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  • Takanama
    Anfänger im Forum
    • 18.04.2016
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    Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

    Hallo zusammen,

    ich habe mir einige sehr warme Daunenschlafsäcke angeschaut, und bin etwas verwirrt. Theoretisch sollte die ja perfekt vergleichbar sein, da z.B. die Komforttemperatur (T comf) der Schlafsäcke herstellerübergreifend nach der gleichen EU-Norm unabhängig gemessen wird. Ich zitiere hier mal von der Globetrotter-Seite:

    "Schlafsacknorm EN 13537
    Diese seit 2005 geltende EU-Norm legt allgemeine Anforderungen zur Kennzeichnung und Beschreibung von Schlafsäcken fest. Sämtliche Angaben in den Tabellen sind von unabhängigen Prüfinstituten ermittelt worden. Es ist so möglich, die Angaben der unterschiedlichen Modelle und Hersteller miteinander vergleichen zu können, da alle Angaben nach den gleichen Normvorgaben ermittelt werden müssen. Dies betrifft vor allem die Angaben zu Temperaturen sowie Pack- und Innenmaßen eines Schlafsacks."

    Soweit die Theorie. Wenn ich mir aber in der Praxis verschiedene Schlafsäcke mit einer Füllung von ca. 1.200 g Daune mit ca. 850 Cuin anschaue, gehen die Temperaturwerte extrem weit auseinander. Z.B.:

    Roberts Makalu 1100: 1.178g Daune, 850 Cuin, T comf: -33°
    Mountain Equipment Everest: 1.250 g Daune, 850 Cuin, T comf: -22°
    Cumulus Excuistic 1200: 1.200 g Daune, 850 Cuin, T comf: -21°
    Malachowski Guide Pro 1200: 1.200 g Daune, 850 Cuin, T comf: -17°
    Valandre Odin neo: 1.198 g Daune, 800 Cuin, T comf: -13°
    Exped Waterbloc 1200: 1.280 g Daune, 840 Cuin, T comf. -12°

    Die niedrigste T comf beträgt -33°, die höchste -12°. Es liegen als bei etwa gleicher Daunenfüllung mehr als 20° Celsius zwischen dem 'wärmsten' und dem 'kältesten' Hersteller. Und würde ich den Vergleich auf mehr Hersteller erweitern, käme da sicherlich noch eine größere Differenz raus.

    Nun also meine Fragen: Sind die Unterschiede bei gleicher Füllung wirklich so groß? Konstruiert der eine Hersteller mangels Know-How nur Kältebrücken und kommt deswegen auf 'schlechte' Werte? Und der andere Hersteller hat gottbegnadete Näherinnen und einen superausgefeilten Schnitt, weshalb tolle Werte rauskommen? Oder ist die Messung doch nicht so objektiv und vergleichbar? Kommt beim gleichen Schlafsack in unterschiedlichen Messlabors der (weitgehend) gleiche Messwert raus, oder ist da extrem viel Luft in der Auslegung der Normvorgaben von EN 13537?

    Wer kann Fakten liefern?

  • Schmusebaerchen
    Alter Hase
    • 05.07.2011
    • 3388
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

    1. Du hast schon so ein schönes Stichwort. Benutz mal die Forumssuche mit "Norm" oder Google "Schlafsack Norm Outdoorseiten". Das Thema ist nicht neu.

    2. EN Norm ist ein Messverfahren, welches die EU Vorschreibt....das sagt eigentlich schon alles. Das Messverfahren ist alles andere als perfekt, weil es auf viele Punkte überhaupt nicht eingeht.

    3. Nicht alle Hersteller geben ihre Schlafsäcke als EU Norm an. Die Messungen sind teuer und müssten für Jedes Modell, in jeder Größe mit jeder Wahloption für den Kunden durchgeführt werden. Außerdem ist eine EU Norm für Nicht-EU nicht bindend. Immer schauen, woher man die Infos bezieht und woher die ihre Infos beziehen.

