[US] Alaska - Gates of the Arctic. Leider anders als geplant

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  • Mortias
    Fuchs
    • 10.06.2004
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    [US] Alaska - Gates of the Arctic. Leider anders als geplant

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Letzten Sommer war ich ein bisschen im Norden Alaskas unterwegs. Leider hat die Tour allerdings nicht den Spaß gemacht, den ich mir im Voraus erhofft habe. Einiges lief nicht so optimal wie gewünscht, so dass die Freude oftmals etwas auf der Strecke blieb. Somit habe ich lange mit mir gerungen ob ich überhaupt einen Bericht dazu schreiben will. Letztendlich hab ich mich dafür entschieden, weil es mir irgendwie falsch erschienen wäre die Erinnerungen daran auszublenden. Ich hoffe somit im Folgenden nachvollziehbar schildern zu können, warum die Tour zwar durchaus ihre netten Seiten hatte, aber insgesamt doch eher als mäßig einzustufen ist.


    Vorwort
    Jahre lang hegte ich nun schon den Traum eine Trekkingtour in Nordalaska zu machen. Oft träumte ich von der Einsamkeit der Brooks Range und der unberührten arktischen Wildnis, die sich mir dort bieten würde. Somit spielte ich schon lange mit dem Gedanken dem Gates of the Arctic Nationalpark mal einen Besuch abzustatten. Aber stets musste ich aus finanziellen und oder organisatorischen Gründen dieses Vorhaben nach hinten verschieben, bis ich dann endlich im Frühling feststellte, dass es sowohl vom zeitlichen als auch finanziellen her passt. Also buchte ich die Flüge und begann die Planung. Ein lang erfüllter Traum wurde somit endlich wahr. Ich konnte mein Glück kaum fassen und war voller Vorfreude. Jetzt musste ich mir nur noch eine coole Route zusammensuchen. Dies war gar nicht so einfach bei einer solch riesigen Gegend mit so vielen schönen Ecken. Da heißt es zwangsläufig, dass man bei einer einzigen Tour nicht alles abgrasen kann und somit viele schöne Gegenden außen vor lassen muss.


    Ungefährer Streckenverlauf
    Start meiner Tour war in Wiseman am Dalton Highway. Von dort ging es in grober Richtung nach Nord-Westen bis zum North Fork Koyukuk River. Diesem folgte ich nun für mehrere Tage und stieß dann wiederrum auf den Itkillik River, dessen Verlauf ich dann bis zum Itkillik Lake folgte. Von da ging es dann in östliche Richtung zum Galbraith Lake Airport am Dalton Highway wo die Tour endete. Insgesamt gab es (außer ganz am Anfang) keinerlei Wege, so dass es komplett querfeldein durch die Willdnis ging.

    Eine Übersicht vom Routenverlauf kann HIER angeschaut werden.

  • Mortias
    Fuchs
    • 10.06.2004
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

    Tag 1 (30.07.)
    Um 5 Uhr morgens klingelte mein Wecker. Eine unmenschlich frühe Zeit, aber leider ging mein Flieger schon um 8 Uhr und ich musste ja auch noch von Starnberg aus zum Münchner Flughafen. Von München ging es dann mit Lufthansa nach Frankfurt, wo ich dann zwei Stunden später meinen Condor Anschlussflug nach Fairbanks (über Anchorage) nahm. Der Flug selbst war größtenteils einfach nur lang und unspektakulär. Und ich war müde. Langstreckenflug halt… Ein Highlight war aber, als beim Überflug über Nordgrönland auf Höhe des 82ten Breitengrades die Wolkendecke aufriss und einen fantastischen Blick auf den Nordzipfel Grönlands freigab. 10 000 km unter mir lag nun eine fantastische raue unberührte Welt aus Geröll, kargen Bergen, Gletschern, Seen und (teilweise vereisten) Fjorden. Eine unglaubliche Schönheit strahlte diese Landschaft aus. Am liebsten wäre ich sofort hier ausgestiegen und durch diese Wildnis gewandert. Meine Motivation war nun geweckt. Jetzt konnte ich es kaum erwarten endlich in Alaska anzukommen.


    Flug über Nordgrönland


    Eine karge Eiswelt


    Unwirtlich und doch wunderschön

    Ein paar Stunden später überflog ich dann endlich Alaska. Größtenteils war das Land von Wolken verdeckt, aber immerhin konnte ich einen Ausschnitt der Alaska Range erspähen. Wow, wirklich eine beindruckende Gegend die da unter mir hinweg zog. Ich konnte es kaum erwarten bis es bei mir losging. Schade nur, dass der Denali auf der anderen Seite lag und ich ihn somit vom Fenster aus nicht sehen konnte.


    Alaska Range mit Blick auf den Mount Foraker (glaub ich)


    Ein schicke Hochgebirgslandschaft war das.


    Landeanflug nahe Anchorage

    In Anchorage wurden dann die Einreiseformalien erledigt (ich hab doch tatsächlich Ärger bekommen, weil ich vergessen habe mein eines Brötchen rechtzeitig aufzuessen und man sowas ja nicht einführen darf ) bevor es dann kurze Zeit später nach Fairbanks weiterging. Dort sah ich dann meine ersten beiden Bären. Und zwar ausgestopft und hinter Glas in der Flughafenhalle. Das waren zwei beeindruckende Kaventsmänner (ein Grizzly und ein Eisbär) die so arrangiert waren, dass meine Vorfreude einen Bären live zu sehen irgendwie grad etwas gesunken ist.


    Landeanflug auf Fairbanks


    Ursus arctos horribilis...


    ...und sein nicht minder beeindruckender Vetter Ursus maritimus

    Draußen wurde ich nun erstmal von einem kräftigen Regenschauer begrüßt und von der Erkenntnis, dass öffentlicher Nahverkehr in Fairbanks nicht gerade groß geschrieben wird. Da der Flughafen ziemlich am Stadtrand war, wollte ich eigentlich mit nem Bus in die Stadt fahren. Nur fuhr der Bus heute gar nicht mehr. Naja, war ja auch schon 15 Uhr…. Somit nahm ich ein Taxi zum nächsten Fred Meyers Supermarkt, wo dann ein Knotenpunkt vom Busnetz lag.


    Verregnete Ankunft in Fairbanks

    In Fairbanks haben die Buslinien keine Nummern, sondern Farben. Und so wie ich das sah, brauchte ich die Red Line um zu meinem Hostel zu kommen. Nach ewig langer Zeit kam dann der Bus zu der kaum erkennbaren Haltestelle und ich durfte mich darüber freuen, dass der Busfahrer kein Wechselgeld rausgibt. Das machen die generell nicht, die haben nämlich gar keine Wechselkasse, sondern nur einen Aufbewahrungskasten fürs Fahrgeld. Dafür ist mit 3 USD das Tagesticket immerhin recht günstig. Die Busfahrt dauerte allerdings fast ne Stunde lang und ging einmal komplett um die halbe Stadt rum. Fairbanks ist zwar bevölkerungstechnisch ziemlich klein (ca. 32 000 Einwohner) aber flächentechnisch recht ausgedehnt. Und schön auch nicht gerade, sondern wirkt eher wie ne großflächige Ansammlung teils recht runtergekommener Häuser.

