[D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

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  • Torres
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    • 16.08.2008
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    [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

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    Mitreisende
    Dieser Reisebericht behandelt eine Reise mit einem nichtoutdoorrelevanten Verkehrsmittel. Das war ursprünglich anders geplant, ließ sich aber nicht vermeiden. Wer Schwierigkeiten damit hat, möge bitte nicht weiterlesen.
    Da einige der bereisten Gegenden wunderschön sind und – soweit möglich - von mir auch zu Fuß erkundet wurden, möchte ich Euch die Natureindrücke nicht vorenthalten. Vielleicht bezieht der eine oder andere die Regionen einmal in seine Rad- und Wandertourenpläne mit ein.
    Zuletzt geändert von Torres; 22.11.2016, 20:26.
    Oha.
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    #2
    AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

    Montag, 05.09.2016


    Das Kind sattelt sein Pony. Früher war es einmal aus Fleisch und Blut, aber schon lange ist es aus Stahl. Die Leidenschaft für die Wiesen, die kleinen Wege, die Düfte des Waldes und der Felder blieben gleich. Alt sind sie geworden. Beide. Im Kopf die Erinnerungen an schöne Zeiten..
    Langsam verlassen sie den Hof. Ein wenig Angst im Gepäck. Lange waren sie nicht mehr gemeinsam auf großer Reise. Fast hätte die Schöne den letzten Sommer nicht überlebt. Es ist der Moment des Verlustes, der den Wert der Dinge bestimmt.



    Geplant war Finnland. Bekannte wiedertreffen und mit ihnen eine kleine Spritztour unternehmen. Zum Wanderweg fahren, umpacken, eine Woche wandern. Peter und seine Frau besuchen. Eine traumschöne Tour durch Karelien in Richtung Lappland machen. Nach zwei Wochen wieder zu Hause ankommen, mit dem Auto zu den Eltern in den Südwesten fahren (Geburtstagsfeier) und von da aus zur MV nach Chemnitz fahren. Das war der Plan.

    Lange grübele ich, wie ich meine Motorradklamotten während der Wanderung verstaue. Als das Logistikkonzept steht, packe ich am Samstag vor meinem Urlaub den Golite Jam. Die Operation meiner Mutter scheint gut verlaufen zu sein. Die Fähre buche ich aber nicht, ich will warten, bis sie aus dem Krankenhaus kommt. Sonntagnacht zieht es mir den Boden unter den Füßen weg. Meine Mutter schwebt in Lebensgefahr. Drei Tage lang bin ich wie gelähmt. Zu Urlaubsbeginn ist die Lage nicht besser. Optimismus weicht der Angst. Wir einigen uns, dass ich in Richtung Frankreich fahre, um in der Nähe zu sein. Ich gehe im Kopf interessante Radwege und Wandergebiete (u.a. Nationalpark Eifel) durch. Per Rad oder zu Fuß wäre ich jeweils nicht schnell genug, wenn eine Nachricht kommt. Ich will flexibel sein – so oder so.

    Ich warte noch das Wochenende ab, aber es gibt keine Veränderung. Am Montag packe ich die Sachen aus dem Rucksack in eine Motorradtasche und nehme den Tagesrucksack mit. Nach einigen Tagen Schlechtwetter kommt passend die Sonne heraus und um 15.00 Uhr bin ich startbereit. Nur noch das Auto in die Garage fahren. Ich drehe den Schlüssel und höre: Nichts. Pannenhilfe, Werkstatt, neue Batterie. Ich schwitze in der Motorradhose. Passenderweise habe ich eine 400er Woolpowerhose untergezogen. Gegen 18.00 Uhr verlasse ich den Hof und lenke meinen Trecker in Richtung Autobahn. Der Bremsgriff klackert merkwürdig. Links geht es auf Tour, rechts zur Werkstatt. Ich biege rechts ab. Kein Mechaniker mehr da. Ein Mitarbeiter tippt auf zu wenig Fett. Mit dem Bus fahre ich heim. Das kann ja heiter werden.

    Packliste:
    Vaude Taurus SUL XP 2P
    Groundsheet Big Agnes
    MW Badger
    TAR Prolite Plus woman`s
    Evazote

    Brunton Flex + Töpfe
    2 Gaskartuschen
    StS Teller und Schale
    Besteck, Opinel, Salz, Parmesan, Feuerzeug, Streichhölzer
    Wasserfilter
    Essen für 5 Tage
    Nähzeug
    Kellnermesser (nicht gebraucht)

    Vaude Rock 25 L
    Hanwag Lima GTX
    JW Baumwolljacke
    Exped Poncho
    warme Unterwäsche lang
    Icebreaker Merino-Shirt 150er kurz
    Stoffhose
    Garmin GPSmap 62
    Kamera X 20
    Elektronik (Outdoorhandy, Powerakku, Kabel - das meiste nicht gebraucht)
    Kulturbeutel, Ersatzwäsche
    Gamaschen

    Elegantes Outfit inkl. Schuhe für eine Festveranstaltung
    Am Körper: Motorradjacke und -hose, Viscose-Shirt, Schuhe, Helm, Woolpower Long John 400 [sic!]
    Oha.
    (Norddeutsche Panikattacke)

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    • Torres
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      • 16.08.2008
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      #3
      AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

      Dienstag, 06.09.2016 Dümmer See


      Das Kind sitzt auf einem chromglänzenden Traum. Die Polizei sichert die Strecke. In einer Kurve das hässlichste Motorrad, das es je gesehen hat. Rot. Bullig. Der Tank gerundet und der Sitz eine Kuhle. Ein Pferd mit Ramsnase und Hängerücken. Anders kann es den Eindruck nicht beschreiben. Kein Araber, ein Nutztier. So hässlich, dass es schon wieder schön ist. Nur mühsam löst sich der Blick. Die Marke konnte es sowieso nie leiden. Ein klitzekleiner Pfeil Amors trifft das Herz.

      Später läuft das Kind über die Fachmesse. Als es letztens bei Nässe fuhr, geriet der chromglänzende Traum ins Schlingern. Und sitzen kann es darauf auch nicht. Die Vögel zwitschern nicht mehr während der Fahrt, und der Regen wird zum Feind. An den Ständen geht es um Kurven und PS. Benzingespräche. Das Kind fühlt sich verloren. Versteht denn niemand den Wunsch, kleine Wege zu finden und die Natur zu sehen? Das frische Gras zu riechen oder den Blütenduft? Es fühlt sich falsch hier und ist es wohl auch.
      Nur eine Marke fehlt noch, aber die kann es ja nicht leiden. Man spricht es an und versteht sofort. Man setzt es auf die Ramsnase. Was nicht sein darf, kann nicht sein. Und viel zu teuer. Denkt es. Grübelnd.



