[FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

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  • Sylvie
    Erfahren
    • 20.08.2015
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    • Meine Reisen

    #61
    AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

    Zitat von oesine63 Beitrag anzeigen
    Hallo Sylvie,

    war das euer Glücksbringer? Den hab ich vor 5 1/2 Jahren in der Umgebung von Saariselkä bewundert

    Aber ich fürchte, so alt werden diese Tiere dort gar nicht, landen wohl alle irgendwann in der Wurst ....

    LG, oesine63
    Liebe Oesine,
    nein, der war es nicht. Unser war ein Jungtier. Vielleicht sein Sohn? Sehr schönes Bild übrigens!

    LG Sylvie

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    • Sylvie
      Erfahren
      • 20.08.2015
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      • Meine Reisen

      #62
      AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

      Zitat von jykke Beitrag anzeigen
      Hallo Sylvie,

      sehr schöner Bericht, da will man gleich wieder aufbrechen. Mit dem Wetter hattet ihr wohl richtig Glück dieses Jahr, die letzten drei August-Wochen waren so ziemlich der einzige Sonnenschein in Lappland.
      Mücken gab es nach meiner Meinung dieses Jahr relativ wenig, die bösartigste von denen sind aber nicht die Moskitos (Sääski) sondern die kleinen Mäkäräinen, die saugen nicht Blut sonder beißen gleich ein Stück Haut ab.

      Gruß,
      jykke
      Oha, also hatten wir doch sehr viel Glück! Und ich hatte geglaubt, das Wetter sei durchgängig schön gewesen. Obgleich wir das mit den Mücken ja doch sehr anstrengend fanden. Aber Du hast schon Recht, die Gnitzen oder Kriebelmücken sind eine schlimmere Plage!
      Ahoi Sylvie

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      • Sylvie
        Erfahren
        • 20.08.2015
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        • Meine Reisen

        #63
        AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

        So langsam komm' ich zum Ende meines Berichts. Hier noch der letzte Tag in Kiilopää und der Versuch eines Ausblicks...



        Di. 18.08.2015, Kiilopää
        Es ist verrückt. Ich habe bis früh halb fünf nicht geschlafen. Dabei war alles so toll. Ich war sauber, keine dreckigen Fingernägel mehr, keine juckende Kopfhaut, es war warm, mein Bett war wunderbar weich – und trotzdem konnte ich mich nicht entschließen, in Morpheus‘ Arme zu sinken. Ob’s am Kaffee lag? Die letzten drei Tage musste ich immerhin komplett ohne Koffein auskommen. Dann hier in Kiilopää die Erlösung: ich trinke gleich drei Pötte von dem Gebräu. Ich bin doch so ein Kaffee-Junkie. Mein Organismus hat sich total dran gewöhnt. Ich hätte nicht gedacht, dass ein dreitägiger Entzug meine Koffein-Rezeptoren derartig reaktiviert.

        Wir frühstücken fürstlich kurz vor um zehn. Hanni und Stef klettern gleich wieder los, auf den Kiilopää, den höchsten Berg in der Umgebung. Paul geht saunieren und stromert durchs Gelände. Ich hingegen werf‘ mich nochmal in die Waagerechte und beseh‘ mich ein bisschen von innen.

        Dann setz ich mich draußen hin, um zu schreiben. Plötzlich höre ich, plonka-plonka-plonka, ein Rentier quer durch die Anlage traben. Es macht kurz vor mir Halt, sieht mir tief in die Augen, frisst etwas Gras, dann läuft es weiter. Diese Tiere scheinen niemals langsam zu gehen. Ich wundere mich immer, wie die überhaupt laufen können auf ihren dünnen Beenchen. Unterwegs, auf den Pfaden haben wir immer mal Rentierspuren gesehen. Es kam die Frage auf, wer die Wege zuerst anlegt: die Tiere oder die Menschen? Genutzt werden sie zumindest von beiden Spezies.

        Am Nachmittag spielen wir Frisbee-Golf, Hanni, Paul und ich. Stef liest und sauniert. Das Spiel ist witzig. Die Scheiben müssen über weite Distanzen hinweg (50-100 Meter) in klirrende Körbe geworfen werden. Die Finnen, die solch lustige Wettbewerbe wie Handy-Weitwurf erfunden haben, sind wahre Meister darin. Wir eher weniger. Der Parcours liegt mitten im Wald. Mehr als uns lieb ist, müssen wir unsere Scheiben aus Bäumen und Sümpfen angeln.

