[FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

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  • Sylvie
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    • 20.08.2015
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    #41
    AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

    Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
    Jetzt hab ich gefunden, was ich meinte. War ja nicht so einfach. Exobasidium splendidum ist ein Pilzbefall bei Preiselbeeren:

    Exobasidium splendidum

    Aber das sieht auch nicht aus wie auf deinem Bild.

    Kannst du dich erinnern, welche Farbe die Beeren hatten. Blau wie bei der Rauschbeere oder eher blauschwarz?
    Der Pilzbefall ist ja auch spannend, aber das war es nicht. Die Beerenfarbe... ich frag noch mal rum in der Family. Mich ärgert das jetzt selbst, dass ich mir das alles nicht so genau angesehen habe, wie es nötig gewesen wäre, um zu einer Erkenntnis zu kommen. Ich weiß nur noch: es war knallrot und wunderschön. :-)

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    • Sylvie
      Erfahren
      • 20.08.2015
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      #42
      AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

      Zitat von Zz Beitrag anzeigen
      Krass, in Sandalen Holz hacken.
      Hm... ja, ich hab da grade gekocht. Mir ist das auch erst auf dem Foto aufgefallen. Arbeitsschutz = 6.

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      • Pseudemys
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        #43
        AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

        Nicht, daß mit Sandalen gehackt, hat irritiert, sondern, daß nicht bei breiter gespreizten Beinen, was ja der bessere Schutz als Schuhe ist, denn eine abgleitende Axt erreicht dann gar nicht das Bein.

        So, jetzt aber wieder zurück zum Thema!
        There is no exquisite beauty without some strangeness in the proportion.

        Edgar Allan Poe

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        • Sylvie
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          • 20.08.2015
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          #44
          AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

          Zitat von Pseudemys Beitrag anzeigen
          Nicht, daß mit Sandalen gehackt, hat irritiert, sondern, daß nicht bei breiter gespreizten Beinen, was ja der bessere Schutz als Schuhe ist, denn eine abgleitende Axt erreicht dann gar nicht das Bein.

          So, jetzt aber wieder zurück zum Thema!
          Alles richtig.

          Und genau, zurück zum Thema. Ich versuche heute Abend den nächsten Tag fertig zu kriegen. Da kommt dann ein Ereignis, das für mich zu den Highlights gehört. Absolut überraschend. Ich freu mich schon drauf, das zu schreiben.

          Bis denne!

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          • Sylvie
            Erfahren
            • 20.08.2015
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            #45
            AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

            07. September2016: vom Shelter zum Luirojärvi (10km)
            Ich kann lange nicht einschlafen im kalten Zelt, aber dann regnet es und dem wisperndem Charme des Nachtregens kann auch ich nicht ewig widerstehen. Leider regnet es auch am Morgen noch, und eigentlich den ganzen Tag. Wir ziehen uns im Zelt an, einer nach dem anderen, laufen dann mit unserm Zack und Pack zum Unterstand und kochen erst einmal Kaffee.



            Die Armylookfinnen sind schon weg – ihr Feuer hingegen brennt noch. Wir legen erst mal kräftig Holz nach, und in der Tat: Es hält dem Regen stand. Eine lodernde Flamme am Ende der Welt – das gibt Mut und Hoffnung für den Tag.



            Nach dem Frühstück packen wir, wir wollen erst zum Luirojärvi und dann entscheiden, ob wir weitergehen. Der Regen hat sich beruhigt, es nieselt nur noch graue Tristigkeit – der Himmel ist arg am Seufzen heute. Wir müssen zunächst wieder über den Fluss und suchen lange nach einer Stelle, die wir durchqueren können ohne die Schuhe auszuziehen. Drüben angekommen finden wir gleich den Weg und stiefeln hinein in den finnischen Hexenwald. Wir haben die Wahl den Fluss zu begleiten oder durch den Wald zu gehen. Wir entscheiden uns für den Wald, das Flussufer – fürchten wir – wird uns zu feucht von unten, es reicht schon, wenn wir obenrum nass werden. So kommen wir wieder an den für mich seltsamsten Platz im ganzen Park: ein verlassenes Dorf oder was das auch immer sein mag.





            Letztes Jahr mutmaßten wir, dass finnische Hexen und russische Babajagas jedes Jahr zu Mittsommer hier ein bezauberndes Meeting abhalten, oder aber dass irgendwelche Geheimdienste an diesem Ort konspirieren.



            Das Dorf ist meines Erachtens unverändert zum letzten Jahr. So also sehen lost places in Finnland aus.



            Nach tropfnassen Stunden voll trister Heimeligkeit erreichen wir den Luirojärvi, ein großer See, der sich sehr divenhaft im schönsten Herbstgewand an seine Ufer brezelt.





            Es ist so feucht, dass alle Pilze, die wir finden bereits verfault sind. Auch die Wege sind größtenteils überspült, man sollte sie eher Bäche nennen, wir laufen die meiste Zeit offroad. Seltsam: letztes Jahr hat es genau auf dieser Tour auch geregnet.


            Nur auf den Planken läuft es sich fein.







            Der Luirajärvi ist trotz all dieser Glitschigkeit schnell erreicht. Wir treffenden die lachenden Witzfinnen wieder und das Pärchen mit dem Hund. Diese wollen die alte Hütte beziehen, die uns letztes Jahr Trost und Schutz geboten hatte. Also ziehen wir ein paar hundert Meter weiter in die neue Hütte.


            Die vielen Rucksäcke draußen sagen nichts aus über die Belegung der Hütte. Von hier aus starten die meisten zu Tagesausflügen. Ihre Rucksäcke lassen sie einfach hier, bis sie wiederkommen.