      Der Tag beginnt warm. Meine Monatskarte liegt in der Schublade, ich hatte sie zu Tourbeginn herausgenommen. Ich bin gestern also schwarz gefahren. Ich kaufe einen Fahrschein. Im Bus gibt es ein Bücherbord, und ich entscheide mich für die Biographie von Bruce Chatwin. Nie von ihm gehört. Dabei kennt den anscheinend jeder. Reiseschriftsteller. Patagonien.

      Gegen 11 Uhr geht es los. In der Autobahnauffahrt zittere ich mich um die Kurve wie ein Anfänger, ich bin viel zu lange nicht mehr gefahren. Ein Fahrrad wäre mir jetzt lieber. Aber dann käme ich nie an. Ich bin zu langsam, die Autos drängeln, das wird die ganze Reise so gehen. Der Wind ist warm und ein intensiver Grasgeruch fällt mir auf. Es ist, als schösse die Natur von der Seite Kugeln konzentrierten Duftes in die Luft, die in meiner Nase zerplatzen. So intensiv riecht man die Natur auf dem Fahrrad nicht. Ich hatte diese Sinneseindrücke ganz vergessen. Konzentiertes Gras. Konzentrierter Wald. Konzentrierter Geruch von Schweinemist. Boah, nicht zu fassen. Hier muss in der Nähe ein Schweinelaster sein. Nach ein paar Minuten hole ich ihn tatsächlich ein – auf Augenhöhe mit borstigen Schweinen. Ob das ihre letzte Fahrt ist? Sie sehen entspannt aus, als wüssten sie es nicht.

      In Richtung Bremen Wiesen und Felder. Vögel fliegen übermütig über das Land. Raps leuchtet. Ich dachte, er blüht nur im Mai, aber anscheinend sorgt Energiehunger für eine zweite Ernte. Es riecht nach Landschaft und Natur. Ich fahre langsam – Autofahrer würden sagen, ich schleiche – aber ich will ja die Landschaft sehen und schneller fahren ist laut. Meine Halsmuskeln müssen sich erst an den Druck gewöhnen, die ersten Tage schmerzt das ganz schön.

      Kurz vor Münster fällt mein niegelnagelneues Navi aus. Die Werkstatt hatte es mit dem Bordnetz verbunden. Das Radeln mit dem E-Werk fand ich sehr praktisch und wollte mich nicht auf Power-Akkus verlassen. Jetzt denke ich an Hämeenlinnaa, als sich auf meiner Radtour die mit dem Navi verbundenen Powerakkus entladen hatten, weil ich zu langsam war. Nicht schon wieder! Kurzentschlossen fahre ich in Münster raus – die sollten hier hoffentlich den passenden Motorradhändler haben. An einer Tankstelle halte ich und tanke. Praktischerweise ist eine Werkstatt angeschlossen: Wir helfen in allen Dingen. Schweißnass und wackelig rangiere ich den Trecker in den Hof. Nein, nein, an Elektronik gehe ich nicht ran, da kenne ich mich nicht aus und derjenige, der sich auskennt ist in Urlaub. Toll. Immerhin beschreibt er den Weg zur Werkstatt: Komplett durch die Stadt, hinter der Shell rechts.

      Ich wackele aus der Ausfahrt – peinlich. Fahranfänger. Ich will ein Fahrrad. Auf der Straße sind Radspuren eingezeichnet. Die Straßen sind für Autos dadurch sehr eng. Ich versetzte mich in die Situation von Rentnern: Ampeln, Schilder, jede Menge Verkehrsteilnehmer und dann noch das Achten auf straßenbegleitende Radwege. Das verlangt in einer unbekannten Stadt viel ab. Bei mir liegt das nur an mangelnder Fahrpraxis. Mit 40 schleiche ich mich durch.

      Die Shell kommt, und ich biege rechts ab. Leider eine Sackgasse. Ich überlege, ob ich einfach über den Bürgersteig weiterfahre, aber ich bin einfach zu autoritätshörig. Wackelwenden, wieder raus, nächste rechts. An der T-Kreuzung entscheide ich mich für rechts, das ist falsch. Wieder zurück. Ich halte eine Radfahrerin an, die mir den Weg beschreibt. Diese Straße, immer geradeaus, dann sehe ich das schon. Aha. Irgendetwas läuft hier falsch.

      Ich fahre wie gewünscht, dann bin ich auf einem idyllischen Feld- und Radweg, der mir ausnehmend gut gefällt. Ich fahre Tempo 30, das ist vorgeschrieben. Bemme-Geschwindigkeit. An der Autobahnbrücke biege ich rechts ab und wünsche mir ein Navi. Das ist garantiert falsch. Ein Biohof. Ich frage. Zurück, links, rechts, rechts. Als ich ihn wieder verlasse, erinnere ich mich an die gute alte Zeit ohne Navi, wo man ohne zu Murren Stunden damit verbracht hat, sich Wege zu erfragen. Um dann manchmal an einem Tag nur wenige Kilometer voranzukommen. Ach, war das schön. Oder auch nicht.
      Zwei Radlerinnen erhalten von mir Vorfahrt. Wieder geht es den wunderschönen Radweg zurück, der Schweiß strömt mir aus allen Poren. Wieso habe ich eigentlich immer noch die Woolpower Long John an, die ich normalerweise auf Wintertour trage? Es sind ungefährt 30 Grad. Plus, selbstredend.
      Die Frau sprach von einem Buskreisel und mit viel Glück erspähe ich diesen in einer Seitenstraße. Die Fähigkeit zur Wegbeschreibung scheint im digitalen Orkus verloren gegangen. Ich überfalle laut rufend einen Radfahrer, der prompt bremst und mir erklärt, welche weiterführende Straße ich jetzt zu nehmen habe. Ich bin ihm sehr sehr dankbar. Kurz darauf bin ich da. Man reicht mir eine eisgekühlte Apfelschorle und nimmt sich meines Problems an. Ein lockeres Kabel. Man zeigt mit die Konstruktion. Der gewünschte Betrag geht in die Kaffeekasse.

      Endlich wieder orientierungsbereit gebe ich mir viel Mühe, halbwegs elegant die Einfahrt zu verlassen. Ich weiß doch eigentlich, wie es geht, aber die Routine ist einfach weg. Im Handy hatte ich bereits einen See mit Campingplatz ausfindig gemacht. Archies Camping, das ich in zweitägiger Arbeit, die mich fast an den Rande des Zusammenbruches gebracht hatte, doch noch installieren habe können, bestätigt mir dieses. Ich route mich hin. Der Dümmer See. Die Zeltwiese ist Zeltplatz, Booteinsatzstelle und öffentlicher Strand. Der Trecker darf unter ein Vordach – das ist gut, dort ist kein Kondens. Die nasse Unterwäsche soll schließlich trocknen.


      Die Sanis sind enttäuschend. Immerhin habe ich im Forum nun den Unterschied zwischen Schuster (Weberknecht) und Schuster (Schnake) gelernt. Im Waschraum kommt dieser Bildung zum Tragen. Oder irre ich mich?









      Die Gastronomie hat nur fettiges Zeug. So koche ich meine Portion Reis und schaue auf den See. Ein bisschen finnisch sieht er aus.





