[DE] Herbstlicher Hermannsweg

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  • gezonkt
    Anfänger im Forum
    • 16.03.2016
    • 11
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    [DE] Herbstlicher Hermannsweg

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Zur Feier meiner 10-jährigen Zugehörigkeit gewährte meine liebe Firma mir in diesem Jahr etwas Sonderurlaub, und da ich nun mal im November 2006 angefangen habe, gab es auch den Urlaub im November.
    Zunächst war ich etwas ratlos, was ich damit anfangen soll, mit geschicktem Platzieren von freien Tagen und Resturlaub drum herum ergab sich aber ein recht komfortables Zeitfenster von neun freien Tagen.
    Da der November zumeist wettertechnisch nicht so viel hergibt und mir keine Idee im noch angenehmeren Südeuropa in den Sinn kam, entschied ich mich recht spontan für den Hermannsweg als Ziel – quasi keine Anreise, Heimatkunde irgendwie, wenn’s doch doof ist, bin ich im Handumdrehen wieder zu Hause.

    Die Vorbereitung fiel recht knapp aus, ein wenig Literatur bestellt, ein paar Ausrüstungsgegenstände ersetzt, die beim letzten Mal nicht überzeugt hatten, ein paar ergänzt, grobe Etappen in der Karte geplant, wo nötig eine Unterkunft gebucht.

    Tag 1
    Am Montagmorgen soll es also losgehen.
    Am Abend zuvor bin ich dank Arbeit erst um ein Uhr ins Bett gekommen, entsprechend wenig habe ich geschlafen, noch dazu macht sich eine mächtige Husten-Schnupfen-Kombination in mir breit. Meine Freundin blickt besorgt und fragt, ob ich das Losgehen wirklich für eine gute Idee halte. Ich weiß nicht wirklich eine Antwort, überlege kurz, ob ich einen Tag Ruhe zwecks Erkältungsbeseitigung brauche und morgen zur zweiten Etappe einsteige. So schlimm wird es aber schon nicht werden, also…los.
    Erst einmal geht es zu Fuß zum Hauptbahnhof Münster, auf dem Weg nieselt es leicht. Während der Zugfahrt nach Rheine wird aus dem Nieseln Regen, als ich in Rheine den Bahnhofsvorplatz betrete, kann man es ohne Weiteres starken Regen nennen.

