[DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

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  • LewisTolleni
    Gerne im Forum
    • 29.09.2015
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    • Meine Reisen

    [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

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    Mitreisende
    Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus.

    Hallo,

    hier entsteht ein kleiner Bericht unserer Westweg-Wanderung im Mai 2016. Der Plan ist, jeden Tag eine Etappe hochzuladen, sodass man die Wanderung quasi im Nachhinein "mitverfolgen" kann.
    Viel Spaß

    Prolog
    Wann und woher die Idee kam, den Westweg zu laufen, wissen Balu und ich, die dieses gemeinsame Abenteuer erleben durften, nicht mehr ganz genau. Klar, nach dem Abitur stand es immer mal wieder im Raum – doch mehr als die Erwähnung, dass es doch mal ganz cool und eine krasse Sache wäre, 285 Kilometer von Pforzheim nach Basel durch die Heimat zu laufen, war meist nicht drin. Seither sind viele gemeinsame Reisen und Unternehmungen vergangen. Aber auch, wann sich der Plan für diese Wanderung genau konkretisierte, weiß ich nicht mehr genau. Erste Anschaffungen wie das gemeinsame Zelt fanden langsam den Weg in unseren Besitz. Wir planten ursprünglich zwar das Zelt im Rucksack zu haben, aber ungefähr jeden zweiten bis dritten Tag spätestens in einer Unterkunft unter zu kommen. Schlussendlich waren wir jede Nacht draußen. Am kompliziertesten an der gesamten Wanderung war es eigentlich, einen passenden Termin hierfür zu finden. Doch nachdem Mitte Mai das Pfingstwochenende als Start irgendwann Anfang des Jahres 2016 als ideal auserkoren wurde, gingen die konkreten Vorbereitungen in die heiße Phase. Gemeinsame Packlisten wurden erstellt und optimiert, sowie ein ausführliches Register von Quellen und Verpflegungsmöglichkeiten am Wegesrand erstellt. Balu besorgte sich fehlende Ausrüstungsgegenstände und ich ergänzte meine punktuell. Wir hatten alles gut und sorgfältig geplant, hatten uns eine anständige Fitness zugelegt – nur die einzige unbeeinflussbare Komponente schien uns ein Strich durch die Rechnung machen zu wollen.


    Die BILD wird schon Recht haben

    Tag 1 – Pforzheim bis Volzemer Hütte, ca. 22 km
    Der Abend in der WG-Küche vor unserem ersten Wandertag auf dem Westweg wurde etwas später. Glücklicherweise bin ich nicht der einzige, der Punkt 6:00 Uhr am Bahnhof sein muss. Gemeinsam mit meinem Mitbewohner schlendere ich also bei schönstem Sonnenschein durch die Bayreuther Innenstadt Richtung Bahnhof. In Nürnberg trennen uns dann unsere Wege und ich muss aus dem IC verfolgen, wie mit jeder Haltestation das Wetter wolkiger wird. In Pforzheim wartet Balu bereits auf mich. Gleich der erste Schock: der wahren Lockenpracht ist eine funktionale Stoppelfrisur gewichen beinahe hätte ich ihn nicht erkannt. Nachdem aber die ersten Findungsprobleme überwunden sind, machen wir uns auf in Richtung Innenstadt, wo wir uns mit Vorräten eindecken wollen bis Forbach, wo es auch Versorgungsmöglichkeiten gibt. Müsli und Milchpulver habe ich bereits vorbereitet für die ersten vier Tage, das heißt wir kaufen noch Brot, Käse, Müsliriegel und Maggi-Fix für das Abendessen. Da ich das Zelt trage schichten wir unsere Rucksäcke ein wenig um und machen uns dann auch unverzüglich auf die Wegsuche, es ist bereits halb zwölf. Wir stehen an einer Bushaltestelle und Balu versucht eine der öffentlichen Toiletten zu benutzen, als er jedoch eintreten möchte, stört er die darin befindliche Person merklich. Wir notieren Klomalheur I in unserem Reisetagebuch. Da für die nächste halbe Stunde kein Bus fährt, entscheiden wir uns per pedes zum Einstieg des Westwegs, die goldene Pforte, zu laufen.


    Naiv, jung, unerfahren und mit Vorfreude auf die Wanderung

    Diese erreichen wir nach etwa 30 Minuten Fußweg und mit jedem Meter, den wir näher kommen, steigt auch unsere Freude, dass es jetzt endlich losgeht. Wir laufen zuerst parallel zur Straße durch Wald und überqueren diese bald und stehen bald dort, wo eine Ruine sein soll, die wir allerdings nicht sehen. Wir schaffen es allerdings nicht so schnell hinaus in die Natur und den Schwarzwald, sondern sind schnell wieder in einem der Vororte Pforzheims. Im Ort finden wir erst nicht die richtigen (roten) Rauten, die uns den Weg weisen sollen in der nächsten Zeit den Weg weisen sollen, doch sobald wir wieder auf der richtige Fährte sind, stillen wir unseren Durst an einem Brunnen am Ortsausgang und folgen dem ersten längeren Teilstück im Wald. Dort hat sich dann ungefähr folgende Unterhaltung ergeben:
    „Warte mal! Heute ist doch Samstag – wann genau wollten wir nochmal in Forbach einkaufen gehen?
    „Hmm stimmt, das können wir morgen dann vergessen.“
    „Gut, dann laufen wir so, dass wir Montag morgen in Forbach sind und einkaufen gehen können.

    Perfekt, Problem gelöst. Wir laufen also circa fünf Minuten weiter, dann.
    „Warte mal! Heute ist doch Pfingstsamstag – wann genau wollen wir dann nochmal genau in Forbach einkaufen gehen?“

    Okay, jetzt muss improvisiert werden. Dass wir am Pfingstwochenende starten und wir nach 50 Kilometern Forbach erreichen, also deutlich zu früh um dort irgendwie am Dienstag einkaufen gehen zu wollen – damit konnte nun wirklich niemand rechnen Wir überlegen hin und her und als beste Alternative erscheint es uns, in Neuenbürg, wo wir heute noch vorbeikommen, unsere Vorräte aufzustocken. Allerdings müssten wir damit bis Hausach (ca. Tag 7) auskommen, was so spontan doch zu viel ist. Da ohnehin geplant ist, mich mit meinen Eltern am Mummelsee (Tag 4) zu treffen (diese freuen sich schließlich, mich auch mal wieder zu sehen), legen wir dort eine externe Versorgungsstation ein




    An der Enz

    Von diesem Schreck können wir uns in der Folge auf schönen Wegen entlang der Enz erholen. Wir wandern zügig und das Wetter hält bisher. Bald erreichen wir schon Neuenbürg, wo wir empfangen werden von einem riesigen Schornstein, der Sachen in die Luft pustet, die so gar nicht gut aussehen für unsere Gesundheit, also schnell weiter. Wir kommen durch das Schloss, wo heute auch ein Hochzeitspaar unterwegs ist, verweilen dort nicht lange und steigen in die Stadt ab. Es ist 15:30 Uhr und wir entschließen uns an diesem 14.Mai, dem 34. und somit letzten Spieltag der Fußball-Bundesligasaison, unseren ersten Abstieg auf dem Westweg dem VfB Stuttgart zu widmen In Neuenbürg finden wir einen Treff und füllen unsere Vorratskammern im Rucksack zum zweiten Mal am heutigen Tag auf. Das zusätzliche Gewicht drückt nochmal merklich auf die Schultern und auch der erste längere Anstieg in den Wohn- und Neubaugebieten Neuenbürgs lässt uns erstmals ins Schwitzen kommen. Allgemein kann man sagen, dass der Rucksack und dessen „Tragekomfort“ an Tag 1 der größte Quälgeist war.




    Blick zurück auf Neuenbürg und das Schloss

    Der Westweg führt uns nun durch Wald immer weiter leicht bergauf in Richtung Schwanner Warte, wo wir eine erste Pause einlegen und Müsliriegel naschen. So schmeckt der Ausblick ins Tal gleich viel besser. Wir werden von einem älteren Ehepaar angesprochen, das gleich erkennt, dass wir den Westweg laufen, dann aber doch sichtlich verwundert ist, dass wir nach Dobel, die nächste Ortschaft, laufen wollen und nicht den Bus nehmen. Wir beobachten noch ein wenig die gegenüber startenden Segelflugzeuge und gehen dann auch noch auf den Beobachtungsturm, in dessen Ecke wir dann – leider – Klomalheur II entdecken müssen. Also schnell wieder runter. Am Segelflugplatz merken wir dann, dass es hier einen kleinen Imbiss gegeben hätte, da wir aber schon Pause gemacht haben und es schon langsam spät wird, widerstehen wir den verlockenden Düften. Wieder geht es auf Forstwegen durch Waldstücke bis zur Rudolfshütte, die aber bereits von einer größeren Wandergruppe in Beschlag genommen ist. Wir überqueren die Landstraße und brauchen noch mal zwanzig Minuten etwa, bis wir an der Volzemer Hütte ankommen, unserem Nachtlager.


    Aussichtsturm Schwanner Warte



    Es ist schon spät und merklich kälter geworden. Wir hängen unsere Kleidung auf, machen eine kurze Wäsche, bauen das Zelt auf und bereiten das Abendessen vor. Leider will unser Kocher aber nicht so, wie wir und springt nicht an. Wir können das Problem nicht beheben und nach weiterem Probieren sind wir uns sicher, dass der Kocher kaputt ist. Mist! Damit fällt ein Großteil unserer geplanten Mahlzeiten erstmal weg und wir müssen sehr sparsam mit dem Rest sein. Zu allem Überdruss wurde es immer kälter und eine warme Mahlzeit wäre richtig nett gewesen. Nach dem kalten Abendessen verziehen wir uns recht schnell ins Zelt. Der erste Tag war für mich mit frühem Aufstehen, Zugfahrt und Wanderung dann doch recht anstrengend. Im Nachhinein kann ich auch sagen, dass ich hier bereits am ersten Abend bereits meinen persönlichen Tiefpunkt der Tour hatte – der nicht funktionierende Kocher hat meine Stimmung dann doch etwas nach unten gezogen. Schlussendlich war alles halb so wild und wenn das mein persönlicher Tiefpunkt der Tour war, versprechen die nächsten Tage einiges

  • kletterling
    Dauerbesucher
    • 30.07.2012
    • 613
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

    Sehr schön geschrieben, freue mich auf die Fortsetzung. Ich war nämlich ein paar Wochen nach Euch auf dem Westweg unterwegs.

