[NO] Von Kongsvold ans Meer in 10 Tagen - sinnvoll, aber machbar?

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  • KnoxOverstreet
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    [NO] Von Kongsvold ans Meer in 10 Tagen - sinnvoll, aber machbar?

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Das ist der Parallelthread zum Thread aus den Reisevorbereitungen... wie der Name schon sagt, habe ich die geplante Tour nicht ganz durchgezogen, sondern den letzten Tag gecancelt... aber der Reihe nach:



    Es begann von der Kongsvold Fjellstua Richtung Reinheimen gegen 13 Uhr - Wetter gut, alles gut. Die Schneekuppe zeigte sich schneebedeckt, wie es sich gehört. Eine herrliche Wanderung, ich sehe Moschusochsen, aber zu weit weg für ein sinnvolles Foto. Mir kommen etliche Wanderer entgegen, vom Tagesausflug zu den Ochsen. Ich erreiche gegen 19 Uhr Reinheimen. Übermütig beschließe ich noch, den Pass Richtung Amotdalen zu nehmen, das gute Wetter ausnutzend. Ich empfehle aber nicht, abends noch einen 1600m-Pass zu queren, das war Unfug. Ich krabbelte auf der letzten Kraftreserve über Schneefelder und Geröll - immerhin belohnte mich die andere Seite mit einer schönen Abendstimmung und einer Rentierherde, die meinen Weg kreuzte (auch wieder zu weit weg).



    Ich schlage mein Zelt gegen halb zehn im Amotdalen auf, einige Kilometer vor der Hütte, mit einem herrlichen Blick ins Tal.



    Die Amotsdalhytta passiere ich am nächsten Tag und weiter geht es Richtung Grovudalen bergauf. Ich lerne nicht aus Fehlern und steige gegen Abend noch den Pass hinauf bis auf 1415 Metern. Dort oben ist alles noch Eis und Schnee, eine abweisende Welt. Ich finde doch noch einen windgeschützten Platz hinter einem Felsen, mit mehr Glück als Verstand. Die Nacht wird doch noch ganz ok.



    Der Abstieg am nächsten Tag hält noch einige Finessen bereit - zwei kleinere Seen wollen über schräge, nasse Geröllfelder umgangen werden. Ich schwitze Blut und Wasser, während ich mit Händen und Füßen über die Felsen klettere, 6 Meter über dem eiskalten Wasser, mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken. Zwischendurch aber gibt es großartige Momente beim Queren großer Schneefelder, ich renne durch den Schnee und ich möchte jubeln und schreien, alles fühlt sich unwirklich an, wie aus einem Film, wie aus "Into the wild" oder einem Bergsteigerdrama... nur ich und der Schnee und die Berge.

    Der weitere Abstieg führt durch verwunschene Birkenwälder und Sumpf und eine ziemlich Mittelerde-artige Gegend ins grüne und fruchtbare Grovudalen. Leider regnet es fast durchgehend und so übernachte ich in der Hütte, obgleich das Grovudalen genug schönen Campground bietet. Die Hütte ist wahnsinnig gemütlich, freundliche Norweger haben bereits das Feuer angeheizt und mit einer Tasse Tee vor dem Kamin sieht die Welt schon wieder anders aus.



    Am nächsten Morgen geht es steil bergauf nach Süden, dann entscheide ich, nicht die Nordroute über die Raubergshytta zu nehmen, da diese mich nochmal über einen 1500m-Pass führen würde und die Norweger in der Hütte von reichlich Schnee dort oben berichteten. Ich gehe also südwärts Richtung Aursjohytta. Es wird ein herrlicher Wandertag, die Sonne lacht und ich laufe auf 1300m immer geradeaus, kaum Steigungen, es ist ein Traum.



    Später regnet es noch mal, die Luft ist eiskalt, ich hole Fleecehandschuhe und Strickmütze raus, dann kommt noch ein schöner Abstieg ins Aursjodalen, immer einen natürlich terrassierten Hang runter, voller Teiche. Dort treffe ich auch Menschen, Angler meist. Tagsüber bleibe ich meist ganz allein, treffe Menschen nur an den Hütten und in den Tälern, überlaufen ist das Dovrefjell nicht gerade.

