AW: [MNE, AL, RKS, RS] Von den Prokletije in die Karpaten des Balkans
Ans Meer
Der Bus nach Podgorica sollte um 6:15 Uhr fahren. Ausgeruht, hygienisch einwandfrei und mit frisch gewaschener Wäsche verließ ich die verwunschenen Berge. Ich wollte dem Rat des Schwarzwald-Kosovaren folgen und Ulcinj an der Adria besuchen.
Die Fahrt durch die Schlucht der Morača war ein Erlebnis für die Augen, die nach Ulcinj eins für die Ohren.
Zwei Chinesen, ein Pärchen, saßen hinter mir im Bus und wollten zum Skadar-See. Ihr Fahrschein war aber bis Sutomore ausgestellt, warum auch immer. Die Hauptorte, für Unternehmungen am See sind jedoch Vranjina und Virpazar.
„Skadar Lake?“ fragten sie den Fahrer und zeigten ihm den Fahrschein. Der Mann nickte. „Virpazar oder Sutomore?“ hakte der Chinese nach. „Virpazar“ antwortete der Fahrer. „Sutomore liegt am Meer.“ Alles schien geklärt.
Der Bus fuhr an, da fingen die Beiden an zu hadern, ob Virpazar wirklich der richtige Zielort wäre. Eine Einheimische, die englisch beherrschte, erzählte den Chinesen, dass es dort außer Fischer nichts weiter gäbe. Als wir Vranjina erreichten, hielt der Fahrer und sagte „Skadar-Lake“. Immerhin befindet sich hier das Büro der Nationalparkleitung.
Die Beiden bewegten sich nicht. Der nächste Halt war Virpazar. Die Beiden schauten aus dem Fenster und blieben auch hier sitzen. Der Fahrer schüttelte den Kopf und fuhr weiter. Dann kam Sutomore in Sicht. Die Chinesen entschieden sich nun doch bis Ulcinj zu fahren und baten die Dame, dies dem Fahrer zu erklären.
Der Mann verstand nun die Welt nicht mehr. Kassierte noch 3 Euro und fuhr weiter.
Es wäre nicht verkehrt gewesen ein paar Euro in einen Reiseführer zu investieren, dachte ich mir.
Mein Rucksack saß noch nicht mal richtig auf den Schultern, als ich schon von zwei Schleppern bedrängt wurde. Sie wollten mir eine Unterkunft aufschwätzen. Mir wurden Hochglanzprospekte unter die Nase gehalten, mit Fotos von noblen Zimmern. Nicht weit und billig (15 Euro), so ihre Argumente. Außerhalb des Busbahnhofs trennten sich Beide. Jeder wollte, dass ich ihn begleitete. Ich gab Beiden ein deutliches Zeichen und ließ sie stehen – willkommen am Meer.
Zum Glück brauchte ich nicht lang suchen. Gegenüber der Hauptstraße entdeckte ich die Aufschrift „Tourist Information“ an einem Hotel, das London hieß.
„Wir haben auch Zimmer“ sagte der Mann in der Tourist-Info. „Zwei Nächte?“ Er überlegte kurz. „35 Euro.“ Das war für mich in Ordnung. Ich sollte nichts Wertvolles auf dem Zimmer lassen und die Haustür wurde über Sprechanlage geöffnet – willkommen am Meer. Erst mal gab es einen Kaffee auf Kosten des Hauses, dann bezog ich mein Zimmer mit Klimaanlage.
Ulcinj, das waren Autos, Cafés und Frisöre. Unten am Strand fiel mir ein Hinweisschild auf: „Hotel Haus Freiburg“ stand da drauf. Der Sache wollte ich auf den Grund gehen. Das Haus ist ein Nobelhotel mit 4 Sternen. Neugierig betrat ich die Rezeption und fragte: „Spricht man hier auch badisch?“ Der Mann an der Rezeption lachte und gab mir die Hand. Eqrem Mehmeti ehemaliger Bauunternehmer aus Freiburg betreibt das Hotel gemeinsam mit seiner deutschen Frau. Das Haus wurde 2008 als eines der wenigen legalen Hotels in Ulcinj eröffnet, erzählte mir Herr Mehmeti. Wir gingen hoch an die Bar und ich bekam ein Bier auf Kosten des Hauses und wir schwätzten etwas über Reise, Heimat und Politik. Zum Abschied bot er mir preisgekröntes Olivenöl und Kastanienblütenhonig zum Kauf an.
Zurück auf meinem Zimmer, setzte ich die Klimaanlage in gang. Es war nötig. Dumm war, das mir das Ding genau ins Gesicht blies. Also Klimaanlage aus, Fenster auf – gute Idee! Mücken kamen durchs Fenster rein – Scheißidee! Fenster zu, Klimaanlage an.
