[MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans

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  • Baciu
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    • 18.07.2013
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    #41
    AW: [MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans

    Ans Meer

    Der Bus nach Podgorica sollte um 6:15 Uhr fahren. Ausgeruht, hygienisch einwandfrei und mit frisch gewaschener Wäsche verließ ich die verwunschenen Berge. Ich wollte dem Rat des Schwarzwald-Kosovaren folgen und Ulcinj an der Adria besuchen.
    Die Fahrt durch die Schlucht der Morača war ein Erlebnis für die Augen, die nach Ulcinj eins für die Ohren.
    Zwei Chinesen, ein Pärchen, saßen hinter mir im Bus und wollten zum Skadar-See. Ihr Fahrschein war aber bis Sutomore ausgestellt, warum auch immer. Die Hauptorte, für Unternehmungen am See sind jedoch Vranjina und Virpazar.
    „Skadar Lake?“ fragten sie den Fahrer und zeigten ihm den Fahrschein. Der Mann nickte. „Virpazar oder Sutomore?“ hakte der Chinese nach. „Virpazar“ antwortete der Fahrer. „Sutomore liegt am Meer.“ Alles schien geklärt.
    Der Bus fuhr an, da fingen die Beiden an zu hadern, ob Virpazar wirklich der richtige Zielort wäre. Eine Einheimische, die englisch beherrschte, erzählte den Chinesen, dass es dort außer Fischer nichts weiter gäbe. Als wir Vranjina erreichten, hielt der Fahrer und sagte „Skadar-Lake“. Immerhin befindet sich hier das Büro der Nationalparkleitung.
    Die Beiden bewegten sich nicht. Der nächste Halt war Virpazar. Die Beiden schauten aus dem Fenster und blieben auch hier sitzen. Der Fahrer schüttelte den Kopf und fuhr weiter. Dann kam Sutomore in Sicht. Die Chinesen entschieden sich nun doch bis Ulcinj zu fahren und baten die Dame, dies dem Fahrer zu erklären.
    Der Mann verstand nun die Welt nicht mehr. Kassierte noch 3 Euro und fuhr weiter.
    Es wäre nicht verkehrt gewesen ein paar Euro in einen Reiseführer zu investieren, dachte ich mir.
    Mein Rucksack saß noch nicht mal richtig auf den Schultern, als ich schon von zwei Schleppern bedrängt wurde. Sie wollten mir eine Unterkunft aufschwätzen. Mir wurden Hochglanzprospekte unter die Nase gehalten, mit Fotos von noblen Zimmern. Nicht weit und billig (15 Euro), so ihre Argumente. Außerhalb des Busbahnhofs trennten sich Beide. Jeder wollte, dass ich ihn begleitete. Ich gab Beiden ein deutliches Zeichen und ließ sie stehen – willkommen am Meer.
    Zum Glück brauchte ich nicht lang suchen. Gegenüber der Hauptstraße entdeckte ich die Aufschrift „Tourist Information“ an einem Hotel, das London hieß.
    „Wir haben auch Zimmer“ sagte der Mann in der Tourist-Info. „Zwei Nächte?“ Er überlegte kurz. „35 Euro.“ Das war für mich in Ordnung. Ich sollte nichts Wertvolles auf dem Zimmer lassen und die Haustür wurde über Sprechanlage geöffnet – willkommen am Meer. Erst mal gab es einen Kaffee auf Kosten des Hauses, dann bezog ich mein Zimmer mit Klimaanlage.
    Ulcinj, das waren Autos, Cafés und Frisöre. Unten am Strand fiel mir ein Hinweisschild auf: „Hotel Haus Freiburg“ stand da drauf. Der Sache wollte ich auf den Grund gehen. Das Haus ist ein Nobelhotel mit 4 Sternen. Neugierig betrat ich die Rezeption und fragte: „Spricht man hier auch badisch?“ Der Mann an der Rezeption lachte und gab mir die Hand. Eqrem Mehmeti ehemaliger Bauunternehmer aus Freiburg betreibt das Hotel gemeinsam mit seiner deutschen Frau. Das Haus wurde 2008 als eines der wenigen legalen Hotels in Ulcinj eröffnet, erzählte mir Herr Mehmeti. Wir gingen hoch an die Bar und ich bekam ein Bier auf Kosten des Hauses und wir schwätzten etwas über Reise, Heimat und Politik. Zum Abschied bot er mir preisgekröntes Olivenöl und Kastanienblütenhonig zum Kauf an.
    Zurück auf meinem Zimmer, setzte ich die Klimaanlage in gang. Es war nötig. Dumm war, das mir das Ding genau ins Gesicht blies. Also Klimaanlage aus, Fenster auf – gute Idee! Mücken kamen durchs Fenster rein – Scheißidee! Fenster zu, Klimaanlage an.