    Endlich kam ich dann am 9th Ave Hostel an wo ich die nächsten beiden Nächte verbringen wollte. Hier sei gesagt, dass es nicht mit einer deutschen Jugendherberge zu vergleichen ist. Es war ein privates kleines Häuschen, dessen Besitzer (der selber höchstens Ende 20 war) einfach im Keller in drei Zimmern einige Betten aufgestellt hat wo man pennen konnte. Küche, Wohnzimmer (inklusive Glotze und PC) und Badezimmer hat man gemeinsam genutzt. Wie in einer großen WG. Etwas schmuddelig, aber eigentlich ganz gemütlich. Als ich dem Besitzer von meiner langen Bustour erzählte, klärte er mich auf, dass ich die Blue Line hätte nehmen müssen, da diese in die entgegengesetzte Richtung fährt und somit deutlich schneller gewesen wäre. Tja, wenn nirgendwo an den Bushaltestellen mal ein vernünftiger Fahrplan aushängt, ist das leider nicht ganz so einfach rauszufinden. Wie gesagt, öffentlicher Nahverkehr hat in Fairbanks nen etwas anderen Standard als ich es aus der Heimat kenne.


    9th Ave Hostel

    Ich bezog nun ein Bett, packte meine Sachen aus, und machte es mir gemütlich. Es war nun mittlerweile 17 Uhr Ortszeit und ich merkte doch so langsam den Jetlag (immerhin 10 Stunden Zeitunterschied). Ich legte mich kurz aufs Bett und dachte daran einfach mal kurz für ‘n Moment auszuruhen. Gerade noch rechtzeitig setzte ich mich wieder auf. Wenn ich jetzt eingeschlafen wäre, hätte ich wahrscheinlich bis 0 Uhr durchgepennt und wär dann anschließend wieder wach gewesen. Nicht so geil irgendwie.

    Also quälte ich mich hoch und beschloss noch ein paar Besorgungen zu machen. Zuerst ging ich zum Alaska Public Lands Information Center, wo es neben einer Ausstellung zur Arktis, nem Laden und sonstigem Gedöns auch ein Visitor Center vom Gates oft he Arctic National Park gab. Dort meldete ich meine Tour an und bekam ich von ner Rangerin eine kurze Unterweisung zu den Gefahren der Wildnis (Bären, Unterkühlung, Verletzungen etc.) und konnte mir dann noch die notwendigen Bärencontainer kostenlos ausleihen. Die sind im Gates of the Arctic Nationalpark schließlich Pflicht. Die Container sind zwar mit 1,2 kg sehr robust und trotzdem nicht allzu schwer, allerdings auch nicht gerade sonderlich groß, so dass ich gleich drei davon mitnehmen musste um meinen ganzen Fresskram da reinzubekommen (zum Glück hatten sie genug vorrätig).


    Alaska Public Lands Information Center


    Die Ausstellung zur Arktis war ziemlich schick gemacht.

    Anschließend spazierte ich noch ein wenig durchs mäßig schöne Fairbanks (die Stadt ist echt ziemlich unspektakulär und ranzig) und checkte schonmal die Supermärkte aus was die so für Essen haben (morgen stand schließlich der große Proviantkauf aufm Plan). Ich kaufte noch bisschen Essen für heute Abend und lief wieder zum Hostel zurück. Dort schnackte ich noch etwas mit den anderen Gästen und hielt mich so bis ca. 22 Uhr mehr schlecht als recht wach. Dann hielt ich es nicht mehr aus und legte mich endlich pennen. Und weg war ich…

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    • Mortias
      Fuchs
      • 10.06.2004
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

      Tag 2 (31.07.)
      Am nächsten Morgen sah die Welt schon viel besser aus. Ich war ausgeschlafen und froh, dass ich mich gestern noch so lange wachgehalten habe. Der Jetlag war jetzt weg und ich fühlte mich richtig gut. Gemütlich begann ich schonmal einiges von meinem mitgebrachten Proviant in die Bärentonnen zu packen. Da ich mein Müsli komplett aus Deutschland mitgebracht hatte, hab ich somit mit dem Frühstück begonnen. Dabei stellte ich fest, dass ich bereits eine komplette Tonne nur fürs Müsli benötigt habe. Na super, das konnte ja noch was werden....


      Eine Bärentonne voll mit Frühstück für 18 Tage

      Heute wollte ich dann noch meinen übrigen Reiseproviant kaufen. Hier sei angemerkt, dass man viele Lebensmittel aus Europa nicht in die USA einführen kann und ich nicht, wie sonst, bereits etliches in Deutschland kaufen konnte. Ich musste mich also überraschen lassen, was ich hier so finden würde. Als erstes stattete ich dem REI einen Besuch ab. Dieser Laden ist so ne Art amerikanisches Äquivalent zum Globetrotter, wenn auch nicht ganz so cool hergerichtet und mit kleinerer Auswahl. Aber es reichte um mir Bärenspray, Brennspiritus und allerlei Tütenfraß fürs Abendbrot zu kaufen. Wie der wohl schmecken wird? Zum Glück habe ich keinen anspruchsvollen Gaumen.

      Anschließend ging es noch zum Safeway um weiteren Reiseproviant zu kaufen. In gewisser Weise war es schon Neuland für mich. Bei meinen früheren Touren in Lappland hatte ich eine gute Routine entwickelt was ich alles benötige und was davon ich in Deutschland kaufe und was in Schweden. Hier war alles neu für mich und ich musste schauen was es so gab. Beispielsweise gab es kein vernünftiges Brot für unterwegs (sowas wie Polarbröd wäre cool gewesen), sondern nur blödes wabbeliges Weißbrot. So habe ich für meine Mittagsmahlzeiten improvisiert und einfach paar mehr Müsliriegel, Trockenobst, paar Hartwürste und Beef Jerky gekauft. Wird schon schiefgehen.

      Aufm Rückweg stellte ich fest, dass ich doch ziemlich viel Fressen beisammen hatte und höchstwahrscheinlich wohl noch ne weitere Bärentonne brauchen würde. Also stattete ich dem Visitor Center einen weiteren Besuch ab. Die haben sich bestimmt auch ein wenig über diesen exzentrischen Deutschen und seinen seltsamen Hang zu den Bärentonnen gewundert. Naja, und ich konnte mich darauf freuen den ganzen Mist zu schleppen.