    Der Hermannsweg beginnt unspektakulär, keine Infotafel, kein „Leopoldstal 160km“,
    kein Schild mit Selfiegelegenheit, es beginnt einfach die Beschilderung mit dem weißen H.
    A propos Selfie: Die Digitalkamera hatte ich morgens spontan doch zu Hause gelassen in der festen Überzeugung, dass der Rucksack ohnehin zu schwer ist, sollten doch Fotogelegenheiten kommen, habe ich ja noch das Handy. Auf der Zugfahrt ist mir derweil eingefallen, dass ich das Handyladekabel noch aus dem Dienstreise-Koffer in den Rucksack packen wollte…Mist. Ok, also Handy aus, Akku einteilen für ‚Wenn ich es wirklich brauche.’
    Kurz, nachdem ich das Stadtzentrum von Rheine entlang der Ems verlassen habe, hat mein kürzlich erstandener Regenhut seinen ersten großen Auftritt. Ich sehe damit zweifellos einigermaßen doof aus, aber mich sieht ja doch fast keiner und in den kommenden Tagen werde ich noch froh sein, ihn dabei zu haben…
    Bis nach Bevergern schlängelt sich der Weg durch Feld und Wald, absolut frei von Steigungen, irgendwie auch frei von landschaftlichen Reizen. Während ich da so durch den Regen tappe, frage ich mich, ob das die nächsten Tage so bleibt.
    In Bevergern gönne ich mir in der Bäckerei des örtlichen Supermarktes eine Tasse Kaffee, dann geht es weiter. Das Örtchen wirkt dank Regen etwas trostlos, sonst aber eigentlich ganz hübsch, mit kleinen Wasserläufen und alten Häuschen.
    Kurz nach der Überquerung des Dortmund-Ems-Kanals erreiche ich endlich die erste Steigung. Aha, hier beginnt also der Teutoburger Wald! In den folgenden Tagen habe ich noch viel Zeit zum Nachdenken und erkenne dann unter anderem, dass alles, was bis hierher an Weg stattgefunden hat, bestimmt nur eingebaut wurde, weil Rheine sich besser als Startort anbietet als Bevergern.
    Wer hat davon auch schon gehört?
    Bei Überquerung des Mittellandkanals spüre ich so etwas wie Begeisterung, dass ich jetzt wirklich unterwegs bin und freue mich auf das, was da noch kommt.
    Gegen 15:30 erreiche ich die Schinkensteinhütte, kurz nach der ‚Schönen Aussicht’ oberhalb von Riesenbeck, die ich mir für mein erstes Nachtlager ausgesucht habe.
    Weil es noch immer stabil regnet, mache ich mich erst einmal in der Hütte breit, versuche etwas zu lesen –in der dunklen Hütte, Regentag, kleine Schrift mit mäßigem Erfolg- und beginne recht schnell recht viel zu frieren. Ich koche einen Tee, um darüber hinweg zu kommen, das hilft nur kurz. Ok, mit dem Zelt wollte ich zwar bis kurz vor der Dunkelheit warten, aber nun muss es eben sein. Ich entschließe mich, es in der Hütte aufzustellen, weil es da nicht regnet, im betonierten Boden dann eben ohne Heringe. Im Schlafsack wird mir immerhin wärmer. Gegen Abend kommen einige wenige Menschen vorbei, einer kommentiert mit ‚Guck mal, da wohnt einer.’, sonst bin ich absolut alleine.
    Zum Abendessen krieche ich noch einmal hinaus, es gibt Carbonara aus der Tüte.
    Lange Spaghetti und Outdoorkochen passen nicht gut zusammen, merke ich. Wieder was gelernt.
    Später höre ich im Schlafsack noch eine Folge ‚Radiotatort’, die ich mir in einem Anflug von Genialität mitgebracht habe, so alleine im regnerischen Wald ist das aber doch deutlich gruseliger als ich es mir vorgestellt habe. Gegen halb neun schlafe ich ein.