    4. Es kommt auf wesentlich mehr Werte an, als Daunenmenge und CUIN Zahl. Ein paar Beispiele:
    -Isolationsfähigkeit und CUIN: CUIN ist die Angabe der Dichte (Volumen pro Gewicht) und hat nur indirekt etwas mit der Temperatur zu tun. Entscheidend wäre die Isolationskonstante/Gewicht, k-Wert, Isolation/Dicke, .... gibt tausende Namen dafür. Du kannst gerne dazu im Internet suchen. Ich habe nur eine einzige Seite dazu gefunden und die ist auf russisch.
    http://travel.org.ua/forums/viewtopi...40043&start=15
    Auf dieser Seite sind Messwerte die zeigen, dass kleine Veränderungen in der CUIN Zahl bereits große Unterschiede in der Isolationsfähigkeit nach sich ziehen.
    Es gibt absolut keine exakten Angaben zu Isolationfähigkeiten zu Daunen im Internet. Alles was man findet sind Pi mal Daumen Berechnungen über die Schlafsackdicke bei vergleichbaren CUIN Zahlen (welche nur Näherungen sind!). Berechnungen über Daunenmenge sind Stuss (siehe nächster Anstrich).
    Daune ist ein Naturrodukt. Schwankungen in der Isolationsfähigkeit bei gleicher CUIN Zahl sind völlig normal.

    -Größe: XXL braucht für die gleiche Isolationsfähigkeit mehr Daunen, als XXS. Nicht die Daunenmenge ist entscheidend, sondern die Isolationsfähigkeit pro Schichtdicke, die Schichtdicke und die Oberflächengröße des Schlafsacks. Eine Näherung: Isolation = Isolationswert Daune * Dicke / Oberfläche. Da bei Daune das Eigengewicht eine Rolle spielt, ist dies nicht linear sondern eher logarithmisch...viel Spaß beim Rechnen. Durch fehlende Angaben zur Isolationsfähigkeit von Daunen kann man da eh nix rechnen (siehe erster Anstrich). Ein genauer Zusammenhang konnte bei heftigen Diskussionen im Forum nicht ermittelt werden. In der Praxis genügt die Pi mal Daumen "Isolationsdicke-Methode" bei vergleichbaren CUIN Zahlen.

    -Schnitt: S ist nicht gleich S. Bei dem einen Hersteller ist ein Schlafsack für den 5-Sterne Luxus Campingurlaub und für den anderen ein Überlebenswerkzeug auf Expedition. Passt man in den einen Schlafsack gerade so rein, passt man in den anderen 2x rein. Bei gleicher Temperaturangabe aber doppelter Daunenmenge. Auch wenn die Messmethode der Innenmaße nach der EU Norm vorgegeben ist, kann sie keine komplexe geometrische Form abbilden (Geometrie: Wie viele Stützpunkte braucht man zur exakten Beschreibung einer geometrischen Form). Diese Maße sind nur, damit man reinpasst. Zur Oberflächengröße kann es gut 5% Abweichungen geben.

    -Material Schlafsackhülle: Ein dichter Stoff schneidet bei der EU Norm wesentlich besser ab, als er es in der Wirklichkeit tut (habe ich nur gehört, also keine Garantie der Richtigkeit der Info). Tatsächlich hat der Bezugsstoff Einfluss auf die Isolation. Ein Schlafsack mit wasserdichter atmungsaktiver Hülle fungiert wie ein zusätzlicher Biwaksack. Ohne Wind steigert ein Biwaksack (und damit eine wasserdichte Hülle) die Temperatur um ca 1 bis 2°C. Bei leichtem Wind ca 5°C. Mit normaler Hülle (oder sogar so eine Baumwollhülle von uralten Daunenschlafsäcken) hat man kaum Windschutz. Es pfeifft durch und nimmt die ganze Wärme mit. Nennt sich Windchill. Die EN Norm deckt dies nicht ab.

