[ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

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  • LewisTolleni
    Gerne im Forum
    • 29.09.2015
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    • Meine Reisen

    [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Hallo,

    hier ensteht in den nächsten Tagen der Reisebericht unserer Reise auf dem Trockensteinmauerweg. Wir, das sind Momo und Lewis, wobei zweiterer den Bericht geschrieben hat. Kommentare von Momo sind eingearbeitet und kenntlich gemacht. Viel Spaß beim Lesen


    Prolog:

    Kennt ihr das eigentlich auch? Dieses Gefühl manchmal, wenn man so gar kein Bock hat? Wenn man lieber zu Hause wäre, eine Otis Redding Platte auflegt und dazu auf seinem Balkon zwei kühle Bayreuther Zwickl zischt?
    Ich befinde mich in der Zentralbibliothek meiner Uni, an meinen schwitzigen Unterarmen bleiben ständig die Blätter meines Folienskripts hängen, dem nun eigentlich meine volle Konzentration gelten soll. Doch die Tatsache, dass der OLS-Schätzer der „best unbiased linear estimator“ ist, also quasi BLUE, beeindruckt mich nur mäßig. Meine Gedanken schweifen ab und ich beobachte immer häufiger das rege Treiben vor den Fenstern, in einer Welt also, in der die Luft nicht steht, sondern ein angenehmer Westwind die 36°C erträglicher macht. Ich lasse meinem mangelnden Willen freie Hand und schnell geleitet er mich in die tiefen des Internets und keine zwei Minuten später schaue ich eine Dokumentation des SWR über den Trockensteinmauerweg auf Mallorca.

    Mallorca also. Warum eigentlich nicht. Meine Freunde fahren meistens nach Lloret oder an den Goldstrand, deshalb überwiegen bei mir die Erinnerungen an Erzählungen von Bekann-ten, die diese Insel nicht zum Zwecke des exzessiven Feierrausches besuchten. Beides, Erzählungen und Doku, hinterlassen bei mir einen bleibenden Eindruck.

    Im Herbst, auf der Schluchtensteigwanderung – es muss gleich am Anfang am Ufer der Wutach gewesen sein – unterhalten meine Mitwandererin Momo und ich uns noch euphorisiert vom Beginn unserer Wanderung über mögliche Ziele für die (nahe) Zukunft. Locker und ohne groß zu ahnen, welche Konsequenzen mein Vorschlag haben könnte, werfe ich den GR 221 in unseren belanglosen Brainstorm. Im Wettstreit mehrerer Alternativen und nach Abwägung sämtlicher Argumente steht der GR 221 als strahlender Gewinner unseres komplizierten Auswahlalgorithmus fest.

    Nach unserem Abenteuer auf dem Schluchtensteig sind wir bereits ein eingespieltes Team. Jeder weiß, wo sein Platz ist im Zelt. Mitte Dezember buche ich die Flugtickets über easyjet ab Basel, Momo reserviert uns Unterkünfte für den Tag der Ankunft und den vor dem Abflug. Ich mache mich an die Streckenplanung und Momo tüftelt an kulinarischen Experimenten für die Tour. Ich weiß nicht, wovon er redet…

    Die Empirische Wirtschaftsforschung Klausur ist schon lange Geschichte. Der heiße Sommer ist einem zwar milden, aber zumindest hier sehr wolkigen Winter gewichen. Es ist Ostermontag. Zeit, dass es endlich losgeht.

    Tag 1 Abflug und Ankunft

    Gegen 14:00 Uhr klingelt es an der Haustür. Ein sehr guter Freund, Gönner und Unterstützer unserer Reise kümmert sich freiwilligerweise um unseren Transport hin zum Flughafen. Als eher gemütlich veranlagte Menschen und ohne großartig Erfahrungen in den Gepflogenheiten bei Flugreisen zu besitzen, haben wir großzügig Zeit eingeplant und bekommen leicht feuchte Hände, als wir die Grenzkontrollen an der französischen Grenze sehen. Wir dürfen aber passieren und sind gegen 15:15 Uhr am Flughafen, wo wir auf dem Parkplatz zum Abschied das von Momos Mama gebackene Osterlämmli schmausen und uns dann verabschieden.
    Wir spüren die Blicke in unserem Rücken, man sieht uns wohl zehn Meter gegen den Wind an, dass wir keine Ahnung haben, was wir tun müssen. Als ob es heutzutage keine Menschen mehr gäbe, die nicht dreimal im Jahr um die halbe Welt jetten. Schlussendlich schaffen wir es aber doch problemlos und unversehrt in den Flieger und leisten die nächsten anderthalb Stunden unserer CO2-Bilanz einen Riesendienst. Bei Momo steigt die Aufregung ziemlich bevor wir abheben und ihr entfährt auch ein kleiner Ausruf des Schreckens (oder der Begeisterung? auch hier: keinerlei Erinnerung, ich glaube, Sie flunkern Herr Tolleni;)). Wild Kaugummi kauend sitzt sie neben mir, das soll man machen, haben ihr Freundinnen gesagt.

    In Palma angekommen werden wir in den schier endlosen Gängen des Flughafens schon empfangen mit ersten Eindrücken aus der Serra de Tramunta. Auf den geraden Rolltreppen (verrückt!) rasen die überdimensionalen Bilder an der Wand an uns vorbei. Ob uns das Laufen die nächsten Tage in der echten Serra de Tramuntana wohl auch so einfach vom Fuß geht?

    In der Stadt so gegen 21:30 Uhr halten wir zuerst Ausschau nach etwas Festem zwischen die Zähne und werden mit einer Pizza à la Mallorca fündig. Geschmacklich zwar erinnernd an Zürcher Geschnetzeltes, aber sehr lecker auf jeden Fall. Kulinarisch darf es gerne so weitergehen. Wir haben für diese Nacht ein Zimmer bei Maribel gebucht und machen uns nach dem Abendessen per Bus auf. Schnell finden wir Straße und Hausnummer, stehen aber dennoch vor einem mittelgroßen Problem: an der Klingel stehen keine Namen, sondern nur Stockwerke und Appartements – keine Ahnung, in welchem davon Maribel wohnt. Dank moderner Kommunikationsmöglichkeiten und Maribels Handyaffinität kommen wir dann aber doch recht schnell rein und zumindest Momo wird von Choché, Maribels Mann, mit Küsschen empfangen. Die Begrüßung ist sehr herzlich und wir kommen schnell ins Gespräch über Mallorca, seine sehenswerten Seiten und seine Touristen, unser Vorhaben und mallorquinische Spezialitäten. Und schon spaziert Choché in die Küche und kommt mit einer Flasche zurück, deren Inhalt sehr fehlgeschlagenen Experimenten mit Algen im Biounterricht der fünften Klassen gleicht. Ehe wir uns versehen können, probieren wir selbst hergestellten Hierbas de Mallorca und es schmeckt vorzüglich.

    Langsam steigt uns der Alkohol zu Kopf und unsere Augenlieder werden immer schwerer. Die kommunikativen Schwierigkeiten tragen ihr übriges dazu bei. Mit Händen und Füßen schaffen wir (Anm. d. Co.A.: Lewis) es, eine halbwegs sinnvolle Unterhaltung in einem Mischmasch aus Spanisch und Englisch aufrecht zu erhalten. Meine Spanischkenntnisse sind allerdings allzu begrenzt und mein „Si si“ wird bald entlarvt, nicht ein Zeichen des Verstehens zu sein Auch Chochés vereinzelte Einwürfe in Deutsch tragen weniger zum Gespräch bei, als dass sie alle erheitern.
    Gegen 1 Uhr schaffen wir es dann ins Bett und sind müde, aber auch froh, dass alles bisher so reibungslos geklappt hat und noch gespannter, was die nächsten Tage auf Mallorca uns noch bringen.


    Tag 2 – Palma – Port d’Antratx – La Trapa

    Um 7:30 werden wir von Max Raabe im melodischen Dreiklang mit Haussperlingen und Mauerseglern geweckt. Momo ist schon begeistert vom blauen Himmel, den Vögeln im Innenhof, unserer bevorstehenden Wanderung und überhaupt. Schnell ist das Fernglas gezückt und die ornithologischen Begebenheiten im Innenhof genauestens begutachtet. Was wohl Maribels Nachbarn von gegenüber denken?

