[DE] Harzwanderungen

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  • Sternenstaub
    Alter Hase
    • 14.03.2012
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    [DE] Harzwanderungen

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    Mitreisende
    Der Harz war nie ein Ziel, welches mich lockte. Einmal vor sehr vielen Jahren fuhr ich gemeinsam mit meiner Schwester mit dem Auto durch Braunlage, Bad Harzburg und angrenzende Ortschaften und fand es schlicht deprimierend, dunkel, hässlich. Viele Jahre vergaß ich dieses Mittelgebirge einfach, es gab so vieles, was sehr viel interessanter und offensichtlich schöner war. Der Zufall verschlug mich dann jedoch im Jahr 2012 in dieses so sorgsam umgangene Gebiet.
    Ein Freund hatte mir ein Rad besorgt und wir machten als Übergabeort die Regensteinmühle bei Blankenburg aus. Er wohnt südlich des Harzes und hatte mir mehrmals Dinge erzählt, die das gesamte Gebirglein in doch besserem Licht erscheinen ließ. Ich beschloss, die Übergabeaktion mit einer kleinen Wanderung zu krönen. Inzwischen war eine Freundin in Thale gewesen und hatte des Lobes voll von den schönen Wegen dort geschwärmt. also gut, ich bin ja lernfähig und so fuhr ich eines Morgens los, um nach Thale zu gelangen.





    Der Zug fährt vom Berliner Hauptbahnhof nach Quedlinburg, wo ich in den HEX umsteigen muss, um nach Thale zu gelangen.



    Um kurz vor 11.00 erreiche ich Thale und schaue mich im Ort ein wenig um.



    Ich durchquere den Friedenspark mit schönen Skulturen, besehe mir ein bisserl die Kirche und wandere in Richtung Bode und dann aus dem Ort hinaus. Ein Stück weit will ich den Hexenstieg entlang wandern und dann irgendwie rüber machen in Richtung Blankenburg. Die Teufelsmauer ist angedacht, einen Haken möchte ich von der Bode aus schlagen.








    Das hier ist die im Bodetal gelegene Jugendherberge.



    Hier überquert man die Brücke und gelangt auf die andere Flusseite, von wo aus man zu einem Gasthaus wandern kann.











    Leider ist der von mir geplante Weg nicht möglich, die Abkürzung zur Roßtrappe aufgrund von Felsenstürzen gesperrt und so gehe ich letztlich in eine Richtung, in welche ich eigentlich gar nicht will. Hinter der Teufelsbrücke am Gasthof wechselt ich auf die andere Bodeseite, um weiter im Tal entlang zu gehen.

    Es ist noch früh im Jahr, der Frühling ist noch nicht so recht angekommen, zumindest im Harz gibt es noch Nächte unter 0 Grad. Ich habe mein Zeltlein, einen dicken ungeliebten SChlafsack dabei, alles in dem eigentlich zu großen und schweren Rucksack. Unterwegs – es sind ja den Osterferien – werde ich mehrmals auf mein schweres Gepäck angesprochen. Die Leute sind erstaunt, wie eine alte Frau so viel schleppen kann und scheinbar auch möchte. Das ist zwar einerseits sehr nett und ich unterhalte mich mit mehreren wirklich freundlichen Spaziergänger, aber der Hexenstieg ist mir doch entschieden zu bevölkert. Wo ist der einsame Harz, auf den ich so gehofft habe? okok, Osterferien, aber so viel Ausflüglerverkehr wie im Grunewald habe ich nicht erwartet. Es geht in einem fort mit Guten Tag, Hallo, Lächeln, Fragen, was ich denn hier treibe, dass ich schon ganz genervt bin. Nein, der Rucksack ist nicht zu schwer – scheiße war er eigentlich doch (da ist mein neuer Schatz sehr viel besser!) Aber trotzdem gibt es zahlreiche schöne Momente, die ersten zaghhaften Blümchen, Ausblicke auf imponierende Felsen.





















    Zuletzt geändert von Sternenstaub; 19.07.2015, 21:39.
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    And that has made all the difference (Robert Frost)

  • Sternenstaub
    Alter Hase
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    #2
    AW: Harzwanderungen

    Es gibt so viel zu schauen, ich bleibe immer wieder stehen, um mich an ersten Frühlingsblumen zu erfreuen und die angenehm frische Luft tief einzuatmen.



















    ein seltenes wildes Harztier - der Baumlöwe...



    Inzwischen sind weniger Leute unterwegs, das empfinde ich als sehr angenehm. Wirklich schnell wandere ich nicht, ich trödele eher vor mich her, da aber meine Pläne durch den verschütteten Pfad zur Rosstrappe eh obsolet geworden sind, überlege ich zum nächsten Ort (Treseburg) oder nach Aktenbrak weiter zu wandern, weil ich hoffe, dass von dort ein Bus irgendwohin fährt.







    Wohnt hier ein weiteres Ungeheuer? Diese Wasserkreise/schlieren lassen mich an die Tiefen von Loch Ness denken, die ich erschaudernd vor längerer Zeit gesehen habe.

















    Ich erreiche Treseburg, der Bus fährt nur etwa alle Stunde. So gehe ich weiter die Bode entlang, wie ich vom Busfahrplan in trburg erfahren habe, fährt der Bus über Altenbrak nach Blankenburg.





    Leider gibt nach etwa einem Kilometer mein erster Kameraakku auf, den anderen habe ich irgendwo unten im Rucksack verstaut und nun keine Lust ihn dort zu suchen. Das letzte Stück ist noch recht schön und am Nachmittag gegen 16.00irgendwas erreiche ich Altenbrak, um von dort nach Blankenburg zu fahren.

    Ich erreiche den Bus in Altenbrak gerade rechtzeitig. Der Busfahrer, ein ältlicher Zausel fragt: "Wohin soll es gehen?" Auf meine Antwort, ich wünschte nach Blankenburg zu fahren, lacht er und antwortet trocken, dass er diesen Wunsch gern erfüllen könne, als Busfahrer nähme er jeden mit, der bezahlen würde. Daran solle es nicht scheitern kontere ich und lege ihm einen Geldschein hin, der sogar tatsächlich ausreicht. Ich stecke das Wechselgeld ein und suche mir den besten Platz im komplett leeren Bus. Unterwegs steigen 3 mal Leute ein, nach nicht allzu langer Zeit erreichen wir den Bahnhof von Blankenburg.