      Chillen im Garten vom Hostel

      Zurück im Hostel begann ich dann mein Essen reisefertig zu verpacken. Die vierte Bärentonne war wirklich notwendig. Mein Proviant für 18 Tage ging gerade so noch in alle 4 Tonnen rein (quetsch quetsch). Ätzend war, dass die vier Bärentonnen übereinander gestapelt im Rucksack soviel Platz wegnahmen, dass der Rucksack oben gar nicht mehr richtig zuzuschnüren war. Und dabei hab ich mir vorher extra nen großen 100 Liter Rucksack gekauft. War somit widerlich sperrig das Ding. Vom Gewicht ganz zu schweigen…


      Fetter Rucksack...

      Abends checkte ich dann noch meine E-Mails und sah, dass mir Adventure Tours geschrieben hat. Dies ist das Unternehmen, das den Transport mit dem Dalton Highway Express organisiert. Eigentlich hatte ich für morgen früh um 6 Uhr eine Busfahrt nach Wiseman gebucht. Jetzt schrieben sie mir aber, dass sie leider keinen Bus organisieren konnten und ich deshalb mit dem Flieger vorlieb nehmen müsse (nein wie ärgerlich aber auch...). Dieser würde dann in Coldfoot landen wo mich dann ein Shuttlebus nach Wiseman fahren würde. Angenehmer Nebeneffekt bei der Sache war, dass ich statt früh um 6 Uhr erst am späten Vormittag los musste. Tja, Glück muss man haben. Da sie mich noch gebeten haben ihnen für den Flug mein Reisegewicht mitzuteilen, nutzte ich die Waage im Badezimmer um meinen Rucksack zu wiegen. Ich war geschockt. 39 kg wog das Teil. Kein Wunder, dass der so scheiße schwer war. Bei früheren Touren hatte ich zu Beginn immer mindestens 10 kg weniger. Na das konnte ja ein Spaß werden. Meine Vorfreude hielt sich irgendwie in Grenzen als ich mich pennen legte. Klar freute ich mich auf den Start morgen, aber 39 kg??? Ob das so angenehm werden würde?

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      • Mortias
        Fuchs
        • 10.06.2004
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

        Tag 3 (01.08.)
        Gut ausgeschlafen holte mich am späten Vormittag ein Taxi ab und brachte mich zum Flughafen. Dort wartete schon eine kleine 10 Mann Maschine von Air Arctic. Die anderen Passagiere waren alles Teilnehmer eine Reisegruppe, die, wie deren Führerin Ihnen erklärte, nach Coldfoot fliegen und dann, wie ich, mit nem Shuttle Bus nach Wiseman fahren. In Wiseman würden sie dann eine Mahlzeit einnehmen und ein bisschen mit den Einwohnern schnacken, bevor es nach wieder Coldfoot zurückgeht. Dort sei dann noch eine Besichtigung vom National Park Visitor Center geplant, bevor es dann Abends wieder nach Fairbanks zurückging. Na Prost Mahlzeit. Wem es gefällt….


        Fairbanks Airport


        10-Mann Flieger von Air Arctic

        Gegen halb 1 hob dann der Flieger ab. Meine Vorfreude die Natur Alaskas von oben bestaunen zu können wurde aber ziemlich getrübt, da die Wolken jegliche Sicht verdeckten und die eine Stunde Flugzeit recht öde machten. Erst beim Anflug auf Coldfoot sah ich langsam die Gebirgszüge der südlichen Brooks Range emporragen und unter mir ausgedehnter Wälder mit großen Sumpfflächen einigen Seen. Da stieg dann doch die Vorfreude gleich etwas an.


        Hehe, immer schön den Daumen hoch


        Anflug auf Coldfoot

        In Coldfoot ging es dann, wie geplant, mit nem kleinen Van nach Wiseman weiter. Dort setzte mich der Busfahrer dann ab. Wir unterhielten uns noch etwas und er erzählte mir, dass er im Mai hierhergezogen sei und es bisher kein bisschen bereut hat. Er kannte sich schon von etlichen kurzen Touren ganz gut hier aus und meinte noch, dass die Grizzlydichte recht niedrig sei hier oben. Etwa alle 40 Quadratmeilen (also ca. 65 km^2) würde sich im Schnitt einen Vertreter der Spezies Ursus arctos horribilis aufhalten. Nicht gerade sehr wahrscheinlich da mal einen anzutreffen, zumal sie ja auch recht scheu sind. Dafür fiel aber durch das schlechte Wetter im Frühling die Beerenernte sehr schlecht aus, was ich wiederrum nicht so gerne hörte. Immerhin machen die Beeren hier die Hauptnahrungsquelle für die Bären aus. Und wenn weniger Beeren vorhanden sind, sind die Bären tendenziell leichter gereizt. Bärige Sache irgendwie...


        Coldfoot Landestreifen


        Wiseman

        Naja, jetzt gab’s eh kein Zurück mehr. Lange fragte ich mich, wie ich wohl damit klar käme im Bärengebiet unterwegs zu sein. Würde mich das Wissen, dass theoretisch hinter jeder Ecke ein Grizzly (oder Schwarzbär) lauern könnte um den Verstand bringen, oder würde ich mich damit arrangieren und es als normalen Teil dieser Natur akzeptieren? Nun war es Zeit den praktischen Test anzugehen. Bei mittlerweile strahlendem Sommerwetter und ca. 20°C schulterte ich nun den irrsinnig schweren Rucksack und brach auf. Ich war hochmotiviert. Endlich ging es los. Neben mir verlief der Middle Fork Koyukuk River während dahinter mein Blick auf eine wunderschöne nordische Bergkulisse mit fichtenbewachsenen Hängen fiel. Herrlich, genau sowas habe ich mir gewünscht.


        Auf geht's...


        Middle Fork Koyukuk River


        Und weil's so schön war gleich nochmal

        Mein Optimismus hielt aber nicht allzu lang an. Zum einen drückte der Rucksack wahnsinnig und zum anderen war der Weg grad nicht sonderlich spannend. Richtig, der Weg in der eigentlich weglosen Wildnis. Für heute wollte ich nämlich für etwa 8 km einer Schotterstraße zu der kleinen Bergarbeitersiedlung Nolan folgen. Nicht gerade spektakulär. Ca. 2 Stunden folgte ich dieser Straße, bis ich mich dann endlich in die Wildnis schlug. Nun ging es also querfeldein durch Busch und Wald und teilweise auch Sumpf. Wildnis halt, so wie ich es mir gewünscht habe und mit dem entsprechend schwerem Vorankommen.