    Schnell sind unsere sieben Sachen gepackt und wir stehen an der Bushaltestelle, an der wir gestern angekommen sind. Blöd nur, dass von dort kein Bus in die Stadt fährt. Wir fragen uns durch und finden bald die richtige. Gegenüber ist ein kleiner Gemüseladen an dem wir uns für die Fahrt eindecken mit Bananen und Orangen (von uns liebevoll Narandschas genannt). Die Fahrt nach Port d’Antratx ist abgesehen vom Geschnatter und Quasseln unserer deutschen MitfahrerInnen ereignislos. Wir fahren mit dem Bus bis zur letzten Haltestelle im Hafen und nach einer kurzen Orientierungsphase finden wir auf Anhieb (!) den Einstieg zum Trockensteinmauerweg. Der Weg führt uns durch Siedlungen leicht aufwärts und an der ersten Streuobstwiese werden wir bereits von Wiedehopf und Wendehals erwartet, die ausgiebig beobachtet werden wollen.




    Im Baum versteckt: ein Wiedehopf


    Der erste Blick aufs Meer



    Im Folgenden geht es von Baulärm begleitet steil bergauf zum Coll des Vent. Unterwegs wird der Aufstieg (oder zumindest meiner) immer wieder durch von Ast zu Ast hüpfende Samtkopf- und Balearen-Grasmücken (eine endemische Art auf den Inseln) versüßt. Wir sind nicht die einzigen WandererInnen heute und werden immer wieder in Gespräche verwickelt. Anfangs noch sehr nett wird dies mit der Zeit aber auch ein wenig anstrengend. Insbesondere, da so ziemlich alle Ehepaare Mitte 40 bis Ende 60 sind und einem dieselben Geschichten erzählen. Stets an der Küste entlang bewegen wir uns auf einen größeren Sendemast zu, den wir links passieren und erreichen einen wunderschönen Aussichtskamm mit Blick auf die Insel Sa Dragonera und das Örtchen St. Elm, das wir am Nachmittag erreichen wollen. Über unseren Köpfen kreisen immer wieder Zwergadler. Hier machen wir eine kleine Rast und werden wiederum mehrmals angesprochen. Ein älteres Ehepaar bietet sogar von sich aus an, von uns Bilder zu machen: auch wir dürfen immer wieder von verschiedenen WanderernInnen Bilder mit dieser grandiosen Aussicht machen. Hätten wir jedes Mal, das wir angequatscht wurden, 10€ bekommen, es wäre ein netter dreistelliger Betrag zusammengekommen.






    Sa Dragonera, Bild 36/100


    Nordzipfel von Sa Dragonera



    Weiter geht’s! Wir passieren einen kleinen Marienschrein und wandern entlang von Felswänden bergab. Wir folgen einem älteren Ehepaar vor uns, werden dann aber, nachdem wir uns immer weiter der Küste zubewegen, ohne St. Elm näherzukommen, leicht skeptisch. Der Weg wird zudem sehr schmal und ist teilweise im Dissgras nur noch schwer auszumachen. Die Warnungen und Horrorgeschichten zur Wegfindung im Hinterkopf entscheiden wir uns, dennoch weiter diesem Weg zu folgen und nach einer kleinen Rutschpartie mit Geröll sind wir plötzlich auf einem Karrenweg, dem wir rechts folgen. Wir lassen den Puig Blanc links liegen und kommen nach weiteren zehn Minuten in St. Elm an. Im Nachhinein sind wir uns gar nicht mehr sicher, ob wir tatsächlich so falsch waren. Insgesamt ist das auch die einzige Stelle, an der wir uns unsicher waren bezüglich der Wegfindung. Die nächsten drei Etappen lag unser vollstes Vertrauen auf den Schultern der reichlichen Steinmännchen.


    Am Meer in St. Elm


    Unser Rastplatz


    In St.Elm besorgen wir uns frisches Baguette, Käse und Obst und machen eine längere Pause mit Blick aufs Meer, räkeln uns in der Sonne und zumindest Momo gönnt ihren Füßen etwas Abkühlung im (ziemlich algigen) Meer. Auch unsere Wassertanks werden aufgefüllt. Insgesamt kaufen wir sechs Liter, die uns notfalls bis nach Estellencs reichen müssen, also je nachdem, wie es läuft, bis an den Morgen des vierten Tages. In der Sonne ist es schon gut warm und wir benötigen in jedem Fall so viel. Nach einem Eis machen wir uns gegen 16:30 wieder auf zum letzten Ziel des Tages. Wir steuern die Klosteranlage La Trapa an. Nach St. Elm führt uns der GR 221 zuerst sanft bergauf durch ein Waldstück, dann aber schnell auch wieder sehr steil und geröllig. Uns kommen Wanderer entgegen, die hier allen Ernstes Flip-Flops tragen. Okay.
    Immer wieder machen wir kurze Pausen um die Aussicht zur Insel Sa Dragonera zu genießen und um gefühlt 100 Bilder von derselben zu schießen.


    Blick auf La Trapa

    Das Gelände wird zunehmend felsiger und zerklüfteter. Immer wieder benötigen wir unsere Hände zur Hilfe, an einer etwas komplizierteren Stelle hilft ein Seil. Gegen 19:00 erreichen wir La Trapa. Auch hier is schon Betrieb. Auf dem Dreschplatz sehen wir schon aus der Ferne zwei weitere Wanderer sitzen und den nahenden Sonnenuntergang genießen. Wir schauen uns etwas um und entdecken mehrere Rothühner, die sich sogar relativ aus der Nähe betrachten lassen, gesellen uns dann aber zu Björn und Markus, wie ich sie der Einfachheit halber nenne. Sie haben in der letzten Woche den GR 221 gemacht und sind für ihre letzte Nacht noch mal hierher gekommen. Das war gar keine schlechte Idee, denn der Sonnenuntergang mit Blick auf Sa Dragonera ist wirklich traumhaft. Ihre Erzählungen von dem, was uns auf dem Weg erwartet, imponieren uns sehr, beinahe so sehr wie ihre Trekkingküche. Wir bekommen ein paar Tropfen Wein und erben ihre Balsamicocrème als Brotaufstrich, die sie nicht mehr brauchen. Superlecker!



    Als wir wieder aufstehen ist es schon dunkel und sobald die Sonne weg ist, beginnt es kräftig zu winden. Wir entschließen uns darum, unser Zelt in einer der Garagen aufzustellen. Erst ist das eine gute Idee, bald aber nimmt der Wind immer mehr und mehr zu und auch unser Zelt wird von Windböe um Windböe erwischt. Derweil hören wir, wie sich bei Dunkelheit ein weiterer Wanderer einen Schlafplatz in der Klosteranlage sucht. An Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken.
    Zuletzt geändert von LewisTolleni; 19.07.2016, 18:04. Grund: Farbmarkierung

  • codenascher

    Alter Hase
    • 30.06.2009
    • 4960
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

    Interessant, interessant. Sehr nett und unterhalsam geschrieben! Freue mich schon auf die weiteren Fortsetzungen.

    Mal sehen, wann wir es endlich mal auf den 221 schaffen

    Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

    meine Weltkarte

    Kommentar


    • SiSler
      Erfahren
      • 16.12.2013
      • 138
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

      ... auch von mir ein herzliches Danke für den Start eures Reiseberichtes. Ich suche noch nach für mich passenden Ideen für September/Oktober und der GR221 steht schon länger auf meiner ToGo-Liste. Bin gespannt auf eure Fortsetzungen


      Gruß
      “I only went out for a walk and finally concluded to stay out ... for going out, I found, was really going in”
      (John Muir)

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      • LewisTolleni
        Gerne im Forum
        • 29.09.2015
        • 56
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

        @codenascher @SiSler, freut mich sehr, dass euer Interesse geweckt ist ich versuche mich zu beeilen mit den Fortsetzungen, hier schon mal der dritte Tag.


        3. Tag, La Trapa bis Estellencs
        Auch wenn ich nicht sonderlich viel geschlafen habe, fühle ich mich doch gut erholt und sehne am Morgen das Weckerklingeln herbei. Es ist noch nicht hell, wir starten den Tag aber dennoch mit einem leckeren Frühstück und beginnen mit dem Packen unserer Rucksäcke, als zwei Bauarbeiter vorfahren. Sie grüßen uns mit einem freundlichen „Bon día“, stören sich nicht weiter an unserer Anwesenheit und beginnen mit ihren Arbeiten. Wir gehen ein letztes Mal vor an den Dreschplatz und genießen Aussicht und Sonnenschein. Es wird wieder tolles Wetter geben heute. Dabei sehen wir Björn und Markus, wie sie bereits oberhalb von La Trapa den Weg zurück nach St. Elm eingeschlagen haben und winken ihnen ein letztes Mal zu.
        Wir allerdings nehmen den linken Abzweig am ersten offiziellen Schild des GR 221 das wir sehen, in Richtung Ses Basses. Wir steigen auf in ein Gebiet, wo vor wenigen Jahren ein Waldbrand gewütet haben muss. Die verkohlten Stämme und Äste werden jedoch von einem Meer aus blühenden Pflanzen überzogen. Jedem Ende wohnt ein Anfang inne, da kommt wohl der Poet durch . Auf kleinen Pfaden schlängeln wir uns aufwärts. Es ist noch ganz schön frisch heute Morgen, da die Sonne es noch nicht über die Gipfel geschafft hat. Immer wieder sehen wir Rothühner, die sich an uns fast genauso sehr erschrecken wie wir an ihnen. Ich bleibe oft stehen und mache den Rest der 100 Bilder von Sa Dragonera. Der Weg ist wirklich spektakulär. Er führt uns direkt entlang der Küstenlinie mit ständigem Ausblick auf das Meer und Sa Dragonera.


