[Alpen] Mont Blanc, Liskamm, Castor - Tourbericht

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    [Alpen] Mont Blanc, Liskamm, Castor - Tourbericht

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Region/Kontinent: Mitteleuropa

    Hoch hinaus – Chronik eines Urlaubs



    Lugano, 22.07.05



    Am Montagabend (14.07.05) ging es direkt nach der Arbeit nach Zürich um einen guten Freund zu besuchen. Die Fahrt dorthin mit meinem neuen Auto war sehr angenehm und das Auto wird mir sicherlich in Zukunft viel Freude bereiten. In der Nähe von Zürich verbrachte ich dann auch die Nacht und fuhr am nächsten Morgen direkt weiter nach Courmayeur. Leider hatte ich den Preis für den Mont Blanc Tunnel vergessen und machte somit den Fehler über Chamonix zu fahren. Der Tunnel kostet über 30 Euro für die einfache Passage! Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich lieber über den großen St. Bernhard gefahren.

    In Courmayeur nistete ich mich auf dem Campingplatz Aguille Noire ein. Dort waren Olli und Jochen schon seit 2 Tagen. Olli und Jochen kamen am frühen Abend zurück zum Zeltplatz und berichteten mir von ihrer erfolglosen Grandes Jorasses Besteigung. Die beiden mussten leider 150hm unter dem Gipfel wegen akuter Wetterverschlechterung abbrechen und umkehren.

    Am nächsten Morgen rief ich den aktuellen Wetterbericht ab und er versprach 2 gute Tage. So machte ich den Vorschlag, sofort zur Gonella Hütte aufzusteigen um am nächsten Tag gleich den Mont Blanc anzugehen. Stabiles Wetter findet man in der Region ja auch nicht soo oft und akklimatisieren brauch ich mich nicht (dachte ich zumindest ).



    So ging´s also am Nachmittag für Olli und mich los und nach ätzenden 4:15h waren wir an der Hütte. Der Hüttenzustieg ist wirklich extrem unschön und verläuft durch grässliches Schuttgelände. Jochen war irgendwie geplättet von der Grandes Jorasses und blieb somit im Tal.

    Kurz gekocht und Rucksack umgepackt, ging es auch schon um 20 Uhr ins Bett. Um Mitternacht war die Nacht leider schon wieder rum, da allgemeines Wecken auf dem Programm stand. Gegen 1 Uhr waren auch wir soweit aufgerödelt und mit genug Frühstück versorgt. Die ersten 2h über den steilen Gletscher verliefen sehr ruhig. Wir waren in extrem langsamem Tempo gestartet und wollten nicht zu viel Energie verschwenden. Der Gletscher war dieses Jahr in einem ziemlich üblen Zustand und die Spur schlängelte sich abenteuerlich um und auch über die unzähligen Spalten. Auf dem Anstieg über dem Grat zum Col de Bionassay, gab es in diesem Jahr kaum Firn und es hieß im Ier Gelände (Stellen II) durch extrem brüchiges Gestein zu klettern. Am Col angekommen, stand der sehr schmal geschnittene Grat an, welcher in diesem Jahr so schmal war, dass die Spur durch die Flanke führte und nicht genau drüber (was bei etwa 10cm Gratbreite auch kaum möglich wäre). Kurz vor dem Dome du Gouter machte sich dann auch meine mangelhafte Höhenanpassung bemerkbar und ich fing an sehr stark zu schnaufen. So quälte ich mich bis zum Vallot Biwak am Fuße des Gipfelaufschwungs und schlief dort erstmal gut 30min. Gut erholt ging es dann auf die letzte Etappe. Mit viel Schnaufen, Keuchen und Pausen quälte ich mich über den Bosses Grat auf den Gipfel. Oben angekommen, war ich von der Aussicht leicht enttäuscht. Es sieht aus wie aus einem Flugzeug und alles rundherum ist deutlich niedriger. Irgendwie erwartet man sich vom höchsten Berg der Alpen doch mehr ;)

    Nach kurzer Gipfelrast, machten wir uns auch gleich an den Abstieg. Bis zum Col de Bionassay ging es wirklich gut und zügig voran und meine Atmung wurde unter 4000m doch auch endlich langsamer J Ab dort wurde der Abstieg zu einem Problem. Der Berg spuckte dort alle 10 Sekunden gigantische Steinsalven runter und den Aufstiegsweg zu gehen, wäre reiner Selbstmord gewesen. So mussten wir uns recht abenteuerlich abseilen und auf dem Hintern über den Bergschrund rutschen. Obwohl er gut 3m breit war, hat die Schneebrücke darüber zum Glück gehalten. Nach der windigen Abseilaktion, stand der nun völlig aufgeweichte Gletscher an. Eine Gruppe Franzosen folgte uns in etwa 300m Abstand, so dass wir bei einem fatalen Spaltensturz zumindest auf zusätzliche Hilfe hoffen konnten. Ich ging voraus und steckte ein gutes Dutzend mal mit einem Bein, bzw. bis zur Hüfte in Spalten. Der Schnee war doch kaum mehr tragfähig.