    Ich habe zwar eine Wanderkarte dabei, aber aus Blankenburg heraus hilft sie mir nicht wirklich. Ich habe vorher im Internet in Verbindung mit der Karte geguckt, wie ich durch Blankenburg und zum Regenstein laufen könnte. So in etwa peile ich zwar die richtige Richtung an, nachdem ich etwas durch eine mittelmäßig hübsche Plattenbausiedlung getigert bin, finde ich die Regensteinstraße und schließe messerscharf, das die doch eigentlich dahin führen müsste. Als ich in der inzwischen zweiten Plattenbausiedlung eine mit Einkaufstüten schwer bepackte FRau frage, ob die Straße denn wirklich in Richtung Regenstein führt, guckt sie mich skeptisch von oben bis unten an, ihr Blick bleib auf dem Rucksack hängen: "ja, wo wollen SIE denn hin???" Auf meine wahrheitsgemäße Antwort: "Zum Regenstein vermutlich", blickt sie noch verwirrter drein. Ja, das sei sehr gut möglich, dass es hier lang geht, schließlich heiße die Straße so. Als ich erkläre, dass dies ein Berg hier wäre, zumindestst ein Hügel wehrt sie ab, obwohl sie seit über 10 Jahren hier wohnen würde, weil die Wohnungen so preisgünstig wären, spazieren gegangen sei sie noch nie. Ihr Blick spricht Bände. Ehrfurchtsvoll fügt sie hinzu: "Und dann noch mit dem schweren Rucksack! Was wollen Sie denn da?"
    äh ja, auf meine halbherzige Erklärung, ich würde mich da mit einem FReund treffen, schüttelt sie den Kopf. "Um diese Zeit??? Seien Sie ja nur vorsichtig - Also wenn Sie das nicht finden, ich wohne dort in dem Haus, ich heiße XX, wenn sie Hilfe brauchen, melden Sie sich" Mit einem freundlichen Gruß aber noch immer Kopf schüttelnd geht sie weiter. Ich biege schnell um das nächste Haus, weil es mich vor Lachen schüttelt. Obwohl ich es andererseits total nett finde, dass sie sich um mich sorgt.

    Weiter gehend komme ich auf mehrere Garagenhöfe, wie sie in Vorstädten so häufig sind, gerade mal, dass ich aus diesem Wirrwarr heraus finde. Ein älteres Paar, welches zu einem der wenigen Discounter strebt, weist mich dann an, ich solle dort bis zur Hauptstraße laufen, dann gerade aus, dann rechts und dann gucken. Das wäre etwas schwierig hier.

    örks, die Erkenntnis habe ich auch schon gewonnen. Als ich eine sehr große, fast schon Autobahnmäßige Straße erreiche, verzweifele ich fast vollends. An der Fußgängerampel fähr ein ein alter Mann mit schwer bepacktem Rad, im Korb liegt allerlei Grünzeug gerade über die Vorfahrtsstraße und biegt nach rechts ab. Instinktiv gehe ich ihm nach. So alte Männer auf Rädern und so freundlich blickend kennt ich auch aus meinem geliebten Brandenburg, er sieht zumindest aus, als ob ihn eine Frage nach dem Regenstein nicht verwirren würde.
    Er merkt wohl, dass ich ihm folge oder ist es einfach die Neugier?? Er wartet jedenfalls an der nächsten abknickenden kleinen Straße und fragt gemütlich, wohin ich denn wolle. "Zum Regenstgein" - das klingt wohl schon etwas verzweifelt, denn er antwortet lächelnd, ja, das sei heutzutage nach all dem Neubau von unnötigen Straßen echt schwierig geworden. Ich soll einfach dem nächsten kleinen asphaltierten Weg links immer geradeaus folgen, selbst wenn es so aussähe, als ob er nicht weiterginge, dann mache die Straße noch einmal einen Bogen und ich sei am Parkplatz unterhalb des Regensteins. Und von da an könne ich durch den Wald gehen. Er scheint es als die normalste Sache der Welt anzusehen, dass ich am sehr späten Nachmittag mit Rucksack da lang stiefeln möchte. Endlich mal ein normaler Mensch!!!

    Ich erreiche den Parkplatz und lasse mich komplett erschöpft an einer Bankgruppe nieder. Weia, diese blöde Asphaltlatscherei ist sehr viel anstrengender gewesen als die vorherige Wanderung. Ich besehe mir die Karte und bin überglücklich den Regenstein gefunden zu haben. Etwas essen und trinken und dann einen Platz fürs Nachtlager finden!!!

    Ich gehe die ausgeschilderte Strecke (hier gibt es plötzlich Schilder, grrr) zur Burg auf dem Regenstein entlang und trete durch ein weit offenes Tor. Ich gehe nur wenige Meter, als mir ne Nobelkarre (Kennzeichen Göttingen) entgegen kommt, die Fahrerin das Fenster herunter kurbelte und mir streng erklärte, also hier könne ich um die Uhrzeit nicht weiter gehen, die Burg werde gleich geschlossen. Nachts dürfe sich niemand hier aufhalten. Argwöhnisch beobachtet sie mich, wie ich wieder zurück gehe und dann in einen scheinbar erlaubten Pfad einbiege. Ich versuche vorsichtig meine Kamera, oooh, sie meldet sich wieder als anwesend und fotografiere drei Blicke von dem schmalen Weg auf die Burg. Das sieht schon alles recht imposant aus.







    Als ich das erste Hinweisschild zur Regensteinmühle und irgendwelchen Höhlen sehe, schlag ich mich in die Büsche und suche mir ein Fleckchen, welches man vom Weg aus nicht sehen kann.
    Ich baue schnell mein Zelt auf, pfeffere den sperrigen Rucksack hinein und verkriech mich ins Zelt. keine Ahnung, wie spät es inzwischen ist, ich bin platt und möchte nur noch schlafen!
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    • Sternenstaub
      Alter Hase
      • 14.03.2012
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [DE] Harzwanderungen

      Obwohl es in der Nacht wohl kalt wird, schlafe ich bestens, im Zelt und im Nirgendwo schlafe ich fast immer gut, ich liebe es wach zu werden und die Draußengeräusche zu hören. Nur der Ein- und Ausstieg aus dem Zeltlein ist extrem gewöhnugnsbedürftig, hatte ja erst wenige Male drin geschlafen und wie ich später entdecke, nutze ich nicht sein ganzes Potential, mit anderen Worten ich stelle mich etwas dusselig an. Und dazu dann der viel zu klobige Rucksack, ich bin also durchaus mit meiner Ausrüstung nicht zufrieden.
      Aber egal, erstmal raus, mich etwas frisch machen, die Sachen einpacken und dann ganz langsam los gehen, weil es ja nicht mehr weit sein kein?

      nein, nein, ich mache keine Werbung. ;)









      Es ist wundervolles Wetter, wenn auch recht frisch. Ich ärgere mich über das Zelt, das liegt aber an mir, weil ich einfach zu blöde bin und nicht sofort feststelle bzw in Erinnerung habe, dass man den Eingang über Eck vergrößern kann und es somit viel einfacher ist, rein und raus zu krabbeln, als es scheint. Und das in Verbindung mit dem riesigen Schlafsack und dem Monsterrtucksack bietet eine mir nicht behagende Mischung und ich denke darüber nach, ob sich ein neues Zelt wohl finanziell ausgehen würde. Einige Wochen später entdecke ich jedoch, dass man den Einstieg fast aufs doppelte vergrößern kann, und zwar, als ich den ersten Teil meiner Elbradelei in Angriff nehme.

