[NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

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    • 21.05.2008
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    #21
    AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

    Was für ein toller Bericht.
    Ich bin auch gerade von der Südlichen Fjordruta zurück.
    Ich versuche immer noch meine Eindrücke im Gehirn zu verarbeiten.#Leider bekomme ich das nicht so toll aufgeschrieben.
    Ich freue mich schon wenn es weiter geht mit dem Bericht.
    Die Gegend werde ich mir mal auf der Karte ansehen.

    God Tur

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    • Antracis
      Fuchs
      • 29.05.2010
      • 1280
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      • Meine Reisen

      #22
      AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

      Tag 5: Golverskardet - Simskardfjellet - Simskardvatnet

      Die Anstrengung gestern hat uns gut schlafen lassen und wir drehen uns ohne schlechtes Gewissen morgens nochmal um und schlafen weiter. Das Wetter scheint sich nicht wirklich entscheiden zu können, ob es bedeckt bleibt oder aufreißt. Delorme auch nicht, entscheidet sich aber zumindest klar gegen starke Niederschläge und Winde. So frühstücken wir erstmal unser mit Blaubeeren angereichertes Müsli und genießen das wunderschön herbstliche Golsverskardet.








      Dann furten wir die Golverskardelva direkt an unserem Zeltplatz, dank Mittelinsel in zwei Etappen. Das Ganze ist beim heutigen Wasserstand kein Problem, vor zwei Tagen wäre es vermutlich unmöglich gewesen.








      Heute wollen wir das Tal wechseln und über das Simskardfjellet zum Simskardvatnet queren. Also sind erstmal 600 Höhenmeter im Anstieg zu bewältigen, die wir entlang des Flusslaufes zum namenlosen See 1145 in Angriff nehmen wollen.





      Nach der gestrigen Anstrengung läuft das Getriebe nicht ganz so flüssig, dennoch macht es viel Spaß in der herbstlichen Landschaft (das Wetter hat sich mittlerweile eindeutig für bedeckt entschieden) Meter um Meter zu erklimmen, zumal Hang und Flusslauf einfach nur toll aussehen.








      Etwas wehmütig schauen wir zurück ins schöne Golverskardet, das uns in seiner herbstlichen Stimmung nun 3 Tage beherbergt hatte:





      Der Anstieg zieht sich erwartungsgemäß, es gibt viele "falsche Pässe", hinter denen nicht ein vermeintliches Plateau sondern ein weiterer, flacherer Anstieg wartet.





      Dafür wird es immer felsiger, zwingt uns immer häufiger die Ideallinie zu verlassen, an einer steilen Felsstufe nach leichter Kletterei zu suchen, oder halt einen größeren Umweg zu gehen. Mittlerweile haben wir Übung darin, das mit Gleichmut hinzunehmen. Ommmmm.





      Dennoch kostet das alles mehr Zeit als gedacht, aber auch darin haben wir ja Übung erlangt in den letzten Tagen.

      Die Landschaft wird immer zerklüfteter, vor allem die letzen Höhenmeter sind schlimm, wo sich der Fluss in verschiedene einzelne Rinnsale aufteilt, über große steile Platten fließt und zwischen riesigen Felsen durchzwängt, aber wir finden unseren Weg und sind schließlich oben und machen Rast.

      Das Plateau. Norddeutsche wie wir mögen eine gewisse Vorstellung von dem Begriff haben, das hier ist anders. Natürlich schon aus Karte und Satellitenbildern zu erahnen, aber dennoch extremer als erwartet: Extrem zerklüftet, die Höhenunterschiede zwischen den Höhenlinien offenbar voll ausreizend. Garniert mit wirklich riesigen Kaventsmännern von Felsen!





      Ich staune nicht schlecht, als ich bei der kurzen Suche nach fließend Wasser wie durch einen Irrgarten wieder zu Anke zurückfinde, aber vollkommen wo anders rausomme, als ich gedacht hätte.

      Um es spannender zu machen, zieht binnen Minuten Nebel ein, die Sichtweite beträgt zeitweise nahe Null. Au Backe.





      Naja, sowas geht ja in den Bergen auch oft schnell vorbei und wir machen eh gerade Pause, also entspannt abwarten und weiter Nüsse knabbern.

      10 Minuten später: Nix geht vorbei. Gleiche Suppe, wird aber kälter und fängt an zu regnen.

      Also wasserdicht verpacken, nochmal Nüsse knabbern und beraten: Ungünstige Bedingungen, aber immerhin kein starker Wind und auch kein Unwetter vorhergesagt. Im Süden geht es relativ steil bergab, aber da müssten wir uns mit GPS gut von weghalten können. Fürs Umkehren erscheinen die Bedingungen uns nicht ungünstig genug, können wir immer noch. Also Entscheidung: vorsichtig weiter, und immer schön das tun, was Hörr Garmin sagt.

      Apropos GPS: Meldet kurz vor Aufbruch Low Batteries. Hab ich kommen sehen und Ersatzbatterien griffbereit. Präventiv aber nicht gewechselt, was ich jetzt dämlich finde. Da kam der Pfennigfuchser durch. Wenn das Gerät jetzt übers Batteriefach feucht wird beim Wechsel und dann den Geist aufgibt, wärs schön blöd. Kompass haben wir zwar und können damit umgehen, aber bei 5m Sicht nicht so prickelnd. Mit vereinten Kräften aber gut gegangen und wieder was gelernt.

      Wir versuchen, zunächst dem Flusslauf bis zum See zu folgen, was aber leichter gesagt als getan ist. Unüberwindbar hohe Felsen wechseln sich mit rutschigen Platten ab. Hat man endlich einen Weg vorbei oder drüber gefunden, wartet eine große tiefe Wasserfläche oder ein unterspültes Schneefeld. Wenn möglich, versuchen wir in Wasserläufen zu gehen, was noch am besten funktioniert. Alle nachfolgenden Aufnahmen sind, wie meistens in solchen Situationen, noch bei den besseren Sichtverhältnissen entstanden.