    Irgendwann war auch dieses Martyrium geschafft und wir legten uns an der Gonella Hütte in die Sonne. Nach 1,5h Rast war uns dann klar, dass wir nicht noch eine Nacht hier bleiben wollten und wir machten uns um 18 Uhr noch an den Abstieg ins Tal. Um 22:30Uhr waren wir endlich am Campingplatz und ziemlich geschafft. Nach etwas essen und einem Vino Rosso, legte ich mich gegen Mitternacht, nach einem 24h Tag endlich ins Zelt und schlief augenblicklich ein.



    Den Folgetag verbrachte ich mit viel Ruhe und Eis essen in Courmayeur

    Da Jochen nicht gleich wieder die Grandes Jorasses angehen wollte, beschlossen wir eine andere große Westalpen-Unternehmung als Höhepunkt rauszusuchen. Unsere Wahl war schnell getroffen und die Überschreitung der Liskamm Gipfel schien ein adäquater Ersatz. So planten wir gleich am nächsten Morgen dorthin zu fahren. Leider teilte uns der Hüttenwirt der Sella-Hütte mit, dass er vollständig ausgebucht sei und wir mussten somit Zelt, Schlafsack etc. mitschleppen. Mit ordentlich Gepäck fuhren wir ins Val d’Ayas in den Talort St. Jaques (1689m). Von Dort stand uns ein 6,5h Hüttenaufstieg bis auf 3585m bevor

    Mit dem schweren Gepäck schnauften wir uns nach oben und fanden etwa 45min. unterhalb der Hütte einen wunderschönen Biwakplatz. Nach Abendessen ging es auch direkt in den Schlafsack, da der extrem starke Wind ein sitzen in der Sonne unmöglich machte. Das Zelt wurde die ganze Nacht vom Sturm gebeutelt und wir machten kaum ein Auge zu. Gegen 4:45 Uhr brachen wir dann doch auf und machten und auf den Weg. An der Hütte und den „Castor-Karawanen“ vorbei ging es über den Lisgletscher zum „il Naso“, einem gut 3900m hohen, vorgelagerten Berg, der uns zum Einstieg des Liskamm Südgrat führen sollte. Die Flanke zum Naso war leider ziemlich vereist und bis zu 60° steil. Das ist mit nur einem Eisgerät pro Nase ziemlich heftig. Olli war schon in der Mitte der Wand, als Jochen klar wurde, dass das zu heftig für ihn ist. Ihm ging es den ganzen Morgen schon nicht so gut und er bat darum die Tour abzubrechen. So gingen wir, weiterhin völlig frei dem Sturm ausgesetzt zurück Richtung Hütte. Etwa 50hm oberhalb, gaben wir Jochen in die Hände einer anderen Seilschaft und beschlossen noch schnell auf den Castor zu rennen. Da es mittlerweile nach 10 Uhr war, war etwas Eile geboten. Nach weniger als 45min. standen wir im Felikjoch und wir dachten: “Wenn wir schon so schnell sind, können wir doch noch auf den Liskamm So bogen wir also rechts ab und gingen den Normalweg auf den Liskamm West. Dieser ist recht einfach und hat als Schwierigkeiten nur eine längere 45° Flanke, sehr kurze Kletterei (II) und einen kurzen, scharfen Firngrat zu bieten. Auf Grund von Blankeis, mussten wir 2 Seillängen sichern, standen aber dennoch um 13 Uhr auf dem Gipfel des Liskamm West (4479m).

    Auf Grund der Sturmböen und der fortgeschrittenen Uhrzeit schien eine Überschreitung zu riskant und wir drehten um. Der Abstieg durch den sulzigen Gletscher war sehr mühsam und ich brach erneut mehrfach mit einem Bein in Spalten ein. Der Gletscher ist gespickt mit vielen Falltüren und dennoch gehen unglaublich viele Leute seilfrei darüber. Ich konnte da wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln.