            Das Blockhaus ist sehr geräumig, es gibt sogar einen Trockenraum, den wir – wie praktisch - gleich mit unseren Schuhen, Jacken, Zeltplanen und allem, was sonst noch nass ist, bestücken. Noch sind wir alleine hier, doch gegen Abend wird vermutlich auch am Luirojärvi wieder die Post abgehen. Nach kurzer Beratung beschließen wir, hier zu bleiben. Es ist einfach zu trübe, um weiter zu laufen. Außerdem wollen wir in die Sauna – da haben wir uns ja letztes Jahr nicht reingetraut, weil wir keine Badesachen mithatten. Eine erste Inspektion der Saunahütte bringt uns zu freudiger Erkenntnis: zwei ältere Herren sind gerade dabei, sie zu befeuern.


            Luxus am Luirojärvi - die Sauna ist groß genug für 8-10 Leute.

            Der eine sieht aus wie Gandalf, nur mit kurzen Haaren. Vor allem seine Lippen bewegen sich, wie die von Gandalf. Nase, Mimik, Bart und Augen – alles komplett Gandalf. Und er raucht Pfeife, passt also extra noch. Wir fragen die beiden, wann die Sauna heiß ist und ob wir dazu kommen können. In zwei Stunden, meinen sie, und ja, sie haben nichts dagegen, wenn wir uns mit reinsetzen. Ob ich Badesachen anhabe oder nicht (auch das fragen wir) stört sie nicht die Bohne, jeder soll so saunieren, wie er mag. Na, das ist doch mal ein Wort.

            Bis die Sauna heiß ist, kochen wir Kaffee und kloppen ne Runde Skat am wärmenden Ofen.



            Im Laufe des Tages kommt ein Belgier vorbei, der alsbald wieder verschwindet und drei junge Kerle, die auf dem höchsten Berg hier, auf dem Sokosti, waren. Sie kochen sich was und essen erst mal. Dann legen sich ins obere Bettenlager, die Füße schräg an die Wand gestellt und schlafen sofort ein. Nach einer Stunde Geschnarche werden sie wach und fragen wie spät es ist. Ich biete ihnen kuusi an – das finnische Wort für sechs. Daraufhin erklären sie mir, dass es etwa 17 verschiedene Bedeutungen für kuusi gibt. Aha. Wieder was gelernt. Dann stehen sie auf, packen zusammen und laufen weiter. Jetzt noch? Ja, meinen sie, sie müssen noch 8 km laufen, das steht so auf ihrem Plan. Unglaublich, diese Finnen! Weder Weg noch Wetter hält sie ab.

            Nach geraumer Zeit kommt Gandalf und lädt uns ins Saunahäusschen ein. (Ich ziehe übrigens trotzdem meine Badesachen an, ich will sie nicht umsonst mitgeschleppt haben.) Und dann erleben wir einen finnischen Hardcoresaunagang. Alle zwei Minuten Aufguss, es ist schier unaushaltbar. Wir reden über Pilze zunächst. Die beiden erzählen uns, dass die Pilzsaison hier oben schon vorbei ist um diese Zeit. Zu dumm, auf leckere Pilze hatte ich mich wirklich gefreut, aber naja, man kann nicht alles haben. Dann erzählen sie uns, dass sie mit dem Boot hierhergekommen sind, von irgendwoher, den Namen habe ich leider vergessen. Sie machen das öfter mal, einen Tagesausflug gewissermaßen, sie kommen vorbei und saunieren hier, dann essen sie am Feuer und dann paddeln sie wieder zurück. Auch nicht schlecht. Dann mischt sich einer von ihnen – Nicht-Gandalf – heißes und kaltes Wasser in einer Schüssel. Wozu das? Zum Waschen meint er und tut das ausgiebig. Anschließend mischt er für mich eine Schüssel – welcome! Ich aber nehme lieber den See, denn es wird mir zu heiß hier drinnen.


            Vom Saunahäuschen fällt man direkt in den See. Fast könnte man sprinten, wenn die Planken nicht ganz so rutschig wären.

            Der Luirojärvi umfängt uns grausam und kalt, um uns sofort wieder auszuspucken, japsend und stöhnend. Ich wasche bei der Gelegenheit gleich meine Haare – selten genug kann ich mich hier überwinden, in dieses Eiswasser zu springen. Gandalf und Nicht-Gandalf sind von unseren Badeaktionen recht beeindruckt. Sie ziehen es vor, auf der Bank an der frischen Luft auszukühlen. Wir schieben noch einen zweiten Gang hinterher – ahhh, das ist genau das richtige nach so einem trüben Regentag.

            Supersauber und blendend erfrischt kommen wir zur Hütte zurück. Inzwischen sind neue Abenteurer angekommen. Ein spanisches Pärchen, denen wir erst mal die Sauna wärmstens empfehlen. Und ein paar Schweizer Burschen, vier Stück an der Zahl. Während wir noch mit den Spaniern witzeln und ihnen raten, ganz unbedingt in den See zu springen, benehmen die Schweizer sich seltsam. Sie starren mich an die ganze Zeit und tuscheln über mich. Das Ganze so auffällig, dass ich am Ende echt verunsichert bin. Dann irgendwann, nach einer Stunde, kommt die Auflösung.
            „Hast Du vielleicht mal einen Blog geschrieben?“, fragen sie mich.
            Also, sie sagen nicht Blog, sie sagen Bloch – man muss sich das alles in diesem zauberhaften Schweizer Singsang vorstellen, es war wirklich ne ulkige Situation.
            „Ähm ja, also keinen Blog, einen Reisebericht, auf outdoorseiten.net.“
            „Jooooou, den chaben wir ghelejsen“ – jetzt sind sie auf einmal ganz begeistert.