      Das Ganze ist sehr zäh und zermürbend und anstrengend, auch mental (und nass! ), aber letztlich erreichen wir endlich den See. Es ist übrigens mittlerweile absolut windstill, zusammen mit dem hellen Gestein und dem Nebel und der Stille ergibt sich eine sehr einmalige Atmosphäre.





      Mittlerweile ist klar, dass wir noch kein Problem haben, aber eines bekommen können. Es ist mittlerweile 16:00 Uhr und unser ursprünglicher Plan wird bei diesem Schneckentempo nicht umsetzbar sein. Im östlichen Teil des Simskardvatnet-Nordufers haben wir per Satellitenbild zwei große Buchten mit Sandstrand ausgemacht und so wollten wir möglichst lange die Aussicht vom Simskardfjellet aus genießen und erst spät im dann flacheren Gelände absteigen. Falls wir es aber überhaupt soweit schaffen sollten, wäre das ein Abstieg mit Stirnlampe. Bloß nicht. Und wenn das Wetter schlechter wird ? Was tun. Aktuell sind südlich von uns steile Klippen, also können wir vorzeitig keine Höhe verlieren und vielleicht dem Nebel entkommen.

      Also Plan B: Vorsichtig weiter über das sich dann deutlich verschmälernde Simskardfjellet bis zu einem sehr kleinen See. Wenn wir dann scharf nach Süden queren, sollte machbares Abstiegsgelände warten und im Simskardet sollten Zeltplätze vorhanden sein, gehen wir halt morgen zum See.

      Also vorsichtig weiter. In diesen Situationen wird einem auch die begrenzte Sicherheit durch ein Delorme klar. Wie lange braucht die Bergwacht wohl ohne Hubschrauber hierher ? Naja, notfalls gibt es immerhin die Option, einen letzten saudämlichen Kommentar bei Facebook zu posten.

      Ich beschränkte mich aber auf eine typische Kernkompetenz von mir: Auch ohne Durchblick die Richtung vorgeben.





      Da es mittlerweile schmaler wird da oben, müssen wir mit unserem Ausweich-Zickzackkurs aufpassen, nicht in zu steiles Gelände zu geraten. Dann sind wir aber endlich da wo wir hinwollen und bekommen zunächst bessere Sicht und nach Stunden wieder etwas Gras unter die Füße.





      ...und können schließlich, nachdem die ersten noch recht steilen und heiklen Meter überwunden sind, unter die Wolken gelangen und die Aussicht ins Simskardet genießen. Zum ersten Mal erblicken wir auch den Simskardvatnet, einen der beiden größten Seen im Børgefjell.








      (Im ersten Bild sieht man rechts im Hintergrund auch gut den steilen Hang, über den man tunlichst nicht aus dem Simskardfjellet absteigen sollte!)

      Wir schieben noch schnell ein paar Kohlenhydratriegel nach und machen uns an den Abstieg. Überraschender Weise kommt sogar nochmal die Sonne raus und spendiert uns ein tolles Licht.





      Es ist zwar schon fast 20:00 Uhr, aber bei weitem nicht so dunkel wie erwartet. Uns packt deshalb der Ehrgeiz, es doch noch zum Simskardvatnet zu schaffen, wenigstens zum Westufer.

      Also geben wir Gas. Leichte Stolperer zeigen uns, dass wir doch schon sehr platt sind. Konzentration! Aber erstmal geht die Sonne in den schönsten Farben unter:








      Dann sind wir endlich da, sehen auch schon gleich eine schöne ebene Plattform und bauen schnell das Zelt auf und richten uns ein. Als wir fertig sind, ist es dunkel und wieder ist Nebel eingezogen bei absoluter Windstille. Es folgt die unterhaltsamste Aktion des heutigen Tages:

      Ich gehe mit Stirnlampe zum Wasserholen nochmal an den See. Vorsichtig mache ich einen Schritt nach dem anderen auf die total stille Wasserfläche zu. Die Wasserlinie ist schwer zu sehen, aber einen Schritt kann ich noch vor machen...und stehe fast knietief im Wasser. Der Schreck der plötzlichen Kälte und der glitschige abschüssige Fels zwingen mich zu zwei weiteren großen Schritten . Ich rudere mit den Armen um nicht zu stürzen und sehe vermutlich aus, wie ein startender Triathlet. Irgendwie komme ich dann aber wieder in den Stand und kann mich ans Ufer retten.

      Kurzer Check: Crocs nass, Füße gewaschen und kalt, aber keine Socken an. Softshellhose aber bis Knie klatschnass. Naja, hätte schlimmer kommen können. Jedenfalls weiß ich jetzt, warum ich meine Daunenjacke bei solchen Aktionen nie trage und auch nie Socken und die lange Icebreaker auch noch nicht angezogen hatte.

      Also nochmal ganz vorsichtig, das Wasser hat sich wieder beruhigt, langsam vortasten, ahh da ist die Wasserlinie, wieder kaum zu sehen, fülle ich die Flasche auf. Und werde dabei recht verständnislos von einem Fisch beobachtet. Das Wasser ist so klar, dass ich mit der Lampe mehrere Meter ins Wasser schauen kann.

      Im Zelt lassen wir es dann kulinarisch krachen: Pemmikan mit Trekkingkeksen, eingeschweißte Hartwürste, Real Turmat Pasta Bolo und Griesbrei mit Heidelbeeren. Das haben wir uns verdient. Immer noch kein Wind, nicht mal ein Bach gluckert. Ungewohnte Stille.

      Gute Nacht!
      Zuletzt geändert von Antracis; 05.10.2016, 06:47.