        Willkommen in der unwegsamen Wildnis Nordalaskas


        Wiseman Creek


        Die Straße gleitet fort und fort...


        Jetzt hieß es endlich ab in die Büsche.

        Weit wollte ich aber nicht mehr laufen, zu kaputt war ich bereits. Am Nolan Creek fand ich eine einigermaßen gute Zeltstelle am Bachbett. Leicht war die Zeltplatzsuche allerdings nicht, da überall der Boden mit Gestrüpp bewachsen oder/und ziemlich sumpfig war. Aber egal, für heute hatte ich es geschafft. Entspannt wollte ich mein Abendbrot mit dem Ausblick auf die tolle Bergwelt genießen. Da erlebte ich beim Kochen aber meine erste Überraschung. Scheinbar hatte ich nicht, wie eigentlich gedacht, Brennspiritus, sondern richtiges Benzin gekauft. Die Flamme wurde nämlich riesengroß und hat meinen Topf komplett geschwärzt. Na super, so hab ich mir das aber nicht vorgestellt. Jetzt war mein Topf total verrußt, was somit bei jedem Anfassen schön dreckige Finger versprochen hat. Tja, entweder habe ich beim Kauf nicht richtig aufgepasst oder der Verkäufer hat etwas missverständen als ich nach Brennspiritus für‘n Campingkocher gefragt hatte. Wie auch immer, jetzt saß ich hier also und hatte zum Kochen nur blödes Benzin dabei. Was für ein gelungener Auftakt…


        Nolan Creek


        Zeltplatz am Bachbett


        Blick Richtung Nolan


        Unangenehme Überraschung beim Kochen...

        Nach dem Essen verstaute ich dann mein Essen und allen anderen geruchsintensiven Kram in meine Bärentonnen. Da ich vier davon mithatte konnte ich gleich zweimal laufen. Eigentlich heißt es, dass man mindestens 100 m Abstand zum Zelt einhalten soll, aber ich glaube meine Faulheit hat das nicht so genau gesehen. Nichtsdestotrotz war ich zufrieden. Endlich war ich in der Wildnis Alaskas angekommen und konnte jetzt einfach nochmal diese tolle Landschaft auf mir wirken lassen. Entspannt legte ich mich schlafen. Ob mich wohl nachts noch ein Bär besuchen würde? Ehrlich gesagt hab ich nicht allzu viele Gedanken daran verschwendet.


        So, mein Fresskram wär dann mal bärensicher gelagert.


        Jetzt einfach nochmal die Landschaft genießen...


        Abendsonne gegen halb 10


        0:15 Uhr, dunkler wurd's nicht

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        • Grizzly
          Erfahren
          • 22.11.2010
          • 103
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

          Ich habe mich schon gefragt, ob da mal noch ein Bericht kommt! Bis jetzt hört es sich spannend an, ich freue mich auf die Fortsetzung. Lass Dich von dieser Erfahrung nicht entmutigen, Du hast die wirklich nicht gerade die einfachste Gegend zum wandern ausgesucht. Weiter nördlich Richtung Atigun Pass wäre es sicher einfacher gewesen,

          Gruss, Grizzly

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          • tjelrik
            Fuchs
            • 16.08.2009
            • 1244
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

            Liest sich sehr gut. Nur weiter berichten
            bear shit - sounds like bells & smells like pepper

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            • Blahake

              Fuchs
              • 18.06.2014
              • 1440
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

              Jipiiee, endlich Dein Bericht zur Alaskareise, sofort abonniert
              Jetzt bin ich gespannt - verspricht ja doch, ganz anders zu werden als Deine Lapplandreisen. Auch wenn ich Dir gewünscht hätte, dass die Reise schöner wird als Du in Deiner Einleitung andeutest...
              Und dann noch 39 kg Au Backe !!!

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              • Mortias
                Fuchs
                • 10.06.2004
                • 1202
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

                Zitat von Grizzly Beitrag anzeigen
                Lass Dich von dieser Erfahrung nicht entmutigen, Du hast die wirklich nicht gerade die einfachste Gegend zum wandern ausgesucht. Weiter nördlich Richtung Atigun Pass wäre es sicher einfacher gewesen,
                Da hast Du wohl recht. Im Nachhinein war die Schwierigkeit des Geländes auch einer der Gründe, warum die Tour nicht ganz so spaßig war. Da hätt ich mich im Voraus mal besser schlau machen können...

                Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
                Jetzt bin ich gespannt - verspricht ja doch, ganz anders zu werden als Deine Lapplandreisen. Auch wenn ich Dir gewünscht hätte, dass die Reise schöner wird als Du in Deiner Einleitung andeutest...
                Und dann noch 39 kg Au Backe !!!
                Ja die 39 kg waren echt hart. Hätte nichts dagegen gehabt, wenn der Rucksack etwas leichter gewesen wäre. Aber dadurch ist mein (ohnehin schon großer) Respekt vor Leuten wie berniehh oder Wildniswanderer nochmal enorm gestiegen, für die es ja scheinbar das normalste von Welt ist mit über 40 kg aufm Rücken ohne große Probleme loszuziehen.

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                • Katun
                  Fuchs
                  • 16.07.2013
                  • 1555
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

                  Das ist sehr mutig! Du bist löblich konsequent. Spätestens nach der dritten Tonne hätte ich mir gesagt: es kann auch was in einen Packsack. Oder die vom Rei sind etwas größer, etwas leichter. Wie sagt man hier immer so schön: ist dann doch egal ab 30 kg. Da glaubt man dann auch, manche gehen ständig mit über 40 kg los.

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                  • Blahake

                    Fuchs
                    • 18.06.2014
                    • 1440
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

                    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                    Aber dadurch ist mein (ohnehin schon großer) Respekt vor Leuten wie berniehh oder Wildniswanderer nochmal enorm gestiegen, für die es ja scheinbar das normalste von Welt ist mit über 40 kg aufm Rücken ohne große Probleme loszuziehen.
                    Jepp, die spielen in einer ganz eigenen Liga!!! Wie der eine oder die andere hier im Forum, über deren Berichte ich nur staunen kann (z.B. bei bis zu minus 30 Grad solo durch den Sarek)
                    Bezeichnenderweise bleiben dann gerade diese ausgesprochen leistungsstarken Beispiele dabei auch noch völlig bescheiden, ohne in einen höher-schneller-weiter-Wahn zu verfallen.

                    So ganz von Pappe finde ich Deine Wanderungen aber auch nicht gerade!

                    Na, ich denke, die Hauptsache bleibt, dass man seine Touren geniessen kann, jeder auf seinem eigenen Niveau...
                    Bin gespannt, wie es mit Deiner Tour weitergeht!