      Feuerstellen sind zu sehen, die zu Miethütten gehören. Im Gebäude sind anscheinend Boote untergebracht.





      Nachdem die Badegäste gegangen sind, wird es still. In der Ferne hört man eine Straße. Nicht so laut, wie in Finnland. Immerhin.





      Ich laufe am Strand entlang und suche den Wanderweg, den See zu umrunden. Ich finde ihn nicht, ich lande am Zaun. Erst am nächsten Tag sehe ich, dass ich aus dem Campingplatz hätte herausgehen müssen. Einen Weg gibt es da schon.

      Aber dann ist es mir auch egal. Ich schaue auf das Wasser. Immer noch ist es sehr warm. Langsam geht die Sonne unter.





      Auf der anderen Seeseite feiern Menschen. Sie haben Canadier dabei und sind vorher ein wenig gepaddelt. Wie ich sie beneide. Die Stille des Sees würde mein Herz erfreuen. Die Lichter scheinen über den See, ab und zu hört man ein Lachen. In der Nähe rauscht immer noch Verkehr. Im zweiten Zelt wird gekichert, ein niederländisches Ehepaar verzieht sich in ein Wurfzelt von Quechua. Ich propfe die Stöpsel in mein Ohr. Der Schlafsack dient als Decke. Es ist sommerlich warm. Meine Mutter hat heute Geburtstag. Sie weiß es nicht.
      Zuletzt geändert von Torres; 05.10.2016, 18:44.
      Oha.
      (Norddeutsche Panikattacke)

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      • schneehuhn
        Gerne im Forum
        • 08.07.2005
        • 57

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

        Torres schreibt wieder - sehr schön.

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        • Sisterintherain
          Erfahren
          • 18.06.2013
          • 371
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          #5
          AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

          Hut ab - bei diesen Startbedingungen hätte ich mich unter der Bettdecke verkrochen.

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          • mitreisender
            Alter Hase
            • 10.05.2014
            • 4855
            • Privat

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            #6
            AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

            Zitat von Sisterintherain Beitrag anzeigen
            Hut ab - bei diesen Startbedingungen hätte ich mich unter der Bettdecke verkrochen.
            Hättest Du nicht. Unter der Decke drehst Du nämlich durch. Habe das leider hinter mir. Hoffe es ging gut aus, Torres.

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            • Dogmann
              Fuchs
              • 27.09.2015
              • 1022
              • Privat

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              #7
              AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

              Hut ab , kompliment an deine Nerven!
              Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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              • Torres
                Freak

                Liebt das Forum
                • 16.08.2008
                • 30709
                • Privat

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                #8
                AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                Hoffe es ging gut aus, Torres.

                Es könnte besser sein, aber unter den Umständen ja.


                Zitat von Sisterintherain Beitrag anzeigen
                Hut ab - bei diesen Startbedingungen hätte ich mich unter der Bettdecke verkrochen.

                Dazu würde sie sagen: Davon werde ich auch nicht mehr lebendig


                Zitat von Dogmann Beitrag anzeigen
                Hut ab , kompliment an deine Nerven!

                Hilft ja nichts. Mit dem Verkehrsmittel geht das aber am besten, man muss sich sehr viel mehr konzentrieren, als auf dem Fahrrad, und das bringt einen auf andere Gedanken.


                Zitat von schneehuhn Beitrag anzeigen
                Torres schreibt wieder - sehr schön.

                Ja, habe lange überlegt, um dem gefühlt siebzigsten Thread zum Thema "Was ist Outdoor" aus dem Weg zu gehen. Aber eine mir bekannte Person wollte ihre Gutenachtgeschichte.
                Oha.
                (Norddeutsche Panikattacke)

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                • Torres
                  Freak

                  Liebt das Forum
                  • 16.08.2008
                  • 30709
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                  Mittwoch, 07.09.2016 Roermond


                  Das Kind denkt sich Geschichten aus. Wenn es einmal groß ist, dann will es zur See gehen. Wie die Matrosen, die es von der Ostsee kennt. Über das Meer segeln und fremde Länder sehen. Die Länder, die in den Büchern stehen.

                  Es ist ein neblig verhangener Tag, als das Kind an der Hand des Vaters zum Hafen geht. Ein Segelschiff kommt heute, ein ganz Großes. Das Kind ist aufgeregt. Es ist die Gorch Fock. Die Menschen stehen auf den Landungsbrücken. Die andere Seite der Elbe ist nicht zu sehen. Das Schiff hat sich verspätet. Vielleicht kommt es gar nicht. Niemand weiß das genau. Die ersten Zuschauer wenden sich ab. Das Kind schaut sehnsüchtig zu der Nebelwand. Bitte, bitte. Wir warten noch.
                  Auch der Vater wird nun ungeduldig. Bitte, bitte. Sie kommt gleich. Angestrengt schaut das Kind auf die undurchdringliche Wand. Die Uhr dreht sich weiter. Wir müssen gehen. Da, plötzlich, ein Raunen. Wie von Geisterhand teilen sich die Nebelschwaden. Ein Schiff. Erst der Bug. Ob sie das ist? Dann tauchen Masten und die Segel auf. Ein Gespensterschiff? Nein. Sie ist es. Unter vollen Segeln gleitet die Gorch Fock lautlos in den Hafen hinein. Nie werde ich diesen Anblick vergessen, denkt das Kind und tut es auch nicht.

                  Am nächsten Tag sieht das Kind das Bild des Schiffes in der Zeitung. Das Erlebnis schildern kann die Zeitung nicht.



                  In der Nacht hatte ich mein Smartphone ausgestellt und bekomme es nicht mehr an. Ich hatte eine neue SIM-Karte bekommen und die neue PIN auf die alte PIN geändert. Anscheinend nicht. Noch ein Versuch bleibt übrig. Zittrig suche ich mein Outdoorhandy, das ich dank der Finnlandpläne dabei habe. Hier funktioniert die Eingabe der alten Pin. Die Hotline ist nett und kurz darauf funktioniert auch das Smartphone wieder. Glück gehabt. Wie würde ich bloß jemals alleine im Fjäll überleben. Ich weiß schon, warum ich gerne zivilisationsnah unterwegs bin.





                  Als die Sonne aufgeht, denke ich wieder an die finnischen Seen. Über dem See Septembernebel. Enten schwimmen und hinterlassen Spuren.





                  Rot leuchtet der Himmel. Dann geht die Sonne auf.








                  Spontan entscheide ich, einen Bekannten zu besuchen. Er arbeitet in der Nähe von Kleve. Da war ich noch nie. Um 9.00 Uhr verlasse ich den Platz.

