn. Kurz darauf habe ich mein Lager aufgeschlagen und bin auf der Piste. Es gibt hier zwei Optionen: „Über“ die Askja, hinauf auf die Caldera zum Öskjuvatn, oder an ihrem Fuß entlang bis zum großen Touristenplarkplatz in etwa zwei Kilometern Entfernung. An diesem Parkplatz zweigt dann auch meine Route ab. Ich entscheide mich für „oben drüber“ und marschiere schon bald bei sich eintrübendem Wetter den schmalen Pfad Richtung Krater hinauf.


                        Blick vom Aufstieg Richtung Öskjuvatn zurück über das Askja-Lager

                        Oben laufe ich in einer Wolke. Die wüstige und lavaige Landschaft verschwindet nach knapp 50 Metern im Nebel. Die gelben Holzstöcke zur Routenmarkierung sind die einzigen Farbtupfer.



                        Der Weg windet sich dem Öksjuvatn entgegen - dieser See ist heute durch den Nebel mehr zu erahnen als tatsächlich zu sehen.



                        Immerhin wollen im Krater Viti zwei Besucher im türkisen Wasser schwimmen, so kann ich wenigstens hier meiner Pflicht zum Foto nachgehen.



                        Es riecht nach Schwefel, der Boden ist matschig und sehr rutschig. Nur dank meinen Stöcken komme ich einige rutschige Abhänge hoch. Einige Besucher kommen mir auf allen Vieren entgegen, mal mehr, mal weniger freiwillig. Kurz bleibe ich stehend und schaue noch einmal durch den Nebel Richtung Caldera und Wasser, dann laufe ich in Richtung Parkplatz. Jetzt regnet es richtig.

                        Am Klohäusschen auf dem Parkplatz mache ich eine kurze Pause und ziehe die Regensachen an. Dyngjufell liegt hinter einem etwa 1300m hohen Pass - es ist nicht zu erwarten, dass dort oben heute die Sonne scheint. Die Hütte ist mein heutiges Ziel.

                        Am Rande des Parkplatzes behauptet ein Schild „Dyngjufell 14km“ und zeigt - islandtypisch kommentarlos - in den Ring aus Lava der Caldera, kein Weg zu erkennen. Ich steige mühsam über große Brocken erkalteter Lava, die so aussieht, als sei sie gestern noch in Bewegung gewesen. Bereits auf den ersten Metern reiße ich mir ein keines Dreieck in meine Regenhose. Kann man so machen!

                        Nach mühsamen Minuten, ich bin vielleicht 200m weit gekommen, zeigt ein weiterer gelber Stock dann an, dass ich wohl richtig bin. Nachdem ich das Lavafeld irgendwann hinter mich gebracht habe, knickt der Weg links ab, es geht einfacher zu gehen an der Caldera entlang, rechterhand geht es steil nach oben. Hier liegt fast durchgehend Schnee, durch den Regen sulzig, durch das Tauwetter brüchig. Beides zusammen macht das Wandern mühsam. Die nächsten Kilometer geht das dann auch so weiter.

                        Stille Kilometer später erkenne ich aus der Ferne steil am Berg kleine gelbe Markierung, und tatsächlich macht der Weg einen erneuten Knick um geradeaus, steil hinauf über die Jónsskarð zu führen. Dieser tiefe Einschnitt in der Umrahmung der Caldera macht eine Querung möglich, kommt aber erst relativ spät in Sicht da man sich diesem von der Seite nähert. Dann geht es auch schon zapfig bergauf. Der schmierige Untergrund macht das Gehen bergauf sehr beschwerlich. Zusätzlich kehrt mein Knieproblem zurück: Was zwei Minuten vorher noch ein leichtes Ziehen war, wird zu einem stechenden Schmerz, der mich kurz scharf Luft holen lässt und dann zum Anhalten zwingt.

                        So stehe ich dann - grimmig aber entschlossen - einige lange Minuten an einem steilen Pass mitten im Regen und warte darauf, dass die eingeworfenen Schmerzmittel ihre Wirkung entfalten. Langsam gehen mir jedoch meine Medikamente aus. Während ich so in der Nässe stehe, rechne ich mir aus, dass mein Bestand noch reichen müssten, wenn auch knapp. Verschneite Pässe und blockiges Geländen sollten nach dieser Etappe Geschichte sein sollten, danach wird es deutlich flacher.

                        Schließlich komme ich oben an, auch wenn ich durch den vielen Nebel und beständigen Regen die Überquerung des höchsten Punktes nur kurz durch einen Blick auf das GPS registriere. Navigation auf Sicht geht hier nicht mehr, auch die Markierungspfosten verlieren sich immer wieder. Die gute Nachricht ist aber, dass ich oben auf der Ebene dann wieder vollständig schmerzfrei laufen kann. Aus dem Schnee schaut außerdem zunehmend mehr Geröll heraus, es geht sanft bergab. Die mühsam erkämpften Höhenmeter gebe ich nun Meter für Meter wieder her, als Entschädigung verschwindet der Schnee und auch etwas Bewuchs zeigt sich mit der Zeit.