    Kommentar


    • LewisTolleni
      Gerne im Forum
      • 29.09.2015
      • 56
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

      @kletterling Wenn du ein paar Wochen nach uns unterwegs warst, da hat es doch nur noch geschifft Dann wirst du in den Fortsetzungen sicherlich einiges Bekanntes wiedererkennen

      Tag 2, Volzemer Hütte bis kurz vor Forbach
      Gegen 7 Uhr am Morgen klingelt unser Wecker. Die Kälte ist während der Nacht immer tiefer in unsere Schlafsäcke gekrochen und das Anziehen der kalten Kleidung ist ziemlich unangenehm. Um erstmal ein wenig den Kreislauf in Schwung zu bringen und nicht beim Frühstück gleich weiter zu frieren, laufen wir erstmal los und passieren die beeindruckende Gesteinsformation Volzemer Stein. Gefrorenes Wasser sprengt das Gestein quasi, die Felsen „purzeln“ runter und verleihen ihm seine typischen Formen. Weit kommen wir allerdings nicht und wir schaffen es gerade noch rechtzeitig zu einer Grillhütte bei einer Art Pferdehof, bevor es erst zu regnen beginnt und dann ein Graupelschauer einsetzt. Vor Regen und Wind einigermaßen geschützt essen wir unser Frühstücksschokomüsli und ich muss sagen, dass es mir unter den Umständen und trotz Milchpulver vorzüglich mundet. Es ist das erste Mal, dass ich Milchpulver verwende und das wird sich wohl in Zukunft auch nicht so schnell mehr ändern. Bis wir fertig sind hat sich das Wetter auch wieder eingekriegt und wir laufen die letzten 500 Meter auf Straßen nach Dobel. Im Ort wird uns leider ein zweites Frühstück verwehrt, da alle Bäckereien geschlossen sind. Dobel ist kein sonderlich großes Dorf und so ist das Sonnentor (welch Ironie, bei diesem Wetter!) am Ortsausgang schnell erreicht und lädt uns zu einer erneuten Fotosession ein. Wir werden dort eingeholt von einem bärtigen Wanderer mittleren Alters – top ausgestattet – dem das Wetter offensichtlich besser behagt. Bis wir unsere ganzen Fotos geschossen haben ist er aber schon weiter gezogen zum ehemaligen Wasserturm, von dessen Aussichtsraum man einen schönen Blick ins Tal hat. Es soll aber nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir ihn sehen.


      Der Volzemer Stein


      Der Ausblick vom ehemaligen Wasserturm

      Mit uns unterwegs ist zuerst eine größere französische Wandergruppe, die und ihr Gebrüll wir glücklicherweise schnell hinter uns lassen können. Die Dreier-Gruppe an erfahrenen Wanderern und schwäbelnden Alt-Hippies (), die ebenso lauthals in unserem Windschatten schnattern, können wir dann leider doch nicht abhängen, auch nicht, wenn wir sie – unabsichtlich – auf falsche Wege führen. Wir kommen von einem Trampelpfad und offensichtlich geht dieser weiter auf der gegenüberliegenden Seite des Forstweges, auf den wir aus dem Wald kommend stoßen. Wir folgen also dem Trampelpfad auf der anderen Seite in den Wald hinein, wo dieser aber nach zwanzig Metern eine 90° Wendung nimmt und uns schnurstracks wieder auf den Forstweg führt, zehn Meter neben der Stelle, an der wir reingegangen sind – nette Premiumschleife


      Herrlich


      Einer der vielen Aussichtspunkte am heutigen Tag

      Es geht immer mal wieder bergauf und bergab, mal auf Forstwegen, mal auf Pfaden und wir passieren immer wieder schöne Aussichtspunkte, mal mit Pavillon, mal mit Panoramabänken, bis wir die Hahnenfalzhütte erreichen. Wir trauen uns allerdings nicht, unser Wasser am dortigen Brunnen aufzufüllen, da das Wasser eine eher ungesunde Farbe hat und wir auch glauben, kleine Partikel darin zu entdecken. In der Hütte drängt sich bereits bei guter Hitze eine große Menge an anderen Wanderern, wir finden aber auch ein kleines Plätzchen wo wir eine Cola trinken können. Die Temperaturunterschiede zu draußen sind enorm und ich merke, wie ich schläfrig werde und meine Augenlider sich komisch anfühlen. Lange können wir hier nicht bleiben, auch weil der Trubel durch die ganzen Kinder zu groß ist. Bis nach Kaltenbronn verläuft der Weg recht unspektakulär. Dort kehren wir ein, einmal, um unsere Vorräte zu schonen, aber auch um uns aufzuwärmen. Auch um die Mittagszeit sind die Temperaturen immer noch deutlich einstellig. Der Aufstieg zum Hohlohsee und Hohlohturm ist erstmal ganz schön steil, doch der Weg durch das Moor, der Blick zum See, was nach dem ganzen Wald heute etwas Abwechslung darstellt und die Aussicht vom Turm entschädigen für die Anstrengung. Hier sind auch viele TageswandererInnen, die hier ebenso wie wir die nun doch immer wieder rauskommende Sonne genießen und dabei einen guten Tropfen Weißwein aus Plastikbechern trinken.


      Im ersten Hochmoor auf unserer Westweg-Wanderung


      Der Hohlohsee


      Der Hohlohturm, von dem man eine tolle Aussicht hat...


      ...auf das bisher Gewanderte...


      ...ins Tal...


      ...und die nächsten Etappen mit dem Fernsehturm auf der Hornisgrinde ganz weit am Horizont

      Die erklommenen Höhenmeter vernichten wir gleich wieder und wandern steil bergab bis zum Aussichtspavillon kurz vor dem Latschigfelsen. Wir legen die Beine hoch, es ist schon später Nachmittag und wir bald am Ziel für den heutigen Tag. Die Aussicht auf die kleine Ortschaft im Tal und die dahinter liegende Hügellandschaft lädt zum verweilen ein. Abermals am heutigen Tag begegnen wir der Dreier-Gruppe. Sie sind nur über das Pfingstwochenende unterwegs und werden den Westweg bald an selber Stelle fortsetzen. Wir warten mit dem Aufbruch, bis wir ihre Stimmen nicht mehr hören und verweilen auch noch ein paar Momente am Latschigfelsen, von wo man Forbach und Murg sieht. Es geht immer weiter bergab in Richtung Gausbach, was kurz vor Forbach liegt. Die Sonne, die heute doch manchmal hervorlugte, verschwindet nun wieder hinter dicken und bedrohlich wirkenden, schwarzen Wolken. Wir füllen unsere Trinkwasservorräte am Hexenbrunnen auf und beschließen, zur Sicherheit das Vereinsgelände mit Sportplatz als Nachtlager (mit Wasserfall) auszuwählen, da wir dort im Fall der Fälle einen geschützten Unterstand gehabt hätten.


      Darf in keinem Westweg-Bericht fehlen


      Forbach, das wir am nächsten Tag ansteuern

      Wir essen ausgiebig und beobachten das Treiben von WalkerInnen und SpaziergängerInnen von den Bänken aus, wo wir zu Abend essen. Auch heute war ein anstrengender Tag und wir schaffen es kaum, ein paar Stichworte in das Reisetagebuch zu schreiben. Den letzten beiden Worten darin aber folgt ein dickes Fragezeichen: trockene Nacht?

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      • LintuCobain
        Neu im Forum
        • 04.08.2016
        • 5
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

        Erst Tag zwei und bereits jetzt ein wundervoller Bericht!
        Ich lese gespannt mit, würde ich doch selber gerne mal den Westweg bezwingen

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        • Cattlechaser
          Dauerbesucher
          • 04.08.2010
          • 848
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

          Ein herrlicher Bericht über den Westweg, lebendig geschrieben, mit typischen, stimmungsvollen Bildern, die mich an meine eigene Tour (als Badner gegangen in mehreren Wochenendetappen) erinnert.

          Zitat von LewisTolleni Beitrag anzeigen


          Der Ausblick vom ehemaligen Wasserturm

          Und der gleiche Ort, etwa 15 Monate zuvor und 200 Meter unterhalb deines Standortes:

          Zuletzt geändert von Cattlechaser; 05.08.2016, 13:37.
          Magie ist Physik durch Wollen. www.uhempler.de

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          • kaltduscher
            Erfahren
            • 23.11.2009
            • 361
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

            Hallo
            das Wasser aus der Quelle Hahnenfalzhütte hättest du trinken können,das Wasser im Schwarzwald hat diese Farbe und es ist bisher noch keiner daran gestorben bis vor kurzem kam aus dem Brunnen noch reines Leitungswasser doch scheint sich jetzt das Leitungswasser mit dem Moorwasser vermischt zu haben,

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            • LewisTolleni
              Gerne im Forum
              • 29.09.2015
              • 56
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

              @LintuCobain @Cattlechaser So viel Lob macht mich ja schon ganz verlegen Danke euch!

              @Cattlechaser Hehe da hattet ihr wohl Glück, dass Schnee lag und wir, dass keiner lag

              @kaltduscher Danke für die Info! Im Nachhinein haben wir uns das auch gedacht. Der eigentlich Grund, warum wir hier unser Wasser nicht aufgefüllt haben, war ja, dass einfach auch fast nichts aus dem Brunnen raus kam - und die Cola-Alternative in der Hütte

              Und nun zu...

              Tag 3, Forbach – Ochsenstall
              Regen! Das Fragezeichen ist einem dicken Ausrufezeichen gewichen. Die Nacht über hat es geregnet und wir warten im Zelt, bis es aufhört. Gegen acht Uhr ist es auch schon so weit und wir können unser Zelt ohne Regen abbauen und auch schon etwas trocknen unter dem Dach. Wir starten erstmal ohne Frühstück, in der Hoffnung, auch an diesem Pfingstmontag etwas Ansprechendes in Forbach zu finden.


              Der Blick zurück am Morgen

              Immer wieder tröpfelt es kurz, aber insgesamt hält das Wetter ganz gut. Wir steigen weiter ab nach Forbach, vorbei an Weiden, Gärten und blühenden Obstbäumen. Kurz vor dem Bahnhof wartet das dritte Westwegtor auf uns und eine weitere Fotosession beginnt. Uns kommen vereinzelt ältere Ehepaare entgegen, die gerade auf dem Weg in die Kirche sind. Am Netto wartet dann der heutige Hauptgewinn auf uns, denn die Bäckerei dort hat tatsächlich geöffnet Belegte Brötchen, Schokocroissant und Rhabarberstreusel wandern in unseren Besitz und wir zur historischen Holzbrücke, wo wir dann auch direkt über der Murg im Gebälk der Brücke frühstücken. Dabei werden wir von einer Familie mit Tochter überholt sowie von einem Paar, das den Westweg mit Hund läuft, die wir beide dann aber doch in Forbach, wo wir auch unser Trinkwasser auffüllen, wieder überholen.


              Frühlingserwachen Mitte Mai




              Schon mal fürs gute Wetter zur Probe tragen

              Es geht zuerst im Ort, dann im Wald steil bergauf und es setzt immer wieder leichter Regen ein, der uns aber nicht weiter stört. Wir folgen dem kleinen Pfad stur bergauf und müssen dabei irgendwo einen Abzweig verpasst haben, denn als wir auf einen größeren Forstweg treffen, befinden wir uns etwa 300 Meter abseits des Westwegs, finden ihn aber schnell wieder. Weiter durch Wald geht es zur Wegscheidhütte, der fünf Sterne Kategorie unter den Schutzhütten entlang des Westweg. Sie hat einen zweiten Boden unter dem Dach, den man als Schlaflager nutzen kann. Wir sind allerdings deutlich zu früh, um auch nur ansatzweise zu überlegen, hier zu bleiben. Während der 15-minütigen Pause hört der Nieselregen auf und auch wir kehren der Hütte und der darin verteilten Kartoffelsuppe (manchmal fragt man sich echt, was manche Leute machen ) den Rücken. In der Hütte war ein Hinweis auf einen Trinkwasserbrunnen nach 500 Metern, ein Infoschild direkt am Brunnen rät dann aber davon ab, daraus zu trinken. Wir passieren die Schwarzenbachtalsperre und steigen gleich wieder auf zum Herrenwieser See. Dort schieße ich einige Fotos und einige uns entgegenkommende Wanderer freuen sich, uns zu sehen.