                  Mein Navi findet eine nette Strecke – es sind Radwege. R 16? Ich weiß es nicht mehr. Gemütlich tuckere ich mit 30 Sachen vor mich hin. Die Sonne blinzelt durch die Bäume und die Wiesen glänzen. Ich überlege, ob ich Fotos mache, aber diese Fotos habe ich schon tausendmal auf Radtouren gemacht. Es ist einfach zu flach hier. Und wo sich etwas Besonderes zeigt, ist Gegenlicht. Kleine Vögel fliegen auf. Radtourenfeeling. Ich merke keinen Unterschied. Nur die Beine drehen sich nicht. Und ich kann nicht während der Fahrt fotografieren – die rechte Hand ist der Gasgriff. Das ist ein wenig ärgerlich, ständig anhalten mag ich nicht.
                  Kurz vor Kleve ist eine Ortsdurchfahrt gesperrt. Mit dem Fahrrad wäre ich sicher durchgekommen, nun leider nicht. Auf Umleitungsstrecke geht es durch einen nett wirkenden Ort, dessen Namen ich vergessen habe. Emmerich am Rhein? Ich glaube, das war er. Ich denke das erste Mal an Urlaub. Gegen 11.00 Uhr bin ich am Ziel, die Überraschung ist groß, als der Bekannte mich sieht. Das Motorrad kannte er nicht. Ich schaue mir den Betrieb an, in dem er arbeitet und bekomme eine Kappe geschenkt. Genau so etwas hatte ich zu Hause vergessen – sie wird mir gute Dienste leisten. Eine Hochsommertour war nicht geplant. Die Woolpowerhose habe ich inzwischen übrigens durch ein dünneres Wintermodell ersetzt. Und schwitze nicht weniger.

                  Ich entscheide mich, nach seiner Empfehlung in Richtung Roermond, Niederlande zu fahren. Der Ort soll hübsch sein. Es ist wieder richtig warm und die Landschaft abwechslungsreich. Vielleicht finde ich eine Straße, die an der Maas entlang führt, so hoffe ich. Zunächst ist aber wieder eine Streckensperrung, die mein Navi nicht kennt, und so fahre ich erst einmal ein paar Kilometer im Kreis und finde mich am Ausgangspunkt wieder. Auf dem Fahrrad würde ich mich jetzt frustriert auf den Boden werfen oder auf die Straßenschilder eintrommeln, diesmal ist es kein Problem. So entscheide ich mich, den Schildern Richtung Nijmwegen zu folgen und erschrecke mich, als ich plötzlich an der holländischen Grenze bin. Instinktiv will ich wenden, denke dann aber, wieso eigentlich, was habe ich gegen Holland, da wollte ich doch hin? Anscheinend noch uralte, längst vergessen gedachte Erinnerungen an Zeiten, wo Grenzkontrollen noch lästig waren und Unannehmlichkeiten auslösen konnten, wenn man nicht dem Idealbild des seriösen Bürgers entsprach. Baulich wurde die Straße nicht verändert, nur die Grenzstation ist weg.
                  Kurz darauf fluche ich aber: Die Kreisverkehre in den Niederlanden sind klein und eng. Mit gefühlt 5 km/h wackele ich hinein und kurz vorm Umfallen wieder hinaus. Streß. Mein Navi weiß nun gar nichts mehr, und ich stelle das Routing ab und auf Karte um und biege nach Gefühl links ab. Und lande in Berg en Dal, Gelderland. Das Berg nehme ich erst nicht wörtlich, hänge aber plötzlich in einer steilen Kurve, die den Hügel hochführt. In der Kurve ist eine Umgebungskarte, und ich nutze diesen Umstand, um unauffällig in der Kurve zu halten und auf interessiert zu tun, statt mich mit einem Umfaller zu blamieren. Unfassbar. Ich habe Motorradfahren verlernt. Und das nach all diesen Jahren!
                  Scheinbar interessiert betrachte ich also die Karte und lasse die Autos vorbei. Dann tuckere ich den Hügel hoch. Berge in Holland? Vermutlich die einzige Steigung des ganzen Landes und ausgerechnet ich finde sie. Mir bricht der Schweiß aus. Kurvig geht die Straße weiter. Hübsch ist es hier, es gibt wohl auch einen Park und touristische Angebote. Der Wald ist kühl. Leider ist die Straße zu eng, um zu halten und Fotos zu machen und hinter mir sind Autos. Hier würde ich gerne wieder hin.

                  An einer Parkbucht mache ich halt, da ist die schöne Gegend schon fast vorbei. Radfahrer in kurzen Hosen und luftigen Hemden radeln auf den Radspuren fröhlich vor sich hin. Es ist Sommer, und ich beneide sie. Schnell mache ich zwei Fotos. Unter meinen Klamotten sind gefühlt vierzig Grad. Vielleicht sollte ich mich über Fahrradanhänger fürs Motorrad informieren. Dann wäre ich flexibler und könnte zwischendrin mal das Gefährt wechseln.








                  Eine SMS. Ich erschrecke. Meine Mutter. Es ist etwas passiert. Aber es ist ein Freund und keine schlechte Nachricht. Mein Herz beruhigt sich. Ich schwitze noch mehr. Wie kann man nur so blöd sein, bei diesem Wetter in Motorradkluft unterwegs zu sein. Ich gebe Gas. Der Fahrtwind kühlt.
                  Ein paar Kilometer tuckere ich mit immerhin 70 km/h die Landstraße entlang, aber die Autos nerven. Ich bin zu langsam. Die Landschaft ist nun auch nicht mehr besonders schön, und mein Navi drängt mich auf die Autobahn. Ich gebe nach. Eine idyllische Flussstraße sehe ich hier nicht. Dunkel erinnere ich mich, das Holland zu den am dichtbesiedeltsten Ländern gehört.

                  Auch auf der Autobahn ist viel Verkehr, und ich bin dankbar, in Roermond abfahren zu können. Anscheinend wird der Ort durch ein Designer-Outlet geprägt, überall sind Hinweisschilder zu sehen. Die Maas kommt in Sicht, und ich denke an Schleswig-Holstein. Genauer: An den Nordostsee-Kanal. Und schlagartig habe ich keine Lust auf Fahren mehr. Ich will jetzt Natur. Ich flüchte mich vor der Brücke in eine Seitenstraße und suche nach einem Campingplatz. Archies Camping liefert. Einmal um die Kurve, über die Brücke und dann links. Das klingt einfach. Ich fahre dann zwar hinter der Brücke erst einmal zu weit, aber ich staune über die Seenlandschaft. Hier ist das größte Segel- und Wassersportgebiet Hollands.