    Tag 2
    Ich bin nachts mehrmals aufgewacht, weil der Schlaf auf der Luftmatratze nicht unbedingt komfortabel ist, die Nase ist unkontrolliert gelaufen, im rechten Bein hat es zudem irgendwie gezogen. Ich bin früh wach und warte ab, bis es gegen sieben Uhr hell genug ist zum Aufstehen.
    Mit Kaffeekochen und Einräumen vergeht eine Stunde, um kurz nach Acht mache ich mich wieder auf den Weg.
    Es ist kühl und feucht, immerhin hat der Regen in der Nacht aber erst einmal aufgehört.
    Der Weg führt durch Herbstwald in allen erdenklichen Ausführungen (Da klärt sich zumindest, warum es nicht ‚Teutoburger Wiese’ heißt!). Einerseits natürlich etwas langweilig, andererseits komme ich nach und nach dazu, dass das durchaus schön ist.
    Die Dörenther Klippen lasse ich zügig hinter mir, ebenso Brochterbeck, da mir das alles zuvor in der einen oder anderen Form schon einmal beim Geocaching begegnet ist.
    Jetzt allerdings habe ich nicht einmal ein GPS-Gerät dabei, weil ich auf dem GR221 im März für mich befunden habe, das Cachen und Weitwandern für mich nicht zusammen passen. Beim einen monotones, fast meditatives Vorwärtskommen, beim anderen ständiges Stehenbleiben und Wühlen.
    Mein rechtes Knie meldet sich im Verlauf des Vormittags mit stechenden Schmerzen, die kurz vor Tecklenburg ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen.
    Darum kehre ich erst einmal im ‚Café Rabbel’ ein, muntere mich mit Kaffee und Apfelstrudel auf und grüble, was das sein könnte. Ich werde nicht schlauer, beschließe aber, dass der Weg für mich abends zu Ende ist, wenn es bis dahin nicht besser wird. Leiden muss ja nicht sein.
    Nachdem der letzte Abend so fröstelig war, habe ich entschieden, dass das mit dem Zelt vielleicht keine so gute Idee ist und ich für den Rest des Weges auf Hotels oder Pensionen zurückgreifen werde. (Der Schlaf war nicht das Problem, im Schlafsack war das warm genug, aber die Zeit von Ankunft bis Schlaf war echt ungemütlich.) Darum ist mein Tagesziel Lengerich.
    Laut Karte gibt es von Tecklenburg an zwei Wegvarianten, ich wähle die nördliche, weil ich vor langer Zeit einmal im wikipedia-Artikel zum Hermannsweg ein Bild der Autobahnbrücke gesehen habe und sie darum in meinem Kopf irgendwie dazu gehört.
    Das Gefühl beim Überqueren ist folglich angemessen erhebend.
    Nach der Pause erreicht der Knieschmerz seinen definitiven Höhepunkt, danach wandelt er sich von fiesem Stechen zu stumpfem Ziehen. Das wird mir für den Rest des Weges mehr oder weniger ausgeprägt erhalten bleiben, ich kann es aber zumindest ertragen, ohne mich zu quälen.
    Über Leeden geht es weiter, etwas danach folgt ein Umleitungshinweis an die Herrmanswanderer, die Umleitung führt dann quasi fast zurück bis nach Lengerich, an dem man eigentlich schon vorbei war.
    In der Stadt angekommen, begebe ich mich zur Tourist-Information, die nebenbei von den Mitarbeitern der Leihbücherei betreut wird – eine etwas eigenartige Kombination.
    Dennoch, der Rat, den ich bekomme, ist durchaus hilfreich, wenig später beziehe ich ein Zimmer im ‚Café Maxx’. Das ist alles andere als spektakulär, aber es gibt ein Bett und eine heiße Dusche auf dem Flur gegenüber. Für 38 Euro erwarte ich nicht viel mehr.
    Zum Abendessen krieche ich noch einmal unter der warmen Bettdecke hervor, mit Schnitzel und Bier im Bauch schlafe ich gegen 22 Uhr schließlich deutlich zufriedener als am Abend zuvor ein.