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      • Blahake

        Fuchs
        • 18.06.2014
        • 1425
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        #23
        AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

        Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
        Das haben wir uns verdient.
        Das habt Ihr in der Tat!!! Nicht zuletzt auch wegen dieses grandiosen Berichtes, es macht wirklich viel Freude, hier mitzulesen

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        • Antracis
          Fuchs
          • 29.05.2010
          • 1280
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          #24
          AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

          Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
          Das habt Ihr in der Tat!!! Nicht zuletzt auch wegen dieses grandiosen Berichtes, es macht wirklich viel Freude, hier mitzulesen
          Das freut mich sehr.

          Vermutlich gibts erstmal ein paar Tage Pause, aber dann gehts weiter. Spätestens am Wochenende hab ich wieder Zeit.

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          • Rainer Duesmann
            Fuchs
            • 31.12.2005
            • 1642
            • Privat

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            #25
            AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

            Herrlicher Bericht! Schreibe topp, Bilder topp. Das legt die Messlatte schön hoch, vielen Dank.
            Und vor allem motiviert es wunderbar für die eigene, nächste Tour. Klasse.

            Rainer
            radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

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            • Antracis
              Fuchs
              • 29.05.2010
              • 1280
              • Privat

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              #26
              AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

              Zitat von Rainer Duesmann Beitrag anzeigen
              Herrlicher Bericht! Schreibe topp, Bilder topp. Das legt die Messlatte schön hoch, vielen Dank.
              Und vor allem motiviert es wunderbar für die eigene, nächste Tour. Klasse.

              Rainer
              Danke Rainer. Wäre der skandinavische Norden nicht auch mal was für Dich ? Ich meine gut, das Bier ist nix, aber den Whisky kann man ja mitschleppen.

              PS: Hab übrigens noch 3 Schottlandtouren in der Schublade, die ich mal schreiben müsste (2013, 2014 und 2015).

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              • Ellipirelli
                Gerne im Forum
                • 21.04.2014
                • 64
                • Privat

                • Meine Reisen

                #27
                AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                Prima Bericht und eine spannende Anregung.
                Interessant war für mich auch Eure Erfahrung mit dem Delorme. Habe schon mal Deinen Erfahrungsbericht zum Gerät gelesen, interessant der Aspekt mit dem Wetterbericht und am Ende dann der Gipfelerfolg (Supertour). Ich glaube das ist für uns auch interessant und dieses Jahr im Sarek hatte ich schon mal das Gefühl... wäre nicht schlecht so ein Gerät
                Tadle nicht den Fluss, wenn Du ins Wasser fällst.

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                • Antracis
                  Fuchs
                  • 29.05.2010
                  • 1280
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                  Tag 6: Simskardvatnet (Westufer) - Simskatdvatnet (Bucht)


                  Ich schrecke Nachts hoch. Wassergeräusche, die ich nicht einordnen kann, durchbrechen plötzlich die Stille. Ich schaue in beide Apsiden, weil es sich tatsächlich so nah anhört, als wenn es direkt neben uns ist. Aber natürlich ist alles trocken. Es ist lediglich Wind aufgekommen und das Wasser des Sees am einige Meter entfernten Ufer verursacht die Geräusche. Also umdrehen und weiterschlafen.

                  Später am Morgen ist es dann bedeckt und ziemlich windig, es zieht uns also nicht sofort vors Zelt und wir süppeln unser Teechen im warmen Schlafsack. Später genießen wir trotz des bedeckten Wetters den von Bergketten eingerahmten, riesigen See und die gute Luft, es ist fast ein bisschen wie am Meer.








                  Weiter gehts dann direkt am Ufer entlang nach Osten, wo wir hoffen, unsere sandigen Buchten zu finden und Strandurlaub zu machen, auch wenn das Wetter nicht gerade in diese Richtung weist - aber schaun ma mal.

                  Der Weg am Ufer entlang ist, verglichen mit dem Gelände der letzten Tage, leicht zu gehen und das Ufer wunderschön.








                  Die Uferlinie ist von vielen Einbuchtungen und Zuflüssen geprägt, das Gelände nur sanft ansteigend und oft sehr sumpfig oder überflutet, so dass wir immer wieder zu größeren Umwegen gezwungen werden.





                  Schließlich, nach nur knapp 2 Stunden kommt dann sogar kurz die Sonne raus und da ist sie auch schon, die Copacabana des Simskardvatnet.





                  Es ist Platz für alle da, es gibt mehrere Strandabschnitte.





                  Die Zeltplatzwahl erweist sich als schwierig. Für heute Nacht und morgen sind mittelstarke Winde, aber vor allem so heftige Regenfälle vorhergesagt, dass ich zunächst dachte, dass sich der Forcastschreiber in der Kommastelle geirrt hat.

                  Nun sind aber praktisch alle halbwegs ebenen Flächen sehr feucht und jede halbwegs windgeschützte Mulde wird vor unserem geistigen Auge durch das Wasser der Berghänge geflutet. Wir entscheiden uns also für einen gut drainierten, halbwegs ebenen Platz auf einer kleinen Anhöhe.





                  Vom Zeitplan her wollten wir ja eigentlich schon gestern hier sein, allerdings war eh geplant, etwas länger zu bleiben und es ist wirklich ein schöner Platz. Wir hatten auch einen Tagesausflug zu einem nördlich gelegenen Gletschersee geplant, entscheiden uns aber schweren Herzens dagegen. Denn erstens wird das Wetter wieder schlechter und der See liegt sicher in dicken Wolken, weiterhin sind wir auch einfach platt und wollen auch mal einen Tag die Füße still halten.

                  Also verbringen wir den Rest des Tages damit, uns und die Klamotten gründlich mit Hilfe des Sees zu waschen. Abends fängt es dann wieder an zu nieseln und zu winden und treibt uns ins Zelt.





                  Also gibts einen kuschligen langgezogenen Abend mit viel Lesen und Essen. Couscous mit Spinat und heißer Schokopudding, getrocknete Mangoröllchen haben wir auch noch.