        Letzter Blick auf Sa Dragonera in der Morgensonne


        Rosa Blumen


        Gelbe Blumen


        Wir treffen auf einen Ziegenbock, der ebenfalls auf den Pfaden des Trockensteinmauerweges unterwegs ist, machen dann aber wiederum bei grandioser Aussicht eine Müsliriegelpause und läuten auch, jetzt, da wir in der Sonne laufen, die kurze Hosen Saison ein und werden dabei begleitet vom Gesang eines Schwarzkehlchens. Dabei passiert uns ein weiterer GR 221 Wanderer, Simon, den wir gestern Abend schon in La Trapa hörten. Wir unterhalten uns kurz, Simon braucht aber gerade keine Pause und somit gehen wir erstmal noch getrennte Wege.


        La costa


        Ein wortkarger Wandergeselle



        Wir verlassen die Küste und bewegen uns etwas ins Hinterland. Bei Ses Basses sind wir kurz unschlüssig, welche Abzweigung wir nehmen sollen, doch uns kommt gerade eine Reisegruppe entgegen, deren Leiterin uns weiterhelfen kann. Auch hier hat der Waldbrand gewütet, wovon sich die Vegetation noch nicht erholt hat. Wir treffen an einer Felswand wieder auf Simon, mit dem wir nun gemeinsam weiterwandern. Sehr nett. Die Zeit vergeht wie im Flug und von der Landschaft bekomme ich nicht so viel mit. Wir erreichen eine Straße, der wir mehr als einen Kilometer bis zur Finca Ses Fontanelles folgen, die wir gegen 12:00 Uhr erreichen. Wir hatten schon die leise Hoffnung, dass wir dort unter Umständen unsere Wasservorräte auffüllen können. Wir hatten noch um die anderthalb Liter übrig vom Einkauf gestern. Diese hätten uns auf jeden Fall gereicht, allerdings wurde es mit dieser Auffüllmöglichkeit deutlich weniger trocken. Wir füllen uns also nach und waschen uns ein wenig. Die Abkühlung an diesem heißen Tag kommt uns sehr gelegen. Wir kommen mit der deutschen Besitzerin ins Gespräch und sie erzählt uns, dass sie die Finca nun neben Gästezimmern auch als Art refugi betreiben. Auf die Toilette wollte sie uns dann aber doch nicht lassen.

        Nach dieser wohltuenden Erfrischung machen wir uns auf von der Finca Ses Fontanelles. Vor uns steht die erste größere Herausforderung der Tour: der Aufstieg hinauf zum Gipfelplateau Mola d’Esclop. Simon ist schon voraus gegangen, wir folgen ihm aber keine zwanzig Minuten später. Erst geht es auf schmalen Pfaden durch Wald, dieser wird aber bald lichter und der Pfad verschwindet. Wir folgen nun Steinmännchen. Es wird wieder etwas windiger, das tut aber gut beim heutigen warmen Wetter. Zwischen hohem Dissgras und größeren Gesteinsbrocken taucht vor uns nun immer wieder ein weiterer Wanderer des GR 221 auf. Er sieht ganz schön bepackt aus, was man auch an seiner Fortbewegung sieht. Insgesamt soll er 22 Kilogramm auf seinem Rücken transportiert haben, munkelt man . Unglaublich.
        Während das Plateau des Mola d’Esclop immer näher kommt, treffen wir wieder auf Simon, der seine Mittagspause am Wegesrand einlegt. Er hat ein wenig Probleme mit der stechenden Sonne, weswegen ihm Momo ihr hellblaues Halstuch leiht. Wir warten kurz auf ihn, um gemeinsam weiterzugehen, doch soweit kommt es erstmal nicht. Hinter uns taucht abermals ein älteres Ehepaar auf, dessen männlicher Part starken Redebedarf hat. Es dauert an die zwanzig Minuten, bis wir uns loseisen können. Mittlerweile hat uns wieder der 22-Kilo-Mann überholt, dem wir jetzt steiler bergauf folgen. Respekt, wie er die Kletterstellen gemeistert hat. Wir umgehen den Gipfel nicht, sondern planen, diesen zu besteigen. Wir folgen Steinmännchen in einer eher kargen Felslandschaft. Der Tag war bisher gut anstrengend und langsam merke ich, wie meine Kräfte und Konzentration schwinden. Für Momo und mich ist es absolut an der Zeit, eine Mittagspause einzulegen. Wir haben auch schon nach 14:00 und seit dem Frühstück bisher nichts mehr gegessen. Wir verabschieden uns also wieder einmal von Simon, da der ja gerade erst eine Pause gemacht hat – und mit ihm vorerst auch von Momos Halstuch.


        Blick zurück beim Aufstieg kurz nach der Finca


        Immer wieder muss man Zäune und Mauern überklettern


        Darf ich vorstellen: Der Mola d'Esclop

        Wir setzen uns windgeschützt hinter ein paar Felsen und machen Brotzeit. Die gestern abgestaubte Balsamicocreme schmeckt wirklich vorzüglich und wertet unsere Vorratskammer deutlich auf. Zum Gipfelplateau sind es etwa 20 weitere Minuten, in denen wir ein altes Steingemäuer passieren. Wir brauchen wiederum ein-, zweimal unsere Hände zur Hilfe, was uns Freude bereitet und die richtige Einstimmung ist für die grandiose Aussicht über Mallorca auf 928 Metern. Wir sehen von hier den Beginn unserer Reise, Port d’Antratx, und auch bis nach Palma de Mallorca und auch zum Puig Major, dem höchsten Berg Mallorcas.


        Wo wir herkommen...


        ...und wo wir hinwollen






        Der Abstieg auf der anderen Seite des Gipfelplateaus ist abenteuerlich und ein wirklicher Weg bergab nicht zu erkennen, doch diverse Steinmännchen lotsen uns den steilen und durch Geröll und kleine Steine sehr rutschigen Weg und so schaffen wir es auch – abgesehen von kleineren Ausrutschern – unversehrt auf einem Trampelpfad anzukommen (wenn das Momos Eltern gesehen hätten ;)). Wir folgen dem Pfad, der immer wieder von umgefallenen Bäumen versperrt ist und werden abgelenkt von Ziegenbabies, die vor uns im Gebüsch verschwinden. Als besonderes Highlight des Tages entdecke ich dann auch noch Rothühner und einen Wiedehopf. An sich ist es ja schon richtig cool, diese Vögel zu sehen, aber noch keine Sensation. Sie selbst als erster zu entdecken – der Wahnsinn! Nahezu genauso cool war es, die Rothühner als Verursacher der leicht beatbox-artigen Geräusche zu ertappen, die uns auf unserer Berg-Etappe immer wieder begegnet sind. Der Weg führt uns vorbei an der Hütte Sa Coma d’en Vidal, wo aber gerade niemand zu sein scheint. Der weitere Weg geht bergab auf gepflasterten Wegen und ständigem Blick aufs Meer. Wir sind allerdings schon ziemlich erschöpft von gestern und dem Aufstieg auf den Mola d’Esclop heute und so sinkt zumindest Momos Motivation und meine ein bisschen, sodass wir überlegen, an der Straße nach Estellencs abzukürzen und auf dieser direkt in den Ort zu laufen. Wir entscheiden uns dann aber dafür, auf dem offiziellen Weg zu bleiben, es werden keine halben Sachen gemacht! In Estellencs angekommen fragen wir ein englisches Paar zuerst auf Spanisch nach dem Weg zum Supermarkt, das uns dann aber sichtlich erleichtert auf Englisch antworten darf. Dort kaufen wir Narandschas, Käse, etwas Schokolade, Brot und viel Wasser. Doch zu Abend wollen wir heute etwas Warmes und setzen uns in ein Restaurant. Auf dem Weg zur Toilette wird Momo erstmal ihr Aussehen und durch und durch spanisches Temperament zum Verhängnis, als sie von anderen Gästen auf Spanisch angequatscht und nach der Karte gefragt wird. Wir bestellen eine Gemüse-Paella, die ebenso lecker und frisch wie teuer war, aber es hat sich gelohnt, mit vollem Magen schießt auch wieder unsere Motivation in die Höhe. Wir erholen uns noch ein wenig und lauschen den Unterhaltungen am Nachbartisch, an dem sich ein etwa acht-jähriges Mädchen nach dem Blick aufs Handy darüber freut, dass es schon vier ‚likes’ für ihr gepostetes Foto aus Mallorca auf Facebook bekommen hat.