    Tag 3
    Wieder bin ich kurz nach Acht unterwegs, erst einmal zur Bäckerei gegenüber, wo sich die Verkäuferin zusammen mit mir über den Wahlsieg des Herrn Trump wundert. Dann geht es zurück hinauf auf den Weg. Meine Nase scheint sich langsam zu beruhigen, der Himmel hat stellenweise Ähnlichkeit mit blau, die Stimmung ist gut.
    Der Weg am Steinbruch vorbei ist etwas langatmig und bringt mich schon am frühen Morgen zum Schwitzen. Danach komme ich gut voran, mal in leichtem Auf und Ab, mal eben, geht es weiter durch den Wald.
    Bald erreiche ich Bad Iburg. Hier haben es die Schilderaufsteller ziemlich gut gemeint, die Durchquerung der ‚Altstadt’ dauert gefühlt etwa 20 Minuten, es gibt einen oberen, einen unteren, einen steilen und einen einfachen Weg, einen mit Stufen und einen ohne, letztlich sehe ich in 100m Entfernung die Tankstelle, die ich vor 20 Minuten aus 100m Entfernung von der anderen Seite gesehen habe.
    Naja, immerhin bin ich so zufrieden unterwegs, dass ich mehr darüber lächeln als mich aufregen kann.
    Nach einer Tasse Kaffee geht es weiter Richtung Tagesziel Hilter. Auf dem Weg dorthin habe ich eine der wenigen Begegnungen mit anderen Wanderern: zwei Junge Männner, Pfadfinder aus Cloppenburg, die ein paar Tage Zeit und Lust zum Wandern hatten.
    Wir unterhalten uns freundlich (es irritiert mich etwas, dass sie mich ständig siezen, obwohl ich mich gar nicht so alt fühle…) und erreichen schließlich gemeinsam Hilter.
    Dort trennen sich die Wege, sie wollen nur einkaufen und dann noch weitergehen, ich mache mich auf die Suche nach einer Unterkunft. Eine Tourist-Information finde ich nicht, also gehe ich zum einzigen Ergebnis, das die Internetrecherche mir liefert. Das ‚Hotel Wacker’ liegt etwas außerhalb, von außen wirkt es nicht sehr belebt. Ich bin etwas besorgt, weil ich nicht weiß, was mir dann noch an Alternativen einfallen wird, versuche aber erst einmal mein Glück an der Türklingel.
    Mir öffnet eine ältere Dame, ob ein Zimmer frei ist, weiß sie nicht, muss sie fragen gehen. Nach längerer Zeit kommt eine zweite Dame um die Ecke, die offenbar schlecht hört. Ob was frei ist, sagt sie nicht, aber offenbar soll ich ihr folgen, aber vorher Schuhe ausziehen. Sie geleitet mich in ein nicht neues, aber ordentliches Zimmer, dreht die Heizungen auf und fragt, wann ich frühstücken will, dann verschwindet sie. Über Preise haben wir nicht gesprochen, aber gut, das kostet dann eben, was es kostet.
    Weil nichts zum Abendessen in der Nähe ist, gare ich mir später auf dem Schreibtisch (mit äußerster Vorsicht!) Tomatennudeln und verputze sie im Bett. So gar nicht outdoorig, aber gemütlich.

    Tag 4
    Das Frühstück, das für mich bereitet wurde, ist ausgesprochen gut und üppig. Die Nacht kostet mich letztlich 45 Euro. Das hätte schlimmer kommen können.
    Um kurz nach 9 bin ich wieder unterwegs. Heute hat sich der Nieselregen zurückgemeldet und wird sich den ganzen Tag halten. Von Hilter führt mich der ‚Ahornweg’ zurück zum Hermannsweg. Während ich den Hang hinaufschnaufe, frage ich mich, wie viele Abweichungen vom Weg wohl gestattet sein mögen, damit er dennoch ‚zählt’ und komme zum Ergebnis, dass das eigentlich völlig egal ist.
    Immerhin ist damit schön gezeigt, dass alleine durch den Wald marschieren reichlich Gelegenheit zum Überlegen bietet.
    Die Hügel werden im Wegverlauf immer höher, kurz vor Halle werden das erste Mal 300m überschritten. An sich nicht viel, da man dazwischen aber immer wieder Taleinschnitte durchquert, kommen den Tag über dennoch einige Höhenmeter zusammen.
    Zwischenzeitlich duftet es im Wald kräftig, erst bestimme ich es als Kräutertee, entscheide mich dann aber für Fertiggerichte. Auf der Suche nach plausiblen Erklärungen komme ich schließlich darauf, dass unten ‚im Tal’ unter Führung von Barbara Schöneberger Feinkostsalate produziert werden (oder so ähnlich).
    Richtig ratlos bin ich, als etwas später ein klarer Adventsduft meine Nase erreicht.
    Erst abends werde ich feststellen, dass es sich dabei um einen namhaften Süßwarenhersteller gehandelt hat. Duftender Hermannsweg!
    Mein Tag endet im Rosindell Cottage in Halle. Das Haus sowie mein Zimmer sind wirklich liebevoll gestaltet, es sagt so ziemlich alles ‚gemütlich’.
    Zum Abendessen gehe ich nach nebenan zu einem italienischen Restaurant mit anliegender Tennishalle. So mampfe ich schließlich Spaghetti und kann dabei den Tennisspielern zuschauen – ich stelle fest, dass mir das ohne Hermannsweg nicht passiert wäre und einen beachtlichen Teil des Reizes am Weitwandern für mich ausmacht.