    An der Hütte angekommen, schnappten wir uns Jochen und stiegen zu unserem Zelt auf etwa 3300m ab. Für den Talabstieg konnten wir uns nicht mehr begeistern und beschlossen noch eine Nacht im Zelt zu verbringen. Diese war sehr erholsam, da sturmfrei

    Am nächsten Morgen stiegen wir die vielen Höhenmeter nach St. Jaques ab und fuhren zurück nach Courmayeur. Noch während des Abstiegs kam dann das schlechte Wetter herein und es regnete und gewitterte die ganze Nacht extrem heftig. Als wir am nächsten Morgen durch die Wolken blickten, sahen wir schon, dass es oberhalb von 3500m ziemlich geschneit hatte und die Grandes Jorasses war ordentlich gepudert. So mussten wir dieses Unternehmen leider abblasen. Jochen ging es immer noch nicht gut und er beschloß den Urlaub abzubrechen. Olli und ich waren irgendwie immer noch leicht gefrustet, dass die Liskamm-Überschreitung nicht geklappt hatte und beschlossen, es einfach noch mal zu versuchen

    So packten wir unsere Sachen zusammen und fuhren grad wieder nach Osten, diesmal allerdings ins Val de Gressoney. Vom Talort Stafal (1825m) ging es aufwärts zur Gnifetti Hütte auf 3647m. Durch das deutlich leichtere Gepäck war der Aufstieg auch nicht ganz so schlimm, wie 2 Tage zuvor im Nachbartal. Am Nachmittag kamen wir an der Hütte an und kochten uns gleich ein leckeres Abendessen. Nach kurzer Diskussion mit dem Hüttenwirt, bekamen wir dann doch noch einen Lagerplatz in der völlig überfüllten Hütte.

    Nach einer ausgiebigen Nachtruhe weckte uns der Wecker um 3:30 Uhr und nach viel trödeln, gingen wir um 4:40h los. Der Weg über den Gletscher war recht schnell gemacht und der von dieser Seite nur 50° steile Aufstieg zum „il Naso“ war auch problemfrei. Leider hatten wir erneut einen abartigen Sturm auf dem Gletscher, was vermutlich durch den vorherrschenden Nordföhn bedingt war. Während unserer Frühstückspause in einem windgeschützten Eck, überholte uns ein Führer mit Gast, die auch den Südgrat machen wollte. Wir wünschten uns gegenseitig viel Spaß und er zog von dannen. Etwa 30min. später stiegen auch wir in den Südgrat ein. Der Weg zum Einstieg war beinahe das schwerste der ganzen Tour. Ein kurzer, extremst schmal geschnittener Grat galt überwunden zu werden und man musste dabei aufpassen, nicht von dem mit über 100km/h blasenden Wind runtergeworfen zu werden. Nach diesem Adrelaninschub, standen wir dann endlich am Einstieg vom Felsgrat und zogen auf Grund der guten Bedingungen auch gleich die Steigeisen aus. Die Kletterei im Grat war herrlich schön und der zunächst noch sehr brüchige Fels wurde nach oben hin deutlich fester. Nachdem wir das erste Drittel gemeinsam am kurzen Seil gestiegen waren, gingen wir doch dazu über zu sichern. Der Fels war –wie erwähnt- recht brüchig und es kamen doch einigen Stellen im IIIten Grad. (Laut Führer hat es ja nur Stellen im IIten Grad, aber das kann ich nicht bestätigen. Verhauen sollten wir uns auch nicht haben, da die Wegfindung ziemlich einfach und logisch ist… Immer scharf am Grat entlang ) Als Schlüsselstelle würde ich ein messerscharfes Felsgrat-Stück benennen, an welchem man trittlos rüberpiazzen musste. Das ganze natürlich mit viel Luft unter dem Hintern J Im oberen Bereich kam nochmals eine Stelle im oberen IIIten Grad, bei welcher der Felsen eindrucksvoll von Steigeisenkratzern verziert und poliert war. Gegen 11 Uhr hatten wir den Gratausstieg erreicht und gingen noch knappe 15min. über den Ostgrat bis zum Hauptgipfel des Liskamm (4527m). Auf Grund unserer guten Verfassung und der passablen Bedingungen beschlossen wir nicht den Normalweg, also Ostgrat, abzusteigen, sondern nahmen doch die Überschreitung in Angriff. Der Grat zwischen den beiden Gipfel ist atemberaubend schmal geschnitten und man ist sich ständig bewusst, dass man bei einem Ausrutscher die über 1000m hohe Nordwand, oder aber die gut 600m hohe Südwand runterpurzelt. Der Grat ist dann auch noch mit einer netten und nicht ganz einfachen Kletterstelle gespickt und nach gut 1:15h standen wir erneut auf dem Westgipfel