        Hanni, das detsche Dusseltier, läuft spät in der Nacht noch mal los auf den Kiilopää. Alleine. Sie will unbedingt den Sonnenuntergang fotografieren.





        Zuletzt geändert von Sylvie; 10.03.2016, 16:24.

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        • Sylvie
          Erfahren
          • 20.08.2015
          • 361
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          • Meine Reisen

          #64
          AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

          Ausblick


          Warten auf den Bus. Die fetten Wanderschuhe haben wir in unsere Rucksäcke verbannt.

          Morgen fährt unser Bus um 11:15 Uhr. Dann fliegen wir von Ivalo nach Helsinki, wo wir wieder vier Stunden Aufenthalt haben. Genug Zeit, um den Burger King zu entern, meint Hanni. Dann geht’s zurück nach Tegel und mit dem Auto wieder nach Hause.

          Mal sehen, was passiert ist inzwischen.
          Seltsam: Wenn jetzt irgendwo ein Krieg ausgebrochen ist – wir wissen es nicht.
          Zwei Wochen hatten wir weder Zeitung, noch Internet, noch Handyempfang.
          Wir haben es nicht vermisst (auch wohl in dem Wissen, dass dieser Zustand endlich ist).
          Wir haben uns so konzentriert auf unsere schmerzenden, schwitzenden, juckenden Körper – die Welt wurde abgedrängt dadurch.

          Der Weg war unsere Welt.
          Mit seinen Steinen und Steigungen. Mit seinen Glitschigkeiten und Unwägbarkeiten.
          Ihm galt unsere ganze Aufmerksamkeit.

          Der Wald war unsere Welt.
          In seiner finnischen Lieblichkeit. In seinem endlosen Spiel aus Licht und Schatten.

          Der Wind und die Sonne waren unsere Welt.
          Der Himmel, der Regen, die Mücken.
          Zehn Tage lang drehte sich unser Leben nur um drei Dinge: Laufen, Essen und Schlafen.
          Ich gehe mit Freude und mit Sehnsucht im Herzen.

          Müsste ich ein Fazit ziehen, ich würde sagen: Es war anstrengend und es war wunderbar. Zehn Tage Wildnis am Stück erschienen mir zwischenzeitlich ziemlich lang. Nach 5-6 Tagen hätte ich gerne Schluss gemacht. Auch wegen des geringeren Gewichtes, das wir dann zu schleppen gehabt hätten. Allerdings wurde es dann, nach der Krise auch besonders schön. Das Gepäck war leichter, wir waren fitter, das Wetter wurde immer besser, die Mücken verschwanden, selbst die Landschaft wurde schöner in unseren Augen. Die Hardcorehyperwanderer mögen es anders sehen, aber ich wäre gerne immer mal an einem Ort etwas länger geblieben. Das konnten wir ab Porttikoski aber nicht mehr, weil wir zu weit nach Osten vorgedrungen waren.

          In einem halben Jahr oder noch viel früher, würde mein Fazit vielleicht anders aussehen (so ist es ).

          Denn Wandern ist wie Kinder kriegen: Die Strapazen vergisst man, aber das Wunderbare bleibt.
          Wir bekamen, was wir suchten:
          Urwuchs und Stille.
          Die Zeit läuft gemächlicher in diesen Breiten.
          Die Wahrnehmung schärft sich. Man hört nicht nur Mücken summen, man hört auch Blätter fallen.
          Was mich vielleicht am meisten beeindruckt hat, war immer wieder das Licht.
          Dieses milchige Licht. Das alle Konturen weichspült und trotzdem die Farben erstrahlen lässt, als müssten sie sich durchsetzen.

          Und die Landschaft.
          Die so sehr geprägt ist von Melancholie und von Heiterkeit.
          Die Sommer sind kurz hier. Die Natur explodiert. Aber in jedem lächelndem Grashalm siehst Du bereits den nahenden Winter.
          Ich frage mich, ob eine solche Landschaft nicht auch auf die Menschen abstrahlt, die in ihr wohnen.

          Für uns zumindest habe ich eine solche Wirkung beobachtet,
          eine wundersame Dämpfung, eine Art Besänftigung, wie Mütter sie trotzigen Kindern antun.

          Die Mücken konnten wir nicht verjagen,
          das Wetter nicht ändern,
          die Wege nicht glätten, noch verkürzen – dennoch waren wir all dem ausgesetzt. Es blieb uns nur eins: es hinzunehmen.
          Wir registrierten es, gingen hindurch, ließen es hinter uns.
          Unaufgeregt.

