[AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

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    [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Land: Österreich, Phyrn-Priel / Oberösterreich
    Reisezeit: 17. bis 18. September 2016
    (Fotos mit freundlicher Genehmigung der Fotografen Roland Koch und Daniel Hinterramskogler, ergänzt durch eigene Aufnahmen)

    ,,Papa, ich auch wandern?!" - mein Sohn schaut mich hoffnungsvoll mit großen Augen an, als ich beginne meinen Rucksack zu packen. Nein, diesmal nicht, dieses Mal wird es keine gemeinsame Familientour mit Sohnemann in der Kraxe am Rücken. Es ist Freitagabend, morgen Früh soll es losgehen, eine besondere Herausforderung wartet: 24 Stunden am Stück Wandern für den guten Zweck.

    Anfang Oktober 2015 das erste Mal veranstaltet, las ich damals die Berichte in der Zeitung. Beeindruckt von dieser Herausforderung und auch dem Sinn dahinter, noch dazu in unmittelbarer Nähe, war ich dann dank meiner Frau heuer im September bei der zweiten Auflage mit dabei.

    Organisiert wird diese Wanderung von drei engagierten Oberösterreicherinnen, mit dem Ziel, den Erdbebenopfern in Nepal zu helfen. So auch der offizielle Titel der Veranstaltung ,,24 Stunden für Nepal - jeder Schritt hilft". Das gesamte Startgeld der Teilnehmer wird heuer zur Gänze für den Bau einer Schule in Muna / Tandrang zur Verfügung gestellt. Die Kosten der Veranstaltung, wie zum Beispiel für die Verpflegung bei den Labstationen, werden zur Gänze über Sponsoren finanziert.

    Letztes Jahr wurde das Geld für den Wiederaufbau der vom Erdbeben beschädigten ,,Gerlinde und Ralf Schule" in Thulosirubari verwendet, die mit Unterstützung von Gerlinde Kaltenbrunner, Ralf Dumjovits und der Nepalhilfe Beilngries 2009 eröffnet wurde und in der 500 Schüler unterrichtet werden. Übrigens, Gerlinde Kaltenbrunner (die erste Frau, die alle 14 Achttausender ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen hat) war letztes Jahr und auch heuer wieder bei dieser 24 Stunden Wanderung mit dabei. Sie hat nicht nur einen Bezug zu Nepal, sondern auch zur Region Phyrn-Priel, in der die Wanderung stattfindet, denn sie ist hier geboren und aufgewachsen. Diese Region liegt im südlichen Oberösterreich und umfasst neben den oberösterreichischen Voralpen auch Teile der nördlichen Kalkalpen.

    Zurück zu meinem Rucksack. Nach wochenlangem Sommerwetter kommt jetzt pünktlich genau an diesem Wochenende eine ordentliche Kaltfront, die Abkühlung und viel nasses Wetter verspricht. Die Sonnenbrille wird von der Packliste gestrichen, stattdessen kommt die Regenhose mit dazu. Zusätzlich wird alles in einen Packliner verstaut, vor allem die Wechselkleidung soll trocken bleiben. Einen ungewohnten Ausrüstungsgegenstand nehme ich diesmal auch mit, nämlich einen kleinen Regenschirm. Nach ein paar Schwierigkeiten mit dem neuen Trinksystem (soll angeblich aus einer PET-Flasche ein Trinksystem machen, zieht aber irgendwie immer Luft und ist daher für mich völlig unbrauchbar, war als Alternative zur normalerweise verwendeten Trinkblase gedacht, da sich unterwegs eine Flasche leichter wieder befüllen lässt als die Trinkblase im Rucksack) sind die Vorbereitungen abgeschlossen.


    Samstag, 17. September 2016, 5:00 Uhr

    Der Wecker klingelt. Zähneputzen, Duschen, kritische Stellen an den Füßen Tapen, Anziehen und Kaffeetrinken. Alles möglichst ruhig und routiniert, aber die Anspannung lässt sich nicht leugnen. Draußen regnet es in Strömen, naja, laut Wetterbericht soll es gegen Mittag besser werden. Kurz vor 6 Uhr sitzen wir im Auto, mein Sohn darf heute mal früher aufstehen und wundert sich, wohin wir in der Dunkelheit schon fahren. Nach einer halben Stunde kommen wir beim Gasthaus Seebauer am Gleinkersee an, Start und Endpunkt der Wandertour. Meine Frau und mein Sohn begleiten mich noch und organisieren Frühstück während ich mich anmelde. Aufgrund meines Familiennamens werde ich bei der Registrierung gefragt, ob ich von ,,hier" komme. Naja, nicht ganz, aber mein Großvater stammt aus Hinterstoder, wo wir in der Nacht durchwandern werden.