      Hier noch einmal zwei Fotos von meinem Schlafplatz unter den hohen Bäumen.



      Nachdem ich alles eingepackt habe, gehe ich gemächlich los. Wir wollen uns etwa gegen 11.00 treffen, es ist also noch reichlich Zeit, um mir alles genau anzuschauen.



      X hatte von Höhlen nahe der Regensteinmühle erzählt, die will ich mir jetzt erstmal anschauen. Entweder hat er es nicht erzählt oder ich habe es vergessen, es gibt zwei (oder gar mehr?) unterschiedliche Höhlenbereiche und ich gelange zuerst zu diesem hier.



      Ich schaue sie mir genau an und mache erst einmal Rast, trinkw Wasser, esse einen Apfel und ein paar Kekse.








      Beeindruckt verlasse ich diesen Ort im Wald - warum habe ich das nicht gestern gefunden und hier geschlafen??

      Ich folge dem Wanderweg, der mich zur Regensteinmühle bringen wird.





      Die Mühle aus dem 12./13.Jahrhungert liegt wirklich idyllisch auf halber Höhe am Regenstein. Dort sind die Mühle, eine kleine Schutzhütte und drei Sitzgruppen aus Holz. Da ich zu früh dort bin, schaue ich erstmal in Ruhe alles an, fotografiere, gehe etwas auf und ab, weil es nicht so wirklich warm ist, wenn auch oft die Sonne heraus kommt. Da ich auf der Karte sehen kann, dass in der Nähe ein Wanderparkplatz ist, denke ich mir, dass X sicherlich aus dieser Richtung kommt, weil er später noch Arbeitstermine hat. Vorher will er das Rad beim Bahnhof anschließen.

      Diese Mühlenanlage finde ich sehr spannend, wenn man überlegt, wie lange diese Mühle in Betrieb war und mit welchen Hilfsmitteln sie vor Jahrhunderten erbaut und instand gehalten wurde.
      http://www.harzlife.de/harzrand/regensteinmuehle.html










      [/







      hmmm, lecker Bärlauch





      Müßig frage ich mich, wann X wohl auftauchen wird, nicht dass ich ungeduldig wäre oder gelangweilt, es ist ja wirklich wundervoll entspannend hier.

      und dann passiert mir die Rainer-Geschichte.

      Kurz nach 11.00 kommt aus der anderen Richtung, die aber auch sein kann, ein Typ, so etwas um die 40 mit 2 Stöcken munter anspaziert, er trägt einen Rucksack, sieht aber irgendwie anders aus, als ich erwartet habe. Der kommt den Weg hoch, sieht mich an und lächelt. Ich sage: "oh hallo, dachte du kommst aus der anderen Richtung."
      "Ne", antwortet er, "ich komme immer von hier herüber". Ich reiche ihm die Hand, er sieht mich ausgsprochen freundlich an. Danach erzähle ich: "du hattest recht, X. mit dem kleinen Zelt, das war Quatsch."
      Er: achso – dabei sieht er etwas irritiert aus. Da er immer noch meine Hand hält, umarme ich ihn leicht. Er lacht und sagt, das passiere ihm aber nicht jeden Tag.

      Er heiße übrigens Rainer!

      Boah, ist mir das peinlich, dann muss ich fürchterlich lachen und er auch. Wir können doch ne kleiner Raucherpause machen, schlägt er verschmitzt vor, ich darauf…"öh nö, ich rauche nicht".
      Daraufhin schenkt er mir ein Hustenbonbon, welches ich lutsche während er raucht und danach verabschiedet er sich von mir und meint, sowas nettes hätte er schon länger nicht erlebt.
      WEIAAAA.

      Danach gehe ich etwas auf und ab, weil es nicht so wirklich warm ist, wenn auch oft die Sonne heraus kommt. Ich bin irgendwie leicht überdreht und denke so bei mir, so einen Quatsch kannst auch nur du zustande bringen. Um mich abzulenken und weil ich immer wieder fett grinsen muss, mache ich noch einige Fotos, um wieder einen ruhigen Puls zu bekommen.















      Als X etwa 15 Minuten nach Rainer ankommt, aus der Richtung, aus der ich ihn auch erwarte, weiß ich gleich, das ist er. Er sieht einfach mehr nach dem X aus, den ich aus der Schreiberei kenne. Mütze auf dem Kopf, Rucksack auf dem Rücken, daran die zusammen geschobenen Stöcke befestigt und in der Hand trägt er eine alte Alu-Kasserole, in der der versprochene Eintopf ist. An dem sonnigst gelegenen Tisch, wo ich meinen Rucksack hingestellt habe, stellt er den Topf auf den Tisch, sagt: da ist unser Essen drinnen, packt den Rucksack ab, stellt ihn ebenfalls hin und sagt: hallo Kathi. Dann umarmen wir uns kurz, ich muss grinsen und sage: wie gut, dass du nicht Klaus bist. Mir ist nämlich kurz durch den Kopf geschossen, als ich ihn von weitem ankommen sehe, dass er es vielleicht wieder nicht sein könnte und ich da besser abwarten sollte.
      Während er den Kocher aufbaut, sieht er mich fragend an und ich erzähle die Rainer-Geschichte, worüber er sich sehr amüsiert. Vor allem, als ich erzähle, wie froh ich war, dass Rainer in eine andere Richtung abgebogen ist, ich habe mir schon überlegt, ob er nicht umkehren würde, wenn ihm ein Typ entgegen kämee, der ihn fragt, ob er X sei. Er findet die Geschichte ebenso komisch und lustig wie ich und das entspannt die Situation, die ja eigentlich gar nicht gespannt ist, aber beim ersten realen Treffen mit Freunden, die man bisher nur vom Schreiben kennt, ist ja immer noch so eine gewisse Unsicherheit im Hintergrund.