          Die Dinge waren wichtig, aber nicht dramatisch.
          Sie konnten ärgerlich sein oder anstrengend, aber Wut empfanden wir nie.
          Oder sie waren erfreulich und schön, aber kurz-weilig waren sie selten. Die Freude ging tiefer als Spaß und war ernsthafter.

          Und in diese flachen Amplituden waren wir eingebettet, jeden Tag von morgens bis abends.
          Die Berge waren Hügel, rundgelutscht und selten schroff,
          die Flüsse plätscherten,
          die Seen blickten ruhig in die Landschaft,
          der Regen war sanft,
          die Tage weniger hell und die Nächte weniger dunkel.

          Alles, alles schwingt hier oben bedächtig und flach.
          Das ergibt einen Ton.
          Die ganze Natur singt ihn mit.
          Einen sehr tiefen Ton. Du kannst ihn nicht hören.
          Aber irgendwann nimmst Du die Schwingung auf.
          Und schwingst mit ihr mit.

          Und dann wirst Du eins mit der Welt.

          Zuletzt geändert von Sylvie; 17.04.2016, 20:25.

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          • Sarekmaniac
            Freak

            Liebt das Forum
            • 19.11.2008
            • 10958
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            • Meine Reisen

            #65
            AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

            Herrlich, danke!

            Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
            [B][U]Die Wälder auf den Höhenzügen sind zuweilen so licht, dass sie mich eher an Obstbaumwiesen erinnern. Vom Habitus her könnten die Krüppelbirken auch verkrünkelte Apfelbäumchen sein.
            Da musste ich beim Lesen schmunzeln, ich habe mir letzte Winter zur Krüppelbirkenzone im Tourtagebuch notiert: "Streuobstwiesen-Feeling".
            Eshche odin zhitel' Ekaterinburga zabralsja na stolb, chtoby dokazat' odnoklassnice svoju bespoleznost'.
            (@neural_meduza)

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            • Sylvie
              Erfahren
              • 20.08.2015
              • 361
              • Privat

              • Meine Reisen

              #66
              AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

              Also war ich nicht allein mit diesem Eindruck. Fehlten nur noch die Äpfel...

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              • Sylvie
                Erfahren
                • 20.08.2015
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                • Meine Reisen

                #67
                AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                Hier noch ein paar praktische Infos, die vielleicht für Erstbesucher des Parks ganz interessant sind:

                Die Wege sind in der Komfort Zone gut markiert, meist breit und bequem, aber mitunter eintönig. In der Wilderness Zone hört das dann auf; hier geht es durch Sümpfe und Flüsse, es gibt keine Brücken, sie sind z.T. sehr steinig und nicht markiert, mitunter verschwinden sie ganz. Das Vorankommen ist oft mühsam. Die Kilometerangaben bis zur nächsten Hütte sind in unseren Augen sehr grob und immer zu wenig, wahrscheinlich sind es oft Luftlinienangaben. Generell ist eine Karte unerlässlich, auch ein Kompass sollte mitgeführt und auch beherrscht werden. Wir haben in unklaren Situationen auch ein GPS benutzt, allerdings nur im Notfall, da wir unterwegs keine Möglichkeit hatten, irgendwelche Akkus aufzuladen.

                Die Hütten liegen etwa 5-20 km voneinander entfernt. Bei größeren Distanzen gibt es Unterstände und Feuerstellen, die man zwischendurch aufsuchen kann. Alle Hütten (also die, die wir besucht haben) sind sehr gut ausgebaut, mit Bettenlagern (in der Wilderness Zone), Ofen, Tisch, Bänken, einem Gasherd, Töpfen, Pfannen vielen Haken zum Trocknen von Sachen und Schuhen. Es gibt Besen, Ofenbesteck, Wassereimer und einige weitere brauchbare Utensilien. Nebenan in der Holzhütte kann man Feuerholz spalten (Äxte und Sägen sind vorhanden), und sollte das bei Bedarf auch tun für die Leute, die nach einem kommen. Die Klohütten sind einfache Plumpsklos, aber benutzbar; gegen den Geruch schüttet man Erde oder Sägespäne auf’s Geschäft. Klopapier sollte man mitnehmen; das gibt es dort in keiner Hütte. Auch Mülltonnen stehen an fast jeder Hütte. Außerdem sind meist an der Rückwand der Häuser kleine Pressen angebracht, mit denen man z.B. Büchsen u.ä. zusammenknetschen kann. Zumindest haben wir das so interpretiert. Wir haben keine Ahnung, wofür die Pressen sonst gut sein sollen.
                Manche Hütten sind zweigeteilt, in einen öffentlichen Teil (Autiotupa), der für alle frei zugänglich war und einen verschlossenen Teil (Varaustupa), den man im Vorhinein mieten kann. Die Einrichtung in beiden Teilen war gleich bis auf die zusätzlichen Matratzen in der Varaustupa.

