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[NO] Okstindan – Tosen
Auf dieser Tour wollte ich zwei Wandergebiete in Nordnorwegen miteinander verbinden, die mich schon länger sehr interessiert haben: Okstindan und Lomsdal-Visten. Am Okstindan-Gebirge bin ich vor Jahren auf der Strecke von Grong über Børgefjell und Røssvatn nach Mo i Rana (eine meiner auf mehrere Jahre verteilten Norge-på-langs-Etappen) westlich vorbeigewandert, das hätte ich schon damals gerne genauer erkundet, und auf den Lomsdal-Visten-Nationalpark bin ich mehr zufällig in einer Norwegenkarte aufmerksam geworden und habe Informationen gesammelt. Ziemlich bald wusste ich: da will ich hin!
Soviel zur Theorie. In der zweiten Augusthälfte 2015 geht es los:
Tag 1
Anreise
Flug über Amsterdam nach Trondheim. Der Wetterbericht von yr.no für die Provinz Nordland sieht verheißungsvoll aus, seit ein paar Tagen liegt ein stabiles Hochdruckgebiet über Nordskandinavien. In Trondheim ist es warm und sonnig, also gehe ich kurz zum Hell Kjøpesenter um ein Mittagessen und ein kleines Bier zu erwerben und suche mir dann ein schattiges Plätzchen etwas abseits des Flughafens, während ich drei Stunden auf meinen Anschlussflug mit Widerøe nach Mosjøen warte. Auf diesen Flug freue ich mich besonders, denn bei wolkenlosem Wetter wie heute kann man viel von der Landschaft sehen. Gegen 16:30 Uhr stehe ich endlich am kleinen Flughafen von Mosjøen und habe Lust, die sechs Kilometer auf der Straße zum Ort zu laufen.
Mosjøen Lufthavn
Straße nach Mosjøen
Der Fluss Vefsna
In Mosjøen kaufe ich erst mal Nahrungsmittel für die ersten fünf Tage. Im Coop extra bekomme ich sogar Spiritus, da muss ich gar nicht lange durch die Stadt latschen. Weil heute kein Bus mehr nach Korgen geht, suche ich mir jetzt erst mal einen Platz für die Nacht. Das ist hier ganz einfach: man geht über die Brücke, kurz durch das Gewerbegebiet auf der anderen Seite der Vefsna und folgt dann dem ausgebauten Wanderweg Richtung Marsøra so lange, bis man eine passende Stelle gefunden hat um das Zelt aufzustellen. An diesem warmen Abend sind hier viele Spaziergänger unterwegs.
Mosjøen
Tag 2
Tverrågskardet
Wie so oft konnte ich in der ersten Nacht im Zelt nicht gut schlafen. Trotzdem bin ich sehr fröhlich und breche kurz vor 8:00 Uhr auf zur Rutebilstasjon. Als ich den Bus gegen 10:00 Uhr in Korgen verlasse, ist es schon sehr warm, also suche ich mir, nach einem Spaziergang durch den verschlafenen Ort, einen schattigen Platz am Fluss, wo ich noch ein paar Stunden verbringen muss.
Der Fluss Røssåga in Korgen
Erst um 14:10 Uhr fährt nämlich der Schulbus ins Leirskardal hoch, meine einzige Transportmöglichkeit. Achtung: der Bus fährt nur von der Schule am westlichen Ortsrand ab und hält nicht am Bushalteplatz am Einkaufszentrum. Der gutgelaunte Busfahrer erklärt mir, dass ich für die Fahrt nichts bezahlen muss, weil er keine Kasse dabeihat. Es ist wirklich nur ein Schulbus. Die Schulkinder werden alle vor ihrer Haustür abgesetzt, deshalb dauert die Fahrt recht lange. Gegen 15:00 Uhr steige ich mit den letzten Kindern am höchstgelegenen Hof im Leirskardal aus und kann endlich meine Wanderung beginnen. Der erste Aufstieg ist immer der schwerste, aber dieser hat es für den Anfang ganz schön in sich. Gute 400 Höhenmeter geht es in der sengenden Nachmittagssonne den steilen Hang zum Tverrågskardet hinauf, wie so oft in Norwegen direkt in der Falllinie. Den eingezeichneten markierten Pfad finde ich zwar nicht, aber die Richtung ist nicht zu verfehlen. Nach zehn Minuten läuft mir der Schweiß in Bächen herunter, nach zwanzig Minuten zeigen sich erste Erschöpfungsanzeichen. Pause nach einer Dreiviertelstunde, danach nochmal eine Dreiviertelstunde, dann ist das Gröbste geschafft.