              Der Herrenwieser-See - etwas versteckt

              Auf der bisherigen Tour haben wir uns immer wieder einen Spaß daraus gemacht, die Kilo- und Höhenmeterangaben auf den Wegkreuzen zu schätzen. Oft war man deutlich schneller unterwegs, als gedacht und hat die Daten zu hoch angesetzt, manchmal hat sich der Weg ewig zäh gezogen, sodass man dachte, man sei schon viel mehr gelaufen, als einem die Schilder anzeigen. Doch bisher unerreicht ist Balus Schätzung, in der er in einem die Kilometeranzahl vom Herrenwieser See zu Badener Höhe auf exakt 2,3 Kilometer richtig bezifferte und mit den Höhenmetern (Ist: 829m) mit seiner Schätzung von 825 Metern nur knapp daneben lag. Eine wahrliche Meisterleistung

              Die verbleibenden 2,3 Kilometer zur Badener Höhe verlaufen zuerst zwar steil, aber auf sehr schönen Wegen. Man kann immer wieder erkennen, wo sich hier das Wasser bei heftigen Regenfällen den Weg bahnt. Ausblicke haben wir heute leider keine, dafür ist der Himmel viel zu verhangen mit Wolken. Lediglich einen schönen Ausblick auf den Herrenwieser See konnten wir erhaschen. Wir kommen am Hochplateau an und pünktlich als wir den Schutz der Bäume verlassen beginnt es erst zu tröpfeln, schnell schlägt uns aber ein hässlicher Schneeregen senkrecht ins Gesicht. Was ist hier los? Schneller als wir uns verschauen, geschweige denn irgendwie umziehen oder Schutz suchen können, sind wir dem Wetter hier oben ausgeliefert. Wir sehen den Turm auf der Badener Höhe nicht, denn unsere Sicht begrenzt sich auf etwa 50 Meter, doch wir entschließen uns so schnell wie möglich dort hin zu kommen. Wir gehen sehr schnellen Schrittes - Balu versuchte sich im Windschatten-Wandern - doch bis wir am Turm auf der Badener Höhe und der dortigen Schutzhütte ankommen, sind wir klatschnass. In der Schutzhütte ist es bereits schon recht voll und zwei Väter mit ihren Söhnen bereiten ein kleines Feuer vor. Wir machen es uns erstmal in einer Ecke bequem und beginnen, da die Temperaturen nur knapp über 0° Celsius sind hier, sofort an zu dampfen. Wir wechseln unsere Kleidung und sind eigentlich ganz dankbar über das wärmende Feuer, auch wenn es fürchterlich qualmt und wir über die ganze Tour den Gestank nicht mehr loswerden. Aber einen Tod muss man sterben.


              In der Westweg-Sauna

              Die 2X2 Männer packen Würstchen und Marshmallows aus, während wir versuchen, irgendwie trocken zu werden. Derweil stoßen auch die heute schon gesehenen Westweg-WandererInnen in die Hütte dazu. Mit dabei auch das junge Paar mit ihrem Australian Shephard Barny. Später stoßen auch noch ihre Eltern auf Westweg-Besuch dazu, die in der Hütte Schokolade und Schnaps verteilen. Alle brechen mit der Zeit aber wieder auf in den nicht aufhören wollenden Regen. Wir verweilen dagegen noch länger, zur Not bleiben wir eben über Nacht hier. Mit der Zeit gesellen sich mal Mountainbiker zu uns, dann kommt ein altes Ehepaar und der Mann teilt mit uns seine Westweg-Weisheiten. Er ist ihn bereits fünfmal gelaufen.

              Gegen 16:00 Uhr lässt der Regen zwar immer noch nicht merklich nach, dennoch beschließen wir aufzubrechen und sind richtig flott unterwegs. Auf Forstwegen und leicht bergab erreichen wir sehr schnell Sand –es nieselt jetzt nur noch - und gehen gleich weiter, nun wieder leicht bergauf bis zum Hochkopf. Die Landschaft mit kleinen Birken und Kiefern gefällt uns sehr gut und wenn auch der Himmel immer noch sehr dunkel und wolkenverhangen ist, können wir etwas ins Rheintal blicken. Die Stimmung ist düster. Auf schönen Wegen geht es weiter bis Unterstmatt. Dort kehren wir ein, um unseren riesigen Kohldampf zu stillen und unseren Trocknungsprozess weiter voran zu bringen. Die Bratkartoffeln mit Bibbeleskäs schmecken vorzüglich und auch Balu scheint sein Schnitzel zu mögen. Eigentlich können wir uns mit unserem nicht funktionstüchtigen Kocher nun doch ganz gut anfreunden Die Barny-Crew ist auch da und gemeinsam mit dem Wirt beratschlagen wir unsere Nachtlagerfrage, nachdem er mehrfach auf seine schönen Gästezimmer hingewiesen hat. Die am Weg oder leicht abseits eingezeichneten Schutzhütten scheinen nicht mehr zu existieren. Doch dank des Insidertipps finden wir gemeinsam doch noch ein geschütztes Plätzchen unter einem Dachvorsprung für die Nacht. Wir gehen schon mal vor, und als wir unser Zelt gerade fertig aufgebaut haben, stößt auch die Barny-Crew dazu. Wir unterhalten uns noch ein wenig über den Tag, liegen dann aber auch schon bald in den Federn.


              In Frankreich scheint das Wetter schon wieder besser zu sein - bald auch bei uns


              Heute sind wir ihr schon deutlich näher gekommen, der Hornisgrinde

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              • bluewizard
                Erfahren
                • 01.06.2011
                • 162
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                Was stand denn auf dem Schild am Johannesbrunnen? Bin schon öfter den Westweg gegangen und hatte nie Probleme mit den Brunnen und Quellen.

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                • LewisTolleni
                  Gerne im Forum
                  • 29.09.2015
                  • 56
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                  Puuuuh...das ist 'ne gute Frage. Was genau da stand, weiß ich nicht mehr. Allerdings waren wir eben verwundert, da in der Wegscheidhütte ein Hinweis zu diesem Brunnen war und wir uns vorstellten Abends nach einem langen Tag an der Wegscheidhütte zu sein und noch dort hin gehen, um Wasser zu tanken. Kann auch ein einfaches 'Kein Trinkwasser' gewesen sein, insgesamt waren wir beide da etwas vorsichtiger (zu Beginn der Tour).

                  Die vierte Etappe kommt dann heute Abend (spät).

                  Kommentar


                  • LewisTolleni
                    Gerne im Forum
                    • 29.09.2015
                    • 56
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                    Tag 4, Ochsenstall – Alexanderschanze
                    Im Zelt ist es angenehm warm und als ich es endlich schaffe, meine Augen einen Spalt weit zu öffnen, sehe ich wie die Sonne in unser Zelt hinein scheint. Toll! Nach einem Tag wie gestern ist das genau das richtige Signal des Wetters, doch etwas Kooperationsbereitschaft zu zeigen Ich wecke Balu, es ist auch schon 8:30 Uhr und Zeit, aufzustehen und aufzubrechen. Im Zelt nebenan ist noch keine Regung festzustellen und erst als wir kurz vor dem Aufbruch sind, wuselt Barny zwischen unseren Beinen. Wir verabschieden uns und laufen, motiviert durch die Wanderer - zwei Franzosen in kurzer Kleidung, die bereits vorbeigekommen sind - in T-Shirts los, was uns dann aber trotz Sonne doch schnell zu kalt wird. Wir steigen erst auf von Buntsandstein gesäumten Pfaden bergauf, die aber bald in Forstwege münden und ehe wir uns versehen können taucht vor uns der Fernsehturm auf der Hornisgrinde auf, der für uns eigentlich immer Allgegenwärtig ist. Wir befinden uns auf 1163 Metern und somit dem höchsten Punkt unsere bisherigen Tour. Wir umwandern den Fernsehturm und haben tolle Ausblicke ins Rheintal bis hin zu den Vogesen und unsere Heimat, die von uns genauestens analysiert wird. Wir erkennen unsere alte Schule und Balus Arbeitsplatz. Wir folgen dem Weg bis zum Bismarckturm, von dem die Aussicht etwas durch Bäume versperrt wird und dann weiter und mit ständiger Aussicht zum Hornisgrindeturm. Das Wetter macht sich heute wirklich gut und die Aussichten heute sind wirklich sehr schön. Erst als wir von der Barny-Crew eingeholt werden, kommt es uns langsam wieder in den Sinn, warum wir eigentlich hier oben sind und wir beginnen mit dem Abstieg zum Mummelsee.


                    Hoch zur Hornisgrinde


                    Wolkig mit Aussicht


                    Die Versuchung in den nächsten Bus zu steigen ist zum Glück nicht allzu groß

                    Von unzähligen Wandertagen in unserer Schulzeit kennen wir uns hier ganz gut aus und machen einen kleinen Abstecher zum Mummelseeblick. Der Blick auf den von hier oben pechschwarz aussehenden See, die Fichten, die den See umgeben und das dortige Hotel ist wunderschön. Hier haben wir nun endlich auch wieder stabilen Mobilfunkempfang und ich kann zu Hause Bescheid geben, dass wir gut vorankommen – zu gut sogar. Da meine Eltern beide arbeitstätig sind verschieben wir unser geplantes Treffen auf den Abend und bei der Alexanderschanze. Wir geben unsere Einkaufsliste in Bestellung und außerdem einen neuen Kocher in Auftrag.


                    Der Mummelseeblick




                    Früher waren die Tretboote noch rot

                    Am Mummelsee treffen wir am dortigen Brunnen die Barney-Crew und zwei Franzosen, die auch gerade ihr Wasser auffüllen. Am Mummelsee ist furchtbar viel Betrieb und wir versuchen so schnell wie möglich wieder weg zu kommen von hier. Wobei schnell relativ ist. Der Postkartenkauf dauert richtig lange, auch weil ich nicht widerstehen kann, auch eine Linzertorte zu kaufen JedemR der/die hier vorbei kommt, kann ich das uneingeschränkt empfehlen. Auch das Mummelseetor ist geradezu überlaufen, doch sobald wir dieses durchschritten haben, ist vom vorherigen Trubel am Mummelsee nichts mehr zu merken. Wir setzen uns auf ein paar Baumstämme am Wegesrand und nehmen, es ist bereits 13:00 Uhr, unsere erste Mahlzeit am heutigen Tag ein. Dazu ist es jetzt auch absolut Zeit. Es gibt Müsli und die besagte Linzertorte. Unser Treffpunkt heute Abend um 19:00 an der Alexanderschanze zwingt uns dazu, nicht mehr so viel zu trödeln. Wir gehen also gleich weiter. Der folgende Weg ist einerseits etwas blöd, da man eigentlich im Grunde den Verlauf der nächsten Kilometer sieht und weiß, wo man in einer halben Stunde laufen wird. Andererseits hat man durchgehend freie Aussicht ins Tal, was auch absolut die positiven Seiten überwiegen lässt. Vorbei am Lothardenkmal, das an den Sturm am Weihnachtsfeiertag 1999 erinnert (und „dank“ dem man hier auch erst die so tolle Aussicht hat) und Darmstädter Hütte gelangen wir zum Wildsee, der zwar kleineren, aber dafür deutlich abgeschiedeneren und ruhigeren Alternative zum Mummelsee. Hier haben wir, und das kommt leider doch gar nicht so oft vor auf unserer Wanderung, einen tollen und weiten Ausblick, ohne auch nur irgendwelche Anzeichen von Zivilisation zu sehen.