                Zelten kann man meines Wissens überall im Park, allerdings ist es an Hütten und Feuerstellen erwünschter und auch komfortabler. Hier findet man mit etwas Glück auch genügend ebene und steinlose Flächen fürs Zelt. Das dürfte in der Wildnis schwieriger werden.

                Gaskartuschen und einen Kocher muss man, sofern man die Hütten anläuft, nur für den Notfall mitnehmen. Wir wussten das nicht und schleppten zwei Kartuschen durch die Gegend, von denen wir eine verbraucht haben, aber auch nur, weil ich irgendwann als Trägerin der Kartuschen darauf bestand, auch an den Hütten unser eigenes Gas zu verwenden, damit mein Gepäck endlich leichter wird.

                Menschen trafen wir unterwegs sehr selten. Nur in den Hütten sammelten sie sich; mehr in der Komfort Zone und auch mehr an den Wochenenden. Die meisten Finnen, die wir trafen sprachen sehr gut Englisch, viele auch gut Deutsch. Fast alle Menschen, denen wir begegneten, waren sehr hilfsbereit und freundlich. Allerdings waren das nicht wirklich viele: Neben Finnen (vielleicht 12) trafen wir außerdem noch Deutsche (5), Tschechen (4), Schweizer (2) sowie einen Schotten. Manche waren allein unterwegs; vier Männer und zwei Frauen zählte ich, die dieses Wagnis auf sich nahmen.

                Die Mücken sind ein Thema für sich.



                Eigentlich, so glaubten wir, ist Anfang-Mitte August die schlimmste Mückenzeit schon vorbei. Nicht aber dieses Jahr, wie uns die beiden Finnen von der namenlosen Feuerstelle erklärten. Es gab heftige Regenfälle und einen sehr späten Frühlingsanfang, sodass die gesamte Natur in ihrer Entwicklung zwei Wochen zurück lag. So kam es, dass wir in der ersten Woche den großen Todeskampf der letzten Mückenschwärme miterlebten. Danach wurde es deutlich besser und ein Stück weit hatten wir uns auch an sie gewöhnt.
                Während man in Bewegung ist, tun sie einem nichts, aber sobald man zur Ruhe kommt, sind sie plötzlich überall. Viel tun kann man nicht gegen sie. Das Antimückenmittel (Deet) schien sie nicht sonderlich zu beeindrucken. Wir hatten auch noch schwedisches Mückenverwirrungsmittel mit (Shoo), das etwas besser wirkte, aber auch nicht der Hit war. So kam es, dass wir fast immer im T-Shirt liefen, in den Pausen aber, wo man ja eigentlich abdampfen will, die Jacken überzogen. Da kamen die Biester nicht durch.
                Da diese Geschöpfe auch die Hütten gerne bevölkerten, schliefen die meisten Leute draußen im Zelt. Nur Hanni und ich wollten sich nicht damit abfinden und so erfanden wir unsere Mückenvertreibungsmethode, die sogar die Finnen für eine gute Idee hielten. Mit dem Hochheizen der Hütte kriegt man das Haus einigermaßen mückenfrei (Siehe Bericht vom 10.08. in Lankojärvi), aber es wird auch ziemlich warm für die Nacht.
                Ich persönlich bin auch noch der Meinung, dass auch Waschen punktuell was bringt. Je weniger Geruch man absondert, desto unsichtbarer wird man für das Viehzeug. Zumindest aber lindert das eisige Wasser zeitweilig den Juckreiz. Der allerdings war auch weniger schlimm, als bei Stichen von Mücken aus unseren Breiten. Die Stiche waren zahlreicher aber im Einzelnen kleiner und weniger schmerzhaft.

                Medikamente brauchten wir kaum. Ein bisschen Fenistil, ein bisschen Tape für die Druckstellen an den Füßen, das war`s. Empfehlenswert ist das Übliche: Schmerztabletten und vor allem Verbandszeug. Ich hatte als Allergiker noch ein Notfallset für Wespenstiche mit, aber Wespen hab ich dort oben keine gesehen. Alles, alles blieb Gottseidank ungenutzt.