    Der Morgenspaziergang führte mich zum Friedhof, auf Friedhöfen lassen sich oft schöne Bilder machen. Gleich oberhalb des Friedhofs erhebt sich die alte Burg von Ulcinj über der Adria. Das Piratennest beherbergt heute Hotels und Restaurants. Nicht nur die alten Gebäude in dem Ort fand ich interessant auch das Marktreiben. Fische, Oliven, Obst und Gemüse alles mögliche wurde angeboten, nur eines konnte ich nirgends entdecken – Rakija!
    Zimmer hätte ich in der Stadt problemlos haben können, fast an jedem Haus stand, dass Zimmer frei wären. Na ja, es ist auch noch keine Hauptsaison. Bis zu dem langen Sandstrand sollen es 4 bis 5 km sein, ich entschied mich nicht dorthin zu gehen. Baden hätte ich sowieso nicht können. Wohin sollte ich auch mit meinen Klamotten?
    Ich hockte mich vors London-Hotel und schaute dem Treiben auf der Straße zu. Ein Polizist regelte den Verkehr auf der Kreuzung und brachte damit mehr Unruhe rein als vorher. Ein paar Minuten später düste ein Konvoi schwarzer Limousinen vorbei, dann verschwand auch der Polizist. „Der Präsident des Kosovo“ sagte der Hotelchef.
    Straßenhunde suchten am Bordstein nach Essbarem und ein Auto mit Matratzen auf dem Dach, düste um die Kurve. Der Hotelchef fuhr weg. Ein Stuhl im Eingang zum Hotelrestaurant zeigte an, dass niemand daheim war.
    Auch ich machte mich nochmal auf den Weg – zum Abendessen. Heute musste es Fisch sein. Wenn man schon mal an der Küste war. Auf Empfehlung des Kellners bestellte ich Orada (Goldbrasse) für 9 Euro – mit dem Namen konnte ich nichts anfangen. Doch als ich den Fisch auf dem Teller liegen sah, dämmerte es. Vor 13 Jahren hatte ich so ein Tierchen schon einmal gegessen, in Barcelona. Das Vieh hatte mich damals ein kleines Vermögen gekostet.
    Morgen werde ich die Küste verlassen und nach Virpazar fahren an Montenegros größten See dem Skadar-See (Skadarsko jezero).





























    Zuletzt geändert von Baciu; 29.07.2016, 09:11.

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      #42
      AW: [MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans

      Am Skadar-See

      In Virpazar half mir der Schlepper sogar den Rucksack auf die Schultern zu wuchten, als ich aus dem Bus stieg. Es war ein Angestellter des Hotels Pelikan. Das Zimmer mit Frühstück würde mich 35 Euro kosten und in 20 Minuten könnte ich eine Bootsfahrt für 30 Euro buchen (26 Euro Bootstour + 4 Euro Nationalparkgebühr). Immerhin verarschte er mich nicht wie die Typen in Ulcinj.
      Nur die Bootsfahrt verschob ich auf 16 Uhr. Zwei Stunden sollte sie dauern, ich rechnete mit optimalen Lichtverhältnissen.
      Virpazar sind zwei Hotels, ein Voli-Markt, ein paar Restaurants und Privatunterkünfte sowie jede Menge Boote, die darauf warteten mit Touristen auf den See zu fahren. Außerdem gibt es eine Touristeninformation.
      Jetzt wollte ich mir erstmal in der Touristeninformation eine Karte des Skadar-Sees besorgen. Die Dame hinter dem Schreibtisch lächelte und sagte: „Die bekommen Sie nur im Büro der Nationalparkverwaltung auf Vranjina.“ Das waren etwa 5 km Landstraße. Für Autofahrer kein Problem, für mich 1 Stunde Gelatsche.
      Nicht nur die haarscharf vorbeidonnernden Lkws stellten eine Bedrohung für Fußgänger dar. Am Straßenrand lauerte noch eine andere Gefahr! Die Grenze zur Böschung bildete eine etwa 40 cm hohe senkrechte Betonkante. Nun gab es hier allerlei Getier, darunter auch Vipern. Rutschte eine Schlange über die Kante auf den Seitenstreifen der Straße, war ihr Schicksal besiegelt. Einen Weg zurück gab es für die Tiere nicht mehr. Entweder sie wurden von den Fahrzeugen platt gemacht oder verreckten auf dem Seitenstreifen, da sie die Betonkante nicht mehr hochkamen. Die Meisten waren bereits vertrocknet. Einige jedoch lagen in ihrer Agonie zusammengerollt, recht aggressiv und giftig dreinschauend auf dem Beton.
      Allen Gefahren trotzend, erreichte ich endlich etwas angenervt das Nationalparkbüro.
      Warum es die Karten nicht in Virpazar gab, war mir ein Rätsel. Die Antwort war nicht schlecht: „Sie haben dort kein Kreditkartenlesegerät.“ Real existierender Sozialismus, schoss es mir durch den Kopf. Ich sollte der Dame folgen. Als sie so vor mir die Treppe hinunterstöckelte, konnte ich ihr nicht mal mehr böse sein. Ich bekam meine Karte für 4 Euro und trat den Rückweg an.
      Nach etwa einem Kilometer quatschte mich ein Typ an. Für 8 Euro würde er mich nach Virpazar fahren. „Acht Euro?“ Nee, da lief ich lieber. „Fünf Euro!“ „Okay!“
      Immerhin hatte ich jetzt noch Zeit im Pelikan etwas zu essen. Die nötige Ruhe dazu hatte ich jedoch nicht. Der Schlepper-Typ hatte noch 2 Pärchen davon überzeugen können eine Bootsfahrt zu machen und wollte nun doch eher los. Also stürzte ich mein Bierchen hinunter und begab mich zur Ablegestelle.
      Das erste Ziel, welches wir ansteuerten war die Gefängnisinsel Grmožur – ein von den Türken erbautes Alcatraz sozusagen. Wer wollte, durfte schwimmen gehen. Auf dem See schwammen auch viele Haubentaucher, Reiher, Seerosen und Plastikflaschen. Nee – der See ist schon schön!
      Zurück in Virpazar schlenderte ich noch ein Stück die Bergstraße entlang bis zum Dorf Godinje. Immer wieder boten sich schöne Ausblicke auf den See. Erst ein aufziehendes Gewitter gebot mir zurückzugehen.