      Er packt aus, was er mitgebracht hat, zwei irische Krimis, die er mir mal versprochen hat, das Inlet für meinen dünneren Schlafsack, wofür ich ihm noch zwei Döner oder sowas schuldig bin, ein paar Stulpen, die ich ihm für kleines Geld abgekauft habe und als wichtigstes den Schlüssel fürs Radschloss. Wir setzen uns, er macht den Kocher an und erwärmt den Weiße-Bohneneintopf. Der Eintopf ist wirklich oberlecker und während er warm wird und wir ihn dann essen, unterhalten wir uns.



      bye Regensteinmühle



      Ich erzähle von meiner etwas missglückten Wanderung, obwohl das ja falsch ist, die Wanderung ist nicht missglückt, es war einfach eine Planänderung notwendig geworden, weil die Route im Moment so nicht machbar gewesen wäre. Also nur der normale Wahnsinn wie bei vielen meiner Touren, es kommt halt oft anders.
      Als ich die Höhlen erwähne, schüttelt er den Kopf, das seien sicherlich die kleinen Höhlen gewesen, er würde mir gleich die anderen zeigen.
      Wir packen also zusammen und laufen gemeinsam zu den großen Sandhöhlen. Wirklich total beeindruckend, so etwas habe ich noch nie gesehen. Wobei ich keineswegs eine Fachfrau bei sowas bin. Was für einen prägenden Eindruck muss dies auf Menschen früherer Jahrhunderte oder gar Jahrtausende gemacht haben, wenn sie zu diesem fast schon verwunschenen, geheimnisvollen Platz gekommen sind. Wir setzen uns dann auf einen dicken Baumstamm und er zeigt Tourfotos. Da merkt man den Unterschied zwischen jemandem der wirklich fotografieren kann und mir. Ich kann das aber ganz neidlos anerkennen. Ich kann stundenlang Fotos schauen, diese komische Eigenart hatte ich immer schon, aber so viel Zeit haben wir ja leider heute nicht. Ich stromer ein wenig über das Areal, fotografiere und besehe mir die modernen Höhlenmalereien. Ich kenne etliche Leute, die sich total über so etwas aufregen können, ich jedoch sehe die Kreativität und ja die Schönheit vieler dieser Einkerbungen, Bemalungen. Letztlich ist der Mensch nur ein Höhlenmensch wie vordem?!

























      Wir gehen noch ein Stück weit zusammen, dann geht jeder in seine Richtung, ich muss ja zum Bahnhof, um das Rad einzusammeln und dann wieder ins Häusermeer zu fahren.




      Das ist das Ende meines ersten Harzberichtes - in den nächsten Tagen kommen noch zwei weitere Berichte - einmal über einen Aufenthalt in Benneckenstein und der zweite über die Herbstwanderung in 2012, wenn es denn genehm ist.
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      • gargantula
        Erfahren
        • 09.12.2013
        • 222
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [DE] Harzwanderungen

        ist ausgespochen genehm
        “Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.”

        (Antoine de Saint-Exupéry, französischer Schriftsteller, 1900 – 1944

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        • TanteElfriede
          Moderator
          Lebt im Forum
          • 15.11.2010
          • 6484
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [DE] Harzwanderungen

          ..krass, den Bodetal weg kenne ich.. auch wenn ich damals nach 27Stunden non stop nur noch wenig Blicke für das Schöne hatte... aber es gibt Fotos.. die Regensteinmühle und die Höhlen (Boofen)... die muss ich unbedingt mal besuchen...

          Ich sag mal tausend Dank für den Bericht und die Bilder

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          • Sternenstaub
            Alter Hase
            • 14.03.2012
            • 3376
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [DE] Harzwanderungen

            gern geschehen. Das Schreiben macht mir ja Spaß.

            Benneckenstein werd ich vermutlich nicht einstellen, weil das ein Treffen war und ich nicht weiß, ob die Leute es mögen würden, hier "abgebildet" zu werden. Wenn denn, höchstens später eini paar Menschen unbelastete Fotos.

            Aber meine zweite Harzwandertour ist unproblematisch, deswegen stelle ich sie mal ein.

            Und es begab sich, dass in mir die Lust aufkam, mal wieder ein wenig die alten Knochen zu quälen. Was lag nah und war kostengünstig von Berlin aus zu erreichen? Ganz richtig, der Harz sollte es noch einmal sein. Inzwischen war er mir von zwei kurzen Aufenthalten etwas ans Herz gewachsen, diesmal wollte ich ein wenig länger wandern als beim ersten Mal. Von Sachsen Anhalt nach Nordthüringen sollte es gehen, Startpunkt (weil so gut zu erreichen) von Thale aus bis hin zu Nordhausen und ein klein bisserl südlicher. Ich hatte auf meier Sommerradtour eine kurze Pause an einer Basilka gemacht und genau dorthin sollte es gehen.










            Früh schon treffe ich in Thale ein, diesmal soll es aber nicht an der Bode entlang gehen, sondern gleich hoch zur Roßtrappe und von dortaus querbeet in Richtung Stiege. An dem Tag findet eine Art Ralleye von mbikes statt und bei einige Etappen des Aufstiegs muss ich warten, weil gerade einige wie die Wilden den Berg herunter peesen.

















            manche Leute nennen sowas eine Wanderautobahn, ich habe aber auf dem ganzen Weg ab der Roßtrappe nur 2 Leute gesehen









            als ich das SChild zum Bösen Kleef entdecke, musste ich natürlich dort hin.



            Idyllisch - hier kann ich mri auch gut vorstellen, mal zu nächtigen



            einen schönes Ausblick gibt es umsonst dazu.





            über den Sinn hiervon grübele ich ein wenig





            Mit Blick auf dieses Wetter überlege ich mir, vielleicht doch ein wenig mit dem Bus zu fahren und befrage eine sympathisch aussehende Frau, wie man aus diesem Ort am besten weg käme. Da das wohl ausgesprochen schlecht aussieht, bittet sie mich ein wenig zu warten, sie müsse sich noch von ihrem Sohn verabschieden und würde sich dann um mich kümmern. ??
            Kurz darauf erscheint sie wieder und bestgeht darauf mich hoch an die irgendwo oben verlaufende größere Verbindungsstraße zu einer Bushalte zu fahren, sie müsse eh weiter - leider in die andere Richtung. Tschechin, die viel daheim wanderte, wenn es sich ergab, arbeitet hier im Hotel am Ort und freut sich offensichtlich, als ich ihr von meiner kurzen Tripps in ihrem Heimatland erzähle.