                Für den Notfall sieht man in jeder Hütte Notfallnummern, die wir ziemlich sinnlos fanden, denn Empfang hat man nur auf Bergen. Man müsste also zunächst auf einen Berg kraxeln, um Hilfe zu rufen. Tatsächlich sahen wir an einigen Hütten auch Helikopterlandeplätze. In jeder Hütte gibt es zudem ein Gästebuch, in das man seine Ankunft und sein nächstes Ziel eintragen kann und auch sollte. Man hinterlässt damit ein Zeichen, falls man irgendwo verloren geht. Viele Leute und auch wir haben dort akribisch ihre Spuren hinterlassen. Ansonsten heißt es: Aufpassen und vorsichtig sein. Auch ein verstauchter Fuß kann die Tour zur Tortur machen.

                Das Gepäck ist wieder ein Thema für sich. Mein mir selbst gestecktes Ziel, maximal 15 kg zu schleppen, habe ich nicht erreichen können. Ich und die Kinder trugen am Anfang jeder etwa 18 kg. Meines Erachtens kann man Essen für mehr als zehn Tage nicht mehr tragen. Stefan trug zu Beginn etwa 24 kg. Allerdings hatte er auch sehr viel Luxus dabei: einen Klappstuhl (900 g), ein Fernglas, ein Vogelbestimmungsbuch, die Angel, die er nur einmal benutzte, die schwere Kamera, eine Säge und dies und das. Ich selbst hatte einen Fließpullover zu viel, der diente mir nur als Kopfkissen.
                Und die Gamaschen haben wir alle umsonst mitgeschleppt. Gamaschen sind wichtig. Man braucht sie, wenn man längere Zeit durch hohes, feuchtes Gras läuft. Dann nämlich saugt sich die Hose voll Wasser, dann die Strümpfe und dann sickert das Wasser irgendwann in die Schuhe und das gibt irgendwann Blasen. Wir liefen oft durch feuchtes hohes Gras, aber nie lange genug, um die Gamaschen anzuziehen. Konnten wir es vorher wissen? Nein. Gamaschen wird man also vorsichtshalber immer einstecken, für alle Fälle.
                Generell ist es nicht verkehrt, die Basics doppelt einzupacken: 2 Pullover, 2 Hosen, 2 Jacken, 2 Paar Wandersocken etc. Neben den Wanderschuhen hatten wir alle noch ein Paar Flusssandalen mit. Die brauchten wir auch für die Überquerungen und für abends, um die eingesperrten Füße freizulassen.

                Das Essen hatten wir hingegen gut kalkuliert. Es war stark rationiert aber ausreichend. Stef hatte vorher eine Exceltabelle gemacht, wo er anhand des Kalorienverbrauchs in etwa kalkulierte, was wir brauchen.

                Für’s Frühstück hatten wir dabei:
                - Knäckebrot (etwa 100 g pro Person pro Tag)
                Wir hatten etwa 20 Packungen Knäckebrot (á 200 g) von Dr. Karg und Finncrips dabei. Diese
                sind bis auf drei Packungen alle geworden
                - Salami (etwa 150 g pro Person pro Tag)
                Insgesamt schleppten wir 12 Salamis, zwei davon gingen auch fürs Abendessen drauf. Am Ende war
                noch eine halbe Salami übrig
                - eine Packung Honig (alle), drei mal Räucherkäse (alle)
                - Butterersatz: jeweils eine Tube Tomatenmark, Ketchup rot-weiß, Senf und Sahnemeerrettich (alles
                sehr schnell alle)
                - Teebeutel (abgezählt) und Kaffee (instant, abgepackt, abgezählt), alles alle,
                - Zucker
                - einen Pick up (Keksriegel) pro Person pro Tag (alle)

                Für unterwegs und für harte Zeiten:
                - einen Ballisto pro Person und pro Tag (aufgebraucht)
                - insgesamt 14 Tafeln Schokolade, in der Regel eine Vierteltafel pro Person pro Tag, an schweren Tagen war zweimal Schoki-Time (alle)
                - 6 Packungen Trockenfleisch pro Person (á 75 g und etwa 250 kcal), ist nicht alle geworden
                - zwei Packungen Studentenfutter und eine Packung Trockenobst, alles alle