                    Letzter Blick zur Hornisgrinde


                    Was vor uns liegt


                    Der Wildsee

                    Der Abstieg zum Ruhesteinzentrum zieht sich etwas und nach einer kurzen Pause gehen wir quasi den selben weg auf der anderen Seite einfach wieder hoch. Wir passieren die Skisprungschanzen und begeben uns auf direktem Weg zum Schliffkopf (1055m). Die Pfade sind schmal und die Landschaft abermals schön und die Nähe zur B500 stört auch nicht wirklich, denn die ist gerade einseitig gesperrt und geschwindigkeitsbegrenzt. Auch um den Schliffkopf haben wir immer wieder schöne Aussichten ins Rhein- und Renchtal. Der folgende Panoramaweg macht seinem Namen alle Ehre. Unser Blick ist stets nicht auf den Weg, sondern ins Rheintal gerichtet.


                    Blick Richtung Ruhestein




                    Zwar nicht das Rheintal, aber dennoch eine schöne Aussicht


                    Der Buchkopfturm


                    Wir machen eine längere Pause in der Sonne und essen Müsliriegel und Nüsse – die bereits gelaufenen zwanzig Kilometer machen sich langsam bemerkbar und außerdem war unsere Pausen- und Verpflegungsplanung alles andere als optimal heute. Wir sind nun durch die ehemalige Befestigungsanlage Röschenschanze deutlich langsamer unterwegs, überholen dort aber dennoch die Barny-Crew und bei der Zuflucht auch die Franzosen. Diese sind etwas auf Trinkwasser und Verpflegungssuche und wir erklären ihnen, dass sie wohl direkt am Weg erst wieder etwas in Hausach finden. Wir kommen ins Gespräch und nachdem wir alle mit unseren Französisch- bzw Deutschkenntnissen geprahlt haben, wissen wir, dass die beiden Olivier und Philippe heißen und eigentlich aus Belgien kommen. Durch das amüsante Gespräch vergeht der Weg bis zur Alexanderschanze wie im Flug, was auch am Tempo liegt, dem wir auf lange Sicht nicht gewachsen sind. Wir sind uns alle darin einig, dass der Westweg eine tolle Erfahrung ist und die Natur wirklich schön ist, allerdings können wir dem Gefühl nicht ganz zustimmen, dass es aussieht wie in der Herr der Ringe und wir eigentlich auf dem Weg nach Mordor sind


                    Abrupter Landschafswechsel


                    Kurz vor Alexanderschanze

                    Gemeinsam erreichen wir die Passstraße (dieses Wort wollte ich schon immer mal schreiben) Alexanderschanze gegen 18:30 und Olivier und Philippe machen sich nach Kniebis auf, um ihre Vorräte aufzufüllen. Für uns dagegen heißt es völlig platt auf den Verpflegungskonvoi von zu Hause zu warten. Meine anfangs als pünktlich und zuverlässig angekündigten Eltern verspäten sich aber etwas aufgrund der Sperrung auf der B500. Die Freude über den Fresskorb ist dafür umso größer. Es gibt Müsli, Käse, Brot, Cola, NicNacs und Pickups für uns. Für den sofortigen Verzehr war das mitgebrachte Russ (Weizen-Limo) gedacht, das wir dann auch mit der Barny-Crew und Olivier und Philippe teilten. Am wichtigsten jedoch ist der neue Kocher. Allerdings – wir hätten ihn nicht gebraucht Wie sich schnell herausgestellt, waren wir einfach nur zu dämlich, ihn zu bedienen Decken wir die Käseglocke der Barmherzigkeit darüber, schweigen und mögen wir allen anderen Westweg-WandererInnen den Tipp mit auf den Weg geben, sich mit dem Kocher bereits im Vorfeld vertraut zu machen In jedem Fall ist es sehr nett von meinen Eltern, uns hier versorgt zu haben und an dieser Stelle noch mal ein großes Dankeschön dafür!


                    Bald gibt es was warmes zwischen die Zähne!

                    Gemeinsam mit der Barny-Crew gehen wir weiter und lassen Alexanderschanze hinter uns. Sie wollen bis zur Hildahütte weiterlaufen, doch diese weiteren fünf Kilometer sind uns heute Abend definitiv zu viel. Wir finden ein schönes Plätzchen im Wald und bald gesellen sich auch Olivier und Philippe zu uns und wir kochen gemeinsam zu Abend. Sie richten sich Nudeln mit Tomatensoße, bei uns gibt es die Rahmsoßenvariante. Wir wünschen ihnen einen guten Appetit („e Guda“) und sind ziemlich amüsiert darüber, als sie uns erklären, dass die keinen Gouda, sondern Frischkäse zum Brot essen Es ist der erste Abend, den wir zwecks der Temperaturen auch etwas länger draußen verbringen können, was wir auch sehr genießen angesichts dieser netten Gesellschaft.

                    Im Zelt gönnen sich Balu und ich noch die mitgebrachte Cola und NicNacs – natürlich nur, damit wir das am nächsten Tag nicht mitschleppen müssen Schlafen können wir dann aber nicht so recht, was aber auch an den Motorradrennen im Wald liegt, die wir hören, als ob sie in unserem eigenen Vorzelt stattfinden würden.

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                    • LewisTolleni
                      Gerne im Forum
                      • 29.09.2015
                      • 56
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                      Tag 5, Alexanderschanze – Hohenlochenhütte
                      Wieder einmal muss ich Balu wecken und ein ganzes Stück Überzeugungsarbeit leisten (), damit wir irgendwann aufstehen. Das Zelt ist wie schon die Tage zuvor vom Tau nass. Wir packen zusammen, während Philippe und Olivier noch schlafen und ziehen dann bald los. Immer wieder stellen wir uns beim Laufen die Frage, ob die Barny-Crew am Abend zuvor tatsächlich noch bis zur Hildahütte gelaufen ist und blicken gespannt um jede Kurve, um nach ihrem Zelt Ausschau zu halten. Wir gelangen zu einem Gleitschirmfliegerplatz mit toller Aussicht auf Peterstal-Griesbach und das Renchtal, wo man sicher auch ein schönes Plätzchen gefunden hätte, wenn auch etwas exponiert. Bald erreichen wir die Hildahütte, wo wir nur noch einen Abdruck vom Zelt vermuten können, aber jetzt befindet sich hier weit und breit keine Spur mehr von Barny und seinen Herrchen. Sie wollen bis zur Kalten Herberge gehen und dann für das Wochenende aussteigen. Deshalb sind sie etwas unter Zeitdruck. Ihre am Vorabend trocken formulierte Ankündigung „Dann haue ma halt Morge einer naus“ scheinen sie nun tatsächlich in die Tat umzusetzen.



                      Nach der Hildahütte folgen wir kleinen und schönen Pfaden durch lichten Wald, immer wieder knirscht Sand unter unseren Füßen. Am Glaswaldseeblick machen wir eine kurze Rast, der Glaswaldsee schimmert 100 Höhenmeter unter uns rabenschwarz. Welch ein schöner Anblick! Im Höhenprofil unserer Karte ist ein Abstieg zum Freiersberger Tor eingezeichnet, der es auch in der Realität ganz schön in sich hat und mächtig auf die Knie geht. Auf richtigen Forstwegrampen passieren wir bald das nächste Tor am Westweg, das Freiersberger Tor.


                      Schwarze Perle im Schwarzwald


                      Und schon wieder ist uns ein Schnappschuss gelungen

                      Nach dem Freiersberger Sattel folgen uns endlos erscheinende Forstwege durch Mono-Wald. Aussicht bekommt man kaum geboten, lediglich der am heutigen Tag wirklich extreme Pollenflug, der den Wald in ein trübes Licht hüllt, ist erwähnenswert. Erst ca. 1km vor dem Harkhof folgen wir wieder einem Pfad, was eine willkommene Abwechslung ist. Plötzlich stehen wir an einer Lichtung und Wiesen, auf denen Kühen weiden, präsentieren sich uns. Wir steigen ab zum Harkhof, wo eine wohl verdiente Brotzeit auf uns wartet. Das Butterbrot mit Bibbeleskäs – alles selbst gemacht – schmeckt vorzüglich und auch das hier getrunkene Russ ist das Beste unserer ganzen Reise. Wir unterhalten uns mit einem Motorradfahrer aus Rastatt, der öfters hierher kommt und ziemlich beeindruckt ist von unserer Wanderung, so sehr, dass er uns auf ein Glas Milch einlädt Am Tisch neben uns sitzt außerdem ein Wanderkollege, den wir am Morgen unseres zweiten Tages in Dobel bereits gesehen haben. Er heißt Lutz und kommt aus Berlin – wobei das kommen bei ihm ganz andere Dimensionen annimmt. Er ist nämlich bereits seit sieben Wochen unterwegs und der Westweg ist bei ihm auch nur eine Zwischenetappe auf seiner Wanderung durch ganz Deutschland, die auch noch mehrere Monate weitergehen soll. Wenn wir also auf ein Glas Milch eingeladen werden, dann hätte Lutz aber mal mindestens eine ganze Kuh verdient


                      Einmal Pusten bitte




                      Nach unserer langen Pause ist unser Zelt in der Sonne getrocknet, die Wasserflaschen wieder aufgefüllt und unsere Beine wieselflink. Beim Aufbrechen werden wir noch von anderen Westweg-WandererInnen erstaunt verabschiedet, da die eigentliche Etappe bereits hier am Harkhof zu Ende geht, wir aber diese kurze Etappe nutzen möchten, um uns etwas Vorsprung zu erarbeiten. Wir kommen schnell voran und sind froh, die Monotonie des Vormittags hinter uns gelassen zu haben. Ich verlasse kurz den Westweg um einen Brunnen aufzusuchen und als ich zurückkomme, ist Tophi mit den Belgiern am flachsen, die uns mittlerweile wieder eingeholt haben. Sie zieht es heute noch weiter nach Hausach, wir schaffen es aber vermutlich nicht mehr so weit. Wir passieren einen Forschungsturm, der erst kürzlich in den Medien stand, da er illegal von sogenannten Rooftoppern beklettert wurde, wir aber laufen brav weiter und erreichen bald die Hohenlochhütte, das El Dorado der Schutzhütten am Westweg. Dort wird gerade ein Übernachtungspod gebaut, aber auch ansonsten ist die Hütte mit Quelle, Aussicht, Toilette, Unterstand und Wäscheleine nicht zu übertreffen. Da für heute Nacht Gewitter und Böen angekündigt sind, entscheiden wir uns, hier zu bleiben. Es kommt noch ein Pärchen vorbei, das aber nicht so überzeugt zu sein scheint und sich auch nicht von unserer Auskunft, dass die nächsten Kilometer erstmal nichts mehr kommt, abhalten lässt, um 19:00 Uhr noch weiter zu wandern. Keine 15 Minuten später fängt es an, aus allen Kübeln zu gießen. Wir kochen unser Abendessen und machen es uns unter dem Dach gemütlich und schreiben den ersten Teil unserer schon am Mummelsee gekauften Postkarten.