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                    • Mortias
                      Fuchs
                      • 10.06.2004
                      • 1202
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

                      Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
                      Jepp, die spielen in einer ganz eigenen Liga!!! Wie der eine oder die andere hier im Forum, über deren Berichte ich nur staunen kann (z.B. bei bis zu minus 30 Grad solo durch den Sarek)
                      Bezeichnenderweise bleiben dann gerade diese ausgesprochen leistungsstarken Beispiele dabei auch noch völlig bescheiden, ohne in einen höher-schneller-weiter-Wahn zu verfallen.
                      Da hast Du völlig recht. Ich hatte schon einige Male das Vergnügen mit berniehh zusammen gemütlich ein Bierchen trinken zu können. Ich find es dann immer wieder krass, wenn er total beiläufig und nüchtern erzählt, dass es halt mal "etwas anstrengender" war wenn er mit seinem 45 kg Rucksack irgendwo in den Bergen bei Hagelschauer und Orkan 1000 Höhenmeter aufgestiegen ist (oder ähnliches gemacht hat).

                      Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
                      Na, ich denke, die Hauptsache bleibt, dass man seine Touren geniessen kann, jeder auf seinem eigenen Niveau...
                      Bin gespannt, wie es mit Deiner Tour weitergeht!
                      Eben das ist halt der Punkt. Allzuviel Genuß hatte ich bei dieser Tour leider nicht. Ich denk mal, dass ich heute Abend oder morgen mal ein bisschen weiterschreiben werde.

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                      • Mortias
                        Fuchs
                        • 10.06.2004
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                        #12
                        AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

                        Tag 4 (02.08.)
                        Wohl ausgeruht wurde ich morgens von einem bewölkten Himmel begrüßt. Immerhin war es recht warm und als ich gegen 10.15 Uhr aufbrach schien sogar ein bisschen die Sonne. Mit dem irrsinnig schweren Rucksack ging es nun schön durch sumpfiges Gestrüpp. Gleich zu Anfang habe ich dann auch das Kunststück vollbracht in eine etwas zu tiefe Pfütze zu treten und meinen rechten Schuh zu durchnässen.


                        Wolkenverhangener Morgen


                        Sonnenschein beim Aufbruch


                        Sumpfiges Gelände

                        Kurze Zeit später kam ich an einem kleinen See vorbei. Ursprünglich wollte ich hier meine erste Nacht verbringen. Gut dass ich es nicht getan hab, der See war nämlich eine ziemliche Schlammgrube. Und guter Zeltboden wäre da auch nicht vorhanden gewesen.


                        Besagter See; ein ziemliches Drecksloch wie ich finde.

                        Ich kam nun in einen Waldabschnitt. Der Boden war hier etwas fester und ich konnte sogar zeitweise einem Trampelpfad folgen. Eigentlich heißt es ja, dass man solche Wildpfade, wenn möglich, meiden sollte, da auch Tiere bequem sind und gerne denselben Pfaden folgen und somit die Chance Bären anzutreffen tendenziell höher ist. Aber irgendwie war ich auch ein recht bequemes Tier und somit recht dankbar über den Pfad. Hab halt noch ein bisschen mehr Lärm gemacht (was mir zum Glück recht leicht fällt) um eventuelle Tierchen vorzuwarnen. Scheinbar erfolgreich, es hat sich nämlich niemand blicken lassen.


                        Zeitweise war der Wald etwas offener....


                        ...und dann wieder dichter.

                        Ich folge nun dem Snowshoe Creek, der mich zum Snowshoe Pass führen sollte. Der Trampelpfad hielt nicht lange und es ging wieder durch dichten Wald. Dies wurde recht beschwerlich, so dass ich mich entschied ein bisschen am nächsten Hang aufzusteigen, da dieser nur mit Gras war. Definitiv die falsche Entscheidung. Der Boden war extrem weich, so dass ich nur sehr schwer vorankam. Zusätzlich hat mich der schwere Rucksack echt geschlaucht. Ich kam nur sehr langsam hoch und musste extrem viele Pausen einlegen. Obwohl ich mich eigentlich als konditionell sehr fit bezeichnen würde, hab ich echt gemerkt wie mich das fertig gemacht hat. Bei früheren Touren in Lappland gingen solche Anstiege deutlich leichter. Aber dies hier war halt nicht Lappland, sondern Alaska wo die Bedingungen nunmal etwas anders sind.


                        Eine von vielen Pausen.


                        Ufff, ganz schön anstrengend....


                        Immerhin hatte ich ein bisschen Ausblick.

                        Ich lief nun also am Hang Richtung Pass entlang und stellte fest, dass mir dieser Umweg außer ein wenig Aussicht nur zusätzliche Anstrengung eingebracht hatte. Zumal ich feststellte, dass bei einem meiner Trekkingstöcker der Teller abgebrochen ist. Dabei hatte ich mir vor der Tour extra noch neue gekauft. Möglich dass die Qualität der Dinger einfach schlecht war (ich hätte sie vorher mal testen müssen) oder aber, dass der weiche Boden, gepaart mit der hohen Belastung (je schwerer es voran ging, desto mehr hab ich mich in die Stöcker gestützt) einfach zu viel war. Fakt war, dass ich nicht grad erfreut war schon am zweiten Wandertag sowas zu beobachten. Zumal beim anderen Trekkingstock sich der Tellerschwund auch schon abzeichnete (paar Stunden später war es dann auch soweit). Man kann zwar auch ohne die Teller ganz gut laufen, nur gerade bei Geröll oder sumpfigen Boden sind die Teller schon recht nützlich. Es war somit auch psychologisch schlecht, dass ich nun wusste, dass meine Ausrüstung nun nicht mehr 100% intakt war.


                        Blick zum Snowshoe Pass


                        Abgebrochener Teller, grmpf

                        Am Pass habe ich erstmal, mitten im Wald, Mittagspause gemacht. Zumindest schien die Sonne. Ich war zwar ziemlich abgekämpft aber dafür einfach froh mich jetzt erstmal ein bisschen ausruhen zu können. Das Essen tat auch gut, allerdings hätte es gerne auch etwas mehr sein können. Mein Mittagessen belief sich (für jeden Tag) auf eine kleine Wurst, ein oder zwei Müsliriegeln, ein Stück Block Schokolade, ein bisschen Trockenobst und ein Dextro Energy. Rückblickend gesehen war es definitiv zu wenig.


                        Am Snowshoe Pass, viel war nicht zu sehen...


                        ...es sei denn man zählt Bäume dazu.


                        Endlich Pause, endlich Essen

                        Nachdem ich nun wieder frisch ausgeruht den Snowshoe Pass passiert habe, erblickte ich nun vor mir das Tal des Glacier Rivers. Sofern ich durch die Bäume durchsehen konnte, erblickte ich nun eine tolle mit waldigen Hängen ausgeschmückte nordische Berglandschaft. Prinzipiell schon ein geiler Anblick. Getrübt wurde die Freude allerdings über den weiterhin sehr weichen und auch mit viel Gestrüpp bewachsenen Waldboden. So kam ich auch weiterhin nur sehr spärlich voran.