                Zum Abendbrot
                - Travellerfood, abgezählt und abgepackt (etwa á 500-600 kcal pro Person), es machte satt und schmeckte auch einigermaßen, aber wenn man Hunger hat, schmeckt sowieso alles
                - Nudeln, Kartoffelbrei, Zwiebeln, eine kleine Flasche Olivenöl, Salz und Knoblauch
                - Heiße Tassen, etwa 6 Packungen (á 3 Beuteln), nicht alle geworden
                - Vitaminbrausetabletten (alle)
                - eine kleine Colaflasche gefüllt mit 70%-igen Rum (alle)

                Und außerdem:
                - Pilze, im Wald gefunden und frisch zubereitet
                - eine Forelle, frisch gefangen

                Wasser gab es überall und es war sauber. Wir hatten zwar einen Wasserfilter mit, benutzten ihn aber nie.

                Angeln darf man im Park fast überall und es gibt (vermutlich) reichlich Fisch. Wir jedenfalls haben relativ schnell einen gefangen, am Abend. Eine Angellizenz kann man in der Touristeninformation in Sariselkä für 7 € pro Tag erwerben.

                Hier zwischendurch kurz eine Liste, was man nicht oder nur in geringen Mengen braucht:
                - Wasserfilter
                - Gaskartuschen, nur wenig, Gas ist in den Hütten vorhanden
                - Kochgeschirr, nur Minimalausrüstung
                - Säge, kleines Beil, ist sowohl in den Hütten, als auch an den Feuerstellen vorhanden

                Das Wetter war einfach grandios. Das stabile skandinavische Hoch hat uns auch dieses Jahr wieder die schönsten Sommertage geschenkt. Geregnet hat es nur zweimal maßgeblich und das auch nur am Abend. Leichte skandinavische Nieselregen gab es zwar immer mal zwischendurch, aber die sind so mild und so schnell wieder vorbei, dass sich das Auspacken der Regenjacken gar nicht erst lohnt. Ansonsten war es mit 20 Grad im Schatten und etwa 25 Grad in der Sonne fast schon zu heiß zum Wandern.
                Sonnencreme hatte ich als heller Typ zwar eingesteckt, brauchte sie aber nicht. Die Sonne steht sehr tief im nördlichen Polarkreis. Der Weg des Lichts durch die Atmosphäre ist dadurch viel länger als im Süden. Das nimmt der Sonne die Kraft und auch die Helligkeit. Für unser solarbetriebenes Ladegerät hat die Strahlung zumindest kaum ausgereicht. Auch eine Sonnenbrille ist dort oben nicht unbedingt nötig – zumindest für unsere mitteleuropäisch trainierten Augen nicht.
                Polartag herrscht in dieser Gegend vom 20. Mai bis 20. Juli. Auch im August geht die Sonne kaum unter, es wird lediglich etwas dämmrig gegen Mitternacht.




                So: Hier könnte man sicher vieles noch nennen. Und für die Insider wird vieles, was ich genannt habe, langweilig sein. Ich habe mich ein bisschen von den Fragen leiten lassen, die ich mir gestellt habe, bevor wir losgegangen sind. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann also nicht erhoben werden. Ebenso nicht auf Relevanz, für den Einen ist eben das wichtig, für den Anderen das.


                So! Nu is genug! Das war mein erster Reisebericht in dieser Art. Es hat mir sehr viel Freude gemacht, auf diese Art und Weise noch einmal ins Geschehen einzutauchen. Ich war sehr überrascht über die offene und angenehme Atmosphäre, die hier im Forum herrscht. Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt. Längst habe ich mich natürlich auch in anderen Berichten festgelesen - und damit die Fernsucht wieder angestachelt. Das ist ein tolles Forum - Hut ab vor den Initiatoren! Ich bin garantiert nicht zum letzten Mal hier unterwegs.

                Bis denne
                Sylvie
                Zuletzt geändert von Sylvie; 04.04.2016, 10:20.

                Kommentar


                • Rainer Duesmann
                  Fuchs
                  • 31.12.2005
                  • 1642
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #68
                  AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                  Sehr schön, danke.
                  radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

                  Kommentar


                  • Inarijoen Peter
                    Dauerbesucher
                    • 22.07.2008
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                    • Meine Reisen

                    #69
                    AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                    Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                    Für den Notfall sieht man in jeder Hütte Notfallnummern, die wir ziemlich sinnlos fanden, denn Empfang hat man nur auf Bergen. Man müsste also zunächst auf einen Berg kraxeln, um Hilfe zu rufen.
                    So sinnlos ist es nicht, sonst hätte man es nicht überall in den Hütten angeschlagen.