Der Morgenspaziergang führte mich zum Friedhof, auf Friedhöfen lassen sich oft schöne Bilder machen. Gleich oberhalb des Friedhofs erhebt sich die alte Burg von Ulcinj über der Adria. Das Piratennest beherbergt heute Hotels und Restaurants. Nicht nur die alten Gebäude in dem Ort fand ich interessant auch das Marktreiben. Fische, Oliven, Obst und Gemüse alles mögliche wurde angeboten, nur eines konnte ich nirgends entdecken – Rakija!
Zimmer hätte ich in der Stadt problemlos haben können, fast an jedem Haus stand, dass Zimmer frei wären. Na ja, es ist auch noch keine Hauptsaison. Bis zu dem langen Sandstrand sollen es 4 bis 5 km sein, ich entschied mich nicht dorthin zu gehen. Baden hätte ich sowieso nicht können. Wohin sollte ich auch mit meinen Klamotten?
Ich hockte mich vors London-Hotel und schaute dem Treiben auf der Straße zu. Ein Polizist regelte den Verkehr auf der Kreuzung und brachte damit mehr Unruhe rein als vorher. Ein paar Minuten später düste ein Konvoi schwarzer Limousinen vorbei, dann verschwand auch der Polizist. „Der Präsident des Kosovo“ sagte der Hotelchef.
Straßenhunde suchten am Bordstein nach Essbarem und ein Auto mit Matratzen auf dem Dach, düste um die Kurve. Der Hotelchef fuhr weg. Ein Stuhl im Eingang zum Hotelrestaurant zeigte an, dass niemand daheim war.
Auch ich machte mich nochmal auf den Weg – zum Abendessen. Heute musste es Fisch sein. Wenn man schon mal an der Küste war. Auf Empfehlung des Kellners bestellte ich Orada (Goldbrasse) für 9 Euro – mit dem Namen konnte ich nichts anfangen. Doch als ich den Fisch auf dem Teller liegen sah, dämmerte es. Vor 13 Jahren hatte ich so ein Tierchen schon einmal gegessen, in Barcelona. Das Vieh hatte mich damals ein kleines Vermögen gekostet.
Morgen werde ich die Küste verlassen und nach Virpazar fahren an Montenegros größten See dem Skadar-See (Skadarsko jezero).
Ans Meer
Der Bus nach Podgorica sollte um 6:15 Uhr fahren. Ausgeruht, hygienisch einwandfrei und mit frisch gewaschener Wäsche verließ ich die verwunschenen Berge. Ich wollte dem Rat des Schwarzwald-Kosovaren folgen und Ulcinj an der Adria besuchen.
Die Fahrt durch die Schlucht der Morača war ein Erlebnis für die Augen, die nach Ulcinj eins für die Ohren.
Zwei Chinesen, ein Pärchen, saßen hinter mir im Bus und wollten zum Skadar-See. Ihr Fahrschein war aber bis Sutomore ausgestellt, warum auch immer. Die Hauptorte, für Unternehmungen am See sind jedoch Vranjina und Virpazar.
„Skadar Lake?“ fragten sie den Fahrer und zeigten ihm den Fahrschein. Der Mann nickte. „Virpazar oder Sutomore?“ hakte der Chinese nach. „Virpazar“ antwortete der Fahrer. „Sutomore liegt am Meer.“ Alles schien geklärt.
Der Bus fuhr an, da fingen die Beiden an zu hadern, ob Virpazar wirklich der richtige Zielort wäre. Eine Einheimische, die englisch beherrschte, erzählte den Chinesen, dass es dort außer Fischer nichts weiter gäbe. Als wir Vranjina erreichten, hielt der Fahrer und sagte „Skadar-Lake“. Immerhin befindet sich hier das Büro der Nationalparkleitung.
Die Beiden bewegten sich nicht. Der nächste Halt war Virpazar. Die Beiden schauten aus dem Fenster und blieben auch hier sitzen. Der Fahrer schüttelte den Kopf und fuhr weiter. Dann kam Sutomore in Sicht. Die Chinesen entschieden sich nun doch bis Ulcinj zu fahren und baten die Dame, dies dem Fahrer zu erklären.
Der Mann verstand nun die Welt nicht mehr. Kassierte noch 3 Euro und fuhr weiter.
Es wäre nicht verkehrt gewesen ein paar Euro in einen Reiseführer zu investieren, dachte ich mir.