    Nach einer schönen Nacht am unteren Ende des Abstiegs quere ich am nächsten Tag rasch das nicht so schöne Tal - eine Straße, eine Hochspannungsleitung, zahlreiche Ferienhäuser und die Aursjohytta erinnert auch eher an einen Roadstop als an eine Berghütte... das reißt mich schon etwas raus aus der Fjellromantik. Die Nordroute über die Raubergshytta wäre sicherlich landschaftlich interessanter. Aber ich gehe gleich weiter, wieder bergauf, Richtung Reinvassbua. Diese zweite Tageshälfte ist nochmal superschön, ein Sonntagsspaziergang, immer höher in die Berge. Auf ca. 1000 Meter endet das Tal in einer kreisrunden Hochebene und dort schlage ich das Zelt auf, ein Zeltplatz mit phantastischem Panoramablick.



    Am nächsten Tag geht es weiter bergauf, das Wetter ist mittlerweilen trocken und heiß, erstmals kommen die Mücken und plagen mich. Auf dem Pass oben ist der Blick phänomenal, ein Highlight.



    Den ganzen Tag geht es über einen sonnendurchfluteten Bergrücken bis runter zum See Reinvasnet. Dort angekommen bin ich so überhitzt, das ich erstmal reinspringe. Das erfrischt!



    Kaum erreiche ich die leerstehende Reinvassbua schlägt das Wetter schon wieder um, Regen kommt aus dem Westen, um mein Budget zu schonen, schlage ich das Zelt neben der Hütte auf und wetter ab, wie man so sagt. Die Hitze und die Mücken haben mich geschafft. Gut möglich, dass ich einen leichten Sonnenstich habe. Falle wie ein Stein ins Bett.



    Am Morgen scheint schon wieder die Sonne, wie ab nun bis zum Ende meines Urlaubs. Beim schönsten Wetter der Welt geht es nochmal etwas höher nach Westen, mit jedem Höhenmeter werden die Mücken weniger, ein Wind frischt auf, es wird immer schöner. Dieses letzte Stück ab der Reinvassbua bis zum Abstieg nach Vike ist eines der schönsten Stücke meiner Tour, ein Traum. Es gibt hinter jeder Biegung neue großartige Ausblicke auf die Bergwelt ringsum.



    Im Westen ragt derweil das beeindruckende Massiv der Romsdaler Alpen auf, jenseits des Eikesdalsvatnets.



    Dann kommt der Abstieg...



    Ich muss dazu sagen, sehr schräge Ebenen sind meine Achillesferse... wenn sich mein räumliches Sehvermögen verwirrt und ich nicht mehr weiß, wird mich der nächste Schritt noch tragen oder als menschliche Gerölllawine talwärts schicken? Besonders das erste Viertel des 900m-Abstiegs ist völlig krank... nur loses, nasses, rutschiges Geröll, wer das je als Weg deklariert hat, gehört eingeliefert... ich habe das Stück mehr rutschend als gehend verbracht und Blut und Wasser geschwitzt... bin immer wieder weggerutscht und habe Steinschlag ins Tal gesandt... einmal hab ich mich überschlagen und einen Purzelbaum abwärts gemacht, aber der Rucksack hat wohl den Schlag abgefangen, mir ist nichts passiert. Es war alles nicht schön. Möchte ich nicht nochmal machen.

    Das Gefälle nahm nie ab, als hätte jemand eine gerade Linie mit dem Lineal gezogen, vom Seeufer bis zum Pass hoch. Irgendwann erreichte ich den Birkenwald, ab da war es zumindest nicht mehr lebensgefährlich, irgendein Baum hätte mich schon aufgehalten. Ich habe für den Abstieg fast 3 Stunden gebraucht, die ganze Tagestour gab meine Karte mit 4 Stunden an. Als ich mit zitternden Knien endlich die Straße erreichte, war ich dem Hitzschlag ebenso nahe wie dem Nervenzusammenbruch, aber ich hatte es geschafft.



    Es war mir da völlig klar, dass ich das nicht am Gegenhang wieder hochgehen werde, um es dann nochmal runterzusteigen, Richtung Isfjorden. Das hätten meine Knie nicht mehr mitgemacht. So trampte ich zum Eikesdalen Campingplatz und erklärte die Tour für beendet. Sie war großartig und hat mir viel Freude gebracht, aber auch an meine Grenzen. Ich würde sie nicht nochmal alleine gehen, das war etwas leichtsinnig. Die Wege waren zum Teil wenig begangen und ziemlich einsam, trotz all der Hütten ringsum. Die hohen Pässe waren noch schneereich und die Wasserläufe voll Schmelzwasser, Mitte Juli. Jetzt sieht das vielleicht schon ganz anders aus.