                  Ich checke ein, der Betreiber ist sehr freundlich. Als ich gezahlt habe, frage ich nach einem Mietfahrrad. Der Mann lacht und zeigt auf den Gastronom. Nur noch ein Tandem, tut ihm leid, sagt er leicht irritiert. Ein paar Leute an der Schranke schauen mich ebenfalls verwundert an. Motorradfahrer, die Fahrräder leihen, kennt man hier anscheinend nicht. Mit den vorschriftsmäßigen 5 km/h schleiche ich über den Platz und werde von einer Jugendgruppe auf Rädern rechts überholt. Auf der riesigen Zeltwiese steht nur ein Grüppchen mit zwei Zelten, und ich stelle mich weit weg. Ich packe das nasse Zelt aus, kurz darauf ist es trocken. Das erste Mal docke ich mein Handy an meine Bordsteckdose an und kann es kaum fassen, dass das funktioniert. Mist, ich habe viel zu viel eingepackt. Den Powerakkusteckdosenkram und die gefühlt hundert Ladekabel hätte ich gar nicht gebraucht. Der Ausblick ist idyllisch – das ist diesmal ironisch gemeint. Vom Platz aus schaut man direkt auf die Stadt.

                  Ich dusche und dann mache ich mich in die Stadt auf, um etwas zu essen zu finden. Ich habe Lust auf Salat. Der ca. 1,5 km lange Fußweg führt über die Brücke, man schaut mich verwundert an. Hier fährt man Auto oder Fahrrad. Entsprechend kann ich keine Fußgängerampel finden und balanciere auf Begrenzungen in Richtung Stadt. Ein Flüsschen, Blümchen, Gastronomie. Hübsch. Für Fußgänger viel zu wenig Platz. Der Marktplatz?





                  Im Innenstadtbereich finde ich einen Intersport und kaufe erst einmal zwei Sommer-T-Shirts. Nobelmarken, stark heruntergesetzt. Alles andere passt nicht. Mein geliebtes Viscose-Shirt ist unter der Motorradjacke nicht nur zu warm, sondern es trocknet auch nicht. In einem Supermarkt kaufe ich Salat, Milch, Brötchen, Thunfisch und Käse fürs Frühstück. Gesalzene Preise. Wieder zu Fuß zurück, der Verkehr lärmt in meinem Ohr.











                  Als ich mein Zelt erreiche, finde ich, dass mein Gefährt und das Vaude perfekt zueinander passen. Beide so krumm gebaut, dass sie schon wieder schön sind. Die Ästhetik des Unverwechselbaren. Ausnahmsweise mal ein Bild.





                  Während ich koche, entdecke ich, dass mein Handytarif nun tatsächlich EU-weit gilt, ich kann mein Glück kaum fassen. Ein billiger Urlaub. Auf meiner Radtour nach Polen habe ich noch 150 Euro für Handygespräche aus dem Ausland bezahlt. Später wird jemand zum Thema Handysteckdose am Motorrad sagen: „Ein echter Grund für ein E-Bike“.

                  Warm weht ein leichter Wind über den Platz. Die Aussicht ist zwar völlig naturfern, aber hat auch ihren Reiz. Zwei Welten, die aufeinanderprallen – das riesige Zeltfeld, am Rande Wohnwagen, vor mir die Boote und der Blick auf die Stadt. Jetzt noch ein Kajak, und der Abend wäre perfekt.











                  In der Luft das leichte Summen sommerlicher Gespräche vor dem Vorzelt. Was für ein Wetter. Es ist September, um 21.00 Uhr ist es schon dunkel. Die Luft kühlt schnell ab. So schön war es in diesem Sommer kaum.
                  Zuletzt geändert von Torres; 05.10.2016, 18:52.
                  Oha.
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                    #10
                    AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                    Danke für dieses sehr spezielle Road"movie". Die Startbedingungen empfinde ich auch als heftig bis tragisch. Man kann nur alles Gute wünschen!

                    Immerhin kommt noch kein Rasenmäher mit ins Spiel https://de.wikipedia.org/wiki/Eine_w...Straight_Story

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                    • ronaldo
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                      #11
                      AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                      Na endlich mal wieder... und Glückwunsch zum strammen Nervenkostüm!
                      Wann gehts weiter?

                      Edit: Oh ich sehe gerade, du hast die extrem seltene Fünfbeinige Kohlschnake (Schnakus quinquelegus) fotografieren können, ja Wahnsinn...
                      Zuletzt geändert von ronaldo; 06.10.2016, 11:47.

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                      • schneehuhn
                        Gerne im Forum
                        • 08.07.2005
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                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                        Vielen Dank für die "Gutenachtgeschichten"

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                        • Torres
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                          #13
                          AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                          Donnerstag, 08.09.2016 Neufchateau


                          Das Kind sitzt auf der Ramsnase. Probefahrt. Objektiv bleiben. Vernünftig. Rational.
                          Es herrscht ein Sonne-Wolken-Mix. Das Getriebe klackert, und was schieberuckeln ist, weiß es nun auch. Es flieht vor dem Regen und lacht, als es gelingt. Die Blumen duften betörend und langsam fahren geht gut. Aber es kann die Marke nicht leiden und der chromglänzende Traum ist auch noch da. Mühsam sucht es nach Fehlern und findet sie auch.

                          Da spricht der Himmel ein Machtwort. Ohne Warnung strömen Wassermassen aus dunklen Wolken auf den Menschen und die Natur. Die Autos fliehen an die Ränder und die mittlere Spur wird frei. Die Gischt zur Seite drängend, gleitet das Kind durch die Fluten, Freudentränen im Gesicht. Pegagus ist vom Himmel gestiegen, Pegasus, das geflügelte Pferd. Es wird es „die Schöne“ nennen.



                          Ich habe erstaunlich gut geschlafen. Ohrstöpsel und Gesichtsmaske waren allerdings Pflicht. Das Zelt ist fast trocken und gegen 9.00 Uhr fahre ich los. Mein Navi hat eine Schöne-Touren–Einstellung, die ich nutze. Mein Ziel ist Burtoncourt. Nicht weit von meiner Zweitheimat weg. Ich fahre kleine, radfahrertaugliche Straßen. Manchmal umfängt mich ein kühler Wald, und das erste Mal gewöhne ich mich wieder daran, anzuhalten und Fotos zu machen. Ohne hinzufallen. Ich fahre durch kleine Ortschaften. Spektakulär ist es hier weniger, und ich denke an die lange Fahrt auf dem Nordseeküstenradweg. War das anstrengend. Über Gegenwind muss ich mir heute keine Gedanken machen.





                          Da die Nebenstrecken sehr lang dauern, nehme ich doch den direkten Weg. Hinter Maastricht führt die Straße nun an der Maas entlang, ist aber so vielbefahren, dass fotografieren nicht möglich ist. Die Autos drängeln und schnell lerne ich, mich links zu halten, um reibungslos voranzukommen, statt immer wieder einscheren zu müssen.. Für romantischen Genuss ist hier kein Platz. Leider, denn eigentlich ist das Panorama schön. Als mir flau im Magen wird, halte ich irgendwo an der Straße und esse ein geschmiertes Brötchen. Ein alter Mann spricht mich an, er hat das Kennzeichen erkannt. Er freut sich, dass ich französisch spreche. Ich bin bereits in Belgien. Er war als junger Mann oft in Hamburg, er hat in Schleswig-Holstein gearbeitet. Die gute alte Zeit.