        In Estellencs angekommen


        Unsere Motivationspillen, yummy!

        Es ist kurz nach acht als wir aufbrechen, die Sonne geht bereits unter und die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz gestaltet sich schwierig, da, auch nach Verlassen des Dorfes, viele geeignete Plätze einsehbar sind oder direkt an der Straße liegen. Es wird immer dunkler und wir sehen keine andere Alternative, als an einer an der Straße gelegenen Mauer herabzuspringen und auf einer Terrasse in einem Olivenhain zu schlafen. Wir bauen das Zelt bei Dunkelheit auf und merken dabei schon, dass uns heute wohl keine allzu windige Nacht droht. Die heutige Etappe war wirklich super schön, allerdings auch mit Zeitdruck im Nacken sehr anstrengend und fordernd. Die Rufe der Zwergohreule beim Einschlafen entschädigen dafür allerdings wieder.

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        • SiSler
          Erfahren
          • 16.12.2013
          • 138
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          #5
          AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

          Zitat von LewisTolleni Beitrag anzeigen
          ... ich versuche mich zu beeilen mit den Fortsetzungen, hier schon mal der dritte Tag.
          ... danke, aber wir (ICH) wollen dich keineswegs hetzen. Schliesslich wartet auf den gespannt Mitlesenden zuhause ja kein Flieger für den Rückflug und auch hierzulande ist es ja gerade schön heiss und eine Siesta durchaus angebracht - Dein Bericht macht wirklich "Appetit" den Weg mal endlich anzugehen.
          “I only went out for a walk and finally concluded to stay out ... for going out, I found, was really going in”
          (John Muir)

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          • LewisTolleni
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            • 29.09.2015
            • 56
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            #6
            AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

            3. Tag, Estellencs bis kurz vor Valldemossa

            Unsere zweite Nacht ist in der Tat sehr erholsam, in den Morgenstunden beginnt es dann doch wieder, sehr zu winden, da unser Zelt nun gut abgespannt war, stört uns dies aber nicht weiter. Wieder weckt uns Max Raabe in aller Herrgottsfrühe, damit wir unseren Schlafplatz unentdeckt wieder verlassen können. Als wir zurückkommen zur Mauer, von der wir gestern Abend gesprungen sind, fährt uns erstmal ein Schreck durch die Glieder. Der Boden darunter, im Grunde also genau die Stelle, auf die wir gesprungen sind, ist ausgelegt mit Stacheldrahtzaun. Den haben wir bei der Dunkelheit nicht gesehen und richtig Glück gehabt, dass war da nicht drin gelandet sind.


            Heute auf geheimer Mission

            Bei der Finca Son Serralta de Dalt verlassen wir die Straße und steigen auf in ein kleines Waldstück. Der Wind pustet noch immer sehr stark und macht ein Weiterkommen sehr beschwerlich. Das Meer, auf das wir abermals wunderschöne Ausblicke haben, ist ebenso aufgewühlt. Wir steigen weiter leicht bergauf und sehen im Wald ein uns bekanntes Tarp, in dem Simon noch schläft, wir machen uns also auf Zehenspitzen weiter zu der Stelle, die hier im Forum schon oft thematisiert wurde. Es geht um den Abzweig zur Finca es Rafal, wo WanderernInnen des GR 221 der Weg versperrt sein soll. Wir nehmen also den rechten Abzweig, der uns durch einen wunderschönen Olivenhain zur Finca Planicia führen soll. Vorher aber legen wir (während uns der Wind Sand und kleinere Steinchen um die Ohren pustet… und eigentlich war das auch eher ich, während Du skeptisch daneben standest ;)) für Simon aber noch einen Pfeil aus Steinen, damit er hier auch den richtigen Weg findet. Beim Aufstieg zur Finca kommen uns immer wieder Arbeiter entgegen, die uns aus ihren Traktoren freundlich grüßen. Wir finden einen einigermaßen windgeschützten Stein mit toller Aussicht aufs Meer und bereiten unser Frühstück aus Müsli, frischer Milch und Bananen vor. Allerdings stellen wir schnell fest, dass der Windschutz doch nicht ausreichend ist, als es Momo ständig die Milch vom Löffel bläst. An der Finca angekommen fällt unser Blick zurück auf die gestern geschaffte Etappe und den im Morgenblau stehenden Mola de s’Esclop.


            Im Olivenhain


            Nochmal der Mola de s'Esclop in der Ferne

            Die Anstrengung steckt uns immer noch in den Beinen. Wir beobachten noch ein wenig Buchfink und Mönchsgrasmücke und setzen dann unseren Weg weiter fort durch sehr schöne Steineichenwälder, in denen hier und da ein alter Köhlerplatz liegt. Nach der Reizüberflutung gestern, gepaart aus Aussicht und Sonne tut uns das sichtlich gut. Uns kommt ein junger Mann mit Ukulele auf dem Rucksack entgegen, der uns aber leider nichts vorspielt. Wir steigen wieder etwas ab – immer noch im Steineichenwald – und passieren dann bald weitere Fincas.



            Am Wegesrand stehen immer wieder und in deutlich größerer Anzahl als die Tage zuvor Wegweiserpfosten, die allerdings mit schwarzen Tüten abgedeckt sind. Wir reimen uns zusammen, dass das die neue offizielle Wegführung werden wird und folgen diesen Pfosten und tatsächlich treffen wir kurz darauf auf ein Arbeitertrupp, der weitere Wegweiser aufstellt und die Wege präpariert. Auf direktem Weg nach Esporles – den Umweg nach Banyalbufar nehmen wir heute nicht mehr in Kauf – steigen wir wieder bergauf und folgen einer sehr lange Straße aus kugelrunden Steinen. Wir sind etwas erschöpft und machen auf einer kleinen Lichtung eine längere Pause und schneiden uns dort öfter mit dem wirklich scharfen Gras. Im weiteren Verlauf geht es eher unspektakulär nach Esporles, doch mit fortschreitender Uhrzeit kommen uns vermehrt andere Wandersleut entgegen („Das sind mal echte Wanderer!“). Auch von hinten werden wir von zwei Trailrunnern überholt, die wir bereits gestern Abend kurz in Estellens gesehen haben. Sie haben uns auch wiedererkannt, waren aber nicht ganz sicher, woher: „Wann haben wir uns gesehen? Heute? Nein? Das ist gut, weil wir haben uns total verlaufen.“ Naja, zwar sind wir etwas langsamer als die zwei unterwegs, dafür kontinuierlich und auf dem richtigen Weg Das ist doch auch was wert. In Esporles gehe ich einkaufen um unser Wasser und Obst aufzufüllen, während Momo sich einen Kaffee gönnt. Es ist ganz schön bitter, denn in Esporles gibt es richtig geiles Brot (zumindest sieht es so aus), aber wir haben noch viel zu viel vom Brot aus Pappe, das wir am Tag davor gekauft hatten. Leider gibt es keine Batterien dort, weswegen ich zum geschlossenen Spar aufbreche, um dann nochmal netterweise zum kleinen Supermarkt zu gehen, um Momo einen Labello zu besorgen. Nun gut, eigentlich bin ich da nur hin, um doch noch eines der Schokocroissants zu holen




            Kurz hinter Esporles

            Wir verlassen Esporles so gegen 14 Uhr und in großer Hitze, wobei Momo immer wieder am Wegesrand Kapuzinerkresse pflückt und nascht, die Lewis sich aus unerklärlichen Gründen nicht zu probieren traut. Der Weg raus aus der Ortschaft ist sehr lange und asphaltiert. Der Aufstieg zieht sich zäh, auch wenn man eine tolle Aussicht auf die Steilwände auf der anderen Seite des Tals hat. Aufgrund der Straßen bin ich etwas demotiviert, doch Momo freut sich über Zaunammer und Rotmilan. An einem Wasserbecken biegen wir links ab und gleich geht es sehr steil bergauf. Wir folgen Steinmännchen bis wir an eine Weggabelung gelangen, an der Steinmännchen und rote Punkte den Weg in beide Richtungen zeigen. Wir müssen uns also entscheiden und wählen die Alternative, die uns weiter geradeaus führt. Bald stehen wir vor einer steilen Steinwand, die wir raufklettern müssen und machen oben angekommen bei toller Aussicht auf Palma de Mallorca eine Pause.


            Hier sind unsere Kletterkünste gefragt...