                        Glacier River Valley


                        Blick nach Süden


                        Hinten lässt sich schon das Seitental des Swede Creeks ausmachen (wo ich morgen hin wollte).

                        Ich freute mich somit, als ich vor mir eine größere offene Fläche erspähte. Endlich mal ein wenig Erleichterung. Aber von wegen. Bei näherem Hinsehen stelle ich fest, dass es sich um ein riesiges Feld von Tussocks handelte. So große Tussocks habe ich in Lappland nie gehabt. Richtig widerlich war es dort lang zu gehen. Nirgendwo konnte ich mal richtig schön Tritt fassen. Ständig sank der Boden ein, oder ich trat zwischen die Grashügel oder rutsche weg. Ein paarmal hab ich mich dabei auch schön aufn Boden gelegt. Obwohl das Feld nur etwa 500 m breit war hat es mich echt fertig gemacht. Ich war richtiggehend abgekämpft und stellte fest, dass die Kombination Tussocks und schwerer Rucksack sehr ungünstig ist.


                        Tussocks voraus (ätzend)


                        Somit war ich tierisch happy als ich endlich wieder den Wald erreichte, wo zwar viel Gestrüpp und Bäume im Weg waren, dafür aber der Boden eben und härter war. Als ich an den Washington Creek kam, musste ich mir nun erstmal wieder ne ausgiebige Pause gönnen um zu Kräften zu kommen.


                        Washington Creek


                        So, jetzt ist auch der zweite Teller abgebrochen.

                        Mein Plan für heute bestand nun nur noch darin mich zum Glacier River durchzuschlagen um dort in Ufernähe nen Zeltplatz zu finden. Einiges an Dickicht und Tussocks musste ich dafür leider noch überwinden, bis ich dann gegen Viertel nach 7 endlich mein Zelt am Flussufer aufschlagen konnte. Zum einen war ich zwar froh für heute fertig zu sein, aber andererseits ernüchterte mich die Erkenntnis, dass ich doch deutlich schwerer vorankam als geplant. Schon jetzt lag ich etwa 5 km hinter meinem Tagessoll zurück und mir war klar, dass die Landschaft die nächsten Tage nicht wirklich leichter werden würde. Somit begann ich jetzt schon mich im Geiste von meiner ambitionierten Routenplanung zu verabschieden und über leichtere Alternativen nachzudenken. Der Rucksack war einfach zu schwer, meine Trekkingstöcke tellerlos und die Landschaft herausfordernder als gedacht. Kurzum, die Tour schlauchte mich mehr als erwartet. Beim Kochen konnte ich mich dann wieder über die viel zu großen Flamme ärgern. Ne ehrlich, ein gelungener Start sieht meines Erachtens anders aus…


                        Nochmal Tussocks


                        Glacier River


                        So Feierabend


                        Essenszeit


                        Blick zum Bluecloud Mountain (leider von den Wolken verdeckt)

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                        • Mortias
                          Fuchs
                          • 10.06.2004
                          • 1202
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                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

                          Tag 5 (03.08.)
                          Einigermaßen gut ausgeruht ließ ich mir morgens gemütlich Zeit beim Packen und brach erst gegen halb 11 bei wolkigem Himmel auf. Ich folgte nun dem Glacier River in nördlicher Richtung. Wider Erwarten kam ich recht gut voran, da ich meist am Flussbett langlaufen konnte. Hier war der Boden angenehm eben und halbwegs fest. Endlich mal angenehmes Wandern.


                          Aufbruch gegen halb 11


                          In der direkten Ufernähe hatte der Boden eine recht angenehme Beschaffenheit.

                          Da der Glacier River aber einige Kurven macht, kam es leider vor, dass der ausgespülte Uferbereich dem dichten Wald wich und ich damit die Wahl bekam im Wald weiterzulaufen oder den Fluss zu queren. Das Wasser war einigermaßen mild und auch nicht allzu tief, so dass ich mich für letztere Option entschied. Zwar kostet es immer etwas Zeit die Crocs anzuziehen und anschließend die Füße zu trocknen. Nur nehme ich lieber bisschen Zeitverlust in Kauf anstatt mich sinnlos durch dichtes Gebüsch zu kämpfen. So kam ich zwar nur langsam, aber andererseits auch recht gemütlich voran. Endlich hat das Wandern mal ein bisschen Spaß gemacht.


                          Eine von vielen Furtstellen


                          Scheint so, als wär da schon vorher mal jemand lang gelaufen.


                          Wirklich anspruchsvoll war das Furten hier nicht.


                          Yeah, gute Laune

                          Gegen Viertel vor 12 erreichte ich dann den Swede Creek, bzw. das was von ihm übrig war, nämlich ein komplett ausgetrocknetes Bachbett. Zum Laufen ja ganz gut, nur irgendwie blöd in Punkto Wasserversorgung, besonders weil ich plante abends an dessen Ufer zu zelten. Naja, bin dann erstmal ein bisschen dem Bett gefolgt und kurze Zeit später kam auch schon ein kleiner Rinnsal der sukzessive breiter wurde. Hat der (bisher) trockene Sommer also doch nicht den kompletten Bach ausgetrocknet.


                          Swede Creek

                          Das Laufen war somit angenehm, es gab genug Wasser und ich konnte im trockenen Bachbett laufen. Bisher kam ich heute doch schon deutlich besser voran als gestern. Wobei, hätte der Bach mehr Wasser gehabt, hätte ich mich an den Seitenhängen entlangkämpfen dürfen. Das wäre sicherlich kein Spaß gewesen, da die Vegetation sehr dicht war und die Hänge teilweise sehr steil.


                          Es geht nun in ein schmales Seitental hinein.


                          Mittagspause; ein Vorteil von den Bärentonnen ist der, dass man immer eine Sitzgelegenheit hat.


                          Das Wasser war zwar etwas rötlich, aber dennoch gut trinkbar.