    -Konstruktion: Kammertrennwände, Overfill, Underfill, Wärmekragen, Daunenverteilung (1/3 Unten, weil man drauf liegt zu 2/3 oben), 3D Fußbox, RV Abdeckleiste / Doppelabdeckleiste, 3D Kapuze, ....

    -Herstellungstoleranzen: Bei den Gewichtsangaben siehst du 1200g. Das kann rein von der Rundung von 1150 bis 1249 gehen. Das sind +/- 4%. Null-Isolation sind ca. 25°C. Bei -21°C Schlafsacktemperatur sind das Delta T von 46K. 4% sind 2K. Damit geht die Temperatur von -19 bis -23°C. Das war jetzt nur die Toleranz auf Basis der Genauigkeit der Angaben über die Daunenmenge. Man müsste alle Toleranzen hernehmen und einen Bereich berechnen. Also wenn der Shop/Hersteller schreibt, dass der Schlafsack 1.178g wiegt, dann wurde die Exemplarstreuung nicht beachtet. Kein Schlafsack kann grammgenau hergestellt werden. Nimmt man die CUIN Zahl (da lohnt es sich für den Hersteller etwas "gröber" zu messen) und die Kammerhöhe bei der Toleranz mit rein, ist man ruck zuck bei +/-5°C Abweichung.

    -...

    Praxis:
    Nimm die EU Norm und rechne mit +/-5°C. Wenn du nicht gerade im Kühlhaus schlafen willst, kennst du sowieso nicht die genaue Temperatur am Einsatzort. Das eigene Befinden kann keine Norm abbilden und etwas Reserve ist immer gut.
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    • rapidfire22
      Dauerbesucher
      • 11.10.2010
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      #3
      AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

      OT: Tolle Einschätzung und Zusammenfassung!

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      • codenascher

        Alter Hase
        • 30.06.2009
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        #4
        AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

        Schmusi = Schlafsackpapst?

        Danke für all dieses Wissen in einem einzigen post!

        Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

        meine Weltkarte

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        • mitreisender
          Alter Hase
          • 10.05.2014
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          #5
          AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

          Ergänzend zu Schmusis Ausführungen: Winterschlafsäcke fallen nicht unter die EU Norm. Daher ist es hier besonders wichtig, von erfahrenen, glaubwürdigen Herstellern zu kaufen.

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          • cast
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            • 02.09.2008
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            #6
            AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

            Eben.

            Die obigen Schlafsäcke können nicht von dem Messverfahren der Norm erfasst werden, somit sind es reine Herstellerangaben.
            Eigentlich das ideale Beispiel warum eine Norm Sinn macht, ob es ausgerechnet diese sein muss ist was anderes.
            "adventure is a sign of incompetence"

            Vilhjalmur Stefansson

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            • Takanama
              Anfänger im Forum
              • 18.04.2016
              • 13
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              • Meine Reisen

              #7
              AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

              Randbemerkungen:

              a) Mir ist bewusst, dass es zu diesem Themenfeld schon früher Fragen gab. Ich habe auch mehr als einmal danach gegoogelt, und doch nie die Antwort auf meine Kernfrage („Kann man den Herstellerangaben trauen?“) gefunden.

              b) Mir ist klar, dass der Test im Labor sehr viele Schwächen hat (u.a. keine Berücksichtigung von Schwitzen und Bewegung der Testperson). Auch schneiden im Testlabor Mumienschlafsäcke kaum besser ab als rechteckige Deckenschlafsäcke, was im Praxiseinsatz sicherlich anders ist.

              c) Ich weiß auch, dass sich bei langen XL Schlafsäcken die Füllung auf mehr Länge verteilt und damit weniger dick ist, als bei kurzen. Deshalb habe ich, wo es eine Größenauswahl gibt, immer die Füllmenge der für mich passenden Größe (bin 182 cm groß) gewählt, so dass die Schlafsäcke einigermaßen vergleichbar sind.