                  Tag 7: Abwettern Simskardvatnet


                  Der Regen kommt um 4:00 Uhr und er kommt so heftig, dass uns sein Prasseln aus dem Schlaf reist. Es windet auch ordentlich, so dass wir nur oberflächlich weiter schlafen. Nach dem Frühstück diskutuieren wir die Lage. Ich will weiter gehen und möglichst auch noch ins nächste Tal kommen, da ab Morgen deutliche Wetterbesserung angesagt ist und wir dann schon eine gute Ausgangsposition für weitere Unternehmungen hätten. Anke hingegen hat wenig Lust, im starken Regen zu wandern und setzt sich durch. Wenn sich das Wetter bessert, können wir am Nachmittag immer noch Starten oder unseren Trip zum Schmelzeissee nachholen.

                  Aber es wird nicht besser, im Gegenteil. Der starke Regen hält an und der Wind nimmt stetig zu. Ich gehe schließließlich vors Zelt, um Wasser sowohl zu lassen als auch zu holen, setze zwei Heringe um und sichere die Luv-Seite zusätzlich mit schweren Steinen, da der Wind immer stärker wird.

                  Über den See hinweg kann man den Pass sehen, wo wir eigentlich heute drüber wollten ins nächste Tal:





                  Eindrucksvoll sind mittlerweile die Wassermassen, die aus dem Gebirge hinunterschießen. Das ursprünglich kleine Rinnsal am Ende der Bucht donnert bedrohlich und schallt über den See.





                  Gegen Mittag steigert sich der Wind dann zu einem Sturm, der das Zelt ordentlich durchschüttelt. Überdies dreht der Wind etwas, so dass wir ihn teils auf der Breitseite des Tunnels haben. Anfangs können wir das noch routiniert genießen und spulen unser Abwetterprogramm aus Essen und Lesen ab, aber so gegen 15:00 Uhr ist der Spaß dann entgültig vorbei.

                  Der Sturm peitscht mittlerweile voll gegen die Breitseite des Tunnels und biegt die Stangen bedrohlich durch. Ich gehe nochmal raus, um weitere Heringe mit Steinen zu sichern. Wirklich Spaß macht das nicht mehr.








                  Mittlerweile sind die Böen so stark, dass Anke von Innen versucht, die Stangen zu stabilisieren. Ich erwäge kurz, die Eispickel als Verankerung der beiden am stärksten belasteten Leinen zu nehmen ( Dann hätten wir sie wenigstens für etwas benutzt ), aber die Heringe halten bombensicher. Ist auch ein bewährter Mix: Die Standard Hilleberg Y-Pegs halten nur die seitlichen Schlaufen an den Stangenkanälen, die 4 Hauptabspannpunkte sind mit noch deutlich größeren Exped X-Pegs gesichert und die Sturmleinen mit MSR C-Pegs.





                  Daran wird es also nicht scheitern. Allerdings drücken sich die Stangenhalterungen tief in den weichen Boden, was für die Stabilität ungünstig ist, also bastel ich an zwei Stellen flache kleine Steine drunter. Mehr kann ich nicht tun und überhaupt ist es schwer, sich draußen überhaupt auf den Beinen zu halten, so stürmt es mittlerweile. Also schnell zurück ins Zelt.

                  Drinnen spricht Anke das Offensichtliche aus: Das die Bedingungen so extrem sind, dass wir jederzeit einen Stangenbruch erleiden können und wir uns deshalb bereit halten sollten. Der Notfallplan wäre, durchs Simskardet bis zur Simskarhytta zu wandern. Das würde zwar viele Stunden dauern, wäre aber eine relative safe Strecke zu einer sicheren Unterkunft. Also verpacken wir alles wasserdicht und schlüpfen aus dem warmen Schlafsack in die feuchtkalten Klamotten, immer wieder damit beschäftigt, die Stangen mit den Händen zu stützen. Insgesamt 2 Stunden geht das so und wird nicht besser.

                  Schließlich entscheiden wir, uns doch wieder in die Schlafsäcke zu legen, um nicht weiter auszukühlen, bleiben aber weiter abmarschbereit. Nach etwas Pemmikan und Trekkingkeksen geht es uns besser, aber wir verbringen drei weitere bange Stunden in Alarmbereitschaft.

                  Dann scheinen zumindest die heftigsten Böen überstanden und Anke geht zum Pinkeln raus und findet dabei ( ich hoffe, davor ) den Zeltheringsbeutel, den ich offenbar verloren habe.
                  Sie checkt auch nochmals die Verankerung. Alles O.K, aber draußen um unsere Anhöhe herum ist alles überflutet. Wir packen dann also wieder aus und essen zu Abend.

                  Der Sturm lässt uns auch in den nächsten Stunden nicht zur Ruhe kommen. Zwar wird er nicht stärker, was uns optimistisch macht, dass das Zelt halten wird, aber jede kurze Ruhepause wird wieder von heftigen Böen unterbrochen. Es ist erstaunlich, wie das einen nervlich allein durch die Dauer fertig machen kann. Hatte ich bisher auch noch in keinem Unwetter.

                  Ich liege auf der Windseite, und bekomme immer wieder Spritzer ab, die von den Böen durchs Innenzelt gedrückt werden , was zwar nicht viel ist, aber auf die Dauer auch nervig. Irgendwann kommt mir die Idee, den Tatonka-Schutzsack, mit dem ich meinen Rucksack auf dem Flug schütze, zwischen mich und das Innenzelt zu legen und mich damit vor dem Spritzwasser zu schützen. Hätte ich auch in den 4 Jahren zuvor drauf kommen können.

                  Wir können weiterhin nicht einschlafen, immer wieder scheint es besser zu werden, um dann wieder volle Kanne zurückzukommen. Also bleibt uns nur, zu dösen und das Wetter zu beschimpfen.

                  Erst gegen 4:00 Uhr hört es dann endlich auf und der Wind lässt nach. Wir schlafen erschöpft ein.
                  Zuletzt geändert von Antracis; 07.10.2016, 06:44.