                          Im Laufe des Nachmittages wurde der Bachlauf nun zunehmend schmaler und gleichzeitig erhöhte sich die Wassermenge. Das führte dazu, dass ich immer wieder das Ufer wechseln musste. Gegen 15.30 Uhr kam ich dann wieder an so eine Stelle. Der Bach war zwar nur maximal 1,5 m breit, aber am rechten Ufer lag ne Steilwand und somit ging es da nicht weiter. Ich musste einmal durch den Bach. Das Wasser war etwas über knöcheltief. Somit hatte ich drei Optionen:

                          1. Mit den Wanderschuhen einfach durch. Das wäre von der Balance her am besten gewesen, hätte mir aber auch mit Sicherheit nasse Füße eingebracht.
                          2. Crocs anziehen und damit durchwaten. An sich kein Problem, aber der Rucksack saß ausnahmsweise mal einigermaßen angenehm und ich hatte nen guten Wanderrhythmus und somit wenig Lust da rauszukommen und den zusätzlichen Zeitverlust in Kauf zu nehmen.
                          3. Etwa in der Mitte vom Bach lugte ein spitzer Stein aus dem Wasser heraus. Wenn ich diesen als Tretstelle nutze, müsste ich eigentlich (mit meinen Wanderschuhen) trockenen Fußes rüber kommen.


                          Steile unwegsame Uferlandschaft

                          Ich entschied mich für Option 3. Ein großer Fehler. Der Stein war nämlich nass und glitschig. Ich trat drauf, rutsche weg und lag mit einem Mal volle Breitseite im Wasser. Shit, das hätte ich echt nicht gebraucht. Sofort rappelte ich mich wieder auf und lief ans andere Ufer. Schockiert stellte ich dann fest, dass ich ja meine Kamera in der linken Hosentasche hatte (die Seite auf die ich gefallen bin). Die Kamera war somit klitschnass. Irrational und in Panik wollte ich jetzt sofort testen ob sie noch funktionierte. Sie ging zwar an, aber das Objektiv konnte sich nicht richtig einstellen und machte komische Geräusche. Verdammt, die wird doch nicht etwa kaputt sein???

                          Ich lief erstmal ein bisschen weiter, bis ich zu einem etwas breiteren Uferabschnitt kam wo ich meine nassen Sachen sowie die Kamera trocknen konnte. Es war zwar angenehm warm und es schien sogar die Sonne, nur entspannt war ich ganz und gar nicht. Mir schwirrte der Kopf. Was wenn meine Kamera nun kaputt ist? Das konnte doch nicht wahr sein. Nach ca. 20 Minuten probierte ich es erneut. Wieder dasselbe fehlerhafte Verhalten. Und ganz trocken war die Kamera im Inneren auch noch nicht. Oh Mann….

                          Da meine Sachen wieder einigermaßen trocken waren lief ich nun weiter. Wobei eher schleppte ich mich lustlos voran ohne groß einen Blick auf die Natur zu haben. Alles war mir scheißegal, selbst das schwere Rucksackgewicht schien ich irgendwie zu ignorieren.

                          Gegen 18 Uhr erreichte ich dann eine einigermaßen brauchbare Campingstelle. Ich legte die Kamera in die Sonne, in der Hoffnung, dass sie, wenn sie komplett trocken ist, wieder funktionieren würde. War natürlich ein Wunschtraum, die Kamera war hinüber. Verdammt, wie konnte das nur passieren? Einer meiner schlimmsten Trekkingalpträume ist wahr geworden. Jedes Mal nehme ich extra viele Reserve Akkus mit (diesmal ganze 12) um eben zu vermeiden, dass ich zum Ende der Tour mangels Akkus keine Fotos mehr machen kann. Und jetzt bin ich hier in Alaska, wo ich mich schon so lange drauf gefreut habe, und habe bereits am dritten Tag meiner Tour meine Kamera geschrottet. Kaum zu glauben. Und alles durch eigenes bescheuertes Fehlverhalten. Das fing schon damit an, dass ich aus Faulheit mit Option 3 die riskanteste Variante wählte. Ob dann bereits beim Sturz die Kamera einen Schlag abbekommen hat oder erst durch die Feuchtigkeit weiß ich nicht. Jedenfalls war es alles andere als klug die Kamera im nassen Zustand bereits wieder anzumachen. Was hat mich da nur getrieben verdammt? Ich hätt mir echt in den Arsch beißen können vor soviel Dummheit.


                          Das letzte Bild mit meiner Kamera (kurz bevor das Malheur passierte).

                          Meine Stimmung war somit auf dem absoluten Tiefpunkt, ich fühlte mich richtiggehend leer. Zwar hatte mein Handy noch ca. 50% Akkukapazität, aber allzu viele Fotos würde das auch nicht mehr langen. Oh Mann, wenn ich wenigstens mein USB-Datenkabel mitgenommen hätte. Dann hätte ich das Handy über meinen USB-Batterie Adapter (den ich für meinen MP3-Player mitgenommen habe) aufladen können. Hatte ich aber leider nicht dabei. Tja, dumm gelaufen….


                          Mit Handykamera fotografierter Zeltplatz

                          Niedergeschlagen und lustlos lag ich abends rum und verspürte, trotz all der Anstrengung heute, beim Essen keinen sonderlich großen Appetit. Und das will bei mir etwas heißen. Ich wusste echt nicht wie die Tour weiter gehen sollte. Im Augenblick wollte ich nur noch schlafen und alles um mich herum vergessen.


                          Anmerkung:
                          Für die folgenden Tage gibt es kaum noch Bilder. Die paar vorhandenen Fotos stammen entweder von meinem Handy oder von Sandy Shea, einem netten Amerikaner, den ich eine Woche später traf und dessen Fotos ich hier verwenden darf (ein kleiner Teil seiner Route überlappte sich mit meiner). Aufgrund der wenigen Bilder wird auch die weitere Berichterstattung deutlich kürzer und rudimentärer ausfallen.

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                          • Nita
                            Fuchs
                            • 11.07.2008
                            • 1722
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                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [US] Alaska - Gates of the Arctic. Leider anders als geplant

                            Hey Mortias,

                            erstmal: Es tut mir echt leid, dass die Tour nicht so gelaufen ist, wie Du sie Dir vorgestellt hast. Ich erkenne mich da auch wieder - mit dem Unterschied, dass wir jede Menge Zeit hatten zum "üben" und anpassen und es dadurch nicht so frustrierend war. Dort draußen (egal jetzt, ob Alaska oder Patagonien) ist es doch ganz schön anders als hier (oder auch in Skandinavien)

                            Hoffe Du konntest trotzdem all die schönen Momente genießen, die Du auf den Fotos eingefangen hast. Und beim nächsten Mal weißt Du bestimmt, worauf es ankommt!

                            Achja, das Gefühl, wenn man die Kamera einschaltet uns sie nicht funzt - mitten im Nirgendwo - kenne ich leider auch . Sage nur: 7 Akkus.
                            Reiseberichte

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                            • berlinbyebye
                              Fuchs
                              • 30.05.2009
                              • 1197
                              • Privat

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                              #15
                              AW: [US] Alaska - Gates of the Arctic. Leider anders als geplant

                              Sehr, sehr, sehr schöner Bericht. Schön unheimlich. (Die zukünftig fehlenden Fotos sind nicht so wichtig)

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                              • Sebastianos
                                Erfahren
                                • 16.01.2013
                                • 180
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

                                Klasse, endlich liest man von deiner Tour! Kurz vorm Peregrine Pass bis etwas vorm Ernie Pass musste ich immer mal wieder an dich denken, dass du wohl erst vor ein, zwei Wochen auch in der Gegend rumgestiefelt sein musstest. Bin also auf deinen letztlichen Wegverlauf gespannt!