            Die freundliche Fahrerin lässt mich an der Bussthalte hinaus und wünscht mir noch eine wundervolle Wanderung, wie gerne würde sie auch mal wieder unterwegs sein. Ich muss etwa 20 Minuten auf den Bus nach Hasselfelde warten, da es aber immer noch dunkel am Himmel droht, bin ich mit meienr Entscheidung ganz zufrieden. Ich bitte den Busfahrer mich dort in Hasselfeld heraus zu lassen, von wo ich am besten in Richtung Stiege gehen kann, der Campingplatz soll an der Straße zwischen den beiden Orten liegen. Ein paar Minuten fahren wir durch heftigen Regen, dann klart es langsam wieder auf, obwohl aus der Richtung aus der wir kommen immer noch dunkle Wolkentürme stehen. Der Fahrer hält an der Einmündung der Straße nach Stiege an, obwohl dort keine Haltestelle ist und ich steige mit meinem großen Rucksack aus. Ich wandere die Landstraße zum Campingplatz entlang, es ist nur wenig Verkehr und deswegen im beginnenden Sonnenschein durchaus angenehm. Etwa 5 km sind es, dann erreiche ich das Gelände. Es ist wohl ein altes landwirtschaftliches Gelände, in einem Haus war in den letzten Jahren auch eine Jugendherberge untergebracht, die heut aber als Pension umgebaut ist. Etliche Gebäude und Stallungen - man kann hier auch reiten - und eine mit alten Bäumen bestandene fast schon parkähnliche Fläche runden das Ensemble ab. Ein wirklich angenehmer Platz. Wie mir der Betreiber erzählt ist im Moment eine Art Landwirtschaftsschau oder besser Treckertreffen, wobei hiermit alte landwirtschaftliche Maschinen gemeint sind und nicht Trekker im neudeutschen Jargon. ;)

            Vor den Stallungen unten auf dem Gelände findet gerade eine Art Wettkampf statt, man muss mit dem Trecker bestimmte Aufgaben erfüllen. Es sind überwiegend junge Leute, die sich da austesten, die Alten sehen eher zu und gucken sich die Maschinen an.







            Ich baue mein Zelt auf und schaue den spielenden Hunden zu, woraufhin ich von einer der Besitzerinnen angesprochen werde, ob mich das stören würde, wenn die Hunde kurz herum toben würden. "Nein, sicherlich nicht" antworte ich ihr, es sind schon nette Viecher.





            Ich esse ein paar Reiswaffeln, sehr viel habe ich am Morgen nicht eingesteckt, weil ich eigentlich unterwegs etwas kaufen wollte. Danach mache ich einen Gang übers Gelände.











            Two roads diverged in a wood, and I—
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              #7
              AW: [DE] Harzwanderungen

              Auf dem Gelände gibt es recht alten Baumbestand, von der Straße hört man wenig, sie ist nicht sehr befahren. Der Sonnenschein tut gut.

              Ich schaue mir die alten Landmaschinen an, sie sind liebevoll gepflegt. Überall stehen kleine Gruppen von nicht nur Männern herum, in Gespräche vertieft.























              Ein nettes Maschinchen, später erfahre ich, dass hier ein Treff vor allem auch für Biker ist, die aber überwiegend nicht zelten, sondern Zimmer in der Pension nehmen.













              dieses Teil sieht fast wie ein Kunstwerk aus, klasse!



              und hierauf zu sitzen, stelle ich mri ausgesprochen schwierig vor



              Da mir die herumtobende Wuffs wohl meine Packung Reiswaffeln geklaut haben, die ich dummerweise vor dem Zelt habe liegen lassen, zähle ich meine Penunsen und beschließe, dass ein kleines Essen drin sein muss



              Lecker!!



              Die Nacht wird etwas arg unruhig, weil einige der Treckerleute am Platz übernachten und bei einem Lagerfeuer den Tag ausklingen lassen. Das wäre ja vollkommen ok, aber leider macht so ein Dummie die Sterioanlage seines PKW auf volle Pulle an, sodass ich mir vorkomme, als ob ich in einer Disko direkt neben den Lautsprechern liegen würde. Nach etwas Zögern stehe ich auf, gehe hinüber und als sie merken, dass ich offensichtlich, etwas sagen möchte - da kann man nichtmal gegen anschreien - schalten sie leiser. Ich bitte, dass sie doch das Teil ETWAS leiser einstellen, ich hab ja nix dagegen, dass sie mitten in der Nacht noch feiern, aber so geht das gar nicht. Kurzes Gebrummel und kleine Diskussion, aber einer der Vernünftigeren und am wenigsten Betrunkenen passt dann wohl auf, des es grad noch im Rahmen ist. Nunja - was man grad so nennt.

              Aber ok, auch diese Nacht ist irgendwann vorbei und um 5.00 fallen sie alle scheinbar in einen komatösen Schlaf. So bekomme ich doch noch etwas Schlaf.

              Ich werde schon ziemlich früh wach, baue mein Zelt ab und gehe in der Rezeption, um meine 2 bestellten Brötchen ab zu holen und zu bezahlen.

              Oben am Campingplatz geht ein Pfad hinaus in das kleine Wäldchen, den will ich nach Stiege nehmen. Am Rande des Platzes schaue ich noch einmal zurück, wirklich schön ists hier.









              einige Jungraubvögel üben den Sturz- und Gleitflug und lassen sich von mir überhaupt nicht beirren, obwohl sie direkt von einem auf der linken Wegesseite stehenden Baum starten.



              Blick auf den Wasserturm ? von Stiege



              Hier starb am sehr frühen Morgen ein größeres Tier (vermutlich Reh?), die Blutspur ist noch frisch, erlegt vom nahen Hochsitz, mir wird seltsam zumute.



              Ich erreiche Stiege, suche und finde aber kein offenes Geschäft, ist ja auch Sonntag, wie mir einfällt.





              Ein Elefant aus Pappmaché schaut etwas unglücklich unter den Apfelbäumen hervor.



              Ich erreiche den mir von der Karte prophezeiten ersten Teich, der eher ein richtiger See zu sein scheint, aber auf jeden Fall ist er künstlich geschaffen worden.



              Da auch das kleine Touristbüro geschlossen ist,lasse ich mich auf einer Bank an einem der Seen nieder, esse ein Brötchen, eine Minisalami und trinke einen Schluck Wasser zum Frühstück.





              Two roads diverged in a wood, and I—
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              • Sternenstaub
                Alter Hase
                • 14.03.2012
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                #8
                AW: [DE] Harzwanderungen

                Und dann beginnt meine Irrwanderung zwischen Stiege und Neustadt. Wobei man erklären muss, dass ersteres in Sachsen-Anhalt und zweiteres in Thüringen liegt, scheinbar liegen dazwischen wirklich Welten oder uralte Grenzstreitigkeiten - die Ausschilderung lässt mehr als zu wünschen übrig, allerdings ist ein Teil der Irrungen und Wirrungen durch einen Fehler beim Kartenlesen von mir selber entstanden. In Neustadt soll es auch einen angenehmen Campingplatz geben und die Strecke ist jetzt nicht so weit, dass sie nicht zu schaffen für mich ist. Ich bin aber mühelos xig Kilometer mehr gewandert, als es wirklich notwendig gewesen wäre, letztlich nicht schlimm, aber lest selber.