      Am nächsten Morgen entschied ich mich zu einer kleinen Tageswanderung. Mein Ziel – Rijeka Crnojevića. Durch mein Zimmerfenster sah ich die Sonne aufgehen. Ich wühlte mich aus dem Bett und in die Klamotten. An der Haustür musste ich meine Wanderpläne erst einmal begraben. Die Tür war abgeschlossen und lies sich mit meinem Schlüssel von innen nicht öffnen. Fast eine Stunde fühlte ich mich wie ein Tiger im Käfig. Dann klapperten Schlüssel, die Putzfrau öffnete die Tür von außen.
      Mein erster Gang galt nun der Rezeption. Die Dame hatte die selben Probleme beim Versuch, die Tür ab- oder aufzuschließen, ich bekam ein neues Paar Schlüssel samt Zimmer.
      Später als geplant startete ich zu meiner Wandertour ins Küstengebirge. Der Weg führte durchgehend über eine schmale Asphaltstraße. Leider hatte ich die Entfernung etwas falsch eingeschätzt. Das wurde mir klar, als ich nach einer Stunde auf die Karte schaute und überrascht war wie wenig Strecke ich geschafft hatte. Die Sonne brannte bereits unbarmherzig. Am Wegrand krabbelten Schildkröten und im Gebüsch verschwand eine Schlange, über einen Meter lang, fast armdick und von rostbrauner Farbe. Keine Ahnung was für eine. In Kruševica stellte ein Bauer gerade seine Weinflaschen auf ein Tischchen vor dem Eingang zum Grundstück auf. Ich sollte probieren. Danach würde ich keinen Meter mehr laufen! Wir einigten uns, dass ich auf dem Rückweg vorbeischaute.
      Hinter dem Dorf Komarno hatte ich schöne Ausblicke auf die Buchten des Skadar-Sees. An den Berghängen leuchteten die roten Blüten des Granatapfelbaums und zwischen Pinien hatten fette Spinnen ihre Netze gespannt. Die Landschaft war großartig, aber zum Wandern im Juni viel zu heiß. Hier müsste man im April mal her, dachte ich. Nach drei Stunden war mir klar, dass ich es bis Rijeka nicht mehr schaffen würde. Auf der Höhe des Dorfes Poseljani machte ich kehrt.
      Der Rest Bitterlemon in meiner Flasche war lauwarm und schmeckte nun wie Katzenpisse, Zeit nachzutanken. Der Weinbauer hieß Igor. Er winkte mir, ich sollte in den Schatten vors Haus kommen. Auf einem Tischchen reihten sich Flaschen mit Rakija, Roséwein, Weißwein und Wasser eisgekühlt. Dem Wasser galt meine höchste Priorität. Immerhin musste ich noch ein Stück laufen. „Kein Problem“, laut Igor. „Nur 5 Kilometer und immer bergab.“
      Weine hatte ich schon bessere getrunken aber ein Liter Schnaps wechselten für 13 Euro den Besitzer. Das würde meinen Rucksack zwar wieder auf Startgewicht bringen aber egal. Igor hatte schon Besuch aus Deutschland. „Polizei-Chef“, sagte er stolz. In der guten Stube hingen Abzeichen des SEK Kiel. Ich konnte ihm kein Abzeichen anbieten, machte aber ein Abschiedsfoto mit Schnapsflasche.
      Wieder in Virpazar, entdeckte ich auf dem Weg zur Burg über dem Ort einen Fahrradverleih, 10 EUR/Tag. Tja hätte ich vorher wissen sollen.


      Virpazar


      Skadarsko jezero


      Grmožur


      Skadarsko jezero


      Skadarsko jezero


      Burg Virpazar


      Godinje


      Grmožur Bucht


      Skadarsko jezero


      Skadarsko jezero


      Virpazar


      Wanderkumpel


      Poseljani


      Igor


      Virpazar
      Zuletzt geändert von Baciu; 29.07.2016, 09:12.