              d) Klar ist auch, dass die Füllmengen innerhalb einer gewissen Toleranzschwelle liegen. Das hat für die Praxis durchaus Bedeutung (OT: Ich habe mal bei 2 zufällig ausgewählten Aldi Kufa Schlafsäcken des gleichen Modells mehr als 200 g Gewichtsunterschied gemessen. Hätte ich systematisch nach dem leichtesten und dem schwersten Exemplar gesucht, wären da vermutlich 400g Unterschied rausgekommen). Aber für den EN-Test sollte die Bedeutung eher gering sein, weil der Hersteller logischerweise nicht das Einzelstück in den Test schickt, dass zu wenig Füllung aufweist. Er wird immer das Exemplar nehmen, welches entweder ziemlich exakt die Sollfüllung enthält, oder sogar darüber liegt (sofern das beim Test erlaubt/möglich ist?).



              Es bleiben also folgende 7 Faktoren, um die Temperaturunterschied von 21° zwischen den Herstellern zu erklären. Ich versuche, die mal mit Hilfe meines SUBJEKTIVEN Bauchgefühls zu quantifizieren:

              1) Unterschiedlicher Schnitt/Innenweite:
              Es handelt sich bei den genannten Modellen durchweg um Mumienschlafsäcke, aber die Innenweite ist durchaus unterschiedlich. Erklärt aber meiner Meinung nach maximal 3-4°
              2) Material Schlafsackhülle (Stichwort: wasserdichte Tüte): Der Stoff kann sicherlich auch für einen gewissen Unterschied sorgen, aber es sollten – wiederum nach meinem subjektiven Gefühl - nicht mehr als 2-4° C sein, zumal die Stoffe tendenziell ähnlich sind. (OT: Paradoxerweise hat der Waterbloc von Exped den ‘schlechtesten‘ T comf Wert, aber ich will hier nicht unbedingt einzelne Schlafsackmodelle diskutieren).
              3) Nicht EU Norm: “Nicht alle Hersteller geben ihre Schlafsäcke als EU Norm an“ bzw. “Winterschlafsäcke fallen nicht unter die EU Norm“. Mein bisheriger Kenntnisstand war, dass nur Expeditionsschlafsäcke nicht unter die EU Norm fallen, alle anderen – also auch Winterschlafsäcke – schon. Weiß da jemand genaues? Und woran erkenne ich, ob die Temperaturangaben eines Herstellers der EU-Norm entsprechen, wenn es nicht ausdrücklich dabei steht? Meine bisherige Interpretation war, gibt der Hersteller alle 3 Werte (T comf, T lim und T extrem) an, handelt es sich um Normwerte. Sonst würde sich so ein Hersteller juristisch sehr angreifbar machen. Andere Hersteller geben nur einen Empfehlungswert. So z.B. Mountain Hardware für den Ghost -40. Dieser hat mit 1.250 g Daune eine ähnliche Füllmenge und wird bis -40°C empfohlen. Solche Schlafsäcke habe ich aber oben nicht berücksichtigt. Sofern ich mit dieser Annahme richtig liege, würde dieser Punkt also keinen Temperaturunterschied erklären.
              4) Geschönte Angaben zu Daunenmenge und -qualität: Vielleicht verwendet ein Hersteller Daune mit 820 Cuin, macht daraus aber großzügig 850 Cuin. Ein anderer gibt womöglich 1.200 g Füllmenge an, obwohl im Durchschnitt nur 1.150 g eingefüllt werden. Das könnt in der Praxis durchaus bis zu 10° Temperaturabweichung erklären. Andererseits wäre es wiederum unlogisch, wenn der Hersteller dann nicht zumindest das Modell, das er ins Testlabor schickt, so befüllt, wie ausgewiesen. Wenn schon beschummeln, dann richtig. Insofern sollte dieser Effekt bei den Laborwerten gegen null tendieren (nicht dagegen in der Outdoor-Praxis!)
              5) Konstruktion: Die Art und Weise, wie der Schlafsack genäht und befüllt ist, beeinflusst zweifellos die Wärmeleistung. Und jeder Hersteller hat da etwas unterschiedliche Details, auf die er schwört. Aber mehr als 3-4° sollten auch damit nicht erklärbar sein, wenn man davon ausgeht, dass jeder Hersteller eine gewisse Grundahnung von der Materie hat.
              6)Schwankung der Daunenqualität: Da Daune ein Naturprodukt von nicht geklonten Tieren ist, gibt es etwas Schwankungen in der Isolierfähigkeit. Also wenn alle Schlafsäcke eines Herstellers im Durchschnitt mit 850 Cuin Daunen gefüllt sind, kann es schon sein, dass Schlafsack 1 nur 846 Cuin hat und Schlafsack 2 stolze 853 Cuin. Dieser Effekt sollte ebenfalls nicht mehr als 3° ausmachen.
              7) Die Normmesswerte sind nicht vergleichbar oder gar manipuliert: Sowas gibt’s ja auch bei anderen Bereichen. Z.B. hat Haus und Grund mal für ein Gebäude 5 Sachverständige einen Energieausweis erstellen lassen. Heraus kamen Werte von 131 bis 243 kwh/(m2*a), also eine Abweichung um 85%! Gibt es so einen Effekt auch bei den genormten Schlafsacktests und kann man den grob quantifizieren?