            Sie haben meinen Bericht vom letzten Jahr gelesen und fanden den so schön, dass sie sich damals zwei Wochen nach uns auch auf den Weg gemacht haben. Dieses Jahr sind sie zum zweiten Mal im Herbst hier (sonst eher im Winter). Gleich als sie mich sahen, vermuteten sie, dass ich es sei, aber sie waren sich nicht sicher, weil wir ja letztes Jahr zu viert unterwegs waren. Das ist verrückt. Da fährt man in Lapplands Einöde, 1000 km nördlich von Helsinki, und trifft dort nicht nur tausend Leute, nein, man trifft auch noch Leute, die einen kennen. Wir sind darüber so verblüfft und erfreut (ich am allermeisten), dass wir noch lange vor der Hütte stehen und immer wieder diesen unglaublichen Zufall bestaunen. Ich sollte einen Orden bekommen, vom finnischen Tourismusministerium.

            Ausdrücklich wünschen sie, in meinem nächsten „Bloch“ genannt zu werden. Joooou, und das tue ich hiemit: Seid gegrüßt Lars, Jarno, Jan und Michael. Mögen Eure Wege lang, beschwerlich und glücklich sein. Vielleicht trifft man sich ja mal wieder in irgendnem Pupsnest am Ende der Welt.


            Erinnerungsfoto mit der Schweizer Garde: Lars, Jarno, Hanni, ich und Jan. Grüezi!!!

            Einer von ihnen, Jan, macht wundersame Nordlichtfotos. Auf seiner Seite www.nordskandinavien.ch kann man sie alle bestaunen. Diese Nacht sitzen wir lange beisammen, die Schweizer Garde ist laut und fröhlich, sie haben sogar Bier dabei, und Whiskey in Plasteflaschen. Wir kaspern so lange herum, bis die Spanier uns leicht konsterniert zu verstehen geben, dass sie jetzt schlafen wollen.


            Der Luirojärvi zieht langsam sein Nachtgewand an. Oder nee, sein Negligee, ist ja ne Diva.

            Und hier noch, zum Abschied für heute, drei Mal den zauberhaften Luirojärvi: im Herbstgewand, im seidigen Negligee und sehr geheimnisvoll im Nordlichtsternenmantel.






            Foto: Jan Ruckstuhl, www.nordskandinavien.ch Mit seiner ausdrücklichen Genehmigung.
            Zuletzt geändert von Sylvie; 25.09.2016, 18:00.

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            • Inarijoen Peter
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              #46
              AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

              Wie immer ein schöner Bericht. Ich folge Euch auf den Fersen. Leider haben wir uns verpasst, ich war eine Woche später oben.

              Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
              Ich biete ihnen kuusi an – das finnische Wort für sechs. Daraufhin erklären sie mir, dass es etwa 17 verschiedene Bedeutungen für kuusi gibt.
              Noch etwas zur Belustigung oder für die nächste Tour.
              In der finnischen Sprache gibt es diverse Kombinationen von Wörtern, welche nicht immer leicht zu verstehen sind, da mit der Veränderung des Wortstammes die Meinung ändert.

              Das Wort kuusi bedeutet sechs und Fichte. Es ist aber auch eine Kombination von Mond (kuu) und dein (si), also dein Mond.
              Wenn man es aber mit dem Wort palaa kombiniert, kommen ganz verschiedene Meinungen heraus. Palaa heißt brennen, ist aber auch die dritte Person singular von palata (zurückkehren). Und um es kompliziert zu machen das Wort pala (Stück) als Substantiv (Partitiv in der finnischen Sprache palaa).

              Somit ergeben sich mit kuusi und palaa ganz verschiedene Meinungen.

              Kuusi palaa Die Fichte brennt.
              Kuusi palaa Die Fichte kehrt zurück.
              Kuusi palaa Die Zahl sechs brennt.
              Kuusi palaa Die Zahl sechs kehrt zurück.
              Kuusi palaa Sechs brennen.
              Kuusi palaa Sechs kehren zurück.
              Kuusi palaa Dein Mond brennt.
              Kuusi palaa Dein Mond kommt zurück.
              Kuusi palaa Sechs Stücke.

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              • Heimdall
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                #47
                AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                Grandiose Bilder, vielen Dank! Die Hütten in Finnland sind der Oberknaller...Ich schaue mir kurz vorm zu Bett gehen gerne die Videos vom Jouni Ohtamaa an. Keiner kann die Winterstimmung so gut rüberbringen!

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                • Pseudemys
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                  • 20.11.2013
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                  • Meine Reisen

                  #48
                  AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                  Grandiose Bilder, ja - aber der Bericht ist vor allem sehr eindrucksvoll geschrieben!
                  There is no exquisite beauty without some strangeness in the proportion.

                  Edgar Allan Poe

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                  • Ulv
                    Erfahren
                    • 07.12.2009
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                    #49
                    AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                    Zitat von Zz Beitrag anzeigen
                    Krass, in Sandalen Holz hacken.
                    .....hm für Ungeübte ist das tatsächlich nicht ungefährlich ....ich MUSSTE mit 12 Jahren Holz hacken und dachte damals wie heute kaum über passendes Schuhwerk nach, eher ob ich ein nicht gut stehendes Stück noch festhalte oder nicht ....bis heute alle Finger und Zehen dran ----Schienbein auch ohne Einschläge ....aber wenn die Axt doch mal durchschwingt ?????----und ja toller Bericht

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                    • maahinen
                      Erfahren
                      • 01.02.2014
                      • 303
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                      #50
                      AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                      Von mir auch einen riesengroßen Dankeschön! Ein wunderschöner Bericht. Ich glaube, da muss ich auch endlich mal wieder hin.