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      • Baciu
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        • Meine Reisen

        #43
        AW: [MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans

        Podgorica und Ostrog

        Der Hotelchef schenkte mir zum Abschied ein Tütchen mit Salbeitee und ein paar Maulbeeren. Was hatte ich nur getan?
        Der Kleinbus nach Podgorica kam pünktlich, es war der selbe Fahrer, den die Chinesen zur Verzweiflung gebracht hatten. Im Bus lernte ich Chris kennen. Chris ist Engländer und lebte 10 Jahre in Freiburg. In Podgorica soll ich ins Café Berlin gehen. Wenn ich den Kneipier von ihm grüße, bekäme ich vielleicht einen Kaffee gratis.
        Erstmal musste ich mich um eine Unterkunft kümmern. Die Dame in der Touristeninformation im Busbahnhof drückte mir ein Prospekt des Hotels Terminus in die Hand – 3 Sterne und 35 Euro/Nacht. Vor dem Busbahnhof traf ich dann einen alten Bekannten, den Taxifahrer, der mich nach Plav gefahren hatte.
        „Room, 15 Euro – cheap!“ Also gut, ich konnte mir das Zimmer mal ansehen. Das Zimmer, oder besser die Zimmer (der Typ vermietete mehrere) waren keine 5 Minuten vom Bahnhof entfernt, in einer Häusersiedlung. „No problem, I Boss!“ versicherte mir der Fahrer. Ich zahlte für zwei Nächte.
        Im Café Berlin bekam ich keinen Kaffee gratis, ich hatte auch keine Grüße übermittelt, der Kellner war sehr beschäftigt, der Laden voll. Eigentlich gab es fast nur Cafés in Podgorica und alle waren voll. In der Buda-Bar bestellte ich einen Kaffee. „Groß oder klein?“ fragte der Ober. Groß natürlich! Trotzdem musste ich mich mit dem Trinken beeilen, sonst wäre der Tasseninhalt verdunstet, bevor ich ihn an die Lippen gebracht hätte.
        Mein Taxifahrer hatte noch zwei Reisenden ein Zimmer vermieten können. Ein Pärchen, er Franzose aus Paris, sie Russin aus Moskau, die morgen in den Durmitor wollten. Für das Zimmer mussten sie auch 15 Euro zahlen aber pro Person – fein abgezockt!

        Podgorica hatte als Stadt nicht wirklich viel zu bieten. Den ganzen Tag hier rumzuhängen kam nicht in Frage. Was tun? Mein Reiseführer widmete zwei Seiten dem Kloster Ostrog, 45 km entfernt. Nur wie würde ich dorthin kommen?
        Laut Reiseführer bieten Agenturen oft Fahrten nach Ostrog an. Der Mann in der Info drückte mir eine Liste mit einem Dutzend Adressen in die Hand. Sollte ich die jetzt alle abklappern? Blödsinn!
        „45 Euro – cheap!“ Ich zögerte noch etwas. Mein Taxifahrer überlegte und sagte: „Wir halten und trinken was – ein Bier?“ Okay, das überzeugte mich! Wir hielten an einer Tanke hinter Podgorica, ich bekam ein Bier spendiert und dann ging es direkt zum Felsenkloster. Als Rechtgläubiger müsste ich mich unten vom Dorf Donji Ostrog den Hang hinauf zum Kloster quälen. So beschrieb es zumindest mein Reiseführerautor. Doch als verwöhnter Tourist ging es direkt vor den Klostereingang.
        Auf dem Platz vor dem Kloster lagen Matten und auf den Matten Menschen, Pilger die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, dem Heiligen Vasilije, seines Zeichens Klostergründer, einen Besuch abzustatten. Das Kloster ist für serbisch-orthodoxe Christen ein wichtiger Wallfahrtsort. Die in den Fels gebaute Kirche erinnerte mich an das Felsenkloster Wardzia in Georgien.
        Wieder in Podgorica hockten wir uns noch auf ein Bier vor eine Imbissbude. Der Taxifahrer kannte die gesamte Belegschaft. Ein Typ, dem die oberen Schneidezähne fehlten, fand Deutschland gut und die Dame hinter dem Tresen schien schon so manch wilde Nacht durchgemacht zu haben. Kein Ort für Touristen, ich mochte ihn.
        Morgen würde ich Montenegro verlassen. Mit dem Zug wollte ich zurück nach Belgrad, ich wählte diesmal den Morgenzug.