                          Ich stürze mich wieder in den Verkehr und bald bin ich in Liege, Lüttich. Die Stadt sieht hübsch aus, aber die Straßen überfordern mich. Mein Navi lenkt mich nach links, aber ich kapiere nicht, was es will. Ich eile weiter, bloß den Verkehr nicht aufhalten, man überholt mich riskant. An einer Schleife kann ich wenden, jetzt soll ich nach rechts, ich deute das Navi falsch und fahre wieder geradeaus. Jetzt darf ich über die Brücke, die ich vorhin schon passiert haben und am anderen Flussufer weiterfahren. Wieder soll ich nach rechts. Im letzten Moment bremse ich und wuchte den Trecker mit den Füßen aus unmöglicher Position in die richtige Richtung. Bauarbeiter starren mich an. Ob das richtig ist? Ich beschließe, dem Navi zu vertrauen.
                          Durch einen Tunnel und eine dunkle Straße geht es weiter auf die Autobahn Richtung Luxemburg. Ich bin wieder nass geschwitzt, in der Stadt waren 29 Grad, aber daran liegt es nicht. Dass ich nun auf einer Höhe mit dem Naturpark Eifel bin, weiß ich nicht. Vielleicht hätte ich den Abstecher gemacht. Das ist der Nachteil der Navigation. Man hat keine vernünftigen Karten mehr.


                          Und dann wird es schlagartig ruhig. Und schön. Die Ardennen. Kaum ein Auto ist mehr unterwegs. Feldweggefühle auf der Autobahn.








                          Zur Mittagszeit wird es nun immer wärmer, und ich frage mich, was ich hier eigentlich tue. Ich sollte jetzt in der Natur sein und wandern gehen. Der zweite Liter Wasser verschwindet in meinem Magen, und ich rufe Archies Camping auf. Ein paar Meter von der Autobahn entfernt liegt Neufchateau. Klingt doch perfekt, der Name. Da fahre ich jetzt hin. Vielleicht ist es ganz gut, noch einen Tag zwischen heute und die alte Heimat zu legen. Der Campingplatz liegt an einem See. Spontan biege ich ab.

                          Der Ort wirkt verschlafen, die Läden sind geschlossen und an der Hauptstraße ist der Belag entfernt. Mühsam holpere ich um die herausstehenden Sielabdeckungen herum. Laut Navi soll es jetzt links abgehen, aber eine Straße sehe ich nicht. Ich folge einem Schild, wende unsicher werdend dann doch, und auf dem Rückweg halte ich auf dem vermeintlichen Parkstreifen der angeblich eine Einfahrt darstellen soll und sehe die Zugangsstraße nun doch. Später erfahre ich, dass fast jeder vorbeifährt, der die Einfahrt nicht kennt.
                          Steil geht es hinunter. Der See. Die Rezeption ist in einem Restaurant, es sieht gemütlich aus. Auf französisch erklärt man mir, wo ich hin muss. Ich wähle einen Streifen Wiese am Flüsschen. Das wird Kondens geben, aber zwischen die Wohnwagen will ich nicht.
                          Ich baue schnell das Zelt auf, um mich meiner Klamotten zu entledigen, aber alles klebt derartig, dass ich mein Zelt nicht gefährden will. So ziehe ich die Motorradhose auf der Wiese aus. Skandal, wie ich später erfahre. Ich stand da in der Unterhose!

                          Eine ältere Dame spricht mich an, sie ist aus Holland und spricht deutsch. Ich frage sie, wo der nächste Supermarkt ist. Zu weit, um dort hinzulaufen. Ob sie mich fahren soll? Dankbar nehme ich ihr Angebot an. Sie führt mich zu Lidl, und ich frage, ob es hier nicht etwas Regionales gibt, Lidl muss ja nicht unbedingt sein. „Kleine Geschäfte gibt es in Deutschland nicht mehr, in Holland nicht mehr und in Belgien auch nicht mehr. Wie es in Frankreich aussieht, weiß ich nicht.“ An diesen Satz von ihr werde ich noch oft denken. Sie hat Recht. Die Urbanisierung der Fläche. Um Einkaufszentren kommt man als Reisender kaum noch herum, ein Stück Kultur ist längst verloren gegangen.

                          Nachdem ich gekocht habe, laufe ich in Richtung See. Eine Jugendgruppe tagt, dann wird es ruhig. Majestätisch liegt er vor mir. So still. Wunderschön.











                          Sein Anblick tut gut. Es ist, als würde aller Ballast abfallen. Eintauchen in die Natur. Die Sorgen gehen nicht weg, aber sie werden kleiner.


                          Der Ort. An der Kirche befindet sich anscheinend ein Teil des ehemaligen Chateaus.





                          Es sind viele Familien mit Kindern unterwegs, im Tal ist ein Spielplatz. Ich gehe Richtung Ort und laufe eine idyllische Landstraße entlang.





                          Ein altes Gemäuer.





                          Ein Naturlehrpfad schließt sich an. Libellen tanzen in der Abendsonne, aber ein Foto gelingt mir nicht.











                          In einem Tümpel sollen Frösche leben, doch ist der Tümpel vertrocknet. Den Vogel auf dem Foto sehe ich nicht, ich hätte schwören können, es war kein Vogel da.





                          Langsam wird es kühl. Ein Museumsgebäude.





                          Gurgelnd verschwindet das Wasser im Loch und macht einen höllischen Lärm.





                          Das Grüppchen, das an der Badestelle am See herumgelärmt hatte, zieht ab.





                          Langsam gehe ich wieder zurück.











                          Im Restaurant ist viel Betrieb, ein fröhliches Gemurmel zeugt von Qualität. Die Speisekarte sieht hervorragend aus. Schade, dass ich alleine bin, alleine auf Essen warten mag ich nicht. Dabei wäre das hier vermutlich nicht aufgefallen.

                          Ich wandere noch ein wenig über den Platz.





                          Ein belgisches Ehepaar angelt am Fluss hinter meinem Zelt, der Hund kläfft mich an. Ein kleiner Fisch geht ins Netz. Bald wird der Platz ruhig. Als die Sonne weg ist, wird es merklich kühler und feucht. Eine Lampe strahlt in mein Zelt. Ich bin müde. Der Badger dient als Decke. Schnell schlafe ich ein.
                          Oha.
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                            #14
                            AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                            Hallo Torres,

                            Deinen neuen Tourbericht zu lesen ist wie immer eine Freude !
                            Die Sache mit der Orientierung kommt mir nicht unbekannt vor Ich denke, uns fehlt das Orientierungsgen.

                            Danke für's Teilhaben lassen.
                            rockhopper

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                              #15
                              AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                              "Vogel"?? Kann mich täuschen, aber wenn er nicht aus Plastik war , hast du da eine kleine Sensation erwischt, einen Schwarzstorch. Wikipedia sagt dazu "Ein weit vorgeschobener Ausbreitungskeil reicht derzeit von den Waldgebieten der belgischen und luxemburgischen Ardennen über Nordost- und Zentralfrankreich südwestwärts bis ins Perigord."