                      Unsere Aussicht bei der Ankunft

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                      • Blahake

                        Fuchs
                        • 18.06.2014
                        • 1441
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                        Was für ein schöner Bericht!!! Macht wirklich Spaß, zu lesen und ich bin gespannt, wie es auf den Etappen weitergeht, die ich kenne.  Lieben Dank für's fleißige Schreiben!

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                        • kletterling
                          Dauerbesucher
                          • 30.07.2012
                          • 613
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                          Danke für die Fortsetzung. Macht immer noch sehr viel Spaß, das zu Lesen.

                          Hier in dem Faden bin ich übrigens nur gelandet, weil ich wissen wollte, ob jemand mal was über das neue Pod an der Hohenlochen-Hütte geschrieben hat. Das war bei uns so gut wie fertig und ist echt toll geworden! Das ist eine richtige kleine Hütte und soll vier Schlafplätze bekommen. Tolle Sache! Ein Foto der Hütte und ein paar Infos zu unserer Tour im Juni gibt es drüben beim ULTF- Impressionen von Touren, wesentlich profaner und kürzer als der schöne Bericht hier.

                          Ich wollte die Aktualisierung der Hütte in's Hütten-Wiki hier reintun, bin aber leider zu blöd dafür.

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                          • LewisTolleni
                            Gerne im Forum
                            • 29.09.2015
                            • 56
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                            @blahake Freut mich sehr, dass es dir Spaß macht, den Bericht zu lesen. Mir hat es auch sehr viel Freude bereitet, ihn zu schreiben...nur das hochladen ist immer so ein Act und nach den Arbeiten für die Uni tat es auch mal gut, wieder etwas frei von der Leber zu schreiben

                            @kletterling Cool, das sieht wirklich gut aus. Bei uns konnte man nur erahnen, was daraus entstehen soll. Wertet das ganze nochmals auf und ist sicherlich einmalig entlang des Weges. Euer Pensum war allerdings auch ordentlich, Respekt!


                            Tag 6, Hohenlochhütte bis ca. Wilhelmshöhe
                            Wie angekündigt war die Nacht sehr nass und stürmisch. Glücklicherweise waren wir komplett geschützt und konnten so einigermaßen ruhig schlafen. Am Morgen scheinen wir in einer nebligen Wunderwelt aufzuwachen. Alles ist eingehüllt, unsere Sicht reicht keine paar Meter weit. Der gewieft getüftelte Plan, heute ohne Zeltaufbau etwas früher los zu kommen, scheitert grandios. Nach langem Trödeln setzt zwei Minuten bevor wir los wollen Regen ein. Somit hat unser langsames Einpacken doch ihre gute Seite und wir werden nicht nass Wir packen nun doch unser Frühstück aus und sobald wir mit dem Müsli fertig sind, ist auch der Regen so gut wie abgeklungen.


                            Ob hier wohl Dementoren brüten?


                            Links sieht man Teile des Pods in der Entstehung, rechts die altehrwürdige Hütte


                            Unglaublich, was man auf dem Westweg alles sieht (aus der Rubrik unnützen Wissens und Superlative aus Wikipedia): Unten die Kinzig, der größte Rheinzufluss des Schwarzwalds nördlich der Alpen

                            Im Schutz der Bäume machen wir uns an den verbleibenden Abstieg nach Hausach. Von gut 650 hm geht es hinab auf ca. 250 hm. Die an sich schönen und kleinen Pfade sind nun ganz schön matschig, wir kommen aber unversehrt am Spitzfelsen an. Vor uns eröffnet sich ein spektakulärer Blick auf Hausach und das Kinzigtal. Wir halten einen Moment inne, die dunklen Wolken ziehen über den Ort hinweg, während er selbst irgendwie zu strahlen scheint.



                            Um 11 Uhr sind wir in Hausach, kurzer Zwischenstopp in der Apotheke zur rechtzeitigen Einleitung unserer Blasenbildungspräventionsmaßnahmen. Danach Routine am Kinzigtaltor in Hausach und notwendige Besorgungen im Supermarkt und Post erledigt. Das dauert alles doch recht lange und erst um zwölf sitzen wir am Fuß der Burg Husen auf einer Bank, um unser spätes zweites Frühstück, das wir im Bäcker besorgten, zu verspeisen. In einer Art Briefkasten ist ein Buch versteckt, in dem sich bereits auch die Barny-Crew und Lutz eingetragen haben, wobei uns die eingetragenen Uhrzeiten verraten, dass beide, aber insbesondere die Barny-Crew, deutlich Vorsprung haben. Schade, es scheint nicht so, dass wir sie noch einholen können.

                            Jetzt um die Mittagszeit strahlt nichts mehr in Hausach. Die dunklen Wolken sind nun rabenschwarz und pünktlich zu unserem Aufbruch beginnt es wieder zu tröpfeln. Und das gerade hier, wo wir doch im Vorfeld so oft von diesem schwierigsten Anstieg auf der ganzen Reise gehört haben, der Schlüsselstelle unserer Wanderung, ja gar dem Alpe d’Huez des Westwegs Joa, war körperlich schon gut anstrengend, der Aufstieg zum Farrenkopf. Viel schlimmer ist allerdings, dass es nur auf Forstwegen, richtigen Rampen, nach oben geht, ohne dass es auch nur irgendwas zum Schauen gibt. Ein Aufstieg, nur um des Aufsteigens Willen. Ist halt nicht so schön. Schwer schnaufend und nass geschwitzt (der Regenkleidung sei dank...) kommen wir an der Farrenkopfhütte an, wo uns eine Frau erwartet, sobald wir da sind, aber wieder aufbricht. Wir schauen uns die wirklich große Hütte etwas genauer an und auch sie hat einen Boden unter dem Dach. Hier ließe es sich sicherlich aushalten. Doch da es wieder aufgehört hat zu regnen – nach dem Winter- nun Aprilwetter – brechen wir schnell wieder auf. Im Matsch des Weges lassen sich auch eindeutig frische Spuren von Barnys Pfoten ausmachen. Wir sind wieder auf der Fährte!

                            Der Charakter des Wegs ändert sich erstmal nicht. Weiter auf steilen Forstwegrampen durch einfachen Wald und ohne Aussichtspunkte rast Windrad um Windrad an uns vorbei, die sich teilweise noch im Aufbau befinden und entsprechende Spuren vom Schwerlastverkehr zu sehen sind. Wir überholen die ältere Frau von der Farrenkopfhütte von gerade eben und sie erzählt uns, dass sie auch seit Samstag unterwegs ist. Wir sind überrascht darüber, dass wir sie bisher noch nicht gesehen haben, was aber schnell erklärt ist damit, dass sie keine Langschläferin ist Heute ist sie beim Brandenkopf gestartet. Tolle Leistung!


                            Von Weitem sehen die immer so klein und niedlich aus





                            Wir ziehen unsere Regenjacken aus und cremen uns sicherheitshalber ein, da mittlerweile wieder die Sonne scheint. Auf dem Huberfelsen lassen wir uns etwas bescheinen. Im Wald herrscht nun abermals eine magische Stimmung durch die nassen Blätter, Gräser und Heidelbeersträucher, die von der Sonne beschienen werden. Ich bin beschäftigt mit Fotografieren und höre etwa 50 Meter vor mir ein Ausruf der Freude. Auf dem Karlstein sitzt die Barny-Crew, als hätte sie nur auf uns gewartet. Wir haben die letzten beiden Tage immer wieder gerätselt, ob wir sie nochmal sehen, denn, da haben sie tatsächlich einen rausgehauen zuvor. Wir tauschen unsere Erlebnisse aus und vertiefen diese weiter bei einem Bier in der schönen Aussicht, einem Hotel und Restaurant. Diese pushen unsere Leistung zum Abschluss des Tages.
                            Es ist schon 19 Uhr und wir wollen gemeinsam aufbrechen zur in der Karte eingezeichneten Hütte. Balu und ich gehen allerdings etwas schneller voraus – legen im vorbeigehen noch ein Pick-Up als Geschenk an die Barny-Crew auf eine Wurzel – und sind dann recht schnell, es sieht nämlich wieder nach Regen aus und es beginnt auch etwas zu tröpfeln, beim Rensberg. Auf den nächsten Kilometern sehen wir zwar einige tolle Zeltplätze, doch leider keine Hütte und sobald wir am Silberberg sind ist es auch Gewissheit, dass wir heute wohl kein solides Dach über dem Kopf haben werden. Natürlich finden wir nun nicht mehr ansatzweise einen geeigneten Platz, wo wir unser Zelt aufschlagen können. An einem der Bauernhöfe, die wir passieren, kann man frische Milch abfüllen und uns läuft schon jetzt das Wasser im Mund zusammen beim Gedanken an das morgige Frühstück. Für heute eigentlich noch ungeplant laufen wir sogar noch bis zur Wilhelmshöhe und haben am heutigen Tag somit sogar zwei Westwegportale durchwandert Kurz darauf finden wir einen schönen, wenn auch etwas abschüssigen Platz im Wald. Der Barny-Crew wünschen wir noch einen schönen Abend, sie gehen noch weiter zur nächsten Schutzhütte, wofür uns die Motivation fehlt. Die von Balu liebevoll zubereiteten Käsespätzle sind im Nu gegessen, es ist schon dunkel. Im Zelt kann uns auch das agressive Grunzen eines Wildschweins nicht stören. Was für ein Tag, wir haben wieder viel gesehen und erlebt.


                            Wilhelmshöhe. Am Abend nach kurzen Regenschauern. Die Frisur hält

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                            • LewisTolleni
                              Gerne im Forum
                              • 29.09.2015
                              • 56
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                              Tag 7, Wilhelmshöhe – Ruheckle

                              Nachdem ich aufwache geht mein Blick im Zelt zuerst nach rechts. Gut, Balu ist noch da! Somit haben wir beide die durch das laute Grunzen angekündigte Invasion der Wildschweine überlebt. Es scheint wieder die Sonne und es verspricht ein herrlicher Tag zu werden. Wir packen unser Zelt zusammen und machen uns wie gewohnt erstmal auf den Weg und auf die Suche nach einem geeigneten Frühstücksplatz. Diese zieht sich aber erstmal, da wir einen trockenen Platz in der Sonne suchen, was gar nicht so einfach zu sein scheint. Somit gelangen wir noch mit leerem Magen zur eingezeichneten Schutzhütte am Wegesrand, die sich als kleineres Bushaltehäuschen herausstellt und wir können uns ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen, als wir das Zelt der Barny-Crew unweit davon im Wald entdecken.