                    Das Vorgehen.

                    1. Telefon ausschalten.
                    2. Telefon einschalten.
                    3. Kein PIN eingeben.
                    4. Notfallnummer 112 wählen.

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                    • Sylvie
                      Erfahren
                      • 20.08.2015
                      • 361
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                      • Meine Reisen

                      #70
                      AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                      Das waren aber lange Handynummern. Stand meines Erachtens nix von 112. Aber danke für den Hinweis Peter!

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                      • MonaXY

                        Fuchs
                        • 30.08.2009
                        • 1094
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                        • Meine Reisen

                        #71
                        AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                        Vielen Dank für den Bericht! Sind seit gestern aus Finnland (Bärenweg/Oulanka) zurück und ich habe deine lebendige Beschreibung und die Fotos nun einfach genossen...

                        Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                        [B][U]

                        Eigentlich, so glaubten wir, ist Anfang-Mitte August die schlimmste Mückenzeit schon vorbei. Nicht aber dieses Jahr, wie uns die beiden Finnen von der namenlosen Feuerstelle erklärten. Es gab heftige Regenfälle und einen sehr späten Frühlingsanfang, sodass die gesamte Natur in ihrer Entwicklung zwei Wochen zurück lag. So kam es, dass wir in der ersten Woche den großen Todeskampf der letzten Mückenschwärme miterlebten.
                        Das die schlimmste Mückenzeit vorbei ist glaubte ich auch und wurde eines besseren belehrt...
                        "Gehe nicht, wohin der Weg führen mag, sondern dorthin, wo kein Weg ist, und hinterlasse eine Spur."
                        Jean Paul

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                        • Sylvie
                          Erfahren
                          • 20.08.2015
                          • 361
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                          • Meine Reisen

                          #72
                          AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                          Oha, Mona, dann waren sie im Oulanka noch länger als im UKK - die Mücken meine ich.

                          Hoffe, Du schreibst bald Deinen Bericht. Bin schon sehr gespannt.

                          Liebe Grüße
                          Sylvie

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                          • Babsbara
                            Erfahren
                            • 26.06.2013
                            • 169
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                            • Meine Reisen

                            #73
                            AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                            Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                            So! Nu is genug! Das war mein erster Reisebericht in dieser Art. Es hat mir sehr viel Freude gemacht, auf diese Art und Weise noch einmal ins Geschehen einzutauchen. Ich war sehr überrascht über die offene und angenehme Atmosphäre, die hier im Forum herrscht. Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt. Längst habe ich mich natürlich auch in anderen Berichten festgelesen - und damit die Fernsucht wieder angestachelt. Das ist ein tolles Forum - Hut ab vor den Initiatoren! Ich bin garantiert nicht zum letzten Mal hier unterwegs.

                            Bis denne
                            Sylvie
                            Ganz toll! So ein super Erstlingswerk!! Hat ganz viel Spaß gemacht, es zu lesen!! Und wenn ich mal irgendwann doch auf diese Art und in diese Gegend aufbrechen sollte, werde ich deinen Bericht zur Vorbereitung sicher nochmal lesen!

                            LG und danke!
                            Babs

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                            • derMac
                              Freak
                              Liebt das Forum
                              • 08.12.2004
                              • 11888
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #74
                              AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                              Noch ein paar kleine Anmerkungen von einem, der selber immer zu faul ist Reiseberichte zu schreiben:

                              Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                              Außerdem sind meist an der Rückwand der Häuser kleine Pressen angebracht, mit denen man z.B. Büchsen u.ä. zusammenknetschen kann. Zumindest haben wir das so interpretiert. Wir haben keine Ahnung, wofür die Pressen sonst gut sein sollen.
                              Ja, die sind dazu da.

                              Zelten kann man meines Wissens überall im Park
                              IMO gilt das nicht für die "Restricted Areas" und den Grenzstreifen. Die sind aber in den Karten eingezeichnet und nehmen nur einen geringen Teil der Fläche ein. (PDF)

                              Für den Notfall sieht man in jeder Hütte Notfallnummern, die wir ziemlich sinnlos fanden, denn Empfang hat man nur auf Bergen. Man müsste also zunächst auf einen Berg kraxeln, um Hilfe zu rufen.
                              Ich kenne nur diese Schilder, die eigentlich in allen finnischen Hütten an die ich mich erinnern kann gleich aussehen (bis auf Name und Koordinaten):

                              Aber ich war schon lange nicht mehr im Kekkonen-NP. Auf den nächsten Berg klettern (wenn möglich) ist übrigens immer noch besser als gar keine Hilfe bekommen.