                        Schließlich wird auch die Sicht besser, der Regen geht in einen sanften Niesel über und hört dann bald ganz auf. Vor mir öffnet sich eine weite Landschaft. Fotos gibt es von der Etappe ab dem Askja-Parkplatz bis hier nicht, die Kamera war wasserdicht im Rucksack verpackt. Hier aber packe ich sie wieder aus, denn landschaftlich ist das Dyngjufjalladalur karg, weit, verlassen - und wunderschön! Wasser hat tiefe Furchen in die Landschaft eingeschnitten, mich erinnert das fast ein bisschen an den Wilden Western.


                        Weit und offen, über zwei Stufen und weite Ebenen ins Tal hinab

                        In zwei steilen Stufen, jeweils durch sehr flache Ebenen getrennt, geht es nun hinab ins Tal. Auf der ersten Ebene stapfe ich einfach über einen weit verästelten Wasserlauf, anstatt zu furten. Egal, meine Füße sind seit dem Pakplatz sowieso wieder einmal naß. Membranlösungen haben sich hier und heute für mich einfach erledigt.


                        „The Philosopher's Stone“, angelehnt an Song und Artwork einer amerikanischen Band, tatsächlich jedoch Lockstindur bzw. Lokatindur


                        Aussicht Richtung Hütte, diese ist auf dem Foto sogar schon erkennbar



                        Nach dem Abstieg über die zweite relativ steile Stufe komm auch schon die Hütte in Sicht, an einem Wasserlauf im Tal gelegen, wie üblich gut versteckt. Das letzte kurze Stückchen folge ich einer frischen Jeepspur. Ab hier ist der Weg topfgerade, das wird auch morgen der Fall sein. Da es bereits später am Nachmittag ist, ist der Wasserpegel des Flusses entsprechend hoch, ich mogle mich in einiger Entfernung zur Hütte über ein paar Steine um wenigstens trockene Hosen unter den Regensachen zu behalten.


                        Die Hütte Dyngjufell

                        Die Hütte selbst ist voll belegt, eine isländische Reisegruppe ist vor Ort. Ich unterhalte mich nett mit dem isländischen Reiseführer, er spricht sehr gut Deutsch. Sehr diplomatisch teilt er mir mit dass die Hütte belegt sei und das auch auf der morgigen Etappe so wäre. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Hüttenübernachtung für diese Tour etwa auf Null. Macht aber überhaupt nichts, ich suche mir ganz einfach hinter der Hütte ein lauschiges Plätzchen.


                        Camp mit fließend Wasser direkt hinter der Hütte Dyngjufell

                        Über den kleinen Footprint meines Zeltes bin ich auch hier wieder froh. Ich richte mich häuslich ein und lege meine Siebensachen zum Trocknen in den sanften Wind. Dann gibt es Essen, und zwar gleich zwei Mal. Durch die zwangsläufig entfallene Mittagspause habe ich einen Bärenhunger und da sich das Tourende langsam aber sicher abzeichnet, kann ich "Ballast abwerfen".


                        Angekommen, Feierabend!

                        Die 25km bis hierher waren in der Tat anstrengend, die Etappe ist vergleichsweise rau. Noch drei Wandertage trennen mich nun von meinem finalen Ziel: Mývatn. Obwohl die Tour natürlich noch nicht vorbei ist, kommt an diesem Abend bereits ein Hauch von Wehmut auf.

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                        • Dieter

                          Dauerbesucher
                          • 26.05.2002
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                          #32
                          AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                          Hallo Styg,

                          ich lese begeistert mit und freue mich auch über die tollen Fotos. So viele Plätze, Eindrücke und Gedanken die ich kenne. Es ist jetzt 20 Jahre her, dass ich diese Route gegangen bin und man kann immer noch das Gleiche erleben. Die Jónsskarð ist im Nebel immer noch gleich ungemütlich und steil. Siehe: http://www.isafold.de/lonsoraefi98/tag_15.htm

                          Da beklagen sich viele, dass Island soooo überlaufen ist. Klar, wenn man sich auf die Highlights im Südwesten und auf den Laugavegur beschränkt, trifft das zu - aber das ist ja nur ein klitzekleiner Teil von Island.

                          Vielen Dank für Deinen Bericht!

                          Dieter

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                          • Sternenstaub
                            Alter Hase
                            • 14.03.2012
                            • 3313
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                            #33
                            AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                            wie schön, dass dieser Bericht endlich weiter geschrieben wurde. U.a. durch ihn verstehe ich die Faszination, die Island auf manche Menschen ausübt und zwar abseits des oft wichtigen "must have done", dem offensichtlich etliche Menschen hinterher jagen.


                            Besonders klasse fand ich das Motiv von dem orangefarbenen Bulli vor der Kulisse...
                            Two roads diverged in a wood, and I—
                            I took the one less traveled by,
                            And that has made all the difference (Robert Frost)

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                            • evernorth
                              Fuchs
                              • 22.08.2010
                              • 1824
                              • Privat

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                              #34
                              AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                              Moin Styg,

                              ich bin auch sehr begeistert, daß du jetzt auch ( endlich! ) weiterschreibst. Große Berichte verlangen
                              nach einem würdigen Ende.
                              My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                              • Styg
                                Gerne im Forum
                                • 01.05.2014
                                • 86
                                • Privat

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                                #35
                                AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                                Hallo und vielen lieben Dank für eure Rückmeldungen!