Mein Rucksack saß noch nicht mal richtig auf den Schultern, als ich schon von zwei Schleppern bedrängt wurde. Sie wollten mir eine Unterkunft aufschwätzen. Mir wurden Hochglanzprospekte unter die Nase gehalten, mit Fotos von noblen Zimmern. Nicht weit und billig (15 Euro), so ihre Argumente. Außerhalb des Busbahnhofs trennten sich Beide. Jeder wollte, dass ich ihn begleitete. Ich gab Beiden ein deutliches Zeichen und ließ sie stehen – willkommen am Meer.
Zum Glück brauchte ich nicht lang suchen. Gegenüber der Hauptstraße entdeckte ich die Aufschrift „Tourist Information“ an einem Hotel, das London hieß.
„Wir haben auch Zimmer“ sagte der Mann in der Tourist-Info. „Zwei Nächte?“ Er überlegte kurz. „35 Euro.“ Das war für mich in Ordnung. Ich sollte nichts Wertvolles auf dem Zimmer lassen und die Haustür wurde über Sprechanlage geöffnet – willkommen am Meer. Erst mal gab es einen Kaffee auf Kosten des Hauses, dann bezog ich mein Zimmer mit Klimaanlage.
Ulcinj, das waren Autos, Cafés und Frisöre. Unten am Strand fiel mir ein Hinweisschild auf: „Hotel Haus Freiburg“ stand da drauf. Der Sache wollte ich auf den Grund gehen. Das Haus ist ein Nobelhotel mit 4 Sternen. Neugierig betrat ich die Rezeption und fragte: „Spricht man hier auch badisch?“ Der Mann an der Rezeption lachte und gab mir die Hand. Eqrem Mehmeti ehemaliger Bauunternehmer aus Freiburg betreibt das Hotel gemeinsam mit seiner deutschen Frau. Das Haus wurde 2008 als eines der wenigen legalen Hotels in Ulcinj eröffnet, erzählte mir Herr Mehmeti. Wir gingen hoch an die Bar und ich bekam ein Bier auf Kosten des Hauses und wir schwätzten etwas über Reise, Heimat und Politik. Zum Abschied bot er mir preisgekröntes Olivenöl und Kastanienblütenhonig zum Kauf an.
Zurück auf meinem Zimmer, setzte ich die Klimaanlage in gang. Es war nötig. Dumm war, das mir das Ding genau ins Gesicht blies. Also Klimaanlage aus, Fenster auf – gute Idee! Mücken kamen durchs Fenster rein – Scheißidee! Fenster zu, Klimaanlage an.
Der Morgenspaziergang führte mich zum Friedhof, auf Friedhöfen lassen sich oft schöne Bilder machen. Gleich oberhalb des Friedhofs erhebt sich die alte Burg von Ulcinj über der Adria. Das Piratennest beherbergt heute Hotels und Restaurants. Nicht nur die alten Gebäude in dem Ort fand ich interessant auch das Marktreiben. Fische, Oliven, Obst und Gemüse alles mögliche wurde angeboten, nur eines konnte ich nirgends entdecken – Rakija!
Zimmer hätte ich in der Stadt problemlos haben können, fast an jedem Haus stand, dass Zimmer frei wären. Na ja, es ist auch noch keine Hauptsaison. Bis zu dem langen Sandstrand sollen es 4 bis 5 km sein, ich entschied mich nicht dorthin zu gehen. Baden hätte ich sowieso nicht können. Wohin sollte ich auch mit meinen Klamotten?
Ich hockte mich vors London-Hotel und schaute dem Treiben auf der Straße zu. Ein Polizist regelte den Verkehr auf der Kreuzung und brachte damit mehr Unruhe rein als vorher. Ein paar Minuten später düste ein Konvoi schwarzer Limousinen vorbei, dann verschwand auch der Polizist. „Der Präsident des Kosovo“ sagte der Hotelchef.
Straßenhunde suchten am Bordstein nach Essbarem und ein Auto mit Matratzen auf dem Dach, düste um die Kurve. Der Hotelchef fuhr weg. Ein Stuhl im Eingang zum Hotelrestaurant zeigte an, dass niemand daheim war.
Auch ich machte mich nochmal auf den Weg – zum Abendessen. Heute musste es Fisch sein. Wenn man schon mal an der Küste war. Auf Empfehlung des Kellners bestellte ich Orada (Goldbrasse) für 9 Euro – mit dem Namen konnte ich nichts anfangen. Doch als ich den Fisch auf dem Teller liegen sah, dämmerte es. Vor 13 Jahren hatte ich so ein Tierchen schon einmal gegessen, in Barcelona. Das Vieh hatte mich damals ein kleines Vermögen gekostet.
Morgen werde ich die Küste verlassen und nach Virpazar fahren an Montenegros größten See dem Skadar-See (Skadarsko jezero).
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