    Tag 5
    Das Frühstück ist erneut ein wirklich ordentliches. Die betreuende Dame ist sehr umtriebig, möchte mir wiederholt Fruchtsalat auch noch anbieten, erzählt, dass sie noch nie weg war, offenbar versteht sie auch nicht, warum ich mache, was ich mache, aber ich muss unbedingt ein Lunchpaket präparieren, das sei bei ihnen so, wenn man wandert, aber sie will mich ja nicht dauernd beim Frühstück stören, aber….
    Artig schmiere ich mir noch ein Brötchen für später und bin dann doch irgendwie froh, ihr entkommen zu sein.
    Zurück auf dem Hermannsweg geht es weiter, heute bis nach Bielefeld. Auf dem Kamm ist es recht frisch und windig, sodass ich mich auch ohne Regen über meinen Regenhut freuen kann. Für den Kaffee zur Mittagszeit bietet sich heute keine Gelegenheit, darum ist diese recht kurze Etappe schon gegen 14 Uhr nachmittags beendet.
    In Bielefeld wollte ich ursprünglich in der Jugendherberge nächtigen, die war aber ausgebucht, darum wurde es dann das Kolpinghaus. Das ist bei Weitem kein Hotel, aber es gibt dennoch alles, was ich brauche, um zufrieden zu sein, sogar ein Einzelzimmer.
    Zum frühen Abendessen habe ich das Brauhaus Joh. Albrecht gefunden. Das ist zwar eine ‚Kette’, um so etwas mache ich gewöhnlich einen Bogen, aber es gibt leckeres Essen und Bier, damit ist nichts falsch.
    Danach kaufe ich noch Verpflegung für den Samstag ein, dann bin ich wieder bedient für den Tag.

    Tag 6
    Hoher Besuch naht heute, um kurz vor 9 empfange ich am Bahnhof meine Freundin. Ich habe sie weder aufgefordert noch abgehalten, sie hatte wirklich von sich aus die Idee entwickelt, mich am Wochenende ein Stück auf meinem Weg zu begleiten. Da ich in letzter Zeit immer mal wieder versuche, sie von der Weitwanderidee zu begeistern, freue ich mich doch ein wenig.
    Der Weg führt bei fast blauem Himmel und eisiger Luft Richtung Oerlinghausen. Bei derart schickem Wetter wirkt dann doch alles gleich noch einmal freundlicher.
    [Aha, ab hier Fotos!]






    Zur Erhaltung der Wanderlaune hatte ich unterwegs Apfelstrudel versprochen, leider findet sich aber mittags wieder keine Gelegenheit dazu. Wir erreichen Oerlinghausen. Auch dort nicht. Nach Oerlinghausen hätte es ein Gasthaus gegeben, das wird aber gerade renoviert. Somit erreichen wir früher als von uns angedacht das Naturfreundehaus Bielefeld, unser Tagesziel.
    Weil wir so früh sind, wirbeln da die Naturfreunde noch emsig durcheinander, offenbar ist gerade Putzaktion. Man lässt uns dennoch ein und zeigt uns alles. Wir versuchen, nicht so viel im Weg herumzustehen und vertreiben uns die Zeit mit einem Mittagsschlaf.
    Später, als nur noch der ‚Nachtwächter’ und wir da sind, wird es deutlich ruhiger.
    In der komfortabel ausgerüsteten Küche bereiten wir uns ein leckeres Abendessen, bestehend aus Reis, Gemüse und Thunfisch. Den Abend verbringen wir mit der aufgefundenen Spielesammlung, während der Hüttenwirt immer wieder ‚zufällig’ vorbeikommt und noch etwas quatschen will. Sehr sympathisch.
    Um halb 10 fallen uns die Augen zu.