                                Es sind die Orte und Eindrücke abseits der vielbesuchten Touristengegenden, die auf Island ihren Reiz auf mich ausüben. Dort muss man Weite und Abgeschiedenheit nicht suchen, man läuft einfach durch sie hindurch. Nun kenne ich nur die Zeitspanne zwischen 2012 und 2017, aber selbst in diesen sechs Jahren haben sich viele Orte, vor allem entlang der Ringstraße, hin zu einem Vielfachen an Besuchern verändert. Es steht mir nun nicht zu, den isländischen Tourismus zu bewerten, aber vermutlich wäre ein Ende des Hypes mit einer anschließenden Gesundschrumpfung der Besucherzahlen - und vielleicht auch etwas langsamerem Tourismus - auf lange Sicht nachhaltiger.

                                @Dieter: Dein Tourbericht aus 1998 ist in diese Tourplanung mit eingeflossen. Möglicherweise, ähem, auch die eine oder andere Beschreibung des durchlaufenen Geländes. Für meine vorherigen Touren gilt das ebenfalls, daher an dieser Stellen einmal herzlichen Dank für isafold.de!

                                Der Bulli in des Askja war herrlich! Um mich herum spricht man über Achsübersetzungen, Bodenfreiheit und Dämpferabstimmungen, dann knattert dieser Oldie völlig unprätentiös auf den Campground.


                                25.7 Dyngjufell - Botni

                                Beim Dösen am Vorabend muss ich eingeschlafen sein, denn als ich aufwache, ist es „Nacht“ draußen - also wird gleich weitergeschlafen! Kurz vor 7 wache ich auf und drehe mich nochmal um, heute ist keine Eile geboten, und so stehe ich erst um 9 Uhr auf. Zum Start in den Tag gibt es dann ein ausgedehntes Frühstück mit Kaffee, Müsli und Oatsnack. Umsonst möchte man die Fresspakete ja auch nicht durch die Landschaft getragen haben. Die Gruppe in der Hütte verbrennt diverse Überreste hinter der Hütte, es raucht und riecht. Dann macht sich das gute Dutzend vor mir auf den Weg nach Botni. Frisch gestärkt und definitiv ausgeschlafen schlage ich mein Lager ab und mache ich mich kurz darauf ebenfalls auf die Socken.

                                Das Himmel ist bedeckt, Niederschlag geht zu meiner Zufriedenheit heute aber nur in einiger Entfernung nieder. Meine Schuhe sind über die Nacht nicht vollständig getrocknet sodass ich mit zumindest klammen Füßen loslaufe. Nur wenige Minuten nach Abmarsch kommen mir drei jüngere Wanderer entgegen. Sie sind heute früh an der Hütte Botni los und wollen noch in die Askja. Sportlich! „Have fun“ grüße ich, dann gehen wir unserer Wege.


                                Blick zurück zur Hütte Dyngjufell


                                Blick nach vorne: Sellandafjall links, Bláfjall rechts, dazwischen liegt Mývatn

                                Die heutige Etappe zur Hütte Botni folgt einer Piste und führt nach den ersten Kilometern aus dem engen Dyngjufjalladalur heraus, das ich gestern noch über die Askja-Caldera kommend betreten habe. Der weitere Verlauf der Strecke führt durch sehr weitläufiges Gelände. Man beginnt auf der Piste mit nur wenigen Steinen und sehr viel Sand und Kies, dieses Verhältnis dreht sich im Lauf der Etappe dann um. Nun könnte man sicherlich behaupten, dass es hier wüstig, öde und leer sei, dennoch habe ich die Etappe als ansprechend in Erinnerung. Das liegt sicherlich auch daran, dass sie vergleichsweise einfach zu gehen ist und keinerlei Tücken oder Engstellen seitens des Geländes zu erwarten sind. So kann der Kopf frei irgendwelchen Gedanken nachgehen, während die Füße der Piste folgen. Bei fiesem Wind und heftigem Regen könnte es hier, so ganz ohne Schutz, dennoch sicherlich sehr unangenehm werden.


                                Mittagspause mit Windschutz und Sitzgelegenheit

                                Durch einige Windungen in der Piste kommt die Etappe auf etwa 20 Kilometer. Aus diesem Grund habe ich es heute überhaupt nicht eilig und so mache ich schon nach sieben Kilometern um kurz nach 12 Uhr Mittagspause. In der Regel laufe ich nach dem Mittagessen irgendwie „besser“, das ist auch heute wieder so. Nach dem Boxenstopp kommt gegen Nachmittag dann auch kurz die Sonne durch, zumindest aber verziehen sich die tiefhängenden, düsteren Wolken des Vormittags. In der Ferne kommt Myvátn in Sicht, zumindest in den Vergrößerungen der Kamerabilder kann ich mein finales Tourziel bereits erkennen.