        Podgorica


        Podgorica


        Jeder hat so seinen Fetisch


        Podgorica


        Bahnhof


        Kloster Ostrog


        Kloster Ostrog


        Kloster Ostrog


        Kloster Ostrog
        Zuletzt geändert von Baciu; 29.07.2016, 09:20.

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          #44
          AW: [MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans

          In die Karpaten

          Die Hitze im Zimmer und das Stöhnen der Dame im Nachbarzimmer ließen mich schon zeitig den Rucksack packen und zum Bahnhof gehen. Der Zug kam pünktlich und war brechend voll. Zum Glück hatte ich reserviert.
          Das Spektakulärste während der Bahnfahrt blieb für mich die Morača-Schlucht in Montenegro. Nach über 10 Stunden Fahrt war ich froh, endlich in Belgrad aus dem Abteil klettern zu können.
          Ich brauchte nicht lang nach einer Unterkunft zu suchen. Direkt gegenüber vom Hauptbahnhof entschied ich mich für das Hostel Cuba. Allein im 4-Bett-Zimmer für 15 Euro fand ich akzeptabel. Außerdem waren die Schrankfächer so groß, dass ich meinen Rucksack komplett darin verstauen konnte. Einziger Minuspunkt, durch den Verkehr auf dem Bahnhofsvorplatz war es sehr laut. Gleich um die Ecke hatte es einen kleinen Supermarkt und noch ein Stück weiter ein sehr gutes Restaurant – das Zavičaj. Gekochtes Lamm im Keramiktopf war richtig lecker.
          Ursprünglich hatte ich mir überlegt, noch einmal bis Donji Milanovac zu fahren, um von dort auf den Veliki Štrbac zu wandern. Aber aus Zeitmangel entschied ich mich nach Majdanpek zu fahren. Wie schon letztes Jahr, fuhr ich auch diesmal durch die Dörfer der „Gastarbeiter“ mit ihren Kitschpalästen. Den Gipfel der Geschmacklosigkeit bildete eine Meernymphe im Vorgarten eines Grundstücks in Salakovac.
          Majdanpek bedeutet sinngemäß Mine am Pek (Flussname) und genau das ist der Ort auch. Gold-, Kupfer-, Platinerze werden hier abgebaut. Bagger wühlten sich ins Gestein, trugen ganze Berghänge ab. Lkws deren Räder die Höhe eines Busses erreichen, donnerten über die staubigen Fahrstraßen. Rechter Hand ein giftgrüner See, dessen Farbe sich wie das Wetter ändern soll. Mitten durch das Gelände führt die Hauptstraße in die Innenstadt.
          Eine Unterkunft zu finden war nicht schwer, es gab nur eine – das Golden Inn Hotel. Das Zimmer in dem sozialistischen Wuchtbau war nicht mal teuer, 1895 Dinar (rund 16 Euro) mit Frühstück.
          Etwa 3 km nördlich von Majdanpek befindet sich die Höhle Rajkova pećina (Rajkov's Höhle). Dem Bach Mali Pek folgend, vorbei am See Veliki Zaton erreichte ich nach etwa 45 Minuten den Höhleneingang – verschlossen.
          Ein paar Jugendliche hockten unter einem überdachten Grillplatz. Bierflaschen in den Händen, aus Autolautsprechern dröhnte Techno-Sound.
          Ich erfuhr, dass die nächste Führung um zwei stattfinden sollte. Das wäre in einer halben Stunde. Nach zwei Stunden war ich immer noch nicht in der Höhle. Hatte aber neue Freundschaften geschlossen. Einer der Jungs feierte seinen 18. Geburtstag. Nach 2 Bier war ich schon Bruder, nach 4 klappte es mit der Verständigung und nach 6 Bier mochte ich sogar Techno!
          Zwischenzeitlich fuhr einer der Jungs in den Ort, um dem Höhlenführer Bescheid zu sagen, dass hier einer säße, der in die Finsternis hinabsteigen möchte. Nach einer Weile tauchte der junge Mann tatsächlich auf, hatte jedoch dummerweise die Schlüssel zum Eingang vergessen. Macht nix, ich war gut versorgt und konnte auch noch mal 'ne halbe Stunde warten.
          Doch dann konnte es endlich losgehen. Er hatte noch ein Pärchen Touristen mitgebracht. Zwei der Jungs verließen die Höhle schnell wieder, ihnen war es zu kalt! Wir waren nun zu viert. Das Charakteristische in Rajkovs Höhle sind die weißen Sinterformationen. Weiß waren aber nicht alle, dort wo Besucher den Kalkstein berührt hatten war er dunkel. Narrenhände beschmieren also nicht nur Tisch und Wände sondern auch Stalaktiten und Stalagmiten!
          Interessant war, wie Besucher das Aussehen bestimmter Sintergebilde interpretierten. Unser Führer zeigte auf eine Kalksäule und sagte: „Für Kinder ist es Eiscreme, für Frauen Diamanten und Männer sehen da in der Regel Bierschaum.“ Auch hier gab es Spaghetti-Stalaktiten wie in der Gombaseker Höhle im Slowakischen Karst. Laut unserem Guide waren wir in der schönsten Höhle Serbiens und das für 300 Dinar (2,55 Euro) Eintritt. Ich hoffte meine Fotos waren nicht alle „Out of Focus“. Mein Durchblick war schon etwas getrübt.
          Mit Liljana, die schon in Nürnberg gearbeitet hatte aber kein Deutsch mehr sprach und Srećko, der sich als Künstler (Maler, Fotograf) sah, lief ich zurück nach Majdanpek. Ich sah ihn eher als Lebenskünstler. Liljana schenkte mir zum Abschied ein christlich-orthodoxes Amulett, ich hatte es wohl nötig.
          Mein Abendessen verschlief ich zwar, aber es war einer der schönsten Tage der Reise.