                      Zitat von Heimdall Beitrag anzeigen
                      Ich schaue mir kurz vorm zu Bett gehen gerne die Videos vom Jouni Ohtamaa an. Keiner kann die Winterstimmung so gut rüberbringen!
                      Oh ja, ich liebe auch die Videos von ihm. Am tollsten finde ich seinen Begleiter: seinen Vater, der mittlerweile schon glaube ich über achtzig ist. Was er noch alles mitmacht, Hut ab!

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                      • Heimdall
                        Dauerbesucher
                        • 14.02.2009
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                        #51
                        AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                        Der Opa ist der Knüller! Ne uralte Lundhags an, ne alte Barrier und Mucboots...so ein Mann muß einfach Stil haben! Wenn der auf den Hütten anfängt zu erzählen...Paar Bierchen dazu und man ist bettfertig!

                        Hier mal ein Beispiel, super Landschaft und die Hütten, unglaublich!



                        Entschuldigung für OT, aber das mußte nochmal gesagt werden...
                        Zuletzt geändert von Heimdall; 28.09.2016, 22:57.

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                        • Sylvie
                          Erfahren
                          • 20.08.2015
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                          #52
                          AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                          Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                          Wie immer ein schöner Bericht. Ich folge Euch auf den Fersen. Leider haben wir uns verpasst, ich war eine Woche später oben.
                          Orrr.... zu gerne hätte ich Dich mal in echt kennengelernt. Vielleicht klappt es ja noch irgendwann.


                          Zitat von Inarijoen Peter Beitrag anzeigen
                          Noch etwas zur Belustigung oder für die nächste Tour.
                          In der finnischen Sprache gibt es diverse Kombinationen von Wörtern, welche nicht immer leicht zu verstehen sind, da mit der Veränderung des Wortstammes die Meinung ändert.

                          Das Wort kuusi bedeutet sechs und Fichte. Es ist aber auch eine Kombination von Mond (kuu) und dein (si), also dein Mond.
                          Wenn man es aber mit dem Wort palaa kombiniert, kommen ganz verschiedene Meinungen heraus. Palaa heißt brennen, ist aber auch die dritte Person singular von palata (zurückkehren). Und um es kompliziert zu machen das Wort pala (Stück) als Substantiv (Partitiv in der finnischen Sprache palaa).

                          Somit ergeben sich mit kuusi und palaa ganz verschiedene Meinungen.

                          Kuusi palaa Die Fichte brennt.
                          Kuusi palaa Die Fichte kehrt zurück.
                          Kuusi palaa Die Zahl sechs brennt.
                          Kuusi palaa Die Zahl sechs kehrt zurück.
                          Kuusi palaa Sechs brennen.
                          Kuusi palaa Sechs kehren zurück.
                          Kuusi palaa Dein Mond brennt.
                          Kuusi palaa Dein Mond kommt zurück.
                          Kuusi palaa Sechs Stücke.
                          Vielen Dank Peter für diesen spannenden Exkurs. Kuusi kuusi heißt dann sechs Fichten? Also vermutlich gibt es eine Mehrzahlform von Fichten: kuusiit... oder so. Was hieße dann "Sechs Fichten kehren brennend zurück." ???

                          Ich bin so begeistert von dieser Sprache, also vom Klang erst mal, der mir in die Ohren säuselt wie ein flüsternder Bach. Da ich fließend ungarisch spreche, weiß ich auch, wie die Grammatik funktioniert. Nur gibt es keinerlei Ähnlichkeit mehr zwischen den Wörtern. Das macht mich jedesmal ganz traurig - ich müsste finnisch komplett neu lernen und kann auf Ungarisch nicht aufbauen. Dafür hab ich grade keine freien Valenzen. Aber vielleicht kommt das ja noch. So versuche ich eben, dies und das mitzukriegen unterwegs. Das muss dann reichen erst mal. LG und vielleicht bis bald irgendwann! Sylvie

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                          • Sylvie
                            Erfahren
                            • 20.08.2015
                            • 361
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                            #53
                            AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                            Hallo in die Runde,
                            vielen Dank an alle für das schöne Feedback. Die Youtube-Filme seh' ich mir bei Gelegenheit an. Bestimmt kommt die bald, denn erfahrungsgemäß sehnt man sich schnell nach Finnland zurück.

                            Am Text feile ich natürlich etwas, aber was die Fotos betrifft, so muss ich sagen, das sind meist schnöde Handy-Fotos, so gut wie gar nicht bearbeitet. Die Landschaft dort oben gibt es einfach her.

                            Noch ist aber nicht Schluss mit meinem Bericht, es kommen noch zwei Tage. Ich habe zwar jetzt kurzzeitig überlegt, ob ich es einfach dabei belasse und hier den Bericht beende, aber irgendwie würde mich das selbst nicht befriedigen, also zieh ich es durch bis zum Schluss. Wenn Ihr mögt, bleibt einfach dran!

                            Bis denne
                            Sylvie

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                            • maahinen
                              Erfahren
                              • 01.02.2014
                              • 303
                              • Privat

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                              #54
                              AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                              Oh ja, schreib bitte unbedingt weiter. Ich warte schon ganz ungeduldig auf die Fortsetzung dieses wunderschönen Berichtes!

                              "Sechs Fichten kehren brennend zurück" heißt übrigens: kuusi kuusta palaa palaen.
                              Könnte aber auch heißen: Die sechs kehren brennend vom Mond zurück...