                                Der Sellandafjall kommt immer größer in Sicht, an dem Hügel geht es morgen rechts oder links vorbei


                                Wie üblich gibt's links und rechts des Weges mehr als genug zu sehen


                                Im Tagesverlauf weicht Sand und Schotter zunehmend Lava und auch etwas Grün

                                Die letzten acht Kilometer führt der Weg dann verschlungen über geborstene, flache Lavafelder. Kurz vor der Hütte Botni regnet es dann noch, der kurze Schütter ist jedoch das Auspacken der Regenklamotten nicht wert. Um die Hütte herum befindet sich viel Wasser im Gelände. Die durch Steinmäuerchen erkenntlichen „üblichen“ Zeltplätze kann ich wegen Überschwemmung nicht nutzen, ich baue in direkter Nachbarschaft zur Hütte auf. Kurz danach kommt dann auch die Gruppe an - huch, wo habe ich die denn heute überholt?


                                Die Hütte kommt in Sicht, Wassermangel herrscht hier und heute keiner


                                Klohäuschen hinter der Hütte Botni

                                Ich baue das Zelt auf und werde beobachtet: Die Nutzung der Trekkingstöcke als Zeltgestände sorgt für große Verwunderung bei einzelnen Gruppenmitgliedern. Dann fachsimple ich kurz auf Englisch mit einem Isländer über meine Kamera. Nachdem ich eingerichtet bin, gibt es erst einmal Abendessen. Die Wolkendecke reißt auf, Zeichnung kommt in den Himmel. Na also, geht doch!

                                Zeit für eine Bestandsaufnahme: Meine Klamotten sind größtenteils trocken, auch das zweite Paar Socken und sogar das T-Shirt für den Heimflug. Die Essensvorräte schrumpfen wie geplant, mir wird aber auch nichts ausgehen. Dann laufe ich mit dem Smartphone auf eine kleine Erhebung und rufe bei allerbester Gesprächsqualität in der Heimat an. Daheim kann ich nicht unterbrechungsfrei vom Nachbarort nach Hause fahren, hier stehe ich gottverlassen in der Pampe und haben vollen Empfang. Aber so sei es. Daheim ist alles in Ordnung. Aus minimalem Eigeninteresse melde ich mich für den Samstag nach dem Heimflug zum Essen bei meinen Eltern an. Langsam kann ich die Asia-Nudeln abends nicht mehr sehen, auch wenn man's sich selbst so ausgesucht hat.


                                Camp direkt an der Hütte

                                Abends im Zelt peile ich dann mit dem GPS noch die Etappenlängen zweier Streckenoptionen ab. Links oder rechts am Sellandafjall vorbei? Ich entscheide mich für die zweite Option. Etwa 25km werde ich somit an beiden Tagen gehen müssen. In einfachem Gelände weniger ein Problem, denn auch mein Rucksack ist mittlerweile federleicht geworden. Wasser könnte jedoch ein Problem werden, also werde ich einen Vorrat auf die Etappe mitnehmen. Was macht das Knie? Nun, heute bin ich mit einer Schmerztablette ausgekommen, eher prophylaktisch eingenommen. Fünf habe ich noch. Hm, müsste sich ausgehen, damit sollte ich weitgehend schmerzfrei zum Mývatn kommen. Mit großen Steigungen oder Restschnee ist nicht mehr zu rechnen.

                                Während ich nach der Routenplanung meinen Aufschrieb notiere, wird in der Hütte abgewaschen. Dann wendet man sich, der Geräuschkulisse nach zu urteilen, dem gemütlichen Teil des Abends zu. Mich würde interessieren, was es zu Essen gab: Ausnahmslos jede Person furzt barbarisch, sobald die Hütte Richtung Klohäuschen verlassen wird.


                                Abendessen an der Hütte Botni in stimmungsvollem Licht

                                Auch heute schlafe ich nicht besonders gut ein, was für mich eher untypisch ist. Vermutlich liegt es daran, dass dieses Abenteuer in zwei Tagen vorbei sein wird.
                                Zuletzt geändert von Styg; 09.06.2018, 17:19.

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                                • Styg
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                                  • 01.05.2014
                                  • 86
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                                  #36
                                  AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn


                                  26.7. Botni - Blávhemmur


                                  6:30 Uhr, irgendwo auf Island. Es regnet. Ich drehe mich um. 9:00 Uhr, Botni, es regnet, ich drehe mich erneut um, bin jedoch zu wach. Ein Blick nach draußen offenbart tief hängende Wolken, immer wieder nieselt es. Heute wird es fast den ganzen Tag über windig und regnerisch bleiben. Diese Vermutung bestätigt mir auch der Deutsch sprechende, isländische Gruppenleiter, der sich kurz zu meinem Zelt gesellt. Wir wechseln ein paar Sätze. Die Gruppe läuft heute ihre letzte Etappe und wird irgendwo mit Autos abgeholt. Nachts soll es außerdem nur 7°C gehabt haben. Während die Gruppenmitglieder bereits das Frühstücksgeschirr spülen, verleibe ich mir eine stattliche Portion Müsli ein, Kaffee inklusive. Ein Teilnehmer bietet mir Reste vom Frühstück an, als ich von meiner morgendlichen Klohäusschen-Sitzung zum Zelt zurückkehre, ich lehne dankend ab. Im Nachgang betrachtet wäre so ein belegtes Brötchen aber ziemlich sicher die Wucht in Tüten gewesen.