Leirskardalen
Jetzt komme ich in das herrliche Hochtal Tverrågskardet mit grünen Wiesen, gesäumt von steilen Bergen. Hier finde ich auch den markierten Pfad. Die Mühe hat sich gelohnt, es ist wirklich ein perfekter Platz für die erste Nacht in der Wildnis. Nach einer ausgiebigen Waschaktion im kalten Bach bin ich vollkommen glücklich und entspannt. Das ist das Gefühl, das ich immer wieder suche. Es macht süchtig.
Tverrågskardet
Tag 3
Sørskardet – Leirbotn – Okstindtjønna
Nach einer sehr angenehmen Nacht wache ich früh auf, kurz nach 4:00 Uhr, und bin ausgeschlafen und voller Tatendrang. Statt mich noch mal auf die andere Seite zu drehen, koche ich meinen Frühkaffee und esse ein paar Bixit-Kekse um etwas im Magen zu haben. Richtiges Frühstück gibt's später. Gegen 6:20 Uhr ist das Zelt abgebaut und ich laufe weiter auf dem markierten Pfad talaufwärts. Da kann ich schon ein gutes Stück schaffen, bevor es richtig warm wird, denn der Himmel ist wieder wolkenlos.
Tverrågskardet füh am Morgen
Nach der nächsten Höhenstufe bin ich plötzlich von Eis und Schnee umgeben. Unglaublich, wie abwechslungsreich die Landschaft hier ist. Für zwei Kilometer geht es jetzt über große Schneefelder und Sandhügel. Auf der Karte ist dieses Tal mit „Sandan“ bezeichnet.
Der markierte Pfad führt mich jetzt weiter über den eigentlichen Pass zum Sørskardet und hinunter in ein unglaublich fruchtbares Tal mit Blumenwiesen und vielen Weidenbüschen. Allerdings gibt es hier auch unglaublich viele Mücken und Bremsen. Für die Frühstückspause mit schönem Blick über den Stausee Kjennsvatnet benutze ich großzügig Mückengift, aber ansonsten bin ich da nicht so empfindlich. Mückenstiche verschwinden bei mir in der Regel nach 20 Minuten.
Sørskardet
Kjennsvatnet
Danach gehe ich nicht weiter hinunter zur Kjennsvasshytta, sondern verlasse den Pfad, quere ein Stück den Hang nach Süden und folge dem Klemetbekken hoch zum kleinen See Storniilatjønn. Dort treffe ich hinter einem Schneefeld auf den Pfad Richtung Leirbotn. Auf diesem laufe ich weiter und komme bald in das weite, grüne Kar Leirbotn, das mir besonders gut gefällt. Im Tal muss erst mal ein Bach gefurtet werden, aber über den Fluss gibt es eine Brücke.
Leirbotntjønna
Leirbotn
Bei der Vorbereitung der Tour habe ich gelesen, dass es eine neue markierte Route von hier bis zu der vor einem Jahr eröffneten Rabothytta geben soll, es fanden sich aber keine weiteren Informationen dazu und natürlich auch noch keine Tourenberichte. Dies könnte also einer der ersten sein. Ja, die neue Wanderroute gibt es tatsächlich und sie ist hervorragend markiert, obwohl natürlich noch kein ausgetretener Pfad erkennbar ist. Sie führt sanft ansteigend über einen Bergausläufer und hinunter zum See Lønna. Nachdem ich dessen Zufluss gefurtet habe, suche ich mir einen Platz für die Mittagspause, damit ich für den kommenden Aufstieg Kraft sammeln kann. Mittlerweile weht ein stetiger kühler Wind aus Südost, der auch die Mücken vertreibt. Erst nach zwei Stunden fühle ich mich bereit zum Weitergehen.
Lønna
Es geht wieder bergauf, anfangs sanft am Bach entlang, später dann steil und aufregend mit herrlichen Blicken über das Tal im Norden und die Okstindan-Gipfel im Osten und Süden. Ich bin etwas angestrengt, es ist ja auch der erste richtige Wandertag, und der schwere Rucksack drückt und zwickt noch, deshalb will ich heute nicht mehr ganz bis zum Gletscher laufen, sondern bald einen Platz für die Nacht suchen.
Jetzt erreiche ich ein Plateau etwas oberhalb des Okstindtjønna, der noch halb zugefroren ist. Zum Baden vielleicht etwas zu kalt, aber atemberaubend schön.
Aufstieg zum Okstindtjønna
T-markierte Route, im Hintergrund die Okskalvan
Okstindtjønna
Das Gelände ist hier naturgemäß recht steinig, aber es finden sich zwischen den Schneefeldern immer wieder ebene gras- und moosbewachsene Stellen, die sich zum Zelten eignen. Direkt vor der nächsten Höhenstufe finde ich einen Platz mit fließend kaltem Wasser auf etwa 1100 m Höhe. Angenehm früh, gegen 19:00 Uhr, verschwindet die Sonne hinter dem Berg und es wird kühl.