    Ich kann das Dovrefjell auf jeden Fall empfehlen, schöne, lange Hochflächen, wenig begangen, wilde Tiere. Die von Strommasten durchgezogenen Täler stören aber etwas. Ist eben nicht Lappland. Dafür ist An- und Abreise extrem einfach, wenn man Flug und Zug richtig bucht, kann man morgens in Deutschland starten und am selben Abend schon am Beginn des Wanderwegs das Zelt aufstellen. Ich habe am zweiten Urlaubstag bereits Moschusochsen und Rentiere gesehen, Schneefelder gequert und einsam im Fjell gezeltet... am zweiten Tag, wo man sonst grad mal die Koffer auspackt und auscheckt, welche Liege am Pool am günstigsten zur Bar liegt.
    Zuletzt geändert von KnoxOverstreet; 02.08.2015, 23:05.

  • smeagolvomloh
    Fuchs
    • 07.06.2008
    • 1929
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    #2
    AW: [NO] Von Kongsvold ans Meer in 10 Tagen - sinnvoll, aber machbar?

    Danke für den Reisebericht. Freue mich schon auf die Ecke in ein paar Tagen!
    "Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit."
    Wilhelm von Humboldt, 1767-1835

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    • KnoxOverstreet
      Neu im Forum
      • 21.02.2015
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      #3
      AW: [NO] Von Kongsvold ans Meer in 10 Tagen - sinnvoll, aber machbar?

      Frag mich gerne, wen du noch Tipps brauchst. Im Moment ist da oben Bombenwetter, richtiggehend heiß. Bin gegen Ende im T-Shirt und kurzen Hosen gewandert, mit dem Handtuch überm Kopf als Sonnenschutz... darauf war ich irgendwie nicht vorbereitet

      Jetzt würden mich auch die höheren Pässe nicht mehr so schrecken, ich bereue es etwas, nicht den Weg über die Raubergshytta genommen zu haben. Ist sicher toll da oben.

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      • smeagolvomloh
        Fuchs
        • 07.06.2008
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        #4
        AW: [NO] Von Kongsvold ans Meer in 10 Tagen - sinnvoll, aber machbar?

        Ich stelle mich fürs Dovrefjell auf alles ein (Anreise mit dem PKW, dementsprechend flexibel, welchen Kram man mitnehmen muss). Es ist lustig zu sehen, wenn man täglich online nach den dortigen Wetterbedingungen schaut, wegen prognostiziertem Dauerregen bestimmte Befürchtungen hat, in deinem Reisebericht aber eher feine Bedingungen vorfindet. Ist halt typisch Norwegen, richtig vorhersagen kann man nichts, selber kann man Glück oder Pech haben, im "Nachbartal" sieht es schon wieder anderes aus. Konnte schon vor ein paar Jahren nicht begreifen, dass ich in der Rondane eher schlechtes Wetter hatte, während andere Wanderer in der gleichen Zeit Glück hatten. So ist es halt - irgend ein Wetter gibt es immer!
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        • fhvdrais
          Dauerbesucher
          • 16.08.2015
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          #5
          AW: [NO] Von Kongsvold ans Meer in 10 Tagen - sinnvoll, aber machbar?

          Hallo KnoxOverstreet,

          schöner Bericht und schöne Fotos!

          Ich habe die Tour (in der Variante Hjerkinn - Andalsnes) vorige Woche gemacht und füge noch ein paar Bemerkungen hinzu. Ich war mit leichtem Gepäck unterwegs und habe in den Hütten übernachtet.

          Hjerkinn – Snøhetta – Åmotdalshytta: Von Hjerkinn bis Snøheim gibt es einen Shuttlebus (60 NOK). Das spart einige km, aber man verpasst möglicherweise auch die Moschusochsen dadurch. Die ca. 100 Leute vor der Hütte Snøheim, die alle zu den Moschusochsen wollten, haben mir aber eh die Lust darauf vergällt. Der Ausstieg zur Snøhetta ist nicht besonders schwierig und bestens markiert. Ober war's allerdings garstig mit null Sicht, und der Abstieg Richtung Åmotdalshytta war bei diesen Bedingungen etwas schwieriger.