                                  Ein weiterer Teilnehmer frägt nach dem Woher und Wohin, ich lege ihm meine bisherige Tour dar und auch die Probleme, die mein Knie mir dabei gemacht hat. Kurz darauf kommt ein weiterer Wanderer aus der Gruppe zu mir und bietet mir aus einer monumentalen Familienpackung Ibuprofen lachend eine handvoll Tabletten an. Ich nehme dankend an, so habe ich einige zusätzliche Schmerztabletten für den Fall der Fälle. Für den Kopf war das in der Situation wichtig: Es gibt kaum etwas Schlimmeres, als bewegungsunfähig in der Pampa zu stehen. Kleine Bewegungsradien können schnell gefährlich werden und die Angst davor ist bekanntlich auch kein guter Berater.

                                  Trotz meines späten Aufstehens komme ich noch vor der Gruppe auf die Piste. Nach den ersten Metern winke ich aus dem Gehen heraus noch einmal mit beiden Stöcken zurück. Die Piste verlasse ich dann bereits nach wenigen Metern: Meine heutige Route folgt weitgehend der Luftlinie, ich laufe Richtung Nordnordost und werde den Sellandafjall dabei östlich passieren. Von diesem Peilberg ist aufgrund tief hängender Wolken und dem damit einhergehenden Nebel im Tagesverlauf jedoch wenig zu sehen. Aber die Richtung ist klar, ebene Lavafelder lassen mich zügig vorankommen. Auch die Gehmoral ist heute ziemlich gut. Letzteres ist wichtig, denn der durchwegs von vorne kommende Wind und der immer wieder in leichten Regen übergehende Niesel bleiben beständig an meiner Seite. Bei mäßiger Moral kann das Wandern dann auch zur Qual werden. Nach einigen Kilometern enden Lava und Gestein, ich laufe über nasses Gras. Nasse Schuhe, nasse Füße. Lassen wir das Thema.


                                  Nach steinigem Untergrund geht es auf weitläufigem Grasland weiter


                                  Schafe, skeptischer Natur

                                  Meine Wasserflasche fällt herunter. Die ehemalige Spiritusliterflasche hat in Snæfell mit der Halbliter-Wasserflasche die Funktionen getauscht. Nun handelt sie sich einen kleinen Riss ein. Bei Druck auf die Flasche tröpfelt Trinkwasser auf den Boden. Ich bemerke das zu dem Zeitpunkt jedoch nicht. Etwa 1,5 Liter Wasser habe ich in einer Wasserblase zur Sicherheit mitgenommen, immerhin geht es heute durch weitgehend wasserloses Gelände.

                                  Da ich recht spät losgekommen bin, mache ich nach 15 Kilometern und um 15:30 Uhr recht spät Mittagspause. Ein großer Fels an der Südostseite des Sellandafjall gibt mir die notwendige Rückendeckung vor Wind und Wasser. Ich entdecke das Loch in meiner Wasserflasche, für das Mittagessen reicht es aber noch gut. Noch habe ich keinen Wassermangel, aber ich sollte wohl etwas sparsam sein. Die Landschaft wird zunehmend steiniger, der Untergrund schotterig.


                                  Mittagspause am Fuße des Sellandafjall im Wind- und Regenschatten eines Felsen


                                  Kurz klart die Sicht auf den Sellandafjall auf, den "Peilberg" dieser Etappe

                                  Nach der Pause geht es bald stetig bergab Richtung Mývatn. Am Horizont zeigt sich etwas Licht. Ich komme außerordentlich gut voran, der Untergrund ist sehr einfach zu gehen. Kein Wunder, es gibt hier keine Hindernisse, die umlaufen werden müssten. Den kleinen Hügel Gyðuhnúkur lasse ich rechts liegen, leider ohne Foto. Die im GPS eingezeichnete Piste ist auch da, Offroad-Spuren neueren Ursprungs ebenso und gerne auch kreuz und quer.


                                  Sicht über Bláfjallshellur, der Hügel müsste Villingafjall sein, Mývatn liegt links davon

                                  Unten in der Ebene angekommen, betrete ich die Bláfjallshellur, eine Wüste. Schwarzer Sand ist mit grauen Gesteinsbrocken durchsetzt, grüngelbes Gras setzt Kontraste. Auch hier stoße ich wieder auf eine Piste, ich folge ihr, sie wird mich Richtung Bláhvammur führen, meinem heutigen Tagesziel. Durch den beständigen Regen haben sich in dem Lavafeld größere und kleinere Tümpel gebildet. Das Abendessen ist somit gesichert - ich fülle meine Wasservorräte auf und bunkere 3 Liter Wasser. Auch für die Abschlussetappe morgen rechne ich nicht unbedingt mit Wasser.