              Wenn ich die Faktor 1 bis 6 summiere, fällt es mir schwer, damit mehr als 8-10° Temperaturdifferenz zu erklären. Es wäre ja extrem unwahrscheinlich ist, dass ein Hersteller gleichzeitig die geringste Innenweite, das beste Hüllenmaterial, die beste Konstruktion und die positive Cuin-Abweichung hat. Interessanterweise schneiden die Markenhersteller, bei denen man das beste Material/Konstrukt vermuten würde, ja eher schlechter ab, als die Osteuropafraktion. Die Temperaturabweichnung zwischen dem wärmsten und dem kältesten Hersteller beträgt aber 21°. Heißt das also, die restlichen ca. 12° sind auf Faktor 7 zurückzuführen???

              Meine Kernfrage ist ja: „Kann ich den Herstellerangaben trauen?“. Dann wäre die Auswahl ja relativ einfach, ich würde mir einfach den Schlafsack mit den besten Laborwerten kaufen. Oder lande ich dann unweigerlich beim größten Aufschneider, während der ehrliche Hersteller leer ausgehen würde?

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              • Schmusebaerchen
                Alter Hase
                • 05.07.2011
                • 3388
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                OT: Keiner widerspricht meiner Rechnung? Was ist denn hier los?
                Danke für das Lob.


                @Takanama:
                3) Wenn ein Hersteller nach EN Norm misst, wird er dies bewerben und das drauf schreiben. Alles wo EN Norm drauf steht ist nach EN Norm. Sonst ist es strafbar. Wenn nichts von EN Norm drauf steht, dann kann es nach EN sein, muss aber nicht.

                Die Angaben von fernöstlichen Herstellern sind mit Vorsicht zu genießen. Das Aussehen der EN Norm Angabe wird kopiert, etwas gepimpt und beim Verkauf darauf verwiesen. Der Schlafsack wird in Deutschland weiterverkauft und auf die Angaben des Herstellers verwiesen/verlinkt. Das ist noch nicht mal Betrug, wenn nichts von EN Norm dort steht.

                Handelt es sich um Billig Sommerschlafsäcke ist die exakte Temperaturangabe auch ziemlich egal, da wird vielleicht 0,1% der Käufer die Temperatur anzweifeln, weil er sich mit der Materie beschäftigt. Merkt man deutlich daran, wie viele einen Schlafsack anhand der Extremtemperatur aussuchen und dann mit den angegebenen -20°C protzen. Ihn aber nur bis 10°C einsetzen und nie bemerken werden, dass er nur bis 0°C warm hält. Obwohl Wohlfühltemperatur -5°C angegeben sind.