    Tag 7
    Wir sind gegen halb 8 wach, trinken eine Tasse Kaffee und machen uns dann auf den Weg. Heute müsste die touristisch am besten erschlossene Etappe des Weges an der Reihe sein, darum behaupte ich, wir finden auf jeden Fall eine Gelegenheit zum Frühstück/Apfelstrudel/Wafffel essen.
    Aber: Die Gaststätte Bienen-Schmidt passieren wir zu früh, die ist noch geschlossen, die am Donoper Teich lassen wir aus, weil wir da gedanklich schon so gut wie am Hermannsdenkmal sind. Das erreichen wir schließlich kurz vor 12.
    Aus der Nähe wirkt es nicht unbedingt grandios, aber immerhin handelt es sich um den Hermann, dem ich die vergangene Woche gewidmet habe, darum verspüre ich einen kurzen Hauch der Begeisterung.
    Als kleiner Junge (mit 6 Jahren?) war ich hier schon einmal, als meine Familie Ferien im Münsterland machte (gut, Münsterland ist das hier ja gar nicht mehr, aber offenbar hat das meine Eltern damals nicht von einem Ausflug abgehalten). Ich überlege, wie ich reagiert hätte, hätte ich damals schon gewusst, dass das Münsterland einmal so etwas wie meine Heimat werden wird und ich zum Spaß und freiwillig hier wandern gehe, und muss etwas schmunzeln.



    Das Restaurant am Denkmal wird natürlich renoviert, also wieder keine Waffel. Lediglich eine Art Bistro bzw. Kiosk ist geöffnet. Da gibt’s auch Kaffee und etwas zu essen, nach dem, was wir uns vorgestellt hatten, sind wir aber doch irgendwie enttäuscht.
    Also gehen wir bald weiter. Dass nachmittags die Sonne vollständig zum Vorschein kommt, heitert uns dann wieder etwas auf.







    Bald durchqueren wir Berlebeck, weil es heute eine lange Etappe (25+x km) ist, beginnen wir, bei den Anstiegen mehr und mehr zu ächzen.
    Als Holzhausen erreicht ist, ist mein Tag eigentlich zu Ende, ich habe eine Nacht im Hotel ‚Waldesruh’ gebucht, nachdem die Jugendherberge in Horn ausgerechnet jetzt eine neue Heizungsanlage bekommt.
    Erst einmal gehen wir aber noch weiter zu den Externsteinen und danach in Richtung Horn.
    Meine Freundin muss montags arbeiten, ich muss noch den Weg zu Ende bringen.
    Nachdem klar ist, wo es zum Bahnhof geht, verabschieden wir uns und ich marschiere wieder zurück nach Holzhausen. Alles in allem werden es dann wohl fast 30km gewesen sein, und als ich endlich ankomme, merke ich jeden einzelnen davon in den Füßen.
    Abendessen gibt’s im ‚Bauernstübchen’. Sehr urig, sehr unangestrengt, absolut freundlich. Ich bin begeistert, und als ich vielleicht etwas bierselig bin, fange ich an, etwas stolz auf mich zu sein,
    dass ich es morgen geschafft haben werde.

    Tag 8
    Wieder breche ich nach dem Frühstück auf, der Himmel strahlt schon früh blau, die Sonne geht gerade auf, als ich noch einmal an den Externsteinen vorbeikomme.
    Mein Handy hat dank Ladekabellieferung wieder genug Strom, darum knipse ich begeistert, was mir an Bildern aus Herbstwald, Sonne und Himmel vor die Linse kommt.





    Aus der Karte weiß ich, dass mir heute der höchste Anstieg der Strecke noch bevorsteht.
    Das Silberbachtal ist in der Sonne einer der schönsten Abschnitte des Weges, so richtig bergauf geht es aber noch nicht. Dann folgt ein längeres Stück Waldweg…immer noch kein Anstieg. Wann denn nun? Zuletzt geht es wenige Minuten etwas steiler bergauf, und schon ist der Gipfel der ‚Lippischen Velmerstot’ erreicht. Davon hatte ich zwar zuvor noch nie gehört, oben freue ich mich aber über die Sicht in die dunstgefüllten Täler, blicke zurück zum Hermann, Statue hin oder her, ich fühle mich irgendwie mit ihm verbunden.