                                  Eine Piste führt am Rande des Bláfjallshellur entlang


                                  Eine Jeepspur kreuzt meine Fußspuren im nebligen Nirgendwo

                                  Im weiteren Verlauf verlasse ich die Piste. Das Lavagestein geht in ebene Sand- bzw. Kiesflächen über. Einsam ist es hier, aber auch eindrucksvoll und in einer schwer zu beschreibenden Art und Weise majestätisch. Kaum vorstellbar, dass hier ganz in der Nähe ein Tal mit üppigem Bewuchs befinden soll. Mit der Kamera fotografiere ich in Richtung Tagesziel, und tatsächlich: Grüne Pixel zeigen sich in der Vergrößerung. Einige Zeit später sehe ich Bláhvammur dann auch mit eigenen Augen, bald darauf erreiche ich mein Ziel.


                                  Bláhvammur im Nebel

                                  Die Tagesetappe endet an einem der schönsten Campspots, das ich jemals hatte. Üppige Vegation wuchert im Schutz eines Berghangs, trennscharf zur Wüste, die hinter mir liegt. Der aprupte Übergang ist regelrecht surreal. Bäume auf Island, daneben eine Steinwüste in Wurfweite. Mich erinnert das stark an die Oase Hagavatn, die man von der 35 aus auf dem Kjalvegur nach einem Tagesmarsch ganz ähnlich und unverhofft erreicht. Dennoch würde ich im Nachgang betrachtet heute die andere Routenoption wählen, linkerhand am Sellandafjall vorbei nehmen, um dieses kleine Naturschutzgebiet in Ruhe zu lassen.


                                  Camp in Bláhvammur

                                  Ich schlage mein Zelt am äußeren Rand auf einer ebenen Fläche fast ohne Bewuchs auf. Wasser gäbe es auch hier nur in Form von vereinzeltem Restschnee. Dann gibt es nach über 30 Kilometern endlich Abendessen, das habe ich mir mehr als verdient. Noch heute morgen hatte ich damit gerechnet, in der Wüste zu campieren.

                                  Das Trollweib Kráka soll einer Volkssage nach hier in den Berghängen hausen. Auf einen nächtlichen Besuch hat sie jedoch verzichtet, wofür ich sehr dankbar bin.



                                  27.7 Bláhvammur - Reykjahlíð


                                  Um 4 Uhr morgens wache ich auf, es regnet. Ich drehe mich um und wache erst um kurz vor 10 erneut auf. Es ist trübe und regnet außerdem. Früh loszukommen ist nun ebenfalls keine Option mehr. Etwas antriebslos bereite ich das Frühstück zu. Es ist einfach nicht sehr verlockend, im Regen aufzubrechen, mit nassen Schuhen und mittlerweile auch etwas mitgenommenen Füßen. Nachdem ich eine große Portion Müsli verdrückt habe, sieht die Welt jedoch schon ganz anders aus. Beim Kaffeekochen reiße ich dann erst eine kleine Triangel in das Innenmesh meines Zeltes und bringe anschließend noch den heißen Kocher in Kontakt mit der Außenhaut, was mir drei recht stattliche Löcher in die Außenwand des Zeltes schmort. Prima! Kann man so machen! Immerhin habe ich mich nicht mitsamt Zelt abgefackelt. Das werde ich daheim reparieren müssen, wenigstens sind die Löcher ziemlich weit unten. Eine Nacht wird das ohne allzu starken Regenschlag jetzt noch halten müssen.


                                  Trübes Wetter zum Start der finalen Touretappe

                                  Laut GPS sind es etwa noch 17,5 Kilometer bis Reykjahlíð. Dieser Ort am Nordufer des Mývatn ist das finale Ziel meiner Tour. Rekordverdächtig spät laufe ich los, es ist bereits fast Mittag. Das Wetter bleibt eher trübe, aber es regnet nicht mehr. Die ersten Kilometer laufe ich noch an der grünen Oase entlang.


                                  Kleine Wäldchen in direkter Nachbarschaft zur Wüste


                                  Ich verlasse das Naturschutzgebiet Seljahjallagil


                                  Weiter geht's auf einer mitunter stark mitgenommenen Piste

                                  Dann treffe ich auf eine häufiger befahrene Piste, die durch Erosion teilweise stark ausgewaschen ist. Diese Straße führt mich in das Flataskógarrönd hinauf, eine längliche Ebene mit fast durchgehend grünem Bewuchs und damit einhergehend einer entsprechend stattlichen Anzahl Schafe. Linkerhand durch Hügel eingefasst habe ich keinen Blick mehr auf den östlich liegenden Mývatn. Ich trotte so vor mich hin und hänge meinen Gedanken nach. Die Tourenden-Wehmut kommt auf. Irgendwann steht dann am Wegesrand ein Saga.is-Bus, Insassen sind nicht zu sehen. Vielleicht sind sie auf der Suche nach Kráka.