                                Überhaupt ist es voll spannend so vieles wiederzuerkennen – zum Beispiel den ausgestopften Grizzly im Flughafen: Hab mich schön davor gesetzt und mich innerlich noch ein bisschen drauf eingestimmt.

                                Und dann warst du sogar im selben Hostel ... Die Welt ist ein Dorf!

                                Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                Die vierte Bärentonne war wirklich notwendig. Mein Proviant für 18 Tage ging gerade so noch in alle 4 Tonnen rein (quetsch quetsch).
                                Das ist mal krass! Ich wollte für 16 Tage ursprünglich nur eine nehmen und dann mit Ursack oder so losziehen, aber das hat sich dann anders ergeben. Übrigens wog das leichtere verfügbare Modell (das durchsichtige blaue) im REI auch "nur" 1,15 kg statt 1,20 kg. Da hab ich mir die dann doch lieber kostenlos ausgeliehen. Ehrlich gesagt hab ich auch ganz schön gestopft, jede Verpackung angestochen und Luft rausgequetscht, aber dann hab ich es doch mit "nur" zwei Tonnen geschafft.

                                Mein Rucksack wog dann auch einiges mehr als die Hälfte meines Körpergewichtes ... so 30 kg oder so.

                                Viel Spaß beim Weiterschreiben!
                                Twenty years from now you will be more dissapointed by the things you didn´t do, than by the things you did. So throw off the bowlines, sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in your sails. Explore. Dream. (Mark Twain zugeschrieben)

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                                • MatthiasK
                                  Dauerbesucher
                                  • 25.08.2009
                                  • 923
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [US] Alaska - Gates of the Arctic. Leider anders als geplant

                                  4 bearcans...au backe! Schade mit der Kamera..
                                  3000 Kilometer zu Fuß durch die österreichischen Alpen

                                  Kommentar


                                  • Katun
                                    Fuchs
                                    • 16.07.2013
                                    • 1555
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [US] Alaska - Gates of the Arctic. Leider anders als geplant

                                    Was sind schon 100 g und 1,5 l.
                                    Zumindest: Dein Bericht ist eine absolute Bereicherung! So realistisch, selbst wenn das wieder im allgemeinen Diskurs versinkt. Auch ohne Bilder kannst du so berichten, als wären welche dabei.

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                                    • Mortias
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                                      • 10.06.2004
                                      • 1202
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [US] Alaska - Gates of the Artic. Leider anders als geplant

                                      Zitat von Sebastianos Beitrag anzeigen
                                      Klasse, endlich liest man von deiner Tour! Kurz vorm Peregrine Pass bis etwas vorm Ernie Pass musste ich immer mal wieder an dich denken, dass du wohl erst vor ein, zwei Wochen auch in der Gegend rumgestiefelt sein musstest. Bin also auf deinen letztlichen Wegverlauf gespannt!
                                      Ah schön, dann bist Du auch in derselbern Ecke unterwegs gewesen. Hatte irgendwie gespeichert gehabt, dass Du Richtung Arctic Village laufen wolltest. Gibt es denn dann auch noch nen Bericht von Dir?

                                      Zitat von Sebastianos Beitrag anzeigen
                                      Überhaupt ist es voll spannend so vieles wiederzuerkennen – zum Beispiel den ausgestopften Grizzly im Flughafen: Hab mich schön davor gesetzt und mich innerlich noch ein bisschen drauf eingestimmt.

                                      Und dann warst du sogar im selben Hostel ... Die Welt ist ein Dorf!
                                      Jo in der Tat. Und lass mich raten, Du hast Deine Tour am Chandalar Shelf begonnen? Aufm Rückweg hat mir die Fahrerin vom Dalton Highway Express nämlich erzählt, dass sie da vor einigen Tagen einen jungen Deutschen abgesetzt hat.

                                      Zitat von Sebastianos Beitrag anzeigen
                                      Das ist mal krass! Ich wollte für 16 Tage ursprünglich nur eine nehmen und dann mit Ursack oder so losziehen, aber das hat sich dann anders ergeben. Übrigens wog das leichtere verfügbare Modell (das durchsichtige blaue) im REI auch "nur" 1,15 kg statt 1,20 kg. Da hab ich mir die dann doch lieber kostenlos ausgeliehen. Ehrlich gesagt hab ich auch ganz schön gestopft, jede Verpackung angestochen und Luft rausgequetscht, aber dann hab ich es doch mit "nur" zwei Tonnen geschafft.
                                      Ich glaub die Sache mit den Bärentonnen ist echt mal so eine etwas harte Lektion die ich für die Zukunft gelernt habe. Vier Stück waren definitiv zuviel. Auch weil die Dinger super sperrig sind. Im Nachhinein hätte ich vielleicht auf eine Tonne verzichten können und dann die ersten Nächte die vakuumverpackten Trekkinggerichte ohne Tonne gelagert (nach paar Tagen wäre dann in den anderen Tonnen genug Platz gewesen). Theoretisch können die Bären zwar wohl auch durch solche Verpackungen noch das Essen riechen, aber ich denke mal das Risiko wäre durchaus vertretbar gewesen, da ich in allen Nächten nie Spuren von Bären an meinem Proviantlager gefunden habe. Und mit einer Tonne weniger wäre der Rucksack schon deutlich angenehmer zu tragen gewesen. Noch besser wäre es wohl, wenn ich außerdem statt den kleinen lieber ein oder zwei größere Tonnen genommen hätte. Die gab es nur leider nicht kostenlos zu leihen.

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                                        #20
                                        AW: [US] Alaska - Gates of the Arctic. Leider anders als geplant

                                        Sehr schöner Bericht! Obwohl du viel Wildniserfahrung hast, schreibst du sehr "nahbar", also nachfühlbar und ehrlich. Man kann wirklich mitempfinden, dass so richtige Wildnis-Trekkingtouren nicht immer Zuckerschlecken sind, das gefällt mir gut.

                                        Bei vier Bärentonnen hab ich auch nicht schlecht geguckt. Ich hab schon die eine verflucht, die ich im Sommer durch Kings Canyon und Sequoia getragen habe... Bärentonneneffiziente Nahrungsplanung ist definitiv eine Kunst für sich! Ich bekam nach viel Internetrecherche ca. 9 Tage in die blaue Version vom REI.

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