    Ich begnüge mich mit einem Pfefferminztee, so bald in der Früh hab ich noch keinen Appetit. Mein Sohn freut sich sichtlich über seine Semmel mit Butter und Marmelade. Es sind schon ziemlich viele Leute da, insgesamt sind heuer 122 Personen angemeldet (maximal 150 könnten mitgehen, aber das schlechte Wetter hat wohl die Kurzentschlossenen diesmal ausbleiben lassen). Gerlinde Kaltenbrunner geht von Tisch zu Tisch und begrüßt die Teilnehmer. Sie ist wirklich eine sehr nette und sympathische Frau! Ich gehe kurz vor die Tür, der Regen hat noch nicht nachgelassen. Ich entscheide mich, Regenhose und Regenjacke anzuziehen. Der Start ist für 7 Uhr geplant, es gibt noch eine kurze offizielle Ansprache vom Organisationsteam und von Gerlinde Kaltenbrunner. Ich verabschiede mich von meiner Frau und meinen Sohn, die mir als Überraschung noch ein kleines Motivationspaket überreichen, dass ich erst bei Bedarf öffnen soll.
    Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben. (Konfuzius)

  • Waron
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    #2
    AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

    Gleinkersee zur Dümlerhütte



    Gruppenfoto vor dem Start (Foto: Roland Koch)

    Bevor es nun endlich losgeht, nehmen wir Aufstellung für ein Gruppenfoto. Um 7:30 Uhr starten wir. Wir gehen rechts entlang des Sees zu dem Steig, der auf die Dümlerhütte führt. Ich beobachte die anderen Teilnehmer und vor allem die unterschiedlichen Setups die von kurzer Hose und Trailrunner mit Ultraleicht-Poncho bis zu offensichtlich zu viel und zu warm mit dicken Jacken angezogen reichen. Am Beginn des Steigs höre ich das erste Murren von manchen Teilnehmern, da es sich auf dem schmalen und steiler werdenden Weg etwas staut. Auch war ja letztes Jahr das Wetter viiiel besser, und außerdem und überhaupt... . Ich frage mich kopfschüttelnd, was manche erwarten, wenn sie sich zu einer solchen Veranstaltung anmelden. Auch für mich ist diese Art von Tour neu, habe aber im Vorfeld versucht mich darauf einzustellen. Aber an das Gejammer hinter mir kann ich mich nicht gewöhnen.


    Auf dem Weg zur Dümlerhütte (Foto: Roland Koch)

    Nach ziemlich genau 1 Stunde 45 Minuten und rund 650 Höhenmetern erreichen wir die Dümlerhütte und werden begleitet von Ziehharmonika und Gitarre vom Hüttenwirt begrüßt. Vor der Hütte gibt es Getränke, in der Hütte Frühstück und Suppe. Ich gehe rasch in die Hütte um mir einen warmen, trockenen Platz zu sichern. Nach einigen Frühstücksbroten ziehe ich die Regenhose aus und ein frisches Shirt an. Der Regen hat nachgelassen, die nächste Etappe werde ich mit Softshelljacke gehen. Die Stimmung in der Hütte ist gut, einige genehmigen sich schon die ersten Gläser Bier.


    Dümlerhütte - Schafferteich - Steyrsbergerreith

    Nach in etwa 1 Stunde 15 Minuten geht es weiter, nun talwärts Richtung Vorderstoder. Es ergeben sich einige nette Gespräche und wir kommen gut voran.