                                  Bei allem Grün hier ist dennoch auffällig, dass die Etappe furztrocken ist: An Wasserläufen bin ich bislang nicht vorbeigekommen. Einige kleine, brackige Pfützen sind Überbleibsel vergangener Niederschläge. Von meinen drei Litern Wasser ist noch ein halber übrig. Meine Mittagspause - besser, Nachmittagspause - möchte ich erst machen, wenn ich Zugang zu Wasser habe. Und ich weiß auch schon, wo das sein wird.

                                  Die Piste knickt nach Nordosten ab, ich laufe den sanft abfallenden Hang Nökkvarbrekka hinab und die Landschaft liegt wieder offen vor mir. Links von mir liegt das völlig überlaufene, von mir aber trotzdem immer wieder gern besuchte Dimmuborgir. Zwei Mal schon stand ich schon dort und habe mich gefragt, wie es wohl dahinter weiter geht. Jetzt weiß ich es, denn aus dem Dahinter komme ich diesmal her.


                                  Blick auf Dimmuborgir und Mývatn, Vindbelgjarfjall im Hintergrund

                                  Rechterhand des Weges kommen erste Touristen in Form von kleinen Punkten auf dem Rand des Tuffkraters Hverfjall in Sicht. Ich erkenne auch den steil und quer zum Hang hinauflaufenden Pfad nach oben, gepunktet markiert durch die bunte Kleidung zahlreicher Besuchern. Hier und heute werde ich den Hverfjall links liegen lassen.


                                  Kleine Menschen auf großem Krater

                                  Ein Pärchen kommt mir entgegen und frägt, wie weit es noch nach Dimmuborgir sei. Vielleicht zwei Kilometer noch, einige hundert Meter gerade aus, dann rechts ab, auf Wiedersehen. Die Zivilisation hat mich wieder. An der Ostseite des Hverfjall gelegen ist ein kleiner Tümpel, meine finale Wasserquelle und auch mein angepeilter Pausenplatz. Die letzten Minuten bis dorthin habe ich noch etwas Zeit, mich an die zunehmende Anzahl an Menschen zu gewöhnen.

                                  Dann bereite ich meine letzte klassische Mittagspause für diese Tour zu: Zur Feier des Tages gibt es die allerletzte Portion Jägertopf! Wie immer ganz hervorragend, außerdem speziell für diesen Anlassen aufgehoben. Die erste Portion gab es vor etwa zwei Wochen bei Höfn auf der ersten Etappe, nur wenige Meter neben der Ringstraße. Während dem Essen schaue ich zu, wie Mietwagen um Mietwagen am gegenüberliegenden Ufer an immer derselben Stelle hässlich knirschend auf der Buckelpiste ihre Unterböden demolieren.


                                  Mittagessen mit Frischwasserzufuhr


                                  Rastplatz mit Hlíðarfjall im Hintergrund


                                  Baustelle beim Hverfjall 2016

                                  Nach der Pause laufe ich am damals noch nicht fertiggebauten Touristenzentrum vorbei. Direkt dahinter geht es über kleine Pfade und üppige Vegetation Richtung Reykjahlíð. Irgendwie bin ich froh, diesen Hintereingang laufen zu können anstatt direkt über die Teerstraße in den Ort zu gelangen.


                                  Schmale Pfade nach Reykjahlíð



                                  Die engen Pfade durch hohen Bewuchs geben mir noch etwas Zeit, um geistig Abschied zu nehmen. Dann kreuze ich die 860, die an der Grjótagjá vorbeiführt. Besucher steigen in die Höhle hinab, um den kleinen See darin zu begutachten. Ich lasse die Sehenswürdigkeit links liegen. Das Fremdeln nach dem Herauslaufen aus der isländischen Weitläufigkeit kenne ich mittlerweile. Es braucht einfach etwas Zeit, bis man sich wieder an Menschen gewöhnt hat. Ein Pärchen begegnet mich auf dem schmalen Pfad und frägt mich nach dem Weg. Minuten später laufe über eine Wiese auf die Ortschaft Reykjahlíð zu.


                                  Die letzten Meter auf schmalen Pfaden vor der Ringstraße

                                  Dann, nach guten 300 Kilometern zu Fuß, stehe ich wieder auf der Ringstraße. Die 1 habe ich vor zwei Wochen bei Stafafell verlassen um erst Richtung Snæfell, dann zur Askja und schließlich nach Mývatn zu laufen. Das kaputte Knie und die häufig nassen Füße liegen nun hinter mir. Ich bin endgültig am Ziel angekommen. Geschafft!


                                  Der Kreis schließt sich - nach 300km stehe ich wieder auf der Ringstraße


                                  Eingang zum Campingplatz Bjarg in Reykjahlíð, Vindbelgjarfjall im Hintergrund

                                  Kurz darauf stehe ich an der Rezeption des Zeltplatzes, dann stelle ich auch schon mein Zelt nahe am Seeufer auf und räume es ein. Anruf in der Heimat, Bericht über das Tourende. Da mir auch heute die Füße zunehmend weiter wundgelaufen habe, bin ich, rein von der „Abnutzung“ her betrachtet um das Tourende froh. Ich fühle Erleichterung, morgen nicht mehr laufen zu müssen. Ein anderer Teil in verspürt eine gewisse Melancholie, dass es jetzt das erst einmal war mit dem Naturerlebnis.