    Dann geht es mit beschwingten Schritten die letzten Kilometer hinab nach Leopoldstal. Dort endet der Hermannsweg so unspektakulär wie er in Rheine begonnen hat. Immerhin, hier gibt es ein Schild, aber Rheine ist so weit entfernt, dass man hier nicht einmal wusste, wie es geschrieben wird.





    Hinter einem Stromkasten ziehe ich schnell die mitmenschenfreundlichen Klamotten aus meinem Rucksack an, dann geht es in gut zwei Stunden gemächlicher Bahnfahrt zurück nach Münster.

    Viel Spaß beim Lesen!

    Georg

    Kurzer Nachtrag - praktische Überlegungen:
    - Anfangsgewicht des Rucksackinhalts rund 7,5 kg zzgl. Wasser.
    Nicht perfekt, aber...auf dem richtigen Weg.
    - Unterlagen/Karten: Bestellt habe ich mir viel, mitgenommen habe ich dann nur die 'Publicpress'-Wanderkarte.
    Den Hermannsweg selbst kann man eigentlich sogar ohne Karte finden, so gut wie er ausgeschildert ist.
    Für die Wege zum und vom Hauptweg war die Karte ganz hilfreich.
    Die 'grüne' Karte der Buchbinderei Probst erfüllt den Zweck bestimmt auch, die ist aber -finde ich- optisch altmodisch und nicht robust genug. (Und als alter Aviatiker finde ich, Norden sollte immer oben sein...)
    Besonders albern finde ich das 'Outdoor'-Büchlein - beim besten Willen, längere Abhandlungen über das 'Neunauge' in der Ems und weitere Fun-Fact-Artikel gehören für mich nicht in einen Wanderführer. (Letztlich ist auch das Gewicht, das getragen werden will...)
    - Wasser: Mitgenommen habe ich anfangs 3 Liter, nachdem die Zeltübernachtungen weggefallen sind, hat auch eine 1,5l-Flasche gereicht. Den Wasserfilter hatte ich zwar dabei, aber nicht gebraucht. So richtig viele 'wilde' Wassergelegenheiten gab es auch nicht.
    Zuletzt geändert von gezonkt; 01.12.2016, 22:55.

  • Nuklid
    Erfahren
    • 09.06.2013
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    #2
    AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

    Als "local" wäre ich gespannt auf die Fotos. Dann führe ich mir auch den Text zu Gemüte.

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    • Prachttaucher
      Freak

      Liebt das Forum
      • 21.01.2008
      • 11905
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      #3
      AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

      Zitat von gezonkt Beitrag anzeigen
      ...A propos Selfie: Die Digitalkamera hatte ich morgens spontan doch zu Hause gelassen in der festen Überzeugung, dass der Rucksack ohnehin zu schwer ist, sollten doch Fotogelegenheiten kommen, habe ich ja noch das Handy. Auf der Zugfahrt ist mir derweil eingefallen, dass ich das Handyladekabel noch aus dem Dienstreise-Koffer in den Rucksack packen wollte…Mist. Ok, also Handy aus, Akku einteilen für ‚Wenn ich es wirklich brauche.’
      ...
      Sieht wohl eher schlecht aus.

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      • Wafer

        Lebt im Forum
        • 06.03.2011
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        #4
        AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

        Hallo gezonkt.

        Zuerst mal ein warmes Willkommen hier im Forum! Schön, dass du den Weg gefunden hast und deine Erfahrungen mit uns teilst.
        Ich bin dieses Frühjahr auf Teilen des Hermannsweges unterwegs gewesen. Und das was ich da gesehen hatte, hat mir sehr gut gefallen. Leider war es aber nicht sehr viel! Ich kam über das Eggegebirge und über den Velmerstot - oder die Velmerstote? - Was ist denn die korrekte Mehrzahl von Velmerstot?
        Am Hermannsdenkmal habe ich den Weg dann schon wieder zugunsten einer Querung hinauf nach Lippe zum Hansaweg wieder verlassen. Schade, dass es bei dir mit den Bildern an den ersten Tagen nicht geklappt hat. Das hätte ich mir gerne angesehen! Und ich bin mal gespannt, was du hier noch an Bildern einstellen wirst. Im November sieht das sicher etwas anders aus als im Mai.