                Man überquere die Bahnschienen und gehe dann rechts...



                und das war die erste Sackgasse, weil es sich um einen für den Holzschlag gemachten Weg handelte



                offensichtlich glaubte jemand, dass der essbar wäre





                Ich verfranzte mich total, ich lande auf einem Minihügelchen, wo gar nichts mehr geht, aud der einen Seite geht es schräg und steil durchs Dickicht hinunter, das muss nicht sein, ich halte mich etwa in die Richtung, von der ich glaube, es könne die richtige sein und landete auf einem Weg, der zu einer Kreuzung führt.



                Wenn es der eine Weg nach rechts offensichtlich nicht gewesen ist, muss es doch dieser sein?
                Versuch macht kluch oder auch nicht.



                Da bin ich noch hoffnungsfroh



                ich denke mir, irgendwie kommst du schon dahin, wohin du möchtest, es war auch so schön hier.





                eine kulinarische Delikatesse oder ungenießbar?



                und dann wird es spannend



                Hier wird irgendwas abgebaut, ich suche eine Entsprechung auf der Landkarte und finde sie, aber offensichtlich gibt es mehrere Stellen, so ganz passt es nicht.
                Obwohl es Sonntag ist, läuft der Abbau weiter. Einige wenige LKWs und Bagger sind zu sehen.







                ich gehe um das riesige Gelände herum, es gibt aber nirgendwo einen Wegweiser oder ähnliches bei den Pfaden, die in den Wald hinein führen. Aber es muss ja irgendwann ein breiterer Fahrweg kommen, auf dem die LKWs ihre Beute irgendwohin bringen. Dann komme ich an eine etwas größere Sandkreuzung mit Fahrspuren in verschiedenen Richtungen und mit keinerlei Richtungsanzeigen. Inzwischen war es schon später Nachmittag und ich nachgerade frustriert. Da endlich, oh Wunder über Wunder kommt ein PKW angefahren, den ich todesmutig stoppe, indem ich mich einfach mitten auf den Weg stelle. Eine junge Frau spingt heraus und fragt, wohin denn ich wolle. Als ich ihr meine Irrwanderung schildere, schnalzt sie nur mit den Zähnen und äußert mitfühlend, das sei hier ein rechtes Niemandsland und auf die Karte kaum Verlass, weil sich so vieles verändert hätte. Ich solle dem Weg dort folgen bis ich zu einigen wenigen Häusern an einem Teich käme, rechts dort in den schmalen Sandweg einbiegen, dann käme ich an einem weiteren Teich auf der linken Straßenseite vorbei und dann immer gerade aus etwa, bis ich zur alten Poststraße kommen würde.
                Von dort gehe es dann immer nach Neustadt und Nordhausen. Aber das wäre noch sehrsehr weit.

                Ich bedanke mich herzlich und stiefele frohgestimmt los, ich werde schon irgendwo einen Platz zum Zelten finden. Allerdings schmilzt mein Wasservorrat immer mehr. hm

                Ich erreiche Teich und Häuser, es ist aber kein Lebewesen zu sehen, biege ab und kam zu einer kleinen weiteren Ansammlung von Häusern, die wie Ferienhäuser aussehen. Auch hier ist kein Mensch zu sehen. Ich finde das Hinweisschild zur alten Poststraße und zögere noch kurz, weil ich kaum mehr Wasser habe. Notfalls reicht es zwar noch, aber... Da biegt plötzlich ein Auto in die Sandstraße und heraus steigt ein mich sehr erstaunt musternder Mann im mittleren Alter. Sowas seltsames wie mich hat er sichtlich noch nie zu Gesicht bekommen. Aber das ist mir Brause und ich gehe auf ihn zu und frage, ob er so freundlich sein würde, mir meine Wasserflasche aufzufüllen. Er stutzt und antwortet, dass es hier kein Trinkwasser gibt, zögert und weist mich nicht unfreundlich an, ich solle doch einen Moment warten, okok. Er geht in das Haus, vor welchem er geparkt hat und überreicht mir dann eine 1,5 Literglasche Mineralwasser. Als ich frage, was ich ihm schuldig sei, lacht er nur, das sei ein Geschenk, ich sei ja schon ganz schön mutig, dass ich hier allein herum wandern würde, es habe sich schon mancher hier verlaufen.



                Um 17.20 biege ich endlich auf den Postweg ein und folge ihm noch bis kurz vor 19.00 Uhr. Schöner Weg, wenn auch recht schlammig und vor allem: Es gibt Hinweisschilder!!!
                Da es nach Regen aussieht und ich inzwischen auch rechtschaffen müde bin, gehe ich etwas vom Weg ab und schlage mein Zelt auf. Zum Abendbrot gibt es das zweite Brötchen und eine Minisalami mit ganz viel Wasser.

                Was tut es gut, sich auszustrecken und die leisen Geräusche des Waldes zu hören.


                Nach einem tiefen und erholsamen Schlaf werde ich früh wach, nirgendwo schlafe ich besser als unterwegs...



                Ich trinke etwas Wasser und packe mein Zeug zusammen. Mal wieder verfluchte ich den Rucksack, er ist einfach zu groß, unhandlich und schwer. Die Radtaschen haben auf dem Elberadweg ja super mit ins Minizelt gepasst, aber mit diesem Rucksackmonstrum gibt es immer Probleme.

                Leichter Nebel liegt auf den Wiesen und frohgemut wandere ich weiter.





                eine kleine Rast mit Wasser unterwegs







                Ich erreiche die Außenbereiche von Neustadt und wandere ins Städtchen hinein - mit der Hoffnung, dass ich hier einen kleinen Laden finden werde.



                Der Ort gefällt mir recht gut, hübsche Häuser hat es hier.





                hier könnte ich mir auch vorstellen, zu wohnen...



                und HURRAAA es gibt ein kleines Geschäft



                Ich kaufe etwas Essbares und einen Joghurt, hm lecker...



                und mache Rast am kleinen Springbrunnen



                Wie gut es doch tut, etwas zu essen, zu trinken und dem Geplätscher des Wasser zu lauschen.