                              Wir durchqueren zuerst das Hochmoor um den Blindensee, was in diesem morgendlichen Erwachen der Natur und der Ruhe angenehm ist (vom andauernden Tiefflug eines Kampfjets mal abgesehen). Nachdem wir auch mehrere schicke Wohnhäuser passiert haben entdecken wir in einer Wiese ein paar Steine, auf denen wir nun endlich unser Frühstücksmüsli mit frischer Milch essen können. Ich meine, man lebt auf Wanderungen ja nicht nur in einem ständigen Entbehrungszustand, dennoch: die Milch schmeckt einfach nur göttlich!




                              Hing für zwei Wochen falsch rum an der Wand

                              Ich ändere mein Wanderoutfit erstmals hin zur kurzen Variante, was aber bei Wind und im Schatten noch recht frisch ist (was der gute Lewis aber über den ganzen Tag nicht zugeben will und lieber friert). Immer wieder wandern wir mal durch Wald, vorbei an Almwiesen und alten Schwarzwaldbauernhöfen. Diese Abwechslung in der Natur und das schöne Wetter sind herrlich. Wir passieren die Elzquelle und statten auch der Quelle der Breg einen Besuch ab, die ja bekanntlich die Donau zu Weg bringt. Ihr Wasser trauen wir uns aber dann doch nicht zu trinken, was schlecht ist, denn unsere Vorräte verknappen sich merklich. An der Bregquelle ist gerade ein Fotoshooting im Gange, wir stören, und verlassen nach einer kurzen Pause diesen komischen Ort hierfür wieder.


                              Laut Informationstafel fließt dieses Nass irgendwann durch Jugoslawien und die Sowjetunion

                              Am Günterfelsen, der nach einem kurzen Wegstück bergauf durch den Wald folgt, versuche ich mich an einer Kletterpartie, was aber an den kugelrunden Granitfelsbrocken, die nass und somit rutschig sind, viel zu gefährlich ist. Eine vermerkte Schutzhütte mit Brunnen können wir abermals nicht finden und füllen unsere leeren Trinkwasserflaschen am Naturfreundehaus kurz vor dem Brend (1148m) auf, wo wir auch unwissend unser letztes gemeinsames Bier mit Lutz trinken. Ein bisschen Neid, aber noch viel mehr Anerkennung und Respekt haben wir angesichts seines Vorhabens, für das wir auch weiterhin gutes Gelingen wünschen.




                              Der Höchste




                              Nach dem Naturfreundehaus kommen wir nicht weit, denn rechts neben dem Weg steht der Brendturm, den wir natürlich auch besteigen. Hier haben wir zum ersten Mal einen freien Blick auf den Feldberg, den höchsten Berg des Schwarzwalds und somit auch unserer Tour. Auf seinem Gipfel liegt noch Schnee, ein oller Anblick aus der Ferne. Wir folgen zuerst einem Pfad rechts entlang einer Kuhweide bergab und müssen hierbei dem einen oder anderen riesigen Ameisenhügel ausweichen, dann einem längeren Stück auf Straßen, bis wir eine schöne Aussichtswiese nahe Neueck finden, an der wir unsere Siesta verbringen wollen. Unser Zelt brutzelt und trocknet in der Sonne, während auch wir es uns in der selbigen bequem machen. So schön kann das (Wander-)Leben sein. Die gestern getroffene Frau überholt uns wieder, sie läuft heute bis zur Kalten Herberge und am Tag darauf nach Titisee, wo sie ihre Westwegreise dann beenden muss. Wir essen noch eine Kleinigkeit und setzen unseren Weg dann auch fort.


                              Siesta-Wiese

                              Kurz darauf werden wir angesprochen, von einer Dame, deren Augen zu leuchten beginnen, als wir ihr bestätigen, dass wir auf dem Westweg unterwegs sind. Sie ist ihn 1974 gelaufen, in Zeiten also, als seine Varianten noch nicht Ost und West, sondern A und B genannt wurden. Damals muss es sicherlich noch eine ganz andere Erfahrung gewesen sein, hier zu laufen. Ich beneide sie hierfür, denn manchmal stören Straßen und alle anderen Dinge, die menschliche Zivilisation mit sich bringen und die fortschreitende Vermarktung und Kommerzialisierung des Weges doch sehr. Wir wünschen uns alles Gute und gehen unseres jeweiligen Weges. An und auf Straßen und unter Brücken hindurch gelangen wir recht schnell zur Kalten Herberge. Wir verbringen dort etwa eine Stunde in der Hoffnung, ein letztes Mal die Barny-Crew zu treffen und trinken in aller Langsamkeit unsere Getränke. Es ist bereits 19:00 Uhr und erst als wir bezahlt haben, unser Wasser auffüllen und gerade aufbrechen wollen, erkennt Balu sie am Horizont. Wir schießen ein gemeinsames Abschiedsfoto und verabschieden uns. Sie wollen am darauffolgenden Montag (heute ist Freitag) wieder einsteigen – da soll das Wetter auch weiterhin gut sein. Wir setzen unseren Weg also nun ohne alle unsere Gefährten weiter

                              Es ist Freitagabend, wir befinden uns bereits seit sieben Tagen auf Wanderschaft und haben bereits 175 Kilometer in den Waden. 110 Kilometer warten noch auf uns – darunter die Feldberg-, Belchen- und Blauenaufstiege. Wir kalkulieren, fassen zusammen, reflektieren unsere bisherige Leistung und stellen Prognosen für die Zukunft auf. Nach sorgfältiger Abwägung sämtlicher Argumente, weniger aus Berücksichtigung unserer Terminkalender im Anschluss an die Tour, mehr aus unserem Ehrgeiz heraus ist die Idee geboren, den Rest nicht in den ursprünglich vorgesehenen 5 Tagen zu laufen, sondern den Rest aufbauend auf dem bisher raus gelaufenen Vorsprung in 4 Tagen zu schaffen. Puuuh! Auf der anderen Seite stand aber auch immer das Argument, dass wir ab nun „nur“ noch die offiziellen Etappen schaffen müssen und warum sollte das für uns nicht möglich sein? Aber daran wollen wir erst morgen denken. Jetzt hat erstmal die Zeltplatzsuche Priorität. Zum Abschluss des Tages kommen wir dann nochmal in den Genuss eines tollen Ausblicks ins Tal beim Lachenhäusle und werden dann bald in einer Waldlichtung fündig, nachdem wir lange Zeit entlang einer vielbefahrenen Straße aufen mussten.



                              Der gesamte Ablauf hat nun schon etwas Vertrautes, ist aber, zum Glück, noch weit entfernt davon, Routine zu werden. Wir bauen das Zelt auf, richten alles darin und kümmern uns dann um unseren Hungern in der spontan eröffneten Gaststätte ‚zum goldenen Feldbergblick’


                              In wirklich viel schöner

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                              • Igelstroem
                                Fuchs
                                • 30.01.2013
                                • 1888
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                                #16
                                AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                                Zitat von LewisTolleni Beitrag anzeigen
                                Sie ist ihn 1974 gelaufen, in Zeiten also, als seine Varianten noch nicht Ost und West, sondern A und B genannt wurden. Damals muss es sicherlich noch eine ganz andere Erfahrung gewesen sein, hier zu laufen. Ich beneide sie hierfür, denn manchmal stören Straßen und alle anderen Dinge, die menschliche Zivilisation mit sich bringen und die fortschreitende Vermarktung und Kommerzialisierung des Weges doch sehr.
                                [Edit] Kann mich ja erinnern, dass schon in meiner Kindheit, d.h. in den Siebzigern, »Unterstmatt« sozusagen der Inbegriff der überlaufenen Einkehrmöglichkeit war. Schwarzwaldhochstraße gab es auch schon, inklusive Motorräder, und überall rote Rauten. So sehr anders war es also nicht, und für mich hat vieles davon sogar etwas Anheimelndes, weil es eben mit frühesten Erinnerungen verbunden ist.

                                Um eine ganz andere Erfahrung zu haben, müsste man sich vielleicht ins Jahr 1874 versetzen. Oder eher 1474? Wikipedia munkelt ja, dass der Schwarzwald um 1850 weitgehend entwaldet war, natürlich zu kommerziellen Zwecken. Man muss in diesen Landschaften historisch schon sehr weit zurückgehen, um einen vorzivilisatorischen Naturzustand zu finden.

                                Eigentlich stimme ich Dir zu, was die Premiumwege als Kommerzialisierungsinstrument angeht, aber wenn man sich dem entziehen wollte, würde es ja ausreichen, sich eine Karte zu nehmen und andere Routen zu wählen. Dann verpasst man aber auch diesen Milchautomaten.
                                Zuletzt geändert von Igelstroem; 10.08.2016, 02:04.
                                Lebe Deine Albträume und irre umher

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                                • Schredder
                                  Anfänger im Forum
                                  • 10.08.2016
                                  • 13
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                                  Hallo Zusammen,

                                  ich lese schon geraume Zeit hier im Forum kreuz und Quer. Jetzt muß ich aber auch mal antworten.

                                  Ich war eine Woche nach euch auf dem Westweg und es war trotz der Wetterunbillen und das es schlußendlich nur bis Hausach ging, einfach herlich. Von der Hornisgrinde habe ich nur immer die nächsten 20 Meter vor mir gesehen und zwei Tage hielt das gruselige Wetter an, aber wenn es dann mal aufriß.....toll. Bis Hausach ging es dann nur, weil die daruffolgende Tage die Unwetterwarnungen doch zu heftig wurden. Euer Bericht zeigt mir, wie schön es war und wie schön es noch besser hätte sein können. Im Herbst versuch ich dann den Rest. Dann mit Familie. Die kennen Wandern nur aus dem Buch
                                  Nur zu Fuß kann ich bewust Perspektiven wechseln

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                                  • LewisTolleni
                                    Gerne im Forum
                                    • 29.09.2015
                                    • 56
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #18
                                    AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                                    @Igelstroem Danke für deine Gedanken. Sicherlich ist eine solche Kulturlandschaft über einen solch langen Zeitraum immer wieder im Wandel. Und das unterscheidet sich bestimmt auch wieder je nachdem, wo man sich gerade befindet im Schwarzwald. Der Kommentar an dieser Stelle war eigentlich auch so gedacht ("hier zu laufen"), direkt Bezug zu nehmen zu der Stelle, an der wir die Frau getroffen haben, da es kurz vor der Kalten Herberge fast ausschließlich an viel befahrenen Straßen entlang ging und ein ganzes Tal von einer Brücke dominiert wurde, die nicht aussah, als ob es sie 1974 schon gab Und sobald wir dann an der Kalten Herberge waren, haben wir alle Annehmlichkeiten wieder genossen

                                    @Schredder Bei Sonnenschein zu wandern ist sicherlich nochmal eine andere Sache als bei Schmuddelwetter, solange es nicht regnet kann aber auch etwas haben - Unwetterwarnungen sind natürlich nicht so schön. Da kannst du dich für Herbst auf jeden Fall auf ein paar super schöne Etappen freuen!