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                  • Dogmann
                    Fuchs
                    • 27.09.2015
                    • 1022
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                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                    Ja so eine stürmische Nacht die hat schon was!
                    Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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                    • Blahake

                      Fuchs
                      • 18.06.2014
                      • 1425
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                      #30
                      AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                      Puuuh, was für ein Sturm! Kein Wunder, dass Du wegen meiner windigen Nacht im Sarek mitfühlen kannst, vielen Dank für den netten Post in meinem Bericht
                      Aber bei Euch ist das offenbar noch um einiges heftiger gewesen, da wird mir ja beim mitlesen schon ordentlich bange!!!
                      Das Übelste dabei ist wohl echt, wie Du ja selbst schon schreibst, wenn das so lange dauert und an die Nerven geht...
                      Ich flattere weiter mit

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                      • JustMe79
                        Erfahren
                        • 28.05.2015
                        • 199
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                        #31
                        AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                        Naja - auf den Bildern vom See ist quasi keine Gischt zu sehen und nur minimale Brandung - sooo schlimm kann der Sturm also gar nicht gewesen sein.

                        Ist halt ein generelles Problem von Tunnel- bzw. tunnelähnlichen Zelten, wenn der Wind dreht und die seitlich trifft, wird's ganz schnell ungemütlich - da hilft dann der Markenname auch nur noch bedingt...

                        Bei meinen zwei TNF-Zelten habe ich in jahrelangen, hochwissenschaftlichen Studien eine verlässliche Methode gefunden, die tatächliche Gefährlichkeit eines Sturms vom Inneren des Zeltes aus zu bestimmen - wenn die Uco-Laterne, welche im First hängt, durch die Heftigkeit der Böen und das 'Schütteln' des Zeltes mehr als 45° seitlich ausgelenkt wird bzw. durch die Erschütterungen gar erlischt - ab da weiß ich, dass es langsam an's Eingemachte geht.

                        Bei allem darunter kann ich mittlerweile (zumindest mit Ohrstöppseln) völlig entspannt essen/lesen/schlafen...

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                        • Antracis
                          Fuchs
                          • 29.05.2010
                          • 1280
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                          #32
                          AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                          Zitat von JustMe79 Beitrag anzeigen
                          Naja - auf den Bildern vom See ist quasi keine Gischt zu sehen und nur minimale Brandung - sooo schlimm kann der Sturm also gar nicht gewesen sein.
                          Du wirst die Lage ganz sicher von einem Foto aus besser beurteilen können als jemand vor Ort, da brauchen wir ja gar nicht zu streiten.


                          Ist halt ein generelles Problem von Tunnel- bzw. tunnelähnlichen Zelten, wenn der Wind dreht und die seitlich trifft, wird's ganz schnell ungemütlich - da hilft dann der Markenname auch nur noch bedingt...
                          Was der Markenname damit zu tun hat und was Deine Schadenfreude hervorruft, verstehe ich ehrlich gesagt nicht wirklich. Aber da kann sich ja auch jeder selbst ein Urteil bilden. Gute Tunnel, nicht nur von Hilleberg, halten Seitenwinde von >100km/h aus. Ich hatte schon Stangenbrüche und ich wurde auch schon von Wind auf den Boden gedrückt und konnte erstmal nicht mehr aufstehen. Ich rede also in der Regel nicht von Sturm, wenn es keiner ist. Aber tatsächlich gehts mir wirklich nicht darum, anzugeben, den härtesten aller Stürme abgewettert zu haben, sondern ich hab es einfach beschrieben wie wir es erlebt haben.
                          Zuletzt geändert von Antracis; 07.10.2016, 17:41.

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                          • JustMe79
                            Erfahren
                            • 28.05.2015
                            • 199
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                            • Meine Reisen

                            #33
                            AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                            Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
                            Du wirst die Lage ganz sicher von einem Foto aus besser beurteilen können als jemand vor Ort, da brauchen wir ja gar nicht zu streiten.

                            Was der Markenname damit zu tun hat und was Deine Schadenfreude hervorruft, verstehe ich ehrlich gesagt nicht wirklich.
                            OT: Das brauchen wir wirklich nicht, und das will ich auch gar nicht. Ich habe nur angemerkt, dass es auf den Bildern wirklich nicht sonderlich extrem aussieht, weder auf dem See noch in Sachen Deformation eures Zeltes. Vermutlich hast du bei den stärksten Böen aber auch Gestänge-haltend im Zelt gesessen und hast nicht fröhlich draußen herumfotografiert, oder doch?

                            Was ich von wegen Markennamen meinte, war hauptsächlich darauf bezogen, dass speziell Hilleberg-(Tunnel)-Zelte meiner Meinung nach oft etwas overhyped werden, und dass auch die was Stabilität angeht nur mit Wasser kochen und die Physik nicht außer Kraft setzen können.

                            Ich habe '98 mal ne Sturmnacht im Sarek erlebt, das hat zwar durchaus ordentlich gerüttelt, war aber wirklich nix Wildes und weit weg von meinen heftigsten Stürmen. Am nächsten Morgen kurz nach dem Aufbruch trafen mein Kumpel und ich zwei Finnen, die uns erzählten, ihr Zelt (Hilleberg Tunnel) wäre über Nacht zusammengeklappt bzw. sie hätten es flachlegen müssen, weil es sonst zerlegt worden wäre - das war gerade mal 300m von unserem Zeltplatz entfernt bei ansonsten gleicher Topologie.

                            Das Problem bei Zelten jeglicher Bauart ist ja leider nicht, dass sie generell keine hohen Winde oder gar Seitenwinde aushalten - solange die relativ konstant sind - das Problem sind ganz klar die Böen, die ein Zelt von einer Sekunde auf die andere brachial hin- und herfetzen bei teils wechselnder Richtung. Ein seitlich getroffenes Tunnelzelt hat dabei leider allein schon aufgrund der riesigen Querschnittfläche und suboptimalen Aerodynamik besonders schlechte Karten, das ist einfach so.