                                  Der letzte Campingplatz der Tour

                                  Ich gehe einkaufen im nahegelegenen Supermarkt: Brot, Cola, Salami, Folie für den Rucksack, Käse, Light Beer. Um die Vorfreude zu steigern, mache ich vor dem Essen noch meine Wäsche. Unfassbar, was da für ein Dreck rauskommt. Dann gibt es endlich wieder einmal etwas anderes als Tournahrung: Unfassbar lecker! Nachdem ich mir den Magen vollgeschlagen habe, gehe ich sanft überfressen und ziemlich angetrunken duschen. Was ein einzelnes Light Beer alles anrichten kann!

                                  Die letzte Dusche hatte ich in der Askja, entsprechend froh bin um eine ausgiebige Grundreinigung. Dann rasiere ich mich. Der Kerl im Spiegel ist irgendwie dünner geworden, kann das sein? Zurück im Zelt schreibe ich dann am Aufschrieb zu diesem Tourbericht weiter. An viele Augenblicke und Situationen werde ich mich lange erinnern, von vielen Erinnerungen lange zehren. Meine erste Solotour war, auch jetzt im Nachgang nach fast zwei Jahren, genau das richtige für mich und ein sehr eindrückliches Abenteuer. Trotzdem erinnere ich mich auch daran, dass ich die kleine Feier zum Tourende alleine im Zelt verbracht habe. Ich stoße mit mir selbst an, der Moment vergeht schweigend, kein Glück und keine Freude werden geteilt.

                                  Dann stelle ich mir den Wecker auf 6:30 Uhr. Morgen früh um 8 fährt der Sprengisandur-Bus Richtung Reykjavík. Ein empfehlenswerter Erlebnis, somit war nun auch in Nýidalur, wenn auch nur sehr kurz.


                                  Sprengisandur-Impressionen zum Abschied


                                  Zwei Tage später spuckt mich ein Flugzeug in Frankfurt am Main aus.



                                  Epliog

                                  Draußen auf der Terrasse sitzend berichte ich meinen Eltern von meinen Erlebnisse auf Tour. Da sich Eindrücke nur schwer verpflanzen lassen, wird noch an diesem Tag eine gemeinsame Island-Rundreise mit dem Auto beschlossen. Die Reiseleitung traue ich mir zu, außerdem bedeutet „irgendwann“ viel zu häufig „niemals“. Gesagt, getan, dann gebucht und geplant.

                                  Im Mai 2017 stehen wir dann gemeinsam auf dem südlichen Kraterrand des Hverfjall. Für meine Eltern ist es ein neuer Eindruck, für mich eine Rückkehr. Ich erinnere mich sehr genau an diesen Moment: Es ist windig, wir blicken gemeinsam über die weitläufigen Lavafelder in das Landesinnere. Der Sellandafjall verschwindet wie so oft im Nebel. Ich erkläre meine ungefähre Route der vergangenen Tour und glaube, dass beide in diesem Moment ein kleines bisschen verstehen, worin der Reiz von Trekkingtouren auf Island liegen kann. Für einige Sekunden stehen wir so still nebeneinander, dann ist der Moment vorrüber. Von meinen Fußspuren in der Ferne ist längst nichts mehr zu sehen. Für meinen Vater wird es, völlig unerwartet, seine letzte Reise gewesen sein.



                                  Alles was bleibt, ist die Erinnerung.



                                  Heute, ein weiteres Jahr später, sitze ich im Garten beschattet unterm Apfelbaum, schaue bei strahlendem Sonnenschein dem Leben um den Teich herum zu und schreibe endlich, endlich diesen Bericht fertig. Dazu musste ich eben auch ein weiteres Mal am Hverfjall vorbei.

                                  Im Browser meines Laptops ist, neben diversen Islandkarten mit der Gegend um Mývatn, auch ein Tab von WOW-Air geöffnet. Daneben befindet sich ein weiterer Tab: Ein Satellitenbild zeigt üppiges Grün, dazu Grau und Schwarz. In der Mitte eines langgezogenen blauen Streifen Wassers steht ein einzelnes Wort:

                                  Langisjór.


                                  Gewidmet meinem Vater Günter (✝ 9.6.2017)

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                                    • 01.05.2014
                                    • 86
                                    • Privat

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                                    #37
                                    AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                                    https://www.gpsies.com/map.do?fileId=eypcusiltcndjocy

                                    Unter dem Link gibts die vollständige, per GPS aufgezeichnete Tour. Enthalten sind alle Camps, wichtige Brücken sowie eine exklusiv von mir gelaufene Unterzucker-Schleife am fünften Wandertag.

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                                    • TilmannG
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                                      • 29.10.2013
                                      • 1332
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                                      #38
                                      AW: [IS] Solotour 2016: Höfn - Snæfell - Askja - Mývatn

                                      Schöne Tour - vielleicht ein bischen oft Piste
                                      Viele gute Fotos - mit farblich gelungener Endverarbeitung
                                      Danke und Grüße von Tilmann
                                      http://www.foto-tilmann-graner.de/

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