    Der folgende Abstieg ins Felikjoch war uns ja noch gut bekannt und ging daher recht einfach. Erstaunlich war, wie sich die Bedingungen doch in 2 Tagen geändert hatten. Das steile Wandl vom Vorgipfel ins Joch, war nun völlig blank und wir mussten im Abstieg zwei Seillängen vollständig mit Eisschrauben sichern. Der restliche Weg zur Hütte war einfach und uns ja bestens bekannt Nachdem wir etwas zu essen gekocht hatten, fiel ich bereits um 19:30h ins Bett. Es war doch eine lange und harte Tour gewesen. Am nächsten Morgen wurden wir um 5 Uhr vom heftigen Treiben im Schlafraum geweckt. Die „Castor-Karawane“ machte sich aufbruchbereit. Wir beschlossen gegen 6 Uhr auch aufzustehen und vor dem Talabstieg doch noch schnell den Castor mitzunehmen

    So ging es, quasi vor dem Frühstück, um 7 Uhr und mit minimalst Gepäck los. In meinem Rucksack war nur eine Wasserflasche und das Erste-Hilfe Set. Olli hatte nur seine Spiegelreflex dabei. Trotz Fotostops, waren wir nach weniger als 1:30h auf dem Gipfel des Castor (4221m) und hatten dabei mehr als 30 Leute überholt Der Wind war diesmal wieder so extrem stark, dass ich mehrfach das Gefühl hatte, vom Grat geweht zu werden. Die Kälte trieb uns dann auch schleunigst wieder nach unten. Nach 2,5 Stunden war der Ausflug zum Castor beendet und wir saßen bei Kaffee und Bounty in der Hütte. Kurz darauf traten wir den Abstieg ins Tal an.

    Der Weg dorthin war zwar steinig und anstrengend, aber wunderschön.

    Um 14 Uhr fuhren wir dann mit dem Auto los Richtung Luganer See. Dort verbringe ich nun den heutigen Tag und relaxe auf dem Campingplatz. Am Nachmittag geht´s dann noch weiter nach Friedrichshafen und dort verbringen wir die nächsten 2 Tage auf der Outdoor-Messe.



    Alles in allem, war es ein toller Urlaub mit vier 4000er Gipfeln und einem schönen Westalpen Klassiker. Die Grandes Jorrasses hat sich zwar diesmal gewehrt, aber spätesten im nächsten Jahr werden wir ihr aufs Haupt steigen

    Abschliessend kann gesagt werden, dass die Bedingungen an unserem Abreisetag bereits deutlich schlechter wurden und viele der hochalpinen Touren wohl in den nächsten Tagen nicht mehr machbar sein werden (Sofern es nicht nochmals ordentlich schneit). So ist von der Italienischen Route auf den Mont Blanc dringenst abzuraten, da man sich massivem Steinschlag aussetzt und ich selbst kühlschrank-große Brocken runterkrachen gesehen habe. Am Liskamm ist auf die riesigen Wechten zu achten und auf Grund der Vereisung braucht man einige Eisschrauben. Der Castor ist noch gut zu gehen und auf dem Grat ist eine ordentlich ausgetretene Spur und somit objektiv recht wenig Gefahr.

    Bilder von der Tour findet Ihr hier:

    http://www.ant-online.de/urlaub2005
    Zuletzt geändert von Sandmanfive; 06.11.2011, 19:31. Grund: Reisecharakter eingestellt

  • satch73
    Erfahren
    • 31.12.2004
    • 166

    • Meine Reisen

    #2
    Beeindruckend ! Da bekommt man Lust auf Bergsteigen. Ist wohl aber glaube ich nix für mich.

    Grüße,
    Sascha

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    • jasper

      Fuchs
      • 02.06.2003
      • 2462
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      Hört sich doch überragend an! Man kann ja nicht immer alles schaffen, was man sich in einem Urlaub vorgenommen hat. Das wäre ja langweilig! :wink:

      Da bekomm ich auch wieder Lust in die Berge zu gehen, wenn ich wieder daheim bin. Vielleicht geht ja mal ne kleine, leichte Tour zusammen!

      MfG,

      Jasper
      www.backcountry-hiking.de
      ... unterwegs in der Natur

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