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                            • Antracis
                              Fuchs
                              • 29.05.2010
                              • 1280
                              • Privat

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                              #34
                              AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                              So passt es dann schon.

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                              • Antracis
                                Fuchs
                                • 29.05.2010
                                • 1280
                                • Privat

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                                #35
                                AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                                Tag 8: Simskardvatnet - Austre Måsskardvatnet


                                Gegen 9:00 Uhr weckt uns Sonnenschein. Und was für welcher. Es ist nicht so, dass die Natur so tun würde, als sei gestern nix gewesen. Es weht immer noch eine steife Brise, aber bei Sonne ist dieser Ort halt doch noch etwas großartiger.





                                Der Copacabana steht die Sonne auch gut.





                                Wegen des kühlen Windes bauen wir kurzerhand unser Zelt zur Strandmuschel um und können so windgeschützt im warmen Schlafsack frühstücken und trotzdem die Aussicht zu genießen.








                                Wir haben es angesichts dieses tollen Wetters überhaupt nicht eilig und machen nun doch unseren Strandurlaub.





                                Dabei können wir schon aufgrund der klaren Sicht die fernen Gipfel sehen. Das Måsskardfjellet und den Kvigtinden (links), seines Zeichens mit 1699m höchster Gipfel im Børgefjell, den wir uns vielleicht morgen vorknöpfen wollen. Die Forecast schaut gut aus.





                                Irgendwann müssen wir dann aber doch los und inspizieren das Zelt beim Abbau genau auf mögliche Schäden. Die Stangen haben, soweit wir sehen können alles gut überstanden. Dann staunen wir aber nicht schlecht, tatsächlich ist eine Schlaufe an der am meisten belasteten Mittelstange ca. zur Hälfte eingerissen.





                                Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass das eine einzige Böe schafft, vermutlich hat sich eher die Abspannleine innerhalb der fast 24h durch die vielen Böen "durchgesägt" (Schmelzverbrennung ?). Wie auch immer, es hat erstmal gehalten, wir werden uns aber später nochmal drum kümmern müssen.

                                Der Weg am Ufer entlang ist in der Sonne reines Lustwandeln, zumal auch zunächst einfach zu gehen. Auch hier hat der Herbst schon Einzug gehalten:





                                Nahe unseres ersten Zeltplatzes am See machen wir eine Pause und sonnen uns, mittlerweile hat auch der Wind nachgelassen.

                                Es ist unglaublich, wie klar das Wasser ist, der 3,5 Quadratkilometer große See hat Wasser in Schauaquariumsqualität:







                                Am westlichen Ufer wird das Gelände wieder felsiger, macht aber Spaß zu gehen und ist einfach nur schön.











                                Wie schafft die Natur sowas ? Eis oder Blitzschlag ?





                                Wir umrunden den See fast zur Hälfte und nehmen dann die knapp 150 Höhenmeter hoch zum Pass in Angriff, um den Ausläufer des Måsskardfjellets herum stoßen wir dann auf ein Plateau mit zwei weiteren herrlichen Seen.








                                Hier auf etwas über 1000 Meter geht es natürlich wieder über Blockwerk, allerdings ist es wirklich wunderschön.











                                Dann ist wieder der Blick auf den mächtigen Kvigtinden frei.





                                Wir umrunden bei tief stehender Sonne den zweiten See und haben dann freie Sicht in das lichtdurchflutete Moevsdurrie. Wow!





                                Auch der Austre Måsskardvatnet, unser heutiges Tagesziel, präsentiert sich prächtig in der Abendsonne.





                                Der Abstieg ins Tal zieht sich, aber schließlich sind wir da. Am Seeufer ist es insgesamt ziemlich feucht, doch wir finden ein schönes trockenes Plätzchen. Wir stellen zunächst das Zelt notdürftig auf und Anke näht mit klammen Fingern, es ist inzwischen wieder ein nicht starker aber sehr kühler Wind aufgekommen, die eingerissene Schlaufe. Um der Leine einen Angriff auf die reparierte Stelle zu erschweren, klebe ich sie noch mit Gewebeband ab. Dann sichern wir alles gut und genießen das Licht, aktuell das einzig Warme hier draußen.





                                Nach dem Essen studieren wir noch den Weg zum Kvigtinden. Die Wettervorsage ist immer noch verheissungsvoll, also stellen wir uns erstmals den Wecker, um wirklich früh los zu kommen und schlafen zufrieden ein.
                                Zuletzt geändert von Antracis; 07.10.2016, 21:15.

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                                • JustMe79
                                  Erfahren
                                  • 28.05.2015
                                  • 199
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                                  #36
                                  AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                                  Sehr geiles Unterwasserbild!

                                  Hab mich an solchen Seen dort oben schon öfters gefragt wie es wohl wäre, dort zu tauchen - so ähnlich karg-schön hab ich mir das schon vorgestellt, im Idealfall allerdings noch mit nem kleinen Schwarm Forellen oder so.

                                  Immerhin habt ihr jetzt also nach der harten Zeit mal wieder einen richtigen Hammertag gehabt, schon den dritten, wenn ich nix übersehen habe - das ist doch schonmal ein echt guter Schnitt. Bei den Cirruswolken auf den letzten Bildern würde ich (ohne Derlorme) allerdings vermuten, dass es im späteren Verlauf des nächsten Tages zuziehen wird - am Vormittag müsste es allerdings noch klappen mit eurer geplanten Besteigung. Bin auf jeden Fall schon gespannt auf die Fortsetzung.

                                  Das mit der Abspannleine bzw. der Schlaufe ist aber natürlich schon der Hammer. Wenn der Sturm noch nen Tag angehalten hätte, was durchaus vorkommt, dann wäre die vermutlich irgendwann durch gewesen und ihr hättet mal ein richtig großes Problem gehabt. Das ist doch dasselbe Zelt, mit dem du vor zwei Jahren schon den Gestängebruch hattest, oder? Eieiei...