    Unterwegs auf der zweiten Etappe (Foto: Waron)


    Die Sicht ist leider schlecht (Foto: Waron)

    Weiter unten, als der Weg wieder breiter wird, beginnt es erneut zu Regnen. Zu diesem Zeitpunkt hoffe ich noch, dass sich der Wetterbericht bewahrheitet und es mit der Zeit trockener werden wird. Die Gespräche mit anderen Teilnehmern drehen sich oft um Wandern, Bergsteigen, Reisen in ferne Länder - schließlich ist das hier auch der gemeinsame Nenner. Für einige wenige scheint ein Gespräch leider hauptsächlich im Vortragen eigener sportlicher Leistungen zu bestehen, solchen Monologen weiche ich so schnell wie möglich aus.


    Der Weg ist stellenweise matschig (Foto: Roland Koch)

    Bald erreichen wir einen kleinen See, den Schafferteich. Weiter geht es auf einer Forststraße wieder bergauf. Die Gruppe zieht sich in die Länge, ich sehe manchmal nur vereinzelt Leute vor und hinter mir. Endlich etwas Ruhe und Abstand. Ich führe ein längeres, sehr interessantes Gespräch mit Horst, der auch schon letztes Jahr dabei war. Horst ist knapp 70 Jahre alt und hat sein Leben lang als Sport- und Heilmasseur gearbeitet. Er hat eine sehr gute Menschenkenntnis und kümmert sich gerne um andere. Er wird später noch einige kleine Wehwehchen von so manchen Wanderer behandeln.

    Kurz nach 14 Uhr erreichen wir die Steyrsbergerreith, eine Alm auf 1.200 Meter Seehöhe. Die Jungstiere messen ihre Kräfte auf der Weide, während wir mit Getränken, Speck- und Käsebroten versorgt werden. Leider bietet die Alm keinen Platz unter Dach, so muss die halbstündige Pause im Regen verbracht werden.


    Steyrsbergerreith (Foto: Roland Koch)


    Pause im Regen (Foto: Waron)
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    • Waron
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      #3
      AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

      Steyrsbergerreith - Edtbauernalm - Hutterer Böden

      Weiter geht's über die Edtbauernalm auf die Hutterer Böden, die Mitten im Skigebiet Hinterstoder liegen. Ich kann mich nicht erinnern, hier außerhalb der Skisaison schon einmal gewesen zu sein. Wo ich vor fast 30 Jahren Skifahren gelernt habe, grasen jetzt die Kühe. Auf einer Seehöhe von 1.400 Meter kehren wir kurz vor 16 Uhr in die Löger Hütte ein. Die Löger Hütte ist eine typische Skihütte mit quirligem Wirt (und für meinen Geschmack furchtbarer Musik aus den Lautsprechern, die zum Glück heute nicht allzu sehr aufgedreht sind). Ich bin überrascht, wie gut die Hütte mit Touristen gefüllt ist, liegt wohl daran, dass bei vielen Urlaubsquartieren im Sommer die Seilbahnfahrt gratis inkludiert ist. Zu Essen gibt es wahlweise Tiroler Gröstl oder Käsespätzle, ich habe Glück und bin relativ weit vorne in der Schlange bei der Essensausgabe direkt aus der Küche. Hier ist eine längere Pause geplant, wir bleiben 2 Stunden 15 Minuten und haben somit noch genug Zeit für Strudel und Kaffee und auch für ein Bier als Belohnung für die bisherige Leistung. Die Stimmung an meinem Tisch ist gut, wir trinken eine Runde Zirben Schnaps.

      Ich nutze auch die Zeit um meine Schuhe auszuziehen und meine Füße zu begutachten. Bis auf eine paar Druckstellen sieht alles noch ganz gut aus.


      Hutterer Böden - Polsterlucke

      Kurz nach 18 Uhr geht es wieder raus in den Regen. Das Organisationsteam hat aufgrund des schlechten Wetters die Route etwas ändern müssen. Statt weiter bergauf und dann runter Richtung Tal über einen Steig nehmen wir den direkteren, weniger anspruchsvollen Weg ins Tal. So gegen 19:30 Uhr, wir sind gerade auf einem Waldweg unterwegs, bricht die Dunkelheit herein. Kurzer Stopp, alle kramen ihre Stirnlampen hervor. Wenig später erreichen wir offenes Gelände. Man glaubt es kaum, der Regen hat aufgehört und die Wolken lichten sich ein wenig! Der helle Mond blitzt hervor, im Schatten der Nacht sind die Silhouetten von Spitzmauer und Großem Priel erkennbar, zwei mächtige Gipfel im Toten Gebirge, die über dem Stodertal thronen. Ein wunderbarer Anblick, der an diesem Tag bisher durch die Regenwolken verwehrt blieb.