                              Für’s Frühstück hatten wir dabei:
                              - Knäckebrot (etwa 100 g pro Person pro Tag)
                              Ich kann das finnische Roggenbrot sehr empfehlen. Gibts in jedem Supermarkt und hält sich locker eine gute Woche. Außerdem, wenn man schon mal in Lappland ist, natürlich getrocknetes Rentierfleisch (hält noch länger, wenn man es nicht gleich aufgefuttert hat).

                              Mac

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                              • Sylvie
                                Erfahren
                                • 20.08.2015
                                • 361
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                                #75
                                AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                                Zitat von Babsbara Beitrag anzeigen
                                Ganz toll! So ein super Erstlingswerk!! Hat ganz viel Spaß gemacht, es zu lesen!! Und wenn ich mal irgendwann doch auf diese Art und in diese Gegend aufbrechen sollte, werde ich deinen Bericht zur Vorbereitung sicher nochmal lesen!

                                LG und danke!
                                Babs
                                Vielen Dank liebe Babs! Vielleicht laufen wir uns ja dort oben mal über den Weg!
                                Liebe Grüße
                                Sylvie

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                                • Sylvie
                                  Erfahren
                                  • 20.08.2015
                                  • 361
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                                  #76
                                  AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                                  Ich kenne nur diese Schilder, die eigentlich in allen finnischen Hütten an die ich mich erinnern kann gleich aussehen (bis auf Name und Koordinaten):

                                  Nee, die waren auch da, aber die ich meinte, hingen außen an den Hütten neben der Karte. Ich hätte ein Foto machen sollen. Nun denn... beim nächsten Mal.


                                  Ich kann das finnische Roggenbrot sehr empfehlen. Gibts in jedem Supermarkt und hält sich locker eine gute Woche. Außerdem, wenn man schon mal in Lappland ist, natürlich getrocknetes Rentierfleisch (hält noch länger, wenn man es nicht gleich aufgefuttert hat).

                                  Auch beim nächsten Mal!

                                  Bis denne
                                  Sylvie

                                  Kommentar


                                  • derMac
                                    Freak
                                    Liebt das Forum
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                                    #77
                                    AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                                    Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                                    Ich kenne nur diese Schilder, die eigentlich in allen finnischen Hütten an die ich mich erinnern kann gleich aussehen (bis auf Name und Koordinaten):

                                    Nee, die waren auch da, aber die ich meinte, hingen außen an den Hütten neben der Karte. Ich hätte ein Foto machen sollen. Nun denn... beim nächsten Mal.
                                    Ist eigentlich auch egal. Ich denke jedenfalls, man sollte auch in Finnland (wie inzwischen fast überall in Europa) bei ensthaften Problemen die 112 anrufen, wenn man denn Empfang hat. Die anderen Nummern würde ich ignorieren, zumal man die sich ja irgendwie extra "merken" muss.

                                    Mac

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                                    • Sylvie
                                      Erfahren
                                      • 20.08.2015
                                      • 361
                                      • Privat

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                                      #78
                                      AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                                      Genau so isses! 112 für den Notfall, ansonsten aufpassen!

                                      LG Sylvie

                                      Kommentar


                                      • Sylvie
                                        Erfahren
                                        • 20.08.2015
                                        • 361
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                                        #79
                                        AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                                        Zitat von Katun Beitrag anzeigen
                                        Sylvie, ein ganz wunderbarer Bericht in Bild und Text! Unglaublich "finnisch"! Ich habe selten (nie?) so schöne Bilder gesehen, die einfangen, was Finnland oder eine Finnlandtour ausmacht. Scheint euch gefallen zu haben.

                                        Das find ich gerade besonders gut:
                                        https://www.outdoorseiten.net/fotos/data/500/83_luu.jpg
                                        Warum eigentlich gerade das Bild Katun???

                                        Kommentar


                                        • Katun
                                          Fuchs
                                          • 16.07.2013
                                          • 1555
                                          • Privat

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                                          #80
                                          AW: [FI] Zehn Tage Wandern in Lappland

                                          Sieht man doch, der Ausdruck der beiden ist irgendwie absolut finnisch. Papa besonders, so in sich hineinlächelnd, aber eigentlich still-nichts sagend. Das überdeckt sogar die urdt. Kluft inkl. Hut.

                                          Kommentar

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