Fortsetzung folgt...
Auf dieser Tour wollte ich zwei Wandergebiete in Nordnorwegen miteinander verbinden, die mich schon länger sehr interessiert haben: Okstindan und Lomsdal-Visten. Am Okstindan-Gebirge bin ich vor Jahren auf der Strecke von Grong über Børgefjell und Røssvatn nach Mo i Rana (eine meiner auf mehrere Jahre verteilten Norge-på-langs-Etappen) westlich vorbeigewandert, das hätte ich schon damals gerne genauer erkundet, und auf den Lomsdal-Visten-Nationalpark bin ich mehr zufällig in einer Norwegenkarte aufmerksam geworden und habe Informationen gesammelt. Ziemlich bald wusste ich: da will ich hin!
Soviel zur Theorie. In der zweiten Augusthälfte 2015 geht es los:
Tag 1
Anreise
Flug über Amsterdam nach Trondheim. Der Wetterbericht von yr.no für die Provinz Nordland sieht verheißungsvoll aus, seit ein paar Tagen liegt ein stabiles Hochdruckgebiet über Nordskandinavien. In Trondheim ist es warm und sonnig, also gehe ich kurz zum Hell Kjøpesenter um ein Mittagessen und ein kleines Bier zu erwerben und suche mir dann ein schattiges Plätzchen etwas abseits des Flughafens, während ich drei Stunden auf meinen Anschlussflug mit Widerøe nach Mosjøen warte. Auf diesen Flug freue ich mich besonders, denn bei wolkenlosem Wetter wie heute kann man viel von der Landschaft sehen. Gegen 16:30 Uhr stehe ich endlich am kleinen Flughafen von Mosjøen und habe Lust, die sechs Kilometer auf der Straße zum Ort zu laufen.
Mosjøen Lufthavn
Straße nach Mosjøen
Der Fluss Vefsna
In Mosjøen kaufe ich erst mal Nahrungsmittel für die ersten fünf Tage. Im Coop extra bekomme ich sogar Spiritus, da muss ich gar nicht lange durch die Stadt latschen. Weil heute kein Bus mehr nach Korgen geht, suche ich mir jetzt erst mal einen Platz für die Nacht. Das ist hier ganz einfach: man geht über die Brücke, kurz durch das Gewerbegebiet auf der anderen Seite der Vefsna und folgt dann dem ausgebauten Wanderweg Richtung Marsøra so lange, bis man eine passende Stelle gefunden hat um das Zelt aufzustellen. An diesem warmen Abend sind hier viele Spaziergänger unterwegs.
Mosjøen
Tag 2
Tverrågskardet
Wie so oft konnte ich in der ersten Nacht im Zelt nicht gut schlafen. Trotzdem bin ich sehr fröhlich und breche kurz vor 8:00 Uhr auf zur Rutebilstasjon. Als ich den Bus gegen 10:00 Uhr in Korgen verlasse, ist es schon sehr warm, also suche ich mir, nach einem Spaziergang durch den verschlafenen Ort, einen schattigen Platz am Fluss, wo ich noch ein paar Stunden verbringen muss.
Der Fluss Røssåga in Korgen
Erst um 14:10 Uhr fährt nämlich der Schulbus ins Leirskardal hoch, meine einzige Transportmöglichkeit. Achtung: der Bus fährt nur von der Schule am westlichen Ortsrand ab und hält nicht am Bushalteplatz am Einkaufszentrum. Der gutgelaunte Busfahrer erklärt mir, dass ich für die Fahrt nichts bezahlen muss, weil er keine Kasse dabeihat. Es ist wirklich nur ein Schulbus. Die Schulkinder werden alle vor ihrer Haustür abgesetzt, deshalb dauert die Fahrt recht lange. Gegen 15:00 Uhr steige ich mit den letzten Kindern am höchstgelegenen Hof im Leirskardal aus und kann endlich meine Wanderung beginnen. Der erste Aufstieg ist immer der schwerste, aber dieser hat es für den Anfang ganz schön in sich. Gute 400 Höhenmeter geht es in der sengenden Nachmittagssonne den steilen Hang zum Tverrågskardet hinauf, wie so oft in Norwegen direkt in der Falllinie. Den eingezeichneten markierten Pfad finde ich zwar nicht, aber die Richtung ist nicht zu verfehlen. Nach zehn Minuten läuft mir der Schweiß in Bächen herunter, nach zwanzig Minuten zeigen sich erste Erschöpfungsanzeichen. Pause nach einer Dreiviertelstunde, danach nochmal eine Dreiviertelstunde, dann ist das Gröbste geschafft.