                              Lg Maahinen

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                              • Sylvie
                                Erfahren
                                • 20.08.2015
                                • 361
                                • Privat

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                                #55
                                AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                                Zitat von maahinen Beitrag anzeigen
                                Oh ja, schreib bitte unbedingt weiter. Ich warte schon ganz ungeduldig auf die Fortsetzung dieses wunderschönen Berichtes!

                                "Sechs Fichten kehren brennend zurück" heißt übrigens: kuusi kuusta palaa palaen.
                                Könnte aber auch heißen: Die sechs kehren brennend vom Mond zurück...

                                Lg Maahinen
                                Herrlich!!! Und jetzt lass mich raten: "von Deinem Mond" heißt kuusita oder kuustai.

                                Kuusi palaa kuusitaa .... Sechse kehren von Deinem Mond zurück?

                                Und was hieße "von Deinen sechs Monden"?

                                Und wie ist es damit?
                                Kuusi kuusta palaa kuusta.... sechs Fichten kehren vom Mond zurück????

                                Es bleibt spannend hier!

                                LG Sylvie

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                                • Sylvie
                                  Erfahren
                                  • 20.08.2015
                                  • 361
                                  • Privat

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                                  #56
                                  AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                                  8. September 2016: Von Luirojärvi nach Tuiskukuru (10 km)
                                  Diese Nacht bin wohl wieder mal ich der Grund für allgemeine Unruhe. Also nicht ich, sondern meine Luftmatratze, die ich mir extra für diese Tour zugelegt habe. So ein teures Ultrateil, leicht, kleines Packmaß und mit Daunenfüllung für ne bessere Isolation. Man kann die Matte mit einem sogenannten Schnozzelsack aufpusten. Der Begriff Schnozzelsack zählt seit diesem Herbst zu meinen liebsten Wörtern im Gebrauch. Könnte man auch gut als Schimpfwort verwenden: mies-fieser Schnozzelsack Du!!!

                                  Na jedenfalls, meine Luftmatratze knarkst. Wir teilen die Hütte mit einer Finnin, die allein unterwegs ist – diese Frauen haben schon immer meine größte Bewunderung. Sie erzählte mir, sie sei früher immer mit ihrer Schwester losgezogen, aber jetzt hat die Schwester ein Baby gekriegt und also läuft sie allein. Der zweite Bewohner ist ein junger Mann, der hervorragend deutsch spricht. Er hat mehrere Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet. Auch er ist allein unterwegs, heute kam er von einer 30-km-Tour und morgen will er weiter laufen und laufen. Er wandert mit leichten Schuhen und schwerem Gepäck, jeden Tag so weit wie er kann. Ich frage mich immer, was treibt diese Leute?

                                  Aber ich schweife ab, meine Luftmatratze knarkst, und zwar bei jeder Bewegung, die ich mache. Sie hält uns die halbe Nacht in Atem. Habe ich sie zu straff aufgepumpt? Oder ist hier das Holz unter mir ein anderes? Irgendwann nach Mitternacht wird mir das alles zu blöd. Ich öffne kurz das Ventil und lasse etwas Luft raus. Es gibt einen lauten Puff. Alle schrecken auf. Aber dann wird es ruhiger. Am Morgen fühl ich mich wie gerädert. Irgendwie hab ich gefühlt drei Nächte nicht mehr richtig geschlafen. Doch ziehen wir unbeirrt weiter, wie jeden Morgen. Kurzer Abschied von allen und weiter geht’s Richtung Tuiskukuru.
                                  Nach 500 Metern die erste Furt: Schuhe aus, rübermachen, Blasen versorgen, Schuhe wieder an. Man kennt das bereits.


                                  Hanni, die Arme, hat noch immer zu kämpfen. Neues Pflaster nach der Kneipkur.


                                  Das Flüsslein ist auch noch verschlafen. Was ich nicht verstehe: Warum lassen die Finnen ihre Socken hier hängen? Ziehen sie die auf dem Rückweg wieder an? An manchen Ufern hängen drei bis vier Sockenpaare.

                                  Heute ist der Weg gar nicht schwer. Wir erklimmen nur wenige Höhenmeter bis in die Obstbaumwiesen.



                                  Auf dieser Höhe umrunden wir zwei bis drei Berge, bevor es dann wieder abwärts geht.



                                  Das Wetter dümpelt zwar trübe im eigenen Selbstmitleid, aber irgendwann wird die Luft schneidend und klar. Während der Sommer hier oben eher ins Goldene flimmert, merkt man jetzt schon den nahenden Winter – die Tage sind silbern jetzt. Noch versteckt sich die Sonne hinter dunklen Wolken, aber es regnet nicht. Es nieselt nur manchmal recht finnisch vor sich hin.



                                  Oben auf den Birkenhängen kommen wir plötzlich an einen Punkt, wo es aus allen Richtungen vernehmlich zwitschert. Das ist hier so selten in dieser übergroßen Stille, dass wir innehalten und lauschen. Ein Vogelhotspot scheint hier zu sein. Wir gucken fleißig von hierhin nach da – aber sehen tun wir nichts. Stef hat auch dieses Jahr wieder sein Vogelbuch mitgeschleppt. Ich frage mich wirklich, warum. Ist’s vielleicht gar seine heimliche Bibel? Wir sahen bisher einen Auerhahn, zwei Bachstelzen und drei Unglückshäher. Eine halbe Stunde später vielleicht – zu Stefans Glück – sehen wir eine Auerhenne recht sorglos unseren Weg kreuzen. Da müssen wir alle ganz stille stehen und dürfen auch nicht mehr atmen. Auf allerleisesten Sohlen schleichen wir uns heran, bis sie uns irgendwann wahrnimmt und eilig davonfliegt.