                Ich wandere aus dem Ort hinaus in die freie Landschaft, einen Weg, den man mir empfohlen hatte. So schön es ist, immer mal wieder durch kleine Ortschaften zu gehen, noch schöner ist es wieder in die Landschaft einzutauchen.
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                • Sternenstaub
                  Alter Hase
                  • 14.03.2012
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                  #9
                  AW: [DE] Harzwanderungen

                  Aus Neustadt heraus kommend, wandere ich weiter. Es ist alles so leicht zu finden, es geht sich wie selbstverständlich. Den Namen des Örtchen in der Ferne müsste ich mir auf der Karte wieder erlesen, er wird nicht in die Datenbank zwischen meinen Ohren gespeichert. Ich träume mich im Moment eher durch den Tag, irgendwo werde ich schon ankommen.









                  Ich erreiche den kleinen Flecken PWieauchimmer und beschließe X anzurufen, den ich hier irgendwo treffen werde, bevor es weiter zum Campingplatz bei Irgendwo geht. Gesagt, getan, er ist in der Nähe zu einem Termin, ich solle dort bleiben, wo ich bin.





                  Ich schaue mir die trutzige Kirche von außen an, trinke auf der Bank sitzend etwas Wasser und gehe wieder umher. Leider ist die Kirche wegen Renovierungsarbeiten geschlossen.







                  Gerade gehe ich wieder zurück zur Bank und meinem Rucksack, da sehe ich ein vertrautes Gesicht mir entgegen kommen. Kurze Begrüßung, mein Rucksack wird auf X Rad befestigt und gemeinsam gehen wir ein Stück in Richtung Nordhausen. Irgendwann düst er dann los, während ich zu Fuß gemächlich hinterher wandere, er holt das Auto, mit dem er mich zum Platz fahren will und wir verabreden, uns am Supermarkt zu treffen.



                  diese netten Viecherl begegnen mir noch öfters unterwegs, ich mag diese Zotteltiere.





                  Ich finde den Supermarktparkplatz, kaufe ein wenig ein, danach fahren wir aber nicht zum vorgesehen Platz sondern zu einem anderen, der näher an "meiner" Basilika liegt, die ich im Sommer erstmalig kennen gelernt habe, nahe des Märchenwaldes an der Hainleite. Im Waldgebiet dort soll man wundervoll wandern können und ich werde es nicht bereuen, dass es mich dorthin verschlagen hat.
                  Ich baue mein Zelt auf, währenddessen wird der Kocher angeworfen und wir sitzen in der beginnenden Dämmerung und reden und essen. Morgen werden wir uns wieder treffen, wenn es sich ausgeht, vermutlicher Treffpunkt wird die Basilika sein. Schaun mer mal, ich freue mich auf den nächsten Tag.

                  Wie immer unterwegs habe ich gut geschlafen. Der Morgen findet mich bestens gelaunt, ich springe unter die Dusche und frühstücke dann auf der Treppe sitzend

                  leckere Apfelmarmelade auf Brötchen, jammiiieee



                  Der Zeltplatz gehört mir ganz alleine, nur einige der kleinen Hütten sind belegt.







                  Ich wandere in Richtung Hainrode, es ist nicht weit, von dort muss es laut meiner Karte einen Weg zur Basilika geben.





                  das war sicherlich mal ein wundervolles Haus voller Leben, heute nur noch eine Ruine, ich würde mir wünschen, es wieder instandzusetzen, aber das ist wohl mehr als illusorisch.



                  Nahe der Bushaltestelle geht ein Weg in die vermutlich richtige Richtung, ich folge ihm und...

                  ...dann der Blick über den recht ebenen Weg zu meiner Lieblingsbasilika









                  es liegt in so vielem Schönheit













                  Ich sinniere, das es so vieles gibt, was man eigentlich nicht fotografieren kann. Jedenfalls ich nicht:
                  die Zartheit der Farben, das Schmale, Zierliche, dahinter das Grün, verdammt warum kann ich das nicht besser fotografieren? Und wenn es mir wenigstens möglich wäre, es mit Worten zu beschreiben...







                  Ich komme von hinten an die Basilika heran, gehe um sie herum und stutze, auf meiner Bank unter meinem Lieblingsbaum sitzen zwei Leute. Ich könnte mich zwar durchaus daneben setzen, aber irgendwie scheue ich mich, sie sehen so vertaut, aber andererseits auch genau das Gegenteil aus. hm. Egal. Ich lege mich in die Sonne zwischen Baum und Basilika, schaue empor in die mächtige Krone. Das ist ein Baum wie ein Erdenbaum, so mächtig, aber auch irgendwie sanft. Nein, ich neige nicht zur Esotherik, aber wer weiß, vielleicht doch? ;)
                  Ich bin es im Nachhinein sehr zufrieden, hier zu liege und nicht dort auf der Bank sitzend irgendwie doch zu warten. Ich träume vor mich, die beiden da vorne auf der Bank. Ein Mann (scheinbar Bauarbeiter) und eine Frau (irgendwie vermummt in ihrer Arbeitskleidung ? ) - ganz selten wechseln sie ein Wort, ich wäre eh zu weit weg, es zu hören, aber das ist wohl nicht der Grund ihrer scheinbaren Sprachlosigkeit - hm. Dann steht er auf, sagt bedächtig und laut: "Gehen wir wieder an die Arbeit" und sie nickt und meine Blicke folgen ihnen in eines der vielen Nebengebäude, wo sie wohl gerade restaurtieren.











                  Ich springe auf und gehe in die Kirche, beim letzten Mal hat sie mich tief beeindruckt, weil sie so schlicht und erkennbar alt und ohne neumodischen Firlefanz war. Heute ist sie innen eingerüstet, der Altar ist entfernt, ganz offensichtlich wird hier viel aus Denkmalschutzgründen getan. Durchaus wichtig und richtig, aber trotzdem nimmt es ein wenig an Atmosphäre. Bis ich den Stein wieder entdecke in einer Nische, ein kleiner Art Altar, auf dem man Lichter anzünden kann. Und wieder entzünde ich Kerzen für meine Lieben. Obwohl ich kein christlich-gläubiger Mensch bin, eher ungläubig in jede Richtung, ist das eine Zeremonie, die mir wichtig und wertvoll ist. eine Kerze für die Lebenden und eine für die Gestorbenen, für diejenigen die mir nah sind. Und eine für unser aller Träume.







                  Ich verlasse die Basilika, ein Anruf macht klar, dass es mit einem Treffen heut aufgrund von Terminen nur klappt, wenn ich bis zu einer bestimmten Uhrzeit irgendwo dort in einem Ort bin, mal schauen, ob ich das zeitmäßig schaffe. Also los!

                  Aber natürlich bleibe ich immer wieder stehen und schon bald erkenne ich, dass das vermutlich von mir nicht zu schaffen sein wird.