          Graue Wolken hingen am Morgen zwischen den Bergen. Es hatte mächtig gewittert in der Nacht. Gegenüber dem Hotel ist die Touristeninformation, mal schauen was die mir so empfehlen konnten.
          Auf meine Frage, ob es in der Gegend interessante Wanderungen gäbe, holte die Dame ein Prospekt und zeigte mir ein Foto von einem natürlichen Felsentor. Ich nickte und sagte: „Ja, kenn ich schon – Vratna.“ Sie schüttelte mit dem Kopf. „Der Valja Prerast ist bei Majdanpek. Hier gibt es auch eine Quelle – Beli Izvor. Das Wasser kommt direkt aus einer Höhle. Etwa 15 km von hier.“ Aha, das war interessant, ein Felsentor, dass ich noch nicht kannte und eine Karstquelle! Nur wie sollte ich da hinkommen?
          „Kein Problem“, sagte Maja. „Ich habe einen Dienstwagen. Wenn du mit dem Frühstück fertig bist können wir fahren.“ Na so etwas hatte ich auch noch nicht erlebt, das übertraf ja sogar Borjomi! Ich war fertig, wir konnten los. Zurück könnte ich trampen oder mittags mit dem Bus fahren.
          Während der Fahrt erklärte sie mir den Weg zur Weißen Quelle und dass sie vor zwei Tagen Oma geworden war. Ich schätzte sie auf mein Alter. Am Abzweig zum Felsentor setzte mich Maja ab und gab mir zur Sicherheit noch ihre Telefonnummer. Auf einem Holzschild, dass an einen Baum genagelt war stand 800 m bis zum Prerast, wie hier die Felsentore genannt werden. Zum Glück hatte ich meine Wanderschuhe an, mehrmals musste ich den Bach queren. Dann erhob sich der Felsbogen über mir. Das Tor erschien mir höher als die Beiden, die ich in der Vratna-Schlucht gesehen hatte. Es ist knapp 10 m breit und 26 m hoch. Ich machte ein paar Fotos und trat den Rückweg an. Das nächste Ziel hieß Beli Izvor.
          Laut Maja, sollte ich etwa 1 km der Straße folgen bis zu einem blauen Bushäuschen. Ein Stück danach, rechts dem Bach folgen, der mich direkt ans Ziel führen würde.
          Kurz vor der Bushaltestelle hielt ein Auto. Es war Maja. Was für ein Glück, sie setzte mich direkt am Abzweig zur Weißen Quelle ab. Die ersten Meter ging es über ein Grundstück, allein hätte ich den Weg nicht gefunden. Dann folgte der Pfad dem Bach. Über verkalkte Sinterterrassen sprudelte das Wasser zu Tal. Weiter oben ein Wasserfall und schlussendlich erreichte ich den Höhleneingang. Schade, dass ich nicht mehr Zeit hatte. Hier würde ich gern mal auf Entdeckungsreise gehen.
          Wieder an der Bushaltestelle, brauchte ich nicht lang zu warten. Herr Pavlović hatte viele Jahre in der Schweiz gearbeitet und sprach sehr gut deutsch. Jetzt vermietet er Zimmer an Touristen. Direkt vor dem Hoteleingang setzte er mich ab.