      Bergpanorama bei Nacht (Foto: Roland Koch)

      Als nächstes queren wir die Straße, die von Hinterstoder zum Talschluss führt. Wandern über feuchte Wiesen im Mondlicht hat irgendwie etwas Mystisches. Wir sind seit 13 Stunden unterwegs und haben knapp 33 Kilometer und etliche Höhenmeter zurückgelegt, ich bin voll motiviert. Um 20:45 Uhr erreichen wir die nächste Labstation, in der sogenannten Polsterlucke. Während ich meine Suppe esse, schreibe ich eine Nachricht an meine Familie zuhause:

      ,,Pause im Polsterstüberl mit Wildeinmachsuppe und Zipfer Freibier. Es gibt bereits Ausfälle (wegen der Wanderung, nicht aufgrund des Freibiers) aber mir geht's gut. Füße spür ich, ist aber alles im Rahmen."

      Ich nutze auch die Gelegenheit, Socken und Schuhe zu wechseln (am Start hatte man die Möglichkeit, einen Beutel mit Wechselschuhe abzugeben, die dann beim Polsterstüberl deponiert wurden). Ab jetzt bin ich mit Trailrunner unterwegs, die zweite Hälfte der Tour ist vom Gelände her weniger anspruchsvoll als der erste Teil. Ich muss mich beeilen, die einstündige Pause hier wird mir fast zu kurz.
      Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben. (Konfuzius)

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        #4
        AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

        Polsterlucke - Hinterstoder - Sonnleiten - Ramsebn

        Wir wandern weiter, vorbei am Schiederweiher, einem idyllischen See in dem sich an schönen Tagen das Bergpanorama spiegelt. Hier war ich oft in meiner Kindheit, Sonntagnachmittagsspaziergänge mit meinen Eltern und Brüdern. Kurz vorm Johannishof biegen wir auf den Flötzersteig ein, der mit einer Länge von 22 Kilometern vom Beginn des Tales bis zum Ursprung der Steyr im Talschluss führt. Wir folgen dem Weg entlang der Steyr, nahe vorbei an dem Haus, in dem mein Urgroßvater wohnte. Unser Weg führt uns durch Hinterstoder, nach dem Ort vorbei an der Kreidelucke (eine Höhle) und dem imposanten Stromboding Wasserfall. Knapp zwei Stunden nach der letzten Rast wird eine 15-minütige Pause eingelegt. Ich gönne mir einen Müsliriegel und ausreichend Wasser aus meiner Trinkflasche.

        Wir verlassen nun den Flötzersteig und queren noch einmal die Hauptstraße, die durch das Tal führt. Es geht nun vorbei an dem Hof, wo mein Großvater aufgewachsen ist und wo wir früher regelmäßig meine Urgroßmutter besuchten. ln der Sonnleiten geht es jetzt wieder fast 400 Höhemeter hinauf, zuerst auf einem Güterweg, später durch den Wald und über nasse Wiesen. Es ist nach Mitternacht und schön langsam wird es zäh. Wirklich zäh. Die Füße sind schwer, mein Körper verlangt eigentlich nach der um diese Zeit üblichen Nachtruhe. Das schlimmste ist jedoch mein rebellischer Magen, der sich nicht entscheiden kann, ob er die Arbeit einstellen oder unangenehm beschleunigen soll. Magenkrämpfe sind die Folge. Irgendwann gibt auch noch der Kopf seinen Senf dazu, und stellt ungefragt zur Diskussion, was und warum wir das hier eigentlich tun. Dann Stille im Kopf. Mir fällt im Moment dazu keine passende Antwort ein. Ich versuche die negativen Gedanken zu verdrängen und die Krämpfe zu ignorieren. Ich folge dem Schritt meines Vordermanns, es kann nicht mehr weit sein, bis wir das nächste Etappenziel erreichen und Pause machen.