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                              • Torres
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                                #16
                                AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                                Zitat von ronaldo Beitrag anzeigen
                                "Vogel"?? Kann mich täuschen, aber wenn er nicht aus Plastik war , hast du da eine kleine Sensation erwischt, einen Schwarzstorch. Wikipedia sagt dazu "Ein weit vorgeschobener Ausbreitungskeil reicht derzeit von den Waldgebieten der belgischen und luxemburgischen Ardennen über Nordost- und Zentralfrankreich südwestwärts bis ins Perigord."
                                Das wäre ja cool. Wie gesagt, ich habe den nicht gesehen. Das Bild ist beschnitten, eigentlich ist im Vordergrund noch mehr Tümpel drauf, weil ich angestrengt nach Fröschen gesucht habe, die sich nicht rührten. Die waren nämlich auf der Schautafel benannt, der Tümpel soll da eine ökologische Perle sein. Leider war er so gut wie vertrocknet, da war mit Fröschen nichts zu machen. Ob die da einen Dekovogel mitten ins Gestrüpp in den Naturlehrpfad gestellt haben? Ich glaube eher nicht. Außer den Tafeln und der Stege erschien mir das ziemlich naturbelassen.
                                Oha.
                                (Norddeutsche Panikattacke)

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                                  #17
                                  AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                                  Ich habe jetzt eben mal ein wenig recherchiert und denke, der Vogel ist nicht echt. Das ist ein didaktischer Lehrpfad und in der Beschreibung steht etwas von Silhouetten. Ich vermute, die haben typische Tiere an ihrem Lebensraum plaziert. Ich kann mir auch nach der Betrachung des Originalfotos nicht vorstellen, dass ich ihn nicht gesehen habe. Er hätte sich bewegt. Zudem gab es ja gar keine Nahrung, es war viel zu trocken. Schade


                                  Zitat von rockhopper Beitrag anzeigen
                                  Hallo Torres,

                                  Deinen neuen Tourbericht zu lesen ist wie immer eine Freude !
                                  Die Sache mit der Orientierung kommt mir nicht unbekannt vor Ich denke, uns fehlt das Orientierungsgen.

                                  Danke für's Teilhaben lassen.
                                  rockhopper
                                  Danke schön. Wobei ich auf meine Orientierungsfähigkeiten eigentlich recht stolz bin. Ich brauche nur eine vernünftige Karte. Oder eine Ahnung, wo ich bin.
                                  Oha.
                                  (Norddeutsche Panikattacke)

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                                  • Torres
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                                    #18
                                    AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                                    Freitag, 09.09.2016 Pay de la Forêt d´Anglier


                                    Das Kind geht in die Küche. Die Mutter steht am Küchentisch, die Hände und Arme sind blutrot. Das Kind erschrickt sich fürchterlich. Die Mutter hat sich verletzt! Aber es ist nur Saft. Heute werden Kirschen eingemacht. Die Sauerkirschen müssen entsteint werden. Eine mühevolle Arbeit. Das Kind muss helfen. Es hat keine Lust. Kann man das nicht kaufen? Nein, das ist viel zu teuer. Jetzt sind die Kirschen billig. Der Bauer hat sie gebracht.
                                    Die süßen Kirschen sind einfacher zu verarbeiten, sie behalten den Stein. Das Einwecken geht schnell. Hoch ragt der Topf auf dem Herd zur Decke hinauf, die Gläser kommen hinein. Angestrengt schaut die Mutter auf das Thermometer. Man muss die richtigen Momente abpassen. Als die Kirschen im Regal stehen folgen Mixed Pixles und Birnen. Im Keller werden Unmengen Kartoffeln in die große Holzstiege gefüllt. Sie müssen bis zum Frühling reichen. Bei Freunden macht man Sauerkraut.

                                    Als die Sauerkirschen im nächsten Jahr den Geburtstagskuchen verzieren, ist alle Mühsal vergessen. Armut kann süß schmecken.



                                    Um sieben fangen die Bauarbeiter mit den Straßenarbeiten an. Ich packe. Das Zelt ist feucht, und ich ziehe es weiter nach vorne in der Hoffnung, dass die Sonne es trocknet. Das groundsheet und den Poncho hänge in einen der Büsche am Fluss. Der Baustellenlärm ist nicht zum Aushalten. Die Holländerin kommt vorbei, und ich verabschiede mich. Wir reden noch ein bisschen. Ich packe weiter und fühle mich schlapp. Ich bin so müde. Gestern hatte ich am See einen Wanderweg gesehen, ich komme bestimmt noch einmal hier hin. Da bin ich mir sicher.

                                    Besuch.





                                    Ich packe Isomatte und Schlafsack in meine Tasche. Jetzt fehlt nur noch das Zelt. Und dann denke ich: Was soll der Schxx. Ich komme bestimmt nicht wieder hierher. Warum wandere ich also nicht heute? Heute nachmittag sind die Bauarbeiter weg und dann ist es hier so ruhig wie gestern. Die Holländerin kommt wieder vorbei, bei mir gegenüber wohnen ihre Freunde. Und als ich sage, ich könne eigentlich auch bleiben, meint sie, so hätte es bei ihr auch angefangen. Und jetzt wäre sie schon 30 Jahre hier. Also räume ich das Zelt wieder ein.


                                    Als ich mit Wanderschuhen, Tagesrucksack, Outdoornavi am Rucksack, Shorts, T-shirt und Kappe über den Platz marschiere, bemerke ich anerkennende Blicke. Das hätte man von einem Motorradfahrer, der sich in Unterhose zeigt, wohl nicht erwartet. Man grüßt mich nett. Im Lokal zahle ich meine 11 Euro und hole eine neue Duschmarke (1 Euro). Encore – noch eine Nacht.

                                    Der Weg ist schnell gefunden.





                                    Und schon geht es in einen wunderschönen Wald.








                                    Gestern hatte ich vom Campingplatz aus den Abhang bewundert. Nun laufe ich unter ihm entlang. Rechts von mir fließt in der Tiefe der Bach.





                                    Ich habe mir im Wald einen Stock geholt. Auf der anderen Seite sieht man Wiesen.





                                    Ab und zu setze ich ab, ich muss mich erst an die Steigungen gewöhnen. Im Wald ist es relativ kalt.








                                    Die erste Bank steht an einer Kreuzung. Wie still es hier ist.








                                    Ein Kirchturm.





                                    Blick zurück.








                                    Der nächste Ort.








                                    Es ist traumschön dort, das lässt sich nicht beschreiben. Ich gehe langsam. Diesen Weg muss ich genießen.





                                    Ein Maisfeld. Ich kann mal wieder die Finger nicht still halten und werde zum Dieb. Vorsichtig löse ich zwei Kolben aus der Pflanze. Sie sind noch weich und jung. Die Ernte wird sich verzögern. Um die Jahreszeit sind die Kolben normalerweise bereits rotgelb und hart.