            ...die mit schöner Aussicht auf Palma de Mallorca belohnt werden



            Es wird bereits Abend und wir besprechen, was wir heute Abend machen wollen. Im Grunde sind wir schon mehr als geplant gelaufen und alles, was wir heute machen, ist Zusatz. Wir beschließen dennoch, bis mindestens 19 Uhr weiter zu laufen und dann einen Platz zu suchen. Wir gehen also weiter über ein beeindruckendes Plateau, das einem Wald aus Steinen und Steineichen gleicht. Immer wieder liegen alte Köhlerplätze am Wegesrand, ein besonders prägnanter sogar mit ziemlich großen Betonröhren. Ziemlich unerwartet stehen wir dann kurz darauf an einer etwa 200 Meter hohen Steilwand, die uns einen grandiosen Blick ins Tal und die Küste erlaubt.


            Auf dem Plateau




            Belohnung für einen anstrengenden Aufstieg






            Wir verweilen dort und genießen den Moment, bevor wir dem Kamm und einer Mauer wieder etwas bergab folgen, bis wir ein sicherheitsverriegeltes Tor erreichen, das wir dennoch passieren. Es folgen noch mal zweihundert ziemlich kräftezehrende Höhenmeter bergauf, die immer wieder unterbrochen werden von tollen Ausblicken. Es ist nun auch an der Zeit, sich Gedanken für die Nacht zu machen, doch wir müssen immer weiter laufen, da hier absolut nicht an einen Zeltaufbau zu denken ist, da zu steil und felsig. Unsere wachsenden Sorgen diesbezüglich verfliegen dann aber schlagartig, als wir eine kleine Steinhütte mit Wellblechdach finden, in der wir es uns für diese Nacht gemütlich machen können. Diese Hütte ist auf einem etwa zwanzig Meter breiten Kamm gelegen, sodass wir unser Abendessen (es gab Brot, Kräuteraufstrich, Balsamicocreme, Narandschas und Schokolade) auf der zum Osten zugewandten Seite mit Blick auf die komplette Insel verspeisten, den Sonnenuntergang dann aber mit Küstenblick gen Westen verfolgen konnten. Der Wahnsinn! Die Nacht im Schutz der Wellblechhütte wird nur dadurch getrübt, dass sich immer wieder Mäuse an meinem Rucksack zu schaffen machen, die ich in der Angst um unser Essen des Öfteren verscheuche.





            So schmeckt das Abendbrot gleich viel besser


            Aussicht Richtung Osten


            Sonnenuntergang nach Westen

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            • LewisTolleni
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              • 29.09.2015
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              #7
              AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

              5. Tag, Valldemossa bis Refugi Muleta

              An der Stelle, wo wir am Tag zuvor noch zu Abend gegessen haben und der untergehenden Sonne zuschauten, hängt heute Morgen der gesamte Himmel voll mit Wolken. In Palma de Mallorca gehen langsam die letzten Straßenbeleuchtungen aus und wir haben uns mit dem Zusammenpacken beeilt. Für heute ist Regen angesagt und wir wollen so viel des Tages wie möglich ohne mitnehmen. Somit wird mit dem geplanten Sonnenaufgang zum Frühstück nichts und schon nach den ersten paar hundert Metern entpuppt sich das Wetter an diesem 01.04 gänzlich als schlechter Aprilscherz. Nach einer kleinen Ankündigung durch ein paar Tropfen schüttet es wie aus Kübeln und zu hageln beginnt es auch. Wir finden keinen geeigneten Unterschlupf und die kläglichen Steineichen geben auch nur wenig Schutz. Wir beschließen bis Valldemossa durch zu laufen und kommen dort auch nach etwa 20 Minuten an.


              Am Morgen


              Schlechte Aussichten

              Unsere Kleider sind schon ordentlich nass und so gehen wir in eine Bäckerei, um wieder etwas zu trocknen. Draußen hat es mittlerweile aufgehört zu hageln, dennoch schüttet es immer noch weiter. Wir beraten erstmal die Situation bei Kaffee, heißer Schokolade und Coco de Patatas, einer Art Kartoffel-Berliner ohne Marmelade – eine Spezialität Valldemossas (der Wahnsinn!). Die Verkäuferinnen meinen, dass es heute den ganzen Tag regnen wird und auch die ausliegende Zeitung meint es nicht besser mit uns und nachdem Momos Papa auch nur Regen verkündet, finden wir uns langsam damit ab. Immerhin sollen die nächsten Tage wieder besser werden. Derweil gibt es etwas Betrieb im Café und Peter und John treffen ein, die heute ihren GR 221 in Valldemossa starten (wollten). Hehe. Außerdem vor Ort ist eine deutsche Familie, deren Vater uns von der Seite anquatscht mit den Worten: „Seid ihr Wanderer? Na das ist aber blöd heute!“

              Wir warten auf eine kleinere Regenpause und nutzen die verbleibende Zeit um uns regentauglich anzuziehen: Lewis hat sich für die klassische Regenjacke und den Regenschutz für den Rucksack entschieden - ich dachte, ich wäre cleverer und hatte mir einen (zugegeben eher billigen) Regenponcho organisiert, der sich über mich plus Rucksack ziehen lassen sollte. Schon das Anziehen stellt sich als Herausforderung heraus und kann nur durch tatkräftige Mithilfe von Lewis gemeistert werden und auch bei der späteren Wanderung durch Wind und Regen wird er ständig verweht und sorgt nicht für Trockenheit. Eine eher dumme Idee also. Sobald wir die ersten Meter vor die Tür treten, beginnt es wieder weiter zu schütten. Unglaublich. Wir suchen Schutz in einer Autowerkstatt und überlegen den direkten Weg nach Port de Soller entlang der Straße zu nehmen mit der Möglichkeit, den Daumen rauszustrecken, doch der Mechaniker rät uns die offizielle Strecke über den Pla des Pouet und Coll de son Gallard zu nehmen. Nachdem wir im Internet einige Stories gelesen haben von Leuten, die sich dort verirrt haben, sind wir da eigentlich etwas vorsichtig, lassen uns schlussendlich doch überreden (Ich habe alles auf Spanisch verstanden oO).

              Wir laufen durch die letzten Straßen der Stadt und treffen dort auch wieder auf Peter und John. Gemeinsam gelangen wir an ein kleines Wärterhäuschen, das man passieren muss, um in den geschützten Bereich rund um das Teix-Massiv zu gelangen, da dort Mönchsgeier wieder angesiedelt werden sollen. Die Anzahl der Wanderer ist begrenzt, doch bei diesem Wetter sind Momo und ich Nummer sieben und acht für heute. Wir sollen vorsichtig sein.

              Die nächsten anderthalb Stunden sind erstmal mega anstrengend. Es regnet weiter in Strömen und in Serpentinen geht es steil bergauf. Dennoch kommen wir, getrieben vom Drang, einigermaßen trocken zu bleiben, da keine Mönchsgeier fliegen, die Momo entdecken kann und ich keine Fotos mache, gut voran ;). Wir erreichen das Grat und trotz der Umstände eröffnet sich uns ein Ausblick, wie wir ihn bisher noch nicht gesehen haben auf dieser Wanderung. Steil vor uns geht es tief bergab über mehrere hundert Meter hinweg und mit Blick auf die Küste und Meer. Gut, dass es nur regnet und nicht windet.

              Der Abstieg ist weniger anstrengend, als dass er uns einiges an Konzentration abverlangt. Die Wege sind glitschig und immer wieder bereiten Stolpersteine und fiese Wurzeln uns Probleme. Er zieht sich auch ziemlich. Wir verlieren den Blickkontakt zu Deia, unserem nächsten Ziel, und wenn wir einen kurzen Blick darauf erhaschen, scheinen wir uns eher davon zu entfernen, als näher zu kommen. Durch schöne Gärten kommen wir schlussendlich doch an und wollen uns zuerst etwas zum Essen suchen – der Tag hat Kraft gekostet bisher. Doch Deia zieht sich, bis wir in die Hauptsraße kommen und wir werden auch irgendwie im Kreis geführt. Dennoch, es ist ein sehr schöner Ort mit pittoresken Häuschen. Noch heute erzählt mir Momo in Erinnerungen an unsere Wanderung schwelgend, wie sie sich dort am liebsten auf die Straße gesetzt hätte, nicht mehr weitergelaufen wäre und laut „Huuuuunger“ gejammert hätte. Wir finden dann aber doch recht schnell was und teilen uns Bocadillos con queso y tortillas. Der Mallorquinische Wettergott hat immer noch keine Gnade mit uns, auch in und nach der Pause schüttet es weiter. Angesichts dieser Aussichten und dem uns noch bevorstehenden Weg können wir nicht anders, als eine ordentliche Ladung Hierbas zu bestellen.