                War letztens Thema: Es gibt einen Unterschied zwischen der Isolationsfähigkeit im nagelneuen Zustand und im gebrauchten Zustand. Geht es um härtere Einsätze, dann nimmt man lieber den Wert der sicher erreicht wird. Das hat auch was mit der Absicherung des Herstellers zu tun. Bei Plusgraden(Billigsommersäcke) gibt es maximal das Geld zurück. Bei Expeditionstouren kann schlimmeres folgen. Und da geht es um den Markennamen. Das geht jetzt ins wirtschaftliche: Viele denken noch so, dass wenn das Spitzenprodukt(Expeditionsausrüstung) eines Herstellers spitze ist, dass dann automatisch alle Produkte des Herstellers gut sein müssen. Das ist aber falsch.

                Nimm das mit der EN Norm nicht so genau. Das ist nur ein grober Vergleich, wenn der Kunde nicht weiß ob er im Sommer den 2000g Schlafsack mit 1000g Daunen oder doch lieber einen 600g Kufa nehmen soll. Die EN Norm ist nicht dazu da, um einen 3000g -30°C mit einem 3100g -32°C zu vergleichen.

                Soweit ich weiß sind nur Expeditionsschlafsäcke davon ausgenommen. Hier gelten ganz andere Regeln. Der Schlafsack muss robuster sein (mehr Gewicht bei gleicher Isolation) und oft wird davon ausgegangen, dass man in Thermoklamotten schläft (locker +/-10°C bis +/-20°C).

                Hier siehst du ein Beispiel einer falschen Temperaturübernahme:
                http://www.mountain-equipment.de/everest
                Temperaturangaben von ME (deutlich gekennzeichnet!): -40°C
                https://www.bergzeit.de/mountain-equ...FUko0wodpy0MWw
                Temperatur wurde einfach als Comfort übernommen, so dass man davon ausgehen könnte, als sei es die Angabe für Frauen.
                https://www.bergfreunde.de/mountain-...nenschlafsack/
                Hier Angaben in EN Norm Form: -22/-32/-57°C

                http://roberts.pl/?l=en&p=_katalog&i=_makalu
                Sowohl ME, als auch Roberts geben ein Füllgewicht für verschiedene Größen an. Händler werden kaum die Schlafsäcke zerlegen, um dies nachzuprüfen. Die Angaben sind also mega schwammig. Es können also auch die Temperaturangaben korrekt sein, aber für deine Größe sind die Angaben zur Füllmenge falsch....wer weiß. Es macht nicht wirklich Sinn sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Wenn dir eine Angabe seltsam vorkommt, dann hol dir eine zweite oder gar dritte Quelle.
                Nützliche Wiki Seiten: Leitfaden für Einsteiger, Packlisten
                UGP-Mitglied Index 860

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                • lanzelot72
                  Erfahren
                  • 17.12.2013
                  • 315
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                  Oder:
                  Schreib dem Hersteller eine freundliche Email mit der Bitte, Dir die EN-Zertifizierung für das gewünschte Modell (gerne als PDF ) zukommen zu lassen.

                  Btw.: Auch Hersteller außerhalb der EU lassen gerne nach EN-Norm zertifizieren und scheuen die paar € Kosten nicht, weil sie sich davon ganz einfach einen Marktvorteil erhoffen (und wohl auch haben).