                                    Tag 8, Ruheckle bis Rufenhütte
                                    Die Nacht war ruhig und erholsam, wir stehen früh auf und packen schnell zusammen, schließlich haben wir noch ein Projekt zu beenden. Im Gasthaus „zum goldenen Feldbergblick“ hat man uns schon ein leckeres Schokomüsli zubereitet, was uns erstmal Kraft für den Tag gibt. Heute ist ein besonderer Tag, ich streife mir mein SC Sand Trikot über. Bereits während meiner Mallorca-Wanderung habe ich das bisher wichtigste Spiel in der Vereinsgeschichte verpasst, als man den FC Bayern München im Halbfinale des DFB-Pokal der Frauen völlig überraschend schlagen konnte. Heute ist das Endspiel und ich zeige so selbstverständlich meine Unterstützung für die Mädels und meine Schwester.








                                    Wir laufen erstmal viel auf und neben Straßen, haben gleichzeitig aber auch immer wieder schöne Ausblicke in der offenen und von Kuhweiden geprägten Landschaft. Wir werden von zwei sehr schnellen Wanderern rechts überholt, Speedy & Gonzales, die uns komischerweise am letzten Abend bereits im gleichen Tempo überholt haben, aber dann nicht weit gekommen sein konnten. Während der Umrundung eines Talkessels muss ich mich immer wieder zusammenreißen, nicht in die von Löwenzahn übersäten Wiesen zu springen. Alles so schön gelb hier. Wir machen Pause an einer bequemen Bank mit Rückenlehne und haben erneut einen faszinierenden Blick auf den Feldberg, der nun schon im Vergleich zu heute Morgen deutlich näher wirkt.



                                    Wir überqueren die Weißtannenhöhe (1190m) im Wald und begegnen dort zwei bergauf schiebenden Mountainbikern. Auch uns macht zuerst das steile Gefälle zu schaffen, dann der Asphalt unter den Füßen. Wir sehen die Skisprungschanzen von Hinterzarten, wo wir heute auch noch vorbeikommen wollen. Wir kämpfen uns weiter auf Straßen bergab, machen dann aber doch recht bald an einem Holzstapel auf einer Wiese eine Pause und können dort auch unser Zelt trocknen. Unsere Vorräte wie Käse, Brot und Aufstriche, Müsliriegel und was Süßes für Zwischendurch sind jetzt leer. Auch der weitere Weg bergab nach Titisee ist ätzend. Die Sonne lässt den Asphalt glühen, es weht kein Lüftchen. Wir kommen an einem riesigen Golfplatz vorbei und einer Weide mit besonders verdauungsfreudigen Tieren.




                                    Gut, dass ich heute mein rotes Trikot gegen ein blaues eingetauscht habe

                                    In Titisee angekommen trifft uns erstmal der Schlag. Hier laufen Menschenmassen im Ort, als ob es etwas umsonst gäbe. Wir entscheiden uns erstmal, getrennten Aufgaben nachzugehen. Während ich zum Bahnhof laufe, um nach Titisee zum Einkaufen zu fahren, wird Balu auf einer Bank geparkt, um der äußerst wichtigen und verantwortungsvollen Aufgabe des Pausierens nachzugehen Auf dem Weg im Bus zurück nach Titisee höre ich das Halbzeitergebnis aus dem Pokalfinale, es steht 1:1. Jovana Damnjanovic hat den zwischenzeitlichen Rückstand egalisiert. Ich freue mich sehr, dass ihnen auch in diesem Spiel ein Tor gelungen ist. Schlussendlich konnten sie ihre tolle Leistung nicht krönen, können aber sehr stolz auf das erreichte sein.



                                    In Titisee angekommen verpacken wir gemeinsam unsere neuen Vorräte und ich merke, dass ich – wenig überraschend – etwas vergessen habe Die Sonnencrème fehlt, wir können diese aber in der Apotheke kaufen, müssen dazu den dortigen Wegelagerern allerdings unverschämte 16€ in den gierigen Schlund schmeißen. Wir versuchen einen Weg entlang am See zu finden, werden aber nicht fündig und versuchen dann auf dem offiziellen Weg so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.

                                    Wir steigen am Campingplatz auf und sind uns ein wenig unsicher, ob es hier wirklich hoch gehen soll – wäre bitter, wenn wir wieder runter müssten. Oh, ein Wegkreuz! Es hat sich hinter einem Baum versteckt, wir sind also noch richtig. An künstlichen Gesteinsformationen vorbei gehen wir auf schönen Wegen durch den Wald und genießen nun die Ruhe nach dem Massenandrang in Titisee. Recht schnell sind wir auf der anderen Seite des Berges und blicken von einer der beiden heute Mittag von Weitem gesehenen Skisprungschanzen hinunter nach Hinterzarten. In den oberen Teil des Ortes steigen wir nun ab und abermals beobachten uns Kühe vom Wegesrand.



                                    Wir verlassen Hinterzarten auf schmalen Pfaden, die uns zuerst an grünen Wiesen, schwarzen Stauseen und blumigen Hängen vorbeiführen, dann aber auf Forstwegen im Wald weitergehen. Von Hinterzarten aus laufen wir mit schweren Beinen noch circa 7 Kilometer mit einigen kleineren Pausen, wir passieren dabei noch eine Schreinerei, von wo wir eine tolle Sicht auf den nochmals näher gekommenen Feldberg in der Abendsonne haben, einen kleinen Flusslauf, den wir auf einer Brücke überqueren und schlussendlich die Rufenhütte, unser heutiges Nachtlager.


                                    Zum Greifen nahe

                                    Zum Ende hin der heutigen Etappe sind wir beide ganz schön fertig und es geht nur noch im Schneckentempo voran. Mir machen langsam zwei Blasen zu schaffen, die ich schon seit ein paar Etappen mit rumschleppe, mich aber bisher nicht weiter gestört haben. Balu hängt eine Wäscheleine in der Hütte auf, in der wir ohne Zelt schlafen möchten. Unser Abendessen, Kartoffelbrei, macht gut satt, ist aber wenig überzeugend. Ganz im Gegenteil dazu das Brot, meine Güte ist das lecker.
                                    Insgesamt sind wir heute 28km gelaufen, sind also insgesamt gut im Plan. Wir sind optimistisch, den Rest des Weges in den verbleibenden drei Tagen zu schaffen, auch wenn morgen die Königsetappe folgt

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                                    • LewisTolleni
                                      Gerne im Forum
                                      • 29.09.2015
                                      • 56
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                                      Tag 9, Rufenhütte –Richtstatthütte



                                      Mein erster Schnee des Jahres wird entsprechend gefeiert

                                      Die Rufenhütte ist Richtung Osten offen und somit werden wir mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages sanft geweckt. In unseren Schlafsäcken ist es wohlig warm und auch unsere Kleidung ist zum ersten Mal richtig getrocknet über Nacht. Wir frühstücken unser Müsli gegen halb acht und machen uns dann gleich danach auf. Es ist Sonntag und perfektes Wetter, da lohnt es sich, nicht allzu spät auf dem Feldberg zu sein. Balu passt sich nach langem Sträuben doch noch an die sommerlichen Modetrends am Westweg an und wechselt erstmals zur kurzen Hose. Auf schönen, verwurzelten und steinigen Wegen arbeiten wir uns langsam in Richtung Feldberggipfel, kommen allerdings auch nicht wirklich schnell voran. Die Anstrengung des Vorabends steckt uns noch in Knochen und Muskeln. Mit ansteigender Höhe treffen wir vereinzelt auf Überbleibsel von Schneefeldern, die mit zunehmender Höhe größer werden und auch auf dem Weg liegen. Wir sehen von weit oben den Feldsee, setzen aber unseren Weg weiter zum Gipfel fort. Unterwegs trinken wir mangels Alternativen und großem Durst immer wieder ohne Probleme aus den Bächen, die am Wegesrand herabfließen.





                                      Das Laufen auf den Altschneefeldern ist zwar anstrengend, aber ungefährlich, abgesehen, dass wir davon sehr geblendet werden durch die Reflektion der noch tief stehenden Sonne. Die Vegetation kommt hier erst langsam aus den Startlöchern, das Gras ist noch mehr braun als grün im Gegensatz zu den Wäldern in der Umgebung, die wir auf dem Weg nach oben in der Ferne sehen. Auf dem Feldberg erscheint uns die Westwegmarkierung nicht ganz eindeutig und etwas zirkulär, weswegen wir uns direkt zum höchsten Punkt begeben und dort eine Pause einlegen. Trotz der frühen Uhrzeit sind hier schon viele WandererInnen unterwegs und genießen, wie wir, den klaren Ausblick bis hin zu den Alpen. Schon oft war ich an Aussichtspunkten im Schwarzwald, die damit warben, dass man von hier in etwa jedes dritte Schaltjahr bei gutem Wetter eine Aussicht bis in die Alpen habe. Eine so tolle Aussicht wie heute vom Feldberg in die Alpen hatte ich aber noch nie. Das ist mit Sicherheit eines der Zuckerstücke unserer bisherigen Reise. Es dauert, bis wir uns davon loseisen können, müssen dann aber doch recht bald weiter.




                                      Auf dem Feldberg





                                      In der Gasthütte unterhalb des Feldbergs trinken wir ganz schnell eine Fanta bzw. Cola und gehen dann mehr schlecht als recht weiter. Erstens machen meine Blasen weiter Probleme und hier gibt es beinahe noch mehr Schneefelder, die unser Weiterkommen erschweren. Allerdings ist das Jammern auf recht hohem Niveau. Wir wandern mit Aussicht auf die Alpen in einer sehr schönen Landschaft und in der Ferne erkennt man bereits den Belchen mit drei Schneefeldern auf seiner Kuppe, was will man mehr?





                                      Wir werden öfter angesprochen auf unser Vorhaben und uns wird angekündigt, dass mit dem Belchen heute noch der schönste Berg des Schwarzwalds auf uns wartet. Na da sind wir mal gespannt Wir steigen ab und sobald wir eine gewisse Höhe erreicht haben, weichen die Schneefelder und auf Forstwegen kommen wir bei leichter Neigung bergab flott voran. Es ist Mittagszeit und wir entscheiden uns dazu, das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden, also für ein Essen in der Gaststätte Notschrei, einer der gehobeneren Einkehrmöglichkeiten am Westweg, was uns bei der Planung aber noch nicht bewusst war und wir dann vor Ort nicht mit leerem Magen weiterlaufen wollten. Schlussendlich kostet der Spaß so viel in etwa wie unsere komplette Reiseverpflegung auf dem gesamten Westweg. Aber wann hat man in seinem Leben schließlich noch mal die Möglichkeit, Kohlrabiravioli mit zweierlei Hanfpesto auf Wildkräutersalat zu essen Interessant war auch die Wandlung der Bedienung: Von „Äh, was wollen die hier?“ über „Ok, die essen ordentlich und volle drei Gänge. Da muss man doch ein bisschen Freundlichkeit an den Tag legen.“ bis zu „Oh, Trinkgeld. Dann lass mal noch ein bisschen Smalltalk führen.“

                                      Ohne Münzgeldballast und leicht gesättigt ziehen wir weiter entlang an kleinen Bachläufen, die schön von gelben Blumen gesäumt werden. Unterhalb des Trubelsmattkopfs füllen wir unser Wasser an einem Brunnen auf. Es wird zunehmend windiger und als wir aus dem Wald treten und einen kleinen Trampelpfad mit Stacheldraht eingezäunt zwischen zwei Weiden einschlagen sehen wir das komplette Ausmaß des Wetterumschwungs. Aus dem Rheintal ziehen dunkle Wolken auf, die Regen versprechen. Unsere Gutwettersträhne neigt sich dem Ende. Der Weg entlang der beiden Weiden ist recht nervig, da er wie gesagt eingezäunt ist und außerdem mit grobem Schotter ausgelegt ist, auf dem es sich schlecht laufen lässt. Wir sind froh, als wir wieder auf normale Wege kommen und setzen uns erstmal auf eine Bank, um uns von diesen Strapazen zu erholen. Der Blick ins Tal ist schön, die Bauernhäuschen schauen aus wie aus Lego gebaut. Wir halten unsere Regenjacken gezückt und rechnen eigentlich jeden Moment damit, dass es zu regnen beginnt, bleiben aber erstmal verschont. Wir umrunden einen Bergrücken und erreichen das nächste Westwegportal am Wiedener Eck, das neunte, das wir durchschreiten. Ich suche nach dem dortigen Brunnen, doch ich hätte wohl mehrere Stunden gebraucht, um dort meine Flasche aufzufüllen und finde dann etwas später eine üppiger sprudelnde Möglichkeit.