              Frisch gestärkt also folgen wir der Straße aus Deia in Stichwegen und benebelt durch die großen Massen an Alkohol legt es mich erstmal kräftig hin. Ich bin auf einer Art Kopfsteinpflaster ausgerutscht, das durch den Staub der letzten Tage und den heutigen Regen richtig schmierig wurde, und auf das Knie gefallen. Es war aber alles halb so schlimm und ich konnte weitermachen. Der Weg– hier trennen sich allerdings nun die Meinungen – war von nun an nicht mehr sonderlich schön und führt uns entweder an oder gar zwischen Zäunen weiter. Und dann immer noch dieser Regen. Unsere Schuhe konnten dem mittlerweile nicht mehr standhalten und ich merke auch wie die Nässe punktuell durch meine Regenjacke gelangte. Momos Poncho stellt sich als völliger Versager heraus.





              Wir gelangen zu einer Finca mit Paradiesvogelblumen und alles ist in wunderschöne Farben getaucht. Hier entstehen auch die einzigen Fotos des Tages. Wir haben für den heutigen Tag glücklicherweise das Refugi Muleta kurz vor Port de Soller gebucht. Genau den richtigen Tag dafür erwischt! Die restliche Strecke – auch wieder unspektakulär – vertreiben wir uns damit, dass ich Jan Böhmermann Anekdoten erzähle, Stefan Raab huldige und Momo ‚Schwangere Frau-Bäcker-Witze’ erzählt. Ich denke, dies ist ausreichend, um unseren Zustand zu beschreiben wir folgen den Sturzbächen zum Refugi und sind ziemlich erschöpft, als wir dort angelangen. Wir werden vom Hüttenwirt empfangen und erstmal – mit Augenzwinkern - zusammengefaltet, da wir bei unserer Buchung kein Essen bestellt, aber angegeben haben, dass wir VegetarierIn sind. Was soll er also tun? Zum Glück hat er sich für die richtige Option entschieden und für uns mitgekocht. Muchas Gracias, senor! Wir treffen auch wieder auf Peter und John, die nicht so viel Glück haben und noch nach Port de Soller laufen müssen, um etwas zu essen. Wir duschen uns und genießen das zum Sieger der Kategorie ‚bestes Abendessen der Reise’ gekührte Mahl: mallorquinischen Tumbet. Im Römertopf geschmorte Kartoffeln, Auberginen, Paprika und Zucchini und nicht zuletzt ganz viel Knoblauch. Geil Geil Geil. Als Dessert gab es dann auch noch eine Narandscha, wie ich sie noch seltenst gegessen habe.

              Gesättigt kommen wir ins Gespräch mit einem netten Kieler Ehepaar, das aus der anderen Richtung kommt und uns schon mal Lust auf die zweite Hälfte des Trockensteinmauerwegs macht. Die Inspektion unserer Rucksäcke war dann weniger erfreulich, bei Momo hat es die Unterwäsche erwischt, bei mir war der Schlafsack nass trotz Regenschutz. Es hat heute einfach zu viel geregnet. Vor dem Feuer trocknet alles recht schnell, nur bei den Schuhen sind wir skeptisch.

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              • LewisTolleni
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                • 29.09.2015
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                #8
                AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

                Tag 6, Refugi Muleta – Cuber Stausee

                Schnarch! Die Nacht war furchtbar, zumindest für Momo. Ich habe einigermaßen okay geschlafen. Wir stehen zwar so ziemlich als erste auf, doch bis wir gefrühstückt und dem Genörgel von Peter und John gelauscht haben, sind wir beinahe die letzten, die das Refugi verlassen. Unsere Befürchtungen bestätigen sich, als wir in unsere nassen Schuhe schlüpfen. Meine Füße haben die Nässe gestern nicht sonderlich gut vertragen, ich habe mir zwei Blasen gelaufen und allgemein waren meine Füße in einem eher gereizten Zustand.


                Port de Soller


                Auf dem Weg nach Port de Soller

                Als wir das Refugi verlassen, begleiten uns zwei Schwarzkehlchen. Der Blick auf Port de Soller und die Bucht ist sehr schön, wobei die Berge, in die wir heute laufen werden, noch in Wolken hängen. Bevor wir nach Port de Soller hineinlaufen, schaue ich mir eher aus Langeweile als aus echtem Interesse einen dunklen Vogel auf einem Stein der Felsküste an und entdecke zu meiner Überraschung (und zum ersten Mal in meinem Leben!) eine Blaumerle. Unten in Port de Soller schauen wir uns die Strandpromenade etwas genauer an und verarzten noch mal unsere Blasen neu. Hier hält es uns allerdings nicht lange und so setzen wir unseren Weg schnell nach Soller fort. Wir folgen einem älteren Ehepärchen und versuchen dessen Geschwindigkeit einigermaßen zu halten – es läuft heute noch nicht so. Es geht mehr oder weniger flach an Gärten, Oliven-, Zitronen- und Orangenbäumen vorbei nach Soller, wo uns vor der Kirche ein richtiger Trubel erwartet.


                Kein erlaubtes Fortbewegungsmittel auf unserer Wanderung

                Die ganze Stadt ist voller Touristen und es ist Markt. Ich frische unsere Reiseapotheke mit Blasenpflastern auf und Momo organisiert uns vom Markt Oliven und Essiggurken zum Snacken. Wir setzen uns auf eine Bank vor der Kirche und bekommen von einem deutschen Touristen noch ein kleines Brot geschenkt. Mega nett! Außerdem treffen wir dort auf Robin, der aus der sonnigsten und meiner Meinung auch schönsten Stadt Deutschlands kommt Er läuft auch den Trockenmauerweg und ist heute sogar schon von Deia hierher gelaufen. Wir quatschen noch ein wenig, brechen dann aber wieder auf, Robin etwas vor uns, da wir nochmal unsere Vorräte mit Brot und Käse auffüllen. Heute ist die letzte Möglichkeit, einkaufen zu gehen.

                Der GR. 221 führt uns noch ein langes Stück auf Straßen durch Soller und dann weiter bis nach Biniaraix. Die Straßen auf denen wir laufen, sind echt unangenehm für die Füße, allerdings wird man auch abgelenkt von den Orangenhainen, durch die wir laufen. Wir mopsen uns zwei Zitronen, machen daraus Limonade und sind beruhigt, dass wir damit wohl auch kein Skorbut mehr bekommen auf der Reise.




                Matrjoschka-Blumen


                In Biniaraix am Waschhaus füllen wir unsere Trinkwasservorräte auf und finden auf dem weiteren Weg nochmal zwei Wasserhähne, an denen wir ebenso Wasser zapfen. Es ist wieder ein sehr heißer Tag geworden und für den heutigen Aufstieg war es sehr wichtig, ausreichend Wasser nachfüllen zu können. Die Schlucht von Biniaraix ist wirklich beeindruckend. Man fräßt sich langsam ins Gebirge hinein und schafft Höhenmeter um Höhenmeter. Der Blick zurück auf Port de Soller, das Meer und die Olivenhaine unter uns verschlagen uns die Sprache. Mit Sicherheit das schönste Stück des Weges, dementsprechend sind hier auch sehr viele TagestouristenInnen unterwegs. Wir strecken unsere Füße in das kleine Bächlein und essen etwas Schokolade. Die Erfrischung für die Füße tut wirklich gut, doch wir sind davon nicht so sehr abgelenkt, um nicht einen Mann mit mega Grasfahne und breitem Grinsen zu bemerken, der uns entgegen kommt.


                Blick auf Biniaraix






                Perfekt zum Füße reinheben


                Blick von weiter oben

                Hier sehen wir auch zum ersten Mal Mönchsgeier über unseren Köpfen kreisen. Ziemlich beeindruckende Vögel, wie sie weit oben durch die Luft schweben. Momo ist sehr begeistert und auch ich lasse mich davon anstecken. Mit diesem Erfolgserlebnis im Rücken verläuft der weitere Weg die Schlucht hoch doch wieder etwas besser. Wir werden von einem spanischen Paar angequatscht, das uns Tipps zu kommenden Quellen und möglichen Schlafplätzen gibt. Doch so weit schaffen wir es heute nicht mehr.


                Auf schönen Wegen


                Das Wetter kann sich auch nicht entscheiden

                Wir steuern, immer wieder den Blick zurück in die Schlucht wendend, den Cuber-Stausee an und wollen dort nach einem geeigneten Platz schauen. Den Stausee können wir schon von weitem erkennen – und auch was Maribel bereits meinte, dass er einen ungewöhnlich tiefen Wasserpegel hat. Außerdem sehen wir daneben gelegen den Puig Major nun aus der Nähe, den höchsten Berg der Insel mit seiner militärischen Anlage auf dem Gipfel. Leider sehen wir bereits auf dem Weg zum See, dass die Hütte von zwei spanischen Familien besetzt ist. Wir suchen uns also ein ebenes Plätzchen, was schwierig wird aufgrund des Geländes.