        Gruß Wafer
        Zuletzt geändert von Wafer; 16.11.2016, 10:37.

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        • lina
          Freak

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          Liebt das Forum
          • 12.07.2008
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          #5
          AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

          @Wafer: Das ist eine Sache der Worttrennung bzw. des eigentlichen Wortstamms:
          Zitat von lina Beitrag anzeigen
          die richtige Worttrennung ist nach dem r, also: Velmer-stot (Stot = Steilhang oder Stute, je nach Interpretation)
          Auch ich freue mich sehr über den Bericht – da kommen Erinnerungen auf und ich freue mich auf die Bilder!

          Herzlich Willkommen @gezonkt!

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          • Eggefreund
            Erfahren
            • 27.11.2010
            • 294
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

            Zitat von Wafer Beitrag anzeigen
            ... Ich kam über das Eggegebirge und über den Velmerstot - oder die Velmerstote? - Was ist denn die korrekte Mehrzahl von Velmerstot? ...
            Der oder die Velmerstot, jeweils lippische(r) und preussische(r), ist hier beides in Gebrauch.
            Ich freue mich auf die Fotos
            LG aus Lippe
            Norbert

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            • blauloke

              Lebt im Forum
              • 22.08.2008
              • 8354
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

              Schöne Wanderung.
              Das mit den geschlossenen oder nicht vorhandenen Wirtschaften kenne ich auch. In Deutschland kann man sich nicht darauf verlassen überall auf eine Versorgungsstelle zu treffen.
              Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

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              • Rainer Duesmann
                Fuchs
                • 31.12.2005
                • 1642
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

                Danke für den Bericht und beste Grüśse von Münster nach Münster.
                Rainer
                radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

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                • Nuklid
                  Erfahren
                  • 09.06.2013
                  • 437
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

                  @prachttaucher:

                  Meine Hoffnung begründete sich auf diesen Satz:

                  reiche ich auf jeden Fall nächste Woche noch einige Fotos und evtl. praktische Hinweise nach
                  Aber du hast recht, ohne Kamera unwahrscheinlich.

                  Kommentar


                  • Wafer

                    Lebt im Forum
                    • 06.03.2011
                    • 8828
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

                    Zitat von gezonkt Beitrag anzeigen
                    Mein Handy hat dank Ladekabellieferung wieder genug Strom, darum knipse ich begeistert, was mir an Bildern aus Herbstwald, Sonne und Himmel vor die Linse kommt.
                    Zitat von gezonkt Beitrag anzeigen
                    Morgen muss ich leider wieder zurück zur Arbeit, wenn ich dazu komme,
                    reiche ich auf jeden Fall nächste Woche noch einige Fotos und evtl. praktische Hinweise nach.
                    Also ich habe aus diesem Text herausgelesen, dass es hier noch Bilder geben wird. Zumindest von den letzten 2 Tagen.

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                    • gezonkt
                      Anfänger im Forum
                      • 16.03.2016
                      • 11
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

                      Hallo zusammen.

                      Nachdem sie so gespannt erwartet worden sind, habe ich nun die versprochenen Bilder hinzugefügt
                      und ein paar Schreibfehler korrigiert.
                      Vergebt, dass das so lange gedauert hat - wie angekündigt, bin ich dank Arbeit nicht früher dazu gekommen.

                      Grüße
                      Georg

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                      • Studilja
                        Gerne im Forum
                        • 05.08.2016
                        • 70
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [DE] Herbstlicher Hermannsweg

                        Vielen Dank für den schönen bericht

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