                  Griaßle !
                  Meine Beiträge sind das Produkt aus rein zufälligen persönlichen Einzelerfahrungen und einem sehr pragmatischen Weltbild !
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                  • lanzelot72
                    Erfahren
                    • 17.12.2013
                    • 315
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                    Sorry ... Doppelpost
                    Meine Beiträge sind das Produkt aus rein zufälligen persönlichen Einzelerfahrungen und einem sehr pragmatischen Weltbild !
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                      Liebt das Forum
                      • 02.09.2008
                      • 19413
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                      Schlafsäcke mit einer Leistung Tcomf ab ca 25° Minus unterliegen keiner EN Norm Pflicht, da die Norm dafür nicht geeignet ist.

                      Wie man so einen Sack nennt ist unerheblich, Winter- Expedition- oder superwarm.
                      übrigens geben die Amis dank anderer Norm etwas höhere Werte für die Fillpower als die Europäer an.

                      Hier Angaben in EN Norm Form: -22/-32/-57°C
                      So was ist unlauter, weil die Norm diesen Temp Bereich nicht erfassen kann.
                      Wahrscheinlich gerechnete Werte.

                      edit: noch nicht mal das, das sind Händlerwerte, der Hersteller gibt korrekte -40° an weil eben keine Norm. Frechheit.

                      http://www.mountain-equipment.de/pdfs/Extreme_Range.pdf
                      Zuletzt geändert von cast; 19.04.2016, 18:48.
                      "adventure is a sign of incompetence"

                      Vilhjalmur Stefansson

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                        • 18.04.2016
                        • 13
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                        @cast
                        Woher stammen die 25° C als Grenze für die Normpflicht bzw. Anwendbarkeit?

                        Alpkit gibt z.B. auch noch für -36° einen T comf nach EN 13537 an:

                        "Temperature ratings are given in accordance with EN13537 so that you can compare our bags with other brands. The comfort rating is the lowest temperature that you might expect to have a 8 hours comfortable sleep in a relaxed position.
                        Comfort -36.9ºC
                        Limit -48.9ºC
                        Extreme -79.2ºC"

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                        • cast
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                          Liebt das Forum
                          • 02.09.2008
                          • 19413
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                          #13
                          AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                          Was die angeben ist Mumpitz. Expeditionssäcke, also Säcke die bei minus 25° und darunter noch warm halten unterliegen keiner Normpflicht, weil die Norm diese nicht erfassen kann.
                          Das wissen die "Hüter" der Norm, manche Hersteller versuchen Kunden zu beeindrucken, das sind dann die Hersteller um die ich einen Bogen machen würde.

                          EN 13537:2002 Requirements for Sleeping Bags" is the official European criterion for the classification of sleeping bags. EN13537 applies to all sleeping bags with the exemption of sleeping bags for military use and sleeping bags for extreme temperatures, i.e., comfort range below -25°C. The criterion was published in 2002 and has now been adopted in most European countries, and also used by numerous outdoor companies outside of Europe.
                          "adventure is a sign of incompetence"

                          Vilhjalmur Stefansson

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                          • Schmusebaerchen
                            Alter Hase
                            • 05.07.2011
                            • 3388
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                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                            OT:
                            Zitat von cast Beitrag anzeigen
                            ... manche Hersteller versuchen Kunden zu beeindrucken, das sind dann die Hersteller um die ich einen Bogen machen würde.
                            Also alle
                            Nützliche Wiki Seiten: Leitfaden für Einsteiger, Packlisten
                            UGP-Mitglied Index 860

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                            • derMac
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                              Liebt das Forum
                              • 08.12.2004
                              • 11888
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                              #15
                              AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                              OT:
                              Zitat von Schmusebaerchen Beitrag anzeigen
                              OT: Keiner widerspricht meiner Rechnung? Was ist denn hier los?
                              tl/dr

                              Mac

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                              • cast
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                                • 02.09.2008
                                • 19413
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                                #16
                                AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                                Also alle
                                Nö.