                                    Wachsen die hier in Finnland nicht auch? Ich bin mir nicht ganz sicher.





                                    Ein Schmetterling fliegt herum. Nicht leicht, ihn zu erwischen. Mir kommt es vor, als hätte es früher mehr Schmetterlinge gegeben.











                                    Und dann haben es mir diese Freunde angetan.





                                    Ein Bauer mit zerknittertem Gesicht tuckert den Weg hinauf. Ich grüße und fotografiere weiter. Ich wüsste gerne, was er über mich denkt.


                                    Eigentlich ein cooles Avatarfoto.





                                    Oder besser das?





                                    Hinter den Bäumen ahnt man Landschaft. Die kleine Kamera schafft das leider nicht.





                                    Die Heuballen sammelt der Bauer gerade ein.








                                    Die Hitze brennt auf meinen Kopf. Ich entscheide mich für den Weg rechts. Der andere ist mir zu kurz.





                                    Die Ortschaft kommt, die ich von Ferne gesehen habe.





                                    In der Ferne eine Rauchsäule. Zufall? Eine Fabrik? Im tiefsten Grunde meines Herzens ahne ich es schon.





                                    Eine Marienstatue. Und davor eine Bank.





                                    Dankbar mache ich Rast.





                                    Nun komme ich an Schmetterlingsbüschen vorbei. Auch Bienen brummen herum. Ich denke an die Ile de Brehat und an Werner. Am Sonntag ist sein Todestag. Mit Schrecken bemerke ich, dass sein Bild langsam verblasst. Die Sorge um meine Mutter ist stärker.














                                    Irgendwann reiße ich mich dann mal wieder los.





                                    An der Kreuzung schaue ich mir die Landschaft an. Ich ahne, wo der Weg nun entlang gehen wird. Ich brauche aber noch Brot und Milch. Es wäre also klüger, Richtung Neufchateau zu gehen. Und so drehe ich wieder um.


                                    Noch einmal die Marienstatue.





                                    Und wieder ein Bienengebüsch.





                                    Ein Heuwagen.





                                    Sprechen die nun flämisch oder französisch?





                                    Egal, es ist eh zu heiß, um zu reden.








                                    Und dann entdecke ich den ersten Raubvogel. Und ärgere mich, dass ich das Tele nicht mithabe. Aber das war mir zu viel Gewicht. Wie man es macht, ist es falsch.





                                    Plötzlich sind es drei. Ihr Rufen hallt über das Tal. Bald darauf sehe ich ein steinernen Zeugnis. Was wird das sein?





                                    Dann sehe ich das Kreuz.








                                    Sorgfältig scheint es aus Stein geschichtet zu sein.











                                    Innen düster und draußen das Licht.








                                    Eine Tafel liefert die Erklärung: Le Monument Allemand. Ein ehemaliger deutscher Friedhof.





                                    Errichtet 1917. Hier fanden blutige Kämpfe des 1. Weltkrieges statt. Nicht vorstellbar, wenn man nur Frieden kennt.





                                    Eine Tafel weist nun auf die Raubvögel hin. La Buse variable, le Martinet noir, le Faucon cerelle.





                                    Und dann sind die Vögel wieder über mir.





                                    An einem Hof hat es der Hund auf mich abgesehen, beruhigt sich aber schnell. Ich grüße den Besitzer, der Gartenarbeiten macht.








                                    Ein Roboterrasenmäher frisst Gras. Faszinierend und abstoßend zugleich. Die fressen auch Gras. Sehen aber netter aus.





                                    Erinnerung an Finnland.





                                    Ein kleiner Weg zurück in den Wald.








                                    Ich versuche, Spinnweben zu fotografieren. Aber so richtig gelingt es mir nicht. Die Kamera stellt nicht scharf.





                                    Eine Schulklasse kommt mir entgegen. Später sehe ich sie wieder, sie werden von ihrer Lehrerin trainiert.





                                    Nun nähere ich mich bereits der Zivilisation und bin etwas traurig. Der Weg war wirklich schön. Es hätte ruhig noch weitergehen können.








                                    Steil geht es nun den Ort hinauf. Zwei Autos wollen in der engen Straße aneinander vorbei. Das geht nur mit Rangieraufwand. Ich würde bei diesen Steigungen verzweifeln.





                                    Der Marktplatz ist belebt, Eltern holen ihre Kinder aus der Schule. Ich erwerbe zwei Baguette und im Bioladen einen Salat, Milch und zwei Eier. Die Milch hatte ich im Kühlschrank vergeblich gesucht, Frischmilch gibt es nur auf Bestellung. Die Frau läuft zum H-Milch Regal. „Demi-ecremé“, fragt sie. „Non“, sage ich, „normalement (oder hieße das besser: normal?). Trois point...“ Mir ist entfallen, ob es 3,5 oder 3,8 Prozent sind. Ich rudere mit den Händen, weil ich die genaue Zahl nicht weiß. Die Frau neben mir lacht mich an. Halbfett und normal. Den Gegensatz kann man so sehen. Ich zahle. Wieder einmal bin ich erstaunt, wie gut ich mit einer völlig ungeeigneten Methode (lernen nach Gehör) in einem halben Jahr Schulzeit ausreichend Französisch gelernt habe, um mich so verständigen zu können, dass man mich versteht.

                                    An der Touristeninformation könnte ich eine Wanderwegkarte erwerben, aber ich sehe schnell, dass nur noch der heute verschmähte Weg bleibt. Morgen vielleicht, falls ich nicht weiterfahre.

                                    Ich such das Chateau, aber es gibt nur ein Modell davon. Ich begreife, dass man nur noch Reste sieht.





                                    Mauerreste.





                                    Auf einem schmalen Pfad turne ich um den Hügel herum. Richtig ist das bestimmt nicht. Aber abenteuerlich. Den offiziellen Rundweg finde ich nicht. Am Fuße des Berges macht die Schulklasse, die ich im Wald sah, Zirkeltraining. Ich bin nun müde und gehe im Tal am See zurück. Die Badegäste am Strand packen ihre Sachen. Im Restaurant ist wieder Betrieb.

                                    Am Abend rufe ich meinen Vater an. Keine neuen Nachrichten. Was ist, wird sich wohl nächste Woche entscheiden. So oder so. Ich gehe früh zu Bett und träume schlecht.
                                    Zuletzt geändert von Torres; 07.10.2016, 21:11.
                                    Oha.
                                    (Norddeutsche Panikattacke)

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                                      • 27.09.2015
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                                      #19
                                      AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                                      Schön geschrieben. Irgendwie gehört alles dazu, Outdoor und halt das tägliche Leben! Interessante Geschichte
                                      Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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                                      • Galadriel
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                                        AW: [D,NL,B,F] Als die Sonne wiederkam – Roadmovie BeneSaarlorLux – Chemnitz

                                        ... vielen Dank, dass wir dich auf der inneren und äußeren Reise begleiten dürfen... echt interessant und originell geschrieben....
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