                                  Davon gänzlich unabhängig - wäre es eventuell möglich, dass du die genaue Reisezeit in der Einleitung oder gar das jeweilige Datum im Header der Tagesberichte nachträgst? Ich finde das immer total interessant und hilfreich, wenn man z.B. nachvollziehen kann, wann genau das Wetter wo wie war, wann z.B. die Herbstfärbung wo wie weit fortgeschritten war und so weiter, und man das mit eigenen Erfahrungen oder anderen Reiseberichten abgleichen kann. Danke!!

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                                  • Borgman
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                                    • 22.05.2016
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                                    #37
                                    AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                                    Zitat von JustMe79 Beitrag anzeigen
                                    Sehr geiles Unterwasserbild!
                                    Finde ich auch, und die beiden Fotos davor sind auch toll!

                                    Wenn es derselbe Sturm war, den ich am Mistfjord erlebt habe, dann war es am 06. September. Habe leider auch keine Beweisfotos mit dramatisch tosender Brandung, anfangs war ich viel zu sehr damit beschäftigt, Steine heranzuschleppen um die Heringe zu sichern, eine halbe Stunde später dann, das Zelt abzubauen und einen geschützten Platz zu suchen.

                                    Das Problem mit den Schlaufen kenne ich auch, das Band ist zu dünn. Nach 3 Wochen Island hingen die Abspannleinen nur noch am seidenen Faden. Habe sie dann aus stärkerem Material erneuern lassen und bin seitdem zufrieden.

                                    Danke schon mal zwischendurch für den superschönen Bericht, oh Mann, ich will auch wieder ins Børgefjell, wenn ich das lese!

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                                      • 29.05.2010
                                      • 1280
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                                      #38
                                      AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                                      Tag 9: Austre Måsskardvatnet - Kvigtinden - Austre Måsskardvatnet

                                      Wir sind schon wach, aber der Wecker gibt um 6.00 Uhr ein Zeichen, das es uns erleichtert, den Schlafsack zu verlassen. Das Wetter ist prächtig und die Sonne strahlt. Und wir haben den Kvigtinden von der ersten Minute an im Blick.





                                      Die Querung des Plateaus läuft zunächst besser als gedacht. Es gibt wenig Hindernisse und einen angenehm zu laufenden Untergrund.





                                      Anfangs können wir uns durch das Gewirr der vielen kleinen, oft miteinander verbundenen, Seen noch durchmogeln, schließlich müssen wir doch den Hauptstrom furten, weil wir keinen stiefeltauglichen Übergang finden.





                                      Wir sind etwas nervös. Im Vorfeld konnten wir recherchieren, dass man den höchsten Gipfel der Gegend ohne Seilsicherung besteigen kann und mit einigen kargen Internetinfos und Satellitenbildern war auch die Route offensichtlich. Dennoch wirkt der schroffe exponierte Grat einschüchternd und wird, obwohl Wanderberg, voraussichtlich im oberen Bereich unserer Möglichkeiten liegen. Aber das Wetter ist großartig und wir gut drauf, also wirds schon passen. Wir verschnaufen noch etwas und dann gehts los.





                                      Der erste Abschnitt führt zunächst entlang der herunterstürzenden Wasserfälle.





                                      Dann führt der Weg erstmal weit nach Nordosten am Hang entlang, was auch angenehmer ist, als auf der Westseite unter den Schneeresten zu laufen, die am Måsskardfjellet hängen.





                                      Der Hang ist doch steiler als erwartet, aber technisch einfach zu gehen.





                                      Nachdem wir einige Felsflanken und ein steiles Schneefeld umgangen haben, gelangen wir wieder ins Blockgelände...





                                      Etwas später erreichen wir ein wunderschönes Hochtal, wo wir Rast machen.





                                      Dann geht es, direkt gegen die Mittagssonne, weiter hoch Richtung Grat.





                                      Wir zielen dabei nochmals nördlich, um zunächst möglichst einfach auf den Teil des Grates zu kommen, der eigentlich eher ein breiterer Rücken ist. Und schließlich sind wir oben und haben bereits einen gigantischen Fernblick in die östlichen Areale des Børgefjells,





                                      Dann machen wir uns zum Grat auf, der eine beeindruckende Gletscherrutsche auf der östlichen Seite aufweist.





                                      Hier treffen wir der ersten und einzigen Menschen auf dieser Tour, einen Jäger aus Bergen, der auf Schneehuhnjagd unterwegs ist. Er ist seit einer Woche in dem Gebiet unterwegs und hat auch bisher niemanden getroffen. Nach kurzem Smaltalk geht es weiter.

                                      Zunächst baut sich der Grat als ziemliche Wand vor uns auf, in der wir aber eine Route finden, die zwar leichte Kletterei erfordert, aber gut zu bewältigen ist.











                                      Wobei es offenbar nicht jeder geschafft hat.





                                      Schließlich sind wir oben an dem Aufschwung und haben damit die Hauptschwierigkeit überwunden.





                                      Ab hier wird es einfacher, da der Grat gemächlicher ansteigt. Haben wir anfangs über die uns direkt ins Gesicht scheinende Sonne geflucht wegen der schlechten Sicht, ermöglicht Sie mir jetzt eines der besten Fotos der Tour:





                                      Die letzten Meter zum Gipfel werden nochmal etwas rauer, der Weg führt in leichter Kletterei an einer steilen Felsflanke entlang und ist stellenweise vereist, so dass man etwas vorsichtig sein muss. Aber dann sind wir schließlich auf dem Gipfel, bei grandioser Sicht und Windstille. Bessere Bedingungen geht kaum.





                                      Nach Osten breitet sich der gewaltige Kvigtindengletscher aus, wir sind beeindruckt.











                                      Nach Westen können wir tatsächlich bis zum Visstindan-Massiv in Lomsdal-Visten schauen, wo wir letztes Jahr wetterbedingt und, weil wir irgendwie die Hosen voll hatten, umgedreht sind. Das gibt uns eine gewisse Genugtuung.