                                  Irgendwann geht es wieder hinunter aus der Obstbaumwiesenhöhe ins sumpfige Tal. Beim Abstieg fängt mein Knie wieder an zu meckern. Gleich auf dem ersten Fjäll, wo alle Berge für mich gleich aussahen, schein ich es mir zerschossen zu haben. Seither ningelt es rum von Zeit zu Zeit und nimmt mir die Abstiege übel. Ich bin müde und ich will nach Hause. So ist mir heute in dieser trübsinnig-finnischen Feuchtigkeit.






                                  Das ist eines meiner liebsten Motive von dieser Reise. Bis heute kann ich mich nicht entscheiden, welches ich besser finde. Eines hat mehr Tiefe, das andere leuchtet freundlicher. Was meint Ihr?


                                  Die Hütte in (oder im) Tuiskukuru (denn kuru heißt vermutlich Tal) kommt mir irgendwie kleiner vor als im letzten Jahr. Das Pärchen mit dem Hund ist wieder zugegen, aber für uns ist noch reichlich Platz in der oberen Bettenlageretage. Wir packen erst mal ganz gemütlich unsere Rucksäcke vor die Hütte, dann gehen wir immer mal hinein, setzen Wasser auf, kommen wieder raus, sitzen einfach nur rum und genießen die Stille, essen irgendwas kleines, ziehen unsere Schuhe aus, dann irgendwann auch die Jacken und so und so….



                                  Unmerklich kam diese Veränderung über uns, plötzlich tritt sie ans Licht: Wir tun es den Finnen gleich; wir besetzen die Hütte so nach und nach ganz ohne Eile. Für die Finnen sind unsere schwachen Signale klar genug, wir müssen uns hier nicht behaupten – das mussten wir nie, aber so sind wir nun mal. Irgendwann also in dieser urstillen Langsamkeit kriegen wir diese seltsamen Anwandlungen von Bedächtigkeit. Wie fremd, ja verstörend, muss den Finnen die deutsche Hast manchmal vorkommen? Ich versuche mir immer mal vorzustellen, wie ein Finne sich in Rom oder Sizilien fühlen muss, inmitten dieser brüllenden, hastigen, lauten, erregten, temperamentvollen Menschen – ich glaube, sie fühlten sich wie im Windkanal.

                                  Drinnen in der Hütte ist es mauschelig warm. Der Mann, der Hundebesitzer ist krank. Er liegt mit Fieber auf der Matte und hustet fürchterlich. Ich überlege lange, wie und ob ich ihm helfen kann oder soll. Schließlich biete ich ihm Antibiotika an. Er soll gut drüber nachdenken und dann eine Entscheidung treffen. Stef und Hanni würden gerne weitergehen, aber ich mag nicht mehr. Bis Suomunruoktu sind es noch 15 km – also 15 finnische Kilometer, das macht 20 in Wirklichkeit.



                                  Dazu fühlen wir uns heute nicht in der Lage, ich und mein Knie. Im Gegenteil, eigentlich wollen wir nur noch schlafen. Genau das tue ich auch. Ich verzieh mich ins obere Bettenlager und lese. Irgendwann bin ich weg. Hanni und Stef klettern indes nach oben und bringen zauberhafte Bilder mit.







                                  Als ich aufwache, scheint endlich die Sonne. Ich koche mir Kaffee, setze mich vor die Hütte und schreibe. Eine kleine feine Stille ist in mich eingezogen, ich bin sehr zufrieden hier draußen im Sonnenschein. Hanni und Stef sind vermutlich grade ganz dort oben. Ich schau immer mal auf die Berge, doch ich sehe sie nicht.


                                  Drei riesige Gipfelmännchen zieren den Berg.





                                  Der kranke Finne sucht mich auf, er würde gerne meine Antibiotika nehmen, nur eine halbe Tablette heute und morgen eine halbe. Das geht nicht, sage ich ihm, er muss die ganze Packung nehmen, also jeweils drei Stück an drei Tagen, und er soll in Kiilopää unbedingt zum Arzt gehen. Wir studieren gemeinsam den Beipackzettel, ich versuche, die wichtigsten Passagen zu übersetzen, frage ihn ob er Leberprobleme und ähnliches hat. Er verneint das alles. Hach…, die Entscheidung fällt mir schwer, aber letztendlich gebe ich ihm die Packung. Ich hoffe, er hat die Dosierung eingehalten. Zumindest ist er am nächsten Morgen so fit, dass er losgeht (und er kommt auch in Kiilopää an, das weiß ich da aber noch nicht).





                                  Nach ihrem Ausflug in zugige Höhen macht Hanni sich Wasser im Eimer warm. Wir waschen uns. Letztes Jahr waren wir jeden Tag baden im Fluss, dieses Jahr haben wir keinen Mut mehr dafür. Abends essen wir draußen am Feuer. Ein finnisches Pärchen ist gekommen, junge Leute, die sehr gut englisch können. Wir reden lange mit ihnen über Lappen und Nordlichter. Hanni will unbedingt welche sehen und ich auch. Wir alle. Wir haben noch nie welche gesehen. Dennoch verzieh ich mich irgendwann in die Hütte, mir ist es einfach zu kalt hier, in dieser Sterneneinsamkeit. Spät in der Nacht werd‘ ich geweckt. Johanna blinkert mit der Taschenlampe in die Hütte. Also gut, ich renne ohne Hosen heraus und da sehe ich sie: Breite hellgrüne Streifen, die sich quer über den Himmel drapieren. Es gibt sie also wirklich, diese Nordlichter. Ein bisschen kann ich es gar nicht glauben. Ich taumele staunend unter diesem riesigen Himmel, dann aber, dann…. friere ich so fürchterlich, dass all diese Pracht mich nicht aufhalten kann.