        Nach insgesamt 17 Stunden 45 Minuten und 47 Kilometern kommen wir beim Almhotel Lindbichler in der Ramsebn an. Der Chef begrüßt jeden Wanderer persönlich mit Handschlag. Draußen ist es ziemlich kühl, die Plätze in der Scheune werden knapp. Es gibt Suppe, aber ich mag nichts essen, der Magen streikt. Ich trinke kleine Schlucke aus meiner Flasche und ruhe mich auf einer Bank aus. Jetzt ist es Zeit für mein Motivationspaket. Es sind einige hochprozentig gefüllte Schokopralinen, eingepackt in einer Zeichnung meines Sohnes, versehen mit ein paar netten Zeilen meiner Frau. Ich freue mich sehr und lasse eine Praline im Mund zergehen. Ein Taxi- Bus kommt um einige Wanderer abzuholen, die nicht mehr weiter können und aufgeben.


        Ramsebn - Lengau - Sonnwend

        Nach einer Stunde geht es weiter. Ich konnte mich etwas erholen, aber es bleibt zäh. Es geht weiter auf Waldwegen bis wir nach einer Stunde einen Güterweg erreichen. Nun geht es mehr als 300 Höhenmeter talwärts, bis wir die Bundesstraße queren müssen. Es ist 4 Uhr morgens, die letzte Labstation sollte laut Plan um 5 Uhr erreicht werden. Es kann ja nicht mehr so weit sein und wir werden hier im Tal ja auf einfachen Wegen unterwegs sein, denke ich.

        Wir müssen zuerst jedoch in die Gegenrichtung laufen, damit die Bahnschienen überquert werden können. lm Anschluss geht es wieder in den Wald auf unbefestigten Wegen steil bergauf. Damit hab ich nicht gerechnet. Bevor es wieder bergab geht, wird der Weg schmal. Es staut sich, alle sind müde und manche haben große Schwierigkeiten mit diesem rutschigen Abschnitt. Es ist mittlerweile 5 Uhr, die Villa Sonnwend, unsere nächste Station, nicht in Sicht. Ich kämpfe wieder mit Magenkrämpfen. Zur Ablenkung ziehe ich das Tempo an, überhole einige Wanderer vor mir. Der Weg wird wieder breiter, wir kommen schließlich auf eine Nebenstraße. Das erste Mal habe ich das Gefühl, das Ziel nicht zu erreichen. Noch dazu beginnt es wieder zu regnen, zuerst nur leicht, dann immer stärker. Meine Motivation ist am absoluten Tiefpunkt. Ich frage einen der Bergretter, die die Wanderung begleiten, wann wir die Villa Sonnwend erreichen werden. Er meint in maximal 10 Minuten. Ich ziehe das Tempo noch mal ordentlich an, ich will unbedingt einen Platz im Trockenen. Um 5:50 Uhr erreiche ich im strömenden Regen das Etappenziel.


        Ankunft Villa Sonnwend (Foto: Daniel Hinterramskogler)


        Endlich im Trockenen (Foto: Daniel Hinterramskogler)

        Zum Glück ist in der Villa genug Platz. Ich hole mir draußen von der Versorgungsstation zweimal Tee, Essen will ich auch jetzt nichts. Ich informiere meine Frau, dass wir hinter dem Zeitplan sind und voraussichtlich erst zwischen 8:00 und 8:30 Uhr am Gleinkersee ankommen werden. Für einige Teilnehmer ist hier nach 62 Kilometer Schluss, sie fahren die letzte Etappe mit dem Taxi-Bus. Ich überlege kurz... - nein, das ist keine Option für mich.


        Versorgungsstation (Foto: Daniel Hinterramskogler)
        Zuletzt geändert von Waron; 04.10.2016, 09:02.
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        • Waron
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          #5
          AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

          Sonnwend - Windischgarsten - Gleinkersee

          Um 6.30 Uhr starten wir wieder, der Regen hat aufgehört und es wird schon hell. Eineinhalb bis zwei Stunden noch maximal, im Gesamtkontext dieser Tour kommt mir das kurz vor. Mittlerweile kennt man sich zum Teil schon untereinander, Gespräche werden fortgesetzt und vertieft. Ich merke wie nicht nur bei mir sondern auch bei anderen die Stimmung steigt und die Motivation zurückkehrt.