                                      Vom Wind gezeichnet


                                      Westweg? Daumen hoch!



                                      Hinter dem Wiedener Eck ändert sich der Wegcharakter in ein Terrain, das wir so bisher noch nicht auf dem Westweg durchwandert haben. Auf sehr sehr schmalen Pfaden fällt direkt neben uns der Hang sehr steil ab. An der Krimmenhütte müssen wir uns entscheiden, ob wir hier bleiben wollen oder den Aufstieg zum Belchen noch angehen wollen. Es ist 18:00 Uhr und wir denken, noch genug Zeit zu haben, um die in der Karte eingetragene und hoffentlich existente Hütte etwa 3 Kilometer hinter dem Gipfel zu erreichen. Bereits der Aufstieg zum Belchen ist spektakulär. In der Ferne sieht man den Rhein glänzen, das gesamte Rheintal eröffnet sich hier einem.


                                      Ausblicke vom Belchenaufstieg



                                      Alle Strapazen des heutigen Tages sind vergessen und wir geben nochmal richtig Gas. Wir gehen nicht bis ganz oben, da es schon recht spät ist. Oben angekommen sind wir alleine auf dem Belchen und die Aussicht zum Feldberg, wo wir noch vor ein paar Stunden standen und in die rot glühenden Alpen gehört uns alleine. Allerdings nicht für allzu lange. Als wir die Seilbahn erreichen fällt unser Blick Richtung Südwesten, wo eine dunkle Regenfront auf uns zukommt. In der Ferne können wir einen Blitz erkennen. Okay, darauf haben wir nun wirklich keine Lust, hier oben auf dem kahlen Belchen schutzlos einem Gewitter ausgeliefert zu sein. Noch schnell ziehen wir unseren Regenschutz über und dann nehmen wir die Beine in die Hand. Und rennen.


                                      Heute Morgen sind wir noch dort gestanden




                                      Schnell weg hier!

                                      Die Erzählung seiner wohl heroischsten Stunde auf dem Westweg überlasse ich nun dem Protagonisten dieser Geschichte, Balu

                                      "In Kurzfassung: Gegen Ende der Königsetappe und im Regen befinde ich mich im Kampfmodus und marschiere schnellen Schrittes in Richtung Schutzhütte, Lewis trödelt hinterher. Plötzlich ruft es von hinten, dass wir die Schutzhütte verpasst hätten und umkehren müssten. Umgekehrt, zu Lewis aufgeschlossen, eine neue wirre Zielführung erhalten und den Berg hochmarschiert, da sich die Schutzhütte dort befinden sollte. Oben angekommen – keine Schutzhütte zu sehen. Lewis bummelt da noch unten schön gemütlich rum. Also wieder nichts, alles wieder zurück (ich wiederhole: am Ende der Königsetappe und im Regen!) um dann nur wenigen Meter weiter als vorher auf dem eigentlichen Weg endlich die Schutzhütte zu erblicken; Lewis hatte ich da schon wieder fast aus dem Blickfeld verloren. Aber ich muss den Fehler doch ganz klar auf meine Kappe nehmen. Wie konnte ich Lewis nur die Navigation anvertrauen?!"

                                      Für meinen persönlichen Geschmack zwar etwas dick aufgetragen, aber nun gut


                                      Ganz klar zu erkennen, wie Balu im Kampfmodus ist und vorausprescht

                                      Als wir die Schutzhütte erreichen sind wir froh, mit dem Schrecken und ein paar nassen Kleidungsstücken davon gekommen zu sein. Wir bauen unser Zelt in der Hütte auf, kochen Nudel mit Tomatensoße und ziehen uns schnell ins warme Zelt zurück.


                                      Nass, aber glücklich. Da kann man sogar mal die Isomatte herzen

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                                      • LewisTolleni
                                        Gerne im Forum
                                        • 29.09.2015
                                        • 56
                                        • Privat

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                                        AW: [DE] Westweg 2016 – dann haue ma halt morgen einer naus

                                        Heute gibt es leider keine Bilder zum Text, deswegen kann ich das jetzt schnell in der Mittagspause hochladen

                                        Tag 10, Richtstatthütte – Pavillon nach Kandern
                                        Der Regen des Vorabends und der Nacht ist auch am Morgen sehr hartnäckig. Es prasselt unablässig auf das Dach der Richtstatthütte. Regen, Regen, Regen. Ich drehe mich noch mal um und als ich später wieder wach werde, schlafe ich auch nochmal weiter. Es ist 9:30 Uhr bis wir langsam aus dem Schlafsack kriechen und unser Zelt im Schutz der Hütte verpacken mit den anderen Sachen. Die Hitze der letzten Tage ist verflogen, jetzt ohne Bewegung ist es richtig kalt und um uns etwas aufzuwärmen, kochen wir uns warme Milch zum Müsli und wir lernen, dass auch Milchpulvermilch anbrennen kann. Und wenn ich wir schreibe, dann meine ich Balu

                                        Die Aussicht von der Hütte können wir im Nebel und Regen nicht mal erahnen. Was wir aber klar und deutlich sehen ist die dicke 45 km Aufschrift, mit der Basel hier zum ersten Mal an einem Wegkreuz angeschrieben ist. Yeah, das Ziel ist zum greifen nah Passend zu diesem Lichtblick lässt auch der Regen nach. Wir steigen auf Forstwegen ab, die Wolken hängen allerdings so tief, dass wir nicht viel von der mit Sicherheit sehr schönen Landschaft sehen. Wir kommen an einem Gasthaus vorbei und steigen danach auf einer Kuhweide wieder auf, passieren eine Straße und gehen auf einem kleinen Pfad durch Wald, bevor wir abermals auf einer Kuhweide fortbewegen bis zur Kreuzweghütte, wo wir uns kurz setzen. Der Regen hört nun gänzlich auf und wir nutzen diese Gelegenheit, um weiter schnellen Schrittes durch den Wald zu wandern, mal auf Forstwegen, mal auf schmalen Pfaden. Es macht Spaß, durch den Wald zu streichen, ohne dass uns auch nur eine Person begegnet und wir nur unsere Schritte und das Tropfen in den Bäumen hören. An der Egertenhütte packen wir unser reichliches Mittagsbüffet aus Käse und Aufstrich aus, das Brot schmeckt immer noch vorzüglich. Balu liest glücklicherweise das Gekritzel an den Wänden, wo sich unter anderem ein Hinweis auf einen Brunnen 100 Meter unterhalb der Hütte an der Straße befindet. Das ist sehr gut, denn wir haben so gut wie kein Wasser mehr in unseren Flaschen. Als Belohnung für diese Entdeckung wird er natürlich gleich losgeschickt, Wasser zu holen

                                        Vor uns liegt der letzte Anstieg des Westwegs hinauf zum Blauen. Während unserer Pause hat es wieder angefangen zu Regnen, stärker auch als noch am Morgen. Wir aber lassen uns davon erstmal nicht abhalten, auf Forstwegen hinauf zum Blauen zu schreiten. Je weiter wir aufsteigen, desto nebliger wird es. Auf dem Blauen haben wir keine Chance, eine Aussicht zu erhaschen und zudem ist es auch ganz schön schwer, herauszufinden, wo der Westweg überhaupt weitergeht, da wir keine 15 Meter weit sehen. Nach fünfminütiger Suche ist aber der Einstieg zum Abstieg gefunden und wir steigen die eben erklommenen Höhenmeter wieder ab. Schade, dass wir hier nicht besseres Wetter haben und eine letzte Aussicht genießen können, aber wir können ja schließlich auch nicht immer Glück haben. Auch an der Hexenhütte legen wir im Trockenen eine kleine Pause ein und überlegen in der geschlossenen Hütte, ob wir nicht vielleicht sogar hier die Nacht verbringen wollen. Allerdings würde es so nichts werden mit unserem Plan, Basel bereits morgen zu erreichen – oder es würde sehr sehr anstrengend werden – und deshalb stürzen wir uns erneut in den Regen. Es geht weiter auf Forstwegen, allerdings kann ich auch gar nicht so viel sagen über den Weg im weiteren Verlauf, da meine Regenjacke tief ins Gesicht gezogen ist. Irgendwie erreichen wir dann Kandern und ruhen uns ziemlich erschöpft aus vor einem Gemeindehaus. Die Füße sind schon sehr müde und als wir wieder starten, brauche ich ein paar Meter, um wieder normal laufen zu können. Wer rastet, der rostet. Wir fragen im Ort nach einer Möglichkeit zum Einkauf und zum Glück hat noch der Edeka direkt am Westweg auf, es ist viertel acht. Ein letztes Mal kaufe ich ein und wir essen auch gleich was Frisches aus der Bäckerei. Am Fluss, der sich mittlerweile zu einem anständigen Sturzbach entwickelt hat überqueren wir Schienen, eine der wenigen Stellen, wo wir nicht im Matsch versinken. Circa 1,5 Kilometer hinter Kandern am Eingang zur Wolfsschlucht steht eine Art Pavillon, in dem wir, nachdem wir Lagerfeuerreste beseitigt haben, unser Zelt aufstellen können. Wir hängen unsere nassen Klamotten auf an einem Seil, stillen unseren Durst an einer gut gekühlten Orangina und kochen uns Käsespätzle.
                                        Als wir ins Bett gehen, legt der Regen nochmals zu. Wir hoffen, dass sich das Wetter heute etwas verausgabt hat und wir morgen dann glimpflich davonkommen. Wir müssen auch an die Barny-Crew denken, die nach dem wettertechnisch bombastischen Wochenende heute ihren Weg fortsetzen wollten. Wir jedenfalls sind froh, es bereits so weit geschafft zu haben und jetzt zwei trockene Dächer über dem Kopf zu haben.

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