                                  Eher unruhig verläuft die weitere Nacht. Der kranke Mann schnarcht so laut – man hört es sogar durch die Ohrstöpsel. Ich hingegen habe meine Luftmatratze heute wohlweislich eher lasch aufgepumpt. Das Ergebnis ist aber das gleiche: sie knarkst. Man muss diese Matte anscheinend immer mit der genau richtigen Menge Luft befüllen, sonst tut sie recht laut ihren Unmut kund. Nun gut, immer wenn mir das Schnarchen zu dolle wird, dreh ich mich lautstark um, dann wird der Mann unten kurzzeitig wach und schickt sein Schnarchen zur Hölle. Irgendwann schlafe ich ein, bevor er wieder anfängt. Wie sagte ich schon? Man muss es mögen, diese geballte Ladung Mensch auf engstem Raum.

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                                  • Sylvie
                                    Erfahren
                                    • 20.08.2015
                                    • 361
                                    • Privat

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                                    #57
                                    AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                                    9. September 2016: von Tuiskukuru nach Suomunruoktu (17km)
                                    Der Tag beginnt trübe, aber bald klart es auf. Wir nehmen Abschied von dem finnischen Jungpärchen. Sie wollen einen anderen Weg gehen als wir, am Fluss entlang bis zu einer Feuerstelle kurz vor Kiilopää. Bevor es losgeht cremt sich das Mädel noch schnell ihre Füße ein. Mit Vaseline, erklärt sie mir, damit die Füße nicht nass werden. Ich bin mal wieder erstaunt. Die Füße, jene kleinen Dinger ganz am Ende des Körpers, kriegen hier sehr viel Aufmerksamkeit. Von jedem von uns. Akribisch achtet man drauf, dass keine Socke auch nur kleinste Falten schlägt, dass Druckstellen sofort getapet werden, dass sie immer trocken und warm sind, unsere meistgebrauchtesten Wander-Extremitäten. Nur das mit der Vaseline kannte ich noch nicht. Ich stell mir das rutschig und glitschig vor. Aber andererseits sind unsere Schuhe auch so gut gefettet, dass wir noch nie nasse Füße drin hatten.

                                    Unseren Weg nach oben in die Obstbaumwiesen nutzen Stefan und ich, polemisch die Welt zu sezieren.


                                    Einen Anflug von Gelbfärbung auch bei den Birken können wir jetzt entdecken.

                                    Das Ganze nicht wirklich friedlich. In kochende Diskussionen verstrickt kommen wir schnell von Kuchenbacken auf Arschbacken. Und irgendwann landen wir glatt bei den uralten Menschheitsthemen; warum Frauen nicht zuhören und Männer nicht einparken – oder so. Der finnische Märchenwald lacht sich wahrscheinlich kaputt über unser eitles Haschen nach Wind.



                                    Er hört uns zu und schweigt dazu. Fast vorwurfsvoll setzt er uns Stille entgegen. Vielleicht irgendwann spuckt er den Ärger, den er heute zu schlucken bekam, in kleinen Boshaftigkeiten wieder aus. Dann lässt er womöglich ein Blatt wütend fallen oder eine Beere erfrieren. Oder er behelligt ein Einhorn, sodass es silberne Tränen vergießt. Irgendwann schickt uns der Wald einen Bach zum Gefährten.



                                    Der wispert uns glucksend von anderen Dingen. Habt Ihr mal wispernden Bächen gelauscht? Das klingt als würden Menschen reden, Finnen zumal, deren Sprache perlt auch über runde Steine. Immer mal wieder lass ich mich täuschen, vom wilden Gemurmel des Wassernicks. Dann dreh ich mich um und suche nach Menschen. Natürlich vergeblich. Und dann, wenn der Bach sich zum Flüsslein verbreitert – da klingt es mitunter, als singt irgendwer.

                                    Wir sind jetzt drunten im Tal und südlicher: Die Birken grüßen uns prächtig gefärbt aus dunklen Schluchten.






                                    Hier noch einmal der Unterschied: Oben Heidelbeeren, die Blätter färben sich eher lila. Unten das sind vielleicht tatsächlich Rauschbeeren, sehr viel röter gefärbt in den Blättern und die Beeren sind größer und eher blau.


                                    In Salonlampi rasten wir. Am Ufer der Melancholie beenden wir unsern Disput mit zartbitter Schokolade.



                                    An der Feuerstelle pausieren gefühlt 15 Finnen. Das Wochenende kommt, die Komfortzone naht, die Wandererdichte steigt an.



                                    Wir treffen das finnische Pärchen wieder und bewundern ihre Kochkünste. Aus vielerlei Döschen, Tütchen und Kästchen zaubern sie Liebliches. Heute gibt es Nudeln mit Krabben bei ihnen. Vier Tage, erzählen sie uns, haben sie gebraucht, um alles zu trocknen, jetzt aber tafeln sie königlich. Anders als wir machen die Finnen lange Mittagspausen, wo sie ordentlich essen. Dafür laufen sie längere Strecken. Wir hingegen essen tagsüber nichts, nur ein paar Stück Schokolade manchmal, wenn wir grade nicht weiter wissen. Am Ende der Tour haben wir einiges übrig, Schokolade und auch Salamis. Obgleich wir mehr liefen als im letzten Jahr und unsere Vorräte ähnlich berechnet hatten (und damals alles gut alle wurde), gibt es auf dieser Reise Restbestände. Wir lassen einiges in Suomunruoktu – die letzte Station vor Kiilopää. Sehr viele Wanderer tun das. Die Hütte gleicht einem mittleren Proviantlager.