          Åmotdalshytta – Grøvudalshytta: Landschaftlich wunderschön, aber dank sehr langer Passagen über Bereiche voller Felsblöcke und grobem Geröll wird die Etappe doch recht lang. Das ist technisch alles nicht schwierig, aber es dauert halt, und man hat viele Gelegenheiten, sich durch Unachtsamkeit die Knochen zu lädieren. Man kommt dann etwa 2km nach einer Hängebrücke, die den Fluss quert, zur Grøvudalshytta. Es gibt dort noch einige weitere Gebäude der Gammelsetra - Grøvudalshytta ist diejenige, die am nächsten am Fluss liegt.

          Grøvudalshytta – Raubergshytta: Meist recht karg, aber trotzdem eine großartige Etappe. Unterwegs gibt es einen recht breiten Fluss zu überqueren, bei dem man die Dichtigkeit seiner Schuhe überprüfen kann. Hier wären Stöcke kein Luxus gewesen.

          Raubergshytta – Reinsvassbu: Landschaftlich wieder recht schön, keine besonderen Schwierigkeiten. Reinvassbu liegt am Ende des Reinvasnet, man kann im Prinzip rechts oder links rum um den See gehen. Ein Argument für die nördliche Variante ist wohl, dass laut Hüttenbuch die Brücke über den Fluss zum Reinvasnet öfter mal weggespült wird und der Fluss dann nicht ganz einfach zu queren ist. Im Aug-2015 war aber eine schöne neue Brücke da.

          Reinsvassbu – Hoemsbu: Landschaftlich wieder eine großartige Etappe. Mit dem steilen Abstieg runter nach Vike hatte ich weniger Schwierigkeiten, hatte aber an dem Tag auch super Wetter. Das Stück ist anscheinend 2012 neu gemacht worden und verläuft jetzt größtenteile links (d.h. südlich) vom Fluss. An einer neuen Brücke sieht man die alte Markierung noch, die rechts am Fluss weiter zu führen scheint. In Vike braucht man dann ein Boot, um über den Eikesdalsvatnet nach Hoemsbu zu kommen. Das Boot hat Arne Vike (+47-71234515 oder 91862933, akv@eikesdal.no). Man soll den Arne einen Tag vorher kontaktieren, allerdings scheint Handyempfang auf Reinvassbu Glückssache zu sein. Und da Arne so eine Art Monopol hat, kosten die 2km über den See mal eben 200 NOK ...

          Hoemsbu – Åndalsnes: Hoemsbu ist großartig und wunderschön gelegen, der See ideal zum Baden. Das sollte man geniessen, denn danach geht's dann 1300m recht steil rauf (und auch wieder runter). Laut Hüttenbuch wird diese Etappe recht selten gegangen. Der Weg ist im unteren Teil logisch, im oberen Teil aber sehr schwach markiert. Bei schlechter Sicht halte ich diese Etappe für gefährlich. Wer an der kleinen Lücke im Grat, durch die der Weg geht, angekommen ist, sollte kurz verschnaufen und dann wieder alle Sinne einschalten, denn auch die ersten paar hundert Höhenmeter des Abstiegs sind schwach markiert, und auch hier sollte man seine Route mit Bedacht suchen. Die Gegend da oben ist großartig, mit mehreren Gletschern. Wenn man das steile Stück hinter sich hat, sind es noch fast 15km bis Andalsnes, und die sehen ziemlich langweilig aus. Ich hatte das Glück, einen Bauern zu treffen, der mir sagte, dass um 15.00 ein Bus durch das Tal führe. Der Bus fährt bis zu einem Wendehammer am Ende des asphaltierten Weges (erkennt man auf der Karte und auch auf ut.no, Morstøl). An dem Wendehammer deutet nichts auf diesen Bus hin, aber er kam tatsächlich.

          Für den Rückweg bietet sich dann die Åndalsnesbahn an, sicherlich eine der schönsten Eisenbahnstrecken der Welt.

          Einige Infos über Etappenlängen und Höhen findet man übrigens auf http://www.skandaktiv.de/index.php?o...124&Itemid=221. Als Karte hatte ich die 1 : 100.000, auf die die Tour genau drauf passt.

          Gerd
          Zuletzt geändert von fhvdrais; 06.09.2015, 22:05.

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