                New-Facebook-Profile-Picture


                Ein glibbschiges Etwas





                Wir waschen uns mit Stauseewasser, essen zu Abend und Momo liest noch ein wenig vor aus ihrem Buch („Momo“ von Michael Ende). Dabei hören wir Waldkauz und Zwergohreule, die laut Momo ein brau-graunes Gefieder haben soll oO Gute Nacht!

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                • Wanzenried
                  Anfänger im Forum
                  • 29.07.2016
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                  #9
                  AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

                  Hey Momo und Lewis! Super geschriebener Bericht, bin schon ganz gespannt auf die letzten Etappen

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                  • LewisTolleni
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                    • 29.09.2015
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                    #10
                    AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

                    Hey Wanzenried,
                    vielen Dank für dein Lob das freut uns sehr, wenn es dir gefällt. Hier jetzt die zweitletzte Etappe auf unserer Tour...

                    Tag 6, Cuber Stausee – kurz vor Kloster Lluc

                    Es ist die kälteste Nacht auf unserer Wanderung und als wir aufwachen, ist alles furchtbar klamm und auch das Zelt von innen nass. Wir haben keine Lust aufzustehen und bleiben noch eine Weile liegen – abgesehen davon wartet auf uns nasse Schafscheiße vor dem Zelt. Als wir es dann doch schaffen, langsam in den Tag zu starten, schafft es auch die Sonne langsam über die höchsten Berge der Insel und lässt den See und Umgebung in eine tolle Stimmung eintauchen. Wir umrunden den Cuber Stausee und begegnen keiner Menschenseele. Nach kurzem Aufstieg gibt es die erste Frühstückspause an einem Baum im Schatten mit schönem Blick auf den Stausee und wir gönnen uns das letzte Müsli. Momo hängt auch ihre nasse Wäsche auf, gut einsehbar und exponiert am Baum, kann sie aber glücklicherweise rechtzeitig evakuieren, bevor uns eine 20-köpfige spanische Wandergruppe überholt. Wir steigen weiter auf und überqueren den Bergkamm am Coll de sa Coma des Ases und machen uns fortan wieder auf in Richtung Tal.


                    Als ob jemand den Stöpsel gezogen hätte






                    Gute Frühstüchs-Aussichten




                    Der zweite Stausee im Bunde: Gorg Blau


                    Der Blick ins Tal

                    Auf den Wegen plätschert immer noch Regenwasser, das vorgestern vom Himmel gekommen ist. Wir passieren das Wrack eines Kleinflugzeugs und genießen mit jedem Schritt den Blick ins Tal. Auf der gegenüberliegenden Seite hat man den Blick auf den Tunnelweg, doch auch auf unserer Seite kommt man mit mehreren ausgesetzten Stellen auf seine Kosten. Von weitem erkennen wir bereits das Refugi de Tossal Verds, ein kleines Idyll. Wir benötigen nochmals 45 Minuten, bis wir dort ankommen und von Robin in Empfang genommen werden. Wir stellen unser Zelt zum trocknen auf, was fast genauso lange dauert wie der Aufbau an sich, so heiß ist es mittlerweile schon wieder. Gemeinsam mit Robin essen wir zu Mittag und resümieren das bisher erlebte. Er erzählt uns auch, dass er die letzte Nacht mit Simon hier verbracht hat. Uns freut es, von Simon zu hören, sehen aber keine Chance mehr, ihn einzuholen und müssen Momos Halstuch leider verloren geben. Simon ist mit seinem leichten Gepäck einfach viel zu schnell für uns. Robin erzählt uns auch, dass Simon uns ein kleines Süßigkeitennest am zweiten Tag vor Estellencs gebaut hat, das wir aber leider nicht gefunden haben


                    Der Tunnelweg auf der anderen Talseite


                    Vermutlich die Überreste eine Flugzeugs


                    Auf solchen Wegen macht das Wandern Spaß

                    Während Robin noch eine weitere Nacht am Refugi verbringen wird, brechen wir – nachdem Momo es endlich geschafft hat, ihren Rucksack zu packen und mich dazu nötigt, die zusätzliche Zeit mit Robin über Philosophie zu diskutieren – wieder auf. Es geht erstmal wieder bergauf und man hat tolle Ausblicke ins Tal und auf die uns erwartenden Gipfel. Wir passieren immer wieder kleinere Bachläufe und sehen auch ein altes Aquädukt. An der Quelle Fons de Prat füllen wir unsere Wasservorräte auf. Am Refugi war das Wasser ziemlich verchlort, sodass wir das auf hier verschoben hatten. Es ist wieder richtig heiß heute und auch wenn der Wind in der Höhe erfrischend ist, achten wir darauf, ausreichend zu trinken. Schließlich haben wir heute noch den Aufstieg zum höchsten Punkt unserer Tour. Dieser stellt sich als weniger anstrengend heraus als befürchtet, was aber auch daran liegen kann, dass immer wieder Mönchsgeier über unseren Köpfen schweben, die wir ausgiebig beobachten – oder sie uns?


                    Kurz nach dem Refugi




                    Überreste eines Aquädukts


                    Noch vor der Quelle Fons de Prat

                    Auch hier genießen wir beim Aufstieg immer wieder die tolle Aussicht auf die Insel und den Cuber Stausee hin bis zum Meer. Am Coll des Prat haben wir dann endlich die höchste Stelle des Trockensteinmauerwegs erreicht. Es ist bereits 18 Uhr, dennoch beschließe ich noch auf den Puig de Massanella (1365m) aufsteigen zu wollen, den höchsten besteigbaren Punkt Mallorcas. Ich gehe entlang einer Mauer, bis ich die Steilwand erreiche. Ich folge dort der in unserer Karte beschriebenen Route und vereinzelten Steinmännchen. Der Aufstieg kostet mich einige Kraft und ist sicherlich auch nicht ungefährlich. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass sich jedeR, der/die sich dazu entscheidet, hier hinaufklettern zu wollen, sich genau im Klaren sein muss, was er/sie tut. Das Gefühl, oben zu stehen, ist dann unbeschreiblich schön. Dort bin ich komplett alleine und teile den Moment nur mit den Ziegen, die auf mich gewartet haben. Ich habe einen Blick über die komplette Insel und die bisherigen Etappen, unten sehe ich Momo, die an der Mauer auf mich wartet (und heimlich Müsliriegel und Schokolade isst ) und sich in die Sonne gelegt hat. Gegen 19 Uhr wollen wir wieder weiterwandern, was dahingehend wichtig ist, da wir absteigen sollten, damit wir nicht noch mal eine so kalte Nacht haben in der Höhe. Allerdings ist der Abstieg nicht so leicht. Ich laufe Richtung Norden und umgehe so die Felswand. Momo erwartet mich und wir wandern flotten Fußes gleich weiter.


                    Aufstieg zum Coll des Prat


                    Zum Puig de Massanelle sind es aber noch ein paar Höhenmeter


                    Die Anstrengung wird belohnt durch tolle Aussichten...






                    Unten am Coll des Prat genießt Momo Sonne, Ruhe und Schokolade

                    Die Sonne hat nun merklich an Strahlkraft verloren und hüllt die Berglandschaft in ein angenehmes Licht. Dem Höhenprofil unserer Karte nach kommt jetzt ein recht zügiger Abstieg – doch halt! Nach etwa einem Kilometer geht es das, was wir gerade bergab gelaufen sind, wieder bergauf. Wir folgen dem Weg auf der Hochebene und haben immer wieder spektakuläre Ausblicke auf die Berge im Norden der Serra de Tramuntana – alle gelb-golden – und das Meer. Die alten Kühlhäuser lassen wir links liegen und beginnen – nun tatsächlich – mit dem Abstieg zum Kloster Lluc. In Serpentinen und auf aus runden Steinen bestehenden Wegen geht es sehr schnell hinab und bald erreichen wir wieder Steineichenwald. Noch bevor es dunkel wird lassen wir uns an einem schönen Platz im Wald nieder und beginnen mit dem Zeltaufbau.