                  Bei diesem Blick halte ich kurz an - vorhin war ich auf der anderen Seite der Basilika



                  Ich schaue auf mein handy, wie spät es nun wohl sein mag - Schade, aber ich werde das bestimmt nicht schaffen. Ich entscheide, dass ich den eventuellen Treffpunkt nicht erreichen kann und melde mich für heute ab. Vielleicht wird es ja morgen etwas.



                  und gehe zurück in Richtung Basilika und Hainleite, überquere die große Straße und tauche in das Waldgebiet ein


                  der Blick zurück und auf die Felder



                  Hier bricht plötzlich meine Stimmung - Wehmütig wird es mir - der Herbst nimmt Raum



                  Silberwald



                  aber auch die Hoffnung gibt es noch



                  das Nahe



                  und das Weite



                  und das Entsetzen



                  und ebenso das Skurile



                  wie auch das Idyllische







                  Mit gemischten Gefühlen - ich wundere mich, ich kenne mich nicht so "komisch" erreiche ich den Zeltplatz. Und erhalte einen Telefonanruf und beschließe, dass mein Muttergen eindeutig zuschlägt und ich noch heute nachhause muss. Eine Katastrophe ist übers Haus Sternenstaub hereingebrochen und ich kann nicht, wie vorgesehen noch 2 Tage bleiben. Also Taxi gerufen, weil der Bus erst am nächsten Morgen wieder gehen würde, in Windeseile das Zelt abgebaut, X angerufen, dass ich auf dem Weg zum Bahnhof sei, ich beteuere meiner Tochter (wahrheitsgemäß), dass es mir nichts ausmacht, sofort heim zu kommen... am Bahnhof empfängt mich mein neuer, leicht vorgebrauchter Rucksack, der erst später übergeben werden sollte, ein Stullenpaket und eine freundschaftliche Umarmung zum Abschied. Danke dafür.
                  Harz - du siehst mich wieder!

                  In den Harz habe ich es aber bis dato noch nicht wieder geschafft, die Elbe, Schweden, das Elbsandsteingebirge undund haben sich quasi vorgedrängelt. Ok, einmal war ich zwar auf einer Radtour von Berlin nach Nordhausen für kurze Zeit in Neustadt, aber das zählt eigentlich nicht. In diesem Jahr sieht es auch eher schlecht aus, es sind noch ein paar Tage radeln in Holland (auf dem E8) geplant, damit meine E 8 - Wanderung endlich beginnt. aber vielleicht klappt es ja doch noch einmal mit einem verlängerten WE, das Selketal würde ich gern durchwandern.
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                  • Juno234
                    Erfahren
                    • 03.08.2007
                    • 397

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [DE] Harzwanderungen

                    Schön, dass du auch die "kleinen Dinge" genießen kannst

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                    • Tie_Fish
                      Alter Hase
                      • 03.01.2008
                      • 3550
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [DE] Harzwanderungen

                      Astreine Berichterstattung! Danke, dass du meine geliebte Heimat hier so gut verkaufst! Ich brauche nur eine Stunde zu Fuß bis nach Thale, aber so weit rumgekommen bin ich ehrlich gesagt noch nicht. Toll gemacht, gut geschrieben und schön fotografiert - ich freue mich auf deine nächste Harzreise!

                      Harzliche Grüße!
                      Grüße, Tie »

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                      • Sternenstaub
                        Alter Hase
                        • 14.03.2012
                        • 3376
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [DE] Harzwanderungen

                        freut mich, dass ich euch erfreuen konnte

                        Ich denke, es wird dieses Jahr durchaus noch einmal (oder gar zweimal?) mit dem Harz etwas werden, bin sozusagen schon in der Planung. Und wieder etwas angefixt, den Harz heimzusuchen. Ich habe nämlich beschlossen, so viele Wanderwochenenden noch ins Jahr zu packen, wie irgend möglich. So lange keine Urlaubstage dafür benötigt werden und ich etwas mit Überstunden abfeiern arrangieren kann, ist da noch Luft.
                        Selketal, Harzquerung, da geht doch noch etwas.
                        Two roads diverged in a wood, and I—
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                        • Cewhren
                          Gerne im Forum
                          • 06.12.2013
                          • 93
                          • Privat

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                          #13
                          AW: [DE] Harzwanderungen

                          Danke auch von mir für diesen schönen Bericht! Ich könnte das nie so in Worte fassen, aber genau so fühlt es sich an unterwegs zu sein.

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                          • lunna
                            Neu im Forum
                            • 14.06.2015
                            • 2
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [DE] Harzwanderungen

                            Herzlichen Dank für tolle Berichte und Fotos!

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                            • Sternenstaub
                              Alter Hase
                              • 14.03.2012
                              • 3376
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [DE] Harzwanderungen

                              danke.
                              Chewren, freut mich, dass du auch eher zu den Genusswanderern gehörst. ;)
                              Two roads diverged in a wood, and I—
                              I took the one less traveled by,
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                              • grenzenlos
                                Dauerbesucher
                                • 25.06.2013
                                • 566
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [DE] Harzwanderungen

                                Danke für den schönen Bericht + Bilder
                                Besonders gefallen mir die kleinen Dinge am Wegesrand. Ein waches Auge war da unterwegs

                                LG, Wi grenzenlos
                                Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                                Gruß, Wi grenzenlos

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                                • UnZ
                                  Gerne im Forum
                                  • 31.08.2012
                                  • 64
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [DE] Harzwanderungen

                                  Toller Bericht!

                                  Als Braunschweiger kennt man viele der von dir beschriebenen Stellen, da wir oft privat und auf Exkursionen mit der Uni in der Gegend waren.
                                  Vorallem die Fotos gefallen mir sehr.
                                  So informativ, dass man denkt die Tour erst gestern selber gegangen zu sein - Danke!

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                                  • Sternenstaub
                                    Alter Hase
                                    • 14.03.2012
                                    • 3376
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [DE] Harzwanderungen

                                    danke Wi und UnZ.

                                    Ich mag den Harz inzwischen sehr und werde mit Sicherheit noch mehr dort herum stiefeln.
                                    Two roads diverged in a wood, and I—
                                    I took the one less traveled by,
                                    And that has made all the difference (Robert Frost)

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                                    • stoeps
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                                      #19
                                      AW: [DE] Harzwanderungen

                                      Sehr schöner Bericht über (zumindest mir) nicht ganz so bekannte Seiten des Harzes – und tolle Fotos.

                                      Danke für's Mit-Teilen.
                                      „The world's big and I want to have a good look at it before it gets dark.”
                                      ― John Muir

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