          Ein Bus nach Belgrad fuhr am nächsten Tag nicht um 13:40 Uhr, wie mir der Herr am Fahrkartenschalter versicherte, sondern bereits um 13:00 Uhr. Meinen letzten Urlaubstag wollte ich ruhig angehen, durch die Stadt bummeln, im Fragezeichen einen Sliwowitz trinken, in den Kalemagdan-Park hocken und abhängen bevor es am nächsten Tag zurück nach Deutschland ging.

          ***


          Majdanpek


          Majdanpek


          Majdanpek


          Majdanpek


          Majdanpek


          Veliki Zaton


          Rajkova pećina


          Rajkova pećina


          Rajkova pećina


          Geburtstagspartygäste


          Majdanpek


          Valja Prerast


          Beli Izvor


          Beli Izvor


          Beli Izvor


          Belgrad


          Kalemagdan-Park


          EbsEls würde sagen: "Die Lunte brennt"


          Kalemagdan-Park


          Belgrad


          Belgrad
          Zuletzt geändert von Baciu; 29.07.2016, 09:22.

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          • Sternenstaub
            Alter Hase
            • 14.03.2012
            • 3321
            • Privat

            • Meine Reisen

            #45
            AW: [MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans

            Vielen Dank für den Rest deines Berichtes. War wie immer klasse zu lesen. Was mir besonders gefällt ist es, dass dir Begegnungen mit den Menschen vor Ort ebenso wichtig oder gar wichtiger? sind wie deine Wanderungen an sich.

            Ab vielleicht 2018 werde ich irgendwo auf dem E8 irgendwo in östlichen Gebieten unterwegs sein, vielleicht trifft man sich ja mal. Vorher sind andere Touren und der Beginn des E8 dran sein.
            Two roads diverged in a wood, and I—
            I took the one less traveled by,
            And that has made all the difference (Robert Frost)

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            • Baciu
              Dauerbesucher
              • 18.07.2013
              • 967
              • Privat

              • Meine Reisen

              #46
              AW: [MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans

              Danke. Ja die Begegnungen sind mir wichtig, war nicht immer so. Aber gerade Osteuropa bietet da sehr viel. Und gute Idee mit dem E8. Führt in SK durch sehr schöne Ecken.

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              • Croat
                Erfahren
                • 08.11.2010
                • 119
                • Privat

                • Meine Reisen

                #47
                AW: [MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans

                herzlichen Dank für Bericht - herlich zum lessen!
                "We will either find a way, or make one"
                Meine Fotos

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