Leirskardalen
Jetzt komme ich in das herrliche Hochtal Tverrågskardet mit grünen Wiesen, gesäumt von steilen Bergen. Hier finde ich auch den markierten Pfad. Die Mühe hat sich gelohnt, es ist wirklich ein perfekter Platz für die erste Nacht in der Wildnis. Nach einer ausgiebigen Waschaktion im kalten Bach bin ich vollkommen glücklich und entspannt. Das ist das Gefühl, das ich immer wieder suche. Es macht süchtig.
Tverrågskardet
Tag 3
Sørskardet – Leirbotn – Okstindtjønna
Nach einer sehr angenehmen Nacht wache ich früh auf, kurz nach 4:00 Uhr, und bin ausgeschlafen und voller Tatendrang. Statt mich noch mal auf die andere Seite zu drehen, koche ich meinen Frühkaffee und esse ein paar Bixit-Kekse um etwas im Magen zu haben. Richtiges Frühstück gibt's später. Gegen 6:20 Uhr ist das Zelt abgebaut und ich laufe weiter auf dem markierten Pfad talaufwärts. Da kann ich schon ein gutes Stück schaffen, bevor es richtig warm wird, denn der Himmel ist wieder wolkenlos.
Tverrågskardet füh am Morgen
Nach der nächsten Höhenstufe bin ich plötzlich von Eis und Schnee umgeben. Unglaublich, wie abwechslungsreich die Landschaft hier ist. Für zwei Kilometer geht es jetzt über große Schneefelder und Sandhügel. Auf der Karte ist dieses Tal mit „Sandan“ bezeichnet.
Der markierte Pfad führt mich jetzt weiter über den eigentlichen Pass zum Sørskardet und hinunter in ein unglaublich fruchtbares Tal mit Blumenwiesen und vielen Weidenbüschen. Allerdings gibt es hier auch unglaublich viele Mücken und Bremsen. Für die Frühstückspause mit schönem Blick über den Stausee Kjennsvatnet benutze ich großzügig Mückengift, aber ansonsten bin ich da nicht so empfindlich. Mückenstiche verschwinden bei mir in der Regel nach 20 Minuten.
Sørskardet
Kjennsvatnet
Danach gehe ich nicht weiter hinunter zur Kjennsvasshytta, sondern verlasse den Pfad, quere ein Stück den Hang nach Süden und folge dem Klemetbekken hoch zum kleinen See Storniilatjønn. Dort treffe ich hinter einem Schneefeld auf den Pfad Richtung Leirbotn. Auf diesem laufe ich weiter und komme bald in das weite, grüne Kar Leirbotn, das mir besonders gut gefällt. Im Tal muss erst mal ein Bach gefurtet werden, aber über den Fluss gibt es eine Brücke.
Leirbotntjønna
Leirbotn
Bei der Vorbereitung der Tour habe ich gelesen, dass es eine neue markierte Route von hier bis zu der vor einem Jahr eröffneten Rabothytta geben soll, es fanden sich aber keine weiteren Informationen dazu und natürlich auch noch keine Tourenberichte. Dies könnte also einer der ersten sein. Ja, die neue Wanderroute gibt es tatsächlich und sie ist hervorragend markiert, obwohl natürlich noch kein ausgetretener Pfad erkennbar ist. Sie führt sanft ansteigend über einen Bergausläufer und hinunter zum See Lønna. Nachdem ich dessen Zufluss gefurtet habe, suche ich mir einen Platz für die Mittagspause, damit ich für den kommenden Aufstieg Kraft sammeln kann. Mittlerweile weht ein stetiger kühler Wind aus Südost, der auch die Mücken vertreibt. Erst nach zwei Stunden fühle ich mich bereit zum Weitergehen.
Lønna
Es geht wieder bergauf, anfangs sanft am Bach entlang, später dann steil und aufregend mit herrlichen Blicken über das Tal im Norden und die Okstindan-Gipfel im Osten und Süden. Ich bin etwas angestrengt, es ist ja auch der erste richtige Wandertag, und der schwere Rucksack drückt und zwickt noch, deshalb will ich heute nicht mehr ganz bis zum Gletscher laufen, sondern bald einen Platz für die Nacht suchen.
Jetzt erreiche ich ein Plateau etwas oberhalb des Okstindtjønna, der noch halb zugefroren ist. Zum Baden vielleicht etwas zu kalt, aber atemberaubend schön.
Aufstieg zum Okstindtjønna
T-markierte Route, im Hintergrund die Okskalvan
Okstindtjønna
Das Gelände ist hier naturgemäß recht steinig, aber es finden sich zwischen den Schneefeldern immer wieder ebene gras- und moosbewachsene Stellen, die sich zum Zelten eignen. Direkt vor der nächsten Höhenstufe finde ich einen Platz mit fließend kaltem Wasser auf etwa 1100 m Höhe. Angenehm früh, gegen 19:00 Uhr, verschwindet die Sonne hinter dem Berg und es wird kühl.
Fortsetzung folgt...
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