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1. Tag:
Es ist Nachmittag. Wir sitzen neben den fertig gepackten Rucksäcken im Auto und warten, dass der Regen nachlässt. Um uns herum blicken wir durch die Fenster in das regenverhangene Kahlfjäll.
Nachdem wir die Berge der Umgebung sorgfältig mit der Karte abgeglichen haben, sind wir uns mittlerweile sicher, dass wir uns auf dem Stellplatz Heimdalsmunnen befinden. Ansonsten gibt es nämlich
nichts, das darauf hinweisen würde.
Irgendwo vor uns, weiter im Norden, muss Gjendesheim liegen. Unsere Routenplanung sieht vor, weglos Richtung Westen ins Leirungsdalen zu marschieren. Aber der Regen hält ziemlich unvermindert weiter an. Vor uns liegen jedoch zwei Wochen Trekking, daher kann der Regen unserer guten Laune nicht das Geringste anhaben.
Schließlich siegt Ungeduld über Bequemlichkeit und wir brechen im Regen auf. Schnell lassen wir unser Auto und die Straße hinter uns und müssen die ersten Bäche überqueren. Wir haben uns vorgenommen, heute noch nach Möglichkeit den Leirungsae zu furten und dann einen Lagerplatz zu suchen. Das Gelände ist relativ eben, der Boden nass und durchgeweicht. Immer wieder müssen wir kleinere Buschgruppen durchqueren.
Wir sind das erste Mal in Norwegen. Bei der Anfahrt haben wir einen unfreiwilligen Umweg über Gjovik genommen, aber ansonsten hat alles gut funktioniert.
Dann erreichen wir den Leirungsae. Nach einem Regentag ist er zumindest nicht gerade auf Niedrigststand. Wir bewegen uns flussaufwärts und halten nach einer geeigneten Stelle zum Furten Ausschau.
Recht bald sehen wir eine Flussgabelung, die uns annehmbar scheint. Der Fluss ist hier breit und nicht besonders tief. Die Strömung wirkt jedoch durchaus kräftig. Ich begebe mich vorsichtig ins Wasser, und ja, die Strömung ist nicht ohne. Aber es geht, im Seitwärtsgang bewege ich mich durch das knietiefe Wasser auf die kleine Insel im Fluss zu. Meine Feundin folgt mir. Ich erreiche die Inselmitte, als meine Freundin Probleme meldet. Sie ist noch etwa zwei Meter vom Ufer entfernt, und befürchtet, von der Strömung umgerissen zu werden, sobald sie einen Fuß anhebt. "Meine Füße werden weggedrückt!", ruft sie etwas panisch. Ich lege meinen Rucksack ab, begebe mich zurück ins Wasser und geleite meine Holde wohlbehalten an das Ufer. "Selbst im Stehen habe ich gemerkt, wie das Wasser meine Füße nach hinten drückte," erklärt sie. Der zweite Flussarm ist dagegen kein Problem. Vermutlich wäre es schlauer gewesen, die Überquerung auf den nächsten Morgen zu verschieben. Wir gehen noch etwas flussaufwärts und schlagen dann an einem kleinen Sandstreifen unser Lager auf.
Immerhin haben wir mit der Überquerung des Leirungsae die einzige unbekannte Variable der geplanten Route abgehakt. Obwohl der Regen abschwächt und zeitweise ganz aufhört, bleibt es ungemütlich und wir lassen uns das Abendessen im Zelt schmecken.
Tag 2:
Das Wetter hat sich komplett geändert: Es ist sommerlich warm und ein freundlicher Himmel empfängt uns. Wir hängen unsere durchnässten Sachen zum Trocknen raus und genießen das Frühstück. Erst jetzt realisieren wir, wie malerisch die Landschaft um uns herum eigentlich ist.
Heute werden wir ins Leirungsdalen wandern. Frohen Mutes packen wir usnere Sachen zusammen und marschieren los. Hier und da piesacken uns ein paar Mücken. Als wir bei den hölzernen Überresten einer Schutzhütte ankommen, sind wir uns endgültig sicher, dass wir uns richtig auf der Karte verortet haben.
Wetter und Landschaft sind ein Traum. Wir machen viele Pausen und genießen dankbar die Sonne. Andere Wanderer begegnen uns nicht. Ja, so haben wir uns das vorgestellt!
Der Fluss ist türkis- bis milchig-blau und teilt sich bisweilen in mehrere Arme. Wir beschließen, nicht mehr allzulange zu gehen und uns einen schönen Zeltplatz zu suchen. Es besteht kein Mangel, alle paar Meter laden malerische Plätze zum verweilen ein.
Vor einem wild rauschenden Wasserfall bauen wir schließlich das Zelt auf, lassen die Sonne noch ein paar Sachen trocknen und den lieben Gott einen guten Mann sein.
Tag 3
Wieder hat sich das Wetter komplett gedreht: Es ist regnerisch und ziemlich windig. Das gestern noch so idyllische Tal ist nass, grau und wolkenverhangen.
Wir verbleiben nach dem Frühstück im Zelt, spielen Schach und warten auf besseres Wetter. Als sich dieses nicht einstellt, packen wir schließlich unsere Sachen zusammen und marschieren weiter.
Es regnet fast ununterbrochen, bisweilen auch recht kräftig. Wir sind nicht begeistert, der Marsch ist eher Plichtübung als Vergnügen. Bis wir plötzlich weiter unten im Tal eine ziemlich große Rentierherde sehen. Eine Abwechslung genau zur rechten Zeit. Sie zieht an uns vorbei Richtung Osten. Kurze Zeit später taucht die nächste Herde auf. Leider hat meine Freundin nur begrenzt Verständnis für meine Ausdauer beim Beobachten der Herden. "Los, lass uns jetzt weiter!", höre ich an diesem Tag öfter. Denn es kommen noch viele Herden an uns vorüber.
Schließlich wird es etwas steiler beim Aufstieg zu einem höher gelegenen See. Wir verlieren immer wieder den kleinen Trampelpfad, alles ist rutschig und nass. Im Süden können wir auf einen Gletscher blicken.
Als wir auf den See schauen können, meint der Wettergott es gut mit uns: Kurz kommt tatsächlich die Sonne raus und setzt den See in Szene wie er es verdient hat.
Die Sonne ist schnell wieder verschwunden. Wir überlegen, ob wir am See zelten sollen oder noch weiter nach Westen Aufsteigen. Dort sieht es aber sehr felsig aus. Wer weiß, wann die nächste Gelegenheit kommt. Wir beschließen daher, unser Lager an dem See zu errichten. Zwar haben wir auch heute kaum Kilometer gemacht, aber wir haben beide für heute genung. Die Suche nach einem geeignetet Platz dauert etwas, denn Matsch und Rentierköttel machen es uns nicht gerade leicht, aber schließlich werden wir fündig.
Das Wetter bleibt schmuddelig und wir im Zelt.
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