                                Wenn der eine schreibt bis 40° minus ist mir das lieber als so Werte minus 37,5 tlim, minus 52° textr, oder so ein Schxx.
                                "adventure is a sign of incompetence"

                                Vilhjalmur Stefansson

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                                • Vintervik

                                  Fuchs
                                  • 05.11.2012
                                  • 1929
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                                  Ich habe die Norm gerade mal überflogen (die neueste Ausgabe datiert übrigens auf das Jahr 2012).

                                  Wenn ich das in der Schnelle richtig verstanden habe, präsentiert die Norm ein Verfahren, bei dem mit Hilfe eines physiologischen Modells und dem Wärmewiderstand des Schlafsacks die Komforttemperatur, Limittemperatur und Extremtemperatur für den Schlafsack bestimmt werden.
                                  Ausserdem wird eine Tabelle präsentiert, bei der abhängig vom Wärmewiderstand mit recht guter Genauigkeit diese drei Temperaturen abgelesen werden können. Die minimale Limittemperatur dieser Tabelle liegt bei knapp -24 Grad Celsius.

                                  Den Rückschluss, dass die Norm für kältere Temperaturen nicht gilt, kann ich allerdings nicht ziehen, da nur ein Verfahren präsentiert wird und besagte Tabelle eine Bestimmungsmöglichkeit für die Temperaturen darstellt.

                                  Es steht allerdings zu Anfangs, dass die Norm nicht für Schlafsäcke gedacht ist, die für Expeditionen in extremen Klimazonen bestimmt sind. Die -25 Grad (Quelle dafür ist wohl Wikipedia?) werden allerdings in diesem Zusammenhang nicht erwähnt.

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                                  • cast
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                                    Liebt das Forum
                                    • 02.09.2008
                                    • 19413
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                                    Alle Schlafsäcke die in der EU verkauft werden müssen zwingend mit der Norm angegeben werden.

                                    Nur nicht die extra dicken. Wenn man darüber nachdenkt kommt man von allein drauf warum nicht.
                                    "adventure is a sign of incompetence"

                                    Vilhjalmur Stefansson

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                                    • Takanama
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                                      • 18.04.2016
                                      • 13
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                                      @vintervik: Hast du einen Link zu der Norm? Ich habe das Original bislang nicht gefunden - zumindest nicht kostenfrei.

                                      @cast: Kannst du all jenen auf die Sprünge helfen, die im Nachdenken nicht so begnadet sind wie Du, 'Hüter der Norm'?

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                                        • 05.11.2012
                                        • 1929
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: Wie zuverlässig sind die Herstellerangaben zum Temperaturbereich?

                                        Zitat von cast Beitrag anzeigen
                                        Alle Schlafsäcke die in der EU verkauft werden müssen zwingend mit der Norm angegeben werden.

                                        Nur nicht die extra dicken. Wenn man darüber nachdenkt kommt man von allein drauf warum nicht.
                                        Ich habe ja dem nicht widersprochen, dass diese Kennzeichnungspflicht besteht.
                                        Ich habe nur gesagt, dass die Norm keine Grenztemperatur definiert, unterhalb der das Verfahren, das sie präsentiert, nicht benutzt werden soll, oder unterhalb der die Temperaturen nicht mehr angegeben werden müssen.
                                        Vielleicht kennst Du eine Vorschrift, die das besagt?
                                        Wenn nun ein Hersteller Temperaturwerte angibt, die deutlich niedriger liegen, so haben sie vielleicht einfach das Verfahren der Norm benutzt und die Temperaturen entsprechend berechnet.
                                        Wo die physikalisch bzw. biologisch sinnvolle Grenze liegt, diese Temperaturen zu berechnen, ist mir ohne entsprechende Vorkenntnisse des Verfahrens nicht direkt ersichtlich.

                                        Zitat von Takanama Beitrag anzeigen
                                        @vintervik: Hast du einen Link zu der Norm? Ich habe das Original bislang nicht gefunden - zumindest nicht kostenfrei.
                                        Nein. Normen sind nicht kostenlos, ich habe nur berufsbedingt Zugriff auf Normen.

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