                                      Auch überblicken wir praktisch unsere ganze Route der letzten Tage ab dem Golverskardet. Ich habs mal der Übersicht halber beschriftet. (2 x Klicken für volle Vergrößerung. )





                                      Natürlich bekommt auch unser schwer arbeitender Träger seinen verdienten Auftritt.





                                      Wir genießen die guten Bedingungen und albern noch etwas auf dem Gipfel herum, insgesamt sind wir fast eine Stunde oben.





                                      Irgendwann müssen wir uns dann aber leider doch trennen und machen uns an den Abstieg. Der verläuft zunächst einfacher, als gedacht. Das Gestein bietet bei der Trockenheit einen guten Grip und es gibt auch immer wieder steilere Steinplatten, die uns zwar im Aufstieg zu beschwerlich gewesen wären, über die man aber gut abwärts gehen kann.

                                      Um Zeit zu sparen, kürzen wir etwas ab und gehen nicht ganz bis auf den breiten Rücken zurück, sondern verlassen den Grat, im steileren Blockgelände, schon etwas früher.

                                      Plötzlich höre ich hinter mir meine Frau wie in Todesangst schreien. Als ich mich umdrehe, sehe ich sie reglos, mit dem Gesicht nach unten, im Blockgelände liegen. Scheiße!

                                      Während meines 15m-Sprints durchs Gelände hin zu Ihr mit ca. 200 Puls denke ich, sie ist bewusstlos, vermutlich gestürzt und mit dem Kopf irgendwo aufgeschlagen. Das ich kein Blut sehen kann, beruhigt mich erstmal nicht.

                                      Dann bewegt sie sich aber etwas und spricht sogar. Nämlich dass ich Ihr den Rucksack abnehmen soll, sonst kann sie nicht aufstehen. O.k., kann also nicht so schlimm sein.

                                      Was war passiert ? Ein größerer Block war ganz plötzlich weggekippt, so dass Anke, vom nach vorne oben schiebenden Rucksack unterstützt (ohne Stöcke zu diesem Zeitpunkt), quasi zu einem Kopfsprung ins Blockgelände gezwungen wurde. Dabei hätte ziemlich viel passieren können, bis auf einige kleinere Kratzer und blaue Flecke an Knie und Ellenbogen ist aber nix passiert. Schutzengel ausgereizt.

                                      Wir schnaufen beide mal durch und Anke trinkt erstmal was und muss sich kurz setzen, aber dann gehts auch schon weiter. Naturgemäß etwas vorsichtig und langsamer.

                                      Der weitere Rückweg verläuft ohne besondere Vorkomnisse. Durch die gute Übersicht von oben kommend, schaffen wir es diesmal sogar, das Tal zu queren, ohne furten zu müssen.

                                      Zeltsuchbild:





                                      Gegen 18 Uhr sind wir am Zelt, 10h hat es heute gedauert. Wir waschen uns noch im See und belohnen uns danach mit Pasta Bolo und Milchreis mit Erdbeeren. Wieder mal ist es total windstill. Was für ein grandioser Tag.


                                      Zuletzt geändert von Antracis; 09.10.2016, 22:46.

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                                        • 18.06.2014
                                        • 1425
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                                        #39
                                        AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                                        Zitat von Antracis Beitrag anzeigen
                                        Zeltsuchbild
                                        Hab's gefunden, hab's gefunden!!


                                        Was für ein Schreck an einem sonst so fantastischen Tag! Ein Glück, dass Anke nix Schlimmeres passiert ist!

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                                        • Antracis
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                                          • 29.05.2010
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                                          #40
                                          AW: [NO] Norwegen on the rocks: Børgefjell Herbst 2016

                                          Zitat von JustMe79 Beitrag anzeigen

                                          Immerhin habt ihr jetzt also nach der harten Zeit mal wieder einen richtigen Hammertag gehabt, schon den dritten, wenn ich nix übersehen habe - das ist doch schonmal ein echt guter Schnitt. Bei den Cirruswolken auf den letzten Bildern würde ich (ohne Derlorme) allerdings vermuten, dass es im späteren Verlauf des nächsten Tages zuziehen wird - am Vormittag müsste es allerdings noch klappen mit eurer geplanten Besteigung. Bin auf jeden Fall schon gespannt auf die Fortsetzung.
                                          Über das Wetter konnten wir uns auch wirklich nicht beschweren, letztlich ist es auch interessant Wetterbeobachtung vorort und Forecast zu vergleichen. Letztlich muss man sich klar darüber sein, das beides beschränkte Sicherheit bietet, gerade im küstennahen Gebirge z.B.


                                          Das mit der Abspannleine bzw. der Schlaufe ist aber natürlich schon der Hammer. Wenn der Sturm noch nen Tag angehalten hätte, was durchaus vorkommt, dann wäre die vermutlich irgendwann durch gewesen und ihr hättet mal ein richtig großes Problem gehabt. Das ist doch dasselbe Zelt, mit dem du vor zwei Jahren schon den Gestängebruch hattest, oder? Eieiei...
                                          Ja,wobei ich den Gestängebruch ja dem Scandium anlaste, das bezeichnenderweise ja auch kein Expeditionszelthersteller mehr verwendet. Wichtig ist halt, beim Sturm immer mal wieder draußen die Lage zu peilen. Demnächst also auch die Schlaufen.

                                          Hab das Datum jetzt mal zumindest im Header nachgetragen.

                                          Danke auch die Komplimente für das UnterwasserBild, da bedanke ich mich mal mit einem Video.

                                          https://youtu.be/Ci1BCFrUtic

                                          @Borgmann: Danke! Der Sturm war 11/12.09, aber 6/7 hats auch ziemlich gerappelt, nur zelteten wir da 500 Hm tiefer und windgeschützt. In welche Bereichen von Borgefjell warst Du denn unterwegs ?
                                          Zuletzt geändert von Antracis; 11.10.2016, 07:41.

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