          Auf der letzten Etappe (Foto: Daniel Hinterramskogler)

          Rasch sind wir unten in Windischgarsten, der Ort scheint noch im Tiefschlaf zu sein, außer uns ist niemand auf der Straße. Ich unterhalte mich mit Gerlinde Kaltenbrunner, sie erinnert sich auf Anhieb, dass mich meine Frau und mein Sohn vor dem Start begleitet haben. Es klart etwas auf, die Berggipfel rund herum werden sichtbar. Gut zu sehen ist die Dümlerhütte, das erste Etappenziel von gestern. Ein Stück unterhalb, wo noch Wolken tief hängen, liegt der Gleinkersee. Sechs Kilometer steht auf einem Straßenwegweiser, ganz so weit ist es nicht mehr, denn wir kürzen mit einem Wanderweg durch den Wald die kurvige Bergstraße ab. Noch einmal etwas mehr als 200 Höhenmeter Aufstieg, dann hab ich es geschafft. Der Wanderweg endet 1,2 Kilometer vor dem Ziel an der Straße. Ich ziehe das Tempo ein letztes Mal an, beflügelt vom näher rückenden Ziel.

          Voll Freude erreiche ich den Gasthof Seebauer, wo wir vor 24,5 Stunden gestartet sind. Ich rufe meine Frau an, die schon am Weg ist um mich abzuholen. Gerlinde Kaltenbrunner schüttelt mir die Hand und gratuliert mir zum erfolgreichen Abschluss der Tour. Ein paar Minuten später sehe ich auch schon meine Frau und meinen Sohn aus dem Auto steigen, ich laufe ihnen entgegen. Sie sind stolz auf mich und freuen sich mit mir.

          Ich hab's geschafft!


          Eckdaten der Tour:
          Distanz: 69,03 Kilometer
          Aufstieg: 2.598 Höhenmeter
          Abstieg: 2.598 Höhenmeter
          Gesamtzeit: 24 Stunden 33 Minuten
          Zeit in Bewegung: 17 Stunden 33 Minuten

          [GPX-Track einfügen]
          Zuletzt geändert von Waron; 24.09.2016, 19:44.
          Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben. (Konfuzius)

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          • Sternenstaub
            Alter Hase
            • 14.03.2012
            • 3321
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            #6
            AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

            das ist ein sehr schöner Bericht und es waren offensichtlich ganz besondere 24 (und mehr) Stunden für dich. Schön mal von so einer Tour hier zu lesen!
            Two roads diverged in a wood, and I—
            I took the one less traveled by,
            And that has made all the difference (Robert Frost)

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            • Waron
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              • 23.11.2011
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              #7
              AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

              Zitat von Sternenstaub Beitrag anzeigen
              das ist ein sehr schöner Bericht und es waren offensichtlich ganz besondere 24 (und mehr) Stunden für dich. Schön mal von so einer Tour hier zu lesen!
              Vielen Dank für deinen netten Kommentar zu meinem Bericht!
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              • Dogmann
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                • 27.09.2015
                • 1022
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                #8
                AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

                Netter Bericht, Guter Zweck! Besseres Wetter hätte ich dir und dem Rest gewünscht. Aber bei gutem Wetter kanns ja jeder
                Richtig wohl fühle ich mich nur draußen !

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                • Waron
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                  #9
                  AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

                  Zitat von Dogmann Beitrag anzeigen
                  Netter Bericht, Guter Zweck! Besseres Wetter hätte ich dir und dem Rest gewünscht. Aber bei gutem Wetter kanns ja jeder
                  Danke! Ja, das Wetter hat es zu einer ganz besonderen Herausforderung gemacht
                  Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben. (Konfuzius)

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                    • 23.11.2011
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                    #10
                    AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

                    Hier noch ein Link zu einem Artikel aus der "ZEIT" über die Bergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner und die 24 Stunden Wanderung:

                    http://www.zeit.de/2016/41/gerlinde-...omplettansicht
                    Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben. (Konfuzius)

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                    • Trekkingbegeisterung
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                      • 07.09.2016
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                      #11
                      AW: [AT] 24 Stunden Wandern für den guten Zweck

                      Toller Beitrag!

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