                                    Suomunruoktu ist nach wie vor zauberhaft. Das Blockhaus steht mitten im Wald, etwas erhöht über dem Fluss, der seine Kraft hier auf mehrere Arme verteilt.





                                    Das Paar mit dem Hund ist auch angekommen, das macht mich sehr froh. Sie schlafen diese Nacht in ihrem Zelt – das macht mich ehrlich gesagt auch sehr froh. In der Hütte herrscht wenig Betrieb, zwei junge Männer haben sich eingerichtet, ich vermute spontan, dass es Finnen sind. Wir kochen ein letztes Mal Wanderfraß und freuen uns schon mächtig auf den Rentiergulasch in Kiilopää. Irgendwann kommt die Schweizer Garde über moosgrüne Wege gestiefelt. Manche von ihnen torkeln auch – der Weg vom Luirojärvi war weit. Doch sind sie lärmend und fröhlich wie immer. Wir sitzen ein Weilchen vor ihrer Hütte und reden von wichtigen Dingen: von Angeln und Isomatten, von Zelten und Rucksäcken, Gepäck und Klamotten, Nordlichtern und Wandertouren und dies noch und das noch.


                                    Abendplausch mit Jarno vor der Hütte. Das Foto hat Jan gemacht.

                                    Irgendwann verzieh ich mich in die Hütte, denn ich will weiter schreiben. Der eine der Finnen liegt auch schon im Neste. Abends dann, es ist schon dunkel, kommt noch ein später Wanderer. Er leuchtet uns frech mit der Lampe ins Gesicht und fragt irgendwas. Es ist finnisch, ich kann es nicht verstehen. Aber warum antwortet der andere Typ nicht, schläft der etwa schon? Ich werfe einen prüfenden Blick zu ihm rüber, nee, er ist noch wach. Es entsteht eine peinliche Pause, keiner von uns beiden antwortet. Bis ich begreife, dass er kein Finne ist, aber ebenso auf eine Antwort von mir wartet, weil er denkt, ich sei Finnin. Ich sag zu dem Ankommenden, dass wir ihn nicht verstehen können. Und also wiederholt er seine Frage auf Englisch: ob es noch Platz in der Hütte gibt. Das hätten wir eigentlich auch erraten können, was sollte er anderes fragen? Oh ja, natürlich ist hier noch Platz, es gibt sogar ausrangierte Schaummatratzen aus der Varaustupa von nebenan, die kann er gerne benutzen. Ich selbst habe mir auch so eine genommen, da entfallen dann mal die akustisch-akrobatischen Experimente. Der Finne macht sich bettfertig, in seinem leisen Geklapper dämmer ich langsam hinweg. Hanni und Stef können mich nicht mehr wecken. Sie haben Lampen, die man auf Rotlicht umstellen kann. Diese Nacht schlafen wir alle wunderbar. Kein Schnarchen und keine quietschende Luftmatratze reißt uns aus finnischen Träumen. Der Typ übrigens, der kein Finne ist, war ein Pole. Stef hat es mir anderntags erzählt.
                                    Zuletzt geändert von Sylvie; 27.09.2016, 21:25.

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                                    • andrea2
                                      Dauerbesucher
                                      • 23.09.2010
                                      • 944
                                      • Privat

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                                      #58
                                      AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                                      Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen


                                      Hier noch einmal der Unterschied: Oben Heidelbeeren, die Blätter färben sich eher lila. Unten das sind vielleicht tatsächlich Rauschbeeren, sehr viel röter gefärbt in den Blättern und die Beeren sind größer und eher blau.

                                      Ich würde sagen, es ist genau umgekehrt. Auf dem oberen Bild die Rauschbeere und unten die Blaubeere. Am besten kann man beide an den Zweigen unterscheiden. Bei der Rauschbeere sind diese verholzt und braun. Ausserdem sind die Beeren der Rauschbeere innen weiß.

                                      Den Rest der letzten beiden Tage muss ich mir morgen noch mal in Ruhe durchlesen.

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                                      • Vintervik

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                                        • 05.11.2012
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                                        #59
                                        AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                                        Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                        Ich würde sagen, es ist genau umgekehrt. Auf dem oberen Bild die Rauschbeere und unten die Blaubeere. Am besten kann man beide an den Zweigen unterscheiden. Bei der Rauschbeere sind diese verholzt und braun. Ausserdem sind die Beeren der Rauschbeere innen weiß.
                                        Das würde ich auch sagen. Die Beeren unten sind Blaubeeren. Diese sind aussen auch etwas dunkler in der Farbe, es ist eine Art blau-schwarz. Rauschbeeren haben ein etwas helleres blau.

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                                        • Sylvie
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                                          • 20.08.2015
                                          • 361
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                                          #60
                                          AW: [FI] Lappland im Herbst: 7 Tage durch den Urho-Kekkonen-Nationalpark

                                          Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                          Ich würde sagen, es ist genau umgekehrt. Auf dem oberen Bild die Rauschbeere und unten die Blaubeere. Am besten kann man beide an den Zweigen unterscheiden. Bei der Rauschbeere sind diese verholzt und braun. Ausserdem sind die Beeren der Rauschbeere innen weiß.

                                          Den Rest der letzten beiden Tage muss ich mir morgen noch mal in Ruhe durchlesen.
                                          Also für mich ist eindeutig die untere Pflanze verholzter. Die Verwirrung ist komplett.

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