                    In dieses Tal wollen wir absteigen


                    Langsam neigt sich der Tag dem Ende zu



                    Den gesamten Tag über sind meine Gedanken nicht nur bei unserer Wanderung hier auf Mallorca gewesen, sondern auch im kleinen Dorf Sand in der schönen Ortenau, wo meine Schwester Fußball spielt und heute das DFB-Pokalhalbfinale gegen DIE dominierende Mannschaft im Frauenfußball, den FC Bayern München, anstand. Da ich tagsüber aber nichts gehört hatte, gehe ich erwartungsgemäß von einer Niederlage aus. Umso euphorisierter bin ich dann, als ich die SMS erhalte, dass Sand tatsächlich 2:1 gewonnen hat. Ich kann es nicht fassen, muss erstmal zu Hause anrufen und hüpfe noch eine halbe Stunde später mit einer Mischung aus Überraschung und Freude wie Rumpelstilzchen im Wald herum. Was für ein Abend, was für ein Tag. Wir essen unser Abendbrot heute auf römische Art liegend im Zelt und schlafen dann sehr schnell ein.

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                    • LewisTolleni
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                      • 29.09.2015
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                      #11
                      AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

                      So, nun der letzte Teilbericht unserer Mallorca-Wanderung.

                      Tag 6, kurz vor Lluc bis Refugi Pont Roma
                      Unser Plan, durch einen flotten Abstieg am Abend zuvor heute etwas wärmer zu schlafen ging gut auf. Wir schaffen es nun auch tatsächlich, gleich aus den Federn zu schlüpfen, nachdem wir ein letztes Mal von Max Raabe geweckt wurden. Wir bauen unser Zelt ab, während ein im daneben stehenden Baum steckender Ziegenschädel uns dabei zuschaut. Ein gutes Omen? Wir laufen erstmal ohne Frühstück los und erreichen auch bald schon die Klosteranlage von Lluc, ein ziemlich großer Komplex. Es herrscht noch wenig Betrieb und der kleine Lebensmittelladen macht gerade erst auf. Wir decken uns ein für ein reichhaltiges Frühstück und suchen uns hierzu eine Bank in der riesigen Anlage. Die Suche wird begleitet durch die Rufe von mindestens zwei Wendehälsen, die, obwohl auf Mallorca wesentlich häufiger zu hören, als bei uns zuhause, für mich immer noch eine kleine Sensation sind.




                      Im Kloster von Lluc


                      Blick zurück auf das Kloster

                      Ursprünglich war unser Plan, auch am Kloster Lluc eine Nacht zu verbringen, um von dort noch einen Abstecher zum Torrent de Pareis zu machen, der wohl am meisten beeindruckenden Schlucht der Insel. Durch die heftigen Regenfälle aber ist daran überhaupt nicht zu denken und da uns der Gedanke, nun einen ganzen Tag hier im Kloster von Lluc zu verbringen, nicht so gut gefällt, entscheiden wir uns, den Trockenmauerweg schon heute zu beenden. Wir genießen unser Frühstück mit Schokokuchen und –croissant. Gegen 10 Uhr verlassen wir Lluc. Wir putzen am Weg kurz unsere Zähne und werden dabei von einer lauthals schnatternden spanischen Wandergruppe überholt sowie zwei Männern mit Kind im Rucksack. Der weitere Weg zur ehemaligen Trinkwasserabfüllanlage verläuft ohne weitere besonderen Geschehnisse. Dort verstecken wir unsere Rucksäcke im Gebüsch und gehen den letzten – freiwilligen – Aufstieg auf den Puig Tomir (1104m) an. Hierzu hatten wir kleinere und leichte Kletterstellen zu überwinden. Ganz lustig ist, dass wir öfters denken, wir haben den Gipfel in Sicht, doch kurz unterhalb bemerken wir, dass das nur eine Zwischenstation ist und wir noch weiter aufsteigen müssen. Oben angekommen kreisen nochmals und so nah wie bisher noch nie, Mönchsgeier über unseren Köpfen. Es ist sehr windig und das Wetter zieht kurzfristig auch zu, weshalb wir dort nicht lange verweilen und wieder absteigen. Das ist leichter als gedacht und geht auch recht flott.


                      Hoch auf den Puig Tomir










                      Hier besser nicht runter

                      Unten angekommen sehen wir nochmals einen GR 221 Wanderer, den wir bisher noch nicht getroffen haben. Das ist auch gut so, denn dieser lebt seine etwas exhibitionistische Ader aus, indem er in der Folge zweimal vor unseren Augen und voll einsehbar am Wegesrand pinkelt und sich mehrmals die Kleidung wechselt, 'zufällig', als wir an ihm vorbeilaufen.

                      Wir gelangen durch das letzte Steineichenwäldchen unserer Reise über Serpentinen mit einschläfernder, hypnotisierender Wirkung in eine Ebene, wo wir von nun an der Straße und einem kleinen Fluss Richtung Pollenca folgen. Dieses Reststück ist ziemlich unspektakulär, ja sogar langweilig und öde, abgesehen davon, dass der Fluss auf einem Teilstück des Weges steht und wir hier nicht wirklich weiterkommen und einen kleinen Umweg finden müssen. Am Fluss machen wir noch eine letzte Pause, wo ich dann meine ins Herz geschlossene, aber deutlich abgenutzte Karte liegen lassen. Wäre erstaunlich gewesen, eine Wanderung zu beenden, ohne dass ich etwas vergesse


                      Zurück in der Ebene


                      GR 221 - Snack




                      Kurz vor Pollenca

                      Nach weiteren monotonen Kilometern erreichen wir dann das Refugi Pont Roma im Zielort Pollenca. Dort haben wir am Morgen angerufen und zwei Betten reserviert. Wir treffen Simon wieder und freuen uns sehr über das Wiedersehen und Momo insbesondere über ihr Halstuch. Wir tauschen unsere Erlebnisse aus mit der netten Gesellschaft im Refugi und mit Simon natürlich. Abends gehen wir in die Stadt und speisen fürstlich in einem der zahlreichen Lokale. Es gibt Tumbet.
                      Wir schlendern durch die Gassen Pollencas und sind sehr glücklich über unsere Reise und die gemachten Erfahrungen. Hier gefällt es uns gut, sodass wir beschließen, die nächsten beiden Tage bis zum Abflug auch hier zu verbringen.

                      Am nächsten Tag trampen wir ins Naturschutzgebiet s’Albufereta und sehen dort Flamingos, Seidenreiher, Stelzenläufer, Brandgänse, Triele, Rothühner, Zistensänger und überhaupt so viele tolle Vögel, dass ich vor Begeisterung gar nicht weiß, wohin mit mir. Auf dem Weg nach Port de Pollenca zurück, entdecken wir dann noch Meerstrandläufer und die erste Korallenmöwe unserer Wanderung, nach der ich schon seit unserer Ankunft mehr oder weniger konzentriert Ausschau halte. Am Ziel angekommen, schauen wir uns Port de Pollenca an, wo Momo – die Verrückte – tatsächlich ins Meer springt. An unserem letzten Tag wandern wir auf den Puig de Maria in Pollenca, schauen uns Palma de Mallorca an und essen ein letztes Mal Tumbet.

                      Fazit
                      Was für eine geile Wanderung! Der Trockenmauerweg war sehr abwechslungsreich. Nach ein paar Tagen an der Küste mit ständigem Meerblick ging es ab Port de Soller ins Inselinnere und somit auch mehr ins Gebirge. Für uns war es anspruchsvoll, wozu das schon sehr heiße Wetter seinen Beitrag geleistet hat. Mit der Wegfindung hatten wir, anders als erwartet, keine Probleme. Einzig am ersten Tag waren wir uns unsicher, ob wir nicht auf dem falschen Weg sind. Angekommen sind wir aber immer. Wir sind dabei, wenn keine offiziellen Wegweiser vorhanden waren, stur den Steinmännchen gefolgt. Insgesamt hat alles gut geklappt und ich würde die Wanderung so jedem empfehlen. Mir hat es großen Spaß gemacht.
                      Ich kann diesem Fazit nur zustimmen. Mit meiner bisher ausschließlichen Schwarzwald-Erfahrung, war mein besonderes Highlight der doch sehr motivationsfördernde, fast ständig mögliche Blick aufs Meer. Auch die ornithologischen Highlights, die der Weg zu bieten hat, taten ihr Übriges! Was mich allerdings etwas enttäuscht hat, war die Tatsache, dass es uns während des kompletten Trockensteinmauerwegs nicht gelungen ist, ein einziges Reptil zu entdecken. Alles in allem aber auf jeden Fall eine sehr empfehlenswerte Wanderung!

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                      • Wanzenried
                        Anfänger im Forum
                        • 29.07.2016
                        • 13
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [ES] Malle ist nur einmal im Jahr - der Trockensteinmauerweg im April 2016

                        Nochmal ein ausdrückliches Lob von mir für euren Bericht!
                        Übrigens kennt ihr mich, wir sind uns auf dem Weg begegnet

                        Um Herauszufinden wer ich bin, müsst ihr euch nur meinen neuen (und ersten) Reisebericht hier durchlesen:P

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